6. Senat - HIV-Infektion - Behinderung - AGG und Wartezeitkündigung
Karar Dilini Çevir:
6. Senat - HIV-Infektion - Behinderung - AGG und Wartezeitkündigung
Bundesarbeitsgericht 6 . Senat Urteil vom 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - I. Arbeitsgericht Berlin Anerkenntnisteil - und Schlussurteil vom 21. Juli 2011 - 17 Ca 1102/11 - II. Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg Urteil vom 13. Januar 2012 - 6 Sa 2159/11 - F ür die Amtliche Sammlung: Ja Entscheidungsstichwort e : HIV - Infektion - Behinderung - AGG und Wartezeitkündigung Gesetz e : Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 5; Richtlinie 2003/94/EG der Kommission vom 8. Oktober 2003 zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der G uten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung bei m Men schen bestimmte Prüfpräparate (RL 2003/94/EG) Art. 3 Abs. 2, Art. 7 Abs. 5; Überein - kommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - UN - Behindertenrechts - konvention (UN - BRK) Art. 1 Untera bs. 2, Art. 2 Untera bs. 4, Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i; AGG § § 1, 2 Abs. 4, § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 15 Abs. 2, § § 22, 23; Anlage 2 zur Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit zu § 2 Nr. 3 der Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der G uten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft (Arzneimittel - und Wirkstoffherstellungsverordnung - AMWHV ) vom 27. Oktober 2006 ( EG - GMP Leitfaden ) Ziff. 2.15 Leitsätze: 1. Eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, au f den das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 AGG unwirksam. § 2 Abs. 4 AGG steht dem nicht entgegen. 2. Eine symptomlose HIV - Infektion hat eine Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge. Das gilt so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten sowie die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern. - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 6 AZR 190/12 6 Sa 2159/11 Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 19. Dezember 2013 URTEIL Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richterinnen am Bundesarbeitsg e- richt Gallner und Spelge sowie die ehrenamtlichen Richter Hoffmann und Koch für Recht erkannt: - 2 - 6 AZR 190/12 - 3 - 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des La n- desa rbeitsgerichts Berlin - Brandenburg vom 13. Januar 2012 - 6 Sa 2159/11 - aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entsche i- dung, auch über die Kosten der Revision, an das La n- desarbeitsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Wartezeitkündigung. Die Beklagte stellte den Kläger mit Arbeitsvertrag vom 1. Dezember 2010 als c hemisch - t echnischen Assistenten ein. Sie produziert Arzneimittel zur Krebsbehandlung, die intravenös verabre icht werden. Der Kläger sollte im sog. Reinraumbereich eingesetzt werden. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 5. Dezember 2011 befristet, wobei die ersten sechs Monate als Probezeit ga l- ten, innerhalb derer das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Woche n g e- kündigt werden konnte. Gemäß Ziff. 12 des Arbeitsvertrags galten die betriebl i- chen Regelungen, dh. die vom Arbeitgeber erlassenen allgemeinen Festlegu n- gen oder Weisungen sowie die mit dem Betriebsrat getroffenen Vereinbaru n- gen. Der Kläger hat keine Bef ristungskontroll klage erhoben. Anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung am 8. Dezember 2010 teilte der Kläger dem Betriebsarzt mit, er sei HIV - infiziert. Der Kläger ist symptomfrei. Er hat einen GdB von 10. Der Betriebsarzt äußerte in dem für eine Tätig keit im GMP - Dezember 2010 Bedenken gegen einen Einsatz des Kl ä- gers in diesem Bereich. Das Formular ist Teil der Standard Operating Proc e- dure (SOP) der Beklagten, die der Umsetzung des sog. EG - GMP Leitfadens (Leitfaden der G uten Herstellungspraxis) dient. Dabei handelt es sich um Leitl i- nien der EU - Kommission, die als Anlage 2 zur Bekanntmachung des Bunde s- 1 2 3 - 3 - 6 AZR 190/12 - 4 - ministeriums für Gesundheit zu § 2 Nr. 3 der V erordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wir k- stoffen und über die Anwendung der G uten fachlichen Praxis bei der Herste l- lung von Produkten menschlicher Herkunft (Arzneimittel - und Wirkstoffherste l- lu ngsverordnung - AMWHV ) vom 27. Oktober 2006 ( BAnz S. 6887) veröffen t- licht sind. In Ziff. 2.15 des Leitfadens heißt es: praktisch möglich ist, sicherstellen, dass in der Arzneimi t- telherstellung niemand beschäftigt wird, der an einer a n- steckenden Krankheit leidet oder offene Verletzungen an In einem Gespräch vom 4. Januar 2011, an dem der Kläger, der B e- triebsarzt sowie einer der beiden Geschäftsführer der Bek lagten teilnahmen, teilte der Betriebsarzt nach Entbindung von seiner ärztlichen Schweigepflicht mit, der Kläger sei HIV - infiziert. Möglichkeiten zur Beschäftigung des Klägers außerhalb des Reinraumbereichs bestanden nach den Feststellungen des La n- desarbei tsgerichts nicht. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 4. Januar 2011 zum 24. Januar 2011. Der Kläger hat geltend gemacht, die angegriffene Kündigung diskrim i- niere ihn, weil seine HIV - Infektion alleiniger Kündigungsgrund sei. Auc h eine symptomlose HIV - Infektion führe zu einer Behinderung. Deswegen stehe ihm auch eine Entschädigung zu. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass seine Infektion eine ansteckende Krankheit iSd . GMP - Leitfadens sei. U n- ter Berücksichtigung des ko nkreten Herstellungsprozesses und der konkreten Tätigkeit des Klägers hätte unter keinen Umständen, auch nicht bei Schnitt - oder Nadelstichverletzungen, das HI - Virus auf die von der Beklagten hergestel l- ten Medikamente übertragen werden können. Zum Beweis d afür hat sich der Kläger auf ein Sachverständigengutachten bezogen. Der Kläger hat zuletzt beantragt 1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien b e- stehende Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedi n- gungen bis zum Ende der Befristung am 5. Dezember 2011 fortbestanden hat und insbeso n- 4 5 6 - 4 - 6 AZR 190/12 - 5 - dere nicht durch die Kündigung vom 4. Januar 2011 beendet worden ist; 2. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine angemessene Entschädigung in Geld von bis zu drei Bruttomonat s- gehältern (6.600,00 Euro) zu zahlen. Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Kündigung aus Gründen der Arbeitssicherheit unumgänglich gewesen sei. Der Kläger leide an einer ansteckenden Krankheit im Sinne ihrer SOP. Das und nicht seine HIV - Infektion sei der Kündigungsgrund g ewesen. Ob der Kläger sich in fachärztlicher Behandlung befinde und engmaschig überwacht werde, könne sie nicht überprüfen. Zudem könne der Kläger jederzeit die sichere Behandlung abbrechen, ohne sie informieren zu müssen. Ihre Endabnehmer seien schwe r- kran ke Patienten, so dass sie eine Abwägung zugunsten der Interessen dieser Patienten getroffen habe. Es könne von ihr nicht verlangt werden, sich dem R i- siko von Schadensersatzansprüchen, eines drohenden Lizenzverlustes und der Verhängung von Ordnungswidrigkei tsstrafen auszusetzen, um an einem obje k- tiv nicht geeigneten Arbeitnehmer festhalten zu können. Setze sie einen HIV - Positiven in der Medikamentenproduktion ein, komme es zu einer nicht hinnehmbaren Rufschädigung. Die Vorinstanzen haben - soweit für die R evision von Interesse - die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Entscheidungsgründe A. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Revision den g e- setzlichen Begründung sanforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO (vgl. zu diesen Anforderungen BAG 19. April 2012 - 6 AZR 677/10 - Rn. 11) . Sie setzt sich mit beiden das angegriffene Urteil selbstständig tragenden Begrü n- dungen ausreichend auseinander. 7 8 9 - 5 - 6 AZR 190/12 - 6 - I . Der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht dahinstehen lassen, ob er behindert sei. Bereits diese Rüge, mit der der Kläger sinngemäß geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe sich mit seiner Begründung den Blick auf den richtigen Prüfungsmaßstab ver stellt, stellt das angefochtene Urteil ausreichend in Frage, soweit das Landesarbeitsgericht die Kündigung als wir k- sam angesehen hat. Ob diese Auffassung materiell - rechtlich zutrifft, ist für die Zulässigkeit der Revision unerheblich. II . Die Revision ist auch zulässig, soweit der Kläger seinen Antrag auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter verfolgt. Die Begründetheit dieses Anspruchs hängt im Ausgangspunkt denk notwendig davon ab, dass ein Ve r- stoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfolgt ist. § 15 Abs. 2 AGG ist eine Rechtsfolgenbestimmung (Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 49) . Das Landesarbeitsgericht hat sich mit dem Anspruch auf Entschäd i- gung nicht gesondert befasst, son dern nur angenommen, die Beklagte sei nicht zur Entschädigung verpflichtet, weil die Kündigung den Kläger nicht diskrimini e- re. Vom Rechtsmittelführer kann nicht mehr an Begründung verlangt werden als vom Gericht seinerseits aufgewendet (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 11, BAGE 126, 237) . Für die Zulässigkeit der Revision genügt de s- halb insoweit bereits die ausreichende Auseinandersetzung mit den Ausführu n- gen des Landesarbeitsgerichts zur Wirksamkeit der Kündigung (vgl. BAG 18. November 2010 - 6 AZR 2 73/10 - Rn. 34) . B. Der Senat hat d as Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) e . V . , Berlin, als Beistand des Klägers nach § 23 AGG zugelassen. Der Sa t- zungszweck, das diskriminierungsfreie Zusammenleben ua. durch die kostenl o- se Unterstützung und Ber atung bei Diskriminierungen insbesondere in G e- richtsverfahren zur Durchsetzung des Rechtsschutzes Betroffener zu fördern, genügt der Legaldefinition in § 23 Abs. 1 Satz 1 AGG. Das BUG hat nachg e- wiesen, dass es die nach § 23 Abs. 1 Satz 2 AGG erforderliche Mindestanzahl an Mitgliedern hat. C. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehle r- haft angenommen, der Kläger werde nicht wegen einer Behinderung benachte i- 10 11 12 13 - 6 - 6 AZR 190/12 - 7 - ligt. Die für seine Hilfsbegründung, jedenfalls seien die Voraussetzungen de s § 8 AGG erfüllt, erforderlichen Tatsachen hat es nicht festgestellt. Dabei hat es insbesondere nicht geprüft, ob die Beklagte durch angemessene Vorkehrungen einen Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können. Damit trägt auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht, die Kündigung sei nicht nach § 242 BGB unwirksam. Das Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig . Der Senat kann nicht selbst feststellen, ob die Künd i- gung gemäß § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 AGG unwirksam ist, weil der Kläger wegen seiner Behinderung diskriminiert worden ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Der Rechtsstreit war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) . I. Ei ne ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kü n- digungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 AGG unwirksam. § 2 Abs. 4 AGG steht dem nicht entgegen. 1. Welche Bedeutung der Vorschrift des § 2 Abs. 4 AGG zukommt, nach a) Für Kündigungen, die dem Kündigungsschut zgesetz unterfallen, ist di e- se Frage durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. November 2008 ( - 2 AZR 523/07 - Rn. 34 ff., BAGE 128, 238) geklärt. Bei der Prüfung der Wirksamkeit solcher Kündigungen sind die Diskriminierungsverbote des Allg e- meinen Gleichbehandlungsgesetzes und die darin vorgesehenen Rechtfert i- gungen für unterschiedliche Behandlungen als Konkretisierungen der Sozia l- widrigkeit zu beachten (vgl. auch BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 295/12 - Rn. 36; 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn . 24; 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 15) . b) Nach wie vor kontrovers wird jedoch beurteilt, wie § 2 Abs. 4 AGG im Hinblick auf Kündigungen, die nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, zu verstehen ist. Einigkeit besteht insoweit nur dahin, da ss die Antidiskrimini e- 14 15 16 17 - 7 - 6 AZR 190/12 - 8 - rungsrichtlinien, namentlich die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Ve r- wirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) , auch einen Schutz vor diskriminierenden Kündigungen gebieten (vgl. EuGH 11. Juli 2006 - C - 13/05 - [Chacón Navas] Rn. 37, Slg. 2006, I - 6467) und das s dieser Schutz auch Arbeitnehmer außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes erfasst. aa) Die Frage ist höchstrichterlich bisher nicht geklärt. Die Entscheidungen des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 6. November 2008 ( - 2 AZR 523/07 - Rn. 34, BAGE 128, 238) sowie des Achten Senats vom 22. Oktober 2009 ( - 8 AZR 642/08 - ) beziehen sich nur auf Kündigungen im Anwendungsbere ich des Kündigungsschutzgesetzes. Soweit das Bundesa r- beitsgericht vor Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes di s- kriminierende Kündigungen am Maßstab des § 242 BGB gemessen hat (vgl. BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - für eine auf kulturelle und religiöse Gründe gestützte Arbeitsverweigerung eines Arbeitnehmers, der einer Sinti - Familie a n- gehörte; 23. Juni 1994 - 2 AZR 617/93 - BAGE 77, 128 für eine auf Homos e- xu a lität gestützte Kündigung) , ist diese Rechtsprechung durch die geänderte Rechtslag e überholt. bb) Die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum nimmt an, die Benac h- te i ligungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie die B e- weislastverteilung nach § 22 AGG müssten bei der Prüfung, ob die Kündigung nach den zivilrechtlichen Ge neralklauseln (§§ 138, 242 BGB) unwirksam sei, berücksichtigt werden (KR/Treber 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 17, 19; KR/Griebe ling § 1 KSchG Rn. 26 a; ErfK/Schlachter 14. Aufl. § 2 AGG Rn. 18; vHH/L/Krause 15. Aufl. § 1 Rn. 238, 242; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 2 Rn. 230; Ba u- er/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 62; v. Roetteken AGG Stand März 2011 § 2 Rn. 69; Blessing Rechtsfolgen diskriminierender Kündigungen unter Ge l- tung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes S. 147) . Ein Teil des Schrif t- tums vertritt dabe i die Auffassung, die Bestimmungen der Antidiskriminierung s- richtlinien seien bei der Prüfung, ob die Kündigung nach den zivilrechtlichen 18 19 - 8 - 6 AZR 190/12 - 9 - Generalklauseln unwirksam sei, unmittelbar zu berücksichtigen, die union s- rechtlich geforderte Beweislastverteilung müss e durch eine unionsrechtsko n- forme Auslegung des § 138 Abs. 2 ZPO gewährleistet werden (APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen J Rn. 71f, 71g; ähnlich Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskrim i- nierungsschutz 2. Aufl. Rn. 112 ff. ) . cc) Ein anderer Teil des Schrifttums hält § 2 Abs. 4 AGG für unvereinbar mit Unionsrecht. Eine unionsrechtskonforme Auslegung sei wegen des einde u- tigen Gesetzeswortlauts nicht möglich, widerspreche aber jedenfalls dem un i- onsrechtlichen Transparenzgebot (dazu EuGH 10. Mai 2001 - C - 144/99 - [Kom - mi ssion/Niederlande] Rn. 17, Slg. 2001 , I - 3541) . § 2 Abs. 4 AGG sei deshalb nicht anwendbar, stattdessen fänden die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes unmittelbare Anwendung (Däubler/Bertzbach / Däubler AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 256 ff. , 263 mwN ) . dd) Teils wird - mit unterschiedlichen Ansätzen - angenommen, § 2 Abs. 4 AGG erfasse Kündigungen während der Wartezeit und im Kleinbetrieb nicht (HaKo / Mayer 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 147 ff.; K ittner/Däubler/Zwanziger / Zwanziger KSchR 8. Aufl. AGG Rn. 63; Stein in Wendeling - Schröder AGG § 2 Rn. 48; wohl auch Löwisch in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. Vor § 1 Rn. 28) . 2. Zutreffend ist die letztgenannte Auffassung. § 2 Abs. 4 AGG regelt für Kündigungen nur das Verhältnis zwischen dem Allgemei nen Gleichbehan d- lungsgesetz und dem Kündigungsschutzgesetz sowie den speziell auf Künd i- gungen zugeschnittenen Bestimmungen. Die zivilrechtlichen Generalklauseln werden dagegen von § 2 Abs. 4 AGG nicht erfasst. Der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gle ichbehandlungsgesetzes geht insoweit diesen Klauseln vor und verdrängt diese. Ordentliche Kündigungen während der Wartezeit und in Kleinbetrieben sind deshalb unmittelbar am Maßstab des Allgemeinen Gleic h- behandlungsgesetzes zu messen. Dies ergibt sich aus der Gesetzgebungsg e- schichte und dem Zweck des § 2 Abs. 4 AGG. Der Wortlaut der Bestimmung steht dem nicht entgegen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz regelt a l- lerdings nicht selbst, welche Rechtsfolge eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG unz u- 20 21 22 - 9 - 6 AZR 190/12 - 10 - lässige Benacht eiligung hat. Diese Rechtsfolge ergibt sich erst aus § 134 BGB (vgl. Löwisch in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. Vor § 1 Rn. 25; Düwell jurisPR - ArbR 47/2006 Anm. 6) . a) Der Gesetzgeber wollte mit § 2 Abs. 4 AGG für Kündigungen nur das Verhältni s zwischen dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Kü n- digungsschutzgesetz sowie den speziell auf Kündigungen zugeschnittenen Bestimmungen, zu denen die zivilrechtlichen Generalklauseln in §§ 138, 242 BGB nicht gehören, regeln. Das folgt aus der Ges etzgebungsgeschichte. aa) § 2 Abs. 4 AGG ist erst während des Gesetzgebungsverfahrens eing e- fügt worden. In der vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgeschlagenen Fassung sollte die Bestimmung wie folgt gefasst werden: Kündigungen gelten vorrangig die Bestimmungen des Damit soll t e klargestellt werden, dass die Vorschriften des Kündigung s- schutzgesetzes unberührt blieben. Der Praxis sollte verdeutlicht werden, dass Rechtsstreite bei Kündigungen auch in Zukunft vorwiegend nach dem Künd i- gungsschutzgesetz zu entscheiden seien (BT - Drucks . 15/5717 S. 5, 36) . bb) Wortlaut und Begründung des § 2 Abs. 4 AGG - E griff die Bundesregi e- rung in ihrem Gesetzentwurf vom 8. Juni 2006 auf (BT - Drucks . 16/1780 S. 32) . Die Empfehlung de s Bundesrats zu diesem Entwurf vom 6. Juni 2006 sah vor, § 2 Abs. 4 AGG wie folgt zu fassen (BR - Drucks. 329/1/06 S. 1) : igung in einer Kündigung, finden im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes au s- Mit dieser Regelung soll t e das Verhältnis beider Gesetze ( dh. von AGG und KSchG) präzisiert werden. Das mit dieser Vorschr ift verbundene Anli e- gen - Vorrang der Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes - komme in der bisherigen Fassung nicht hinreichend klar zum Ausdruck (BR - Drucks. 329/1/06 S. 2) . 23 24 25 26 27 - 10 - 6 AZR 190/12 - 11 - cc) Der Rechtsausschuss schlug in seiner Beschlussempfehlung vom 28. Juni 20 06 die Gesetz gewordene Fassung vor. In seiner Begründung (BT - Drucks. 16/2022 S. 12) griff er ausdrücklich das Anliegen des Bundesrats ( von AGG und KSchG) solle präzisiert werden. Es erscheine sachgerechter, dass für Kü ndigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz Anwe n- seien. Die wesentlichen Bestimmungen des allgemeinen Kündigungsschutzes fänden sich i m Bürgerlichen Gesetzbuch sowie im ersten Abschnitt des Künd i- gungsschutzgesetzes. Be stimmungen zum besonderen Kündigungsschutz en t- hielten der Zweite Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes und zB § 9 Abs. 3 MuSchG und §§ 18 f. BEEG. b) Aus dieser Entstehu ngsgeschichte folgt zugleich der Zweck des § 2 Abs. 4 AGG. aa) e- e- meine Gleichbehandlungsgesetz für sämtliche Kündigungen nicht gelten sollte. Es sollte lediglich das Verhältnis von Kündigungsschutzgesetz und Allgeme i- den Vorrang der Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes klarzustellen, aufgegriffen werden. Außerdem sollte den speziell auf Kündigungen zug e- schni t tenen Regelungen Anwendungsvorrang zukommen. Die Diskrimini e- rungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sollten in diese Bestimmungen eingepasst werden und Kohärenz zwischen dem Anti diskrim i- nierungsrecht des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf der einen und den von § 2 Abs. 4 AGG erfassten Kündigungsschutzbestimmungen auf der anderen Seite hergestellt werden (vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 37, 39 f., BAGE 128, 23 8) . Neben das Kündigungsschutzgesetz und die speziell auf Kündigungen zugeschnittenen Vorschriften des allgeme i- l- gemeine Gleichbehandlungsgesetz vermitteltes Kündigungsschutzrecht tre ten. 28 29 30 - 11 - 6 AZR 190/12 - 12 - Eine Sperrwirkung für Kündigungen, für die wie die hier streitbefangene Wart e- zeitkündigung das Kündigungsschutzgesetz (noch) nicht gilt und für die weder spezielle Kündigungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches wie § 626 und § 613a Abs. 4 BGB noch besondere Kündigungsschutzbestimmungen in B e- tracht kommen, war nicht bezweckt (vgl. HaKo / Mayer 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 148 f. ) . Bedeutung kommt § 2 Abs. 4 AGG für solche Kündigungen nur i n- sofern zu, als es zB bei der Anwendbarkeit der Klagefrist des § 4 KS chG und der Rechtsfolgen des § 7 KSchG im Fall ihrer Versäumung bleibt ( Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 2 Rn. 38; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 2 Rn. 240) . bb) Bei ordentlichen Kündigungen, auf die das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet und bei denen der Arbeitnehmer geltend macht, die Kündigung diskriminiere ihn, besteht kein nach diesem Gesetzeszweck zu vermeidender Konflikt zwischen zwei ausdifferenzierten Kündigungsschutzsy s- temen. Das Kündigungsschutzgesetz ver langt Gründe, die die Kündigung rech t- fertigen (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 56 sprechen von einer . Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geht dagegen davon aus, dass Kündigungen grundsätzlich zulässig sind, es sei denn, es li egt eine Diskriminierung vor a- . Für ordentliche Kündigungen außerhalb des Kündigungsschutzgese t- zes, auf die keine speziellen Kündigungsverbote Anwendung finden, gilt von vornherein nur eine iese Kündigungen sind grundsätzlich wir k- sam. Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise und nur dann, wenn sie diskrim i- nierend, treu - oder sittenwidrig sind oder gegen höherrangiges Recht verst o- ßen. Es tritt also nicht neben einen - gänzlich ande rs strukturierten - Künd i- gungsschutz ein zweites Schutzsystem mit anderen Parametern, sondern es i- chende Beweislastverteilung ergänzt wird. s- schutzre chts und des Antidiskriminierungsrechts ist in derartigen Konstellati o- nen nicht erforderlich und wird darum au ch nicht durchbrochen (aA KR/Treber 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 18) . 31 - 12 - 6 AZR 190/12 - 13 - c) Der Wortlaut des § 2 Abs. 4 AGG steht diesem aus der Entstehungsg e- schichte und dem Gesetzeszweck hergeleitete n Auslegungsergebnis nicht en t- gegen. Zwar ordnet § 2 Abs. dass für sie ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besond e- ren Kündigungsschutz gelten. Die Anwendung der Norm ist jedoch hinsichtlich des materiellen Kündigungsschutzes im Wege der tele o logischen Reduktion auf Kündigungen, für die das Kündigungsschutzgesetz, speziell auf Kündigungen zugeschnittene Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches oder besondere Kün digungsschutzbestimmungen gelten, zu beschränken. Nur so wird die nach dem Wortlaut zu weit gefasste Bestimmung des § 2 Abs. 4 AGG ihrem Zweck gerecht. Für ordentliche Kündigungen in der Wartezeit und in Kleinbetrieben gelten grundsätzlich keine Bestimmung t- 2 Abs. 4 AGG. aa) Die teleologische Reduktion von Vorschriften auch gegen deren Wor t- laut gehört zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen und ist von Verfa s- sungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG 30. März 1993 - 1 BvR 1045/89 u a. - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 88, 145) . Voraussetzung dafür ist allerdings, dass andere Indizien deutlich belegen, dass der Sinn der Norm im Text nur unzureichend Ausdruck gefunden hat (BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 22/93 - [Kleinbetriebsklausel II] zu B I 5 der Gründe, BVerfGE 97, 186) und die weiteren Auslegungsmethoden die wahre Bedeutung der Norm freilegen (vgl. BVerfG 19. Juni 1973 - 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72 - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 35, 263) . Diese Befugnis des Richters beruht darauf, dass die Ausl e- gung gerade der Ermittlung des im Gesetz objektivierten Willens des Geset z- gebers dient (vgl. BVerfG 4. Juni 2012 - 2 BvL 9/08 u a. - [Dienstbeschäd i- gungsausgleich] Rn. 99, BVerfGE 131, 88) . bb) - entsprechend der Übe r- schrift des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes - im fachbezog e- nen Sprachgebrauch der Kündigungsschutz nach diesem Abschnitt verstanden (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 49, BAGE 128, 73; 8. Juli 1998 - 7 AZR 245/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 89, 216; HaKo / Mayer 4. Aufl. 32 33 34 - 13 - 6 AZR 190/12 - 14 - § 1 KSchG Rn. 147) . Zwar hat der Gesetzgeber in seiner Begründung zu der Gesetz gewordenen Fassung weiter gehend angenommen, die wesentlichen Bestimmungen des allgemeinen B ürgerlichen Gesetzbuch (BT - Drucks. 16/2022 S. 12) . Er hat aber zugleich n- Kündigu n- gen zugeschnitten sind. Das sind im B ürgerlichen Gesetzbuch vor allem §§ 613a, 622 und 626 BGB. Die für den Kündigungsschutz im Kleinbetrieb und in der Wartezeit maßgeblichen zivilrechtlichen Generalklauseln de r §§ 138 und 242 BGB sind dagegen - wi e schon ihre Bezeichnung zeigt - gerade nicht sp e- ziell auf Kündigungen zugeschnitten, sondern Auffangtatbestände, die zudem erst unter Berücksichtigung verfassungs - oder unionsrechtlicher Vorgaben (vgl. dazu BAG 24. Januar 2008 - 6 AZR 96/07 - Rn. 27) ihre n Bedeutungsgehalt für Kündigungen gewinnen. Deshalb sind nach dem Verständnis des Gesetzgebers die Generalklauseln der §§ i- 2 Abs. 4 AGG ( Kittner/Däubler/Zwanziger / Zwanziger KSchR 8. Aufl. AGG Rn. 63; HaKo / Mayer aaO ) . cc) Für ordentliche Kündigungen in der Wartezeit und in Kleinbetrieben, für die keine speziell auf Kündigungen zugeschnittene Bestimmungen gelten, war nach dem Verständnis des Gesetzgebers gerade keine Regelung dazu erf o r- de r lich, in welchem Verhältnis das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und die auf solche Kündigungen Anwendung findenden Generalklauseln stehen sol l ten. Soweit § 2 Abs. 4 AGG gleichwohl seinem Wortlaut nach auch solche Kündigungen erfasst, entspricht die s nicht dem Zweck, den der Gesetzgeber mit dieser Norm verfolgte. d) Diese Auslegung führt nicht dazu, dass Kündigungen außerhalb des Geltungsbereich s des Kündigungsschutzgesetzes insbesondere wegen der möglichen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG stärke r sanktioniert würden als Kündigungen, für die das Kündigungsschutzgesetz gilt (so aber KR/Treber 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 18; Bauer/Thüsing/Schunder NZA 2006, 774, 777) . Auch 35 36 - 14 - 6 AZR 190/12 - 15 - bei Kündigungen, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, scheidet eine Entschäd igung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht von vornherein aus . aa) Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat te diese Frage z unächst offengelassen (BAG 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 20; 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 16; 6. November 2008 - 2 AZR 523 /07 - Rn. 33, BAGE 128, 238 ; zum Streitstand Wenckebach AuR 2010, 499, 501) . Er hat te jedoch schon darauf hingewiesen, dass eine Anwendung des § 15 Abs. 2 AGG neben der Sanktionsfolge der Unwirksamkeit nicht systemwidrig erscheine. Auch Entschädigungen für immaterielle Schäden infolge einer Persönlichkeit s- rechtsverletzung im Zusammenhang mit der Erklärung einer unwirksamen Kü n- digung seien nicht ausgeschlossen (BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 16 unter Hinweis auf BAG 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 - ) . Er ha t- te weiter angenommen, es sei vom Vorliegen eines immateriellen Schadens iSd. § 15 Abs. 2 AGG auszugehen , wenn ein Verstoß gegen das Benachteil i- gungsver bot feststehe (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 74, BAGE 129, 181) . Mit Urteil vom 12. D ezember 2013 hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts nun einer schwangeren Arbeitnehmerin, der unter Ve r- stoß gegen das Mutterschutzgesetz gekündigt worden war, wegen G e- schlechtsdiskriminierung einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zuerkannt ( - 8 AZR 838/12 - Pressemitteilung Nr. 77/13) . bb) Nach der Wertung des Gesetzgebers stellen Benachteiligungen wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale regelmäßig eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar (KR/Treber 10 . Aufl. § 15 AGG Rn. 27 mwN; vgl. auch BT - Drucks. 16/1780 S. 38) . Die Sanktion des § 15 Abs. 2 AGG soll im Kern gerade vor solchen Persönlichkeits rechts verletzungen schützen (vgl. S tahlhacke /Preis 10. Aufl. Rn. 190; Blessing Rechtsfolgen diskriminiere n- der Kündigungen unter Geltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes S. 173) . Die im diskriminierenden Verhalten liegende Persönlichkeitsrechtsve r- letzung soll als solche unabhängig von der Frage sanktioniert werden, ob nach einer unwirksamen Kündigung das A rbeitsverhältnis fortbesteht ( vgl. Blessing aaO S. 193) . Ausgehend davon kann allenfalls angenommen werden, die U n- 37 38 - 15 - 6 AZR 190/12 - 16 - wirksamkeit der Kündigung sei eine Naturalrestitution iSd. § 15 Abs. 1 AGG. Die Anwendung des § 15 Abs. 2 AGG kann dagegen nicht mit der Begrü ndung abgelehnt werden, diese Rechtsfolge sei eine hinreichende Sanktion iSd. Ant i- diskriminierungsrichtlinien (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 54; Wenckebach AuR 2010, 499, 502) . Die Unwirksamkeit der Kündigung kann die bei einer Diskriminierung na ch der Vorstellung des Gesetzgebers in der Regel vorliegende Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht kompensieren. Dies gilt in s- besondere in dem in der Praxis häufig vorkommenden Fall, dass der Arbei t- nehmer auch nach einem erfolgreichen Kündigungsschutzproze ss nicht an se i- nen Arbeitsplatz zurückkehrt. cc) Darüber hinaus kommt bei unwirksamen Abmahnungen oder Verse t- zungen, die kündigungsrechtlich gesehen mildere Maßnahmen im Vergleich zu einer Kündigung darstellen, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG ohn e Weiteres in Betracht (vgl. für die Versetzung BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181) , obwohl auch diese Maßnahmen bei Diskriminieru n- gen iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes unwirksam sind und Abma h- nungen zusätzlich noch aus der Persona lakte zu entfernen sind. Dann muss erst recht bei diskriminierenden Kündigungen, die typischerweise tiefer in das Persönlichkeitsrecht eingreifen, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG möglich sein (Wenckebach AuR 2010, 499, 502; Däubler/Bertzbach / Däuble r AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 262a) . dd) § 2 Abs. 4 AGG steht einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 2 AGG nicht entgegen. Damit wird nur der Weg beschrieben, auf dem die Diskrimini e- rungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes in das Kündigung s- schutzrecht einzupassen sind. Die Frage, wie Persönlichkeitsrechtsverletzu n- gen zu sanktionieren sind, ist nicht berührt (vgl. Wenckebach AuR 2010, 499, 502 ) . e) Die Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes führt - insbesondere wegen der Beweisl astregel des § 22 AGG (vgl. KR / Treber 10. Aufl. § 22 AGG Rn. 6; Däubler/Bertzbach / Bertzbach AGG 3. Aufl. § 22 Rn. 48 mwN) - in Fällen, in denen das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine 39 40 41 - 16 - 6 AZR 190/12 - 17 - Anwendung findet, dazu, dass die Rechtsstellung von Arbeitnehmern bei po te n- tiell diskriminierenden Kündigungen gegenüber der von Arbeitnehmern, bei d e- nen keine Diskriminierung in Betracht kommt, verbessert wird. D ies ist jedoch nur die Konsequenz der Überlagerung des nationalen Kündigung s schutzrechts durch das Antidiskriminier ungsrecht der Europäischen Union. II. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob der Kläger behindert iSd. § 1 AGG ist, sondern hat dies ausdrücklich offengelassen. Beide Begrü n- dungen, mit denen es die Kündigung unabhängig von der Frage der Behin d e- rung des Klägers als wirksam angesehen hat, tragen nicht. Es ist deshalb von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob die symptomlose HIV - Infektion des Klägers eine Behinderung iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes da r- stellt. 1. Das Landesarbeitsgeri cht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe den Kläger durch die streitbefangene Kündigung nicht wegen einer etwa i- gen Behinderung benachteiligt. Mit dieser Begründung durfte es eine Behind e- rung nicht dahinstehen lassen. a) Die Kündigungserklärung als solche knüpft als gestaltende Willense r- klärung nicht an die Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG an. Erst die der Kündigungsentscheidung zugrunde liegenden Überlegungen können Anhalt s- punkte für einen Zusammenhang zwischen der Kündigungserklärung und e i- nem Merkmal nach § 1 AGG sein. Dieser Zusammenhang kann sich aus der Kündigungsbegründung oder anderen Umständen ergeben (BAG 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 34) . Dabei bedarf es allerdings keiner subjektiven Komponente im Sinne einer Benachteiligungsabsi cht. Es reicht aus, wenn eine Anknüpfung der Kündigung an ein Diskriminierungsmerkmal zumindest in B e- tracht kommt (BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 28) . Dies ist hier unstreitig der Fall, weil die Beklagte die HIV - Infektion als Ausschlussmerkmal für einen Einsatz im Reinraum ansieht. Auch unberechtigte Stereotypisierungen können zu (unabsichtlichen) Diskriminierungen führen ( vgl. Schiek/Schiek AGG § 3 Rn . 16; Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 3 Rn. 13) . Darauf, ob die Beklagte glaubte, das für sie geltende Regelwerk gebiete die 42 43 44 - 17 - 6 AZR 190/12 - 18 - Kündigung, kommt es deshalb entgegen der von ihr vertretenen Auffassung nicht an. b) Die Beklagte macht ge ltend, sie habe dem Kläger allein deshalb g e- kündigt, weil er an einer ansteckenden Krankheit im Sinne ihrer SOP leide und deshalb die Anforderungen an eine Beschäftigung im Reinraum nicht erfülle, nicht aber, weil er HIV - infiziert sei. Sie hätte genauso ge handelt, wenn der Kl ä- ger an Hepatitis B oder C bzw. einer chronischen Hauterkrankung an den A r- men, Unterarmen, Händen oder im Gesicht gelitten hätte. Das Landesarbeit s- gericht ist dem unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Apri l 2011 ( - 8 AZR 515/10 - Rn. 34) gefolgt. Das ist rechtsfehlerhaft. Die vom Landesarbeitsgericht angeführte Entscheidung betrifft andere Fallkon s- tellationen als die vorliegende. aa) Wäre der Kläger wegen seiner symptomlosen HIV - Infektion behindert, stellt e die streitbefangene Kündigung eine unmittelbare Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG in Form einer sog. verdeckten unmittelbaren Ungleichb e- handlung dar. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminie renden Kriterium (ansteckende Krankheit) unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund (Behinderung) steht und damit kategorial au s- schließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft ( vgl. BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 34/10 - Rn. 23, BAGE 138, 107; vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C - 499/08 - [Andersen] Rn. 23 , Slg. 2010, I - 9343 ; vgl. zu der für die Schwangerschaft klarstellenden Normierung dieser Rechtsfigur in § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 20 f., BAGE 137, 80 ) . Das ist hier der Fall. Kündigungsgrund ist die Unfähigkeit des Klägers, die g e- schuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Diese nach Auffassung der Beklagten bestehende Unfähigkeit ergab sich allein aus der HI V - Infektion des Klägers. Nach ihrer SOP ist die HIV - Infektion ebenso wie chronische Hauterkrankungen im Bereich der Arme, Unterarme, Hände und Gesicht oder eine chronisch ve r- laufende Hepatitis B und C ein Ausschlusskriterium für die Tätigkeit im Rei n- raum (vgl. S. 2 der B eauftragung des Betriebsarztes zur Durchführung von 45 46 - 18 - 6 AZR 190/12 - 19 - GMP - Untersuchungen vom 1. April 2010) . Weiter e absolute Ausschlussgründe sieht die SOP nicht vor. Ansteckende Erkrankungen wie Husten und Schnu p- fen, wiederholte s Erbrech en , Durchfall oder offene Ekzeme si nd nach de r SOP nur anzeigepflichtig und ziehen , wie die Beklagte selbst vorträgt, nur den v o- rübergehenden Ausschluss von der Tätigkeit im Reinraum nach sich . Führt e bei chronischen Erkrankungen der Ausschluss von bestimmten Teilen des Beruf s- felds dazu, da ss eine Behinderung iSd. § 1 AGG vorliegt , wäre dies in allen drei in der SOP der Beklagten aufgeführten Fällen anzunehmen. Eine Kündigung, die wegen einer der in der SOP angeführten ansteckenden Krankheiten, die zum dauerhaften Ausschluss von der Tätigkei t im Reinraum führen, erklärt wird , wäre dann in allen drei Fällen wegen eines Merkmals iSd. § 1 AGG erfolgt. I n- soweit gilt nichts anderes, als wenn ein Arbeitgeber einer befristet eingestellten Frau kündigt, die wegen ihrer Schwangerschaft während der gesamten Dauer der Befristung einem gesetzlichen Beschäftigungsverbot unterliegt (vgl. EuGH 4. Oktober 2001 - C - 109 /00 - [Tele Danmark] Rn. 20, 31 , Slg . 2001, I - 6993) , oder wenn er einem Rollstuhlfahrer kündigt, weil die geschuldete Arbeit von einem Rollstuhlfahrer nicht verrichtet werden könne, denn nur Behinderte sind dauerhaft an den Rollstuhl gebunden (vgl. Kamanab rou RdA 2006, 321, 324) . In all diesen Fällen beruht die Unfähigkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erfüllen, letztlich auf einem Diskriminierungsm erkmal. bb) Daraus folgt zugleich, das s die Annahme des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten, die Kündigung beruhe letztlich auf der aus dem Regelwerk der Beklagten folgenden, auf einer ansteckenden Krankheit beruhenden fe h- lenden Einsetzbarkeit des Klägers und benachteilige diesen deshalb je denfalls nicht wegen einer etwaigen Behinderung, nicht trägt. Ob tatsächlich der Einsatz des Klägers im Reinraum dauerhaft unmöglich und deshalb die Kündigung wirksam war, ist eine Frage, die ausschließlich auf der Ebene der Rechtfert i- gung unter Berücksich tigung der Möglichkeit, angemessene Vorkehrungen zu treffen, zu entscheiden ist, nicht aber bereits die Annahme einer Benachteil i- gung wegen der Behinder ung von vornherein ausschließt. 47 - 19 - 6 AZR 190/12 - 20 - cc) Der Kläger würde gegenüber Personen in einer vergleichbaren Situat i- on benachteiligt (zu diesem Erfordernis BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 34/10 - Rn. 29 , BAGE 138, 107) . Die Feststellung der Vergleichbarkeit der Situation erfordert, dass es außer der anderen Ausprägung des Diskriminierungsmer k- mals keine wesentlichen Unterschie de zwischen der benachteiligten und der Vergleichsperson gibt (Schiek/Schiek AGG § 3 Rn. 11) . Einem nicht behinde r- ten chemisch - technischen Assistenten in einer sonst mit der Situation des Kl ä- gers vergleichbaren Lage wäre nicht gekündigt worden (vgl. in die sem Sinne auch EGMR 3. Oktober 2013 - 552/10 - Rn. 77) . Darin liegt der Unterschied zu der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesa r- beitsgerichts vom 28. April 2011 ( - 8 AZR 515/10 - ) . Das Argument der Bekla g- ten, auch einem an einer chronisch verlaufenden Hepatitis B bzw. C oder an einer chronischen Hauterkrankung an den Armen, Unterarmen, Händen oder im Gesicht leidenden Arbeitnehmer hätte sie gekündigt, trägt nicht. Auch diese Arbeitnehmer wären, wie unter R n. 46 ausgeführt, behindert. 2. D ie Hilfsbegründung des Landesarbeitsgerichts, das Fehlen einer HIV - Infektion stelle eine berufliche Anford erung iSd. § 8 Abs. 1 AGG dar, greif t zu kurz . a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, dass sich der Arbei t- geber, der eine Kündigung darauf stützt, dass er den Arbeitnehmer wegen se i- ner Behinderung nicht einsetzen könne, nur dann auf den Rechtfertigungsgrund des § 8 Abs. 1 AGG berufen kann, wenn auch angemessene Vorkehrungen iSd. Art. 5 RL 2000/78/EG iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unte r- a bs. 4 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - UN - Behin - dertenrechtskonvention (UN - BRK) - nicht zu einer Einsatzmöglichkeit führen. Unter lässt der Arbeitgeber die danach gebotenen Vorkehrungen und kann er den Arbeitnehmer deshalb nicht einsetzen, ist dieser Umstand regelmäßig nicht auf die Behinderung des Arbeitnehmers, sondern auf die Untätigkeit des Arbei t- gebers zurückzuführen. Die Kündig ung ist dann nicht gerechtfertigt (vgl. EuGH 48 49 50 - 20 - 6 AZR 190/12 - 21 - 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [Ring] Rn. 66, 68; 11. Juli 2006 - C - 13/05 - [Chacón Navas] Rn. 52, Slg. 2006, I - 6467) . aa) Für diesen Personenkreis ist Art. 5 RL 2000/78/EG, demzufolge der Arbeitgeber angemessene Vorkehrungen zu ergreifen hat, um Behinderten ua. die Au s- übung eines Berufs zu ermöglichen, sofern diese Maßnahmen ihn nicht unve r- hältnismäßig belasten, nicht in nationales Rech t umgesetzt worden ( vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 34 ff. ) . Eine vergleichbare Verpflichtung sieht Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i UN - BRK vor, wonach die Vertragsstaaten sicherstellen, dass am Arbeitsplatz angemessene Vorkehrungen (reasonabl e accom m adation) für Menschen mit Behinderungen getroffen werden. Was unter - BRK zu verstehen ist, ist in Art. 2 Untera bs. 4 UN - BRK festgelegt. bb) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinen Entschei dungen vom 4. Juli 2013 ( - C - 312/11 - [Kommission/Italien]) und vom 11. April 2013 ( - C - 335/11 ua. - [ Ring ] ) ausgeführt, dass und wie Art. 5 RL 2000/78/EG nach der Genehmigung der UN - BRK durch den Rat im Namen der Europäischen Gemeinschaft (Beschluss 2010/48/EG vom 26. November 2009 A B l. EU L 23 vom 27. Januar 2010 S. 35) unter Beachtung und in Übereinstimmung mit der UN - verstehen und umfasst die Beseitigung der verschiedenen Barrieren, die die volle und wirksame, gleichberechtigte Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Berufsleben behindern. Gemeint sind nicht nur materielle, sondern auch organisatorische Maßnahmen, wobei die Aufzählung der möglichen Vorkehru n- gen im 20. Erwägungsgrund der RL 2000/78/EG nicht abschließend ist (EuGH 11. April 2013 - C - 3 35/11 ua. - [ Ring ] Rn. 53 bis 56) . Ob solche Vorkehrungen den jeweiligen Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten, haben die nationalen Gerichte festzustellen, wobei sie insbesondere den damit verbundenen finanz i- ellen und sonstigen Aufwand unter Berücksichti gung der Größe und der F i- nanzkraft des Arbeitgebers sowie der Möglichkeit, öffentliche Mittel oder andere Unterstützungen in Anspruch zu nehmen, in die Abwägung einzubeziehen h a- 51 52 - 21 - 6 AZR 190/12 - 22 - ben (EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring ] Rn. 59 f.) . Die Mitgliedstaat en müssen aufgrund von Art. 5 RL 2000/78/EG iVm. Art. 2 Untera bs. 4 UN - BRK die Arbeitgeber verpflichten, die im konkreten Einzelfall jeweils erforderlichen angemessenen Vorkehrungen zu ergreifen. Das bloße Schaffen von Anreiz - und Hilf s maßnahmen genügt nic ht (EuGH 4. Juli 2013 - C - 312/11 - [Kommiss i- on/Italien] Rn. 60 ff. der franz. Fassung; Beyer/Wocken DB 2013, 2270) . cc) Die Bestimmungen der UN - BRK sind integrierender Bestandteil der Unionsrechtsordnung (EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring ] Rn. 2 8 ff.). Dadurch sind sie zugleich Bestandteil des - ggf. unionsrechtskonform auszul e- genden - deutschen Rechts. Im Hinblick auf die durch den Gerichtshof der E u- ropäischen Union unter Beachtung der UN - BRK vorgenommene Auslegung des Art. 5 RL 2000/78/EG ist Art. 2 Untera bs. 4 UN - BRK weder unmittelbar anz u- wenden ( aA v. Roetteken jurisPR - ArbR 33/2013 Anm. 1 unter D; zur unmittelb a- ren Anwendung von Völkerrecht vgl. Schm ahl JuS 2013, 961, 965; Aichele AnwBl. 2011, 727, 728) noch sind §§ 7 und 8 AGG völkerrechtskonform ausz u- legen. Die Verpflichtung zu angemessenen Vorkehrungen ergibt sich vielmehr bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 241 Abs. 2 BGB aus dieser B e- stimmung ( vgl. zu dieser Vorschrift BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - BAGE 13 1, 325; 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - BAGE 134, 296 ; vgl. auch Beyer/Wocken DB 2013 , 2270, 2272) . b) Eine Kündigung eines behinderten Arbeitnehmers wegen fehlender Einsatzmöglichkeiten ist demnach nur wirksam, wenn der Arbeitgeber nicht i m- stande ist, das infolge der Behinderung vorliegende Beschäftigungshindernis durch angemessene Vorkehrungen zu beseitigen (vgl. EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring ] Rn. 57; Däubler / Bertzbach/Brors AGG 3. Aufl. § 8 Rn. 33; KR / Treber 10. Aufl. § 8 AGG Rn. 29; Stiebert/Pötters Anm. EzA EG - Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 31 S. 30) . Dies hat der Arbeitgeber da r- zulegen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 43; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 33 f.; Stiebert /Pötters aaO; Däubler / Bertzbach/Brors aaO Rn. 33 f. ) . Beurteilung s- grundlage für die Rechtfertigungsprüfung ist dabei nicht der ursprüngliche (au s- 53 54 - 22 - 6 AZR 190/12 - 23 - geschriebene) Arbeitsplatz, sondern der mit verhältnismäßigem Aufwand geä n- derte Arbeitsplatz. Anderenfalls könn te - wie die Argumentation der Beklagten und des Landesarbeitsgerichts eindrücklich belegen - der Arbeitgeber stets b e- rufsbezogen argumentieren und behinderte Arbeitnehmer berechtigt von der Teilhabe am Berufsleben ausschließen ( vgl. Däubler/Bertzbach / Bror s aaO Rn. 33; KR / Treber aaO) . Genau das will Art. 5 RL 2000/78/EG verhindern, de s- sen Befolgung im nationalen Recht § 241 Abs. 2 BGB sicherstellt. Kann der Arbeitsplatz mit zumutbaren Anstrengungen angepasst werden, ist der Arbei t- nehmer für die geschuldete Tätigkeit geeignet. Auf eine Rechtfertigung nach § 8 AGG kommt es dann grundsätzlich nicht mehr an. Nur dann, wenn der Arbei t- nehmer zwar auf dem zumutbar angepassten Arbeitsplatz eingesetzt werden kann, aber trotzdem wegen der Behinderung schlechter gestel lt wird, zB weil er nicht im Schichtbetrieb eingesetzt wird und deshalb eine Schichtzulage nicht erhält, kann noch eine Rechtfertigung dieser gleichwohl erfolgenden Benachte i- ligung nach § 8 Abs. 1 AGG in Betracht kommen. Erst in einem solchen Fall muss der Arbeitgeber darlegen, dass und warum gerade im Hinblick auf den angepassten Arbeitsplatz ein berufsbezogener weiterer Grund eine Benachteil i- gung des Behinderten rechtfertigt (ähnlich Däubler/Bertzbach / Brors aaO ) . III. Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar (§ 56 1 ZPO) . 1. Die symptomlose HIV - Infektion des Klägers hat eine Behinderung iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge. Eine Diskriminierung des Klägers durch die angegriffene Kündigung kommt desha lb in Betracht. a) Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des ma ß- geblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch - in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfakt o- ren (Barrieren) - seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substan t iell beeinträchtigt sein kann. Auf einen b e- stimmten GdB kommt es nicht an (BAG 16. Febru ar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 32 ) . Ob eine Behinderung vorliegt, ist unter Beachtung dieses Begriffsve r- 55 56 57 - 23 - 6 AZR 190/12 - 24 - ständnisses im Einzelfall festzustellen (Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 40) , wobei auch zu beachten ist, dass das Verständnis von Behinderung nicht statisch is t (vgl. EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring ] Rn. 37) . aa) Der Begriff der Behinderung iSd. § 1 AGG entspricht nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 BGG (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 32; BR - Drucks . 329/06 S. 31) . Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körpe r- liche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wah r- scheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustan d abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft b e- einträchtigt ist . Der Gesetzgeber hat sich damit für einen modernen Behinde r- ten begriff entschieden, der an die Internationale Klassifikation der Funktionsf ä- higkeit, Behinderung und Gesundhe it (ICF) der Weltgesundheitsorganisation ( WHO ) anknüpft (BT - Drucks. 14/5074 S. 98 ; vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 20, BAGE 122, 54 ) . Bei diesem bio - psycho - sozialen Behinder te n- begriff wird Behinderung nicht durch die individuelle Funktionsstörung, sondern durch die Beeinträchtigung der (gesellschaftlichen) Teilhabe definiert. Eine B e- hinderung liegt vor, wenn sich die Beeinträchtigung auf die Partizipation in e i- nem oder mehreren Lebensbereichen auswirkt (BT - Drucks. 1 4 / 5 074 S. 98 ) . O b eine Beeinträchtigung relevant ist, ergibt sich demnach erst aus dem Zusa m- menwirken von behindernden sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) und indiv i- dueller Gesundheitsstörung (Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 37; Welti D Ö V 2013, 795, 797) . Eine Gesundheitsstörun g kann auch darin liegen, dass die (gesel l- schaftliche) Teilhabe durch das Verhalten anderer beeinträchtigt wird (Schiek/Welti aaO Rn. 43) . Behinderung ist nach diesem Verständnis sowohl persönliche Eigenschaft als auch soziales Verhältnis (Schiek/Welti aaO Rn. 37, vgl. auch v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 159b) . Eine Behind e- Menschen durch seine Umwelt entstehen. bb) In seinen Entscheidungen vom 11. April 2013 ( - C - 335/11 ua. - [ Ring]) und vom 4. Juli 2013 ( - C - 312/11 - [Kommission/Italien] ) hat der Gerichtshof der 58 59 - 24 - 6 AZR 190/12 - 25 - RL 2000/78/EG in Anpassung an Art. 1 Untera bs. 2 UN - BRK modifiziert (zur bisherigen Auslegung s iehe EuGH 11. Juli 2006 - C - 13/05 - [Chacón Navas] Rn. 37, Slg. 2006, I - 6467) . Erfasst sind Einschränkungen, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen sind , die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den and e- ren Arbeitnehmern, hindern können , sofern die körperlichen, seelischen, geist i- gen oder Sinnesbeeinträchtigungen langfristig sind. Das schließt ein en Zustand ein, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit die vorgenannte n Einschränkung en mit sich bringt . Anderenfalls fällt eine Krankheit nicht unter den Begriff der Behind e- rung iSd . RL 2000/78/EG. Behinderung und Krankheit sind nach wie vor nicht gleichzusetzen (EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring] Rn. 41 f., 47, 75) . cc) Damit haben sich die unionsrechtliche Konzeption und die des nation a- len Rechts angenähert. Aus den unter schiedlichen Definitionen ergeben sich jedoch nach wie vor Unterschiede im Begriffsverständnis, die für die vom Al l- gemeinen Gleichbehandlungsgesetz Erfassten teils günstiger, teils ungünstiger sind. (1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat den Begri ff der Behind e- rung im Hinblick auf den Anwendungsbereich der RL 2000/78/EG auf Beei n- trächtigungen der wirksamen Teilhabe am Berufsleben beschränkt ( zur K ritik an dieser Beschränkung s iehe Stiebert/Pötters Anm. EzA EG - Vertrag 1999 Richtl i- nie 2000/78 Nr. 31 S. 24 bis 27 ) , während die Behinder ten begriffe des Allg e- meinen Gleichbehandlungsgesetzes und der UN - BRK auf die gesellschaftliche Teilhabe abstellen . Darüber hinaus sind nach dem nationalen Verständnis b e- reits Abweichungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, als langfristig anzusehen, während nach dem Verständnis des Un i- onsrechts die nationalen Gerichte im Einzelfall entscheiden müssen, wann eine 60 61 - 25 - 6 AZR 190/12 - 26 - (2) Demgegenüber ist der nationale Behinder ten begriff zu l asten der Behi n- derten enger als das supranationale Begriffsverständnis, soweit er eine Abwe i- chung von dem für das Lebensalter typischen Zustand verlangt, alterstypische Einschränkungen also stets nicht als Behinderung ansieht (v. Roetteken AGG S tand Oktober 2013 § 1 Rn. 161 f .; Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 42 ) . Darüber hi n- aus verlangt der nationale Behindertenbegriff, dass die Beeinträchtigung der Teilhabe bereits eingetreten ist , während es nach dem von der UN - BRK geleiteten unionsrechtlichen Behind ertenbegriff bereits ausreicht, dass eine solche Beeinträchtigung eintreten kann. dd) Der Behindertenbegriff des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist maßgeblich, soweit das nationale Recht von einem weiteren Behindertenbegriff als das supranationale Recht ausgeht. Im Übrigen ist der Behindertenbegriff des Unionsrechts zugrunde zu legen. (1) Die RL 2000/78/EG stellt gemäß Art. 8 Abs. 1 nur Mindestanforderu n- gen auf. Es bleibt daher den Mitgliedstaaten unbenommen, Regelungen einz u- führen oder beizubehalt en, die im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehan d- lungsgrundsatzes günstiger als die Vorschriften der Richtlinie sind. Davon hat die Bundesrepublik Deutschland im genannten Rahmen Gebrauch gemacht (v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 161e, 165; D äubler/ Bertzbach/Däubler AGG 3. Aufl. § 1 Rn. 75; aA KR / Treber 10. Aufl. § 1 AGG Rn. 49; BeckOK Arb R /Roloff Stand 1. Deze mber 2013 AGG § 1 Rn. 7) . Der Gesetzgeber des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes hat ausdrücklich auf den weitreichenden Behindertenbegriff in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und in § 3 BGG abgestellt. Ein gesetzgeberisches Versehen ist damit auszuschließen (gegen eine gespaltene Aus legung des Behindertenbegriffs gleichwohl Sti e- bert/Pötters Anm. EzA EG - Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 31 S. 33) . (2) Soweit das nationale Recht hinter dem supranationalen Recht zurüc k- bleibt, ist dagegen der Behindertenbegriff des Unionsrechts zugrun de zu legen (v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 161f) . Damit reicht es insb e- können 62 63 64 65 - 26 - 6 AZR 190/12 - 27 - ee) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt ein solches Begriffsverständnis nicht dazu, dass Urs ache und Wirkung vertauscht würden, wenn der Umgang des Arbeitgebers mit einer Beeinträchtigung eine Behind e- rung zur Folge haben kann. Bei der Feststellung, ob eine Behinderung vorliegt, geht es gerade darum, objektive Barrieren zu erkennen, die sic h nicht zuletzt im Verhalten des Arbeitgebers manifestieren können. ff) Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass ein so verstandener B e- ( s iehe dazu Sti e- bert/Pötters Anm. EzA EG - Vertrag 1999 Richtlinie 2000/ 78 Nr. 31 S. 27 , die darauf hinweisen, dass etwa 40 % der Bevölkerung in Deutschland an Volk s- krankheiten wie Diabetes mellitus, Arthrose oder Rheuma leide n ; zur Häufigkeit chronischer Krankheiten siehe auch Pärli/Naguib/Kuratli Schutz vor Benachte i- ligung a ufgrund chronischer Krankheit 2012 S. 16 ) führen und dadurch der r- zahl der vergleichbaren Personen ebenfalls behindert, droht der Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (weitgehend) leer zu laufen (vgl. Pä r- li/Naguib/Kuratli aaO S. 67) . Zumindest ist der Behindertenschutz dann kein n- (1) Eine solche mögliche Entgrenzung lässt sich jedoch dadurch ei n- schränken, dass die Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Teilhabe und das Vorliegen einer Benachteiligung wegen dieser nicht pauschal, sondern für die betroffenen Gruppen behinderter Menschen konkret geprüft wird. So kann et wa ein an Diabetes mellitus erkrankter Arbeitnehmer, der gut eingestellt ist, an der gesellschaftlichen Teilhabe so geringfügig beeinträchtigt sein, dass er als nicht behindert anzusehen ist, während ein schlecht einzustellender Diabetiker behindert se in kann. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Personen mit gleicha r- tigen Beeinträchtigungen in verschiedenen Kontexten unterschiedlich in ihrer Teilhabe beeinträchtigt sein können. Ob und welche Barrieren vorliegen, beei n- flusst die Annahme einer Behinderung. Die ICF, an deren Definition sich der nationale Behindertenbegriff orientiert, klassifiziert individuelle Behinderungen 66 67 68 - 27 - 6 AZR 190/12 - 28 - und berücksichtigt dabei Umweltfaktoren sowohl auf der Ebene des Individ u- ums als auch auf der der Gesellschaft (Welti D Ö V 2013, 795, 79 7; vgl. auch ICF Stand Oktober 2005 Einführung S. 2 1 f. unter 4.3; Pärli/Naguib/Kuratli Schutz vor Benachteiligung aufgrund chronischer Krankheit 2012 S. 68) . Wer ungeachtet bestehender Beeinträchtigungen die Möglichkeit hat, gleichberec h- tigt am Leben in d er Gemeinschaft und im Beruf teilzuhaben, ist nicht behindert (v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 159a, 164) . (2) Der Gefahr übermäßiger Belastung der Arbeitgeber durch einen so l- chen weiten Behinder ten begriff wird zudem dadurch entgegengewirkt, dass B e- hinderungen, die sich im Arbeitsverhältnis nicht auswirken, idR weder zu B e- nachteiligungen noch zu Diskriminierungen von Arbeitnehmern wegen einer Behinderung führen können. Dabei wird allerdings vielfach erst auf der Ebene der angemessenen Vorkehru ngen entschieden werden können, ob und wie sich eine Behinderung im Arbeitsleben auswirkt. Dessen ungeachtet hat die Fes t- ste l lung der Behinderung der Beurteilung, welche Vorkehrungen dem Arbeitg e- ber im konkreten Fall zumutbar sind, vorauszugehen. Sie sind Folge und nicht Tatbestandsmerkmal einer Behinderung (vgl. EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring ] Rn. 45 f.) . b) Der Kläger ist aufgrund seiner symptomlosen HIV - Infektion chronisch erkrankt. Diese Beeinträchtigung wirkt sich auf seine Teilhabe sowohl im Leben in der Gemeinschaft als auch in seinem Berufsfeld aus. Er ist deshalb behindert iSd. § 1 AGG. Das gilt so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhenden Stigmatisierung en andauern (ebenso Pärli/Naguib/Kuratli Schutz vor Benachte i- ligung aufgrund chronischer Krankheit 2012 S. 72 f., 77 f.; Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 43; aA nur bei Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis: Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 135; v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 164; nur unter Berücksichtigung künftiger Beeinträchtigungen: Stein in Wendeling - Schröder / Stein AGG § 1 Rn. 54 ; auf den Einzelfall abstellend: Antwort der Bu n- desregierung BT - Drucks . 17/7283 S. 4 f.) . 69 70 - 28 - 6 AZR 190/12 - 29 - aa) Die HIV - Infektion ist unheilbar. Sie hat eine Verminderung der zellul ä- ren Immunität und damit einen Immundefekt zur Folge (Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 265. Aufl. Stichwort: HIV - Erkrankung ) . Diese Abweichung vom al l- gemein anerkannten Standard des biomedizinischen Zustands (vgl. zu dieser Definition die ICF Stand Oktobe r 2005 Einführung S. 18 unter 4.1 Ziff . 5) führt zu einer Beeinträchtigung der Funktion des Körpers iSd. Behindertenbegriffs des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. bb) Auf den Grund der Behinderung oder ihre Art kommt es nicht an. Auch chronische Krankheiten werden vom Begriffsverständnis der Behinderung iSd. § 1 AGG erfasst. Das setzt allerdings voraus, dass die erforderliche Beeinträc h- tigung der Teilhabe vorliegt (BT - Drucks . 14/5074 S. 98; v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 164b) . Eine chronische Erkrankung, die solche Beeinträchtigungen nicht mit sich bring en kann , führt nicht zu einer Behind e- rung iSd. § 1 AGG (vgl. für die RL 2000/78/EG EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring ] Rn. 42 ) . cc ) Der Kläger wird durch seine HIV - Infektion im erforderlichen Maß an der Teilhabe am Leben beeinträchtigt. Unerheblich ist dabei, dass seine Leistung s- fähigkeit nicht eingeschränkt ist. Es genügt, dass er in interpersonellen Bezi e- hungen und bei der Arbeit S tigmatisierungen ausgesetzt sein kann (vgl. au s- drücklich für eine HIV - Infektion ICF Stand Oktober 2005 Einführung S. 24 unter 5.1 ; vgl. auch Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 43 ) . Diese Vorurteile und Stigmatisi e- rungen seiner Umwelt machen ihn zu einem Behinderten iSv. § 1 AGG. (1) Die gesellschaftliche Teilhabe auch von symptomlos HIV - Infizierten wird nach wie vor typischerweise durch zahlreiche Stigmatisierungen (zum B e- griff des Stigma s Stürmer/Salewski in Beelmann/Jonas Diskriminierung und Toleranz S. 263, 267 f. ; vgl. auch Empfehlung 200 der ILO vom 17. Juni 2010 unter I Ziff . 1 Buchst. d) und soziales Vermeidungsverhalten beeinträchtigt, die auf die Furcht vor einer Infektion zurückzuführen sind, auch wenn die Ausgre n- zung in Westeuropa im Rückgang begriffen is t ( Stürmer/Salewski aaO S. 264 f. , 273; vgl. auch EGMR 3. Oktober 2013 - 552/10 - Rn. 79 f f .; EGMR 10. März 2011 - 2700/10 - [Kiyutin /Russland ] Rn. 64 ) . Insbesondere soll HIV - Infizierten 71 72 73 74 - 29 - 6 AZR 190/12 - 30 - signifikant häufig ärztliche Behandlung verweigert werden (Pärli/Nagu ib/Kuratli Schutz vor Benachteiligung aufgrund chronischer Krankheit 2012 S. 27) , ebe n- so soll es zu Nachteilen bei Abschlüssen von Versicherungen, speziell Kra n- kenversicherungen, kommen (Stürmer/Salewski aaO S. 273 ; Pä r- li/Naguib/Kuratli aaO S. 25 ) . Darüber hinaus soll Vermeidungsverhalten zu b e- obachten sein, das sich nicht immer sogleich als Ausgrenzung und Diskrimini e- rung erkennen lässt, zB in Form von Diskrepanzen zwischen verbalem und nonverbalem Verhalten (Stürmer/Salewski aaO S. 272 f.) . Auch solche St igm a- tisierungen und Vorurteile sind benachteiligende gesellschaftliche Kontextfakt o- ren (vgl. EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring ] Rn. 37 f.; Pärli/Naguib/Kuratli aaO S. 70) . Diskriminierung ist letztlich der Endpunkt von Stigmatisierung (vgl. Pärli/ Naguib/Kuratli aaO S. 35) . Diese nach wie vor fest verwurzelten Vorurteile gegen HIV - Infizierte haben dazu geführt, dass in den Mitgliedstaaten des Europarats eine klare Gesamttendenz erkennbar ist, HIV - Infizierte, wenn nicht durch spezielle Vorschriften, so doch durch die jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften, die Schutz vor Diskriminierung etwa wegen B e- hinderung bieten, vor Ungleichbehandlungen am Arbeitsplatz, insbesondere vor diskriminierenden Kündigungen, zu schützen (EGMR 3. Oktober 2013 - 552/10 - Rn. 39, 82 f. unter Hinweis auf eine in dreißig Mitgliedstaaten des Europarats durchgeführte Vergleichsstudie ) . Auch die Empfehlung 200 der ILO vom 17. Juni 2010 sieht unter III. Ziff . 3 Buchst. c sowie unter IV. Ziff . 9 bis Ziff. 11 den Schutz vor Diskri minierungen und Kündigungen wegen einer HIV - Infektion vor und strebt unter IV. Ziff . 13 an, dass HIV - Infizierte ihre Arbeit g gf. mit angemessenen Vorkehrungen fortsetzen können. (2) Auch im konkreten Fall des Klägers liegen derartige Stigmatisierungen, di e HIV - Infizierte erfahren und/oder befürchten, vor. Dies wird eindrücklich dadurch belegt, dass der Kläger über seinen Beistand mitgeteilt hat, er nehme zwar an der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teil, halte sich aber unter den Zuhörern auf, um seine Anonymität zu wahren. Außerdem hat er laut einem bereits während des Instanz en zugs erfolgten Pressebericht ( vom 10. Januar 2012) nicht mehr zu erwähnen. Er arbeite seit Mai (2011) wieder in einer Medizin - 75 - 30 - 6 AZR 190/12 - 31 - Firma , auch im Reinraum. Er verweigere Tests und Fragebögen. Gerade diese Reaktion des Klägers, künftig seine HIV - Infektion im Berufsleben zu verschwe i- gen, leistet wiederum Vorurteilen gegenüber HIV - Infizierten Vorschub. So kommt es zu einem sich gegenseitig hochschaukelnden Wechselspiel von R e- aktion und Gegenreaktion. Die gegenwärtig noch andauernde Stigmatisierung wird auch dadurch bestätigt, dass die Beklagte ausdrücklich geltend macht, die Beschäftigung des Klägers führe zu ei ner Rufschädigung. (3) Darüber hinaus liegt im konkreten Fall des Klägers auch eine Beei n- trächtigung i m Berufsleben vor, wie der vorliegende Rechtsstreit deutlich macht. Die Beklagte spricht dem Kläger unter Beruf ung auf das für sie geltende R e- gelwerk von vornherein die Eignung für den vertraglich geschuldeten Einsatz im Reinraum ab. Dem Kläger als chemisch - technischen Assistenten ist dadurch der Zugang zu einem nicht unerheblichen Teil seines Berufsfeldes verwehrt. Das räumt letztlich auch die Beklagte ei n, wenn sie annimmt, der Kläger könne seinen Beruf weiterhin ausüben. Ihm sei lediglich ein Einsatz in der aseptischen Medikamentenherstellung versagt. 2. Die SOP der Beklagten entbinde t diese - anders als sie meint und u n- terschwellig auch das Landesarbe itsgericht annimmt - nicht von der Pflicht, im zumutbaren Rahmen angemessene Vorkehrungen zur Beschäftigung des b e- hinderten Klägers im Reinraum zu treffen. Entgegen der Annahme der Bekla g- ten steht bisher nicht fest, dass die HIV - Infektion des Klägers mit d iesem R e- gelwerk nicht im Einklang steht bzw. nicht zumindest damit in Einklang zu bri n- gen ist. a) Allerdings ist nach dem EG - GMP Leitfaden, auf den Ziff . 5 der SOP verweist, ein System der Qualitätssicherung erforderlich, das der Erreichung des Ziels dien t, Patienten keiner Gefahr wegen unzureichender Sicherheit, Qu a lität oder Wirksamkeit auszusetzen (Kapitel 1 Qualitätsmanagement - Grundsätze) . Dieses Sicherungssystem soll sicherstellen, dass Herstellungs - und Prüfverfahren klar spezifiziert sind und die Regeln der Guten Herstellung s- praxis beinhalten ( Ziff. 1.2 Satz 4 Unterabs. ii des EG - GMP Leitfadens ) . Ziff. 2.15 des EG - GMP Leitfadens verlangt, dass Vorkehrungen getroffen we r- 76 77 78 - 31 - 6 AZR 190/12 - 32 - den soweit es praktisch möglich ist , sicherstellen, dass in der Ar z- neimittelherstellung niemand beschäftigt wird, der an einer ansteckenden Krankheit leidet oder offene Verletzungen an unbedeckten Körperstellen au f- weist. Diese Vorschrift zwingt - anders als die Beklagte annimmt - den Arzne i- mittelhersteller nicht dazu, HIV - Infizierte ungeachtet der Umstände des Einze l- falls, insbesondere der konkreten Produktionsbedingungen und Tätigkeiten des HIV - Infizierten, von einer Tätigkeit im Reinraum auszuschließen. Z if f. 2.15 des EG - GMP Leitfaden s führt die HIV - Infektion nicht al s Tatbestand, der eine Täti g- keit im Reinraum absolut und in jedem Fall ausschließt, auf, sondern enthält lediglich eine Generalklausel, die einem HIV - Infizierten den Einsatz im Rei n- raum abhängig von den Umständen des Einzelfalls verwehrt. aa) Auch wenn zu gunsten der Beklagten unterstellt wird, dass Ziff. 2.15 des EG - GMP Leitfadens als Mussvorschrift zu verstehen ist, ist dieser im Rang e i- ner Verordnung stehende Leitfaden unionsrechtskonform, dh. im Hinblick auf § 241 Abs. 2 BGB gesetzeskonform zu interpret ieren. Gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2003/94/EG der Kommission vom 8. Oktober 2003 zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung bei m Menschen bestimmte Prüfpräparate (RL 2003/94 / EG) dient der EG - GMP Leitfaden der Auslegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis. Art. 7 Abs. 5 RL 2003/94/EG, den Z if f. 2.15 des EG - GMP Leitfadens auslegt, verlangt nur, dass Hygienepr o- gramme, die den durchzuführenden Tätigkeiten angepasst sind und insbeso n- dere Vorschriften zur Gesundheit des Personals enthalten, erstellt und befolgt werden. Bei Beachtung dieses Anwendungsbefehls, der ausdrücklich auf die durchzuführende und damit konkrete Tätigkeit abstellt, fordert Ziff. 2.15 des EG - GMP Leitfadens im hier vorliegenden Zusammenhang nur, dass Vorkehrungen zu treffen sind, die - soweit praktisch möglich - sicherstellen, dass die Beschä f- tigten nicht an einer ansteckenden Krankheit leiden, deren Ansteckungsgefahr sich auf die konkrete Tätigkeit auswirkt. Nur dann, wenn bezogen auf die ko n- krete Tätigkeit eine Ansteckungs - bzw. Kontaminationsgefahr besteht, soll also eine Tätigkeit des Erkrankten unterbunden werden. 79 - 32 - 6 AZR 190/12 - 33 - bb) In dieser Auslegung meinen Art. 5 RL 2000/78/EG und Ziff. 2.15 des EG - GMP Leitfadens bezogen auf den vorlieg enden Fall letztlich dasselbe: D er Arbeitgeber muss bei einem Behinderten, der an einer ansteckenden Krankheit leidet, die ihm zumutbaren Vorkehrungen treffen, um einerseits dem Behinde r- ten eine (leidensgerechte) Tä tigkeit zu ermöglichen, andererseits aber Anst e- ckungsgefahren für Kollegen oder Dritte, insbesondere die Empfänger der e r- zeugten Arzneimittel, mit der erforderlichen Sicherheit verhindern zu können. b) Damit wird von der Beklagten nicht verlangt, sehenden Auges ein messbares, ernsthaftes Risiko einzugehen, mit HI - Viren kontaminierte Präpar a- te in den Verkehr zu bringen und sich damit erheblichen, uU die Existenz des Betriebs gefährdenden Schadensersatzrisiken auszusetzen. Deshalb ist auch ihre unternehmeris che Entscheidungsfreiheit nicht in Frage gestellt. Demen t- sprechend räumt der Kläger ausdrücklich ein, dass sein Einsatz im Reinraum ausgeschlossen sein dürfte, wenn eine Übertragungswahrscheinlichkeit best e- he. Bisher ist aber - und das rügt die Revision mi t Recht - weder vorgetragen, geschweige denn festgestellt, dass es überhaupt ein messbares Risiko einer Kontamination gibt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz will gerade so l- chen, aus bloß diffusen Befürchtungen und der Weigerung des Arbeitgebers, die konkreten Risiken zu ermitteln und mögliche Änderungen der Arbeitsabläufe auch nur in Erwägung zu ziehen, resultierenden Benachteiligungen entgege n- wirken. Der Arbeitgeber darf sich, anders als das Landesarbeitsgericht ang e- nommen hat, gerade nicht darauf be schränken, ohne konkrete Prüfung der 3. Der Umstand, dass es unstreitig und vom Landesarbeitsgericht festg e- stellt ist, dass keine anderweitige Einsatzmöglichkeit des Klägers außerhalb des Reinraums besta nd, entbindet die Beklagte nicht von der Darlegung, inwieweit keine angemessenen Vorkehrungen getroffen werden konnten, die dem Kläger einen Einsatz auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz im Reinraum ermöglicht hä t- ten. IV. Das angefochtene Urteil war aufzuhebe n und die Sache an das La n- desarbeitsgericht zurückzuverweisen. Ob die Klage begründet ist, vermag der 80 81 82 83 - 33 - 6 AZR 190/12 - 34 - Senat nicht abschließend zu entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat die zur Beurteilung der Wirksamkeit der Wartezeitkündigung erforderlichen Feststellu n- gen nicht getroffen. Dies wird es unter Beachtung nachstehende r Erwägungen nachzuholen haben. 1. Die Beklagte hat zu ihren Produkten, den Produktionsbedingungen und der Tätigkeit des Klägers im Reinraum bisher nicht hinreichend konkret vorg e- tragen. Sie b eruft sich im Kern darauf, dass ihr ein noch so geringes Risiko nicht zuzumuten sei, ohne vorzutragen, ob überhaupt ein messbares Risiko besta nd, dass es durch den Kläger zu einer Verunreinigung der Produkte der Beklagten mit HI - Viren kommt. Es fehlt somit bereits am erforderlichen Au s- gangspunkt für die Prüfung, ob und welche angemessene (n) Vorkehrungen ihr zumutbar sind. a) Die Beklagte hat bisher lediglich vorgetragen, sie produziere radioaktive Medikamente für Krebspatienten, die intravenös verabreicht würden. Aus der von ihr vorgelegten Herstellungserlaubnis ergibt sich, dass es sich dabei um Arzneimittel für die Positrone n - Emissions - Tomographie mit zwei verschiedenen Wirkstoffen handelt. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, ihre Produkte seien nur zehn Stunden wirksam, so dass eine Überprüfung auf eine mikrobielle oder virale Verunreinigung vor der Anwendung unmöglich sei. Sie fertige im Rahmen arbeiten. Die Produktion des Medikaments, von dem sie mehr als 6,5 Millionen Einheiten im Jahr herstelle, erfordere die Arbeit mit angeschliffenen Hohlka n ü- len, Glasfläschchen und Aluminiumdeckeln, so dass Schnitt - und Stichverle t- zungen möglich seien, wobei es denkbar sei, dass diese nicht sofort bemerkt würden. Verletzungen der Arbeitnehmer und Verunreinigungen der Medikame n- te mit Blut seien möglich. b) Zur Tätigkeit des Klägers hat die Beklagte nur vorgetragen, dass er G e- fäße, in die das Medikament abgefüllt wird, sowie Produktionskassetten vorz u- bereiten hatte, die mit sterilen Gläschen mittels Spritzen befüllt und mittels n a- delartiger Spikes entlüftet werden. 84 85 86 - 34 - 6 AZR 190/12 - 35 - 2. Das Landesarbeitsgericht wird vor seiner erneuten Entscheidung der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, diesen Vortrag zu substantiieren und insbesondere zur Möglichkeit, angemessene Vorkehrungen hinsichtlich des Einsatzes des Klägers im Rein raum zu treffen, vorzutragen. a) Die Beklagte stellt in ihrem Vortrag bisher ausschließlich auf das Risiko ab, Patienten, denen von ihr produzierte Medikamente injiziert werden, könnten sich mit HI - Viren infizieren. Aus dem bisherigen Vortrag ergibt sich jedoch nicht, welche Maßnahmen die Beklagte trifft, wenn es zu den von ihr angesprochenen blutenden Schnitt - oder Stichverletzungen kommt. Eine aseptische Herstellung erscheint in diesen Fällen - unabhängig davon, ob der betroffene Arbeitnehmer an einer an steckenden Krankheit, insbesondere HIV, leidet - ausgeschlossen. Die fraglichen Medikamente dürften zu vernichten sein. b) Erforderlich ist konkreter Vortrag dazu, inwieweit bei blutenden Verle t- zungen - insbesondere bei den von der Beklagten angesprochen en geringfüg i- gen Verletzungen - oder auf andere Weise konkret und messbar das Risiko b e- steht, dass es zu (nicht entdeckbaren) Kontaminationen der hergestellten Med i- kamente kommen kann, und zusätzlich das Risiko besteht, dass ein solche r- maßen verunreinigtes Medikament zu einer HIV - Infektion von Patienten führen kann, denen das Medikament injiziert wird. Dabei wird auch darzulegen sein, welches Risiko besteht, dass es überhaupt zu den von der Beklagten genan n- ten (schwach) blutenden Verletzungen kommt, ob und wie dieses Risiko - etwa durch das Tragen von Spezialhandschuhen - ausgeschlossen werden kann, ob es bei bestimmten Tätigkeiten im Reinraum höher ist als bei anderen und - falls ja - ob der Kläger mit anderen als solchen besonders risikobehafteten Tätigke i- ten im Reinraum beschäftigt werden konnte. 3. Nach Maßgabe des ergänzten Vortrags der Beklagten wird das La n- desarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Beklagte durch angemessene Vo r- kehrungen , dh. durch wirksame und praktikable, die Beklagte nicht unverhäl t- nismäßig belastende Maßnahmen, den Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können. Nur wenn das nicht der Fall war , ist die Kündigung wir k- sam . Bei dieser Prüfung wird es sich die zum Verständnis des Parteivorbri n- 87 88 89 90 - 35 - 6 AZR 190/12 gens erforderliche Sachkunde - ggf . auch über den Sachvortrag hinaus (vgl. BGH 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 - zu II 3 c der Gründe) - durch ein im Rahmen des Ermessens nach § 144 ZPO anzuordnendes Sachverständige n- gutachten verschaffen müssen. Sollte es bei seiner Entscheidung auf die Z u- mutbarkeit der Kosten der von der Beklagten zu veranlassenden Maßnahmen ankommen, wird es neben der Finanzkraft der Beklagten und der Frage, ob sie öffentliche Mittel in Anspruch hätte nehmen können, zu berücksichtigen haben, dass der Kläger erst kurz be i der Beklagten beschäftigt war und diese für seine Behinderung nicht verantwortlich ist. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verlangt nicht, dass die Einstellung und Beschäftigung eines Behinderten für ( vgl. EuGH 11. April 2013 - C - 335/11 ua. - [ Ring ] Rn. 59 f.; zur Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten bei der Frage der angemessenen Vorkehrungen allgemein vgl. Däubler/ Bertzbach / Brors AGG 3. Aufl. § 8 Rn. 34) . Das gilt insbesondere in der Wart e- zeit. V. Ob de m Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht, hängt davon ab, ob die Kündigung wirksam ist. Fischermeier Gallner Spelge Reiner Koch Hoffmann 91

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