5. Senat - Warengutschein
Karar Dilini Çevir:
5. Senat - Warengutschein
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 5 AZR 815/11 14 Sa 24/11 Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes! Verkündet am 14. November 2012 URTEIL Metze, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin, pp. Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Beratung vom 14. November 2012 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Biebl und Klose so- - 2 - 5 AZR 815/11 - 3 - wie den ehrenamtlichen Richter Feldmeier und die ehrenamtliche Richterin Reinders für Recht erkannt: 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Lan-desarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 24. Mai 2011 - 14 Sa 24/11 - aufge-hoben. 2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Ar-beitsgerichts Mannheim vom 26. November 2010 - 6 Ca 112/10 - wird zurückgewiesen. 3. Die Kosten der Berufung und der Revision hat die Klä-gerin zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Gewährung eines Personalrabatts bei Einsatz von Warengutscheinen. Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen mit bundesweitem Fi-lialsystem und wendet die Tarifverträge des Einzelhandels an. Die Klägerin ist in H im Verkauf beschäftigt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsge-richts gewährt die Beklagte ihren Mitarbeitern entsprechend „einer gefestigten betriebsüblichen Praxis“ bei Käufen für den eigenen Bedarf auf den gültigen Laden- bzw. Verkaufspreis einen Personalrabatt iHv. 25 %. In einer nicht mitbe-stimmten Anlage 2 zu der Gesamtbetriebsvereinbarung „Personaleinkaufskarte“ vom 28. September/12. Oktober 2007 finden sich hierzu nähere Regelungen. Am 10. Juli 2008 vereinbarten der Einzelhandelsverband Baden-Württemberg e. V. und der Handelsverband BAG Baden-Württemberg e. V. mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) eine Änderung des Mantel-tarifvertrags Einzelhandel Baden-Württemberg (fortan: MTV). 1 2 3 - 3 - 5 AZR 815/11 - 4 - § 19C MTV erhielt folgende Fassung: „1. Arbeitnehmer/-innen im Verkauf erhalten ab 1.1.2009 bis zum 31.12.2010 eine Vorsorgeleistung in Höhe von 150,00 Euro pro Jahr. … 4. Dieser Betrag kann grundsätzlich nur in den nachfol-gend genannten Formen und nicht als Barlohn vom Arbeitnehmer beansprucht werden. Der Arbeitgeber kann wählen, in welcher der folgenden Formen er die Leistung erbringen will: - Erhöhung des Arbeitgeberbeitrags zur Alters-vorsorge nach § 2.a) des Tarifvertrages über tarifliche Altersvorsorge vom 28.06.2001 um 150,00 Euro auf 450,00 Euro. Entscheidet sich der Arbeitgeber für diese Leistungsform, so gelten die Regelungen des Tarifvertrags über tarifliche Altersvorsorge für diesen erhöhten Arbeitgeberbeitrag entsprechend. - Wertguthaben auf einem Langzeitkonto, soweit eine betriebliche Regelung besteht. Auf Wunsch des Arbeitnehmers ist die Leistung in Form von Warengutscheinen zu erbringen. 5. ... Will der Arbeitnehmer abweichend von den oben genannten Vorsorgeleistungen den Warengutschein erhalten, so hat er dies dem Arbeitgeber bis zum 30.11. des Vorjahres (erstmals zum 30.11.2008) schriftlich mitzuteilen. 6. Die Leistung ist unabhängig von der gewählten Leis-tungsform auf bisher erbrachte und zukünftig zu er-bringende übertarifliche Leistungen voll anrechen-bar.“ Die Klägerin wählte einen Warengutschein. Anlässlich der Aushändi-gung wies die Beklagte darauf hin, dass bei der Verwendung des Warengut-scheins kein Personalrabatt in Anspruch genommen werden könne. Die Klägerin bezog 2010 unter Verwendung des Warengutscheins Wa-ren im Verkaufswert von 149,60 Euro. Die Beklagte gewährte keinen Personal-rabatt. 4 5 6 - 4 - 5 AZR 815/11 - 5 - Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auch bei Verwendung von Warengutscheinen sei der übliche Personalrabatt zu gewähren. Der Gutschein stehe Bargeld gleich. Die Klägerin hat zuletzt beantragt 1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr beim Einkauf mit dem auf Grundlage von Ziff. 4 des Tarifvertrags für den Einzelhandel vom 10. Juli 2008 erteilten Warengutschein den Personalrabatt iHv. 25 % zu gewähren, 2. die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Warengut-schein iHv. 37,40 Euro zu erteilen, 3. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an sie 37,40 Euro netto zuzüglich fünf Prozent Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie habe einseitig be-stimmen dürfen, dass sie den Personalrabatt als freiwillige Leistung nicht auf den neu eingeführten Warengutschein gewähre. Bestünde der Anspruch, sei er auf die übertarifliche Leistung Personalrabatt voll anrechenbar. Hilfsweise rech-ne sie mit dem der Klägerin für 2009 und 2010 gewährten Personalrabatt auf. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag und dem Hilfsantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageab-weisungsbegehren weiter. Entscheidungsgründe Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klä-gerin bei einem Einsatz von Warengutscheinen einen Personalrabatt zu gewäh-ren. 7 8 9 10 11 - 5 - 5 AZR 815/11 - 6 - I. Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Klägerin an der begehrten Fest-stellung das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige rechtliche Interesse zukommt, denn dieses Interesse ist lediglich für eine stattgebende Entscheidung unver-zichtbar (st. Rspr., vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - BAGE 128, 73, 76 f.). II. Beim Bezug von Waren unter Inanspruchnahme von Warengutscheinen hat die Beklagte der Klägerin keinen Personalrabatt einzuräumen. 1. Ein Anspruch auf Gewährung des Personalrabatts folgt nicht aus dem Tarifvertrag. Die Beklagte hat die nach § 19C MTV geschuldete Vorsorgeleis-tung auf Wunsch der Klägerin (§ 19C Ziff. 4 aE MTV) in Form eines Warengut-scheins erbracht. Der Tarifvertrag regelt aber nicht, ob der Nominalwert des Warengutscheins dem Ladenpreis der bezogenen Waren oder dem für den Personaleinkauf verminderten Preis entspricht. 2. Ein Anspruch auf Gewährung des Personalrabatts folgt ebenfalls nicht aus der Gesamtbetriebsvereinbarung „Personaleinkaufskarte“, denn diese re-gelt keine Rabattansprüche einzelner Arbeitnehmer. Die insofern allein in Be-tracht zu ziehenden Anlagen 1 und 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung sind allein von der Beklagten formuliert und nicht mitbestimmt (§ 6 Satz 2 der Ge-samtbetriebsvereinbarung). 3. Ein Anspruch der Klägerin auf Rabattgewährung ergibt sich auch nicht aus der (nicht mitbestimmten) Anlage 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung oder einer von dieser als rechtlich existent vorausgesetzten Gesamtzusage oder betrieblichen Übung. Denn der Bezug von Waren der Beklagten gegen Vorlage von Warengutscheinen ist kein „Personaleinkauf“ im Sinne dieser Regelungen. Vielmehr stellt die Leistung von Waren auf der Grundlage von Warengutschei-nen eine Naturalvergütung dar, die aufgrund des Arbeitsverhältnisses, nicht aber auf der Grundlage eines Kaufvertrags geschuldet wird. Der Warengut-schein ist ein Sachbezug. 12 13 14 15 16 - 6 - 5 AZR 815/11 - 7 - a) § 19C Ziff. 4 MTV begründet einen Sachbezugsanspruch der Arbeit-nehmer im Verkauf mit flexibler Arbeitszeit. Bereits sprachlich ist ein Warengut-schein als tariflich geschuldete Vergütung auf den Bezug einer Ware und damit eines Sachwerts gerichtet. Diese Wortbedeutung wird dadurch bestätigt, dass der MTV ausdrücklich die Leistung eines Barlohns anstelle des Warengut-scheins ausschließt. Es soll dem Arbeitnehmer nicht ein weiterer Euro-Betrag, sondern eine Ware geleistet werden. Allerdings bestimmt nicht der Arbeitgeber als Schuldner der Naturalvergütung das Produkt oder die Produkte, die dem Arbeitnehmer als Sachbezug übereignet werden sollen, sondern der Arbeit-nehmer hat das Recht, eine von seinem Arbeitgeber im Einzelhandel vertriebe-ne Ware im Wert von bis zu 150,00 Euro auszuwählen, ersatzweise mehrere Waren im entsprechenden Gesamtwert. Somit wird durch die Verwendung des Begriffs Warengutschein schuldrechtlich ein Wahlrecht des Arbeitnehmers als Gläubiger begründet. Das Vorliegen eines Sachbezugs wird besonders durch den tariflichen Zusammenhang bestätigt. Die drei Durchführungswege der tariflichen Vorsor-geleistung sind so ausgestaltet, dass sie die Voraussetzungen der jeweiligen steuerrechtlichen Privilegierung einhalten. Aufbau und Inhalt der Tarifnorm be-legen den Normzweck, den Arbeitnehmern im Verkauf eine steuerbegünstigte Sondervergütung zukommen zu lassen. Die Hingabe von Warengutscheinen im Werte von 150,00 Euro pa. unterfällt aber nur bei der Ausgestaltung als Sach-bezug dem Freibetrag und bleibt auch nur dann vom Lohnsteuerabzug ausge-nommen. Im Sinne des Einkommensteuerrechts sind Sachbezüge alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob ein solcher Sachbezug vorliegt, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann (vgl. BFH 11. November 2010 - VI R 21/09 - BFHE 232, 50 zu § 8 Abs. 2 EStG; 6. März 2008 - VI R 6/05 - BFHE 220, 478). Nach § 19C Ziff. 4 MTV kann der Arbeitnehmer vom Arbeitge-ber die Leistung einer oder mehrerer Waren im Gesamtwert von bis zu 150,00 Euro pa. verlangen, eine Geldleistung ist ausgeschlossen. 17 18 - 7 - 5 AZR 815/11 - 8 - b) Die besonderen gesetzlichen Regelungen über Naturalvergütungen in § 107 Abs. 2 GewO erfordern kein abweichendes Ergebnis, denn der durch den Warengutschein verkörperte Sachbezug tritt zu dem in Euro zu leistenden Ta-rifentgelt hinzu und ersetzt dieses weder ganz noch teilweise. Deshalb findet auch keine Bewertung der bezogenen Waren mit dem „Selbstkostenpreis“ des Arbeitgebers statt. c) Die Anlage 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung „Personaleinkaufskarte“ verdeutlicht, dass die Beklagte lediglich für den Fall des Einkaufs ihrer Mitarbei-ter, nicht aber für Sachbezüge einen Personalrabatt versprochen hat. Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs entspricht bereits der Überschrift der Gesamtbetriebsvereinbarung, die auf den Personal-„Einkauf“ abstellt. Auch die vom Landesarbeitsgericht festgestellte „gefestigte betriebsübliche Praxis“, den Mitarbeitern bei „Käufen“ für den eigenen Bedarf auf den gültigen Laden- bzw. Verkaufspreis einen Personalrabatt iHv. 25 % zu gewähren, ist unabhängig von der möglichen Einordnung als betriebliche Übung oder Gesamtzusage auf Kaufverträge der Arbeitsvertragsparteien zu Sonderkonditionen bezogen. Die durchgehende Verwendung des Rechtsbegriffs „Kauf“ und die abschließende Nennung der zugelassenen Bezahlformen in der Anlage 2 belegen, dass sich die Beklagte nur für den Fall des Kaufs ihrer Waren unter Einsatz eigener finan-zieller Mittel der Arbeitnehmer zu einer Rabattgewährung verpflichtet hat (vgl. zu diesem allgemeinen Kennzeichen des Personaleinkaufs BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 26, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22). Mit dem Warengutschein iSv. § 19C Ziff. 4 MTV setzt der Arbeitnehmer jedoch keine eigenen finanziellen Mittel ein, sondern nimmt einen vom Arbeitgeber versprochenen Sachbezug wahr. 19 20 - 8 - 5 AZR 815/11 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Müller-Glöge Biebl Klose Feldmeier Reinders 21

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