4 Ni 7/17 (EP) - 4. Senat (Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BUNDESPATENTGERICHT
L e i t s a t z
Aktenzeichen: 4 Ni 7/17 (EP)
Entscheidungsdatum: 12.04.2018
Rechtsbeschwerde zugelassen: nein
Normen: Art. 69 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 EPÜ
Polsterumformungsmaschine
1. Auch im Patent-Nichtigkeitsverfahren sind ansonsten nicht auflösbare Widersprüche bei
der Auslegung der Patentansprüche im Zweifel dadurch zu vermeiden, dass die „Anspruchs-
geschichte“ des Streitpatents heranzuziehen ist, so wenn ein Ausführungsbeispiel nur des-
halb mit der Auslegung der Patentansprüche nicht in Einklang zu bringen ist, weil dieses in
den ursprünglichen Anmeldeunterlagen auf einen noch weit gefassten Patentanspruch 1
zugeschnitten war, der im Verlauf des Erteilungsverfahrens derart beschränkt worden ist.
2. Die Verteidigung des Streitpatents mit Patentansprüchen im Wege des Kategoriewech-
sels von einem Herstellungsverfahren zu einem hergestellten Erzeugnis ist auch im Hinblick
auf § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG jedenfalls dann unzulässig, wenn das Erzeugnis sich im Vergleich
zum Herstellungsverfahren nur als Zwischenprodukt erweist.
ECLI:DE:BPatG:2018:120418U4Ni7.17EP.0
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
4 Ni 7/17 (EP)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
12. April 2018

In der Patentnichtigkeitssache

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betreffend das europäische Patent 1 896 250
(DE 60 2006 003 342)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 6. Februar 2018 und vom 12. April 2018 durch den Vorsitzen-
den Richter Engels sowie die Richterin Kopacek, die Richter Dr.-Ing. Krüger,
Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder und Dr.-Ing. Schwenke
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 896 250 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig er-
klärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutsch-
land erteilten europäischen Patents 1 896 250, deutsches Aktenzeichen
DE 60 2006 003 342 (Streitpatent), das am 23. März 2006 unter Beanspruchung
der US-amerikanischen Priorität US 664455 P vom 23. März 2005 angemeldet
worden ist. Das in der Verfahrenssprache Englisch erteilte Streitpatent mit der Be-
zeichnung „SELECTIVELY TEARABLE STOCK MATERIAL FOR A DUNNAGE
CONVERSION MACHINE AND METHOD“ betrifft gemäß Abs. [0001] selektiv ab-
reißbares Ausgangsmaterial zur Verwendung mit einer Polsterumformmaschine
sowie eine Kombination eines solchen Ausgangsmaterials mit einer Umformungs-
anlage zur Herstellung eines Polsterprodukts und ein Verfahren zur Herstellung
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eines Ausgangsmaterials. Das Streitpatent umfasst 10 Patentansprüche, die
sämtlich angegriffen sind.

Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:

1. A stock material (16) for a dunnage conversion machine (14) comprises at
least one ply of sheet material having a plurality of transversely-extending,
longitudinally spaced-apart rows (22) of weakened areas (24), where the
weakened areas (24) have a reduced strength relative to adjacent portions
of the sheet material, and each row (22) of weakened areas (24) has at
least one parameter that varies along the row (22), whereby the strength of
the stock material (16) at the row (22), in response to a force applied across
the row (22), varies across the stock material (16), wherein each ply has
lateral edge portions (85, 89) that are substantially free of weakened areas
(24), and at least one ply includes paper.

Der nebengeordnete Patentanspruch 8 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:

8. In combination, a stock material as set forth in Claim 1, and a dun-
nage conversion machine (40) for converting the stock material (16) into a
relatively less dense strip of dunnage (18) having tear lines along each row
that facilitate separation of a dunnage product (20) therefrom.

Der nebengeordnete Verfahrensanspruch 9 lautet in der Verfahrenssprache Eng-
lisch:

9. A method of making a dunnage product, comprising the steps of:

providing a stock material (16) as set forth in claim 1;
converting the stock material (16) into a strip of dunnage (18), and
separating a discrete dunnage product (20) from the strip along a row
of weakened areas.
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Der nebengeordnete Verfahrensanspruch 10 lautet in der Verfahrenssprache Eng-
lisch:

10. A method of making a stock material (16) for a dunnage conversion
machine (40), comprising the steps of weakening a sheet stock material
having at least one ply of paper to form a plurality of transversely-extending,
longitudinally spaced-apart rows (22) of weakened areas (24), where the
weakened areas (24) have a reduced strength relative to adjacent portions
of the sheet material, and each row of weakened areas has at least one
parameter that varies along the row, whereby the strength of the stock
material at a row varies across the stock material when a force is applied in
a direction transverse the row, and each ply has lateral edge portions (85,
89) that are substantially free of weakened areas (24).

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 7 wird auf die Streitpatentschrift
in der B1-Fassung verwiesen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der in den Patentansprüchen enthaltene jewei-
lige Gegenstand sei gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit c)
EPÜ unzulässig erweitert, gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1
lit b) EPÜ nicht ausführbar offenbart, sowie gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 Int-
PatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a) EPÜ, Art. 52 bis Art. 57 EPÜ nicht patentfähig, d. h.
nicht neu und nicht erfinderisch und damit in vollem Umfang für nichtig zu erklä-
ren.

Zur Stützung ihres Klageantrags hat die Klägerin u.a. folgende Unterlagen vorge-
legt:

A1 Streitpatentschrift EP 1 896 250 B1
A2 Offenlegungsschrift WO 2006/102464 A1
A2.1 Änderung zu ursprünglichem Anspruchssatz 1
A3 Anmeldeunterlagen US 60/664,455
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A4 Eingabe der Patentinhaberin vom 29.12.2006 samt Anlagen
A5 Eingabe der Patentinhaberin vom 17.10.2007 samt Anlagen
A12 Urteil des LG Düsseldorf vom 27. Oktober 2016
A14 Anlagenkonglomerat zu möglichen fachlichen Ausgestaltun-
gen von Polstermaterialstreifen
D0 US 6,277,459 B1
D0de deutsche Übersetzung der D0
D1 US 2004/052988 A1
D2 WO 95/35246 A
D3 WO 2005/007394 A2
D4 US 2004/266598 A1
D5 US 6,447,864 B2
D5.1 1. Variation zu Fig. 2 von D5
D5.2 2. Variation zu Fig. 2 von D5
D5.3 Auszug aus Dr.-Ing. Richard Ernst: “Wörterbuch der
industriellen Technik”, S. 1414
D5.4 www.medewo.com/de/S/polstern_schuetzen/packpapier
D5.5 Auszug aus Wikipedia “Packpapier”
D6 US 3,578,155
D7 EP 0 744 367 A2
D8 DE 41 33 348 A1
D9 Fachpublikation: „Endlos-Drucksysteme“ Papierspezifikation
(März 1997) der Firma océ Printing Systems (Auszug)
D9.1 Seiten 5 bis 13 der D9
D10 US 5,387,173 A
D11 US 5,211,620 A
D11de deutsche Übersetzung der D11
D12 DE 196 51 305 A1
D13 JP S 61 125473 U
D13de deutsche Übersetzung der D13
D14 JP S 50 130524 A
D14de deutsche Übersetzung der D14
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D15 JP S 59 19370 U
D16 DE 94 16 075 U1
D17 Bestellung der Bayropa Jung GmbH vom 21.02.1978
D18 Besuchsbericht von Bayropa vom 23.10.1995.
D19 Océ – Papierspezifikation
D20 Kopie des auf der Hannover Messe 1983 erzeugten und über-
gebenen Werbedrucks „Off-Line-Laser-Drucksystem 2400“
D20.1 Schwarz-weiß Kopie entlang des Werbedrucks
D21 „Technische Spezifikation für Formblätter zur Verarbeitung in
Hochleistungs-Drucksystemen mit anschließender Hochlei-
stungs-Kuvertierung“ TS 0160/96 vom März 1998
B1 Schreiben der Klägerin vom 20.02.2018
B2 Schreiben der Klägerin vom 23.03.2018
B3 Antwortschreiben der Beklagten vom 21.03.2018
B4 Urteil des OLG des OLG Düsseldorf vom 16.01.2018.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, das durch das Streitpatent zu lösende Prob-
lem werde in Abs. [0006] des Streitpatents angegeben, wonach Ausgangsmate-
rial, das quer zur Bahnrichtung einheitlich und durchgehend perforiert sei, bei eini-
gen bekannten Umformanlagen eine Neigung aufweise, frühzeitig einzureißen,
was zu unansehnlichem Verpackungsmaterial oder einem Materialstau in der
Umformanlage führen könne. Der von dem Streitpatent angesprochene Fachmann
sei ein Diplom-Ingenieur oder Master der Fachrichtung Maschinenbau mit Vertie-
fungsrichtung Verpackungstechnik und mehrjähriger Erfahrung im Bereich der
Auslegung und Entwicklung von Packmaterial aus Pappe und dafür vorgesehenen
Fertigungsvorrichtungen.

Die Klägerin macht eine unzulässige Erweiterung des Streitpatents dahingehend
geltend, dass die Beklagte zur vermeintlichen Abgrenzung gegenüber dem Stand
der Technik im Verlauf des Anmeldeverfahrens die nicht ursprungsoffenbarten
Merkmale „comprises at least one ply of sheet material“ („enthält mindestens eine
Lage eines bahnförmigen Materials“) und „at least one ply includes paper“ („zu-
- 7 -
mindest eine Lage weist Papier auf“) sowie auch das Merkmal „wherein each ply
has lateral edge portions (85, 89) that are substantially free of weakened areas
(24)“ („wobei jede Lage seitliche Kantenbereiche (85, 69) aufweist, die im Wesent-
lichen von geschwächten Bereichen (24) frei sind“) in unzulässiger Weise in den
Anspruch 1 aufgenommen habe. Insbesondere schütze der erteilte Anspruch 1
nicht bloß die notwendigen Mehrlagenkonstruktionen sondern darüber hinaus
auch eine Einzellagen-Konstruktion, die nicht Offenbarungsgegenstand sei. Dass
alle Randbereiche im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen sein sollten,
sei ein Merkmal, das nur ausgehend von der ursprünglichen Anmeldung allenfalls
dann offenbart gewesen sei, wenn eine multiple-ply-Struktur betrachtet werde und
jede Lage (each ply) schwächungsfrei sei. Eine einschlägige Ausgestaltung mit
anderem Reißverhalten, anderer Festigkeit etc., wie sie der erteilte Anspruch 1
mitumfasse, gehe deutlich über den ursprünglichen Anmeldungsgegenstand hin-
aus und sei daher unzulässig.

Auch der Gegenstand des Anspruchs 3 sei nicht von den ursprünglichen Anmel-
deunterlagen gedeckt und stelle somit eine unzulässige Schutzbereichserweite-
rung dar. Für die in dem erteilten Anspruchssatz von der Patentinhaberin gewählte
Untergrenze von 0,6 cm finde sich in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen
keine Grundlage. Auch die Obergrenze von 3,8 cm sei ursprünglich nicht offen-
bart. Ersichtlich sei zudem die streitpatentgemäße Lehre nach Anspruch 8 auf-
grund unzulässiger Erweiterung des Inhalts der Anmeldung nichtig. Gehe der
Fachmann beim Studium der Beschreibung davon aus, dass eine Anpassung der
Polsterumformungsmaschine erforderlich sei, sei eine Nutzung ohne Anpassung
nicht offenbart. Gehe hingegen der Fachmann davon aus, dass jede Verpa-
ckungsmaterialumformungsmaschine geeignet sei, liege keine Kombinationserfin-
dung vor.

Weiterhin seien der Gegenstand des Produktanspruchs 1, des Kombinationsan-
spruchs 8 und der Gegenstand des Herstellungsanspruchs 10 nicht ausführbar.
Nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 sei die Stärke eine Eigenschaft des
Ausgangsmaterials (Merkmale 1.1.2. und 1.1.4.). Das Streitpatent lehre aber an
- 8 -
keiner Stelle, wie eine solche Kraftvariable zu realisieren sei. Die im Streitpatent
erwähnten Materialien, beispielsweise Kraftpapier oder Kunststoff, wiesen keine
mechanischen Materialeigenschaften auf, die sich kraftabhängig änderten. Auch
das Merkmal des Anspruchs 1, wonach jede Reihe geschwächter Bereiche min-
destens einen Parameter hat, der entlang der Reihe variiert, sei nicht in ausführ-
barer Weise von dem Streitpatent gelehrt. Zum Beispiel im Hinblick auf die bevor-
zugte Ausführung gemäß Fig. 11 lasse das Streitpatent völlig offen, welcher Art
wenigstens ein entlang der Reihe geschwächter Bereiche variierender Parameter
sein solle. Im Gegenteil beschreibe das Streitpatent hier ausdrücklich nicht vari-
ierte Parameter.

Die von der Beklagten geltend gemachten Anspruchsfassungen gemäß den Hilfs-
anträgen 1 bis 5 enthielten ebenfalls unzulässige Anspruchsformulierungen und
seien nicht ausführbar. Hilfsantrag 1 sei bereits unzulässig im Hinblick auf die
Größenangaben. Die nunmehr beanspruchten Angaben in cm seien nicht Offen-
barungsgehalt der A2. Ferner sei nicht ursprünglich offenbart, dass, wie nunmehr
beansprucht, auch nur ein Rand des „stock materials“ frei von geschwächten Bah-
nen sei. Die Offenbarung in Anspruch 4 sei auch nicht ausreichend.

Im Hinblick auf die fehlende Patentfähigkeit bestehe mangelnde Neuheit von An-
spruch 1 in der erteilten Fassung gegenüber D1, D0 sowie D5 bis D9 und D11.
Außerdem bestehe eine mangelnde Neuheit gegenüber den offenkundigen Vor-
benutzungen in D17 und D18. Dies gelte insbesondere auch für Unteranspruch 3
des Streitpatents, der nicht neu sei. Auch die Ansprüche 2 bis 9 der erteilten Fas-
sung seien vorbekannt. Insbesondere sei der Kombinationsanspruch 8 nicht neu
gegenüber D5 und D9. D5 offenbare eindeutig eine Maschine, die ein Papierver-
packungsmaterial dreidimensional umforme und zerknittere, wodurch eindeutig
Polstereigenschaften geschaffen würden. Die Nennung von „wrapping paper“ in
der D5 belege die Verwendung von Packpapier, das auch Füllmaterial sei.

Hilfsweise macht die Klägerin fehlende erfinderische Tätigkeit geltend. Soweit die
Patentinhaberin der Ansicht sei, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sich ge-
- 9 -
genüber bekannten Ausgangsmaterialien dadurch unterscheide, dass das patent-
gemäße Ausgangsmaterial Reihen variierend geschwächter Bereiche und seitliche
Kantenbereiche, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen seien,
aufweise, sei diese Problematik, einen geeigneten Mittelweg zwischen ausrei-
chender Integrität während der Umformung und der Vereinfachung des anschlie-
ßenden Abtrennens zu finden, schon hinreichend im Stand der Technik bekannt
und gelöst. Zu nennen seien diesbezüglich D8, D10, D11 sowie D12 bis D15. Dies
gelte insbesondere auch für Unteranspruch 3 des Streitpatents sowie für eine
Kombination der Ansprüche 1, 3 und 8 des Streitpatents, wobei auch Anspruch 3
gegenüber D13 und D0, D7 bzw. D14, D16 nicht auf erfinderischer Tätigkeit be-
ruhe, insbesondere unter Berücksichtigung von allgemeinem Fachwissen. Der
Kombinationsanspruch 8 (und der Verfahrensanspruch 9) beruhe nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D5. Eine Kombinationserfindung sei nach
ständiger Rechtsprechung nicht erfinderisch, wenn sich bei der gemeinsamen
Anwendung der bekannten Maßnahmen – Umwandlungsmaschine und Aus-
gangsmaterial – die erreichte Wirkung ohne Weiteres ergebe und als solche vor-
hersehbar sei oder kein kombinatorischer Effekt erzielt werde. Insbesondere seien
dem Fachmann die Überschneidungsbereiche zwischen der Verpackungspolster-
technik und der Papierdruckmitteltechnik bekannt und er kenne folglich auch die
Druckmittelpapiertechnik, insbesondere auf dem Gebiet der Herstellung des Aus-
gangsmaterials, i.e. die Leporellofaltung. Er sei daher veranlasst gewesen, wegen
der explizit in D9 beschriebenen Aufgabenlösung – Vorbeugung des Einreißens
am Randbereich durch dortige Perforationsfreiheit – dieses Wissen aus ständiger
Übung auf einen Einsatz in einer Polstermaschine zu übertragen. Weiterhin er-
gebe sich der Gegenstand nach Anspruch 8 naheliegend aus D1 sowie aus D1 in
Kombination mit D5 oder D9. Es sei insbesondere nicht anzunehmen, dass die
Papierbahn entsprechend dimensioniert sein müsse, um in der Maschine kombi-
natorisch einsetzbar zu sein. Das Streitpatent gebe keine Dimensionierung des
Ausgangsmaterials an, weshalb kein Hindernis bestehe, eine Papierbahn nach D5
oder D9 mit einer Verpackungsumwandlungsmaschine zu kombinieren.

- 10 -
Auch die Anspruchsfassungen der Hilfsanträge 1 bis 5 seien nicht neu, jedenfalls
aber nicht erfinderisch. Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 sei
nicht neu, zumindest nicht erfinderisch gegenüber D5. Zudem seien Anspruch 1
und der Kombinationsanspruch 8 gemäß Hilfsantrag 1 nicht neu sowie ebenfalls
nicht erfinderisch gegenüber D9. Der Gegenstand gemäß Hilfsantrag 2 sei ein un-
zulässiger Kategoriewechsel und unklar bezüglich der Begrifflichkeiten „strip of
dunnage“ und „dunnage conversion machine“. Auch der Gegenstand des Hilfsan-
trags 3 sei nicht neu bzw. nicht erfinderisch gegenüber D5 und D9. Hilfsantrag 4
stelle eine Kombination der unzulässigen und nicht bestandskräftigen Hilfsan-
träge 2 und 3 dar. Hilfsantrag 5 sei zum einen im Merkmal „each ply separate from
each row (22) of weakened ares (24)“ nicht offenbart und unklar. Zum anderen sei
auch unklar, was mit „kraft paper“ oder „recycled paper“ gemeint sei. D9 offenbare
zudem einen weiten Rahmen von Papiereigenschaften wie im Übrigen auch D1
und D10 etc. bereits den Einsatz eines „Kraft Papiers“ offenbarten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das europäische Patent 1 896 250 in vollem Umfang für nichtig zu
erklären.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit
das Streitpatent mit den in der mündlichen Verhandlung am
6. Februar 2018 eingereichten Hilfsanträgen 1 bis 5 verteidigt wird

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und
erachtet das Streitpatent für nicht unzulässig erweitert, ausführbar und patentfä-
hig. Alle Ansprüche seien patentfähig, insbesondere neu und auch erfinderisch.

Aufgabe des Streitpatents sei es, ein Ausgangsmaterial bereitzustellen, das an
spezielle Umformungsprozesse angepasst werden könne, um sicherzustellen,
- 11 -
dass das Ausgangsmaterial zu einem Füllmaterial umgeformt werden könne, ohne
zu einer Verstopfung der Polsterumformungsmaschine zu führen oder vorzeitig
abzureißen, wobei weiterhin einfaches Abreißen und/oder ein einfaches Falten
des Ausgangsmaterials an den Perforationslinien sichergestellt werden solle (vgl.
Abs. [0009] und [0016]). Diese Aufgabe werde streitpatentgemäß gelöst u. a.
durch ein Ausgangsmaterial für Polsterumformungsmaschinen nach Anspruch 1,
durch eine Kombination aus einem solchen Ausgangsmaterial und einer entspre-
chenden Maschine nach Anspruch 8, durch ein Verfahren nach Anspruch 9 sowie
durch ein Verfahren nach Anspruch 10 des Streitpatents.

Die Beklagte vertritt bezüglich der Aufgabe die Ansicht, dass in Übereinstimmung
mit Abs. [0007] der Patentschrift Ausgangspunkt die Polsterumformungsmaschi-
nen im Stand der Technik gewesen seien, die unansehnliche Polsterprodukte er-
zeugten oder beim Betrieb verstopften. Entsprechend sei der Fachmann aus dem
Bereich der Polsterumformung zu bestimmen und die Aufgabe zu lösen, ein vor-
zeitiges Abreißen des Ausgangsmaterials oder ein Verstopfen der Maschine zu
verhindern. Diesbezüglich habe es im Stand der Technik unterschiedliche Lösun-
gen gegeben, wie etwa das Papier langsamer laufen zu lassen oder wie in der D3
die Maschine intern zu verbessern oder aber ein anderes besseres Ausgangsma-
terial zu verwenden. Es habe aber kein Anlass bestanden, in Richtung der erfin-
dungsgemäßen Lösung ein Einreißen des Papiers an der Kante zu verhindern.

Eine unzulässige Erweiterung des Anspruchs 1 liege nicht vor, da alle Merkmale
ursprungsoffenbart seien. Eine mangelnde Ausführbarkeit des Gegenstands der
Ansprüche 1, 8 und 9 sei ebenfalls nicht gegeben.

Der Gegenstand sämtlicher Ansprüche sei neu, da keine der Schriften sämtliche
Merkmale der jeweiligen Ansprüche offenbare. Der Gegenstand des Anspruchs 1,
gemäß Hauptantrag sei insbesondere neu gegenüber D1, D0, D5 und D9. Hin-
sichtlich D5 könne von Kantenbereichen, die im Wesentlichen frei von ge-
schwächten Bereichen seien, keine Rede sein. Die D9 zeige lediglich Druckerpa-
pier für Endlosformulare und damit bereits kein Ausgangsmaterial für eine Polster-
- 12 -
umformungsmaschine sowie keine Kombination aus einem solchen Ausgangs-
material und einer Polsterumformungsmaschine. Auch in D9 seien keine seitlichen
Kantenbereiche, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bahnen seien, offen-
bart. Der Gegenstand des Anspruchs 8 nach Hauptantrag sei ebenfalls neu ge-
genüber D0, D1 und D9. Der Stand der Technik nehme auch nicht implizit den
Gegenstand des Anspruchs 10 des Hauptantrags vorweg. Die von der Klägerin
angeführten offenkundigen Vorbenutzungen (D17 und D18) seien nicht entschei-
dungserheblich.

Die Gegenstände der Ansprüche 1, 8 und 10 beruhten zudem auf erfinderischer
Tätigkeit. Anspruch 1 sei nicht durch die D5 nahegelegt, da der Fachmann keinen
konkreten Hinweis finde, das Bahnmaterial der D5 in Richtung des Gegenstands
des Anspruchs 1 weiterzubilden. Soweit in Anspruch 8 eine Kombination des Aus-
gangsmaterials nach Anspruch 1 und einer Polsterumformungsmaschine bean-
sprucht sei, müsse die Polsterumformungsmaschine dazu geeignet und einge-
richtet sein, genau das („the“) im ersten Merkmal genannte Ausgangsmaterial zu
verarbeiten. Die D3 lege dem Fachmann nicht nahe, sich nach einem Ausgangs-
material mit geringerer Reißneigung umzusehen. Weiterhin böten weder das Dru-
ckerpapier nach D9 noch das Pack- bzw. Einwickelpapier nach D5 eine Anregung,
diese Materialien in Kombination mit einer Polsterumformungsmaschine zum
Umformen des Ausgangsmaterials und zur Herstellung von Polsterprodukten zu
verwenden. Auch die Ansprüche 9 und 10 beruhten auf erfinderischer Tätigkeit in
Ansehung des Standes der Technik, insbesondere D3, D5 und D9.

Die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 5 nach Hilfsantrag 1 seien nicht nur neu
gegenüber dem Stand der Technik, sie beruhten auch auf einer erfinderischen
Tätigkeit. Keines der Dokumente des Standes der Technik offenbare die in An-
spruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hinzugefügten Merkmale, die einen Bereich frei von
geschwächten Bereichen definierten, der mindestens 0,6 cm und maximal 3,8 cm
entlang jeder Reihe sei. Diese weitere Konkretisierung der seitlichen Kantenberei-
che, die im Wesentlichen frei von geschwächten Bereichen seien, führe in Kombi-
nation mit den anderen Merkmalen des Anspruchs 1 dazu, dass ein unbeabsich-
- 13 -
tigtes Einreißen des Ausgangsmaterials und eine weitere Rissausbreitung an den
Reihen der geschwächten Bereiche wirksam verhindert werde, bevor der Umfor-
mungsvorgang zu einem Polsterprodukt abgeschlossen ist. Auch die auf einen
Polsterstreifen gerichteten Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 2, 4 und 5 seien
zulässig und weder neuheitsschädlich offenbart noch dem Fachmann nahegelegt.

Der Senat hat den Parteien mit einem Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG vom
22. August 2017 die Gesichtspunkte mitgeteilt, die für die Entscheidung voraus-
sichtlich von besonderer Bedeutung sind. Wegen des Vorbringens der Parteien im
Übrigen wird auf die Sitzungsprotokolle vom 6. Februar 2018 und vom
12. April 2018 sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist auch begründet, da der Gegenstand des Streitpatents im
Umfang der gesamten Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1
IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ nicht patentfähig ist. Soweit das Streit-
patent von der Beklagten mit den Hilfsanträgen 1 bis 5 verteidigt wird, können sie
dem Streitpatent nicht zu einem Erhalt verhelfen. Die Hilfsanträge 1 und 3 erwei-
sen sich in gleicher Weise wie der Hauptantrag als nicht patentfähig. Die Hilfsan-
träge 2, 4 und 5 gehen über die ursprüngliche Offenbarung der ursprünglichen
internationalen Anmeldung PCT/US2006/010495 (Offenlegungsschrift
WO 2006/102464 A1) hinaus und erweisen sich daher als unzulässig geändert.
Das Streitpatent ist somit sowohl in der erteilten Fassung als auch in den hilfs-
weise verteidigten Fassungen für nichtig zu erklären.


I.

1. Zum Gegenstand und Hintergrund der Erfindung ist in der
Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift (PS), siehe insbesondere die Ab-
- 14 -
sätze [0001] und [0002], ausgeführt, dass Polsterprodukte beim Verpacken von
Gegenständen zum Ausfüllen von Lücken eingesetzt werden. Sie können herge-
stellt werden, indem ein bahnförmiges Ausgangsmaterial in einer Polsterumfor-
mungsmaschine zu einem Polsterstreifen umgeformt wird. Das Umformen kann in
einem Zerknittern bzw. Zerknüllen (to crumple) bestehen, vergl. Abs. [0020] Zei-
len 55 bis 57 PS. Durch Abtrennen eines Stücks von diesem Polsterstreifen ent-
steht das Polsterprodukt. Dieses weist typischerweise eine geringere Dichte auf
als das Ausgangsmaterial.

Das bahnförmige Ausgangsmaterial kann eine oder mehrere Lagen aus Papier
oder Kunststoff umfassen und als Rolle (roll) oder fächerförmig gefalteter Stapel
(fan-folded stack) bereitgestellt werden, siehe Abs. [0005] PS. Um nach der Um-
formung des Ausgangsmaterials zum Polsterstreifen das Abtrennen des Polster-
produkts zu ermöglichen, war es laut Abs. [0003] PS bekannt, quer über das
bahnförmige Ausgangmaterial verlaufende Reißlinien in Form von Perforationen
oder anderen geschwächten Bereichen vorzusehen.

Fig. 1 der Streitpatentschrift zeigt in schematischer Darstellung ein erfindungsge-
mäßes Polsterumformungssystem mit einem Vorrat (12) an bereit gestelltem Aus-
gangsmaterial (16) für eine Polsterumformungsmaschine (14), die Polsterumfor-
mungsmaschine (14), den umgeformten Polsterstreifen (18) und das davon abge-
trennte Polsterprodukt (20).

2. Eine Aufgabe ist in der Streitpatentschrift nicht ausdrücklich genannt. Dies
ist unschädlich, weil das technische Problem ohnehin aus dem zu entwickeln ist,
- 15 -
was die beanspruchte Erfindung tatsächlich gegenüber dem Stand der Technik
leistet (BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 - Fettsäurezusammensetzung; BGH GRUR
2010, 602, Tz. 27 - Gelenkanordnung; BGH GRUR 2010, 814 - Fugenglätter),
wobei der Stand der Technik sowie Vorteile der Erfindung und Nachteile vorbe-
kannter Lösungen Grundlage für die Formulierung sind (vgl. Schulte PatG § 1
Rn. 63 und 65, Busse PatG 8. Aufl. § 1 Rn. 82; Benkard PatG 10. Aufl. § 1
Rn. 55a, 56; § 34 Rn. 18 bis 20; BGH GRUR 2003, 693 –- Hochdruckreiniger so-
wie BPatG GRUR 2004, 317 – Programmartmitteilungen).

Im Abs. [0006/0007] PS ist als Problem angegeben, dass bekanntes, über die ge-
samte Breite gleichmäßig perforiertes Ausgangsmaterial dazu neigte, an den
Perforationslinien vorzeitig zu reißen, was zu unansehnlichen Polsterprodukten
oder einem Verstopfen der Polsterumformungsmaschine führen konnte. Daraus
erschließt sich, dass patentgemäß das Vermeiden dieses vorzeitigen Reißens
(des perforierten Ausgangsmaterials) als der Erfindung zugrunde liegende Auf-
gabe zu erachten ist. Auch die Beklagte hat eingeräumt, dass sie eine andere
Problemstellung im Streitpatent nicht erkennen kann. Soweit der im Streitpatent
genannte Stand der Technik nicht im Kontext mit der zugrunde zu legenden
Problemstellung steht, vermag dies keine andere Betrachtungsweise zu rechtferti-
gen.

3. Als Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe berufen sieht der Senat in
Übereinstimmung mit den Parteien einen Ingenieur des Maschinenbaus, Fach-
richtung Verpackungstechnik, mit einem Abschluss als Dipl.-Ing. oder Master an
einer Fachhochschule bzw. Hochschule für angewandte Wissenschaften.


II.

Die jeweiligen unabhängigen Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis
5 lassen sich wie folgt gliedern:

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1. Der erteilte und nach Hauptantrag geltende Anspruch 1 ist auf ein Aus-
gangsmaterial mit folgenden Merkmalen gerichtet (diesseitige deutsche Überset-
zung zur Information):
M1 A stock material (16) for a dunnage con-
version machine (14)
Ein Ausgangsmaterial (16) für eine
Polsterumformungsmaschine (14)
M1.1 comprises at least one ply of sheet mate-
rial
enthält mindestens eine Lage eines
bahnförmigen Materials,
M1.1.1 having a plurality of transversely-extend-
ing, longitudinally spaced-apart rows (22)
of weakened areas (24),
das eine Vielzahl von transversal aus-
gedehnten, longitudinal räumlich ge-
trennten Reihen (22) geschwächter
Bereiche (24) aufweist,
M1.1.2 where the weakened areas (24) have a
reduced strength relative to adjacent por-
tions of the sheet material,
bei denen die geschwächten Bereiche
(24) eine verringerte Stärke relativ zu
angrenzenden Teilen des bahnförmigen
Materials haben,
M1.1.3 and each row (22) of weakened areas (24)
has at least one parameter that varies
along the row (22),
und jede Reihe (22) geschwächter Be-
reiche (24) hat mindestens einen Pa-
rameter, der entlang der Reihe (22)
variiert,
M1.1.4 whereby the strength of the stock material
(16) at the row (22), in response to a force
applied across the row (22), varies across
the stock material (16),
wodurch die Stärke des Ausgangsma-
terials (16) bei der Reihe (22) in Ant-
wort auf eine Kraft, die quer über die
Reihe (22) angelegt wird, über das
Ausgangsmaterial (16) hinweg variiert,
M1.1.5 wherein each ply has lateral edge portions
(85, 89) that are substantially free of weak-
ened areas (24),
wobei jede Lage seitliche Kantenberei-
che (85, 89) aufweist, die im Wesentli-
chen frei von geschwächten Bereichen
(24) sind,
M1.1.6 and at least one ply includes paper. und mindestens eine Lage Papier ent-
hält.

Anspruch 8 nach Hauptantrag lautet gegliedert:

M8.1 In combination, a stock material as set Kombination aus einem Ausgangsma-
- 17 -
forth in claim 1, terial gemäß Anspruch 1
M8.2 and a dunnage conversion machine (40) und einer Polsterumformungsmaschine
(40)
M8.2.1 for converting the stock material (16) into a
relatively less dense strip of dunnage (18)
zum Umformen des Ausgangsmaterials
(16) in einen Polsterstreifen (18) mit
vergleichsweise geringerer Dichte
M8.2.2 having tear lines along each row that facil-
itate separation of a dunnage product (20)
therefrom.
welcher Reißlinien entlang jeder Reihe
hat, welche das Abtrennen eines Pols-
terprodukts (20) davon erleichtern.

Anspruch 9 nach Hauptantrag lautet gegliedert:

M9 A method of making a dunnage product,
comprising the steps of:
Ein /erfahren zur Herstellung eines
Polsterprodukts, aufweisend die
Schritte:
M9.1 providing a stock material (16) as set forth
in claim 1;
Bereitstellen eines Ausgangsmaterials
(16) gemäß Anspruch 1;
M9.2 converting the stock material (16) into a
strip of dunnage (18),
Umformen des Ausgangsmaterials (16)
in einen Polsterstreifen (18),
M9.3 and separating a discrete dunnage product
(20) from the strip along a row of weak-
ened areas.
und Abtrennen eines einzelnen Pols-
terprodukts (20) von dem Streifen ent-
lang einer Reihe geschwächter Berei-
che.

Anspruch 10 nach Hauptantrag lautet gegliedert:

M10 A method of making a stock material (16)
for a dunnage conversion machine (40),
comprising the steps of
Ein /erfahren zur Herstellung eines
Ausgangsmaterials (16) für eine Pols-
terumformungsmaschine (40), aufwei-
send die Schritte
M10.1 weakening a sheet stock material having at
least one ply of paper to form a plurality of
transversely-extending, longitudinally
des Schwächens eines bahnförmigen
Ausgangsmaterials, welches zumindest
eine Lage aus Papier enthält, um eine
- 18 -
spaced-apart rows (22) of weakened areas
(24),
Vielzahl von transversal ausgedehnten,
longitudinal räumlich getrennten Reihen
(22) geschwächter Bereiche (24) zu
formen,
M10.2 where the weakened areas (24) have a
reduced strength relative to adjacent por-
tions of the sheet material,
wobei die geschwächten Bereiche (24)
eine verringerte Stärke relativ zu den
benachbarten Teilen des bahnförmigen
Materials aufweisen,
M10.3 and each row of weakened areas has at
least one parameter that varies along the
row,
und jede Reihe geschwächter Bereiche
mindestens einen Parameter hat, der
entlang der Reihe variiert,
M10.4 whereby the strength of the stock material
at a row varies across the stock material
when a force is applied in a direction trans-
verse the row,
wobei die Stärke des Ausgangsmateri-
als bei einer Reihe quer über das Aus-
gangsmaterial hinweg variiert, beim
Aufbringen einer Kraft in einer Richtung
transversal zur Reihe
M10.5 and each ply has lateral edge portions (85,
89) that are substantially free of weakened
areas (24).
und jede Lage seitliche Kantenbereiche
(85, 89) aufweist, die im Wesentlichen
frei von geschwächten Bereichen (24)
sind.

2. Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 kommt zu den Merkmalen M1 bis
M1.1.6 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nur ein Merkmal HI1.1.7 am Ende
hinzu:

HI1.1.7 and wherein at least one edge of the
stock material (16) is free of weakened
areas (24) for approximately 0.6 cm to
3.8 cm (approximately 1/4 inch to 1 1/2
inches) along each row (22) of weakened
areas (24).
und wobei mindestens eine Kante des
Ausgangsmaterials (16) frei ist von ge-
schwächten Bereichen (24) für unge-
fähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4
Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe
(22) geschwächter Bereiche (24).

Anspruch 7 nach Hilfsantrag 1 stimmt dem Wortlaut nach überein mit Anspruch
8 nach Hauptantrag.
- 19 -
Anspruch 8 nach Hilfsantrag 1 stimmt dem Wortlaut nach überein mit Anspruch
9 nach Hauptantrag.

Beim Anspruch 9 nach Hilfsantrag 1 kommt zu den Merkmalen M10 bis M10.5
des Anspruchs 10 nach Hauptantrag nur ein Merkmal HI9.6 am Ende hinzu:

HI9.6 wherein at least one edge of the stock
material (16) is free of weakened areas
(24) for approximately 0.6 cm to 3.8 cm
(approximately 1/4 inch to 1 1/2 inches)
along each row (22) of weakened areas
(24).
und wobei mindestens eine Kante des
Ausgangsmaterials (16) frei ist von ge-
schwächten Bereichen (24) für unge-
fähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4
Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe
(22) geschwächter Bereiche (24).

3. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach
Hauptantrag Ergänzungen in den Merkmalen M1 und M1.1, nunmehr HII1 und
HII1.1, die Merkmale M1.1.1 bis M1.1.6 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag blei-
ben unverändert, Merkmal HI1.1.7 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist nicht
enthalten:

HII1 A strip of dunnage (18) converted by a
dunnage conversion machine (14) from a
stock material (16) for a dunnage conver-
sion machine (14),
Ein Polsterstreifen (18), umgeformt von
einer Polsterumformungsmaschine (14)
aus einem Ausgangsmaterial (16) für
eine Polsterumformungsmaschine (14),
HII1.1 the stock material (16) comprisinges at
least one ply of sheet material
wobei das Ausgangsmaterial (16) min-
destens eine Lage eines bahnförmigen
Materials enthält

Anspruch 8 nach Hilfsantrag 2 enthält anstelle des Merkmals M8.1 des An-
spruchs 8 nach Hauptantrag ein geändertes Merkmal HII8.1 und darauf folgend
als Einschub zwischen dem Merkmal HII8.1 und den unveränderten Merkmalen
M8.2, M8.2.1 und M8.2.2 des Anspruchs 8 nach Hauptantrag die Merkmale HII1.1
und M1.1.1 bis M1.1.6 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2:
- 20 -
HII8.1 In combination, a stock material
for a dunnage conversion machine (14),
as set forth in claim 1,
Kombination aus einem Ausgangsma-
terial für eine Polsterumformungsma-
schine (14),

Anspruch 9 nach Hilfsantrag 2 enthält anstelle des Merkmals M9.1 des An-
spruchs 9 nach Hauptantrag ein geändertes Merkmal HII9.1 und darauf folgend
als Einschub zwischen dem Merkmal HII9.1 und den unveränderten Merkmalen
M9.2 und M9.3 des Anspruchs 9 nach Hauptantrag die Merkmale HII1.1 und
M1.1.1 bis M1.1.6 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2:

M9 A method of making a dunnage product,
comprising the steps of:
Ein /erfahren zur Herstellung eines
Polsterprodukts, aufweisend die
Schritte:
HII9.1 providing a stock material (16)
for a dunnage conversion machine (14),
as set forth in claim 1,
Bereitstellen eines Ausgangsmaterials
(16) für eine Polsterumformungsma-
schine (14),

Der auf ein /erfahren zur Herstellung eines Ausgangsmaterials für eine Polster-
umformungsmaschine gerichtete Anspruch 10 nach Hauptantrag entfällt beim
Hilfsantrag 2.

4. Beim Hilfsantrag 3 entfällt gegenüber dem Hilfsantrag 2 der Anspruch 1
samt darauf rückbezogenen Unteransprüchen.

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 stimmt dem Wortlaut nach überein mit Anspruch
8 nach Hilfsantrag 2.

Anspruch 2 nach Hilfsantrag 3 stimmt dem Wortlaut nach überein mit Anspruch
9 nach Hilfsantrag 2.

5. Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 kommt zu den Merkmalen HII1,
HII1.1 und M1.1.1 bis M1.1.6 des auf den Polsterstreifen gerichteten Anspruchs 1
- 21 -
nach Hilfsantrag 2 zwischen den Merkmalen M1.1.5 und M1.1.6 das Merkmal
HI1.1.7 aus dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hinzu:

HI1.1.7 and wherein at least one edge of the
stock material (16) is free of weakened
areas (24) for approximately 0.6 cm to
3.8 cm (approximately 1/4 inch to 1 1/2
inches) along each row (22) of weakened
areas (24)
und wobei mindestens eine Kante des
Ausgangsmaterials (16) frei ist von ge-
schwächten Bereichen (24) für unge-
fähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4
Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe
(22) geschwächter Bereiche (24)

Beim Anspruch 7 nach Hilfsantrag 4 kommt das Merkmal HI1.1.7 zwischen den
Merkmalen M1.1.6 und M8.2 des auf die Kombination gerichteten Anspruchs 8
nach Hilfsantrag 2 hinzu.

Beim Anspruch 8 nach Hilfsantrag 4 kommt das Merkmal HI1.1.7 zwischen den
Merkmalen M1.1.6 und M9.2 des auf das Herstellungsverfahrens gerichteten An-
spruchs 9 nach Hilfsantrag 2 hinzu.

6. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 2 Änderungen in den Merkmalen M1.1.5 und M1.1.6, nunmehr HV1.1.5
und HV1.1.6:

HV1.1.5 wherein each ply separate from each row
(22) of weakened areas (24) has lateral
edge portions (85, 89) that are substan-
tially free of the weakened areas (24),
wobei jede Lage getrennt von jeder
Reihe (22) geschwächter Bereiche (24)
seitliche Kantenbereiche (85, 89) auf-
weist, die im Wesentlichen von den
geschwächten Bereichen (24) frei sind,
HV1.1.6 and at least one ply includes paper
the sheet material (16) is kraft paper or
recycled paper,
und zumindest eine Lage Papier ent-
hält,

- 22 -
Die Ansprüche 8 und 9 nach Hilfsantrag 5 enthalten gegenüber den Ansprü-
chen 8 und 9 nach Hilfsantrag 2 dieselben geänderten Merkmale HV1.1.5 und
HV1.1.6.


III.

Zum Verständnis der unabhängigen Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsan-
trägen 1 bis 5 durch den maßgeblichen Fachmann ist folgendes auszuführen:

1. Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist gemäß Merkmal M1 auf ein Aus-
gangsmaterial (stock material) für eine Polsterumformungsmaschine (dunnage
conversion machine) gerichtet, d. h. auf ein Ausgangsmaterial, das dazu geeignet
ist, von einer Polsterumformungsmaschine umgeformt zu werden. Da der An-
spruch 1 keine Angaben zu der Polsterumformungsmaschine enthält, reicht dazu
eine prinzipielle Eignung, durch eine beliebige – ggf. angepasst an das Aus-
gangsmaterial zu konstruierende – Maschine umgeformt (z. B.: zerknüllt) zu wer-
den.

Die Begriffe „Ausgangsmaterial“ (stock material), „bahnförmiges Material“ (sheet
material) und „bahnförmiges Ausgangsmaterial“ (sheet stock material) bezeichnen
im Streitpatent jeweils den zu verarbeitenden Gegenstand. Ist dagegen im Streit-
patent die Rede davon, aus welchem Material der Gegenstand bestehen soll, so
wird der Begriff „Material“ (material) ohne Zusätze verwendet.

Gemäß dem Merkmal M1.1 umfasst das Ausgangsmaterial mindestens eine Lage
eines bahnförmigen Materials (sheet material). In der Beschreibung ist als Beispiel
in Abs. [0018] Kraftpapier genannt, und dass das Ausgangsmaterial auch andere
Papierarten sowie Kunststoff oder Kombinationen daraus enthalten kann. Im An-
spruch 1 ist dazu lediglich im Merkmal M1.1.6 angegeben, dass mindestens eine
Lage des bahnförmigen Materials Papier enthält. Im Falle eines gemäß Merkmal
- 23 -
M1.1 mehrlagigen Ausgangsmaterials bestehen somit für alle weiteren Lagen
keine Beschränkungen hinsichtlich des Materials.

Laut Merkmal M1.1.1 weist das bahnförmige Material eine Vielzahl von Reihen
geschwächter Bereiche auf. Die geschwächten Bereiche haben laut Merkmal
M1.1.2 eine verringerte Stärke relativ zu den angrenzenden Teilen des bahnförmi-
gen Materials. Der Begriff „Stärke“ (strength) bezeichnet dabei nach dem Ver-
ständnis des Fachmanns aufgrund der patentgemäßen Aufgabe, ein vorzeitiges
Reißen zu vermeiden, die Widerstandsfähigkeit des Materials gegen Zerreißen.
Die Schwächungen können beliebiger Art sein, in den Ausführungsbeispielen wer-
den jedoch ausschließlich Perforationen betrachtet, z. B. in Form von Schlitzen,
siehe Abs. [0028] Zeilen 50 bis 53 PS. Jede einzelne Perforation ist dabei ein ge-
schwächter Bereich.

Die Reihen sind nach Merkmal M1.1.1 longitudinal räumlich getrennt, d. h. in
Längsrichtung der Bahn voneinander beabstandet. Sie sind nach Merkmal M1.1.1
weiterhin transversal ausgedehnt, d. h. sie erstrecken sich quer über die Breite W
der Bahn, siehe Abs. [0026] Zeilen 5 bis 7 und Fig. 7 PS, wo allerdings die Reihen
22 erkennbar mit dem falschen Bezugszeichen „24“ bezeichnet sind. Die Reihen
müssen dabei laut Abs. [0026] Zeilen 7 bis 10 PS nicht genau senkrecht zur
Längsrichtung L der Bahn angeordnet sein.

Die Reihen geschwächter Bereiche umfassen somit dem Begriff nach nicht nur die
geschwächten Bereiche, sondern auch die Zwischenräume zwischen den ge-
schwächten Bereichen. Weiterhin beginnen und enden sie nicht an der jeweils
- 24 -
ersten bzw. letzten Schwächung, sondern werden als über die gesamte Breite W
der Bahn von der einen bis zur gegenüberliegenden Kante verlaufend betrachtet,
auch wenn gemäß Merkmal M1.1.5 zwischen der jeweils äußersten Schwächung
und der Bahnkante ein schwächungsfreier Kantenbereich vorgesehen ist. Das
ergibt sich für den Fachmann, der zur Auslegung des Patentanspruchs auch die
Beschreibung und die Zeichnungen heranzieht, aus dem letzten Satz des Absat-
zes [0026] PS, wonach die Länge der Reihe 22 generell der Breite W der Bahn
entspricht. Eine Abweichung davon ergibt sich laut den letzten zwei Sätzen des
Absatzes [0026] dann, wenn eine Reihe nicht im rechten Winkel zur Längsrichtung
L der Bahn verläuft. In diesem Fall hat sie eine von der Breite W der Bahn abwei-
chende Länge (other dimension transverse to the longitudinal direction L of the
stock material).

Dass die Reihe geschwächter Be-
reiche patentgemäß als über die
gesamte Breite W der Bahn ver-
laufend angesehen wird, bestätigt
auch die Beschreibung der Ausfüh-
rungsbeispiele: Gemäß Fig. 8 und
Abs. [0028] Zeilen 32 bis 38 er-
streckt sich die dortige Reihe 82 über die Breite der Bahn 80, und die Breite um-
fasst mit den fünf Regionen 85, 86, 87, 88, 89 nicht nur die perforierten Bereichen
86, 87, 88, sondern auch die zwei nicht perforierten Randbereiche 85 und 89.

Auch gemäß Fig. 11 und Abs. [0034] Zeilen 13 bis 26 erstrecken sich die dortigen
Reihen 202, 204 ausdrücklich
über die gesamte Breite der Bahn
und umfassen neben der mittle-
ren perforierten Region 212 auch
die nicht perforierten Randregio-
nen 210 und 214.

- 25 -
Nach Merkmal M1.1.3 hat jede Reihe geschwächter Bereiche mindestens einen
Parameter, der entlang der Reihe variiert. Der Parameter kann entgegen der
Auslegung der Klägerin kein völlig beliebiger Parameter sein, denn laut Merkmal
M1.1.4 muss die Variation dieses Parameters bewirken, siehe das erste Wort des
Merkmals M1.1.4: „wodurch“ (whereby) die Stärke des Ausgangsmaterials bei der
Reihe in Antwort auf eine Kraft, die quer über die Reihe angelegt wird, über das
Ausgangsmaterial hinweg variiert.

Wie bereits zum Merkmal M1.1.2 ausgeführt, wird dabei mit der „Stärke“ (strength)
des Ausgangsmaterials seine Widerstandsfähigkeit gegen Zerreißen bezeichnet,
im Merkmal M1.1.4 geht es dabei um die Stärke in Antwort auf eine Kraft, die quer
über die Reihe angelegt wird, d. h. um die Widerstandsfähigkeit gegen Zerreißen
infolge einer in Längsrichtung der Bahn angelegten Kraft.

Die Merkmale M1.1.3 und M1.1.4 verlangen also, dass die Reihe geschwächter
Bereiche so ausgeführt wird, dass die Widerstandsfähigkeit der Bahn gegen Rei-
ßen im Bereich der Reihe quer über die Bahn hinweg nicht konstant ist, sondern
variiert. Wie dies erreicht wird, bleibt dem Fachmann überlassen. Abs. [0027]
nennt ab Zeile 19 beispielhaft als mögliche Parameter die Art und den Grad der
Schwächung sowie Abstand, Größe, Form und Orientierung der geschwächten
Bereiche.

Die von der Klägerin vertretene Auslegung des Merkmals M1.1.4, wonach verlangt
sei, dass eine mechanische Materialeigenschaft, nämlich die Widerstandsfähigkeit
des Bahnmaterials, sich kraftabhängig ändern müsse, geht am Wortlaut des An-
spruchs vorbei, der gerade nicht verlangt, dass die Widerstandsfähigkeit des Aus-
gangsmaterials sich in Antwort auf eine quer über die Reihe angelegte Kraft än-
dert (Eben nicht: the strength of the stock material varies in response to a force
applied across the row), sondern dass die Widerstandsfähigkeit des Ausgangs-
materials in Antwort auf eine quer über die Reihe angelegte Kraft sich über das
Ausgangsmaterial hinweg ändert (Merkmal M1.1.4: the strength of the stock mate-
rial in response to a force applied across the row varies across the stock material).
- 26 -
Gemäß dem Merkmal M1.1.5 weist jede Lage des Ausgangsmaterials seitliche
Kantenbereiche auf, die im Wesentlichen von den geschwächten Bereichen frei
sind.

Im Absatz [0010] PS ist dazu erläutert, dass beim Einziehen des Ausgangsmateri-
als in eine Polsterumformungsmaschine im Bereich der Kanten besonders hohe
Spannungen auftreten können. Das Fehlen von Schwächungen im Bereich der
Kanten soll somit dazu beitragen, ein unbeabsichtigtes Reißen der Bahn im Kan-
tenbereich zu vermeiden.

Die in Fig. 9 dargestellte Bahn
weist entgegen Merkmal
M1.1.5 Reihen mit Perforati-
onsschlitzen 102, 116 auf, die
bis an die Kante der Bahn 100
reichen, wird aber im Ab-
satz [0012] PS als erfindungs-
gemäß (in accordance with the
present invention) bezeichnet.

Die Klägerin hat dazu vorgetragen, der Fachmann würde diesen augenscheinli-
chen Widerspruch dadurch auflösen, dass er dem Merkmal M1.1.5 ein zur Fig. 9
passendes Verständnis zugrunde legt. Er würde deshalb Merkmal M1.1.5 so aus-
legen, dass die Kantenbereiche der Bahn nur dort frei von geschwächten Berei-
chen sein müssten, wo keine Reihen geschwächter Bereiche angeordnet seien,
d. h. zwischen den Reihen.

Der maßgebliche Fachmann jedoch, der die Patentschrift im Zusammenhang liest,
stellt vielmehr fest, dass im Abs. [0008] PS der Gegenstand lediglich der Merk-
male M1 bis M1.1.4 als patentgemäße Erfindung (present invention) bezeichnet
wird. Das Merkmal M1.1.5 dagegen ist erst im Abs. [0010] für ein Ausführungsbei-
spiel (an exemplary stock material) beschrieben. Er erkennt daran, dass die An-
- 27 -
gabe des Abs. [0012], wonach das Ausführungsbeispiel nach Fig. 9 erfindungs-
gemäß sei, sich lediglich auf die die Übereinstimmung mit den Merkmalen M1 bis
M1.1.4 bezieht, der erteilte Anspruch 1 dagegen durch die Merkmale M1.1.5 und
M1.1.6 weiter beschränkt ist. Er ist daher durch die Fig. 9 nicht daran gehindert,
das Merkmal M1.1.5 sinnvoll so zu verstehen, dass es einen Beitrag zur Lösung
der patentgemäßen Aufgabe leisten kann, ein Reißen der Bahn in den besonders
hoch belasteten seitlichen Kantenbereichen zu vermeiden, indem diese frei von
geschwächten Bereichen sind.

Diesem Verständnis, wonach das Ausführungsbeispiel nach Fig. 9 ohne schwä-
chungsfreie Kantenbereiche nicht unter die geltenden Ansprüche fällt, steht auch
nicht entgegen, dass grundsätzlich die in Patentansprüchen verwendeten Begriffe
im Zweifel so zu verstehen sind, dass sämtliche Beispiele zu ihrer Ausfüllung her-
angezogen werden können und deshalb mit sämtlichen Merkmalen in Einklang
stehen müssen. Denn es ist ebenso anerkannt, dass jedenfalls wenn und soweit
sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen
nicht in Einklang bringen lässt, und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, die-
jenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Nieder-
schlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents her-
angezogen werden müssen (BGH GRUR 2015, 972 – Kreuzgestänge).

So entspricht es auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass auch im
Nichtigkeitsverfahren in Fällen, in denen zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch
und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, die „An-
spruchsgeschichte" zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden darf, ob
mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem
in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (GRUR
2015, 875 – Rotorelemente, unter Hinweis auf BGHZ 189, 330, Rn. 25 - Okklusi-
onsvorrichtung; BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I), und ein Vergleich mit
der Veröffentlichung der Patentanmeldung zur Klärung des Umfangs einer bei der
Erteilung des Patents oder im Einspruchsverfahren vorgenommenen Beschrän-
- 28 -
kung des geschützten Gegenstands beitragen kann (BGHZ 194, 107,
Rn. 28 - Polymerschaum I).

So ist es auch hier, da Anspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung, wie die Offen-
legungsschrift A2 belegt, noch gerichtet war auf eine Lehre nach den Merkmalen
M1 bis M1.1.4, nicht aber auf eine nach dem Merkmal M1.1.5 – wie auch M1.1.6 –
beschränkte Lehre eines Kantenbereichs, der im Wesentlichen frei von ge-
schwächten Bereichen ist und mindestens eine Lage Papier enthält, was erst mit
dem ursprünglichen Anspruch 8 beansprucht worden war.

Damit steht fest, dass das in Rede stehende Ausführungsbeispiel der Fig. 9 ge-
mäß den Anmeldeunterlagen auf den weit gefassten Patentanspruch 1 zuge-
schnitten war, der im Verlauf des Erteilungsverfahrens derart beschränkt worden
ist, dass das hinzugekommene Merkmal M1.1.5 in Widerspruch zu diesem Aus-
führungsbeispiel getreten ist, ohne dass eine insoweit erforderliche Anpassung der
Beschreibung bei Erteilung des Patents erfolgt ist.

Wie sich aus Abs. [0010] Zeilen 37 bis 39, Abs. [0028] Zeilen 42 bis 44 und
Abs. [0034] Zeilen 19 bis 21 PS am Beispiel von Schwächungen in Form von
Perforationen ergibt, kann die Reihe geschwächter Bereiche zwischen den
schwächungsfreien Kantenbereichen gleichmäßig perforiert sein – der im Merkmal
M1.1.3 geforderte mindestens eine variierende Parameter ist also bereits durch
den schwächungsfreien Kantenbereich gegeben. Das findet nach dem Verständ-
nis des Fachmanns seine Grenze dort, wo die schwächungsfreien Kantenbereiche
so schmal werden, dass sie nicht mehr breiter sind als die Stege zwischen den
einzelnen Perforationen. Denn dann ist die Bahn – wie im Abs. [0006] PS als
Nachteil des Standes der Technik beschrieben – über die gesamte Breite gleich-
mäßig perforiert (uniformly perforated), und ein variierender Parameter gemäß
Merkmal M1.1.3 ist nicht mehr gegeben.

Umgekehrt reicht es dagegen zur Abgrenzung von einer gleichmäßigen Perforie-
rung aus, wenn der schwächungsfreie Kantenbereich um ein beliebig kleines Maß
- 29 -
breiter ist als die Stege zwischen den einzelnen Perforationen. Die Ausführungen
der Beklagten, Merkmal M1.1.5 verlange mehr, nämlich eine substanzielle Rand-
breite, gehen am Wortlaut des Anspruchs vorbei, der gerade nicht substanzielle
seitliche Kantenbereiche verlangt, die frei von den geschwächten Bereichen sind
(also nicht: substantial lateral edge portions that are free of the weakened areas),
sondern lediglich seitliche Kantenbereiche, die im Wesentlichen frei von ge-
schwächten Bereichen sind (Merkmal M1.1.5: lateral edge portions that are sub-
stantially free of weakened areas). Eine Auslegung, wonach Merkmal M1.1.5 eine
substantielle Randbreite verlange, lässt sich entgegen den Ausführungen der Be-
klagten auch nicht daraus herleiten, dass sonst die Aufgabe, ein vorzeitiges Ab-
reißen der Bahn zu verhindern, nicht gelöst würde. Denn patentgemäß wird von
den schwächungsfreien Kantenbereichen nicht verlangt, das vorzeitige Abreißen
der Bahn zu verhindern, sondern lediglich, einen Beitrag dazu zu leisten, vorzeiti-
ges Abreißen zu mindern (helps to minimize), siehe Abs. [0010] Zeilen 47 bis 51.

Wenn das Ausgangmaterial als fächerförmig gefalteter Stapel (fan-folded stack)
bereitgestellt wird, können laut Abs. [0016] Zeilen 24 ff
PS unter Hinweis auf Fig. 3 die Reihen geschwächter
Bereiche mit den Faltlinien zusammenfallen, sie
können aber auch versetzt dazu und auch mit einem
anderen Abstand in Längsrichtung der Bahn
vorgesehen werden. Daraus ergibt sich, dass die
Faltlinie an sich – auch wenn sie nach dem
allgemeinen Verständnis des Fachmanns die Bahn in einem gewissen Maß
schwächt – nach dem Verständnis des Streitpatents nicht als Reihe patentgemäß
geschwächter Bereiche anzusehen ist. Die von Kante zu Kante durchgehenden
Faltlinien eines fächerförmig gefalteten Ausgangsmaterial-Stapels stehen daher
nicht im Widerspruch zum Merkmal M1.1.5 eines im Wesentlichen von
geschwächten Bereichen freien Kantenbereichs.

- 30 -
Der Anspruch 8 nach Hauptantrag ist gemäß Merkmalen M8.1 und M8.2 auf
eine Kombination aus einem Ausgangsmaterial gemäß Anspruch 1 und einer
Polsterumformungsmaschine gerichtet.

Merkmal M8.2.1 verlangt, dass die Polsterumformungsmaschine zum Umformen
des Ausgangsmaterials in einen Polsterstreifen (mit vergleichsweise geringerer
Dichte) geeignet ist.

Aus Merkmal M8.2.2 ergibt sich weiter, dass die im Anspruch 1 definierten Reihen
geschwächter Bereiche des Ausgangsmaterials so ausgeführt sein müssen, dass
sie als Reißlinien entlang jeder Reihe das Abtrennen eines Polsterprodukts von
dem durch Umformen aus dem Ausgangsmaterial entstandenen Polsterstreifen
erleichtern. Das Abtrennen kann gemäß Abs. [0036] Zeilen 45 bis 51 durch Abrei-
ßen von Hand erfolgen.

Der Anspruch 9 nach Hauptantrag ist gemäß Merkmal M9 auf ein Verfahren zur
Herstellung eines Polsterproduktes gerichtet und umfasst die Schritte, ein Aus-
gangsmaterial gemäß Anspruch1 bereitzustellen, es in einen Polsterstreifen um-
zuformen und davon entlang einer Reihe geschwächter Bereiche ein Polsterpro-
dukt abzutrennen.

Der Anspruch 10 nach Hauptantrag ist auf ein /erfahren zur Herstellung eines
Ausgangsmaterials für eine Polsterumformungsmaschine gerichtet. Er sieht vor,
an einem bahnförmigen Ausgangsmaterial geschwächte Bereiche so anzubringen,
dass ein Ausgangsmaterial mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 entsteht –
mit einem Unterschied: Anders als im Anspruch 1, wo das bahnförmige Aus-
gangsmaterial mindestens eine Lage enthält, die Papier enthält (Merkmale M1.1
und M1.1.6), ist gemäß dem Anspruch 10 ein bahnförmiges Ausgangsmaterial
vorgesehen, das mindestens eine Lage aus Papier enthält – diese Lage muss also
aus Papier bestehen, sie darf nicht neben Papier noch etwas anderes enthalten
(Merkmal M10.1).

- 31 -
2. Beim Anspruch 1 und beim Anspruch 9 nach Hilfsantrag 1 kommt zum
Anspruch 1 bzw. 9 nach Hauptantrag jeweils ein Merkmal HI1.1.7 bzw. HI9.6 am
Ende hinzu, wonach mindestens eine Kante des Ausgangsmaterials frei ist von
geschwächten Bereichen für ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis
1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe geschwächter Bereiche. Während also beim
Hauptantrag nicht definiert war, wie breit die von Schwächungen freien Kantenbe-
reiche sein sollen, ist hier für mindestens eine Kante angegeben, dass die Reihen
für „ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 ½ Inch)“, von der Bahn-
kante ab entlang der Reihe gemessen, keine geschwächten Bereiche aufweisen
dürfen.

An den in Klammern hinter den Maßen in Zentimetern angegebenen Maßen in
„Inch“ (1 Zoll = 2,54 cm) in Verbindung damit, dass die Anmeldung aus den USA
stammt, erkennt der Fachmann, dass es sich bei den Inch-Angaben um die ur-
sprüngliche erfindungsgemäße Lehre handelt, bei den cm-Angaben dagegen nur
um eine nachträglich vorgenommene Umrechnung. Er richtet sich daher nach den
Inch-Angaben und legt diese auch seinem Verständnis der Angabe „ungefähr“
(approximately) zugrunde. Er hält deshalb ausgehend von der Angabe „approxi-
mately 1/2 inch to 1 1/2 inches“ einen Bereich von mindestens 1/8 Inch bis
höchstens 2 Inch (umgerechnet und auf eine Nachkommastelle gerundet: 0,3 cm
bis 5,1 cm) für dem Anspruch 1 bzw. 9 nach Hilfsantrag 1 entsprechend.

Die Ansprüche 7 und 8 nach Hilfsantrag 1 stimmen dem Wortlaut nach überein
mit den Ansprüchen 8 und 9 nach Hauptantrag. Sie enthalten jedoch aufgrund
ihrer Rückbeziehung auf den Anspruch 1 ebenfalls das Merkmal HI1.1.7.

3. Bei den Hilfsanträgen 2, 4 und 5 ist der Anspruch 1 jeweils – anders als
beim Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1, 3 – nicht auf ein Aus-
gangsmaterial für eine Polsterumformungsmaschine gerichtet, sondern auf einen
Polsterstreifen, der von einer Polsterumformungsmaschine aus einem solchen
Ausgangsmaterial umgeformt ist.

- 32 -
4. Die beim Hilfsantrag 3 verbliebenen unabhängigen Ansprüche 1 und 2
entsprechen ihren Gegenständen nach den Ansprüchen 8 und 9 nach Hauptan-
trag, wobei jedoch anstelle der Rückbeziehung auf den Anspruch 1 nach Haupt-
antrag dessen Merkmale jeweils aufgenommen wurden.


IV.

Der Nichtigkeitsangriff der Klägerin gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG,
Art. 138 Abs. 1 lit b) EPÜ auf fehlende Ausführbarkeit der Gegenstände der gel-
tenden Ansprüche 1, 8 und 10 bleibt ohne Erfolg.

Denn das Patent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein
Fachmann sie ausführen kann. Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenba-
rung ist nach ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn der Fachmann ohne er-
finderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die
Lehre des Patentanspruchs auf Grund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in
Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag
praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (BGH, Ur-
teil vom 4. Oktober 1979 – X ZR 3/76, GRUR 1980, 166, 168 –Doppelachsaggre-
gat; Urteil vom 11. Mai 2010 – X ZR 51/06, GRUR 2010, 901 Rn. 31 – Polymeri-
sierbare Zementmischung). Dies ist vorliegend der Fall.

1. Denn auch im Hinblick auf die Merkmale M1.1.3 und M1.1.4 wird im Patent
die Erfindung ausführbar offenbart: Abs. [0027] PS nennt mögliche Parameter, mit
denen erreicht werden kann, dass die Widerstandsfähigkeit der Bahn gegen Ab-
reißen im Bereich der Reihe quer über die Bahn hinweg variiert, nämlich die Art
und den Grad der Schwächung sowie Abstand, Größe, Form und Orientierung der
geschwächten Bereiche. In den Ausführungsbeispielen ist dies am Beispiel von
Perforationen als geschwächten Bereichen erläutert, siehe insbesondere die Figu-
ren 8, 10 und 11 mit zugehöriger Beschreibung in den Absätzen [0028] und [0032]
bis [0034].
- 33 -
Es kann dahinstehen, ob das Patent wie von der Klägerin behauptet, nicht lehrt,
wie Materialien mit kraftabhängig sich ändernden mechanischen Eigenschaften zu
realisieren wären, da dies auch nicht Gegenstand der beanspruchten Erfindung
ist, wie bereits zur Auslegung des Merkmals M1.1.4 ausgeführt.

Es kann auch dahinstehen, ob ein Ausgangsmaterial mit einem völlig beliebigen
entlang der Reihen geschwächter Bereiche variierenden Parameter in unzulässi-
ger Weise über den Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinausginge, da
dies nicht Gegenstand der beanspruchten Erfindung ist, wie bereits zur Auslegung
des Merkmals M1.1.3 ausgeführt.

2. Die Erfindung ist auch hinsichtlich der Merkmale M1.1.5 und HI1.1.7 im Pa-
tent ausführbar offenbart: Die Lehre, in den Kantenbereichen der Ausgangsmate-
rialbahn keine geschwächten Bereiche vorzusehen, ist ohne weiteres umsetzbar.

Die patentgemäß vorgesehene Möglichkeit, das Ausgangsmaterial als fächerför-
mig gefalteten Stapel mit von Kante zu Kante des Ausgangsmaterials durchge-
henden Faltlinien bereitzustellen, steht dem nicht entgegen. Sie führt entgegen der
Auffassung der Klägerin nicht zu einem Widerspruch, der die erfindungsgemäße
Lehre unausführbar machen würde. Denn bei diesen Faltlinien handelt es sich,
wie bereits zur Auslegung des Merkmals M1.1.5 ausgeführt, nicht um anspruchs-
gemäße Reihen geschwächter Bereiche.

Auch die – überdies geringfügigen – Abweichungen der in Zentimetern angegebe-
nen ungefähren Breite des schwächungsfreien Randes im Abs. [0010] PS einer-
seits und im erteilten Anspruch 3 bzw. im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 anderer-
seits – hier ungefähr 0,5 bis 3,75 cm, dort ungefähr 0,6 bis 3,8 cm – stehen der
Ausführbarkeit nicht entgegen, da der Fachmann sich ohnehin, wie bereits zum
Verständnis des Merkmals HI1.1.7 erläutert, nach den übereinstimmenden Brei-
tenangaben in der Einheit Inch richtet.

- 34 -
V.

Der von der Klägerin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1
Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit c) EPÜ der unzulässigen Erweiterung des In-
halts der Anmeldung hinsichtlich der Merkmale M1.1, M1.1.5 und M1.1.6 der er-
teilten Ansprüche 1 und 3 erweist sich ebenfalls im Ergebnis als erfolglos, auch
wenn das einschränkende Merkmal M1.1.6 in den ursprünglichen Anmeldeunter-
lagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist.

Nach Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜG ist ein europäisches Patent mit Wir-
kung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklär-
ten, wenn sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich
eingereichten Fassung hinausgeht. Der danach maßgebliche Inhalt der Anmel-
dung ist anhand der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu er-
mitteln. Entscheidend ist, was der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähig-
keiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik den ur-
sprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmen kann (BGH
GRUR 2015, 573 – Wundbehandlungsvorrichtung; BGHZ 194, 107 Rn. 45 – Po-
lymerschaum).

Hierbei zählt nach ständiger Rechtsprechung nur das als zur Erfindung gehörend
offenbart, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen in Gesamtheit ihrer Of-
fenbarung unmittelbar und eindeutig als zu der zum Patent angemeldeten Erfin-
dung gehörend zu entnehmen ist. Danach ist es erforderlich, aber auch ausrei-
chend, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den
Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als Ausgestaltung der Erfindung
entnehmen kann (BGH GRUR 2015, 249 – Schleifprodukt; BGHZ 200, 63 Rn. 19
ff. m. w. N. = GRUR 2014, 542– Kommunikationskanal) bzw. als mögliche Ausfüh-
rungsform (zur Priorität BGH GRUR 2016, 50, Rn. 29 – teilreflektierende Folie).

Eine unzulässige Erweiterung liegt erst vor, wenn der Gegenstand des Patents
sich für den Fachmann erst aufgrund eigener, von seinem Fachwissen getragener
- 35 -
Überlegungen ergibt, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis ge-
nommen hat, so wenn die Hinzufügung einen technischen Aspekt betrifft, der den
ursprünglich eingereichten Unterlagen in seiner konkreten Ausgestaltung oder
wenigstens in abstrakter Form nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist
(BGH GRUR 2013, 809 – Verschlüsselungsverfahren).

1. Das Merkmal M1.1 des erteilten Anspruchs 1, wonach das Ausgangsmate-
rial mindestens eine Lage des bahnförmigen Materials enthält, ist in der Anmel-
dung wörtlich als Teil der erfinderischen Lehre in ihrer allgemeinsten Form offen-
bart, siehe die OS Seite 2 Zeile 7. Auf derselben Seite ist in Zeilen 18 bis 24 das
Merkmal M1.1.5 offenbart, dass ein beispielhaftes Ausgangsmaterial Kantenberei-
che aufweisen kann, die frei von geschwächten Bereichen sind, siehe insbeson-
dere Zeilen 23 und 24. Einer Beanspruchung beider Merkmale steht auch nicht
entgegen, dass im ursprünglichen Anspruch 8 die von geschwächten Bereichen
freien Kantenbereiche im Zusammenhang mit einem mehrlagigen Material bean-
sprucht wurden. Denn nur ein Hinausgehen über den Inhalt der ursprünglichen
Anmeldung, nicht schon ein Hinausgehen über den Inhalt der ursprünglichen An-
sprüche, ist ein Nichtigkeitsgrund.

2. Das Merkmal M1.1.6 des erteilten Anspruchs 1, wonach mindestens eine
Lage des Ausgangsmaterials Papier enthält, ist zwar in der ursprünglichen Anmel-
dung nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend offenbart. Dies
führt jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zur Nichtigkeit des Pa-
tents wegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3
IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit c) EPÜ. Denn es handelt sich vorliegend um eine so-
genannte „uneigentliche Erweiterung“ des Inhalts der Anmeldung, weil das hinzu-
gefügte Merkmal M1.1.6 den Gegenstand des Anspruchs 1 beschränkt und eine
Anweisung zum technischen Handeln konkretisiert, die in den ursprünglich einge-
reichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist (BGH GRUR 2011,
1003 – Integrationselement).

- 36 -
2.1 Insoweit ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen
der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Pa-
tentsamts zur sogenannten „unentrinnbaren Falle“ anerkannt, dass auch im Rah-
men des Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜG für erteilte EP-Patente sowie
auch der beschränkenden Verteidigung von EP-Patenten durch geänderte Pa-
tentansprüche (BGH GRUR 2015, 573 – Wundbehandlungsvorrichtung) eine sog.
uneigentliche Erweiterung nicht zur Rechtsfolge der Nichtigerklärung bzw. zur Un-
zulässigkeit der Anspruchsänderung führt, sondern sich nur in einer korrigierenden
Prüfung einer zugleich angegriffenen Patentfähigkeit erschöpft, und zwar derge-
stalt, dass das unzulässig beschränkende Merkmal bzw. dessen Information im
Rahmen der Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht einschrän-
kend mitgelesen werden darf, während für ein späteres Patentverletzungsverfah-
ren das einschränkende Merkmal den Schutzbereich weiterhin einschränkt (zum
nationalen Patent bereits BGH GRUR 2011, 40 - Winkelmesseinrichtung; GRUR
2001, 140 – Zeittelegramm).

Ungeklärt geblieben ist insoweit, ob damit der Bundesgerichtshof bereits den Tat-
bestand nach Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜG einschränkend auslegt und
eine sog „uneigentliche Erweiterung“ insoweit bereits tatbestandsmäßig keinen
Nichtigkeitsgrund bildet – auch wenn die „uneigentliche Erweiterung“ wegen
Art. 138 Abs. 2 EPÜ zu missbilligen ist - ähnlich beim nationalen Patent wegen
§ 38 Satz 2 PatG - oder ob insoweit eine Korrektur nur auf der Rechtsfolgenseite
erfolgt und deshalb die vom Bundespatentgericht in ständiger Rechtsprechung
praktizierte sog. „Disclaimerlösung“ angezeigt wäre. Bekanntlich führt diese Lö-
sung zu einem im Rechtsfolgenausspruch mit einem Zusatz – „Disclaimer“ – ge-
kennzeichneten Urteilstenor als Form einer Beschränkung des Patents und erfolg-
reichen Angriffs, dem danach auch nicht nur eine klarstellende Funktion zukäme.

Denn nach Ansicht des Senats ist nicht zu verkennen, dass die bisher insoweit
ungeklärte Frage der systematischen Zuordnung der „uneigentlichen Erweiterung“
durchaus im Hinblick auf die Rechtsfolgen eines Nichtigkeitsangriffs oder im Ein-
spruchsverfahren von Bedeutung sein kann; so wenn der Angriff auf das Patent
- 37 -
ausschließlich auf Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜbkG bzw. § 21 Abs. 1 Nr. 4
PatG gestützt ist oder ein gleichzeitiger Angriff fehlender Patentfähigkeit keinen
oder nur teilweisen Erfolg hat.

In diesen Fällen muss bei einer bereits auf der Tatbestandsebene vorzunehmen-
den Korrektur entweder der Angriff wegen unzulässiger Erweiterung des Inhalts
der Anmeldung im Falle einer „uneigentlichen Erweiterung“ zu einer (teilweisen)
Klageabweisung bzw. Zurückweisung des Einspruchs führen oder – im Falle einer
anzunehmenden Korrektur nur auf Rechtsfolgenseite – erscheint eine rechtliche
Klärung geboten, ob der (Teil-)erhalt des Patents nicht einer gestaltenden oder
zumindest feststellenden Tenorierung bedürfte, welche das Bundespatentgericht
konsequenterweise im Wege der „Disclaimerlösung“ und Kennzeichnung des ur-
sprünglich nicht offenbarten einschränkenden Merkmals als Ausdruck einer inso-
weit nur beschränkten Aufrechterhaltung des Patentanspruchs stets gefordert hat,
der Bundesgerichtshof dagegen als nicht erforderlich, aber auch nicht grundsätz-
lich zu beanstanden gesehen hat, weil dem Zusatz („Disclaimer“) keine rechtsge-
staltende und allenfalls eine klarstellende Funktion zukomme (BGH GRUR 2011,
40 - Winkelmesseinrichtung).

Allerdings kann diese Frage nach Ansicht des Senats vorliegend letztlich dahin-
stehen, da der vorliegende gleichzeitige Nichtigkeitsangriff wegen fehlender Pa-
tentfähigkeit zum uneingeschränkten Erfolg der Klage und zur vollumfänglichen
Nichtigerklärung des Streitpatents führt.

2.2 Im ursprünglichen Anspruch 7 ist offenbart, dass das Ausgangsmaterial ein
Material enthält, ausgesucht aus einer Gruppe bestehend aus Kraftpapier, Kunst-
stoff, bedrucktem Papier, gebleichtem Papier, Zeitungspapier, Recyclingpapier
und Kombinationen daraus. Auf Seite 2 Zeile 7 und auch auf Seite 4 Zeilen 22 bis
24 OS ist außerdem offenbart, dass das Ausgangsmaterial einlagig (single-ply)
oder mehrlagig (multi-ply) sein kann, wobei in der OS Seite 2 Zeilen 7 bis 13 und
Anspruch 1 keinerlei Angaben zum Material enthalten sind.

- 38 -
Dabei kann dahinstehen, ob damit auch ursprünglich offenbart ist, dass im Falle
eines mehrlagigen Ausgangsmaterials verschiedene Lagen des Ausgangsmateri-
als verschiedene Materialien enthalten können. Denn jedenfalls ergibt sich aus der
ursprünglichen Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörend, dass in diesem Fall
mindestens eine Lage des Ausgangsmaterials Papier enthalten muss, wie es
Merkmal M1.1.6 fordert.

Diese Forderung nach Merkmal M1.1.6 konkretisiert aber nur die ursprüngliche
Offenbarung der weitgefassten erfindungsgemäßen Lehre und führt damit zu einer
Einschränkung und nicht zu einer anderen technischen Lehre, einem „Aliud“. Denn
die Frage, ob es sich um eine Einschränkung oder um ein "Aliud" handelt, ent-
scheidet sich danach, ob mit der Hinzufügung des Merkmals lediglich eine Anwei-
sung zum technischen Handeln konkretisiert wird, die in den ursprünglich einge-
reichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist, oder ob damit ein
technischer Aspekt angesprochen wird, der aus den ursprünglich eingereichten
Unterlagen weder in seiner konkreten Ausgestaltung noch auch nur in abstrakter
Form als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH GRUR 2011, 40 Win-
kelmesseinrichtung). Mit Merkmal M1.1.6 wird aber nicht mehr und nichts anderes
geschützt als durch die ursprüngliche erfindungsgemäße Lehre in ihrer allge-
meinsten Form, sondern nur in unzulässiger Weise jenseits der ursprünglichen
Offenbarung konkretisiert.

3. Dagegen geht das Merkmal des erteilten Anspruchs 3, wonach mindes-
tens eine Kante des Ausgangsmaterials frei ist von geschwächten Bereichen für
ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1 1/2 Inch) entlang jeder Reihe
der geschwächten Bereiche, auch hinsichtlich der Maßangabe in Zentimetern
nicht über den Inhalt der Anmeldung hinaus:

So ergibt sich hinsichtlich des Teilmerkmals „mindestens eine Kante“ bereits un-
mittelbar aus Seite 2 Zeilen 20 bis 24, siehe insbesondere Zeile 23, dass es aus-
reicht, wenn nur mindestens eine Kante frei ist von geschwächten Bereichen.

- 39 -
Bei der Maßangabe „0,6 cm bis 3,8 cm“ handelt es sich um eine korrekte Umrech-
nung der ursprünglich auf Seite 2 Zeilen 20 bis 24 OS und im Anspruch 4 offen-
barten Angabe „1/4 Inch bis 1 1/2 Inch“. Der damit zu bejahenden ursprünglichen
Offenbarung dieser nur umgerechneten Maßangabe „0,6 cm bis 3,8 cm“ steht
auch nicht entgegen, dass auf Seite 2 Zeile 21 OS auf die dort offenbarte Maßan-
gabe „1/4 Inch bis 1 1/2 Inch“ die in Klammern gesetzte, geringfügig ungenau um-
gerechnete Angabe „(ungefähr 0,5 cm bis ungefähr 3,75 cm)“ folgt. Denn der
Fachmann erkennt hier unmittelbar und eindeutig, dass nicht die in Klammern an-
gegebenen cm-Werte, sondern die auch im Patentanspruch verwendeten Inch-
Werte die ursprüngliche erfindungsgemäße Lehre darstellen, auf die es ankommt.


VI.

1. Die Anspruchsfassungen der Hilfsanträge 1 und 3 sind zulässig, insbeson-
dere sind sie – abgesehen von der bereits in den erteilten Ansprüchen enthaltenen
uneigentlichen Erweiterung – weder im Hinblick auf den ursprünglichen Inhalt der
Anmeldung nach Art. 123 Abs. 2 EPÜ noch im Hinblick auf den Schutzbereich der
geltenden Patentansprüche nach Art. 123 Abs. 3 EPÜ unzulässig erweitert.

1.1 Das zusätzliche Merkmal HI1.1.7 bzw. HI9.6 der Ansprüche 1 und 9 nach
Hilfsantrag 1, wonach mindestens eine Kante des Ausgangsmaterials frei ist von
geschwächten Bereichen für ungefähr 0,6 cm bis 3,8 cm (ungefähr 1/4 Inch bis 1
1/2 Inch) entlang jeder Reihe geschwächter Bereiche, ergibt sich aus dem ur-
sprünglichen Anspruch 4 und dem erteilten Anspruch 3. Aus der korrekten Um-
rechnung der ursprünglich in der Einheit Inch angegebenen Maße in cm ergibt
sich, wie bereits ausgeführt keine unzulässige Erweiterung.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Rückbeziehung des aus dem
erteilten Anspruch 8 hervorgegangenen Anspruchs 7 nach Hilfsantrag 1 auf den
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 nicht deshalb unzulässig, weil der Anspruch 1 nun
das Merkmal HI1.1.7 enthält, das aus dem erteilten Anspruch 3 stammt, auf den
- 40 -
der erteilte Anspruch 8 nicht rückbezogen war. Denn der erteilte Anspruch 3 war
wie auch der ursprüngliche Anspruch 4 aufgrund seiner Rückbeziehung auf den
Anspruch 1 auf ein Ausgangsmaterial für eine Polsterumformungsmaschine ge-
richtet, wodurch die Kombination auch dieses Ausgangsmaterials mit einer Pols-
terumformungsmaschine unmittelbar und eindeutig offenbart ist. Darüber hinaus
ist der Gegenstand des Anspruchs 7 nach Hilfsantrag 1 gegenüber dem erteilten
Anspruch 8 durch die Rückbeziehung auf den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 be-
schränkt. Somit liegt insoweit weder ein Hinausgehen über den Inhalt der Anmel-
dung oder des Patents noch eine Erweiterung des Schutzbereichs des Patents
vor.

Die Ansprüche 2 bis 6 nach Hilfsantrag 1 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2
und 4 bis 7.

1.2 Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 entsprechen
denen der erteilten Ansprüche 8 und 9. Es wurden lediglich anstelle der Rückbe-
ziehung auf den entfallenen erteilten Anspruch 1 dessen Merkmale in den jeweili-
gen Anspruch 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 aufgenommen, mit entsprechenden
sprachlichen Anpassungen in den Merkmalen M8.1 bzw. M9.1 und M1.1, die
nunmehr mit den Merkmalen HII8.1 bzw. HII9.1 und HII1.1 übereinstimmen.

2. Die Anspruchsfassungen der Hilfsanträge 2, 4 und 5 dagegen sind
unzulässig, weil mit ihnen ein technischer Aspekt angesprochen wird, der aus den
ursprünglich eingereichten Unterlagen weder in seiner konkreten Ausgestaltung
noch auch nur in abstrakter Form als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist,
mithin ein „Aliud“ beansprucht wird wie auch der Schutzbereich des Patents nach
Art. 123 Abs. 3 EPÜ erweitert wird.

2.1 Anspruch 1 in den Fassungen nach Hilfsantrag 2, 4 und 5 erweist sich als
unzulässig, weil er den Schutzbereich des Patents nach Art. 123 Abs. 3 EPÜ er-
weitert und zudem auf eine andere technische Lehre, ein Aliud, gerichtet ist. Ände-
rungen der Patentansprüche dürfen aber weder zu einer Erweiterung des Gegen-
- 41 -
stands der Anmeldung noch dazu führen, dass an die Stelle der angemeldeten
oder geschützten Erfindung eine andere gesetzt wird (BGHZ 66, 17 [29] = GRUR
1976, 299 – Alkylendiamine I; BGHZ 110, 123 [125] = GRUR 1990, 432 – Spleiß-
kammer). So ist es aber vorliegend.

Denn der Gegenstand von Anspruch 1 in den Fassungen nach Hilfsantrag 2, 4
und 5 ist nicht wie erteilt auf ein Ausgangsmaterial für eine Polsterumformungs-
maschine gerichtet, sondern auf einen Polsterstreifen, der von einer Polsterum-
formungsmaschine aus einem solchen Ausgangsmaterial umgeformt ist, damit
nicht auf ein Ausgangsprodukt, sondern ein bearbeitetes Zwischen- bzw. Endpro-
dukt, und steht damit zum patentierten Gegenstand in einem Ausschließlichkeits-
verhältnis (exklusives Aliud). Dieses Endprodukt besitzt zudem auch nach erfolg-
ter Umformung des Ausgangsmaterials zum Polsterstreifen nicht mehr die im
Merkmal M1 des erteilten Anspruchs 1 geforderte Eignung, von einer Polsterum-
formungsmaschine umgeformt zu werden.

Auch aus dem auf ein Verfahren zur Herstellung eines Polsterprodukts gerichteten
erteilten Anspruch 9 lässt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsanträ-
gen 2, 4 und 5 als zulässige beschränkende Änderung nicht herleiten, selbst wenn
man die Frage vernachlässigt, ob ein Kategoriewechsel von einem Herstellungs-
verfahren zu einem hergestellten Erzeugnis im Hinblick auf § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG
und die Frage einer Erweiterung des Schutzbereichs zulässig ist und unterstellen
würde, dass das Erzeugnis durch das Herstellungsverfahren als product by pro-
cess im engeren Sinne gekennzeichnet wäre (hierzu BPatG Urt. v.
21. September 2010, Az. 3 Ni 12/09 (EU); bejahend Moufang/Schulte PatG, 10.
Aufl., § 1 Rn. 180). Denn gegenüber dem erteilten Verfahrensanspruch 9, der auf
die Herstellung eines abgetrennten Polsterprodukts gerichtet ist, der also auch das
Merkmal M9.3 des Abtrennens eines Polsterprodukts von dem Polsterstreifen
umfasst, ist der jeweilige Anspruch 1 nach Hilfsanträgen 2, 4 und 5 auf das Zwi-
schenprodukt eines Polsterstreifens (18) gerichtet und nicht auf das erst daraus
durch Abtrennung nach Verfahrensanspruch hergestellte Polsterprodukt. Somit
liegt auch gegenüber dem erteilten Anspruch 9 ein Aliud vor.
- 42 -
2.2 Auch der Anspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 5 erweist sich als
unzulässig, weil sein Gegenstand durch die Änderung des Merkmals M1.1.5 zum
Merkmal HV1.1.5, wonach die im Wesentlichen von geschwächten Bereichen
freien Kantenbereiche nunmehr getrennt von jeder Reihe geschwächter Bereiche
vorgesehen sind, zu einer anderen technischen Lehre, einem Aliud, führt, und zu-
dem den Schutzbereich des Patents nach Art. 123 Abs. 3 EPÜ gegenüber den
erteilten Ansprüchen erweitert.

Da die Reihen geschwächter Bereiche, wie bereits zur Auslegung des Merkmals
M1.1.1 ausgeführt, über die gesamte Breite W der Bahn von der einen bis zur ge-
genüberliegenden Kante verlaufen, bleiben somit als Orte, die gemäß Merkmal
HV1.1.5 von den Reihen geschwächter Bereiche getrennt sind, nur noch die Ab-
schnitte zwischen den in Längsrichtung voneinander beabstandeten Reihen übrig.
Nur auf diese bezieht sich somit noch die Forderung des Merkmal HV1.1.5 nach
im Wesentlichen von geschwächten Bereichen freien Kantenbereichen. Anders als
im Merkmal M1.1.5, das durchgehend von geschwächten Bereichen freie Kanten-
bereiche verlangte, lässt das Merkmal HV1.1.5 damit zu, dass die Reihen ge-
schwächter Bereiche auch geschwächte Bereiche bis hin zu den Bahnkanten
umfassen. Somit liegt auch hierdurch ein Aliud gegenüber dem erteilten Anspruch
1 und eine Erweiterung des Schutzbereichs gegenüber den erteilten Ansprüchen
vor.


VII.

Der Gegenstand des Patents in den Fassungen nach Hauptantrag und nach den
zulässigen Hilfsanträgen 1 und 3 ist nicht patentfähig.

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist nicht neu gegen-
über der Entgegenhaltung D9:

- 43 -
D9 betrifft gemäß dem Titel, den Überschriften der Inhaltsangabe und dem dritten
Satz des Abschnitts 4.4.1 Endlosformulare aus bahnförmigem Papier. Solche
mindestens eine Lage Papier enthaltende Endlosformulare sind prinzipiell dazu
geeignet, von einer Polsterumformungsmaschine umgeformt (z. B.: zerknüllt) zu
werden. Das entspricht den Merkmalen M1, M1.1 und M1.1.6.

D9 offenbart im ersten Aufzählungspunkt des Abschnitts 4.4.1 weiterhin Querper-
forationen zum Trennen der Papierbahn in einzelne Formulare und zum Ablegen
in einem Zick-Zack-gefalteten Stapel. Das entspricht den Merkmalen M1.1.1 und
M1.1.2.

Gemäß dem Abschnitt 4.4.2, siehe den dritten Aufzählungspunkt auf Seite 15,
sollen die Perforationen so angebracht werden, dass an beiden Außenkanten
stets mit mindestens einer vollen Stegbreite begonnen wird, um einem unbeab-
sichtigten Einreißen des Blattes während der Verarbeitung vorzubeugen. Dabei ist
mit der Forderung nach „mindestens“ einer vollen Stegbreite unmittelbar offenbart,
an beiden Außenkanten mehr als eine volle Stegbreite vorzusehen. Das entspricht
den noch verbleibenden Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, M1.1.3,
M1.1.4 und M1.1.5.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist zwar durch die
D9 weder vorweggenommen noch nahegelegt, er ergibt sich aber naheliegend
ausgehend von der Lehre der Entgegenhaltung D5.

2.1. Wie ausgeführt, steht die Entgegenhaltung D9 dem Gegenstand des An-
spruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nicht entgegen:

Für die Frage der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, um
welche Leistung der Stand der Technik bereichert wird, was die Erfindung also
gegenüber diesem tatsächlich leistet (BGH GRUR 2009, 382 – Olanzapin; BGH
GRUR 2009, 1039 – Fischbissanzeiger; BGH GRUR 2003, 693 – Hochdruckreini-
ger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können und
- 44 -
zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu
ändern.

Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß die
technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei
nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr
oder weniger zwangsläufig darstellen und es – abgesehen von denjenigen Fällen,
in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zu-
sätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender
Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür bedarf, die Lösung
des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR
2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

Insoweit ist für die Beurteilung der Lehre des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 zu-
nächst festzustellen, dass die Lehre der D9, die Perforationen so anzubringen,
dass an beiden Außenkanten stets mit mindestens einer vollen Stegbreite begon-
nen wird, zwar mehr als eine volle Stegbreite offenbart, nicht aber ein Vielfaches
einer Stegbreite, die gemäß dem Abschnitt 4.4.2 der D9, dort als Steglänge be-
zeichnet, im Bereich von 0,8 bis 1,2 mm liegen soll.

Die mit dem Merkmal Hl1.1.7 konkretisierte Lehre, den Steg an der Papierkante
wesentlich breiter als eine normale Perforationsstegbreite auszuführen, ergab sich
für den nach einer Problemlösung suchenden Fachmann ausgehend von der ein
Druckerpapier betreffenden D9 auch nicht in naheliegender Weise. Vielmehr zog
der Fachmann – hier ein für die Perforation von Druckerpapier in Form von in Sta-
peln abzulegenden Endlosformularen zuständiger Fachmann – breitere Stege an
der Papierkante nicht in Betracht, weil wesentlich breitere Perforationsstege zu
unsauberen Faltungen und damit zu Ablageschwierigkeiten im Stapel führen. Die
ebenfalls Druckerpapier betreffende Entgegenhaltung D12 nennt beispielsweise in
Spalte 2 Zeilen 6 bis 12 eine Obergrenze von 1,4 mm für saubere Faltungen. So
heißt es dort: „Ist hingegen der Papiersteg oder Schnitt am Anfang/Ende der Per-
forationslinie breiter als ca. 1,4 mm, oder ist die Perforation durch die Messerleiste
- 45 -
nicht sauber erzeugt worden, kann das Endlospapier seine für die Z-Faltung erfor-
derliche ideale Faltlinie nicht finden. Der Falz kann so außerhalb der theoretischen
Faltlinie entstehen. Spannungen im Papierstapel sind die Folge, welche zu
Schrägstapeln führen.“

Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies zum Wissen des Fachmanns zählt, oder
er die D12 hinzuzieht. Denn auch wenn unterstellt wird, ein Fachmann, dem dieser
Zusammenhang nicht bekannt sei, würde breitere Stege an den Papierkanten er-
proben, so würde dies zu den genannten unsauberen Faltungen und Ablage-
schwierigkeiten im Stapel führen und ihn somit von breiteren Stegen abhalten.

Der Fachmann gelangte deshalb ausgehend von D9 nicht naheliegend zu einem
von Schwächungen freien Kantenbereich mit einer Breite von mindestens unge-
fähr 0,6 cm bzw. mindestens ungefähr 1/4 Inch, wie von Merkmal HI1.1.7 gefor-
dert.

2.2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ergibt sich in
naheliegender Weise aus der Lehre der D5:

Die D5 betrifft gemäß dem Titel und Spalte 1 Zeilen 24 bis 26 ein bahnförmiges,
mindestens eine Lage Papier enthaltendes Material, das beispielsweise Einwi-
ckelpapier/Packpapier (wrapping paper) sein kann. Solches Einwickelpapier ist
prinzipiell dazu geeignet, von einer Polsterumformungsmaschine umgeformt (z. B.:
zerknüllt) zu werden. Das entspricht den Merkmalen M1, M1.1 und M1.1.6.

Gemäß D5 Spalte 1 Zeilen 13, 14 sowie
Fig. 1 mit Beschreibung in Spalte 5 Zeilen 3
bis 11 und 21 bis 28 sind quer zur Bahn ver-
laufende Perforationslinien, d. h. Reihen ge-
schwächter Bereiche, zum Abtrennen einzel-
ner Blätter von der Bahn vorgesehen. Das
entspricht den Merkmalen M1.1.1 und
M1.1.2.
- 46 -
Die D5 lehrt weiter, siehe Spalte 3 Zeilen 23 bis 29, die Perforationslinie in ver-
schiedene Bereiche zu unterteilen. Diese unterscheiden sich durch die Längen der
Perforationsschnitte und der zwischen den Perforationsschnitten verbleibenden
Perforationsstege, in D5 „zerbrechliche Bereiche“ (frangible portions) genannt. Ein
Bereich, in dem das Trennen beginnen soll (separation initiation region), kann da-
bei schmalere Stege aufweisen. Das entspricht den Merkmalen M1.1.3 und
M1.1.4.

Figur 8 der D5 zeigt beispielhaft eine Perforationslinie, die in fünf Bereiche J bis N
unterteilt ist. Diese können gemäß Spalte 7 Zeilen 38 bis 40 symmetrisch oder
asymmetrisch zur
Breite der Papier-
bahn angeordnet
sein. In diesem
Ausführungs-
beispiel verläuft die
Perforationslinie
über die gesamte
Breite der Papierbahn, siehe auch Spalte 7 Zeilen 34 bis 36. An anderer Stelle
wird jedoch auch die Möglichkeit genannt, verkürzte Perforationslinien
vorzusehen, siehe Spalte 5 Zeilen 27 bis 36. Der Fachmann gelangt somit durch
eine Auswahl aus diesen ausdrücklich genannten Alternativen ohne erfinderisches
Zutun, nämlich indem er eine verkürzte Perforationslinie vorsieht und diese
symmetrisch anordnet, auch zu einer Papierbahn mit von geschwächten
Bereichen freien seitlichen Kantenbereichen entsprechend dem Merkmal M1.1.5
und somit bereits zu sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag.

Wie in Spalte 7 Zeilen 12 bis 23 angegeben, kann die Breite (width T) der Perfora-
tionsstege (frangible portions) im Bereich von 0,3 bis 1,8 mm liegen, wobei die
Perforationsstege einen Anteil von 10 bis 30 % der Perforationslinie ausmachen.
Daraus ergibt sich eine Gesamtlänge für einen Perforationssteg und einen Perfo-
rationsschnitt von 0,1 bis 1,8 cm. Der Fachmann gelangt so durch eine bloße
- 47 -
Auswahl aus den gegebenen Bereichen zu einer Gesamtlänge von beispielsweise
mehr als 0,3 cm.

Zum Kürzen der Perforationslinie ergibt es sich zwanglos, im Kantenbereich je-
weils einen oder mehrere Perforationsschnitte wegzulassen. Schon durch Weg-
lassen eines Schnittes entsteht somit ein seitlicher Kantenbereich, der für unge-
fähr die Gesamtlänge eines Perforationssteges und eines Perforationsschnittes –
beispielsweise für mehr als 0,3 cm – frei ist von geschwächten Bereichen. Der
Fachmann gelangt somit ohne erfinderisches Zutun auch zum Merkmal HI1.1.7
des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ergibt sich für den
Fachmann in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Entgegenhal-
tungen D0 und D11.

3.1 Sowohl die Entgegenhaltung D9 als auch die D5 stehen allerdings den An-
sprüchen 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 nicht entgegen:

D9 betrifft Druckerpapier, d.h. zum Bedrucken vorgesehenes Papier, in Form per-
forierter bahnförmiger Endlosformulare. D9 enthält keinen Hinweis darauf, dieses
Druckerpapier mit einer Polsterumformungsmaschine zu einem Polsterprodukt
umzuformen.

Der Hinweis der Klägerin, auch die Streitpatentschrift nenne im Abs. [0018] unter
anderem Zeitungsdruckpapier (news print) als Material, das in einer streitpatent-
gemäßen Ausgangsmaterialbahn enthalten sein könne, ändert daran nichts.

Das in D5 offenbarte bahnförmige Material ist dazu vorgesehen, von einem Spen-
der (dispensing system) ausgegeben zu werden. Auch der Spender selbst ist Ge-
genstand der Lehre der D5, siehe Spalte 1 Zeilen 13, 14. Als Aufgabe ist dabei in
Spalte 2 Zeilen 24 bis 27 angegeben, die Zuverlässigkeit zu verbessern, so dass
- 48 -
der Benutzer stets ein einzelnes, völlig intaktes Blatt erhält, das entlang der Perfo-
rationslinie sauber und vollständig von der verbleibenden Bahn abgetrennt ist.

D5 enthält keinen Hinweis darauf, das offenbarte bahnförmige Material mit einer
Polsterumformungsmaschine zu einem Polsterprodukt umzuformen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Entgegenhaltung D5 stehe auch
den Ansprüchen 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 entgegen, denn der in D5 beschrie-
bene Spender sei eine Polsterumformungsmaschine im Sinne des Streitpatents.
Das ergebe sich daraus, dass gemäß der D5, siehe Fig. 7 und Spalte 15 Zeilen 25
bis 27, vorgesehen sei, den Spender mit einem verengten Auslass mit einer Breite
S von nur 20 % bis 90 % der Papierbahnbreite W vorzusehen. Bei einer Auslass-
breite von nur 20 % der Papierbahnbreite werde das Papier jedoch unweigerlich
dreidimensional umgeformt und zerknittert.

Diese Argumentation übersieht jedoch, dass die Lehre der D5 gemäß Spalte 2
Zeilen 24, 25, die Aufgabe lösen soll, das auszugebende Material und den Spen-
der so zu verbessern, dass der Benutzer stets ein völlig intaktes Blatt (fully intact
sheet) erhält. Dementsprechend entnimmt der Fachmann der von der Klägerin
angegebenen Textstelle gerade nicht, den Auslass mit einer Breite S von 20 % der
Papierbahnbreite W vorzusehen, sondern vielmehr die Breite des Auslasses S im
angegebenen Bereich von 20 % bis 90 % der Papierbahnbreite W so zu wählen,
dass der Benutzer stets ein völlig intaktes Blatt – und nicht etwa ein zerknittertes
Blatt – erhält, wie in Fig. 6 dargestellt.

Im Übrigen wird auch, wenn, wie von der Klägerin weiterhin ausgeführt, vor dem
Anmeldetag des Streitpatents bekannt war, Packpapier zu zerknüllen um damit
beim Verpacken von Gegenständen Hohlräume auszustopfen, dadurch ebenfalls
keine Beziehung zwischen dem in D5 offenbarten bahnförmigen Material mit quer
zur Bahn verlaufende Perforationslinien und einer Polsterumformungsmaschine
hergestellt.

- 49 -
3.2 Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 ergeben sich
jedoch für den Fachmann in naheliegender Weise aus den Entgegenhaltungen D0
als weiterzubildender Stand der Technik und D11.

3.2.1 Die Entgegenhaltung D0 betrifft gemäß Spalte 1 Zeilen 6 bis 9 die Herstel-
lung eines Polsterprodukts aus einem Ausgangsmaterial für eine Polsterumfor-
mungsmaschine mittels einer Polsterumformungsmaschine.

Als Ausgangsmaterial ist, siehe Spalte 1 Zeilen 40 bis 42 und 59 bis 67, ein- oder
mehrlagiges bahnförmiges Papier vorgesehen. Dieses wird von der Polsterumfor-
mungsmaschine in einen Polsterstreifen vergleichsweise geringerer Dichte um-
geformt, siehe Spalte 3 Zeilen 6 bis 11. Von diesem Polsterstreifen werden jeweils
entlang von Reihen
geschwächter Berei-
che in Form von
Perforationslinien
einzelne Polsterpro-
dukte abgetrennt,
siehe Spalte 2
Zeilen 47 bis 52. Das
entspricht den Merkmalen HII8.1, HII1.1, M1.1.6, M8.2, M8.2.1 und M8.2.2 des
Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 und den Merkmalen M9, HII9.1, HII1.1, M1.1.6,
M9.2 und M9.3 des Anspruchs 2 nach Hilfsantrag 3.

- 50 -
D0 schlägt vor, entweder die Perforationslinien nach dem Umformen des

Ausgangsmaterials zum Polsterstreifen anzubringen, siehe Spalte 3 Zeilen 11 bis
14 und die entsprechende Vorrichtung 25 in Fig. 1, 2, beschrieben in Spalte 4
Zeilen 25 bis 32, oder alternativ dazu ein vorperforiertes bahnförmiges Aus-
gangsmaterial (pre-perforated sheet stock material) mit quer zur Bahnrichtung
verlaufenden Perforationslinien zu verwenden, wie in Fig. 6A dargestellt und in
Spalte 6 Zeilen 5 bis 14 beschrieben. Die letztere Alternative entspricht auch den
Merkmalen M1.1.1 und M1.1.2 der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3.

Auf die Ausführung der Perforationslinien wird in der Beschreibung der D0 nicht
weiter eingegangen. Die Fig. 6A
zeigt von einer Bahnkante bis zur
anderen durchgehende Perforati-
onslinien. Die Merkmale M1.1.3,
M1.1.4 und M1.1.5 der Ansprüche
1 und 2 nach Hilfsantrag 3 sind
daher in D0 nicht offenbart. Sie ergeben sich jedoch ohne erfinderisches Zutun bei
der praktischen Umsetzung der Lehre der D0:

- 51 -
Die D0 geht von einer Polsterumformungsmaschine 10 aus, bei der das bahnför-
mige Ausgangsmaterial von einer Zufuhreinheit 15 der Umformungseinheit 20 zu-
geführt wird, wie in der Fig. 1 der D0 wiedergegeben und Spalte 4 Zeilen 22 bis 28
ausgeführt wird.

3.2.2 Der Fachmann, der von dem Stand der Technik auf dem Gebiet dieses
speziellen Typs von Polsterumformungsmaschinen der D0 ausging, und ein nach
der Lehre der D0 vorperforiertes Ausgangsmaterial in der Polsterumformungsma-
schine verarbeiten wollte, sah sich vor das Problem gestellt, dass eine Kanten-
spannung in einer Höhe, die selbst bei nicht vorperforiertem Ausgangsmaterial zu
Rissen führen kann, bei einem bereits mit quer über die Bahn verlaufenden Perfo-
rationslinien versehenen und dadurch geschwächten Ausgangsmaterial zu einem
vorzeitigen Abreißen der Bahn und einem Verstopfen der Polsterumformungsma-
schine führen kann.

Aus der D11, die den gleichen speziellen Typ von Polsterumformungsmaschinen
betrifft, war dem Fachmann bekannt, dass die Kantenbereiche des bahnförmigen
Ausgangsmaterials bei der Zufuhr einen weiteren Weg zurücklegen als dessen
mittlerer Bereich, siehe in D11 Spalte 2 Zeilen 9 bis 18 und Spalte 6 Zeilen 27 bis
35 in Verbindung mit Fig. 2 der D11, in der die Kantenbereiche 99 und der mittlere
Bereich 98 eingezeichnet sind. Dadurch entsteht im Kantenbereich Spannung
(„edge tension“), die selbst bei nicht vorperforiertem Ausgangsmaterial, wie in D11
vorgesehen, zu kontinuierlichen Rissen führen kann, die wiederum die Umformung
in ein akzeptables Polsterprodukt verhindern, siehe in D11 Spalte 2 Zeilen 18 bis
24.

Wie in D11 weiter ausgeführt wird, konnte diese Kantenspannung zwar durch Än-
derungen an der Polsterumformungsmaschine eliminiert werden, dies führte je-
doch zu nicht zufriedenstellenden Polsterprodukten, siehe D11, Spalte 2 Zeilen 24
bis 38. Daraus wird in D11 der Schluss gezogen, dass eine gewisse Kantenspan-
nung erforderlich sei, siehe Spalte 2 Zeilen 38 bis 43.

- 52 -
In D11 wird vorgeschlagen, eben nicht die Kantenspannung soweit zu reduzieren,
dass keine Risse im Kantenbereich mehr auftreten, sondern als Kantenspan-
nungs-Steuervorrichtung 31 eine Umlenkrolle 100, über die das Ausgangsmaterial
geführt wird, mit im Durchmesser verringerten Bereichen („sagging gaps“) 106
dicht neben den Außenkanten der Rolle zu versehen, in die nach einer etwaigen
Rissbildung der Kantenbereich der Ausgangsmaterialbahn hineinsackt, so dass
die Kantenspannung vorübergehend verringert wird und dadurch die Rissbildung
gestoppt werden kann, siehe Spalte 6 Zeile 56 bis Spalte 7 Zeile 49.

Dieser Vorschlag der D11, die Ausgangsmaterialbahn mit so hoher Kantenspan-
nung zuzuführen, dass selbst bei nicht vorperforiertem Ausgangsmaterial Risse im
Kanterbereich auftreten, war – für den Fachmann offensichtlich – auf Ausgangs-
material mit quer durchgehenden Perforationslinien gemäß D0 nicht anwendbar,
da bei diesem durch die Perforationslinien geschwächten Ausgangsmaterial ein
vorzeitiges Abreißen entlang der Perforationslinien ausgehend von den span-
nungsbelasteten Kantenbereichen zu erwarten war.

- 53 -
Da, wie dem Fachmann aus D11 bekannt war, eine Verringerung der Kanten-
spannung nicht in Frage kommt, weil sie zu nicht zufriedenstellenden Polsterpro-
dukten führt, kamen entsprechende Änderungen an der Polsterumformungsma-
schine zur Lösung des Problems eines Abreißens der Ausgangsmaterialbahn
nicht als erfolgversprechend in Frage.

Weil andererseits die Perforationen gemäß der Lehre der D0 ausdrücklich dazu
vorgesehen sind, ein Abreißen der Bahn zu ermöglichen und auch die weiterzubil-
dende Lehre ein solches Abreißen weiterhin ermöglichen sollte, lag es für den
Fachmann auf der Hand, der Lehre der D11 folgend, dass lediglich die Kantenbe-
reiche der Bahn spannungsbelastet und somit rissgefährdet sind, diese Anregung
zur Problemlösung aufzunehmen und nur in den Kantenbereichen keine Perfora-
tion vorzusehen. Diese Erkenntnis und damit die erfindungsgemäße Problemlö-
sung ergab sich für den Fachmann deshalb nach Überzeugung des Senats ohne
erfinderisches Zutun, sie musste sich ihm geradezu aufdrängen.

Auch die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, sondern bestätigt, dass der im
Streitpatent genannte Ausgangspunkt eines weiterzubildenden Standes der Tech-
nik von Polsterumformungsmaschinen, welche die beschriebenen Probleme hat-
ten, und wie in Absätzen [0006] und [0007] des Streitpatents beschrieben, unan-
sehnliche Polsterprodukte erzeugten oder beim Betrieb verstopften. Sie hat wei-
terhin die Auffassung geteilt, dass dementsprechend auch der Fachmann aus dem
Bereich der Polsterumformung zu bestimmen und die Aufgabe zu lösen sei, ein
vorzeitiges Abreißen des Ausgangsmaterials oder ein Verstopfen der Maschine zu
verhindern, auch wenn der im Streitpatent genannte Stand der Technik nicht im
Kontext mit dieser Problemstellung stehe; es habe aber unterschiedliche Lösun-
gen gegeben; so könne man das Papier langsamer laufen lassen, wie in der D3
könne die Maschine intern verbessert oder anderes, besseres Ausgangsmaterial
verwendet werden.

Diese Argumentation steht der Annahme nicht entgegen, dass die erfindungsge-
mäße Lösung dem Fachmann aus den dargelegten Gründen nahegelegt war, zu-
- 54 -
mal die Beklagte für die von ihr alternativ beschriebenen Lösungen keine sich an-
bietenden nahegelegten und erfolgversprechenden konkreten Lösungsmittel ge-
nannt hat; hierauf kommt es aber bereits deshalb nicht an, weil eine oder mehrere
sich anbietende Alternativlösungen als solche der Annahme nicht entgegenste-
hen, dass die Suche der Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Er-
findung sich aus den angegebenen Gründen als eine naheliegende Lösung er-
wies. So ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass selbst bei einer Anzahl
überschaubarer alternativer Lösungsansätze, von denen jede spezifische Vor- und
Nachteile hat, und die sich als gleichwertige, ebenso vorzugswürdige Alternativen
darstellen, in der Regel für den Fachmann Anlass besteht, jeden dieser Lösungs-
ansätze in Betracht zu ziehen (BGH GRUR 2012, 261 – E-Mail via SMS), und
dass das Beschreiten eines jeden von mehreren unterschiedlichen Wegen zur
Problemlösung naheliegen kann (BGH GRUR 2015, 356 – Repaglinid). Dies gilt
vorliegend insbesondere auch deshalb, weil der Fachmann aus den genannten
Gründen gerade in der Weiterbildung der Perforierung des Papiers eine Lösung
erkannte, die mit hoher Erfolgserwartung eine funktionierende und auch kosten-
günstige Lösung seines Problems darstellte (BGH GRUR 2012, 803 – Calcipotriol-
Monohydrat).

Im Übrigen war es, nachdem der angesprochene Fachmann aufgrund seiner ei-
genen Sachkunde erkannte, dass das Abreißen der perforierten Papierbahn durch
Maßnahmen an der Papierbahn und nicht durch eine Weiterbildung der Polster-
umformungsmaschine verhindert werden musste, auch für den angesprochenen
Verpackungstechnik-Fachmann naheliegend, sich näher mit dem Ausgangsmate-
rial und der Art und Bedeutung von Perforierungen im Allgemeinen zu befassen
und zu informieren oder einen Spezialisten hinzuziehen (BGH GRUR 2010, 41 –
Diodenbeleuchtung). Das schloss auch die Information mit ein, wie Perforationsli-
nien an Papierbahnen für andere Anwendungen ausgeführt werden. Er stieß so
auf die D9, auch wenn sich diese mit Endlosformularen beschäftigt, und gelangte
auch auf diesem Weg ohne erfinderisches Zutun zu den Merkmalen M1.1.3,
M1.1.4 und M1.1.5, wie zum Anspruch 1 nach Hauptantrag ausgeführt, und damit
zur Lehre der Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3.
- 55 -
VIII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1
PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.


R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelas-
senen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik
Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und
innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung
des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von
fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert wer-
den.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung
gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung
eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte
Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


Engels Kopacek Dr. Krüger Ausfelder Dr. Schwenke

prö


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