5. Senat - Arbeitnehmerüberlassung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")
Karar Dilini Çevir:
5. Senat - Arbeitnehmerüberlassung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 5 AZR 954/11 7 Sa 1318/11 Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 13. März 2013 URTEIL Metze, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2013 durch den Vizepräsidenten des Bundes-arbeitsgerichts Dr. Müller-Glöge, die Richterin am Bundesarbeitsgericht - 2 - 5 AZR 954/11 - 3 - Dr. Laux, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Biebl sowie den ehrenamtli-chen Richter Busch und die ehrenamtliche Richterin Christen für Recht erkannt: 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Lan-desarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Sep-tember 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben. 2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Ar-beitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert. 3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. 4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay. Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosig-keit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montage-arbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto. Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt: 1 2 3 - 3 - 5 AZR 954/11 - 4 - „§ 1 Tarifliche Bestimmungen Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestim-men sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, be-stehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Be-schäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mit-arbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist. Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 ge-nannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeits-vertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung aus-drücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsge-setz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeits-vergleichs gemäß Satz 2 entsprechend. Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, be-stimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifver-trägen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung. ... § 2 Vertragsgegenstand … Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt: Zeitarbeiterin Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche: allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich: keine … § 6 Vergütung Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert. - 4 - 5 AZR 954/11 - 5 - Der Mitarbeiter erhält ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Be-stimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto. … Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Ver-pflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) ge-währt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeits-ortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist. … Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeld-los, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat. … § 14 Ausschlussfristen Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelver-traglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifver-trages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes: Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des An-spruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des An-spruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. …“ - 5 - 5 AZR 954/11 - 6 - Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die aus-zugsweise lautet: „§ 1 Tarifliche Bestimmungen (Änderung des Absatzes 1) Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestim-men sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleis-tung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernäh-rungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgelt-rahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifver-trägen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemein-schaft ist.“ Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Branden-burg Anwendung finden. Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen. 4 5 6 - 6 - 5 AZR 954/11 - 7 - Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunk-ten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirk-samkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirk-samkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personal-dienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeit-nehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehand-lung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenrege-lung verfallen. Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz ge-langt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklag-ten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Entscheidungsgründe Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berech-net und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so 7 8 9 10 11 - 7 - 5 AZR 954/11 - 8 - auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen. B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt (I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.). I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getrof-fen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags (fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsver-einbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen. 1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG ver-stößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht. a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen 12 13 14 15 - 8 - 5 AZR 954/11 - 9 - Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leih-arbeitnehmer nichts anderes. Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bil-dung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Ver-haltensweisen umfasst (vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirt-schaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutz-bereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitge-berseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitneh-merkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolg-ten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeit-nehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt (vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe). Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellba-rer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entlei-her seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarif-bindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden. b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV (ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetz-geber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen 16 17 18 - 9 - 5 AZR 954/11 - 10 - hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben (vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.). 2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge (§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen. a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsge-richts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Be-schluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräf-tig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Ent-scheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlas-sungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lütze-ler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus (hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120). b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen (zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 19 20 21 - 10 - 5 AZR 954/11 - 11 - 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksam-keit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzustän-digkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt. c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwick-lung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsan-spruch gegenüber dem Entleiher ein. d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. 22 23 - 11 - 5 AZR 954/11 - 12 - Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauens-schutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichen-falls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen (BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entschei-dungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtspre-chungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzge-richte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehe-nen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sitten-widrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN). Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehand-lung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko 24 25 - 12 - 5 AZR 954/11 - 13 - eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat. 3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen ge-schlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk (Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selb-ständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragli-che Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssi-cherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war (LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent. 26 27 28 - 13 - 5 AZR 954/11 - 14 - b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Viel-zahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einfluss-nahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN). c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regel-fall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezug-nahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestim-men, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsre-gel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine 29 30 - 14 - 5 AZR 954/11 - 15 - Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN). d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeit-nehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarif-vertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbe-reich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt. Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeits-verhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewer-be noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhält-nis Anwendung finden soll. II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen. 1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der 31 32 33 34 - 15 - 5 AZR 954/11 - 16 - Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.). Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifver-trag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeits-vertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorlie-gen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen. 2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören (BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249). a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel. aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertrags-wortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszu- 35 36 37 38 - 16 - 5 AZR 954/11 - 17 - legen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwä-gung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertrags-partners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN). bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeits-entgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeits-verhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den An-spruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch. Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsver-traglicher Ebene Geltung beansprucht. Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Lan-desarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings ge-winnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem 39 40 41 - 17 - 5 AZR 954/11 - 18 - zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klau-sel den Anforderungen des § 307 BGB genügt. Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt (zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete An-sprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltan-spruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher An-haltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeit-nehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsa-chen voraussetzen. b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden. aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äuße-ren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertrags-partner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbe-standteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN). bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Aus-schlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreite-ten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfris-ten“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fett-druck hervorgehoben ist. 42 43 44 45 46 - 18 - 5 AZR 954/11 - 19 - c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Ge-schäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Aus-schlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zu-kommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern. bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden. d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenre-gelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berück-sichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des 47 48 49 50 51 - 19 - 5 AZR 954/11 - 20 - § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum über-wiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen. bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitneh-mer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeits-verhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht. Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundes-arbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeit-geber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein ver-gleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeit-nehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern. e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der 52 53 54 - 20 - 5 AZR 954/11 - 21 - als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden feh-lenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorlie-genden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN). 3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsent-gelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen. Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Da-nach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB (vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert. 55 56 - 21 - 5 AZR 954/11 C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Müller-Glöge Laux Biebl Busch A. Christen 57

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