4. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 12.06.2013, 4 AZR 970/11.
Karar Dilini Çevir:
4. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 12.06.2013, 4 AZR 970/11.
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 4 AZR 310/12 16 Sa 116/11 Landesarbeitsgericht Baden - Württemberg Im Namen des Volkes! Verkündet am 12. Juni 2013 URTEIL Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungsbeklagter und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 12. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesa r- beitsgericht Dr. Eylert, den Richter am Bundesarbeitsgericht Creutzfeldt, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Winte r sowie die ehrenamtlichen Richt e- rinnen Kleinke und Pfeil für Recht erkannt: - 2 - 4 AZR 310/12 - 3 - 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des La n- desarbeitsgerichts Baden - Württemberg - Kammern Mannheim - vom 16. Februar 2012 - 16 Sa 116/11 - aufgehoben. 2. Die Sache wir d zur neuen Verhandlung und Entsche i- dung - auch über die Kosten der Revision - an das La n- desarbeitsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Zahlung der sog. - Struktur - . Der nicht gewerkschaftlich organisierte Kläger ist seit Oktober 2000 bei der nicht tarifgebundenen Beklagten, einem Unternehmen der baden - württembergischen Metallindustrie , als Softwareentwickler in deren Betrieb in B beschäftigt. Im schriftlichen Arbeits vertrag vom 25. September 200 0 heißt es ua.: 1 Vertragsbeginn und Vertragsgrundlage Für das Vertragsverhältnis finden, soweit unten nichts anderes vereinbart, die Tarifverträge für die Metallindustrie Baden - Württemberg Anwendung. § 4 Vergütung Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält Herr R ein M o- natsgehalt mit folgender Aufgliederung: Tarifgehalt nach Tarifgruppe T 6/3 DM 6.576, - tarifliche Leistungszulage DM 658, - übertarifliche Zulage DM 28, - Zeitzuschlag DM 1.037, - Gesamt DM 8.299, - 1 2 - 3 - 4 AZR 310/12 - 4 - Die Beklagte zahlte dem Kläger das jeweilige Entgelt nach den Lohn - und Gehaltsrahmentarifvertr ägen der Metallindustrie in Baden - Württemberg (LGRTV) . Im Jahr 2003 vereinbarten die Tarifvertragsparteien der Metall - und Elektroindustrie in Baden - Württemberg den Entgeltrahmen - Tarifvertrag vom 16. September 2003 (ERA - TV) sowie weitere, ihn begleitende Tarifverträge . Diese Tarifverträge sahen die Einführung ein es neue n Entgeltsystem s während einer dreijährigen Einführungsphase vor. Die Tarifvertragsparteien legten in der Tarifrunde 2004 diese Einführungsphase auf die Zeit vom 1. März 2005 bis 29. Februar 2008 fest. Z ur Finanzierung von mit der Umstellung syst embedingt verbundenen Kosten sehen die Tarifregelungen vor, dass ein Teil der für den Zeitraum 2002 bis 2005 vereinbarten Entgeltsteigerungen einem betrieblichen Anpassungsfonds - dem - - zu ge führ t wird (grundlegend im Tarifvertrag ERA - Anpassungsfonds vom 18. Dezember 2003 für die Metall - und Elektroindustrie Baden - Württemberg ( TV ERA - APF ) ) . Weiter regeln die spä ter vereinbarten Tarifverträge über die ERA - Strukturkomponente vom 1. Februar 2008 ( TV ERA - SK 2008 ) und über die ERA - Strukturkomponente vom 28. Mai 2009 ( TV ERA - SK 2009 ) ein en Anspruch der Beschäftigten auf Einmalzahlungen zu bestimmten Zeitpunkten, wenn das ERA - Entgeltsystem nicht bis zum 29. Februar 2008 bzw. 28. Februar 2009 eingeführt worden ist ( vgl . § 2.1 TV ERA - SK 2008 ; § 2.1 TV ERA - SK 200 9 ) . Die Beklagte nahm zunächst an, zur Einführung des neue n Entgeltsy s- tem s verpflichtet zu sein. Sie bildete deshalb einen Anpassungsfonds. I m Jahr 2008 gab sie ihre Einführungsa bsich t auf . Nach erfolgloser Gel tendmachung hat der Kläger mit seiner Klage Ei n- malzahlungen (ERA - Strukturkomponenten) für den Zeitraum März 2008 bis Februar 201 1 - und zwar für den Zeitraum März bis August 2008 iHv . 1.1 10 , 38 Euro, für September 2008 bis Februar 2009 iHv. 1.08 2 , 93 Euro, für März bis August 2009 iHv. 1.14 7 , 71 Euro, für September 2009 bis Februar 2010 iHv. 1.09 9 , 76 Euro , für März bis August 2010 iHv. 1. 155,10 Euro und für September 20 10 bis Februar 201 1 iHv. 1. 123,35 Euro - verlangt. Er hat die Au f- 3 4 5 6 - 4 - 4 AZR 310/12 - 5 - fassung vertreten, die Lei stung stehe ihm zu, da die Beklagte das ERA - Entgeltsystem nicht bis zum 29. Februar 2008 eingeführt habe, obwohl sie hie r- zu auch als nicht tarifgebundenes Unternehmen aufgrund der arbeitsvertragl i- chen dynamischen Bezugnahmeklausel verpflichtet gewesen sei. Die Einfü h- rung des ERA - Entgeltsystems sei auch hinsichtlich einzelner Arbeitsverhältni s- se möglich. Hilfsweise hat der Kläger die Zahlung weiterer Gehaltserhöhungen iHv. 2,79 vH gegenüber dem Tabellenentgelt nach dem LGRTV für den Zei t- raum März 2008 bis Fe bruar 2011 geltend gemacht, da die Beklagte aufgrund der Nichteinführung der ERA - Tarifverträge Lohnk osten in dieser Höhe eing e- spart habe . Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt 6.719, 23 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Pr o- zentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt 6.092,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Pr o- zentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Vergütung des Klägers sei individuell und abschließend im A r- beitsvertrag geregelt worden. Die Vergütung der Beschäftigten richte sich au s- schließlich nach dem bisherigen und weiter geltenden LGRTV . Die arbeitsve r- tragliche Bezugnahmeklausel erfasse die ERA - Tarifverträge nicht. Ein A n- spruch auf Zahlung der ERA - Strukturkomponente bestehe schon deshalb nicht, weil sie aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Einführung des ERA - Entgeltsystems verpflichtet sei. Zudem könne sie dieses System auch deshalb nicht einführen, weil es nur für eine betriebseinheitliche Einführung bei tarifg e- bundenen Arbeitgebern g eschaffen sei und zahlreiche betriebliche und b e- triebsverfassungsrechtliche Normen enthalte. Ohne eine tarifliche Einführung s- pflicht gebe es keine Pflicht zur Zahlung der ERA - Strukturkomponente, die eine reine Warte - und Strafzahlung für eine nicht rechtze itige Einführung sei. Im Ü b- 7 8 - 5 - 4 AZR 310/12 - 6 - rigen sei weder die Höhe der geltend gemachten Ansprüche zutreffend noch die tarifliche Ausschlussfrist eingehalten. Schließlich bestehe auch kein individue l- ler Anspruch auf die hilfsweise geltend gemachten erhöhten Beträge der T abe l- lenentgelte. Das Arbeitsgericht hat nach dem Hauptantrag erkannt. A uf die Ber u- fung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewi e- sen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kl ä- ger seine Anträge weit er und begehrt vorrangig die Wiederherstellung der ers t- instanzlichen Entscheidung . Entscheidungsgründe Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung der b e- gehrten ERA - Strukturkomponenten nac h § 2 TV ERA - SK 2008 und § 2 TV ERA - SK 2009. Diese tariflichen Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeregelung in § 1 des A r- beitsvertrags Anwendung. Der Senat kann jedoch mangels ausreichender Fes t- s tellungen zur Höhe der Klageforderung und ihrer rechtzeitigen Geltendm a- chung iSd. tariflichen Ausschlussfrist in der Sache nicht abschließend entsche i- den. Dies führt zur Aufhebung des Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurüc k- verweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das La n- desarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO) . I. Der geltend gemachte Anspruch ist dem Grunde nach gegeben. Er ergibt sich aus § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2009, deren Ta t- bestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Di e Beklagte ist seit dem 1. März 2008 arbeitsvertraglich verpflichtet, den Kläger auf der Grundlage der Entgeltreg e- lungen des ERA - TV zu vergüten. Da sie dieser Verpflichtung nicht nachg e- kommen ist, hat sie die geforderten ERA - Strukturkomponenten zu zahlen. 9 10 11 12 - 6 - 4 AZR 310/12 - 7 - 1. Die Entgeltregelungen der ERA - Tarifverträge einschließlich der TV ERA - SK 2008 und 2009 gelten zwar nicht normativ (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) für das Arbeitsverhältnis der Parteien, finden darin aber aufgrund der ve r- traglichen Bezugnahmeregelung in § 1 des Arbeitsvertrags Anwendung. Das ergibt die Auslegung dieser Bezugnahmeregelung (zu den Maßstäben der Au s- legung einer solchen Allgemeinen Geschäftsbedingung BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 65/11 - Rn. 18; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 2 83) , die vom Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft oder selbst vorg e- nommen werden kann ( vgl. nur BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 65/11 - Rn. 18; 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296 ) . a) Mit der Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrags sind nach ihrem Inhalt und typischen Sinn die Tarifverträge der Metallindustrie Baden - Württemberg dynamisch einbezogen. aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei B e- zugnahme in einem Arbeitsvertrag auf Tarifv erträge einer bestimmten Branche, einen bestimmt benannten Tarifvertrag oder einen Teil davon und bei Fehlen anderer eindeutiger Hinweise, die für eine statische Bezugnahme sprechen, regelmäßig anzunehmen, die jeweilige Fassung solle Anwendung finden (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 16; 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - Rn. 13; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 14; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338) . So ist eine fehlende Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags als dynamische Vereinbarung zu verstehen (zB BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 65/11 - Rn. 25; 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 30 mwN, BAGE 116, 366) - edarf es nicht (BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 26 mwN) . bb) Mangels ausreichender Anhaltspunkte, die für eine vereinbarte stat i- sche Inbezugnahme sprechen - wie etwa eine konkret nach Datum benannte Tarifvertragsfassung - , ist die in § 1 des Arbe itsvertrags der Parteien vereinba r- te Bezugnahmeregelung als dynamische Verweisung zu verstehen. Dafür 13 14 15 16 - 7 - 4 AZR 310/12 - 8 - spricht iÜ auch die praktische Durchführung des bisherigen Arbeitsverhältni s- ses. Die Parteien haben ihr Arbeitsverhältnis entsprechend der Dynamik der ver traglichen Vereinbarungen vollzogen und Änderungen im normativen B e- reich ihres Arbeitsverhältnisses jeweils umgesetzt. b) Die Dynamik der Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrags erfasst die Entgeltregelungen des ERA - TV und die der ihn begleitenden we iteren Tari f- verträge der Metallindustrie Baden - Württemberg, darunter die der TV ERA - SK 2008 und 2009. aa) Die Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrags verweist auf die T a- rifverträge der Metallindustrie in Baden - Württemberg. Dazu gehören auch die baden - württembergischen ERA - Tarifverträge. bb) Aus § 1 des Arbeitsvertrags und der darin enthaltenen Formulie - rung - - ergibt sich keine Einschrä n- kung der Bezugnahme hinsichtlich des Entgelts. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Regelung des § 4 des Arbeitsvertrags nicht um eine spezielle Vergütungsregelung, der Vorrang vor der Bezugnahme in § 1 des Arbeitsvertrags zukäme. Diese vertragliche Regelung schränkt die Bezu g- nahmeklausel in § 1 des A rbeitsvertrags in keiner Weise ein; ihre Formulieru n- gen - l- - stellen vorli e- gend eine in einem Formulararbeitsvertrag durc haus übliche Information für den Arbeitnehmer zu den bei Vertragsabschluss maßgebenden Entgeltbeträgen dar, der aufgrund des übrigen Vertragsinhalts kein eigenständiger Regelung s- gehalt zukommt (vgl. ua. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 19 mwN, BAG E 116, 185; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - BAGE 103, 338) . 2. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2009 sind erfüllt. Die Beklagte ist ihrer arbeitsvertraglichen Ve r- pflichtung, den Kläger auf der Grundlage der En tgeltregelungen des ERA - TV zu vergüten, nicht nachgekommen. 17 18 19 20 - 8 - 4 AZR 310/12 - 9 - a) Der TV ERA - SK 2008 lautet auszugsweise: § 2 ERA - Strukturkomponente 2.1 In Betrieben, die den ERA - TV bis zum 29.02.2008 nicht eingeführt haben und in denen keine freiwillige Betriebsvereinbarung gem. § 4 c) 2. Absatz TV ERA Anpassungsfonds besteht, erhalten die Beschäftigten und Auszubildenden für die Periode vom 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 ERA - Strukturkom - ponenten als Einmalzahlung für den Zeitraum vom 1. März bis zum S tichtag der ERA - Einführung a) vom 1. März 2008 bis 31. August 2008 mit der Abrechnung vom August 2008. Diese berec h- net sich wie folgt: 6,66 x 2,79 % = 18,58 % b) vom 1. September 2008 bis 28. Februar 2009 mit der Abrechnung vom Februar 2009. Diese berechnet sich wie folgt: 6,56 x 2,79 % = 18,31 % jeweils multipliziert mit dem individuellen regelmäß i- gen Monatsentgelt (feste sowie leistungs - und zei t- abhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeit s- vergütung) bzw. der Ausbildungsvergütung d es Au s- zahlungsmonats, soweit es Gegenstand der Erh ö- hung des jeweiligen TV Entgelte und Ausbildung s- vergütungen w ar bzw. ist. Dabei ist die ERA - Strukturkomponente auf die Einmalzahlung nach § 2.6 TV Entgelte und Ausbildungsvergütungen vom 16. Mai 2007 in den Faktoren bereits berücksichtigt. Die Einmalzahlung ist deshalb im individuellen r e- gelmäßigen Monatsentgelt nicht zu berücksichtigen. ... Für die Berechnung der ERA - Strukturkomponente ist die jeweilige Prozentzahl verbindlich. Abweichende Auszahlungszeitpunkte für diese Ei n- malzahlungen können betrieblich vereinbart werden. Bestehende Ergänzungstarifverträge zur ERA - Strukturkomponente und Betriebsvereinbarungen über abweichende Auszahlungszeitpunkte bleiben von diesem Tarifvertrag unberührt. 21 - 9 - 4 AZR 310/12 - 10 - Der TV ERA - SK 2009 lautet auszugsweise: § 2 ERA - Strukturkomponente 2.1 In Betrieben, die den ERA - TV bis zum 28.02.2009 nicht eingeführt haben und in denen keine freiwillige Betriebsvereinbarung gem. § 4 c) 2. Absatz TV ERA Anpassungsfonds oder sonstige abweichende Reg e- lung (s. Punkt 2.2) besteht, erhalten die Beschäfti g- ten und Auszubildenden jeweils für den Zeitraum von März bis Februar des Folgejahres ERA - Strukturkomponenten als Einmalzahlung für den Zei t- raum bis zum Sticht ag der ERA - Einführung für a) den Zeitraum vom 1. März bis 31. August mit der Abrechnung vom August 6,69 x 2,79 % = 18,67 % b) den Zeitraum vom 1. September bis 28. Februar mit der Abrechnung vom Februar 6,55 x 2,79 % = 18,27 % jeweils multipliziert mit dem individuellen regelmäß i- gen Monatsentgelt (feste sowie leistungs - und zei t- abhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeit s- vergütung) bzw. der Ausbildungsvergütung des Au s- zahlungsmonats, soweit es Gegenstand der Erh ö- hung des jeweiligen TV Entgelte und Ausbildung s- vergütungen war bzw. ist. Für die Berechnung der ERA - Strukturkomponente ist die jeweilige Prozentzahl verbindlich. Abweichende Auszahlungszeitpunkte für diese Ei n- malzahlungen können betrieblich vereinbart werden. 2.2 Bestehende Ergänzungstarifverträge und Betrieb s- vereinbarungen zur ERA - Strukturkomponente ble i- ben von diesem Tarifvertrag unberührt. b) Die Voraussetzungen für die begehrten Einmalzahlungen (ERA - Strukturkomponenten) , die sich - je nach Streitzeitraum - jeweils aus § 2.1 TV ERA - SK 2008 sowie § 2.1 TV ERA - SK 2009 ergeben, sind im streitgege n- ständlichen Zeitraum von März 2008 bis Februar 201 1 dem Grunde nach erfüllt. 22 23 - 10 - 4 AZR 310/12 - 11 - Die Beklagte war jedenfalls ab dem 1. März 2008 zur Anwendung der Inhalt s- n ormen des ERA - TV und insbesondere des ERA - Entgeltsystems im Arbeit s- verhältnis der Parteien verpflichtet. Sie ist dem nicht nachgekommen. aa) § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2009 setzen eine Ve r- pflichtung zur Einführung und Anwendung des ERA - Entge ltsystems voraus. Diese muss nicht unbedingt betriebseinheitlich bestehen. Auch in dem einze l- nen normativ an diese Tarifverträge und deren Entgeltsystem gebundenen A r- beitsv erhältnis hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die tariflichen Arbeit s- bedingungen (Inhaltsnormen), ua. auf ein tarifgerechtes Entgelt. Das folgt aus einer Auslegung der Entgeltbestimmungen des ERA - TV einschließlich der diese ergänzenden Regelungen von § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2009. (1) Voraussetzung eines Anspruchs auf Einmalzahlungen (ERA - Strukturkomponenten) gemäß § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK - TV, die von den Tarifvertragsparteien auf die Zeit vom 1. März 2005 bis 29. Februar 2008 festgelegt wor den ist, sofern der Einführungstermin nicht mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien verschoben worden war. Nur während dieser Einfü h- rungsphase war die Tariflage in der Metallindustrie Baden - Württemberg durch das grundsätzliche Nebeneinander zweier untersc hiedlicher Tarif - und auch Entgeltsysteme - LGRTV und ERA - gekennzeichnet. Diese Übergangszeit der fakultativen Einführung von ERA in den tarifgebundenen Betrieben endete mit Ablauf des 29. Februar 2008 (vgl. auch BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 37 und 42, BAGE 138, 287) . Ab dem 1. März 2008 gilt der ERA - TV verbindlich für alle Betriebe (§ 24.3 ERA - TV; § 2.1.3 ETV ERA (Einführungst a- rifvertrag zum ERA - TV vom 16. September 2003 )) . Auch die bis dahin dem bi s- herigen System angehörigen Betriebe fielen zu diesem Zeitpunkt zwingend u n- ter den tariflichen Geltungsbereich des ERA - TV (vgl. auch BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 424/09 - Rn. 42, aaO) . (2) Ein tarifgebundener Arbeitgeber wäre zur Einführung und Anwendung des ERA - Entgeltsystems auf einzelne tarifgebundene Arbeitsverhältnisse ve r- 24 25 26 - 11 - 4 AZR 310/12 - 12 - pflichtet, wenn er keine der tariflich vorgesehenen Ausnahmeregelungen in A n- spruch nehmen kann. (a) § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2009 setzen eine Pflicht zur Einführung des ERA - Entgeltsystems voraus (vgl. zur Einführun gspflicht im Zusammenhang mit § 4 Buchst. c TV ERA - APF: BAG 16. Januar 2013 - 5 AZR 266/12 - Rn. 17 für das Tarifgebiet Nordrhein - Westfalen; 14. November 2012 - 5 AZR 778/11 - Rn. 11 für das Tarifgebiet Saarland; 23. Februar 2011 - 5 AZR 143/10 - Rn. 20 fü r das Tarifgebiet Hessen; 17. Februar 2010 - 5 AZR 192/09 - Rn. 14 und - 5 AZR 191/09 - Rn. 13 für das Tarifgebiet Bayern; 14. Januar 2009 - 5 AZR 174/08 - , - 5 AZR 175/08 - und - 5 AZR 380/08 - jeweils Rn. 16 für das Tarifgebiet Berlin und Brandenburg) . B esteht keine solche Verpflichtung, fehlt es an der Grundlage für einen Anspruch auf die ERA - Strukturkomponente. (b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts scheidet eine Ve r- pflichtung zur Einführung für einzelne Arbeitsverhältnisse nicht schon d eshalb aus, weil das ERA - könnte oder für nur einzelne Arbeitsverhältnisse nicht durchführbar wäre. (aa) Zwar sind einige Regelungen der ERA - Tarifverträge auf eine betrieb s- einheitliche Einführung du rch tarifgebundene Arbeitgeber ausgerichtet (bspw. die Regelungen zur paritätisch besetzten Einstufungs - und Reklamationsko m- mission, §§ 7, 10 ERA - TV) . Daraus lässt sich aber kein Zwang zu einer b e- triebseinheitlichen Einführung und Anwendung sämtlicher in d iesen Tarifvertr ä- gen vereinbarten Regelungen - insbesondere der Inhaltsnormen des Entgel t- systems - herleiten. Dem steht bereits der Umstand entgegen, dass es der R e- gelungsmacht der Tarifvertragsparteien - mit Ausnahme der Bestimmungen von § 3 Abs. 2, § 4 A bs. 2 TVG - nur entspricht, Regelungen für tarifgebundene A r- beitsverhältnisse zu schaffen, nicht aber für tarifungebundene (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) . Von einer einheitlichen Tarifgebundenheit aller Beschäftigten der Belegschaften der tarifgebundenen Bet riebe konnten die Tarifvertragsparteien nicht ausgehen. Dementsprechend konnten sie auch nicht eine umfassende 27 28 29 - 12 - 4 AZR 310/12 - 13 - Regelungsmacht für jedes einzelne Arbeitsverhältnis der tarifgebundenen A r- beitgeber für sich reklamieren, und sie haben dies auch nicht getan. (bb) Im Hinblick auf die Entgeltregelungen ist eine betriebseinheitliche Ei n- führung des ERA - TV zudem nicht zwingend erforderlich, selbst wenn im ERA - TV betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen iSd. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 TVG enthalten und teil weise mit den Entgeltregelungen verbunden sind, deren Durchführung der einzelne - auch tarifgebundene - Arbeitnehmer nicht verlangen kann (für L etzteres ua. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 527/10 - Rn. 33, 39, 41) . Ein Tarifvertrag kann stets neben Inhaltsnor men auch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen enthalten (ua. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 527/10 - Rn. 33; 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 44, BAGE 135, 80) . Selbst wenn diese durch einen tarifgebundenen Arbeitgeber nicht umgesetzt wurde n, schließt dies die Anwendung der in demselben Tari f- vertrag enthaltenen Inhaltsnormen iSd. § 1 Abs. 1 TVG nicht aus. Zwar weist das Entgeltsystem des ERA - TV eine Reihe von betriebl i- chen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen iSd. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 TVG auf, bezüglich derer kein individualrechtlicher Einführungs - und Umse t- zungsanspruch besteht (wie bspw. die Regelungen zur paritätisch besetzten Einstufungs - und Reklamationskommission, §§ 7, 10.3 bis 10.6 ERA - TV) . D a- neben enthält dieses Entgeltsyste m aber zahlreiche Inhaltsnormen, bspw. zum Grundentgelt, zum Leistungsentgelt und zur Belastungszulage (§ 2 ERA - TV) , mit denen tarifliche Rechte und Pflichten der tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber iSv. § 4 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Halbs. 2 TVG unm ittelbar begründet werden. Zu den Inhaltsnormen gehören neben § 9.1 ERA - TV zum Grundentge l- tanspruch der Beschäftigten Regelungen im Tarifvertragsabschnitt zum Grun d- entgelt (Teil II des ERA - TV) , insbesondere § 4 ERA - TV (Grundsätze der Gru n- dentgeltermittlung ) , § 5 ERA - TV (Einstufung der Arbeitsaufgabe) und § 6 ERA - TV (System der Bewertung und Einstufung) sowie die gemäß §§ 6.1.2, 6.1.3 und 6.3 ERA - TV zugehörigen Anlagen 1 (Stufenwertzahlverfahren zur Bewe r- tung und Einstufung von Arbeitsaufgaben) und 2 (Belast ungen) und gemäß § 6.2 ERA - TV der Anhang mit den tariflichen Niveaubeispielen. 30 31 - 13 - 4 AZR 310/12 - 14 - Diese Inhaltsnormen im Entgeltsystem des ERA - TV können grundsät z- lich auch ohne die mit dem Entgeltsystem im Zusammenhang stehenden b e- trieblichen und betriebsverfassungsrechtli chen Normen angewandt werden. Das ergibt sich aus den weiteren tariflichen Regelungen des ERA - TV, wie bspw. dem sog. vereinfachten Einstufungsverfahren des § 8 ERA - TV. Danach ist eine ständige Paritätische Kommission ohnehin nur für Betriebe ab einer b e- sti mmten Größenordnung vorgesehen (ab 500 Beschäftigte, in konzernabhä n- gigen Betrieben bereits ab 300 Beschäftigte); in Betrieben, die unter diesen B e- schäftigtenzahlen liegen, ist erst im Fall einer Reklamation der Entgeltgruppe eine Paritätische Kommission z u bilden (§§ 7, 8.3, 8.4 ERA - TV) . In solchen Fä l- len obliegt die - verbindliche - Einstufung bestehender, aber noch nicht bewert e- ter Arbeitsaufgaben sowie die Einstufung neu entstehender oder veränderter Arbeitsaufgaben dem Arbeitgeber (§ 8.2 ERA - TV) . Ggf. kommen auch die Rechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG zur Geltung, falls ein solcher b e- steht. Für den Fall, dass ein Betriebsrat nicht gebildet ist, spricht nichts im ERA - TV dafür, dass die Tarifvertragsparteien eine Anwendung des ERA - Entgeltsystems a usschließen wollten. Auch in betriebsratslosen Betrieben ist eine - ggf. reduzierte, auf die für die Entgeltfindung wesentlichen Normen b e- schränkte - Anwendung des Entgeltsystems möglich und von den ERA - Tarifvertragsparteien offensichtlich nicht ausgeschlo ssen. Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert eine auf einzelne A r- beitsverhältnisse bezogene Vergütungsfindung zudem nicht daran, dass der ERA - TV nur einen Entgeltrahmen schaffen wollte, das ERA - Entgeltsystem ke i- ne abschließend bestimmten Entgelt gruppen enthält und in der Folge wegen seiner inhaltlichen Anforderungen zwangsläufig nur betriebseinheitlich anwen d- bar wäre (so aber Wisskirchen/Jordan/Bissels BB 2007, 2289) . Die auf die Ei n- stufung von Arbeitsaufgaben bezogenen Methoden der Arbeitsbewert ung des ERA - Entgeltsystems als Grundlage für die Ermittlung des Grundentgelta n- spruchs des Beschäftigten können nach den tarifvertraglichen Vorgaben (ua. der §§ 4, 5 und 6 ERA - TV) auch auf einzelne Arbeitsverhältnisse angewandt werden. Dafür stehen jedenfal ls das Stufenwertzahlverfahren (§ 5.2 iVm. § 6.1 32 33 34 - 14 - 4 AZR 310/12 - 15 - und § 6.4.1 ERA - TV) und die Vergleichsbewertung anhand tariflicher N i- veaubeispiele (§ 5.2.2 iVm. § 6.2 und § 6.4.2 ERA - TV sowie dem Katalog tarifl i- cher Niveaubeispiele im Anhang des ERA - TV) zur Verfügung. (cc) Nach allem ergibt sich aus dem System der ERA - Tarifverträge eine Verpflichtung zur Einführung auch für einzelne tarifgebundene Arbeitsverhäl t- nisse. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung begründet einen Anspruch der Beschäftigten auf Leistung von Ei nmalzahlungen (ERA - Strukturkomponenten) nach § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2009. bb) Entsprechendes trifft auch auf Arbeitsverhältnisse zu, in denen die ERA - Tarifverträge zwar nicht normativ gelten, aber aufgrund arbeitsvertragl i- cher Inbezugna hme so Anwendung finden, als wenn eine Tarifgebundenheit vorläge (offengelassen ua. in BAG 16. Januar 2013 - 5 AZR 266/12 - Rn. 21) . Diese Rechtsfolge herbeizuführen ist Sinn und Zweck der vertraglichen Verwe i- sungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien. c c) Dem Grunde nach sind deshalb die Voraussetzungen von § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2009 hier erfüllt. Wie die Auslegung der vertraglichen Bezugnahmeregelung in § 1 des Arbeitsvertrags ergeben hat, ist das ERA - Entgeltsystem im Arbeitsverhältni s der Parteien umzusetzen und hätte seit dem 1. März 2008 Anwendung finden müssen. Das Entgeltsystem des ERA - TV ersetzt die entsprechenden Bestimmungen der zuvor bestehenden Tarifverträge, darunter die des LGRTV (§ 2.1.2 ETV ERA iVm. § 24 ERA - TV) . Da die B eklagte ihrer arbeitsvertraglich begründeten Umsetzungsverpflichtung nicht nachgekommen ist, hat der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Za h- lung der geltend gemachten Einmalzahlungen (ERA - Strukturkomponenten) nach § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2 009, die die Funktion h a- ben, die tatsächliche Auszahlung des erhöhten Tarifvolumens an die Arbei t- nehmer insoweit sicherzustellen, als es aufgrund der unterbliebenen Einführung des neuen Entgeltsystems nicht tabellenwirksam geworden ist (vgl. zu § 4 Buchst. c TV ERA - APF für das Tarifgebiet Hessen BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 143/10 - Rn. 22) . 35 36 37 - 15 - 4 AZR 310/12 Die Zahlungspflicht ist auch nicht nach § 2.1 TV ERA - SK 2008 und § 2.1 TV ERA - SK 2009 entfallen, weil die Betriebsparteien eine freiwillige B e- triebsvereinbarung iSv. § 4 Buchst. c Abs. 2 TV ERA - APF abgeschlossen h a- ben. Eine solche ist weder vorgetragen noch ersichtlich. II. Ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe zusteht, bleibt einer weiteren instanzrichterlichen Überprüfung vorbehalten. Die Beklag te hat die Höhe der geltend gemachten Forderung bestritten und die Einhaltung der anzuwendenden tariflichen Ausschlussfrist ausdrücklich gerügt. Zu beiden Gesichtspunkten hat das Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht kons e- quent - keine Feststellungen get roffen. Dies wird es nachzuholen haben. Eylert Creutzfeldt Winter G. Kleinke Pfeil 38 39

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