5. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 17.10.2012, 5 AZR 697/11.
Karar Dilini Çevir:
5. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 17.10.2012, 5 AZR 697/11.
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 5 AZR 409/12 14 Sa 2091/11 Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 17. Oktober 2012 URTEIL Metze, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionsbeklagter, hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ver-handlung vom 17. Oktober 2012 durch den Vizepräsidenten des Bundesar-beitsgerichts Dr. Müller-Glöge, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux, - 2 - 5 AZR 409/12 - 3 - den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Biebl sowie die ehrenamtlichen Rich-ter Rehwald und Bürger für Recht erkannt: 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Lan-desarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Januar 2012 - 14 Sa 2091/11 - wird mit der Maßgabe zurück-gewiesen, dass die Beklagte Zinsen auf die ausgeurteil-ten monatlichen Beträge erst ab dem 2. des jeweiligen Folgemonats zu zahlen hat und festgestellt wird, dass der monatliche Bruttolohn des Klägers neben Spesen, vermögenswirksamen Leistungen, Nacht- und Über-stundenzuschlägen sowie Weihnachtsgeld und Treue-prämien 2.045,17 Euro beträgt. 2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über laufende Vergütung. Der Kläger ist beim beklagten Speditionsunternehmen als Kraftfahrer beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen: „1. Vertragsgrundlagen sind die jeweils zwischen den Arbeitgeber- und Arbeit-nehmer- Organisationen gültigen Lohn- und Manteltarif-verträge. … 7. Arbeitsentgeld a) für eine monatliche Arbeitszeit bis zu 260 Stunden, exklusive gesetzlicher Pause b) der monatliche Brutto-Lohn beträgt DM: siehe Seite 3 des Vertrages c) Einsatzstunden (ab 261) werden mit gesetzlichen und/oder tariflichen Zuschlägen vergütet. 1 2 - 3 - 5 AZR 409/12 - 4 - d) Sonderzeiten (z. B. Sonn- oder Feiertage von 0 bis 22 Uhr) werden gesondert bezahlt mit den gesetzli-chen und/oder tariflichen Aufschlägen. ... 9. Abrechnungszeitraum Lohn monatlich DM 3.250,- (Dreitausendzweihun-dertfünfzig) Ladedienst DM 3.600,- (Dreitausendsechshundert) Fahrdienst“ Die Beklagte zahlte dem Kläger bis Juli 2010 ein monatliches Brutto-entgelt von 2.045,17 Euro, bot ihm aber einen neuen Arbeitsvertrag an, der ein geringeres Festentgelt vorsah. Der Kläger nahm das Angebot nicht an. Ab Au-gust 2010 zahlte die Beklagte lediglich das verminderte Entgelt. Der Kläger hat für August 2010 bis April 2011 die Differenzvergütung sowie die Feststellung der Höhe des geschuldeten Bruttomonatsentgelts be-gehrt. Der Kläger hat zuletzt beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.455,30 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in gestaffelter Höhe seit dem 1. September 2010 zu zahlen; 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab Mai 2011 eine monatliche Bruttogrundvergütung von 2.045,17 Euro zuzüglich anderen Lohnbestand-teilen wie Spesen, vermögenswirksamen Leistungen, Nacht- und Überstundenzuschläge sowie in dem Monat Oktober Weihnachtsgeld und Treueprämie zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die arbeitsvertragliche Regelung enthalte eine Bestimmung des Umfangs der vom Kläger geschulde-ten Arbeitszeit. Damit verstoße sie - unbeschadet der fehlenden Tarifbindung des Klägers - gegen die zugleich in Bezug genommenen tariflichen Bestim-mungen und das Arbeitszeitrecht. Die deshalb nichtige Regelung sei durch Rückgriff auf die tarifgerechte Arbeitszeit zu ersetzen und das Entgelt entspre-chend anzupassen. 3 4 5 6 - 4 - 5 AZR 409/12 - 5 - Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsge-richt hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Entscheidungsgründe Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen, lediglich die Zinsent-scheidung des Arbeitsgerichts ist zu korrigieren. Der Kläger hat für August 2010 und die Folgezeit Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Bruttoentgelts iHv. 2.045,17 Euro. I. Der Feststellungsantrag ist in der gebotenen Auslegung (Feststellung der Höhe des geschuldeten Bruttomonatsentgelts) nach § 256 Abs. 2 ZPO zu-lässig. Die Höhe des Monatsentgelts im Arbeitsverhältnis der Parteien stellt als Teil der gegenseitigen Pflichtenbindung ein bestehendes Rechtsverhältnis iSv. § 256 ZPO dar. Sie ist für die Entscheidung über die Zahlungsklage vorgreiflich und kann auch darüber hinaus Bedeutung gewinnen. Das genügt für die Zuläs-sigkeit der Zwischenfeststellungsklage. II. Die Klage auf Zahlung des Differenzentgelts ist begründet. Der monatli-che Entgeltanspruch ist in der vertraglich vereinbarten Höhe entstanden und lediglich teilweise erfüllt worden, § 362 Abs. 1 BGB. 1. Die Beklagte war nicht berechtigt, ab August 2010 einseitig in die ver-einbarte Entgeltstruktur einzugreifen. Soweit sich die Beklagte auf das Urteil des Senats vom 28. Januar 2004 (- 5 AZR 530/02 - BAGE 109, 254) beruft, geht dies fehl. Ein Recht auf einseitige „Anpassung“ eines vereinbarten Entgelts folgt hieraus nicht. 2. Die Beklagte war auch nicht aufgrund einer ergänzenden Vertragsaus-legung berechtigt, ab August 2010 ein vermindertes Entgelt zu zahlen. 7 8 9 10 11 12 - 5 - 5 AZR 409/12 - 6 - a) Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (vgl. BAG 17. April 2012 - 3 AZR 803/09 - Rn. 24 mwN; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 283). b) Das Landesarbeitsgericht hat eine Regelungslücke im Arbeitsvertrag der Parteien zutreffend verneint. Die vertragliche Entgeltregelung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Sie ist weder intransparent noch aus anderen Gründen rechtswidrig. Dementsprechend be-steht kein Raum für eine ergänzende Auslegung. aa) Der Arbeitsvertrag enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redli-chen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise be-teiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkei-ten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (BAG 14. Dezember 2011 - 5 AZR 457/10 - Rn. 14 mwN, EzA TzBfG § 4 Nr. 22). bb) Bereits aus der (orthographisch fehlerhaften) Überschrift der Ziffer 7 des Arbeitsvertrags („Arbeitsentgeld“) folgt, dass entgegen der Auffassung der Beklagten mit dieser Klausel nicht der Umfang der geschuldeten Arbeitszeit, sondern ausschließlich das Arbeitsentgelt geregelt wird. Die Arbeitspflicht des Klägers ist unter der Überschrift „Tätigkeit“ in Ziffer 6 des Arbeitsvertrags be-stimmt. Auch den einzelnen in Ziffer 7 geregelten Unterpunkten kann nicht ent-nommen werden, die Parteien hätten damit die vom Kläger zu leistende Arbeits-zeit konkretisiert. Buchst. a des Arbeitsvertrags bezieht sich durch die Verwen-dung des Wortes „für“ erkennbar auf die in Buchst. b bis d getroffenen Rege-lungen und verdeutlicht damit, dass für eine monatliche Arbeitszeit von bis zu 260 Stunden keine Zuschlagspflicht besteht, sondern ausschließlich das unter 13 14 15 16 17 - 6 - 5 AZR 409/12 - 7 - Buchst. b bezifferte Bruttomonatsentgelt gezahlt werden soll. Erst bei Über-schreiten von 260 Stunden/mtl. soll eine Zuschlagspflicht begründet werden. Gleichermaßen regelt Buchst. d eine Erweiterung der Vergütungspflicht: Bei Arbeit an Sonn- und Feiertagen sind Aufschläge zu leisten. Die vertragliche Entgeltregelung kann nicht dahin verstanden werden, dass das monatliche Bruttoentgelt nur dann in voller Höhe zu zahlen sei, wenn der Kläger eine Arbeitsleistung von 260 Stunden im Monat erbringe. Der Hin-weis auf die monatliche Arbeitszeit von „bis zu 260 Stunden“ besagt vielmehr, dass das Entgelt gerade unabhängig von der Erbringung einer monatlich fest-gelegten (Mindest-)Arbeitszeit geschuldet sein soll. Damit betrifft die Klausel allein die Vergütung, ohne zugleich den Umfang der Arbeitszeit zu regeln (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 26, NZA 2012, 908). cc) Ziffer 7 des Arbeitsvertrags ist nicht wegen Intransparenz unwirksam, § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Arbeitnehmer weiß bei einer solchen Bestimmung, welche Leistung dem monatlichen Bruttoentgelt ent-spricht (vgl. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15, BAGE 135, 250; 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 16, BAGE 137, 366, jeweils mwN). Die im Streitfall getroffene Regelung ist wegen der vereinbarten Obergrenze nicht mit der Vertragsabrede vergleichbar, die dem von der Beklagten angezogenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Juni 2011 (- 9 AZR 238/10 - AP BGB § 307 Nr. 54 = EzA BGB 2002 § 306 Nr. 5) zugrunde lag. dd) Einer weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegt die streitgegenständli-che Klausel nicht, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Die Entgeltbestimmung stellt eine Hauptleistungsabrede dar, die allein die Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung betrifft (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 26, NZA 2012, 908). Im Übrigen kann für die Entschei-dung des Rechtsstreits offenbleiben, ob und welche vertragliche Abrede zum Umfang der Arbeitspflicht die Parteien getroffen haben. 3. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 288 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB. Die Verzinsungspflicht beginnt entspre- 18 19 20 21 - 7 - 5 AZR 409/12 chend § 187 Abs. 1 BGB jedoch erst mit Beginn des Tages, der dem Tag folgte, an dem das maßgebliche Ereignis (= Fälligkeit nach dem Kalender) eintrat (vgl. BAG 8. Oktober 2008 - 5 AZR 715/07 - EzA BGB 2002 § 615 Nr. 27; 19. April 2005 - 9 AZR 160/04 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 12 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 178). Nach dem Arbeitsvertrag wurde das monatlich zu zahlende Entgelt am Ersten des Folgemonats fällig, § 614 BGB. III. Der Feststellungsantrag ist begründet. Dem Kläger steht das vereinbar-te monatliche Bruttoentgelt in unveränderter Höhe zu. IV. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Zuvielforde-rung des Klägers hinsichtlich der Zinsen war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht (§ 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Müller-Glöge Laux Biebl R. Rehwald Bürger 22 23

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