5 StR 507/01 - 5. Strafsenat
Karar Dilini Çevir:
5 StR 507/01 - 5. Strafsenat
5 StR 507/01 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 29. November 2001 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. - 2 - Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2001 b e - schlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das U r - teil des Landgerichts Dessau vom 23. Juli 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Gesamtstrafe und im Ausspruch über die Anordnung der Sicherungs- verwahrung aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die K o - sten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zehn Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtstrafe von sechs Jahren verurteilt. Daneben hat es die Sich e - rungsverwahrung des Angeklagten angeordnet. Die Revision des Ang e - klagten hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf lediglich folgendes: 1. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher Nac h - prüfung nicht stand. - 3 - Zwar ist das Landgericht, das die Anordnung der Sicherungsverwa h - rung auf § 66 Abs. 1 und Abs. 2 StGB gesttzt hat, ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß die formellen Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB erfllt sind. Das Landgericht hat jedoch bei der nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB vorzunehmenden Gesamtwrdigung des Angeklagten und seiner Taten wesentliche, fr die Frage der Anordnung einer Sicherungsverwa h - rung bedeutsame Umstnde außer Betracht gelassen. a) In den Urteilsgrnden werden die persönlichen Verhltnisse des Angeklagten nur knapp erörtert und keine nheren Ausfhrungen ber seine Lebensverhltnisse zwischen der Haftentlassung im November 1997 und seiner erneuten Verhaftung im September 2000 gemacht. Die Feststellungen lassen damit keine revisionsgerichtliche Nachprfung zu, ob sich die pe r - sönlichen Lebensverhltnisse des Angeklagten zwischen den abgeurteilten Taten und dem Verurteilungszeitpunkt etwa wesentlich positiv verndert h a - ben. Sollte der Angeklagte seit August 1997 keine weiteren Straftaten mehr begangen haben, könnte dies Einfluß auf die Prognose zur zuknftigen G e - fhrlichkeit des Angeklagten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB haben (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefhrlichkeit 1; BGH NStZ 1990, 334, 335). b) Angesichts des fortgeschrittenen Alters und des schlechten G e - sundheitszustandes des Angeklagten htte es im Rahmen der fr die Beu r - teilung der Gefhrlichkeit des Angeklagten nötigen Gesamtbetrachtung z u - dem nherer Erörterung bedurft, welche Bedeutung den vom Landgericht fr die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB herangezogenen Bezugstaten fr die Gefhrlichkeitsprognose noch zukommen kann. Das Landgericht hat sich nicht damit auseinanderg e - setzt, daß diese Taten bereits in den Jahren 1976 bis 1983 begangen wu r - den. Auch wenn diese Taten nach § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB deswegen noch als Symptomtaten herangezogen werden können, weil der Angeklagte in den letzten 25 Jahren nur etwa neun Jahre in Freiheit verbracht hat, kann der - 4 - Umstand, daû diese Taten viele Jahre zurckliegen, fr die gegenwrtige Gefhrlichkeitsprognose des Angeklagten nicht auûer Betracht gelassen werden. Htte das Landgericht diesen Umstand bedacht, wre es mgliche r - weise zu einer anderen Gefhrlichkeitsprognose fr den Angeklagten g e - kommen. Dies gilt umso mehr, als die Schden, die der Angeklagte im Ra h - men der fr die Anordnung der Sicherungsverwahrung herangezogenen Vortaten verursacht hat, durchwegs nicht bermûig hoch waren. Hhere Schadensbetrge ergaben sich lediglich dann, wenn die Verurteilung auf eine fortgesetzte Handlung des Angeklagten gesttzt wurde. c) Schlieûlich hat das Landgericht nicht bercksichtigt, daû der A n - geklagte noch bis zum 17. August 2002 eine Reststrafe aus einer Vorveru r - teilung verbûen muû und damit die Vollstreckung der vom Landgericht ve r - hngten Gesamtfreiheitsstrafe erst im August 2008 vollstndig erledigt sein kann. Dann wird der Angeklagte, der sich bereits heute in einem sehr “a n - gegriffenen Gesundheitszustand” befindet (UA S. 42), fast 74 Jahre alt sei n. Zwar ist fr die Gefhrlichkeitsprognose grundstzlich der Zeitpunkt der Aburteilung maûgeblich (vgl. BGHSt 25, 59, 61; BGHR § 66 Abs. 1 Hang 3), so daû die Frage, ob die Gefhrlichkeit zum Entlassungszeitpunkt aus der Strafhaft noch vorhanden ist, grundstzlich einer Überprfung nach § 67c Abs. 1 StGB vor Ende des Vollzuges vorbehalten bleiben muû. De n - noch ist die Gefhrlichkeit bereits bei der Verurteilung zu verneinen, wenn mit Sicherheit angenommen werden kann, daû sie bei Ende des Vollzugs der Freiheitsstrafe nicht mehr bestehen wird (BGHR StGB § 66 Abs. 1 G e - fhrlichkeit 6). Ob dies der Fall ist, kann der Senat anhand der vom Landg e - richt getroffenen Feststellungen, die sich nur allgemein mit dem “Alter” und dem nicht nher beschriebenen “angegriffenen Gesundheitszustand” des Angeklagten auseinandersetzen, nicht berprfen. - 5 - d) Der nunmehr berufene Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Voraussetzungen einer Sicherungsverwahrung erneut zu prfen und die g e - nannten Umstnde in eine Gesamtwrdigung des Angeklagten und seiner Taten einzubeziehen. 2. Die Gesamtstrafenbildung ist fr sich frei von Rechtsfehlern, nicht indes im Blick auf die gleichzeitig erfolgte Anordnung von Sicherungsve r - wahrung. Das Landgericht hat diese nmlich ªwegen der unterschiedlichen Ziele von Strafe und Maûregelº bei der Strafzumessung ausdrcklich auûer Betracht gelassen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist indes die B e - rcksichtigung einer Sicherungsverwahrung bei der Strafbemessung nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. BGHR StGB § 66 Strafausspruch 1 und § 66 Abs. 1 Gefhrlichkeit 1 und Hang 3; BGH NJW 1980, 1055, 1056; BGH, Urteil vom 9. Oktober 2001 – 5 StR 360/01). Die Bercksichtigung der Maûregel darf lediglich nicht zur Unterschreitung der schuldangemessenen Strafe fhren (vgl. BGHSt 24, 132). Der Senat schlieût zwar aus, daû die Hhe der verhngten Einzelstrafen auf dem Fehler beruht. Er vermag hing e - gen nicht auszuschlieûen, daû das Landgericht die Gesamtstrafe milder bemessen htte, wenn es bei der Strafzumessung die Wirkungen der z u - gleich angeordneten Sicherungsverwahrung auf das weitere Leben des A n - geklagten bercksichtigt htte (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2001 – 5 StR 360/01; BGH NJW 1980, 1055, 1056). Dies bedingt die Aufhebung der vom Landgericht gebildeten Gesamtstrafe. 3. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei den hier au s - schlieûlich vorliegenden Wertungsfehlern indes nicht. Der neue Tatrichter darf nur widerspruchsfreie ergnzende Feststellungen treffen, wird indes derartige weitere Feststellungen zur persnlichen Entwicklung des Ange- - 6 - klagten in jngster Zeit zu treffen und wiederum einen Sachverstndigen zu hren haben (§ 246a StPO), sofern berhaupt erneut Sicherungsverwahrung in Betracht gezogen werden sollte. Harms Hger Basdorf Gerhardt Raum

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