5. Senat - Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede - Tarifsukzession - ergänzende Vertragsauslegung
Karar Dilini Çevir:
5. Senat - Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede - Tarifsukzession - ergänzende Vertragsauslegung
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 5 AZR 213/09 17 Sa 1093/08 Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes! Verkündet am 18. Mai 2011 URTEIL Radtke, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin, pp. Kläger, Berufungskläger und Revisionsbeklagter, hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Beratung vom 18. Mai 2011 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dr. Müller-Glöge, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Laux, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Biebl sowie die ehrenamtlichen Richter Heyn und Mandrossa für Recht erkannt: - 2 - 5 AZR 213/09 - 3 - 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Lan-desarbeitsgerichts Hamm vom 5. März 2009 - 17 Sa 1093/08 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben. 2. Der Tenor des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. März 2009 - 17 Sa 1093/08 - wird aus Gründen der Klarstellung wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 592,96 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 16. Mai 2008 - 1 Ca 2741/07 - zurückgewiesen. 3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tra-gen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über Einmalzahlungen. Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, einer Körper-schaft des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Der von der Beklagten vorformulierte Arbeitsvertrag regelt ua.: „§ 2 Herr D erhält eine monatliche Vergütung in Anlehnung an die Vergütungsgruppe IVb des Bundesange-stelltentarifvertrages für den Bereich des Bundes/Tarif-gemeinschaft der Länder (BAT) auf der Basis der regel-mäßigen Arbeitszeit nach § 15 BAT. Die Dauer des Erholungsurlaubs bemißt sich ebenfalls in Anlehnung an § 48 BAT mit der Maßgabe, daß der Urlaub in den schulungsfreien Zeiten des Jahres geschlossen zu nehmen ist. 123- 3 - 5 AZR 213/09 - 4 - Im übrigen findet der BAT auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. … § 4 Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden.“ Die Beklagte erhöhte die Vergütung des Klägers stets entsprechend der im Bereich des BAT Bund/Länder geltenden tarifrechtlichen Regelungen. Am 7. Juli 2005 teilte sie ihren Beschäftigten zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst mit, dass die Gehälter nach dem bisherigen BAT weitergezahlt würden. Am 1. November 2006 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Kraft. § 2 des Tarifvertrags über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 vom 8. Juni 2006 (TV EZ-L) sah für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT bzw. ab dem 1. November 2006 des TV-L drei Einmalzahlungen vor. Danach erhielten Beschäftigte in der VergGr. IVb der Anlage 1a zum BAT mit den Bezügen für Juli 2006 100,00 Euro, Beschäftigte in den Entgeltgruppen 9 bis 12 für Januar 2007 210,00 Euro und für September 2007 weitere 300,00 Euro. Mit der Klage hat der Kläger die Leistungen aus dem TV EZ-L für die Jahre 2006 und 2007 geltend gemacht. Der Arbeitsvertrag enthalte eine dyna-mische Verweisung auf die Tarifverträge der Länder. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 610,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Arbeitsvertrag ver-weise allein auf den BAT, der fortgelte. Der TV EZ-L gelte nicht wegen er-gänzender Vertragsauslegung, denn der Arbeitsvertrag lasse nicht erkennen, ob die Tarifverträge des Bundes oder der Länder Anwendung fänden. 45678- 4 - 5 AZR 213/09 - 5 - Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Lan-desarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Zurück-weisung der Berufung. Entscheidungsgründe Die Revision der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die geltend gemachten Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 nach dem TV EZ-L bejaht. Das ergibt eine ergänzende Auslegung von § 2 des Arbeitsvertrags. Der Anspruch besteht allerdings nicht in der geltend ge-machten Höhe. Außerdem hat der Kläger Anspruch auf Prozesszinsen erst ab dem 4. Dezember 2007. 1. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags erfolgt die Vergütung „in Anlehnung an die Vergütungsgruppe IVb des Bundesangestelltentarifvertrages für den Be-reich des Bundes/Tarifgemeinschaft der Länder (BAT) auf der Basis der regel-mäßigen Arbeitszeit nach § 15 BAT“. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme. 2. In § 2 des Arbeitsvertrags knüpfen die Parteien die Vergütung pauschal und ohne Nennung fester Beträge an die für den öffentlichen Dienst des Bun-des und der Länder im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Damit haben die Parteien einen einzelvertraglichen Entgelt-anspruch nach dieser Vergütungsgruppe begründet. Die Formulierung „in An-lehnung an“ stellt keine Einschränkung dar, sondern ist als Hinweis der Be-klagten auf ein von ihr praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen. Danach hat der Angestellte Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe, und zwar dynamisch. Diese Auslegung entspricht der 910111213- 5 - 5 AZR 213/09 - 6 - ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweite normative Regelungen in der Regel dyna-misch zu verstehen sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 13, ZTR 2011,150). Die Parteien haben den Begriff der Vergütung im Übrigen nicht selbst definiert oder näher konkretisiert. Damit sind alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungs-werk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 41, aaO; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 14, aaO). 3. Allerdings trägt der Wortlaut der Bezugnahmeklausel keine Erstreckung auf den TV-L und TV EZ-L. Beide Tarifverträge werden nicht von der vertrag-lichen Verweisung auf den BAT erfasst, denn § 2 des Arbeitsvertrags ist zeit- und nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet (vgl. BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38). 4. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags. a) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich des Bun-des zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Be-schäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 [TVÜ-Bund]), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder). Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich um eine Tarifsukzession: Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk. Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag zur statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertrags-parteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 141516- 6 - 5 AZR 213/09 - 7 - 888/08 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 17, ZTR 2011, 150). b) Die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. aa) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als all-gemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes ange-messen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertrags-parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 19, ZTR 2011, 150). bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk ergibt sich zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Ange-stellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien red-licherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag be-nannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarif-sukzession nicht ihren Interessen entsprach (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 23, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 32, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 20, ZTR 2011, 150). cc) Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Aus-gestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft 17181920- 7 - 5 AZR 213/09 - 8 - der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anver-traut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvoll-ziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten. Dabei ist es entgegen der Auffassung der Beklagten unerheblich, ob der BAT insgesamt arbeitsvertraglich in Bezug genommen worden ist oder ob sich die Inbezugnahme auf die Vergütung beschränkt. Einer ergänzenden Aus-legung der Vergütungsvereinbarung steht auch nicht entgegen, dass die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrags die Vergütung „auf der Basis der regel-mäßigen Arbeitszeit nach § 15 BAT“ bestimmten und zugleich in § 4 des Ver-trags einzelvertraglich eine Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden festgelegt haben. Der einzelvertraglich festgelegte Umfang der Arbeitszeit in Abweichung zu der tariflichen Arbeitszeit ist ein Teil des Regelungsplans der Parteien, der nur bei der Höhe des Anspruchs zu berücksichtigen ist. c) Wegen der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 gleich-lautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Ländern ist durch ergänzende Vertragsauslegung weiter zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung für die Vergütung des Klägers nach § 2 des Arbeits-vertrags maßgebend sein soll. Es ist zu fragen, welches der dem BAT nach-folgenden Tarifwerke die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie eine Tarifsukzession bedacht hätten. aa) Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Lässt sich aus dieser nicht zweifelsfrei feststellen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke nunmehr Anwendung finden soll, ist dieses nach Sinn und Zweck einer Vereinbarung unternehmensfremder tariflicher Regelungen zu ermitteln. Der Zweck dynamischer Inbezugnahmen von Vergütungsregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, eine am öffentlichen Dienst orientierte Vergütungsstruktur zu schaffen, um eine Gleichstellung der Angestellten des 2122- 8 - 5 AZR 213/09 - 9 - Arbeitgebers mit Angestellten des öffentlichen Dienstes zu erreichen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wett-bewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Vergütungssystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 26, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 39, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 30, ZTR 2011, 152). bb) Die ergänzende Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der TV EZ-L auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 87 Handwerksordnung hat die Kreishandwerkerschaft die Auf-gabe, die Gesamtinteressen des selbständigen Handwerks sowie die ge-meinsamen Interessen der Handwerksinnungen ihres Bezirks wahrzunehmen. Diese Aufgaben schließen es zunächst aus, den TVöD als Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer des Bundes heranzuziehen. Im Übrigen haben sich die Vertragsparteien mit der Verweisungsklausel, wonach der Kläger eine Vergütung in Anlehnung an die VergGr. IVb BAT für den Bereich des Bundes/Tarifgemeinschaft der Länder bezieht, ausdrücklich nicht an kommunalen, sondern an den für die Länder geltenden Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes orientiert (vgl. auch BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 27, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79). 5. Der Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen ergibt sich aus § 2 des Arbeitsvertrags iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. a TV EZ-L. a) Die Einmalzahlungen sind Vergütung iSd. des Arbeitsvertrags. Die zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Bei den Einmalzahlungen handelt es sich um 23242526- 9 - 5 AZR 213/09 - 10 - pauschalierte Vergütungserhöhungen, die die in den Jahren 2006 und 2007 ausgebliebene Erhöhung der Vergütungs- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollten und die keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug un-abhängige Sonderzahlung sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 32, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). b) Dem Kläger steht die im Juli 2006 fällig gewordene Einmalzahlung iHv. 100,00 Euro in voller Höhe zu. Der TV EZ-L ist, soweit er in § 2 Abs. 1 Buchst. a eine im Juli 2006 fällige Einmalzahlung vorsieht, ein Vergütungstarif-vertrag zum BAT und von der Bezugnahmeklausel erfasst, ohne dass es einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf. § 2 Abs. 1 Buchst. a TV EZ-L bezieht sich auf die Vergütung, die hinsichtlich der dort genannten ersten Einmal-zahlung noch auf der Grundlage des BAT und auf der Basis der nach dem BAT geltenden Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden zu zahlen war (vgl. BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 57 ff., AP BGB § 157 Nr. 38). c) Der Kläger hat Anspruch auf die weiteren Einmalzahlungen für 2006 und 2007, allerdings nicht in der geltend gemachten Höhe. Die Teilbeträge von 210,00 Euro für 2006 und 300,00 Euro für 2007 sind im Verhältnis des Umfangs der einzelvertraglich festgelegten Wochenarbeitszeit des Klägers von 38,5 Stunden zu der regelmäßigen Arbeitszeit nach dem TV-L zu kürzen. Die VergGr. IVb BAT, nach der der Kläger vergütet wurde, entspricht der Entgeltgruppe 9 des TV-L (vgl. TVÜ-Länder Anlage 2). Nach dem TV EZ-L bestand am 31. Januar 2007 für Arbeitnehmer der Entgeltgruppe 9 mit der tariflichen Vollarbeitszeit ein Anspruch auf Zahlung von 210,00 Euro und am 30. September 2007 ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 300,00 Euro. Der Kläger kann die Einmalzahlung nicht in voller Höhe verlangen, denn er leistete nicht die im Bereich des TV-L für das Land Nordrhein-Westfalen geschuldete tarifliche Arbeitszeit von 39 Stunden 50 Minuten (§ 6 Abs. 1a TV-L). Angesichts der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden hat der Kläger deshalb nur Anspruch auf 96,66 % von 510,00 Euro, somit auf 492,96 Euro brutto. 272829- 10 - 5 AZR 213/09 6. Die Ansprüche des Klägers sind nicht verfallen. Aufgrund der vertrag-lich eingeschränkten Bezugnahme sind tarifliche Ausschlussfristen nicht an-wendbar. Die vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist hält einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Sie entfällt ersatzlos (vgl. BAG 28. November 2007 - 5 AZR 992/06 - Rn. 25, AP BGB § 307 Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 30). II. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet, allerdings erst ab dem 4. Dezember 2007 (vgl. BAG 19. Dezember 2007 - 5 AZR 1008/06 - Rn. 35, EzA BGB 2002 § 306 Nr. 3). III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - Rn. 26). Müller-Glöge Laux Biebl Heyn Mandrossa 303132

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