4. Senat - Eingruppierung als Oberarzt nach TV-Ärzte/VKA - Übertragung medizinischer Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik
Karar Dilini Çevir:
4. Senat - Eingruppierung als Oberarzt nach TV-Ärzte/VKA - Übertragung medizinischer Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik
BUNDESARBEITSGERICHT 4 AZR 862/08 2 Sa 329/07 Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Im Namen des Volkes! Verkündet am 7. Juli 2010 URTEIL Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Bundes-arbeitsgericht Prof. Bepler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Creutzfeldt und Dr. Treber sowie die ehrenamtlichen Richter Hardebusch und Vorderwülbecke für Recht erkannt: - 2 - 4 AZR 862/08 - 3 - 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Lan-desarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. August 2008 - 2 Sa 329/07 - aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung - auch über die Kosten der Revision - an das Lan-desarbeitsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin in die Ent-geltgruppe III (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (TV-Ärzte/VKA). Die Klägerin ist Ärztin und war seit dem 1. September 1986 beim Land Mecklenburg-Vorpommern im Klinikum der Universität R beschäftigt. Zum 1. Dezember 2004 übernahm die Beklagte, die Mitglied im kom-munalen Arbeitgeberverband (KAV) ist, die Klinik für Gynäkologie und Geburts-hilfe der Universität R, in welcher auch die Klägerin tätig war. Die Beklagte gliederte die Klinik nach dem Betriebsübergang in ihre bisherige Frauenklinik ein. Innerhalb der Frauenklinik bestehen ua. die Abteilungen „Poliklinik“ und „Ambulantes Operationszentrum“. Die Klägerin ist in der Poliklinik und dem Ambulanten Operationszentrum unter Führung des Titels „Oberärztin“ tätig. In der Poliklinik und dem Ambulanten Operationszentrum arbeiten regelmäßig insgesamt fünf bis sechs Ärzte. In die Poliklinik überweisen niedergelassene Gynäkologen ihre Patien-tinnen, wenn sie sich selbst zu einer weiteren Behandlung nicht mehr in der Lage sehen und die Meinung eines Spezialisten benötigen. In einer Sprech-stunde sowie einer Narkose-Sprechstunde werden die Patientinnen über den 12345- 3 - 4 AZR 862/08 - 4 - geplanten Eingriff aufgeklärt. Im Ambulanten Operationszentrum wird dann die Operation durchgeführt, wobei das Operationszentrum nicht ausschließlich von der Universitäts-Frauenklinik genutzt wird. Bei den Eingriffen handelt es sich um „kleinere“ Operationen, die einen stationären Aufenthalt der Patientinnen vermeiden sollen (zB Gebärmutterspiegelungen, Ausschabungen bei Blutungs-störungen, Fehlgeburten oder bei gestörter Schwangerschaftsanlage, Gewebe-entnahmen ua.). Die „großen“ Operationen finden dagegen im „Zentral-OP“ statt. Am 1. Oktober 2005 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbän-de (VKA) in Kraft. Im ersten Halbjahr 2006 verhandelten die öffentlichen Arbeit-geber mit dem Marburger Bund über einen gesonderten Tarifvertrag für die Ärzte. Dabei wurden sowohl im Bereich der VKA als auch im Bereich der TdL bereits im Frühsommer 2006 weitgehende Einigungen erzielt, ohne dass es sogleich zur Unterzeichnung von Tarifverträgen kam. Für die Übergangszeit vereinbarte die Beklagte mit dem Marburger Bund, Landesverband Mecklen-burg-Vorpommern, am 19. Juli 2006 einen Übergangstarifvertrag für das Klini-kum Südstadt R (ÜbergangsTV). Die dort geregelten Tätigkeitsmerkmale für Ärzte entsprachen im Wesentlichen denjenigen im später unterzeichneten Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte der Vereinigung der kommunalen Arbeitge-berverbände vom 17. August 2006 (TV-Ärzte/VKA). In § 5 ÜbergangsTV ist die Geltungsdauer wie folgt geregelt: „§ 5 Geltungsdauer (1) Der Übergangstarifvertrag beginnt am 01.08.2006 und endet spätestens am 31.07.2007. (2) Beide Parteien erklären übereinstimmend, dass dieser Übergangstarifvertrag unmittelbar abgelöst wird, wenn ein Tarifvertrag zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber-verbände in Kraft tritt.“ Der TV-Ärzte/VKA, der am 17. August 2006 vereinbart wurde, regelt in § 40 Abs. 1 sein Inkrafttreten am 1. August 2006. Die Parteien haben überein-67- 4 - 4 AZR 862/08 - 5 - stimmend und ausdrücklich erklärt, dass der TV-Ärzte/VKA auf ihr Arbeitsver-hältnis Anwendung findet. Die Beklagte zahlte der Klägerin ab 1. Juli 2006 Vergütung nach Ent-geltgruppe II Stufe 4 TV-Ärzte/VKA. Die Klägerin und der Chefarzt und Klinikdi-rektor Prof. Dr. G widersprachen der dieser Vergütung zugrunde liegenden Eingruppierung als Fachärztin mit Schreiben vom 30. August und 17. Oktober 2006 an die Verwaltungsdirektorin des Klinikums Südstadt R. Diese teilte der Klägerin mit Schreiben vom 27. Oktober 2006 mit, sie erfülle die tariflichen Oberarztmerkmale nicht, ihr stehe unabhängig davon jedoch die Dienstanrede „Oberärztin“ weiter zu, weil sie zweifellos als Funktionsoberärztin tätig sei. Mit ihrer Klage hat die Klägerin zunächst die Eingruppierung als Ober-ärztin nach § 3 Ziff. 1 Abs. 3 ÜbergangsTV für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 31. Dezember 2006 und für die Zeit ab 1. Januar 2007 als Oberärztin nach Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertre-ten, sie sei als Oberärztin eingruppiert, weil ihr der Chefarzt Prof. Dr. G bereits Mitte Oktober 2004 die Leitung der Poliklinik und Ambulanz und nach der Fertigstellung des Ambulanten Operationszentrums dessen Leitung übertragen habe. An anderer Stelle trägt die Klägerin vor, sie sei „seit dem 1. Oktober 2002 als Oberärztin in ihrer auch jetzt für die Beklagte ausgeübten Funktion“ tätig. Die Poliklinik und das Ambulante Operationszentrum seien jeweils selbständige Teil- und Funktionsbereiche, weil sie räumlich und personell von den anderen Bereichen getrennt seien. Im Ambulanten Operationszentrum seien ein Anäs-thesist, zwei Anästhesieschwestern, zwei OP-Schwestern, zwei Gynäkologen und eine Sekretärin tätig. Die Klägerin treffe „selbständig und für die anderen (Fach-)Ärzte bis zu einer anderslautenden Entscheidung des Chefarztes (…) verbindlich die medizinischen Entscheidungen“ und sei Ansprechpartnerin für alle Fragen. Allein ihr obliege die Verantwortung für die Planung und Durchfüh-rung der Patientenbehandlung, für die Aus- und Fortbildung einschließlich der Ausbildung der Facharztkandidaten sowie für die ärztliche Tätigkeit der in diesem Bereich eingesetzten Ärzte. Die der Klägerin unterstellten Ärzte würden ihr die „Problempatienten“ vorstellen. Sie treffe auch die Entscheidungen im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem pflegerischen Personal. Die Beklagte 89- 5 - 4 AZR 862/08 - 6 - könne sich nicht darauf berufen, dass keine ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung stattgefunden habe. Die Klägerin habe ihre Tätigkeit langjährig auf Anweisung des Chefarztes und in voller Kenntnis und Billigung der Verwaltungsdirektorin ausgeführt. Die Beklagte habe an der tatsächlichen Verantwortung der Klägerin nichts geändert und müsse sich die Aufgabenübertragung durch den Chefarzt unter dem Gesichtspunkt der Dul-dungsvollmacht zurechnen lassen. Die Klägerin hat in den Vorinstanzen beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin rückwirkend seit dem 1. August 2006 in die Entgeltgruppe „Ober-arzt ab dem 4. Jahr“ des Übergangstarifvertrages für das Klinikum Südstadt R vom 19. Juli 2006 und ab dem 1. Januar 2007 in die Entgeltgruppe III Stufe 2 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und des Marburger Bundes (TV-Ärzte/VKA) einzustu-fen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin rückwirkend ab dem 1. August 2006 in die Entgeltgruppe III Stufe 2 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberver-bände und des Marburger Bundes (TV-Ärzte/VKA) einzustufen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es sei zwar zutref-fend, dass es sich bei der Poliklinik/Gynäkologische Ambulanz um einen selb-ständigen Teilbereich der Universitäts-Frauenklinik handele. Die Klägerin trage aber dort nicht die medizinische Verantwortung. Ihr seien keine Ärzte unterstellt und sie sei gegenüber ihren Kollegen nicht fachlich weisungsbefugt. Der Kläge-rin obliege auch nicht die Koordination des in der Poliklinik eingesetzten ärztli-chen und sonstigen Personals. Sie sei den anderen Fachärzten, die in der „gynäkologischen Poliklinik/Ambulanz“ Tätigkeiten verrichten, nicht vorgesetzt. Schließlich argumentiert die Beklagte, weder die Beklagte noch der frühere Arbeitgeber hätten der Klägerin ausdrücklich die medizinische Verantwortung übertragen. Vielmehr habe die Beklagte am 12. Juli 2006 die Entscheidung 1011- 6 - 4 AZR 862/08 - 7 - getroffen, dem Oberarzt Dr. B die medizinische Verantwortung für die Poliklinik zu übertragen. Ohnehin sei eine Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Chefarzt nicht ausreichend, wenn nicht dieser seinerseits ausdrück-lich durch den Arbeitgeber zur Übertragung ermächtigt worden sei. Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten nach Durchführung einer Beweisaufnahme zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin hat sich in der Revision nach einem rechtlichen Hinweis des Senats auf den Hilfsantrag beschränkt, mit der Maßgabe, dass sich die Feststellung der Vergütungspflicht der Beklagten nach Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA ab dem 1. August 2006 auf die Stufe 1 und ab dem 1. Oktober 2007 auf die Stufe 2 beziehe, und beantragt sinngemäß, die Revision im Übrigen zurückzuweisen. Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gewählten Begründung konnte die Berufung der Beklagten nicht zurückgewie-sen werden. Das Landesarbeitsgericht hat das Tarifmerkmal der medizinischen Verantwortung, das sowohl in dem ÜbergangsTV als auch im TV-Ärzte/VKA als Voraussetzung für die Erfüllung des von der Klägerin für zutreffend gehaltenen Tätigkeitsmerkmals ist, rechtsfehlerhaft ausgelegt. Der Senat kann jedoch nicht selbst in der Sache entscheiden, weil der Rechtsstreit nicht zur Endentschei-dung reif ist. I. Die Klage ist in der Form des zuletzt gestellten Antrages zulässig. 1. Der in der Revisionsverhandlung gestellte Antrag der Klägerin stellt mit der Klarstellung der Klägerin eine allgemein übliche Eingruppierungsfeststel-lungsklage dar. Gegen deren Zulässigkeit bestehen nach ständiger Rechtspre-chung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken, weil die Klägerin die zukünf-tigen Vergütungsdifferenzen nicht beziffern kann und daher an einer Geltend-12131415- 7 - 4 AZR 862/08 - 8 - machung im Wege der Leistungsklage gehindert ist (20. Juni 1984 - 4 AZR 208/82 - Rn. 9, AP TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 2; 28. September 2005 - 10 AZR 34/05 - zu I der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Systemgas-tronomie Nr. 2). 2. Der Antrag ist auch hinsichtlich der begehrten Feststellung der Stufen-zuordnung der Entgelttabelle des TV-Ärzte/VKA zulässig. a) Grundsätzlich sind die Einstufung in die Entgeltgruppe einer Vergü-tungsordnung und die Stufenzuordnung innerhalb der Entgeltgruppe zwei verschiedene Streitgegenstände (vgl. dazu allg. BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240, 243 ff.). Wird nicht nur die Eingruppierung, sondern auch die Stufenzuordnung innerhalb einer Vergütungsgruppe zum Gegenstand des Eingruppierungsfeststellungsantrages gemacht, bedarf es auch hierfür eines besonderen Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Vorliegen des Fest-stellungsinteresses ist als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfah-rens von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., zB BAG 30. Mai 2001 - 4 AZR 387/00 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 98, 42). b) Dieses besondere Feststellungsinteresse liegt bei der Klägerin vor. Zwischen den Parteien ist nicht nur die zutreffende Entgeltgruppe, sondern auch die Stufenzuordnung bei einer eventuellen Eingruppierung als Oberärztin nach Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA streitig. Die Klägerin behauptet, sie sei seit dem 1. Oktober 2002 als Oberärztin tätig gewesen. An anderer Stelle legt die Klägerin dar, der damalige kommissarische Chefarzt Prof. Dr. G habe ihr „Mitte Oktober 2004“ die medizinische Verantwortung übertragen. Die Beklagte bestreitet, dass überhaupt eine Übertragung der medizinischen Verantwortung stattgefunden hat. In dem Bestreiten der Übertragung „an sich“ ist als Weniger auch der Zeitpunkt einer angeblichen Übertragung enthalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn mehrere Übertragungszeitpunkte denkbar sind. Selbst im Falle 16171819- 8 - 4 AZR 862/08 - 9 - einer rechtskräftigen Feststellung der Eingruppierung als Oberärztin bliebe zwischen den Parteien der Beginn der oberärztlichen Tätigkeit streitig. 3. Es bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit auch keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt, dass der Antrag in der Revisionsverhandlung geändert wurde. Der Senat hat insofern in der Revisionsverhandlung darauf hingewie-sen, dass nach dem Wortlaut von § 5 Abs. 2 ÜbergangsTV iVm. § 40 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA für den gesamten Streitzeitraum der TV-Ärzte/VKA gilt. Bei einem Erfolg der Revision hinsichtlich des Hauptantrages wäre ohnehin der Hilfsantrag auch in der Revisionsinstanz zur Überprüfung angefallen. Gegen-über dem noch in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag ist die insoweit neue Zuordnung der begehrten Stufen 1 und 2 für die genannten Zeiträume eine Beschränkung des Klageanspruchs und damit eine Teil-Klagerücknahme, der die Beklagte zumindest konkludent zugestimmt hat. II. Ob die Klage auch begründet ist, vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Die vom Landesarbeitsgericht gewählte Begründung trägt die Zurückweisung der Berufung der Beklagten jedenfalls nicht. Das Landes-arbeitsgericht hat das Tätigkeitsmerkmal der medizinischen Verantwortung rechtsfehlerhaft ausgelegt. Der Senat kann nicht selbst in der Sache entschei-den, weil der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist. 1. Dabei ist es im Ergebnis für die Entscheidung des Senats ohne Bedeu-tung, dass das Landesarbeitsgericht bei seinem Urteil für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 31. Dezember 2006 rechtsfehlerhafterweise von der Anwendung des ÜbergangsTV ausgegangen ist, den die Klägerin in ihrem Hauptklageantrag zunächst zugrunde gelegt hatte. Dieser enthielt in seinem § 3 Eingruppierungsnormen für Ärzte, die dem später unterzeichneten TV-Ärzte/VKA im hier Wesentlichen entsprachen. Der ÜbergangsTV sollte nach seinem § 5 Abs. 2 unmittelbar abgelöst werden, wenn ein Tarifvertrag zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände in Kraft tritt. Dies war nach § 40 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA am 1. August 2006 der Fall. 20212223- 9 - 4 AZR 862/08 - 10 - Die Parteien haben die alleinige Anwendbarkeit des TV-Ärzte/VKA in der Revisionsverhandlung noch einmal ausdrücklich klargestellt. 2. Danach richtet sich die Vergütung der Klägerin im Streitzeitraum nach der für sie zutreffenden Eingruppierung und Einstufung in die Entgelttabelle des TV-Ärzte/VKA. Die insoweit maßgeblichen Tarifnormen des TV-Ärzte/VKA lauten: „§ 16 Eingruppierung Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert: a) Entgeltgruppe I: Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit b) Entgeltgruppe II: Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit Protokollerklärung zu Buchst. b: Fachärztin/Facharzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in ihrem/seinem Fachgebiet tätig ist. c) Entgeltgruppe III: Oberärztin/Oberarzt Protokollerklärung zu Buchst. c: Oberärztin/Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die medizinische Verantwortung für selbstständi-ge Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist. d) Entgeltgruppe IV: Leitende Oberärztin/Leitender Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die ständige Vertre-tung der leitenden Ärztin/des leitenden Arztes (Chef-ärztin/Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist. Protokollerklärung zu Buchst. d: Leitende Oberärztin/Leitender Oberarzt ist nur diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der die leitende Ärztin/den leitenden Arzt in der Gesamtheit ihrer/seiner Dienstaufga-ben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik in der Regel nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.“ 24- 10 - 4 AZR 862/08 - 11 - 3. Das Landesarbeitsgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegan-gen, dass der Klägerin eine medizinische Verantwortung iSv. § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA übertragen worden sei. Mit dieser Begründung durfte die Beru-fung der Beklagten jedoch nicht zurückgewiesen werden. Das Landesarbeitsge-richt hat das Tätigkeitsmerkmal der medizinischen Verantwortung rechtsfehler-haft ausgelegt. Es hat nicht vorausgesetzt, dass der Oberärztin ein Aufsichts- und - eingeschränktes - Weisungsrecht gegenüber mindestens einer Fachärztin zugewiesen sein muss. Aus seinen Feststellungen lässt sich für das Revisions-gericht auch nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen, ob der Klägerin im tariflichen Sinne die medizinische Verantwortung für den Teilbereich „Poliklinik und Ambulantes Operationszentrum“ übertragen worden ist. a) Die Eingruppierung einer Ärztin als Oberärztin iSd. Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA (im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden aus-schließlich die weibliche Form benutzt) setzt ua. voraus, dass der Ärztin die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bezie-hungsweise Abteilung übertragen worden ist. Die Tarifvertragsparteien haben dabei von einer ausdrücklichen Bestimmung dessen, was unter medizinischer Verantwortung im tariflichen Sinne zu verstehen ist, abgesehen. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass das Tätigkeitsmerk-mal nur dann erfüllt werden kann, wenn der Oberärztin ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals zugewiesen worden ist. Dabei genügt es nicht, dass in dem Teilbe-reich Ärztinnen der Entgeltgruppe I (Assistenzärztinnen und Ärztinnen in Wei-terbildung) tätig sind. Ihr muss auch mindestens eine Fachärztin der Entgelt-gruppe II unterstellt sein. Ferner ist idR erforderlich, dass die Verantwortung für den Bereich ungeteilt bei ihr liegt (so schon BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 568/08 -). aa) Mit der Anforderung, dass sich die übertragene Verantwortung auf den medizinischen Bereich erstrecken muss, haben die Tarifvertragsparteien deut-lich gemacht, dass es nicht ausreicht, wenn der Ärztin lediglich die organisatori-sche oder verwaltungstechnische Verantwortung für den Teil-/Funktionsbereich 252627- 11 - 4 AZR 862/08 - 12 - obliegt (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Juni 2010 Teil IIa TV-Ärzte - Eingruppierung § 12 Rn. 57). Die Ärztin muss noch als solche tätig sein (Bruns/Biermann/Weis Anästhesiologie und Intensivmedizin Mai 2007 S. 1, 5), also mit dem Vorbeugen, dem Erkennen von Ursachen und Auswirkungen von Gesundheitsstörungen sowie ihrer Behandlung beschäftigt sein. bb) Das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe III stellt hinsichtlich der übertragenen Verantwortung maßgebend auf deren Reichweite ab. Diese muss sich in personeller Hinsicht auch auf Fachärztinnen und in organisatorischer Hinsicht als Alleinverantwortung auf den gesamten betreffenden Bereich der Klinik oder Abteilung beziehen. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung dieser Entgeltgruppe innerhalb der durch die Vergütungsordnung gestalteten Hierarchie der Entgeltgruppen. (1) Die Tätigkeit als Ärztin ist grundsätzlich mit einer spezifischen Verant-wortung verbunden, die nicht auf andere Personen übertragen werden kann und darf. Nach § 11 Abs. 1, § 2 Abs. 3 der (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä 1997 idF vom 24. November 2006) ist jede Ärztin im Rahmen der Berufsausübung verpflichtet, ihre Patienten gewis-senhaft mit geeigneten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu versor-gen sowie bei der Übernahme und Durchführung der Behandlung die gebote-nen medizinischen Maßnahmen nach den Regeln der ärztlichen Kunst gewis-senhaft auszuführen (Kapitel C Nr. 2 der Grundsätze korrekter ärztlicher Be-rufsausübung). Aus der Freiheit ärztlichen Handelns und der damit verbunde-nen selbständigen Verantwortung einer jeden Ärztin ergibt sich auch eine Begrenzung der Weisungsbefugnis, die sich selbst für eine Chefärztin in einer Klinik darauf beschränkt, den ihr unterstellten Ärztinnen bestimmte Tätigkeiten und Einzelaufgaben zur selbständigen Erledigung verbindlich zu übertragen (MüArbR/Richardi 3. Aufl. Bd. 2 § 339 Rn. 20). (2) Aus der Struktur der Regelung in § 16 TV-Ärzte/VKA folgt, dass die den Oberärztinnen im Tarifsinne obliegende „medizinische“ Verantwortung über die allgemeine „ärztliche“ Verantwortung einer Assistenzärztin und einer Fachärztin deutlich hinausgeht. Dabei wird an die tatsächliche krankenhausinterne Organi-282930- 12 - 4 AZR 862/08 - 13 - sations- und Verantwortungsstruktur angeknüpft. Kliniken sind arbeitsteilig organisiert und weisen zahlreiche spezialisierte und fragmentierte Diagnose-, Behandlungs- und Pflegeabläufe mit einer abgestuften Verantwortungsstruktur der handelnden Personen auf (vgl. Genzel/Degener-Hencke in Laufs/Kern Handbuch des Arztrechts 4. Aufl. S. 1067; Deutsch NJW 2000, 1745, 1746). Dem entspricht die tarifliche Einordnung der medizinischen Verantwortung von Oberärztinnen, die in § 16 TV-Ärzte/VKA innerhalb der Struktur der Entgelt-gruppen nach „unten“ und nach „oben“ in ein von den Tarifvertragsparteien als angemessen angesehenes Verhältnis gesetzt wird. (a) Aus der Unterordnung unter die leitende Ärztin und ihre ständige Vertreterin, die in die Entgeltgruppe IV eingruppiert ist, ergibt sich, dass die von einer Oberärztin wahrzunehmende Verantwortung keine Allein- oder Letztver-antwortung sein kann. Auch hier entspricht die tarifliche Regelung der kranken-hausinternen Organisations- und Verantwortungsstruktur. Die medizinische Letztverantwortung liegt idR bei der leitenden Ärztin (Chefärztin) und ihrer ständigen Vertreterin, deren Weisungen die Oberärztin bei ihrer Tätigkeit regelmäßig unterliegt (Wahlers PersV 2008, 204, 206; Bruns ArztRecht 2007, 60, 65 f.). Wie sich aus der Systematik von § 16 TV-Ärzte/VKA ergibt, kann dieser Umstand einer Eingruppierung als Oberärztin nicht entgegenstehen. Oberärztinnen haben insofern eine demgegenüber beschränkte ärztliche Führungsverantwortung und weitgehend selbständige Handlungsverantwortung (Genzel/Degener-Hencke in Laufs/Kern § 86 Rn. 31). (b) Auf der anderen Seite muss sich die Reichweite der Verantwortung aus derjenigen, die den Ärztinnen der unteren Entgeltgruppen I und II TV-Ärzte/VKA übertragen worden ist, deutlich herausheben. Der Oberärztin muss neben dem nichtärztlichen auch ärztliches Personal unterstellt sein. Nicht ausreichend ist dabei die Führungs- und Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärztinnen und Ärztinnen in der Weiterbildung. Die einer Oberärztin übertragene Verantwortung muss sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen II und III auch von der einer Fachärztin qualitativ unterscheiden. Bezugspunkt dieser gesteigerten Verantwortung ist die mit der Übertragung verbundene organisatorische Kom-3132- 13 - 4 AZR 862/08 - 14 - petenz, die sich in einer gesteigerten Aufsichts- und Weisungsbefugnis nieder-schlägt. Eine in die Entgeltgruppe II eingruppierte Fachärztin übt ihre Aufsichts- und Weisungsbefugnis gegenüber den in ihrem Bereich tätigen Assistenzärz-tinnen und Ärztinnen in der Weiterbildung aus. Eine Steigerung des quantitati-ven und qualitativen Maßes dieser Verantwortung ist nur dann gegeben, wenn sich die Verantwortung der Oberärztin nicht nur auf die Assistenzärztinnen, sondern auch auf mindestens eine Fachärztin bezieht (Wahlers PersV 2008, 204, 206). Diese tarifliche Wertigkeit der Stellung und Tätigkeit einer Oberärztin findet in dem nicht unerheblichen Vergütungsabstand der Entgeltgruppe III zu der Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA ihren Ausdruck. Die Tarifvertragsparteien haben für den ersten Tarifzeitraum mit der monatlichen Differenz von 1.146,00 Euro im Tarifgebiet Ost und 1.200,00 Euro im Tarifgebiet West deut-lich gemacht, dass es sich bei dem für die Eingruppierung zentralen Merkmal der übertragenen medizinischen Verantwortung um eine gewichtige Höherbe-wertung der Verantwortung der Oberärztin nach Entgeltgruppe III gegenüber der Verantwortung der Fachärztin nach Entgeltgruppe II handelt. (3) Die Verantwortung für den jeweiligen Teil-/Funktionsbereich muss darüber hinaus aber auch ungeteilt bestehen. Sie betrifft nicht lediglich einzelne zu erfüllende Aufgaben oder Aufgabenbereiche. Vielmehr geht es um eine auf einen arbeitsteilig organisierten Bereich bezogene Leitungs- und Verantwor-tungsstruktur. Die medizinische Verantwortung für einen Teilbereich im Tarif-sinne kann daher nicht bei mehreren Ärztinnen liegen, ohne dass es hier auf eine Unterscheidung von Teil- oder Funktionsbereichen der Klinik oder der Abteilung ankommt. Das ergibt sich aus dem von den Tarifvertragsparteien gewählten bestimmten Artikel „die“, mit dem eine einheitliche Verantwortung bezeichnet ist, die innerhalb des zugewiesenen Bereichs einheitlich und allein wahrzunehmen ist. Eine geteilte medizinische Verantwortung innerhalb der organisatorischen Einheit ist regelmäßig nicht ausreichend für eine Eingruppie-rung nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA. Etwas anderes mag in Betracht kommen, wenn es um eine echte Arbeitsplatzteilung (Jobsharing) geht. Eine solche liegt jedoch nicht vor, wenn in einer organisatorischen Einheit mehrere 33- 14 - 4 AZR 862/08 - 15 - Titularoberärztinnen tätig sind, die nur teil- oder zeitweise, etwa bei den Hinter-grunddiensten, jeweils allein verantwortlich sind. Aus der Protokollerklärung der Tarifvertragsparteien zur Entgeltgrup-pe IV, wonach dieses Tätigkeitsmerkmal einer ständigen Vertreterin der Chef-ärztin innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin erfüllt werden kann, ist nicht zu folgern, eine entsprechende Bestimmung für die Oberärztin nach der Entgelt-gruppe III habe in Bezug auf den Teilbereich einer Klinik oder Abteilung damit ausgeschlossen werden sollen. In der Protokollerklärung zur Entgeltgruppe IV wird der dort verwendete Begriff der ständigen Vertretung erläutert und sodann aus dieser Erläuterung gefolgert, dass nur jeweils eine Ärztin für eine Klinik ständige Vertreterin sein könne. Das schließt nicht aus, dass eine sinngemäß ähnliche Folgerung für die Oberärztinnen nach Entgeltgruppe III für den Teilbe-reich einer Klinik oder Abteilung im Wege der Tarifauslegung aus dem Wortlaut der dort von den Tarifvertragsparteien bestimmten Entgeltgruppenbezeichnung entnommen wird. Die sich aus der konkreten Formulierung des Tätigkeits-merkmals der Entgeltgruppe IV ergebende Unklarheit, der die Tarifvertragspar-teien mit der Protokollerklärung abhelfen wollten, ist in der Entgeltgruppenbe-zeichnung III nach dem oben Dargelegten nicht gegeben. b) Für die Annahme der Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der „medi-zinischen Verantwortung“ hat das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Zwar hat es den Begriff der medizinischen Verantwor-tung zutreffend als Leitungsverantwortung ausgelegt und weiter vorausgesetzt, dass die Ärztin für den ihr unterstellten Bereich auch gegenüber anderen Ärzten eine Vorgesetztenfunktion ausübt. Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsge-richt jedoch nicht verlangt, dass der Ärztin mindestens eine Fachärztin unter-stellt sein muss. Das Landesarbeitsgericht führt im Rahmen der Subsumtion zwar aus, „die Fachärzte würden etwa ein Drittel der Fälle“ der Klägerin vorstel-len, während die Ausbildungsassistenten ihr jeden Fall vorstellen würden. Hieraus wird jedoch nicht hinreichend klar, ob der Klägerin ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht gegenüber einer Fachärztin zu-steht. Auch liegt in der Bitte um fachliche Ratschläge durch andere Ärzte nicht die Ausübung eines Aufsichts- und - eingeschränkten - Weisungsrechts. Aus 3435- 15 - 4 AZR 862/08 - 16 - der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, im Bereich Poliklinik und Ambulan-ter OP seien regelmäßig „5 bis 6 Ärzte“ tätig, lässt sich ein Aufsichts- und Weisungsrecht gegenüber zumindest einer Fachärztin ebenfalls nicht entneh-men. Ferner ergibt sich dies auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten und vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Organigrammen der Klinik der Beklagten. Die Klägerin hat vorgetragen, „Problempatienten“ würden von ihr oder den ihr „unterstellten Ärzten betreut“. Ihr obliege „für die anderen (Fach-)Ärzte“ die medizinische Verantwortung. Dies ist hinsichtlich der Unter-stellung einer Fachärztin jedoch nicht ausreichend substantiiert. Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin „anderen Fachärzten, die auch zeitweilig in der ‚gynäkologischen Poliklinik/Ambulanz’ Tätigkeiten verrichten“, vorgesetzt sei. Die Klägerin hätte daher Zahl und Funktion der ihr unterstellten Ärztinnen und Ärzte im Einzelnen darstellen müssen, um das Gericht in die Lage zu verset-zen, die Erfüllung der Anforderungen des tariflichen Tätigkeitsmerkmales überprüfen zu können (BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 568/08 - Rn. 55). c) Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung jedoch gehindert. Das Landesarbeitsgericht hätte der Klägerin insoweit vor einer Abweisung aus diesem Grunde einen rechtlichen Hinweis zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „medizinischen Verantwortung“ erteilen müssen. Dies gebie-tet der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, insbesondere im Hinblick auf neue tarifliche Tätigkeitsmerkmale, die gemessen an der komplexen Wirk-lichkeit einen außerordentlich hohen Abstraktionsgrad aufweisen und dement-sprechend einer intensiven Auslegung unterzogen werden müssen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass weder der Klägerin noch dem Landes-arbeitsgericht die Senatsentscheidungen vom 9. Dezember 2009 zur Auslegung der Anforderungen an die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale bekannt waren und demgemäß nicht feststand, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch vom Aufsichts- und (eingeschränkten) Weisungsrecht gegenüber mindestens einer Fachärztin abhängt. 4. Die Klage ist auch nicht aus anderen Gründen reif zur endgültigen Entscheidung durch den Senat. Als eine solche käme allenfalls eine Abweisung 3637- 16 - 4 AZR 862/08 - 17 - wegen fehlender Erfüllung einer anderen Anforderung des Tätigkeitsmerkmales in Betracht. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht aber rechtsfehlerfrei festge-stellt, dass sowohl ein selbständiger Teilbereich als auch eine ausdrückliche Übertragung der hier maßgebenden Tätigkeit durch den Arbeitgeber gegeben ist. a) Die Klägerin ist in einem selbständigen Teilbereich der Klinik im tarifli-chen Sinne tätig. aa) Die Auslegung des Begriffs ergibt unter besonderer Berücksichtigung des Wortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhangs nach den hierfür heranzuziehenden Kriterien (vgl. dazu nur BAG 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - mwN, BAGE 113, 291, 299), dass ein selbständiger Teilbereich einer Klinik oder Abteilung im tariflichen Sinne regelmäßig eine organisatorisch abgrenzba-re Einheit innerhalb der übergeordneten Einrichtung einer Klinik oder Abteilung ist, der eine bestimmte Aufgabe mit eigener Zielsetzung sowie eigener medizi-nischer Verantwortungsstruktur zugewiesen ist und die über eine eigene räum-liche, personelle und sachlich-technische Ausstattung verfügt (vgl. hierzu ausführlich BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 568/08 - Rn. 29). bb) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass dieses Tarifmerkmal erfüllt ist. Der von ihm gebildete Oberbegriff entspricht weitestgehend den in der genannten Entscheidung des Senats vom 9. Dezember 2009 aufgestellten Voraussetzungen. Soweit das Landesarbeits-gericht die räumliche und sachlich-technische Ausstattung nicht ausdrücklich erwähnt hat, ist dies vorliegend unerheblich, da zwischen den Parteien unstrei-tig ist, dass der Teilbereich über ein Ambulantes Operationszentrum und damit sowohl über räumliche als auch sachlich-technische Ausstattung verfügt. Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass die Poliklinik und das Ambulante Operationszentrum von der Aufgabe her zusammengehören, ist eine den Senat bindende Tatsachenfeststellung (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Feststellung ist in der Weise zu verstehen, dass die vorbereitende Sprechstunde in der Poliklinik, die dann durchzuführende Operation im Ambulanten Operationszentrum sowie die anschließende Nachsorge als einheitliche Aufgabe zu verstehen ist, die von der 383940- 17 - 4 AZR 862/08 - 18 - Klinik in einer einheitlichen Organisation zusammengefasst ist. Dabei ist nicht an die Räumlichkeit des Ambulanten Operationszentrums anzuknüpfen, son-dern an die organisatorische Einheit der Poliklinik und der gynäkologischen Ambulanz. Die Beklagte hat sich gegen die diesbezügliche Bewertung des Landesarbeitsgerichts in der Revision auch nicht mehr gewehrt, sondern ist inzwischen selbst der Auffassung, die „Poliklinik/Gynäkologische Ambulanz“ erfülle die Voraussetzungen eines selbständigen Teilbereichs. b) Das Landesarbeitsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die für die tarifliche Eingruppierung maßgebenden Tätigkeiten der Klägerin ausdrücklich vom Arbeitgeber zugewiesen worden sind. Das Landesarbeitsge-richt hat den Rechtsbegriff der „ausdrücklichen Übertragung“ der medizinischen Verantwortung rechtsfehlerfrei ausgelegt. Die möglicherweise tariflich bedeut-samen Zuweisungen von Funktionen und Tätigkeiten an die Klägerin muss sich die Beklagte zurechnen lassen. aa) Die Zuweisung der für die tarifliche Eingruppierung maßgeblichen Tätigkeit der Klägerin ist durch die Beklagte erfolgt. (1) Nach dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA muss die (ausdrückliche) Übertragung der medizinischen Verantwortung „durch den Arbeitgeber“ erfolgt sein. Diese Anforderung ist eine Klarstellung der Tarifver-tragsparteien über die zivilrechtliche Zurechenbarkeit der entsprechenden Aufgabenzuweisung, die in der Vergangenheit wegen fehlender vergütungs-rechtlicher Folgen häufig allein der Leiterin der Klinik im Rahmen ihrer Perso-nalhoheit überlassen worden ist. Die Tarifvertragsparteien haben damit - jeden-falls für entsprechende Übertragungen einer medizinischen Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder Abteilung in der Vergangen-heit - jedoch keine, von allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen abweichende besondere Anforderung an die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen aufgestellt. (a) Die Tarifvertragsparteien haben durch die Anforderung, die Übertra-gung der medizinischen Verantwortung als Voraussetzung für die Eingruppie-41424344- 18 - 4 AZR 862/08 - 19 - rung als Oberärztin müsse durch den Arbeitgeber erfolgt sein, deutlich ge-macht, dass diese Übertragung nicht im Wege einer bloßen Organisationsände-rung oder gar einer isolierten Verleihung des Status einer Oberärztin durch die Klinikleitung ohne Übertragung einer dementsprechenden Aufgabe erfolgen konnte. Damit wollten sie erklärtermaßen darauf reagieren, dass in der Vergan-genheit häufig innerhalb der Organisation des Klinikbereichs ohne Kenntnis oder Zustimmung des Klinikträgers der Titel einer Oberärztin verliehen worden ist, ohne dass dies irgendwelche vergütungsrechtlichen Folgen hatte. Nach der Rechtslage unter der Geltung des BAT war an die Übertragung des Titels oder Status einer Oberärztin keine Umgruppierung gebunden. Deshalb ist diese Praxis häufig von den Arbeitgebern auch geduldet worden. Allein an eine solche Verleihung des Status einer Oberärztin soll die nunmehr neu geregelte Vergütungspflicht jedoch nicht gebunden sein. Diese Absicht der Tarifvertrags-parteien des TV-Ärzte/VKA erschließt sich hinreichend deutlich aus der Nieder-schriftserklärung zu § 6 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts vom 17. August 2006 (TVÜ-Ärzte/VKA): „Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Juli 2006 die Bezeichnung ‚Oberärztin/Ober- arzt’ führen, ohne die Voraussetzungen für eine Eingrup-pierung als Oberärztin/Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA zu erfüllen, die Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III ist hiermit nicht verbunden.“ (b) Damit richtet sich nach § 15 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte/VKA die Eingrup-pierung bei den Ärztinnen allein nach der auszuübenden Tätigkeit. Maßgebend ist daher grundsätzlich nicht die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, sondern das, was nach dem Arbeitsvertrag die geschuldete Arbeit ist (BAG 12. März 2008 - 4 AZR 67/07 - ZTR 2008, 604). Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit kann allerdings für die Auslegung des Arbeitsvertrages, insbesondere hinsichtlich der genauen Bestimmung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit vor allem dann von Bedeutung sein, wenn der schriftliche Arbeitsvertrag hierzu keine oder wenig Angaben enthält. Entscheidend ist letztlich jedoch die - wie auch immer be-45- 19 - 4 AZR 862/08 - 20 - stimmte - vertraglich vereinbarte und geschuldete Tätigkeit. Auch in den vom Bundesarbeitsgericht bereits entschiedenen Fällen über die tarifliche Anforde-rung einer „ausdrücklichen“ Zuweisung oder Unterstellung einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern ist regelmäßig darauf abgestellt worden, dass der Arbeitsvertrag in diesen Fällen durch bloß organisatorische Maßnahmen oder verwaltungsinterne Anweisungen nicht geändert werden kann, sondern dafür eine darauf gerichtete Willenserklärung des Arbeitgebers erforderlich ist (vgl. zB für die Eingruppierung eines Oberarztes nach dem BAT 25. Oktober 1995 - 4 AZR 479/94 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 207; ebenso für einen Verwal-tungsangestellten der VergGr. IIa BAT-O 12. März 2008 - 4 AZR 67/07 - ZTR 2008, 604). (c) Maßgeblich ist der auf diese Weise ermittelte Inhalt des Arbeitsverhält-nisses bei Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA bezogen auf die Tätigkeitsmerkmale des § 16 TV-Ärzte/VKA. Die zu diesem Zeitpunkt bestehenden vertraglichen Verpflichtungen konnten durch den TV-Ärzte/VKA inhaltlich nicht dadurch abgeändert werden, dass nach allgemeinen zivilrechtlichen Kriterien vereinbar-te Arbeits- und Beschäftigungsverpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag gleich-sam rückwirkend einer Art Formvorschrift unterzogen wurden und bei deren Nichtwahrung eine nachträgliche Unwirksamkeit als Rechtsfolge bestimmt wurde. Die Bedeutung des Erfordernisses der Übertragung „durch den Arbeit-geber“ nähert sich damit der deklaratorischen Funktion an, ähnlich wie dasjeni-ge der ausdrücklichen Unterstellung einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern, wie die soeben zitierte Rechtsprechung belegt. Auch hier ist lediglich ein allge-meines Zurechnungsprinzip im Bereich des Rechts der Willenserklärungen noch einmal ausdrücklich betont worden. (d) Daraus folgt, dass der Titel oder der Status einer Oberärztin, soweit er vor dem Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA verliehen worden ist, für sich genom-men keine tarifliche Bedeutung hat. Eine Oberärztin kann sich daher auf den ihr verliehenen Status oder Titel im Eingruppierungsprozess nicht berufen. Ebenso ohne Bedeutung ist jedoch auch das Fehlen eines solchen Status oder Titels. 4647- 20 - 4 AZR 862/08 - 21 - Entscheidend ist allein die Übertragung der medizinischen Verantwortung für den tariflich näher bezeichneten Teil- oder Funktionsbereich. (e) Ob eine vor dem Inkrafttreten der maßgebenden tariflichen Regelungen der Ärztin von der Klinikleitung übertragene medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik oder Abteilung dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Der Inhalt des Arbeitsverhältnis-ses, insbesondere der Umfang der Arbeitsverpflichtung, die Grenzen des Direktionsrechts und die Notwendigkeit einer Vertragsänderung auf der einen Seite und die konkrete Organisation der Klinik durch den Arbeitgeber, insbe-sondere die Erkennbarkeit oder Bekanntmachung eventueller Beschränkungen der Personalhoheit der Klinikleitung auf der anderen Seite können nur anhand der konkreten Umstände beurteilt werden. Hierbei können folgende Faktoren von Bedeutung sein: (aa) Wenn die vor dem Inkrafttreten der maßgebenden tariflichen Regelun-gen erfolgte - dauerhafte - Übertragung der medizinischen Verantwortung durch die Zuweisung einer neuen Tätigkeit nach damaliger Rechtslage nicht mit einer Änderung des Arbeitsvertrages verbunden war, weil sie sich im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers hielt, ist sie wirksam erfolgt. Die Klinikleitung muss allgemein als befugt angesehen werden, für den Arbeitgeber das Direk-tionsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer, also auch der Ärztin, wirksam auszu-üben. Nach den herkömmlichen Eingruppierungsregelungen sind solche Zuwei-sungen neuer Tätigkeiten nur innerhalb einer Vergütungsgruppe möglich, wie sie seinerzeit in der Anlage 1a zum BAT geregelt waren. Maßstab für die Reichweite des Direktionsrechts des Arbeitgebers, der in der Ausübung regel-mäßig als durch die Klinikleitung wirksam vertreten angesehen werden muss, ist danach die vor dem Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA bestehende Tariflage. Nach dieser Rechtslage - und nicht nach der durch den TV-Ärzte/VKA geschaf-fenen - bemisst sich die Wirksamkeit der Verantwortungsübertragung durch die Klinikleitung. Die Ärztin, die aufgrund einer solchen Ausübung des Direktions-rechts am 1. August 2006 die medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik oder Abteilung ausübte, war hierzu arbeitsvertrag-4849- 21 - 4 AZR 862/08 - 22 - lich verpflichtet. Damit handelte es sich um die von ihr auszuübende Tätigkeit, die für die Eingruppierung in die Entgeltgruppen nach dem TV-Ärzte/VKA maßgeblich ist. Dass sich aufgrund des neuen Vergütungssystems dadurch für sie möglicherweise eine höhere Vergütung ergab und das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch die Schaffung der neuen Tätigkeitsmerkmale eventuell eingeschränkt wurde, weil die nunmehr zutreffende Entgeltgruppe des neuen Vergütungssystems enger gefasst war als diejenige der früheren Vergütungs-ordnung, ist eine bloße Folge des neuen Tarifvertrages und ändert nichts an der von der Klägerin arbeitsvertraglich auszuübenden und dementsprechend tariflich zu bewertenden Tätigkeit. (bb) Falls die vor dem 1. August 2006 erfolgte Übertragung der medizini-schen Verantwortung durch die Zuweisung einer neuen Tätigkeit nicht im Rahmen des Direktionsrechts nach den damaligen Kriterien möglich war, kann sie nur dann als zu diesem Zeitpunkt auszuübende Tätigkeit angesehen wer-den, wenn durch die Übertragung der Arbeitsvertrag entsprechend geändert worden ist. Eine Zurechenbarkeit der entsprechenden Anordnung der Klinikleitung mit Wirkung für den Arbeitgeber wäre danach dann gegeben, wenn die Kliniklei-tung zu einer solchen Vertragsänderung ausdrücklich bevollmächtigt war. Behauptet der Arbeitnehmer im Eingruppierungsprozess eine solche Bevoll-mächtigung, ist er nach allgemeinen Grundsätzen hierfür darlegungs- und beweispflichtig. Hatte die Klinikleitung keine entsprechende ausdrückliche Vollmacht, könnte die möglicherweise in der Zuweisung oder der Vereinbarung der neuen Tätigkeit liegende konkludente Vertragsänderung dem Arbeitgeber nach den Grundsätzen der Duldungs- und vor allem der Anscheinsvollmacht, nach der dem Vertretenen die mangelnde Sorgfalt und Nachlässigkeit in seinen eigenen Angelegenheiten angelastet werden kann, gleichwohl zuzurechnen sein. Die Kliniken sind arbeitsvertragsrechtlich keine Freiräume. Wenn Arbeitgeber, die die Kliniken nach Gutdünken organisieren können (so BAG 25. Februar 1987 - 4 AZR 217/86 - AP BAT § 24 Nr. 14), bestimmte leitende Mitarbeiter aus der 505152- 22 - 4 AZR 862/08 - 23 - objektivierbaren und berechtigten Sicht der Arbeitnehmer mit der Vertretungs-macht des Arbeitgebers ausstatten, so müssen sie sich das vertragsrechtlich zurechnen lassen. So hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Unterrichtung der Arbeitnehmer über eine Bevollmächtigung nach § 174 Satz 2 BGB entschieden, dass hierfür ausreicht, dass ein (leitender) Mitarbeiter in eine Stellung berufen wird, mit der zB das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist (22. Januar 1998 - 2 AZR 267/97 - AP BGB § 174 Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 13). Dem entspricht es, dass eine Ärztin dann, wenn ihr von der Klinikleitung eine bestimmte Aufgabe übertragen wird, im Regelfall davon ausgehen darf und muss, dass die Klinikleitung hierzu vom Arbeitgeber befugt ist. Andernfalls würde ihr zugemutet, jeweils zu prüfen, ob es eine vom Arbeitgeber erlassene Zuständigkeitsvorschrift gibt und ob diese durch seinen Klinikleiter eingehalten worden ist. Die Ernennung zur Oberärztin allein war zwar vor der Geltung des TV-Ärzte/VKA tariflich ohne Bedeutung. Die Ärztin hätte dann jedoch jeweils prüfen und zutreffend beurteilen müssen, wie die ihr zugewiesene Tätigkeit nach den seinerzeitigen Kriterien der Anlage 1a zum BAT tariflich zu bewerten war, insbesondere ob es sich um eine Tätigkeit außerhalb der für sie maßge-benden vertraglichen Verpflichtung gehandelt hat, um zu entscheiden, ob sie zu dieser Tätigkeit möglicherweise nicht verpflichtet oder sogar nicht berechtigt war. War die auf diese Weise übertragene Tätigkeit tariflich höherwertig, kann der Arbeitgeber sich in der Regel jetzt nicht darauf berufen, dass die von ihm selbst geschaffene und jederzeit veränderbare Organisationsstruktur der Klinik-leitung zwar umfassende Organisations- und weitgehende Personalbefugnisse zuweist, die arbeitsvertraglichen Folgen von deren Ausübung jedoch allein von der Verwaltung selbst gestaltet werden sollen. Der Senat hat am 28. Oktober 1970 darauf erkannt, überschreite der Leiter einer Beschäftigungsbehörde den durch Ministerialerlass gezogenen Rahmen seiner Zuständigkeit, indem er dem Arbeitnehmer einen tariflich höherwertigen Arbeitsplatz zuweise, so könne dem einzelnen Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zugemutet werden, bei der Beurtei-lung der Wirksamkeit der Maßnahme klüger zu sein als der ihm vorgesetzte Leiter der Beschäftigungsbehörde; der Arbeitnehmer müsse sich grundsätzlich 53- 23 - 4 AZR 862/08 - 24 - darauf verlassen, dass die Tätigkeit, die ihm - erforderlichenfalls mit seinem Einverständnis - vom Behördenleiter zugewiesen werde, die von ihm auszu-übende Tätigkeit sei und tarifgerecht vergütet werden müsse (- 4 AZR 481/69 - BAGE 23, 15, 16). Dies gilt grundsätzlich auch für die Übertragung der medizi-nischen Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder Abteilung durch die Klinikleitung bzw. die Chefärztin. (cc) Von besonderer Bedeutung kann in diesem Zusammenhang ferner sein, wie der Arbeitgeber nach dem 1. August 2006 auf die Organisations- und Verantwortungsstruktur reagiert hat, die zu diesem Zeitpunkt bestand. Selbst wenn nach den oben dargestellten Grundsätzen die Übertragung einer medizi-nischen Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder Abteilung dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen wäre, könnte er sich hierauf nicht berufen, wenn er die bisherige Zuordnung von Aufgaben trotz einer durch die Überleitung in das neue Tarifsystem veranlassten Überprüfung unbeanstandet lässt. Das gilt auch, wenn er die Tätigkeit als solche weiter ausüben lässt, weil er der Auffassung ist, sie erfülle nicht das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgrup-pe III TV-Ärzte/VKA. (2) Die Voraussetzung der Übertragung „durch den Arbeitgeber“ ist vorlie-gend erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat den Obersatz rechtsfehlerfrei gebil-det und für eine Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber die Übertragung durch einen nach den Grundsätzen der Duldungs-vollmacht bevollmächtigten Vertreter ausreichen lassen, wobei unterstellt werden kann, dass für die Veränderung des Verantwortungsbereichs der Klägerin eine Änderung des Arbeitsvertrages notwendig war. Das Landes-arbeitsgericht hat durch eine Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass der damalige kommissarische Leiter Prof. Dr. G der Klägerin die Leitung übertragen hat. Verfahrensrügen hat die Beklagte nicht erhoben. Als Umstand, der für eine Duldungsvollmacht spricht, hat das Landesarbeitsgericht zutreffend die Billigung der Strukturentscheidung des Chefarztes durch die Beklagte gesehen. Weiter bewertet das Landesarbeitsgericht die Schreiben der Klinik vom 12. Juli 2006 und vom 28. August 2006 zu Recht nicht als Entzug der 5455- 24 - 4 AZR 862/08 - 25 - medizinischen Verantwortung. In dem Schreiben vom 12. Juli 2006 teilte die Beklagte dem Chefarzt Prof. Dr. G mit, sie gehe von einer Übertragung der medizinischen Verantwortung für die Poliklinik an Dr. B aus. Das Schreiben der Beklagten vom 28. August 2006 bringt zum Ausdruck, dass die Beklagte die Voraussetzungen für eine Eingruppierung als Oberärztin nicht als erfüllt ansieht. Beide Schreiben spiegeln den Streit über die Eingruppierung der Klägerin wider. Die Beklagte hat hingegen den Verantwortungsbereich der Klägerin nicht verändert und dies - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - vom Chefarzt auch nicht gefordert. Sollte die Beklagte die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit im Ergebnis tariflich falsch bewertet haben, führt dies nicht dazu, dass die Klägerin diese Tätigkeit tatsächlich gegen den Willen der Beklagten ausübt. Die Beklagte hat die konkrete Aufgabenzuordnung an die Klägerin auch nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA bis zum heutigen Zeitpunkt nicht beanstandet. bb) Die Übertragung der medizinischen Verantwortung ist auch „ausdrück-lich“ iSv. § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA erfolgt. (1) Entgegen der Auffassung der Revision bezieht sich die tarifliche Anfor-derung der „Ausdrücklichkeit“ nicht auf die einer Übertragungserklärung des Chefarztes als Vertreter der Beklagten zugrunde liegende Bevollmächtigung. Nach dem Tarifwortlaut hat lediglich die Übertragung der medizinischen Ver-antwortung auf die Ärztin ausdrücklich zu erfolgen; Formanforderungen an eine etwaige, hierzu erteilte Vollmacht des Arbeitgebers werden dadurch nicht begründet. Der Wortlaut des § 16 TV-Ärzte/VKA verlangt nicht, dass der Arbeit-geber den Erklärenden „ausdrücklich bevollmächtigt hat“. Eine „doppelte Aus-drücklichkeit“ sieht die Bestimmung nicht vor. Nach Sinn und Zweck ist die „ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung“ nicht mit der Vollmacht des Erklärenden gleichzusetzen. Die Übertragung der medizinischen Verantwortung durch Ausübung des Direktionsrechts oder durch Änderung des Arbeitsvertrages ist vielmehr von der Befugnis des Vertreters, entsprechende Erklärungen abzugeben, zu unterscheiden (sog. Abstraktionsprinzip, vgl. Palandt/Ellenberger 69. Aufl. Einf. vor § 164 BGB Rn. 2 mwN). Zumindest für 5657- 25 - 4 AZR 862/08 die einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages ist zur wirksamen Vertre-tung gemäß § 164 Abs. 1 BGB erforderlich, dass der Erklärende innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht handelt. Der Erklärende handelt mit Vertre-tungsmacht, wenn der Vertretene ihn wirksam bevollmächtigt hat. Die Bevoll-mächtigung ist strikt von der Erklärung des Vertreters zu trennen. So ist zB die Erteilung der Vollmacht gemäß § 167 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht formbe-dürftig, selbst wenn die Erklärung des Vertreters einer Form bedarf. Die Erklä-rung des Vertreters und die Vollmachtserteilung sind verschiedene Erklärungen, die unterschiedlichen Voraussetzungen unterliegen können. (2) Einer weiteren Abgrenzung der ausdrücklichen Übertragung einer medizinischen Verantwortung von einer nicht ausdrücklichen Übertragung einer medizinischen Verantwortung bedarf es vorliegend nicht, auch wenn ohnehin eine derartige Tätigkeits- und Verantwortungszuweisung in konkludenter Form oder gar eigenmächtig durch die Ärztin selbst nur schwer vorstellbar ist. Der Klägerin ist ihre Leitungsposition durch eine dem Arbeitgeber zuzurechnende ausdrückliche Erklärung des Klinikleiters zugewiesen worden. Das Landes-arbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme festgestellt, dass Prof. Dr. G der Klägerin die Leitung der Poliklinik und des Ambulanten Opera-tionszentrums im Jahr 2004 übertragen hat. Insoweit hat Prof. Dr. G ausgesagt, er habe der Klägerin „erklärt, dass sie die Leitung der Poliklinik übernehmen solle“. Bepler Treber Creutzfeldt Hardebusch Werner Vorderwülbecke 58

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