4. Senat - Eingruppierung eines Facharztes in die Entgeltgruppe Ä5 TV-Ärzte HE - Übertragung der Leitung durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers - vergleichbare sonstige Organisationseinheit
Karar Dilini Çevir:
4. Senat - Eingruppierung eines Facharztes in die Entgeltgruppe Ä5 TV-Ärzte HE - Übertragung der Leitung durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers - vergleichbare sonstige Organisationseinheit
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 4 AZR 63/09 2 Sa 36/08 Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Verkündet am 17. November 2010 URTEIL Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger, pp. beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsbeklagtes Land, hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Bepler, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Treber, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Winter sowie die ehren-- 2 - 4 AZR 63/09 - 3 - amtliche Richterin Kralle-Engeln und den ehrenamtlichen Richter Weßelkock für Recht erkannt: 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessi-schen Landesarbeitsgerichts vom 29. Oktober 2008 - 2 Sa 36/08 - aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung - auch über die Kosten der Revision - an das Lan-desarbeitsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers ab dem 1. Januar 2007 nach dem Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken vom 30. November 2006, geschlossen zwi-schen dem Land Hessen und dem Marburger Bund (TV-Ärzte Hessen). Der Kläger ist seit März 2002 als Arzt bei dem beklagten Land im Klini-kum der J tätig. Er ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und absolvier-te Weiterbildungen zum Familientherapeuten sowie in der Neuropathologie. Der Kläger leitet in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, die unter der Leitung des Direktors Prof. Dr. P steht, auf dessen Zuweisung die Therapiestation für Jugendliche sowie die Sprechstunde für Essstörungen. Die Essstörungssprechstunde, die wöchentlich dienstags von 10.00 bis 12.00 Uhr stattfindet, bietet Betroffenen und deren Angehörigen einen telefonischen Erstkontakt, dem idR ein ambulanter Termin folgt. Nach einer Diagnosephase folgen ggf. weitere ambulante Termine oder eine stationäre Aufnahme. Dem Bereich Essstörungen sind neben dem Kläger ein weiterer Arzt, ein Psychologe sowie ein Psychologe in Ausbildung zugewiesen. 12- 3 - 4 AZR 63/09 - 4 - Kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung vom 28. Dezember 2006 findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TV-Ärzte Hessen, der zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Ab 1. Januar 2007 vergütet das beklagte Land den Kläger nach der Entgeltgruppe Ä 4 TV-Ärzte Hessen. Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 21. Februar 2007, ihn ab 1. Januar 2007 nach der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen zu vergüten, hat der Kläger die hierauf gerichtete Klage erhoben. Er hat die Auf-fassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen. Bei dem Bereich Essstörungen handele es sich um einen Funktionsbereich im Sinne der einschlägigen Protokollnotiz. Seine Beauf-tragung zur Leitung dieses Bereichs durch Prof. Dr. P sei in Absprache mit der Verwaltung erfolgt. Seine Leitungsfunktion sei vielfach dokumentiert, beispiels-weise im Organigramm der Klinik, im Telefonverzeichnis, im Qualitätsmanage-menthandbuch und den Patienteninformationen. Zudem erfülle er auch die Vorraussetzungen der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. b TV-Ärzte Hessen, denn er leite eine größere Organisationseinheit; insofern bedürfe es nicht der Unterstel-lung von fünf Ärzten. Der Kläger hat zuletzt beantragt festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm ab dem 1. Januar 2007 Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 5 des Tarifvertrages für die Ärztinnen und Ärzte an den hessi-schen Universitätskliniken zu zahlen. Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Dem Kläger sei nicht durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers eine Leitungsfunktion im tarifrechtlichen Sinne übertragen worden. Es fehle bereits an der entsprechen-den ausdrücklichen Anordnung. Zudem handele es sich bei Essstörungen um eine isoliert zu betrachtende Erkrankung; die Betreuung einer auf deren Be-handlung gerichteten Sprechstunde oder auch eines entsprechenden Bereichs stelle keinen Funktionsbereich im Sinne der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hes-sen dar. Wegen ihrer geringen Größe sei die vom Kläger betreute Einheit auch 3456- 4 - 4 AZR 63/09 - 5 - nicht als sonstige Organisationseinheit im Sinne der begehrten Entgeltgruppe anzusehen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelas-senen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungs-urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden. Da es für eine abschließende Entscheidung an Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsge-richts fehlt, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, es fehle an einer ausdrücklichen Übertragung der Leitung der Essstörungsambu-lanz „durch den Arbeitgeber“. Diese tarifliche Vorgabe behalte dem Kranken-hausträger die Entscheidung über eine Übertragung entsprechender Leitungs-kompetenz vor. Eine derartige Entscheidung fehle vorliegend. Konkludentes Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers sei dagegen nicht maßgebend. Des-halb könne es dahinstehen, ob die Essstörungsambulanz ein Funktionsbereich bzw. eine vergleichbare Organisationseinheit iSd. Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen sei. Dies sei im Übrigen zweifelhaft, soweit es sich lediglich um eine Untereinheit der Institutsambulanz handele und der Bereich der Essstörungen von Kindern und Jugendlichen auch nicht ein Spezialgebiet im Sinne der Wei-terbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen darstelle. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Kläger im Bereich der Essstörungen mit dem nach § 10 Abs. 2 TV-Ärzte Hessen notwendigen Umfang seiner Arbeitskraft tätig sei, da ihm daneben auch die Leitung der Therapiestation für Jugendliche obliege. 789- 5 - 4 AZR 63/09 - 6 - II. Mit dieser Begründung konnte die Klage nicht abgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat das Tatbestandsmerkmal der ausdrücklichen „Anord-nung des Arbeitgebers“ verkannt. Der Senat kann jedoch nicht selbst in der Sache entscheiden. Anhand der bisherigen Feststellungen des Landesarbeits-gerichts kann nicht beurteilt werden, ob bei dem Kläger zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmales der begehrten Vergütungsgruppe erfül-len. 1. Der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbare TV-Ärzte Hessen enthält folgende für die Eingruppierung des Klägers maßgebende Bestimmungen: „§ 10 Eingruppierung (1) Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der folgenden Entgeltordnung: Entgelt-gruppe Bezeichnung … Ä 5 a) Fachärztin oder Facharzt mit fakulta-tiver Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung in ihrem oder seinem Fachgebiet und mit entsprechender Tätigkeit, der oder dem durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung eines entsprechenden Funktionsbereiches oder einer vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit über-tragen worden ist oder mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind b) Fachärztin oder Facharzt mit entspre-chender Tätigkeit in ihrem oder seinem Fachgebiet, für das in der Weiterbildungsordnung eine fakultati-ve Weiterbildung, Schwerpunkt- oder 1011- 6 - 4 AZR 63/09 - 7 - Zusatzweiterbildung entweder nicht vorgesehen ist oder zwar vorgese-hen, aber für die auszuübende Tätigkeit nicht erforderlich ist, der oder dem durch ausdrückliche An-ordnung des Arbeitgebers die Leitung einer größeren Organi-sationseinheit übertragen worden ist oder mindes-tens fünf Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind … Protokollnotiz zu Ä 4 a), Ä 5 a): Soweit eine fakultative Weiterbildung, Schwerpunkt-oder Zusatzweiterbildung in einem Fachgebiet gefordert wird, setzt die Erfüllung dieser Anforderung den erfolgreichen Abschluss des Weiterbil-dungsgangs voraus. Protokollnotiz zu Ä 4 b), Ä 5 b): Eine fakultative Weiterbildung, Schwer-punkt-oder Zusatzweiterbildung ist für die auszuübende Tätigkeit erforderlich, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvor-gänge aus dem speziellen Teilgebiet anfallen, auf das sich der Weiterbildungs-inhalt der fakultativen Weiterbildung, Schwerpunkt-oder Zusatzweiterbildung bezieht. … Protokollnotiz zu Ä 5 a): Funktionsbereiche sind wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets. … Ärztinnen und Ärzte erhalten Entgelte nach der Entgeltgruppe, in der sie eingruppiert sind. (2) Ärztinnen und Ärzte sind in der Entgeltgruppe ein-gruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihnen nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die - 7 - 4 AZR 63/09 - 8 - Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvor-gänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgän-ge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. … Protokollnotiz zu § 10 Absatz 2 bis 5: Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließ-lich Zusammenhangarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin oder des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitser-gebnis führen. Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. …“ 2. Nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen kann mit den bisheri-gen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Klage nicht deshalb abgewiesen werden, weil dem Kläger die Leitungsfunktion nicht durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers übertragen worden wäre. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts sehen die tarifvertraglichen Bestim-mungen nicht vor, dass allein der Träger eines Krankenhauses als juristische Person „persönlich“ für eine Übertragung der Leitungsfunktion iSd. Entgeltgrup-pe Ä 5 TV-Ärzte Hessen zuständig ist. a) Nach dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen muss durch „ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung ... übertra-gen“ worden sein. Zu der bezüglich der Vorgabe der „Übertragung durch den Arbeitgeber“ vergleichbaren Vorgabe der „Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber“ iSd. ersten Fallgruppe der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL und iSd. Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA hat der Senat in mehreren Entscheidungen vom 9. Dezember 2009 (ua. - 4 AZR 495/08 - NZA 2010, 895), die erst nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts ergangen sind, ausgeführt, dass hierdurch keine, von allgemeinen zivilrechtlichen Rege-lungen abweichende besondere Anforderung an die Wirksamkeit von Willens-1213- 8 - 4 AZR 63/09 - 9 - erklärungen oder rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen aufgestellt worden ist (9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 56, aaO; vgl. für die nachfolgenden Entscheidungen insbesondere 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 16 ff.). aa) Entscheidend ist die Übertragung der Leitungsfunktion für den/die tariflich näher bezeichnete/n Funktionsbereich oder die Organisationseinheit. Dafür maßgebend ist der Inhalt des Arbeitsverhältnisses bei Inkrafttreten des TV-Ärzte Hessen bezogen auf die Tätigkeitsmerkmale des § 10 TV-Ärzte Hessen. Hierfür kommt es nach § 10 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte Hessen bei der Eingruppierung von Ärzten nicht in erster Linie auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit an, sondern auf die auszuübende Tätigkeit. (1) § 10 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte Hessen ist ohne Einschränkung für sämtli-che Entgeltgruppen anzuwenden, also ebenso wie für alle anderen Entgelt-gruppen auch für die Eingruppierung nach der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen. Das Anknüpfen an die „auszuübende“ Tätigkeit zeigt, dass auch im TV-Ärzte Hessen der Grundsatz der Tarifautomatik gelten soll. Danach ist die Eingruppierung ein Akt der Rechtsanwendung, dem keine rechtsgestaltende Wirkung zukommt. Dies entspricht der Wirkungsweise der tariflichen Vergü-tungsordnung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT), an dem ehemals auch die hiesigen Tarifvertragsparteien als Tarifvertragspartei und Mitglied einer Tarifvertragspartei beteiligt waren, und der insoweit in § 22 Abs. 2 BAT im Wortlaut mit der Eingruppierungsnorm des § 10 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte Hessen übereinstimmt. Aus dem Erfüllen der tariflichen Tätigkeitsmerkmale ergibt sich unmittelbar ein entsprechender tariflicher Vergütungsanspruch, ohne dass es einer Maßnahme des Arbeitgebers bedarf (ua. BAG 30. Mai 1990 - 4 AZR 74/90 - mwN, BAGE 65, 163, 166; 14. November 2007 - 4 AZR 945/06 - NZA-RR 2008, 358). 1415- 9 - 4 AZR 63/09 - 10 - (2) Diese Grundsätze sind durch die Vorgabe der Übertragung der Leitung eines Funktionsbereichs oder einer den Vorgaben entsprechenden Organisa-tionseinheit durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers in dem Tätig-keitsmerkmal der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen nicht berührt. Diese Anforderung setzt nicht die Tarifautomatik, die mit der auszuübenden Tätigkeit einhergeht, außer Kraft. Hierfür fehlt es an jedem Anhaltspunkt, der gerade angesichts der offensichtlichen Anknüpfung an die Eingruppierungsnorm des BAT und darüber hinaus auch angesichts des Wortlautes von § 10 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte Hessen einer besonderen Deutlichkeit bedurft hätte. Deshalb kann es dahinstehen, ob eine solche „Eingruppierung durch Statuszuweisung“ tariflich überhaupt möglich wäre oder ob sie nicht wegen der daraus folgenden ungleichen Vergütung für dieselbe Arbeit (hier: arbeitsvertraglich geschuldete Ausübung der Leitungsfunktion für einen Funktionsbereich oder eine den Vorgaben entsprechende Organisationseinheit) gegen den allgemeinen Gleich-heitssatz gemäß Art. 3 GG verstieße. (3) Es handelt sich bei der Tarifregelung vielmehr um eine Klarstellung der Tarifvertragsparteien über die zivilrechtliche Zurechenbarkeit der entsprechen-den Aufgabenzuweisung, die in der Vergangenheit wegen fehlender vergü-tungsrechtlicher Folgen häufig allein der Leitung der Klinik im Rahmen ihrer Personalhoheit überlassen worden ist. Die Tarifvertragsparteien haben damit - jedenfalls für entsprechende Übertragungen der Leitung eines Funktionsbe-reichs oder einer den Vorgaben entsprechenden Organisationseinheit in der Vergangenheit - jedoch keine, von allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen abweichende besondere Anforderung an die Wirksamkeit von Willenserklärun-gen oder rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen aufgestellt und auch keine besonderen Formerfordernissse an eine etwa vom Arbeitgeber erteilte Voll-macht begründet (ua. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 56, NZA 2010, 895; 7. Juli 2010 - 4 AZR 862/08 - Rn. 43; 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 16 ff.). 1617- 10 - 4 AZR 63/09 - 11 - (4) Dem Tatbestandsmerkmal „durch ausdrückliche Anordnung des Arbeit-gebers ... übertragen“ kommt insofern eigenständige Bedeutung zu, als damit klargestellt wird, dass der Arbeitsvertrag durch bloße organisatorische Maß-nahmen oder verwaltungsinterne Anweisungen nicht geändert werden kann, sondern es dafür einer darauf gerichteten Willenserklärung des Arbeitgebers oder einer ihm zivilrechtlich zurechenbaren Aufgabenzuweisung bedarf (so für die ausdrückliche Unterstellung von Angestellten iSd. VergGr. IIa BAT-O BAG 12. März 2008 - 4 AZR 67/07 - zu B II 2 b aa der Gründe, ZTR 2008, 604). (5) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich aus der Regelung bezüglich der Zahlung einer persönlichen Zulage in § 12 Abs. 1 TV-Ärzte Hessen nichts anderes. Dort ist Voraussetzung der Zulagenzahlung im Falle einer vorübergehenden höherwertigen Tätigkeit die „Übertragung“ derselben, ohne dass der Arbeitgeber wortwörtlich genannt worden ist. Dies stützt jedoch keine differenzierende Betrachtung. Auch für die eine Verpflich-tung des Arbeitgebers zur Zulagenzahlung auslösende Regelung in § 12 Abs. 1 TV-Ärzte Hessen kommt allein der Arbeitgeber als Übertragender einer höher-wertigen Tätigkeit in Betracht. bb) Ob eine vor dem Inkrafttreten des TV-Ärzte Hessen dem Arzt von der Klinikleitung übertragene Leitungsfunktion dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, ist eine Frage des Einzelfalls (insoweit übertragbar BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 61, NZA 2010, 895). Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses, insbesondere der Umfang der Arbeitsverpflichtung, die Grenzen des Direktions-rechts und die Notwendigkeit einer Vertragsänderung auf der einen Seite und die konkrete Organisation der Klinik durch den Arbeitgeber, insbesondere die Erkennbarkeit oder Bekanntmachung eventueller Beschränkungen der Perso-nalhoheit der Klinikleitung auf der anderen Seite können nur anhand der kon-kreten Umstände beurteilt werden. 181920- 11 - 4 AZR 63/09 - 12 - (1) Maßgebend ist grundsätzlich nicht die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, sondern das, was nach dem Arbeitsvertrag die geschuldete Arbeit ist (BAG 12. März 2008 - 4 AZR 67/07 - ZTR 2008, 604). Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit kann allerdings für die Auslegung des Arbeitsvertrages, insbesondere hinsichtlich der genauen Bestimmung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit vor allem dann von Bedeutung sein, wenn der schriftliche Arbeitsvertrag hierzu keine oder wenig Angaben enthält. Entscheidend ist letztlich jedoch die - wie auch immer bestimmte - vertraglich vereinbarte und geschuldete Tätigkeit (vgl. ua. BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 862/08 - Rn. 45). (2) Bedient sich der Arbeitgeber bei der Leitung einer Klinik der Dienste eines Chefarztes oder Direktors und überlässt diesem die nähere Ausgestal-tung der Organisation der Klinik und die personelle Zuweisung der Aufgaben, ist der Arbeitgeber an die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gebunden. Die Klinikleitung muss allgemein als befugt angesehen werden, für den Arbeitgeber das Direktionsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer, also auch dem Arzt, wirk-sam auszuüben (vgl. ua. BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 862/08 - Rn. 49; 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 22). (3) Auch wenn die Klinikleitung keine dahin gehende ausdrückliche Voll-macht hat, kann die in der Zuweisung oder der Vereinbarung der neuen Tätig-keit möglicherweise liegende konkludente Vertragsänderung dem Arbeitgeber nach den Grundsätzen der Duldungs- und vor allem der Anscheinsvollmacht, nach der dem Vertretenen die mangelnde Sorgfalt und Nachlässigkeit in seinen eigenen Angelegenheiten angelastet werden kann, gleichwohl zuzurechnen sein. Die Kliniken sind arbeitsvertragsrechtlich keine Freiräume. Wenn Arbeit-geber, die die Kliniken nach Gutdünken organisieren können (so BAG 25. Februar 1987 - 4 AZR 217/86 - AP BAT § 24 Nr. 14), bestimmte leitende Mit-arbeiter aus der objektivierbaren und berechtigten Sicht der Arbeitnehmer mit der Vertretungsmacht des Arbeitgebers ausstatten, müssen sie sich das ver-tragsrechtlich zurechnen lassen. Dem entspricht, dass ein Arzt dann, wenn ihm von der Klinikleitung eine bestimmte Aufgabe übertragen wird, im Regelfall davon ausgehen darf und muss, dass die Klinikleitung hierzu vom Arbeitgeber 212223- 12 - 4 AZR 63/09 - 13 - befugt ist. Andernfalls würde ihm zugemutet, jeweils zu prüfen, ob es eine vom Arbeitgeber erlassene Zuständigkeitsvorschrift gibt und ob diese durch seine Klinikleitung eingehalten worden ist (vgl. ua. BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 862/08 - Rn. 52 f.; 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 25 f.). (4) Die Zuweisung einer Tätigkeit an einen Arzt, die dieser danach längere Zeit ausübt, ist in der Regel arbeitsvertraglich gedeckt, dh. entweder hält sich die Maßnahme im Bereich des bisherigen Direktionsrechts oder sie stellt eine Änderung des Arbeitsvertrages dar. Jedenfalls handelt es sich dabei in der Regel um die auszuübende Tätigkeit des Arztes. Dass sich aufgrund des neuen Vergütungssystems dadurch für ihn möglicherweise eine höhere Vergütung ergibt, ist eine bloße Folge des neuen Tarifvertrages und ändert nichts an der von dem Kläger arbeitsvertraglich auszuübenden und dementsprechend tariflich zu bewertenden Tätigkeit (näher ua. BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 862/08 - Rn. 49). (5) Von besonderer Bedeutung kann in diesem Zusammenhang ferner sein, wie der Arbeitgeber nach dem Inkrafttreten des TV-Ärzte Hessen auf die Organisations- und Verantwortungsstruktur reagiert hat, die zu diesem Zeit-punkt bestand. Selbst wenn nach den oben dargestellten Grundsätzen die Übertragung der Leitung für einen Funktionsbereich oder eine den Vorgaben entsprechende Organisationseinheit dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen wäre, könnte er sich hierauf nicht berufen, wenn er die bisherige Zuordnung von Aufgaben trotz einer durch die Überleitung in das neue Tarifsystem veranlass-ten Überprüfung unbeanstandet lässt (übertragbar insoweit zu den Anforderun-gen an eine Übertragung im Tarifsinne BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 862/08 - Rn. 43 ff. zum TV-Ärzte/VKA sowie 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 56 ff., NZA 2010, 895 und - 4 AZR 568/08 - Rn. 64 ff., zur gleichartigen Regelung im TV-Ärzte/TdL). 2425- 13 - 4 AZR 63/09 - 14 - b) Nach diesen Grundsätzen scheitert der Klageanspruch des Klägers nicht an der Anforderung einer „ausdrücklichen Anordnung“ durch den Arbeit-geber. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht einer „aus-drücklichen Anordnung“ nicht entgegen, dass sie nicht „persönlich“ durch den Arbeitgeber erfolgte, sondern durch den Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Prof. Dr. P. Wie das Landes-arbeitsgericht selbst annimmt, hat dieser dem Kläger seinen Tätigkeits- und Aufgabenbereich ausdrücklich übertragen. Der Kläger leitete jedenfalls seit Inkrafttreten des TV-Ärzte Hessen in der Klinik für Psychiatrie und Psychothe-rapie des Kindes- und Jugendalters auf Zuweisung von Prof. Dr. P die Sprech-stunde für Essstörungen und die Therapiestation für Jugendliche. Dies ist die der tariflichen Bewertung nach § 10 Abs. 2 TV-Ärzte Hessen zugrunde zu legende Tätigkeit, denn es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass die Verantwortlichkeit des Klägers nicht den Vorgaben des Direktors der Klinik entsprochen hätte. Im Gegenteil hat dieser durch ein Schreiben vom 19. Januar 2007 der Verwaltung des Klinikums bestätigt, dass der Kläger die „Leitung der Essstörungsambulanz“ inne hat. Ob allerdings diese Leitungstätigkeit als „Leitung eines entsprechenden Funktionsbereiches“ zu qualifizieren und mit der Eingruppierung nach der Entgeltgruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen zu bewerten ist, wie es in dem genannten Schreiben ebenfalls zum Ausdruck kommt, ist keine vom Chefarzt oder Klinikdi-rektor zu entscheidende Frage der Übertragung der Tätigkeit, sondern misst sich allein an den weiteren tarifvertraglichen Anforderungen. 3. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzu-heben und die Sache nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die aufge-worfene Frage auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landes-arbeitsgerichts nicht beantwortet werden kann. Es kann nicht beurteilt werden, ob bei der für die Eingruppierung maßgebenden Tätigkeit des Klägers in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters als 26272829- 14 - 4 AZR 63/09 - 15 - Leiter der Sprechstunde für Essstörungen und der Therapiestation für Jugendli-che zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich ge-nommen die Anforderungen zumindest eines Tätigkeitsmerkmales der Entgelt-gruppe Ä 5 TV-Ärzte Hessen erfüllen. Den Parteien ist Gelegenheit zur Präzi-sierung ihres Vortrages zu geben. Dies gebietet - auch unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast im Eingruppierungs-rechtsstreit - der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Insbesondere im Hinblick auf neue tarifliche Tätigkeitsmerkmale, die gemessen an der kom-plexen Wirklichkeit einen außerordentlich hohen Abstraktionsgrad aufweisen und dementsprechend einer intensiven Auslegung unterzogen werden müssen, ist den Parteien eine entsprechende Gelegenheit zu geben. Dabei ist insbeson-dere zu berücksichtigen, dass weder dem Kläger noch dem Landesarbeitsge-richt die Senatsentscheidungen vom 9. Dezember 2009 zur Auslegung der Anforderungen an die Erfüllung teilweise identischer Tätigkeitsmerkmale in den Bereichen des TV-Ärzte/VKA und des TV-Ärzte/TdL bekannt waren und dass insbesondere zur Auslegung des hier einschlägigen TV-Ärzte Hessen noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen war. a) Zunächst wird es darauf ankommen, die tariflich relevante Tätigkeit des Klägers näher zu bestimmen. Die bisherigen Feststellungen des Landes-arbeitsgerichts bieten für die tarifliche Bewertung der vom Kläger auszuüben-den Tätigkeiten keine ausreichende Beurteilungsgrundlage. Der Aufgabenbe-reich des Klägers ist im Tatbestand des Berufungsurteils nicht näher beschrie-ben. Ersichtlich ist lediglich, dass der Kläger innerhalb der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters die Leitung der Essstö-rungssprechstunde - oder Essstörungsambulanz - sowie die Leitung der Thera-piestation für Jugendliche inne hat. Erwähnt wird in der Akte teilweise der „Bereich Essstörungen“, wobei unklar bleibt, ob dieser deckungsgleich mit der Essstörungssprechstunde und/oder der Essstörungsambulanz ist. Unklarheit besteht auch hinsichtlich der Therapiestation für Jugendliche; es wird nicht deutlich, ob die Essstörungssprechstunde oder -ambulanz darin integriert ist oder getrennt davon besteht und inwieweit der Kläger sich auch für die Leitung der Therapiestation für Jugendliche auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 30- 15 - 4 AZR 63/09 - 16 - Ä 5 TV-Ärzte Hessen beruft. Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist insbesondere auch nicht ersichtlich, wie konkret die Tätigkeit des Klägers für die Essstörungssprechstunde und für die Therapiestation für Jugendliche aussieht, welchen zeitlichen Umfang diese beanspruchen, was konkret seine Leitungsfunktion ausmacht, wie beide Bereiche ausgestaltet sind und welche Weisungsbefugnisse er für ärztliches und nichtärztliches Personal inne hat. Für den Bereich Essstörungen ist ersichtlich, dass drei weitere Personen, darunter ein Arzt, darin tätig sind. Nicht ersichtlich ist, ob diese den Weisungen des Klägers unterliegen. Für die Therapiestation für Jugendliche, soweit der Kläger sich darauf für sein Klagebegehren überhaupt beruft, ist kein Unterstellungsver-hältnis erkennbar. b) Die nach § 10 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte Hessen maßgebenden Arbeits-vorgänge der tariflich relevanten Tätigkeit des Klägers sind nicht bestimmt worden und auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bisher auch nicht bestimmbar. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte Hessen entspricht die gesamte auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Nach der Recht-sprechung zu § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT, die wegen wortgleicher Formulierung und übereinstimmender Tarifvertragsparteien oder entsprechen-der Mitgliedschaft auch insoweit übertragbar ist, ist der Begriff des „Arbeitsvor-gangs“ ein feststehender, abstrakter, von den Tarifvertragsparteien vorgegebe-ner Rechtsbegriff. Unter einem Arbeitsvorgang ist nach ständiger Rechtspre-chung eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berück-sichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeits-einheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen. Entscheidendes Bestimmungskriterium ist das Arbeitsergebnis (vgl. näher BAG 22. September 2010 - 4 AZR 149/09 - Rn. 17 mwN zum ebenfalls übereinstimmenden Begriff des Arbeitsvorgangs im TV-Ärzte/VKA). Dabei kann die gesamte Tätigkeit des Klägers nur dann einem 31- 16 - 4 AZR 63/09 - 17 - einzigen einheitlichen Arbeitsvorgang zugeordnet werden, wenn die Leitung der Essstörungssprechstunde und die Leitung der Therapiestation für Jugendliche demselben einheitlichen Arbeitsergebnis dienen. Für den Fall, dass lediglich die Leitung der Essstörungssprechstunde geeignet ist, die Anforderungen der begehrten Entgeltgruppe zu erfüllen, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht in Zweifel gezogen, dass ein diesbezüglich isolierter Arbeitsvorgang mindestens die Hälfte der Arbeitszeit des Klägers ausmacht. 4. Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachaufklärung erübrigt sich auch nicht deshalb, weil die Klage bereits auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes entscheidungsreif wäre (§ 563 Abs. 3 ZPO). Sie ist insbesondere nicht unabhängig von den noch erforderli-chen Feststellungen in jedem Falle abzuweisen, weil ohne weiteres feststünde, dass die Tätigkeit des Klägers weder nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a noch der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. b TV-Ärzte Hessen zu bewerten ist. Viel-mehr bedarf es auch, was die einzelnen Tatbestandsmerkmale der vom Kläger in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale angeht, - gegebenenfalls - weiterer tatsächlicher Feststellungen. a) Nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen werden Fach-ärztinnen oder Fachärzte mit fakultativer Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung in ihrem Fachgebiet und mit entsprechender Tätigkeit, denen durch ausdrückliche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung eines entsprechenden Funktionsbereichs oder einer vergleichbaren sonstigen Orga-nisationseinheit übertragen worden ist oder mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind, vergütet. aa) Der Kläger ist Facharzt im tariflichen Sinne, denn er ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie. 323334- 17 - 4 AZR 63/09 - 18 - bb) Bisher kann nicht abschließend entschieden werden, ob die von dem Kläger - offenbar erfolgreich iSd. der Protokollnotiz zu den Entgeltgruppen Ä 4 Buchst. a und Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen - absolvierten Weiterbildungen als fakultative Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung in seinem Fachgebiet, dh. in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, anzusehen sind. Bisher ist solches weder festgestellt noch ersichtlich. Zwar wurde klägerseitig in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, dass darüber in der Vergangenheit Einvernehmen zwischen den Parteien bestanden habe. Jedoch kann gegebenenfalls bestehendes Einvernehmen nicht einen auf Grundlage der einschlägigen Weiterbildungsordnung konkretisierten Klägervortrag ersetzen. cc) Ebenfalls kann derzeit nicht entschieden werden, ob die Tätigkeit des Klägers nicht nur seinem Fachgebiet, sondern auch seiner Weiterbildung entspricht. Nur wenn die Tätigkeit beiden Qualifikationen, also seiner fachärztli-chen Qualifikation sowie der erfolgreich absolvierten fakultativen Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung entspricht, ist diese Voraussetzung erfüllt. Mit dem Begriff der Entsprechung haben die Tarifvertragsparteien deut-lich gemacht, dass nicht eine teilweise Überschneidung von Ausbildung und Tätigkeit ausreicht, sondern dass ein „Gegenstück“ gemeint ist. Insoweit über-tragbar ist die Senatsrechtsprechung, nach der eine „entsprechende“ Tätigkeit nicht bereits dann vorliegt, wenn die durch die Aus- und Weiterbildung erwor-benen Fähigkeiten lediglich nützlich oder wünschenswert sind, sondern nur dann, wenn die Tätigkeit sich auf die konkrete Fachrichtung der jeweiligen Aus- und Weiterbildung bezieht und die Tätigkeit die durch die Aus- und Weiterbil-dung erworbenen Fähigkeiten gerade erfordert (vgl. ua. BAG 5. November 2003 - 4 AZR 632/02 - zu II 2 c cc bbb der Gründe, BAGE 108, 224, 235). Ausbildung und Tätigkeit entsprechen sich also nur dann, wenn die gesamte tariflich gefor-derte fachärztliche Ausbildung und Weiterqualifikation für die auszuübende Tätigkeit erforderlich ist. Auch dazu fehlen bisher tatsächliche Feststellungen. dd) Es kann auch nicht abschließend entschieden werden, ob es sich bei der Therapiestation für Jugendliche und/oder der Sprechstunde für Essstörun-gen um einen der fakultativen Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiter-353637- 18 - 4 AZR 63/09 - 19 - bildung des Klägers in seinem Fachgebiet - der Kinder- und Jugendpsychia-trie - entsprechenden Funktionsbereich oder um eine vergleichbare sonstige Organisationseinheit im Tarifsinne handelt. Lediglich die letzte in diesem Tätig-keitsmerkmal genannte Fallgestaltung - die der ständigen Unterstellung von mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzten - kann im Fall des Klägers ausge-schlossen werden, da ersichtlich nur ein Arzt neben ihm beschäftigt ist, für den zudem die Frage der Unterstellung noch nicht tatsächlich geklärt ist. (1) Nach der dritten Protokollnotiz zur Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen sind Funktionsbereiche wissenschaftlich anerkannte Spezialge-biete innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets. Damit ist der Begriff des Funk-tionsbereichs von den Tarifvertragsparteien in dem Sinne gebraucht worden, der den schon früher von ihnen als Tarifvertragsparteien oder Mitglieder von Tarifvertragsparteien vereinbarten Regelungen der Vergütungsordnung zum BAT zugrunde lag (vgl. für den TV-Ärzte/TdL BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 33 mwN, NZA 2010, 895 zur VergGr. Ib Fallgr. 10 iVm. Protokoll-notiz Nr. 5; für den TV-Ärzte/VKA 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - zur VergGr. Ib Fallgr. 4 iVm. Protokollerklärung Nr. 3). Als Beispiele für Funktions-bereiche wurden beispielsweise in der Protokollerklärung Nr. 3 des Tarifvertra-ges zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT vom 23. Februar 1972 ua. die Handchirurgie, die Neuroradiologie, die Elektroencephalographie und die Herzkatheterisierung benannt. Im TV-Ärzte Hessen finden sich da-gegen keine Beispiele für Funktionsbereiche. Die Tarifvertragsparteien haben auch nicht auf andere Art und Weise deutlich gemacht, ob die Bestimmung eines Funktionsbereichs wie in der Tarifpraxis zum BAT weitgehend durch Rückbeziehung auf Beschlüsse des Gruppenausschusses der VKA (bzw. im Tarifbereich der bei den Ländern beschäftigten Ärzte auf die Mitgliederver-sammlung der Tarifgemeinschaft der Länder -TdL-, vgl. dazu ausf. Cle-mens/Scheuring/Steingen/Wiese VergO BL Stand März 2009 Anlage 1a Teil I Allgemeiner Teil Erl. 41.2) erfolgt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der jeweils aktuelle Stand der Medizin zutreffender in den Weiterbildungsord-nungen und in der Fachliteratur widerspiegelt und ggf. auch durch Sachver-ständigengutachten zu belegen wäre. Jedenfalls ist die Frage der Ausfüllung 38- 19 - 4 AZR 63/09 - 20 - des unbestimmten Rechtsbegriffs des „Funktionsbereichs“ anhand einer Einzel-fallbetrachtung zu beantworten. Sie ist aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht möglich. (2) Die Tarifvertragsparteien haben nicht definiert, was sie unter einer „vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit“ verstehen. Anhaltspunkte ergeben sich im Zusammenhang mit den anderen beiden Fallgestaltungen des Tätigkeitsmerkmales der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen nur insofern als die „Vergleichbarkeit“ sich jedenfalls auf den Vergleich mit einem Funktionsbereich bezieht. Da dieser nicht vorrangig mit einer quantitativen Größenanforderung belegt worden ist, sondern sich nach seiner medizinisch-inhaltlichen Bedeutung bestimmt, ist die „vergleichbare sonstige Organisations-einheit“ ebenfalls medizinisch definiert, ohne jedoch eine Anerkennung als Funktionsbereich vorauszusetzen. Eine quantitative Größenanforderung ist insofern zusätzlich einzubeziehen als auch Funktionsbereiche regelmäßig über eine bestimmte Mindestgröße verfügen. Orientierung bietet insofern die letzte der in dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hes-sen genannte Fallgestaltung, nämlich die ständige Unterstellung von mindes-tens fünf Ärztinnen und/oder Ärzten. Zwar ist diese genau definierte Zahl hier weder für den Funktionsbereich noch für die „vergleichbare sonstige Organisa-tionseinheit“ vorgeschrieben. Jedoch liegt darin, dass die Tarifvertragsparteien die drei hier fraglichen Fallgestaltungen des Tätigkeitsmerkmales gleich bewer-ten, ein Anhaltspunkt, der als einer von verschiedenen Aspekten in die Betrach-tung einfließen kann, um im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen, ob eine medizi-nisch bestimmte Organisationseinheit unter den unbestimmten Rechtsbegriff der „vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit“ fällt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts schließt aber jedenfalls die Tatsache, dass es sich bei der vom Kläger betreuten Einheit um eine Untereinheit der Institutsambulanz handelt, nicht schon von vornherein aus, dass insoweit die Anforderung einer „vergleichbaren sonstigen Organisa-tionseinheit“ erfüllt ist. Der Begriff „Organisationseinheit“ beinhaltet zwar, dass eine organisatorisch abgrenzbare Einheit mit gewisser organisatorischer Ver-3940- 20 - 4 AZR 63/09 - 21 - selbständigung vorausgesetzt ist. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass diese nicht innerhalb einer übergeordneten Organisationseinheit angesiedelt sein kann. Eine mit einem Funktionsbereich „vergleichbare sonstige Organisa-tionseinheit“ iSd. Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen wird in der Regel allerdings nur dann gegeben sein, wenn die Einheit auf unbestimmte Dauer oder jedenfalls für einen nicht unerheblichen Zeitraum eingerichtet ist und ihren Zweck mit eigener Ausstattung, eigenen Sachmitteln und Räumen sowie mit eigenem nichtärztlichen und ärztlichen Personal erfüllt. Dagegen genügt die bloße Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal für die Abgren-zung einer Organisationseinheit nicht (vgl. im Ergebnis ähnlich BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 35 - 38, NZA 2010, 895 für das Merk-mal „Teilbereich einer Klinik oder Abteilung“ iSd. Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL). b) Es kann derzeit auch nicht abschließend festgestellt werden, dass die Tätigkeit des Klägers nicht nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. b TV-Ärzte Hessen zu bewerten ist. Nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. b TV-Ärzte Hessen werden Fach-ärztinnen oder Fachärzte mit entsprechender Tätigkeit in ihrem Fachgebiet, für das in der Weiterbildungsordnung eine fakultative Weiterbildung, Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung entweder nicht vorgesehen ist oder zwar vorgesehen, aber für die auszuübende Tätigkeit nicht erforderlich ist, denen durch ausdrück-liche Anordnung des Arbeitgebers die Leitung einer größeren Organisationsein-heit übertragen worden ist oder mindestens fünf Ärztinnen und/oder Ärzte ständig unterstellt sind, vergütet. aa) Der Kläger ist zwar als Facharzt im tariflichen Sinne in seinem Fachge-biet, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, tätig. 41424344- 21 - 4 AZR 63/09 bb) Es fehlt bislang aber noch jeder klägerische Vortrag dazu, ob in der einschlägigen Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer oder einer Vorgängerregelung eine entsprechende fakultative Weiterbildung, Schwer-punkt- oder Zusatzweiterbildung entweder nicht vorgesehen ist oder zwar vorgesehen, aber für die auszuübende Tätigkeit nicht erforderlich ist. Zu be-rücksichtigen ist dabei die „Protokollnotiz zu Ä 4 b), Ä 5 b)“ TV-Ärzte Hessen. cc) Ebenso kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht entschieden werden, ob der Kläger einer „größeren Organisationseinheit“ im Tarifsinne als Leiter vorsteht. Im Gegensatz zur „vergleichbaren sonstigen Organisationseinheit“ nach der Entgeltgruppe Ä 5 Buchst. a TV-Ärzte Hessen kommt es hierfür nicht auf eine medizinische Spezialisierung an, jedoch ist eine Mindestgröße der Organisationseinheit im og. Sinne erforderlich. Bepler Treber Winter Kralle-Engeln Weßelkock 4546

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