4. Senat - Jubiläumszuwendung - Günstigkeitsvergleich - Anrechnung von Wehrdienstzeiten
Karar Dilini Çevir:
4. Senat - Jubiläumszuwendung - Günstigkeitsvergleich - Anrechnung von Wehrdienstzeiten
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10. Dezember 2014 Vierter Senat - 4 AZR 503/12 - I. Arbeitsgericht Flensburg Urteil vom 5. Mai 2011 - 2 Ca 16/11 - II. Landesarbeitsgericht Schleswig- Holstein Urteil vom 22. März 2012 - 4 Sa 285/11 - Für die Amtliche Sammlung: Ja Entscheidungsstichwort e : Jubiläumszuwendung - Günstigkeitsvergleich Bestimmung en : § 8, 17; BAT § § 20, 39 Abs. 1 Leits a tz: Führt ein Günstigkeitsvergleich nicht zweifelsfrei zu dem Ergebnis, dass die vom normativ geltenden Tarifvertrag abweichende arbeitsvertragliche Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist, bleibt es bei der zwinge n- den, normativen Geltung des Tarifvertrags. - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 4 AZR 5 03 /12 4 Sa 285 /1 1 Landesarbeitsgericht Schleswig - Holstein Im Namen des Volkes! Verkündet am 10. Dezember 2014 URTEIL Freitag , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger , pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte , hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Beratung vo m 10. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Eylert, den Richter am Bundesarbeitsgericht Creutzfeldt , die Richterin am Bundesarb eitsgericht Dr. Rinck sowie de n ehrenamtlichen Richter Drechsler und die ehrenamtliche Richterin Schuldt für Recht erkannt: - 2 - 4 AZR 503/12 - 3 - Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesa r- beitsgerichts Schleswig - Holstein vom 22. März 2012 - 4 Sa 285/11 - wird auf seine Kosten zurückgewi e- sen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung e i- ner Jubiläumszuwendung. Der Kläger war seit dem 1. Oktober 1971 bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgänger inne n im Bereich der Klinik für Psychiatrie und Neurologie in Schleswig beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. In dem zwischen ihm und dem Land Schleswig - Holstein am 1. Oktober 1971 abgeschlossenen Arbeitsvertrag heißt es: 2 Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesa n- gestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.2.1961 und diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass sich seine Dienst - und Jubiläumszeit unter Berücksichtigung seines Weh rdienstes vom 1. Januar 1967 bis zum 30. Juni 1968 und einer Wehrübung vom 10. November bis zum 10. Dezember 19 70 ab dem 3. März 1970 errechne und s ein 40 - jähriges Dienstjubiläum am 2. März 2010 erreicht werde . Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging in d er Folgezeit auf die neu g e- gründete Fachklinik Schleswig , Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) , über. Am 27. September 2004 schloss diese im Hinb lick auf eine geplante Privatisierung 1 2 3 4 5 - 3 - 4 AZR 503/12 - 4 - mit dem bei ihr bestehenden Gesamtpersonalrat eine Dienstvereinbarung , i n der es ua. heißt: § 2 Fortgeltung der arbeitsrechtlichen Vereinbaru n- gen 3. Alle bei der AöR erworbenen und dort als erworben anerkannten Rechte der Mitarbeiterinnen werden auch weiterhin bei der umgewandelten GmbH und insbesondere auch nach dem Gesellschafterwechsel von dem Übernehmer als bei der umgewandelten GmbH erworben anerkannt. Dienst - sowie Beschäft i- gungszeiten werden nach den entsprechenden tari f- lichen Bestimmungen angerechnet. Soweit grundsätzliche Festlegungen und Rich tung s- entscheidungen für die künftigen Strukturen und O r- ganisationsprinzipien des Betriebes festgelegt we r- den, garantiert der oder die Gesellschafter die bisher abgeschlossenen Regelungen sowie diese Dienst - vereinbarung. Anmerkung: Dieser Satz wird später in den Kau f- vertrag an die passende Stelle verschoben. Die Fachklinik Schleswig AöR wurde nach Maßgabe des Gesetzes zur Umwandlung der Fachklinik Schleswig und der psych i atrium GRUPPE vom 24. September 2004 (Fachkliniken - Umwandlungsgesetz - F klUmwG) im Wege des Formwechsels in die nicht tarifgebundene umgewandelt. Mit Wirkung zum 1. November 2005 erwarben die Damp Holding AG und eine weitere Gesellschaft die Geschäftsanteile an der Beklagten, die in der Folgezeit i - Die Eintragung i n das Handelsregister erfolgte am 3. November 2005. Der Anteilskaufvertrag zwischen dem Land Schleswig - Holstein und den Käuferinnen lautet in § 9 auszugsweise: 2. Die Käuferin sowie die Damp Holding AG garantieren im Wege eines selbständigen, verschuldensuna b- hängigen Garantieversprechens gemäß § 311 Abs. 1 6 7 - 4 - 4 AZR 503/12 - 5 - BGB und nicht im Wege einer Garantie i.S.d. §§ 443, 444 BGB, dass sie und die Fachklinik Schleswig gGmbH die Bestim mungen der in Anlage 9 beigefü g- anerkennen und einhalten werden. Die Damp Holding AG schloss - ausdrücklich auch im Namen und in Vo llmacht der Beklagten handelnd - mit der Gewerkschaft ver.di am 2. März 2010 den Manteltarifvertrag Damp (MTV Damp) , der rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft trat. Am 26. April 2010 machte der Kläger gegenüber der Beklagten schrif t- lich die Zahlung der Jubiläumszuwendung geltend. Am 30. April 2010 endete sein Arbeitsverhältnis. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Zahlung einer Jubiläumszuwendung nach § 17 MTV Damp. Bei der Ermittlung der z u- rückgelegten Beschäftigungszeit seien auch die Zeiten seines Grundweh rdien s- tes und der Wehrübung zu berücksichtigen. Die Beklagte sei an die von ihrer Rechtsvorgängerin anerkannten Beschäftigungszeiten gebunden. Danach habe er am 2. März 2010 sein 40 - jähriges Dienstjubiläum erreicht. Jedenfalls stehe ihm die Zuwendung aufgr und der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf den BAT zu. Die Regelung in § 39 Abs. 1 iVm. § 20 BAT sei - falls die Zeiten des Wehrdienstes bei der in § 17 MTV Damp geregelten Jubiläumszuwendung nicht anzurechnen seien - für ihn günstiger. Der Anspruch sei zwar von gering e- rer Höhe, jedoch sei er aufgrund der Anrechnung weiterer Dienstzeiten zu e i- nem früheren Zeitpunkt entstanden. Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Bek lagte zu verurteilen, an ihn 409,03 Euro brutto nebst Zinsen in H öhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2010 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Auf das Arbeitsve r- hältnis der Parteien finde sowohl kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit als auch aufgrun d der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nur der MTV Damp A n- 8 9 10 11 12 - 5 - 4 AZR 503/12 - 6 - wendung. Aus dessen § 17 ergebe sich der geltend gemachte Anspruch nicht. Der Kläger habe die erforderliche Beschäftigungszeit nicht erfüllt. Die tarifve r- tragliche Regelung sehe die Berücksich tigung von Wehrdienstzeiten nicht vor. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesa r- beitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren we i- ter. Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist un begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung d er Jubiläumszuwendung. I. Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 17 MTV Damp. 1. Die Regelung des § 17 MTV Damp gilt für das Arbeitsverhältn is der Parteien kraft beide rseitiger Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG. 2. Für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch sind die nachstehe n- den Regelungen des MTV Damp maßgebend: § 8 Beschäftigungszeit 1. Beschäftigungszeit ist die in der Damp Gruppe z u- rückgelegte Zeit. Beschäftigungszeiten in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der Damp Gruppe werden dabei vollständig berücksichtigt. § 17 Jubiläumszuwendungen Die Arbeitnehmer erhalten als Jubiläumszuwendung bei 13 14 15 16 17 - 6 - 4 AZR 503/12 - 7 - 3. Der Kläger hat die erforderliche Beschäftigungszeit von 40 Jahren nicht erfüllt. Die bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgänger inne n zurückgelegte Beschäftigungszeit betrug bei Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsve r- hältnis zum 30. April 2010 38 Jahre und sieben Monate. Die Zeiten des Grun d- wehrdienstes und der Wehrübung sind entgegen der Auffassung des Klägers ke ine Beschäftigungszeiten iSv. § 8 MTV Damp. Das ergibt die Auslegung der Tarifvorschrift. a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (näher d azu zB BAG 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - zu I 1 b aa der Gründe , BAGE 111, 204; 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - zu B I 1 d aa der Gründe , BAGE 98, 35; jeweils mwN) . Sie ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 30, BAGE 124, 110) . b) Nach dem Wortlaut des § 17 iVm. § 8 MTV Damp sind der Berechnung handelt es sich um alle Beschäftigungszeiten, die in einem Unternehmen der Da mp Gruppe oder in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis vor Überna h- me durch ein solches zurückgelegt worden sind (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 497/12 - Rn. 11) . Bei den Zeiten des Grundwehrdienstes und d er Wehrübung handelt es sich nicht um Beschäftigungszeiten im tariflichen Sinne. Sie wurden weder in einem Unternehmen der Damp Gruppe noch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei einer Rechtsvorgängerin zurückgelegt. Die Anrechnung weiterer Dienstzeiten sieht der MTV Damp nicht vor. c) E ntgegen der Auffassung des Klägers kommt e ine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung , nach der auch Dienstzeiten zu berücksichtigen w ä- ren , die nicht gleichzeitig Beschäftigungszeiten sind , unter Berücksichtigung der Tarifgeschichte nicht in Betracht. 18 19 20 21 - 7 - 4 AZR 503/12 - 8 - aa) Die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte bei der Auslegung eines Tarifvertrags unterliegt bereits grundsätzlichen Bedenken. Wegen der weitreichenden Wirkung von Tarifnormen auf die Rechtsverhältnisse Dritter, die an den Tarifvertragsverhandlungen nicht beteiligt waren, kann der Wille der T a- rifvertragsparteien im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nur ausnahmsweise dann berücksichtigt werden, wenn er in den tariflichen Normen unmittelbar seinen N iederschlag gefunden hat (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 254/10 - Rn. 40; 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 32 mwN , BAGE 124, 110) . Die an einen Tarifvertrag gebundenen Arbeitsvertragsparteien mü s- sen aus dessen Wortlaut ermitteln können, welchen Regelungs gehalt die Tari f- normen haben. Sie können regelmäßig nicht darauf verwiesen werden, sich - über den Wort laut und die Systematik hinaus - Kenntnisse über weitere Auslegungsaspekte und - methoden zu verschaffen, zB durch Einholung von Auskünften ihrer Koalitio n über die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags oder durch Ermittlung der Existenz und des Inhalts von - vermeintlichen - Vo r- gängertarifverträgen. Dies gilt insbesondere, wenn der Wortlaut zu Zweifeln keinerlei Anlass gibt. Eine solche Verpflichtung wid erspräche dem Normchara k- ter eines Tarifvertrags. Sie nähme der Gewissheit des Geltungsgrundes und des Geltungsinhalts der Tarifnormen die notwendige Sicherheit. Die Tarifve r- tragsparteien können einem vom Wortlaut der tariflichen Vorschrift abweiche n- den Reg elungswillen vielmehr dadurch Rechnung tragen, dass sie diesen in einer auch für Außenstehende erkennbaren Weise zum Ausdruck bringen (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 254/10 - aaO ) . Dies haben sie im Streitfall nicht getan. bb) U ngeachtet dieser Bedenken ergibt sich auch aus der Vor geschichte im Streitfall nicht, dass Zeiten des Grundwehrdienstes und von Wehrübungen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bei der Ermittlung der Beschäftigungsze i- ten iSv. § 8 MTV Damp zu berücksic htigen wären. (1) Im Rahmen der Dienstvereinbarung vom 27. September 2004 hat sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Fachklinik Schleswig AöR, zwar ve r- pflichtet, alle bei der AöR erworbenen und dort als erworben anerkannten Rec h- te der Mitarbeiterin nen auch weiterhin bei der umgewandelten GmbH und in s- 22 23 24 - 8 - 4 AZR 503/12 - 9 - besondere auch nach dem Gesellschafterwechsel von dem Übernehmer als bei der umgewandelten GmbH erworben anzuerkennen. Dienst - sowie Beschäft i- gungszeiten sollten nach den entsprechenden tariflichen Besti mmungen ane r- kannt werden. Nach dem Anteilskaufvertrag garantieren die Käuferin und die Damp Holding AG, die Bestimmungen der Dienstvereinbarung als für sich ve r- bindlich anzuerkennen und einzuhalten. (2) Die se Dienstvereinbarung enthält aber keine Definit ion des Begriffs der - r- beitnehmern erworbenen Rechte zu sichern, und die AöR ebenso wie das Land Schleswig - Holstein dem Bereich des öffentlichen Dienstes zugehörig war, folgt die Te Beschäftigungszeiten (§ 19 BAT) auf der einen und weiteren anrechenbaren Dienstzeiten (§ 20 BAT) auf der anderen Seite. Die Dienstzeit umfasst neben der Beschäftigungszeit iSv. § 19 BAT Zeiten einer früheren Beschäftigung, die nicht gleichzeitig Beschäftigungszeiten sind. Darunter fallen nach § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT ua. Zeiten erfüllter Dienstpflicht bei der Bundeswehr. Haben die Tarifvertragsparteien des MTV Damp in der Folge auss chließlich die Berüc k- die im BAT vorgesehene und den Tarif vertrags parteien bekannte Differenzi e- rung nicht die Bedeutung beigemessen werden, sie umfasse auch die von den Beschäfti gungszeiten zu unterscheidenden Dienstzeiten. Hätten die Tarifve r- tragsparteien auch die Anrechnung von Dienstzeiten im Sinne von § 20 BAT regeln wollen, hätte es nahegelegen, die entsprechende Terminologie aus der Dienstvereinbarung aufzugreifen. Dies habe n sie nicht getan. (3) Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. August 2013 ( - 10 AZR 497/12 - ) liegt kein abweichendes Verständnis der betreffenden T a- rifnormen zugrunde. Gegenstand der Entscheidung war lediglich die Anrec h- nung von - wie im Streitfall - diejenige von weit e- II. Ein Anspruch des Kläger s ergibt sich auch nicht aus seinem Arbeitsve r- trag iVm. § 39 Abs. 1, § 20 BAT , weil diesem § 17 MTV Damp entgegensteht . 25 26 27 - 9 - 4 AZR 503/12 - 10 - 1. Allerdings f inden die Vorschriften des BAT entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. a) Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Oktober 1971 bestimmt sich das Arbeitsverhält nis der Parteien nach dem Bundesangestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Diese Abrede enthält eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen R e- gelungen des BAT (zu den Maßstäben der Auslegun g einer solchen Allgeme i- nen Geschäftsbedingung BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283) . b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts verweist die a r- beitsvertragliche Bezugnahmeklausel nicht auf den MTV Damp. Nach dem Wortlaut des § 2 des Arbeitsvertrags werden ausschließlich der BAT und die sind solche, die die Regelungen des BAT ergänzen (wie etwa die Vergütungst a- rifverträge zum BAT, der Tarifvertrag über ei ne Zuwendung für Angestellte und weitere Tarifverträge oder der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte) oder ggf . ändern (wie etwa die Sonderregelungen SR 2y BAT) . Danach wollten die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis ersichtlich den Tarifbe stimmungen des öffentlichen Dienstes unterstellen. Eine Verweisung auf Haustarifverträge eines privaten Arbeitgebers ist der Bezugnahmeklausel dagegen nicht zu en t- ä- on den Tarifvertragsparteien des BAT abgeschlossen wo r- den. Aus damaliger Sicht gab es auch keine erkennbaren Anhaltspunkte oder Umstände, wonach der Arbeitgeber als Partei des Arbeitsvertrags andere, we i- tergehende und ggf. sogar konkurrierende Haustarifver träge einbeziehen wollte (vgl. auch BAG 5. September 2012 - 4 AZR 749/10 - Rn. 16) . c ) Die als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen de Bezugnahmeklausel hat ihre Dynamik i n dem Zeitpunkt verloren , in dem die normative Tarifgebu n- denheit der Arbeitgeberin an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes ent fa l- len ist . 28 29 30 31 - 10 - 4 AZR 503/12 - 11 - aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats waren bei entspreche n- der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Bezugnahmeklauseln wie diejenige im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel a ls s og. Gleichstellungsabreden au s- zulegen (vgl. etwa BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 881/07 - Rn. 18 m wN ) . Diese verweisen dynamisch auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge. War der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden, führt j e- doch der Wegfall der Tarifgebundenheit dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung anzuwenden waren , die in di e- sem Zeitpunkt galt. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wendet der Senat diese Rechtsprechung weiterhin auf Bezu gnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 20; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, BAGE 132, 261) . bb) Um einen solchen sog. Altvertrag handelt es sich hier. Die arbeitsve r- tragliche Abrede wurde vor dem 1. Januar 2002 getroffen. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde - soweit ersichtlich - seither nicht geändert. Die damalige Arbeitgeberin des Klägers war bei Abschluss des Arbeitsvertrags tarifgebunden. d ) Danach verweist die Bezugnahmeklausel auf den BAT in der zuletzt gültigen Fassung des 78. Änderungstarifvertrags vom 31. Januar 2003 . aa ) Die Beklagte ist nicht an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes g e- bunden. In welchem genauen Zeitpunkt die entsprechen de Tarifgebundenheit ihrer Rechtsvorgängerinnen entfallen ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Dies kann jedoch dahinstehen. Die Tarifgebundenheit - und damit die Dynamik der Bezugnahmeklausel - endete spätestens mit dem Übergang des Arbei tsverhältnisses auf die Beklagte im November 2005. bb ) In diesem Zeitpunkt war der BAT noch nicht durch einen anderen Tari f- vertrag ersetzt worden. Der Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1971 war mit dem Land Schleswig - Holstein geschlossen worden. Ein Bezug zu einem kommun a- len Arbeitgeber ist nicht zu erkennen. Eine Ablösung des in Bezug genomm e- nen BAT wäre deshalb allenfalls durch den Tarifvertrag für den öffentlichen 32 33 34 35 36 - 11 - 4 AZR 503/12 - 12 - Dienst der Länder ( TV - L ) in Betracht gekommen, welcher zum 1. November 2006 und damit in jedem Fall nach Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten bzw. einer ihrer Rechtsvorgängerinnen in Kraft getreten ist. Es kann deshalb offen bleiben , ob die Bezugnahmeklausel durch die spätere Ablösung des BAT lückenhaft geworden wäre und ggf. einer ergänzenden Auslegung bed u rft hätte (ausf. zu den Voraussetzungen und Maßstäben einer solchen Auslegung BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 7 96/08 - Rn. 23, 31 ff., BAGE 134, 283 ; 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 27, 31 ff., BAGE 138, 269) . 2. Die t atbestandlichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Jubiläum s- zuwendung gemäß § 39 Abs. 1 BAT sind gegeben. a) Die maßgebenden Vorschriften des BAT vom 23. Februar 1961 in der hier anzuwendenden Fassung vom 31. Januar 2003 lauten: § 19 Beschäft igungszeit (1) Beschäftigungszeit ist bei demselben Arbeitgeber nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist. § 20 Dienstzeit (1) Die Dienstzeit umfasst die Beschäftigungszeit (§ 19) und die nach den Absätzen 2 bis 6 angerechneten Zeiten einer früheren Beschäftigung, soweit diese nicht schon bei der Berechnung der Beschäftigung s- zeit berücksichtigt sind. (6) Anzurechnen sind fe rner: a) § 39 Jubiläumszuwendungen (1) Die Angestellten im Bereich des Bundes und im B e- reich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder erha l- ten als Jubiläumszuwendung bei Vollendung einer Dienstzeit (§ 20) 37 38 - 12 - 4 AZR 503/12 - 13 - von 40 Jahren 409,03 Euro b) Unter Berücksichtigung seiner bei der Bundeswehr zurückgelegten Dienstzeiten iSv. § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT hat der Kläger am 2. März 2010 das Dienstjubiläum von 40 Jahren erreicht. 3. Ein em Anspruch nach § 39 Abs. 1 BAT iVm. dem Arbeitsvertrag steht jedoch § 17 MTV Damp entgegen. Der MTV Damp, der kraft beiderseitiger T a- rifgebundenheit unmittelbar und zwingend im Arbeitsverhältnis der Parteien gilt, enthält seinerseits die Regelung einer Jubi läumszuwendung. Das Günstigkeit s- prinzip führt nicht zu einem Vorrang der Regelungen des über den Arbeitsve r- trag anwendbaren BAT. a) Die Kollision zwischen den kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis der Parteien normativ geltenden und den aufgrund a r- beitsvertraglicher Bezugnahme anwendbaren Tarifvorschriften ist nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) zu lösen (vgl. nur BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 43) . Hiernach treten unmittelbar und zwingend ge l- tende Tarifbesti mmungen hinter einzelvertragliche Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abwe i- chende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und d er arbeitsvertraglichen Regelung (sog. Günstigkeitsvergleich). Unerheblich ist , ob die Parteien des Arbeitsve r- trags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (BAG 17. April 2013 - 4 AZR 592/11 - Rn. 14, BAGE 145, 37; 25. Juli 2001 - 10 AZR 391/00 - zu II 2 a bb (2) der Gründe) . aa) Zu vergleichen sind die in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehenden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen (sog. Sachgru p- penvergleich, s. nur BAG 21. April 2 010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 39, BAGE 134, 130; 30. März 2004 - 1 AZR 85/03 - zu II 4 b bb der Gründe mwN) . Dabei sind die abstrakte n Regelung en maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung 39 40 41 42 - 13 - 4 AZR 503/12 - 14 - im Einzelfall. Die Günstigkeit der einzelvertraglichen Regelung gegen über der normativ geltenden Tarifnorm muss bereits im Voraus feststehen ( vgl. BAG 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228; zur Kollision von Betriebsve r- einbarung und einzelvertraglicher Abrede BAG 27. Januar 2004 - 1 AZ R 148/03 - zu II 2 b aa der Grün de , BAGE 109, 244 ) . Hängt es von den Umstä n- den des Einzelfalls ab , ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung ) , ist diese Voraussetzung nicht gegeben ( BAG 17 . April 2002 - 5 AZR 644/00 - zu II 4 b der Gründe) . bb ) Bei der Prüfung ist ein objektiver Beurteilungsmaßstab zugrunde zu legen. Maßgebend ist die Einschätzung eines verständigen Arbeitnehmers u n- ter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung ( Schubert/Zachert in Kem p- en/Zachert TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 307; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 310; Däub l er/Deinert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 689 ; J KOS/Jacobs TVG 2. Aufl. § 7 Rn. 44; für eine Kollision von Betriebsvereinbarung und einzelvertraglicher A b- rede BAG 27. Januar 2004 - 1 AZR 148/03 - zu II 2 b aa der Gründe , BAGE 109, 244 ) . Ist die einzelvertragliche Regelung danach gleich oder gleichwertig (sog. neutrale Regelung) , ist sie nicht günstiger iSv. § 4 Abs. 3 TVG. cc ) Ist nach diesen Maßstäben nicht zweifelsfrei feststellbar, dass die ei n- zelvertragliche Regelung für den Arbei tnehmer günstiger ist - sei es, weil es handelt - , bleibt es bei der zwingenden Geltung des Tarifvertrags ( vgl. BAG 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228 ) . Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der systematischen Stellung von § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG. Der Gesetzgeber hat eine Abweichung vom Grundsatz der zwingenden Wirkung geltender Tarifnormen (Regel) nur für den Fall vorgesehen, dass die (Ausnahme). Ist die Günstigkeit der abweichenden Regelung nicht feststellbar, greift § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG nicht ein ( vgl. Schubert/Zachert in Kempen/Zachert TVG 5. Aufl. § 4 Rn. 420 mwN; Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 478 ; Däubler/Deinert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 690; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 562; JKOS/Jacobs TVG 2. Aufl. § 7 Rn. 48 mwN ) . 43 44 - 14 - 4 AZR 503/12 - 15 - b) In Anwendung dieser Grundsätze ist im Streitfall d ie arbeitsvertraglich in Bezug genommene Regelung des § 39 Abs. 1 iVm. § 20 BAT für eine Jubil ä- umszuwendung nicht günstiger iSv. § 4 Abs. 3 TVG als die normativ geltende des § 17 iVm. § 8 MTV Damp. aa) Nach § 17 MTV Damp haben die Arbeitnehmer bei einer Beschäft i- gungszeit von 40 Jahren Anspruch auf eine Jubiläumszuwendung iHv. 450,00 Euro brutto, wobei bei der Bundeswehr zurückgelegte Dienstzeiten a l- lerdings nicht zu berücksichtigen sind. Nach § 39 Abs. 1 iVm. § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT steht einem Arbeitnehmer bei einer Dienstzeit von 40 Jahren demgegenüb er eine - geringere - Jubiläumszuwendung iHv. 409,03 Euro brutto zu, jedoch sind Dienstzeiten bei der Bundeswehr anzurechnen. Dadurch kö n- nen die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelfall zeitlich früher erfüllt sein. bb) Bei der Jubiläumszuwendung nach § 39 Abs. 1 iVm. § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT handelt es sich damit um eine sog. ambivalente Regelung. A b- hängig von den Umständen des Einzelfalls kann sie günstiger oder ungünstiger sein als die normativ für das Arbeitsverhältnis geltende n Tarifvorschriften . So is t sie für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Beschäftigungszeit von 40 Jahren nach beiden Regelungen zum gleichen Zeitpunkt erreicht, ungünstiger, weil d er Anspruch von geringerer Höhe ist. Erreicht der Arbeitnehmer die maßgebende Beschäftigungszeit - wie der Kläger - hingegen nur dann, wenn auch Weh r- dienstzeiten berücksichtigt werden, erweist sich der BAT insoweit als günstiger. Da danach nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, welche Regelung die günstigere ist, tritt die normativ für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltende nicht hinter der kraft einzelvertraglicher Bezugnahme anwendbare n Regelung zurück. § 39 Abs. 1 und § 20 Abs. 6 Buchst. a BAT kommen deshalb nicht zur Anwendung. 45 46 47 - 15 - 4 AZR 503/12 III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Koste n seiner erfolglosen Revision zu tragen. Eylert Creutzfeldt Rinck Drechsler Schuldt 48

Full & Egal Universal Law Academy