4 Ni 26/15  - 4. Senat (Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 253
08.05

BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES

4 Ni 26/15
(Aktenzeichen)

URTEIL


Verkündet am
8. Juni 2017





In der Patentnichtigkeitssache





















- 2 -
betreffend das europäische Patent 2 234 658
(DE 50 2008 003 461)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter
Engels, die Richter Dipl.-Phys. Univ. Dr. Müller und Dipl.-Ing. Veit sowie die
Richterinnen Dorn und Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer

für Recht erkannt:


U r t e i l


I. Das europäische Patent 2 234 658 wird für das Hoheitsgebiet der
Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es über
folgende Fassung hinausgeht:

- 3 -


- 4 -

- 5 -


- 6 -

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte zu 3/4
und die Klägerin zu 1/4.

VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

1. Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten europäischen Patents EP 2 234 658, deutsches Akten-
zeichen DE 50 2008 003 461 (Streitpatent), das am 27. August 2008 angemeldet
und am 4. Mai 2011 erteilt worden ist. Das Streitpatent mit der Bezeichnung
- 7 -
„Katheter-Vorrichtung“ betrifft eine solche mit einer langgestreckten Antriebswelle
[vgl. Abs. [0001]).
Das Streitpatent ist aus einer Nachanmeldung hervorgegangen, welche die
Priorität der Stammanmeldung zum EP-Patent 2 047 872, deutsches Akten-
zeichen DE 50 2007 005 015, beansprucht. Letzteres weist identische Patent-
ansprüche 1 und 2 wie das Streitpatent auf und ist Gegenstand des zwischen den
Parteien rechtshängigen Nichtigkeitsverfahrens vor dem erkennenden Senat
4 Ni 25/15.
Das Streitpatent umfasst 15 Patentansprüche, die von der Klägerin sämtlich
angegriffen werden.

Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:

Katheter-Vorrichtung umfassend,
- einen am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1)
befindlichen Motor (7),

- eine sich vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) bis
zum distalen Endbereich erstreckende Antriebswelle (4) zum Antrei-
ben eines sich am distalen Ende der Katheter-Vorrichtung (1)
befindlichen drehenden Elementes,

dadurch gekennzeichnet, dass die Antriebswelle (4) am proximalen
Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1) mittels einer Kupplung (9) mit
dem Motor verbunden ist, und die Kupplung (9) eine Magnetkupplung
mit einer proximalen und einer distalen Magneteinheit (23.1, 23.2) ist,
wobei die proximale Magneteinheit (23.2) mit dem Motor (7)
verbunden ist und die distale Magneteinheit
(23.1) mit der Antriebswelle (4) verbunden ist, und die distale
Magneteinheit (23.1) in einem Kupplungsgehäuse (19) gelagert ist und
von der proximalen Magneteinheit (23.2) durch eine Wandung (24)
räumlich getrennt ist.
- 8 -
Wegen des Wortlauts der erteilten abhängigen Ansprüche 2 bis 15 wird auf den
Akteninhalt verwiesen.

Auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin und den begründeten Widerspruch der
Beklagten hat der Senat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom
7. November 2016 nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet, auf dessen Inhalt Bezug
genommen wird.

Hierauf verteidigt die Beklagte das Streitpatent nicht mehr in der erteilten Fassung,
sondern zuletzt nur noch eingeschränkt mit neuem Hauptantrag sowie mit
Hilfsanträgen 1 bis 3, jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 28. Februar 2017.

Die Klägerin macht insoweit den bereits mit der Klageerhebung eingeführten
Nichtigkeitsgrund geltend, dass die beanspruchten Gegenstände nach dem
Haupt- und den Hilfsanträgen 1 bis 3 jeweils nicht patentfähig seien, da diese nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG
i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 52, Art. 56 EPÜ) und ergänzend –
hinsichtlich der Anspruchsfassungen nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 – den
Nichtigkeitsgrund unzulässiger Erweiterung (in Form einer unzulässigen
Zwischenverallgemeinerung, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138
Abs. 1 Buchst. c EPÜ).

Die Klägerin stützt sich zum Stand der Technik auf folgende Dokumente:

K1 Anlagenkonvolut "Reitan", umfassend
K1.1 André Dekker et al., "Efficacy of a New Intraaortic Propeller Pump
vs. the Intraaortic Balloon Pump", Chest Journal, Juni 2003, 2089-
2095 ("Dekker”)
K1.2 JOMED GmbH, Marketing-Broschüre ("JOMED-Broschüre II”)
K1.2.1 Historischer Handelsregisterauszug HRB 547, Abt. B des
Amtsgerichts Hechingen zur Firma JOMED IMPLANTATE GmbH
bzw. JOMED GmbH
- 9 -
K1.3 Martin Rothman, "The Reitan Catheter Pump: A New Versatile
Aproach for Hemodynamic Support", Präsentation beim
Transcatheter Cardiovascular Therapeutics Kongress am 26.
Oktober 2006 "Rothman”)
K1.3.1 Programm der TCT 2006 zur Präsentation (= K1.3) von Martin
Rothman beim Transcatheter Cardiovascular Therapeutics
Kongress am 26. Oktober 2006 über die Reitan-
Herzkatheterpumpe ("Reitan percutaneous cardiac pump")
K1.4 CD mit einem Video der RCP
K1.5 Ausdruck aus Wayback Machine, archivierte Version der Internet-
seite der Firma JOMED (www.jomed.com/products/reitan-
catheterpump ...) vom 22. Februar 2003 ("JOMED-Internetseite”)
K1.6 JOMED GmbH, Marketing-Broschüre ("JOMED-Broschüre I”)
K1.7 Øyvind Reitan et al., "Hydrodynamic Properties of a New Percuta-
neous Intra-aortic Axial Flow Pump", ASAIO Journal 46(3):323-
329, 2000 ("Reitan 2000”)
K1.8 Øyvind Reitan, "Evaluation of a New Percutaneous Cardiac Assist
Device", Dissertation, Lund University 2002 ("Reitan Dissertation”)
K1.9 Øyvind Reitan et al., "Hemodynamic Effect of a New
Percutaneous Circulatory Support Device in a Left Ventricular
Failure Model", ASAIO Journal 2003, 731 et seq. ("Reitan 2003”)
K2 Anlagenkonvolut "Sieß" umfassend
K2.1 Thorsten Sieß, "Systemanalyse und Entwicklung intravasaler
Rotationspumpen zur Herzunterstützung", Dissertation, Shaker
Verlag, Aachen, 1999
K2.2 Thorsten Sieß, Christoph Nix und Frank Menzler, "From a lab type
to a product: A retrospective view of impella’s assist technology”,
Artificial Organs, 25(5): 414-421, Blackwell Science, Inc., 2001
K2.3 Thorsten Sieß, Helmut Reul und Günter Rau, "Concept,
realization, and first in vitro testing of an intraarterial microaxial
blood pump", Artificial Organs, 19(7): 644-652, Blackwell Science,
Inc., Boston, 1995
- 10 -
K2.4 WO 97/37698, Thorsten Sieß et al., "Intravasale Blutpumpe",
veröffentlicht 16. Oktober 1997
K2.5 T. Sieß, H. Reul, G. Rau, "Hydraulic refinement of an intraarterial
microaxial blood pump", The International Journal of Artificial Or-
gans, Vol. 18, Nr. 5, 1995
K2.6 Thorsten Sieß und Helmut Reul, "Basic Design Criteria for Rotary
Blood Pumps", H. Matsuda, Rotary Blood Pumps, Springer,
Japan, 2000
K4 US 4,115,040 B1 ("Knorr")
K5 US 4,686,982 ("Nash")
K6 US 5,405,383 ("Barr")
K7 US 6,245,007 ("Bedingham")
K8 WO 99/044651 A1 ("Schmitz-Rode") [im Streitpatent genannt]
K9 DE 100 59 714 C1 ("Sieß") [im Streitpatent genannt]
K10 DE 11 2004 001 809 T5 ("Allaire")
K11 Compendium of Technical and Scientific Information for the Hemopump
Temporary Cardiac Assist System, Johnson & Johnson Interventional
Systems 1988
K12 W. Aboul-Hosn und R. Wampler, "The Hemopump: Clinical Results and
Future Applications", Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 1995, S. 152-165.
K13 Thomas Schmitz-Rode et al., "An Expandable Percutaneous Catheter
Pump for Left Ventricular Support", Journal of the American College of
Cardiology, Vol. 45, No. 11, 2005, S. 1856–1861
K14 WO 2007/112033 A2 ("McBride")
K14.1 WIPO-Patentscope-Registerauszug zu WO 2007/112033 A2
K15 Charles de Marolles, Siegfried Liegat, "Leckagefreie Pumpen dank
Magnetkupplung", Sulzer Technical Review, 3/2000
K16 DE 39 22 426 A1
K25 Gutachten Prof. Willem A. Hoyng vom 19.09.2016
K26 US 60/785,531
K27 US 60/785,299
K28 US 2006/0062672 A1 ("McBride")
- 11 -
K29 US 60/610,938
K30 Brücker, Ch. et al., "Strömungstechnische Auslegung und Optimierung
einer perkutan implantierbaren Miniatur-Blutpumpe", Biomedizinische
Technik, Band 47, Ergänzungsband 1, Teil 1, 2002, S. 114-117
K31 US 2005/0137680 A1
K32 US 2003/0149473 A1
K33 WO 2006/111954 A2
K34 Ferrari M. et al., "Successful High-Risk Coronary Angioplasty in a Patient
with Cardiogenic Shock under Circulatory Assist with a 16F Axial Flow
Pump", Catheterization and Cardiovascular Interventions 66, 2005, S. 557–
561
K35 US 6,007,478

Soweit die Beklagte bestreite, dass die Dokumente K1.2 bis K1.6 des Anla-
genkonvoluts K1 öffentlich zugänglich gemacht worden seien, und sich auf einen
Geheimhaltungsvorbehalt berufe, sei dies unzutreffend und werde bereits durch
die äußeren Umstände und den Zeitablauf widerlegt. Die Klägerin macht mit
Schriftsatz vom 21. Oktober 2016 eine offenkundige Vorbenutzung der „Reitan
Herzkatheterpumpe (RCP)“ geltend und hat mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2016
ihren diesbezüglichen Sachvortrag und das Beweisangebot auf Einvernahme u.a.
der Zeugen Dekker, Reesink und van der Veen (= Autoren der K1.1) weiter
präzisiert. Ergänzend hat sie sich auf das parallele Streitverfahren der Parteien vor
dem High Court of Justice und der dort von den Zeugen abgegebenen
schriftlichen Erklärungen sowie der Einvernahme des Zeugen Dekker berufen (vgl.
Anlagen K17 bis K23 zum Schriftsatz der Klägerin vom 21. Oktober 2016). Sie hat
ferner mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2016 das im englischen Verfahren
zwischenzeitlich ergangene Urteil des High Court of Justice vom 28. Oktober 2016
als Anlage K24 vorgelegt und darauf verwiesen, dass die dort zur Entscheidung
anstehenden Ansprüche 1, 5, 7, 8, 21 und 22 sämtlich als nicht patentfähig
angesehen worden sind und der High Court die geltend gemachte offenkundige
Vorbenutzung der „Reitan Herzkatheterpumpe (RCP)“ ohne Zweifel bestätigt hat,
- 12 -
während er die von der Beklagten geltend gemachte Geheimhaltungsverpflichtung
u. a. nach Zeugeneinvernahme Dekker verneint hat.

In der mündlichen Verhandlung hat sich die Klägerin bei ihrem Vortrag zur fehlen-
den Patentfähigkeit auf die Druckschrift K1.1 als Ausgangspunkt gestützt. So
seien dem Fachmann die Merkmale P1 bis A2.3 zum Zeitpunkt der Anmeldung
des Streitpatents aus dieser Druckschrift ohne Weiteres ersichtlich gewesen. Der
Fachmann werde K1.1 auch heranziehen, da zum einen die Lehre des Streit-
patents nicht auf eine Verwendung der Pumpe in der linken Herzkammer
eingeschränkt sei und sich zum anderen die Position der „Reitan-Pumpe“ nicht auf
die absteigende Aorta beschränke, sondern von der Art der Anwendung abhänge;
im Übrigen werde in K 1.1 (und auch in K 1.2) ausdrücklich die linksventrikuläre
Unterstützung des Herzens durch die „Reitan-Pumpe“ beschrieben.

Die weiteren Merkmale A7 und A8 des geltenden Anspruchs 1 nach Hauptantrag
könnten eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen, da diese Merkmale
bei einer Magnetkupplung der hier in Rede stehenden Art eine glatte
Selbstverständlichkeit seien, die der Fachmann ohne Weiteres mitlese. Abgese-
hen davon werde die beanspruchte drehbare Lagerung über ein Gleitlager in K 2.1
und K 2.2 gezeigt, und zwar durch ein axial angeordnetes Gleitlager, das eine
gute Zentrierung gewährleiste.

Auch die Hilfsanträge 1 bis 3 seien - abgesehen von der insoweit bemängelten
fehlenden ursprünglichen Offenbarung des Merkmals HA1 - nicht geeignet, eine
Patentfähigkeit zu begründen. Das Merkmal HA1 definiere eine axiale Ver-
schiebbarkeit der distalen Magneteinheit in Richtung distal, ohne dabei zu
benennen, mit welchen technischen Mitteln diese Verschiebbarkeit realisiert
werden solle. Die hierfür erforderlichen konstruktiven Elemente würden erst mit
Merkmal HA2 eingeführt. Jedenfalls könne Merkmal HA1 keine erfinderische
Tätigkeit begründen, denn dem Fachmann verbleibe bei der sich ihm stellenden
Aufgabe, bei einer Stirndrehkupplung eine „Entkopplung“ zu realisieren, quasi
keine andere sinnvolle Alternative, als das Entfernen der distalen Magneteinheit
- 13 -
durch die Abstoßungskräfte, wobei die Abstoßung aufgrund des Aufbaus nach
distal erfolgen müsse. Die Klägerin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung auf
Frage erklärt, dass ein Stand der Technik insoweit nicht entgegengehalten werden
könne.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das europäische Patent 2 234 658 mit Wirkung für das Ho-
heitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland vollumfänglich für
nichtig zu erklären,

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen, soweit das europäische Patent 2 234 658
mit Hauptantrag vom 28. Februar 2017 verteidigt wird, hilfsweise
die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit Hilfsanträgen 1
bis 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 28. Februar 2017, verteidigt
wird.

Wegen des Wortlauts der jeweiligen Anspruchssätze nach dem Hauptantrag und
den Hilfsanträgen 1 bis 3 wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom
28.02.2017 verwiesen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Anspruchsfassung nach Hauptantrag sei
erfinderisch gegenüber dem geltend gemachten Stand der Technik.

So sei die „Reitan Herzkatheterpumpe (RCP)“ vorliegend kein geeigneter
Ausgangspunkt für die Frage der erfinderischen Tätigkeit, da sich ihr Sitz in der
Aorta vor dem Bogen oder danach befinde und ein Druckgefälle in der Aorta
erzeuge, wobei das Blut auch aus den Koronararterien angesaugt werde und
deshalb das Gegenteil erfolge, was nach dem Streitpatent - als ventrikuläres
Unterstützungssystem - erwünscht sei, nämlich eine vermehrte Blutmenge
- 14 -
zuzuführen. Der Fachmann würde daher K 1.1 nicht heranziehen. Die mit dem
Merkmal A7 beanspruchte drehbare Lagerung über ein Gleitlager, durch die das
Schwingungsverhalten verbessert werde, sei im Stand der Technik nicht gezeigt.
Der Fachmann habe ausgehend von K 1.1 insbesondere keine Veranlassung,
isoliert die diesbezügliche Lehre aus K 2.1 zur Weiterbildung heranzuziehen, weil
dort eine andere Pumpe, nämlich eine implantierte Pumpe mit geringem Dreh-
moment beschrieben sei und dort zudem die hier in Rede stehende Pumpe
abgelehnt bzw. kritisiert werde.

Jedenfalls sei eine der Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 3, die allesamt auch nicht
unzulässig erweitert seien, erfinderisch gegenüber dem von der Klägerin geltend
gemachten Stand der Technik. Insbesondere zeige dieser keine Beabstandung
der distalen Magneteinheit durch distales Drücken (Merkmal HA1).

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt
allen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
8. Juni 2017 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist insoweit begründet, als das Streitpatent in der Fassung
nach Hauptantrag verteidigt wird, weil die dort beanspruchte Lehre gegenüber
dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. II § 6
Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, § 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ, Art. 52, Art. 56 EPÜ). Soweit
das Streitpatent in der erteilten Fassung im Wege der zulässigen Selbst-
beschränkung nicht mehr verteidigt wird, war es mit Wirkung für die Bundesrepu-
blik Deutschland ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nich-
tigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 - Carvedilol II; Busse/
Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 82 Rdn. 119 m. w. Nachw.; Schulte/Voit, PatG,
9. Aufl., § 81 Rdn. 127).

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Soweit das Streitpatent in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 verteidigt wird, ist die
Klage abzuweisen, denn der Senat konnte nicht feststellen, dass der zulässig
beschränkte Gegenstand des Streitpatents in dieser Fassung wegen des von der
Klägerin geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der fehlenden Patentfähigkeit
(Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, § 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ, Art. 52, Art. 56
EPÜ) sich als nicht bestandsfähig erweist.

Auf die Zulässigkeit und Patentfähigkeit der jeweiligen Anspruchsfassung gemäß
den Hilfsanträgen 2 und 3 kam es bei dieser Sachlage nicht an.


I.

1. Der Gegenstand des Streitpatents betrifft eine Katheter-Vorrichtung mit
einer langgestreckten Antriebswelle (siehe Streitpatent K0b Abs. [0001]).

In der Beschreibungseinleitung wird ausgeführt, dass für die Behandlung schwer
herzkranker Patienten zunehmend implantierbare Blutpumpen eingesetzt würden.
Medizinische Ziele seien dabei die Entlastung und Gesundung des Herzens oder
aber die Überbrückung bis zu einer möglichen Herztransplantation. Die Breite des
Einsatzgebietes solcher Pumpen hänge einerseits von der Einfachheit der
Einbringung in den Körper, andererseits von den realisierbaren technischen
Eigenschaften und insbesondere der zuverlässig realisierbaren Betriebsdauer der
verfügbaren Pumpensysteme ab (siehe Streitpatent K0b Abs. [0002]).

Zur temporären Behandlung bei einem kardiogenen Schock wird der Einsatz eines
temporären links-ventrikulären Unterstützungssystems angesprochen, bei dem die
Pumpfunktion des linken Ventrikels teilweise bzw. weitgehend übernommen wer-
den solle und die Koronarversorgung verbessert werden könne. Bei Herz-
operationen könne ein solches System links- und rechtsventrikulär eingesetzt
werden und eine Herz-Lungenmaschine ersetzen (siehe Streitpatent K0b
Abs. [0003]).
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Als Stand der Technik wird auf die transfemoral implantierbare Mikro-Axialpumpe
"Hemopump TM" der Firma Medtronic Inc, USA, und Blutpumpen nach den
Patentanmeldungen WO 99/44651, US 4 753 221, DE 10 059 714 C1,
JP 4126158 , EP 0 445 782 A1, EP 0 364 293 A2 und US 5 376 114 verwiesen.

Beispielsweise werde bei der Mikro-Axialpumpe "Hemopump TM" der Ansaug-
stutzen der Pumpe retrograd über die Aortenklappe im linken Ventrikel platziert.
Der Pumpenrotor befinde sich am Ende einer Kanüle in der oberen Aorta
descendens und werde durch einen externen Motor angetrieben. Nachteil des
Systems sei, dass die transfemorale Implantation aufgrund des großen Durch-
messers des Rotors nur operativ über eine femorale Arterietomie und gegebe-
nenfalls durch eine Graftankopplung möglich sei.

Aus der US 5,376,114 gehe eine Kanülenpumpe hervor, die mittels eines kleinen
Einschnittes im Herz temporär eingesetzt werden könne. Die Pumpe weise nach
der Beschreibungseinleitung ein Flügelrad auf, das mittels einer Welle angetrieben
werde. Die Welle sei fest mit einem Motormagneten verbunden. Der Motormagnet
sei von Magnetspulen umgeben, mit welchen ein sich drehendes Magnetfeld
erzeugt werden könne, so dass der Motor in Drehbewegung versetzt werde (siehe
Streitpatent K0b Abs. [0005]-[0011]).


2. Vor diesem Hintergrund liegt nach den Angaben in der Streitpatentschrift
der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Katheter-Vorrichtung mit einer sich fast
über die gesamte Katheter-Vorrichtung erstreckenden Antriebswelle zu schaffen,
die zuverlässig mit hoher Drehzahl angetrieben werden kann (siehe Streitpatent
K0b Abs. [0012]).


- 17 -
3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in Patentan-
spruch 1 eine Katheter-Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor (Gliederung
hinzugefügt):
Katheter-Vorrichtung umfassend,
P1 einen am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1) befindlichen
Motor (7),
P2 eine sich vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) bis
zum distalen Endbereich erstreckende Antriebswelle (4)
P3 zum Antreiben eines sich am distalen Ende der Katheter-Vorrichtung
(1) befindlichen drehenden Elementes,
dadurch gekennzeichnet, dass
P4 die Antriebswelle (4) am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung
(1) mittels einer Kupplung (9) mit dem Motor verbunden ist, und
P4.1 die Kupplung (9) eine Magnetkupplung mit einer proximalen Mag-
neteinheit und einer distalen Magneteinheit (23.1, 23.2) ist,
P4.4.1 wobei die proximale Magneteinheit (23.2) mit dem Motor (7) verbunden
ist und
P4.1.2 die distale Magneteinheit (23.1) mit der Antriebswelle (4) verbunden ist,
und
P4.1.3 die distale Magneteinheit (23.1) in einem Kupplungsgehäuse (19)
gelagert ist und
P4.1.4 von der proximalen Magneteinheit (23.2) durch eine Wandung (24)
räumlich getrennt ist

Die folgenden angegriffenen Ansprüche 2 bis 15 sind jeweils unmittelbar oder
mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.

3.2 Die Ansprüche 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 3 weisen in
der von der Beklagten beantragten Reihenfolge folgende Merkmale auf

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In Patentanspruch 1 in der mit Hauptantrag beschränkt verteidigten Fassung
wurden gegenüber dem erteilten Anspruch 1 die Merkmale A2.1 bis A2.3, A7 und
A8 hinzugefügt:
Gliederung hinzugefügt, Merkmalsgliederung der Beklagten in [ ], Unterschiede
zum erteilten Patent durch Unterstreichung gekennzeichnet):

Katheter-Vorrichtung umfassend, [M1.1]
P1 einen am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1) befindlichen
Motor (7), [M1.2]
P2 eine sich vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) bis
zum distalen Endbereich erstreckende Antriebswelle (4) [M1.3]
P3 zum Antreiben eines sich am distalen Ende der Katheter-Vorrichtung
(1) befindlichen drehenden Elementes, [M1.4]
dadurch gekennzeichnet, dass
P4 die Antriebswelle (4) am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung
(1) mittels einer Kupplung (9) mit dem Motor verbunden ist, [M1.5] und
P4.1 die Kupplung (9) eine Magnetkupplung mit einer proximalen Mag-
neteinheit und einer distalen Magneteinheit (23.1, 23.2) ist, [M1.6]
P4.4.1 wobei die proximale Magneteinheit (23.2) mit dem Motor (7) verbunden
ist [M1.6.1] und
P4.1.2 die distale Magneteinheit (23.1) mit der Antriebswelle (4) verbunden ist
[M1.6.2], und
P4.1.3 die distale Magneteinheit (23.1) in einem Kupplungsgehäuse (19)
gelagert ist [M1.6.3] und
P4.1.4 von der proximalen Magneteinheit (23.2) durch eine Wandung (24)
räumlich getrennt ist [M1.6.4]
A2.1 und die distale Magneteinheit (23.1) im Kupplungsgehäuse (19) flüssig-
keitsdicht gelagert ist und
A2.2 ein schlauchförmigen schlauchförmiger Katheterschaft (8) sich vom
proximalen Endbereich bis zum distalen Endbereich der Katheter-
Vorrichtung (1) erstreckt,

- 19 -
A2.3 wobei der Katheterschaft (8) mit seinem proximalen Ende flüssigkeits-
dicht mit dem Kupplungsgehäuse (19) verbunden ist und
A7 ein die distale Magneteinheit (23.1) tragendes abtriebsseitiges Kupp-
lungselement (22) über ein Gleitlager (25) im Kupplungsgehäuse (22)
drehbar gelagert ist und
A8 zwischen dem proximalen Endbereich des Kupplungselements (22) und
dem inneren proximalen Endbereich des Kupplungsgehäuses (19) axial
mittig das Gleitlager (25) ausgebildet ist.

In Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 wurde gegenüber dem Hauptantrag das
Merkmal HA1 aufgenommen:
HA1 und die Kupplung derart ausgebildet ist, dass die distale Magneteinheit
(23.1) von der proximalen Magneteinheit (23.2) in Richtung distal
gedrückt werden kann, um die magnetische Verbindung zwischen den
beiden Magneteinheiten (23.1, 23.2) durch eine Verschiebung des
Kupplungselements (22) in Richtung distal zu trennen.


Der Hilfsantrag 2 enthält in Anspruch 1 gegenüber Hilfsantrag 1 das zusätzliche
Merkmal HA2:
HA2 und die Antriebswelle (4) an ihrem proximalen Ende innerhalb des Kupp-
lungsgehäuses [19) an einer Profilstange (21) drehfest befestigt ist und die
Profilstange (21) axial verschiebbar, aber drehfest in einer Ausnehmung (22.1)
des innerhalb des Kupplungsgehäuses (19) angeordneten Kupplungsele-
ments (22) aufgenommen ist.


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Hilfsantrag 3 spezifiziert Hilfsantrag 2 durch Aufnahme des Merkmals HA3:
HA3 das Kupplungselement (22) über ein Magnetringlager (20.3) im Kupp-
lungsgehäuse (22) gelagert ist.

4. Als zur objektiven Problemlösung berufenen Fachmann sieht der Senat
einen mit der Entwicklung von kardiovaskulären Geräten, insbesondere zur
Herzkatheteruntersuchung, befassten Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik
bzw. Maschinenbau-Ingenieur mit Kenntnissen in der Medizintechnik, der bezüg-
lich medizinischer Fragen mit einem Kardiologen mit Schwerpunkt auf der inter-
ventionellen Kardiologie zusammenarbeitet.

Dieser Fachmann kannte am Prioritätszeitpunkt aufgrund seiner Sachkunde
motorbetriebene Katheter-Vorrichtungen, insbesondere Herzkatheter-Pumpen,
sowie deren Antriebs- und Steuerungskonzepte, und besitzt grundlegende Kennt-
nisse auf dem Gebiet der Motoren mit Antriebswelle und den Kupplungsvarianten
zwischen Motor und Antriebswelle. Aufgrund seines Fachwissens ist ihm auch das
Prinzip der Magnetkupplung bekannt.


II.

Aufgrund der nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen Auslegung des Inhalts der
Patentansprüche und der am technischen Sinn- und Gesamtzusammenhang der
Patentschrift orientierenden Betrachtung und Auslegung der Patentansprüche
durch den angesprochenen Fachmann legt der Senat der Lehre nach Anspruch 1
folgendes Verständnis zu Grunde:

1. Der Kern des Erfindungsgegenstands nach Anspruch 1 liegt nach der Lehre
des Streitpatents in der Ausbildung der erfindungsgemäßen Kupplung der
Katheter-Vorrichtung als Magnetkupplung, und zwar mit einer proximalen und
distalen Magneteinheit, welche durch eine Wandung räumlich getrennt sind,
wodurch das Problem der Dichtigkeit der abtriebsseitigen Kupplungselemente bis
- 21 -
hin zum distalen Ende vorteilhaft ohne Abdichtung gelöst wird (Abs. [0014]-[0015])
und es zudem in Verbindung mit einem Magnetringlager und weiteren
Maßnahmen - die jedoch nicht Teil des Anspruchs 1 sind - möglich ist, die
übertragenen Drehmomente zu begrenzen und die Magneteinheiten zu trennen
(Abs. [0016], Abs. [0021]).

Dabei zeigt die Entwicklung des Stands der Technik eine entsprechende
Fokussierung des Problems dichter Kopplungen des Antriebs im Rahmen der
dritten Generation ventrikulärer Unterstützungssysteme bzw Pumpen (Ventricular
Assist Devices = VAD) und der Verbesserung durch kontaktlose Antriebs-
mechanismen, wobei üblicherweise kontaktfreie, nämlich magnetische oder hydro-
dynamische, Lager als Lösung anboten und favorisiert wurden, um die Ver-
schmutzung der Antriebsseite mit Blut zu vermeiden und eine sichere und bessere
Dichtigkeit zu gewährleisten. Dies ist auch der ausführlichen Begründung des High
Courts of Justice in seinem Urteil vom 28. Okober 2016 (Anlage K24) zu
entnehmen.


2. Die erfindungsgemäße Katheter-Vorrichtung nach dem Gegenstand des
geltenden Anspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag lässt sich in folgende
Komponenten gliedern (funktionale Merkmalsgliederung):

1 Motor (7)
- befindet sich am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1) [P1]
2 Antriebswelle (4)
- erstreckt sich vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) bis
zum distalen Endbereich [P2]
3 drehendes Element
- am distalen Ende der Katheter-Vorrichtung (1) [P3]
- wird durch Antriebswelle (4) angetrieben [P2, P3]
4 Kupplung (9) mit Kupplungsgehäuse und Gleitlager
- verbindet Antriebswelle (4) mit dem Motor [P4]
- 22 -
- ist eine Magnetkupplung [P4.1]
- weist eine proximale Magneteinheit (23.2) auf, die mit dem Motor (7)
verbunden ist [P4.1, P4.1.1]
- weist eine distale Magneteinheit (23.1) auf, die mit der Antriebswelle (4)
verbunden ist [P4.1, P4.1.2]
- Kupplungsgehäuse (19)
-- distale Magneteinheit (23.1) ist in einem Kupplungsgehäuse (19)
flüssigkeitsdicht gelagert [P4.1.3], [A2.1]
-- distale Magneteinheit (23.1) ist von der proximalen Magneteinheit (23.2)
durch eine Wandung (24) räumlich getrennt [P4.1.4]
- Gleitlager
-- ein die distale Magneteinheit (23.1) tragendes abtriebsseitiges Kupp-
lungselement (22) ist über ein Gleitlager (25) im Kupplungsgehäuse
(22) drehbar gelagert [A7]
-- zwischen dem proximalen Endbereich des Kupplungselements (22) und
dem inneren proximalen Endbereich des Kupplungsgehäuses (19) ist
axial mittig das Gleitlager (25) ausgebildet [A8]
5 schlauchförmiger Katheterschaft (8)
- erstreckt sich vom proximalen Endbereich bis zum distalen Endbereich der
Katheter-Vorrichtung (1) [A2.2]
- ist mit seinem proximalen Ende flüssigkeitsdicht mit dem Kupplungsgehäuse
(19) verbunden [A2.3]

- 23 -
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren stammen aus der Streitpatentschrift.
Die Fig. 1 zeigt eine perspektivische
Darstellung einer erfindungsgemäßen
Katheter-Vorrichtung,





die Fig. 15 eine
erfindungsgemäße Kupplung mit
dem Kupplungsgehäuse.



3. Einige Merkmale des Patentgegenstandes bedürfen der Erläuterung:

3.1 Die erfindungsgemäße Katheter-Vorrichtung umfasst zumindest die
Komponenten
- Motor (7) am proximalen Ende (6) der Katheter-Vorrichtung (1) [P1]
- Antriebswelle (4) vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) bis
zum distalen Endbereich [P2]
- drehendes Element am distalen Ende der Katheter-Vorrichtung (1) [P3]
- Kupplung (9), die die Antriebswelle mit dem Motor verbindet [P4] und
- schlauchförmiger Katheterschaft (8) [A2.3]

Die Eigenschaften “proximal” oder “distal” geben die Richtung zum Anwender an,
d.h. das proximale Ende des Katheters ist das Katheterende beim Anwender, das
distale Ende befindet sich im Patienten, entfernt vom Anwender. Dabei wird
jedoch keine Aussage getroffen, ob das proximale Katheterende mit dem Motor
sich innerhalb oder außerhalb des Patienten befindet, wodurch auch die Länge
- 24 -
der Antriebswelle vom proximalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) bis
zum distalen Endbereich unbestimmt ist.

Die Angabe vom „proximalen Endbereich“ bis zum
„distalen Endbereich“ lässt Spielraum in Bezug auf die
Länge der Antriebswelle. Genau definiert ist dagegen,
dass sich der Motor am proximalen Ende und das sich
drehende Element am distalen Ende der
Kathetervorrichtung befinden (Merkmale P1-P3).

Der schlauchförmige Katheterschaft (8) erstreckt sich
vom proximalen Endbereich bis zum distalen
Endbereich der Katheter-Vorrichtung (1) [A2.2] und ist
mit seinem proximalen Ende flüssigkeitsdicht mit dem
Kupplungsgehäuse (19) verbunden [A2.3].



3.2 Wesentliches Element der Katheter-Vorrichtung ist die Kupplung (9)
zwischen Antriebswelle (4) und Motor (7), die als Magnetkupplung ausgebildet ist
[P4 und P4.1]. Ein Ausführungsbeispiel ist in Fig. 15 des Streitpatents gezeigt
(s. o.).

Durch die berührungslose, magnetische Kraftübertragung zwischen einer mit dem
Motor verbundenen proximalen Magneteinheit und einer mit der Antriebswelle (4)
verbunden distalen Magneteinheit (23.1) [P4.1, P4.1.1 und P4.1.2], ist keine
Antriebswellendurchführung notwendig (vgl. Streitpatent Abs. [0015]: “Durch die
Trennung der abtriebsseitigen Kupplungselemente bis hin zum distalen Ende der
Katheter-Vorrichtung ist es nicht notwendig, die Antriebswelle nach außen durch
ein Loch zu führen. Eine solche Durchführung müsste abgedichtet werden. ...”).

- 25 -
Durch die Magnetkupplung wird das übertragene Drehmoment begrenzt. Dabei ist
zwischen Entkopplung und Drehmomentbegrenzung zu unterscheiden.

Grundsätzlich gilt, dass sich bei Überschreiten eines maximalen Drehmoments die
beiden Magneteinheiten nicht mehr gegenüber liegen, da die abtriebsseitige
Magneteinheit der antriebsseitigen Magneteinheit aufgrund der schnellen Dreh-
bewegung nicht mehr nachlaufen kann, wenn die magnetischen Bindungskräfte
nicht mehr ausreichen. Hierdurch überlagern sich die Nord- und Südpole nicht
mehr (Slippling). Das maximal übertragbare Drehmoment ist begrenzt (vgl. auch
Streitpatent Abs. [0147]).

Eine Entkopplung mit einer physischen Beabstandung der Magneteinheiten findet
statt, wenn zumindest eine der beiden Magneteinheiten von der anderen Mag-
neteinheit entfernt wird, sodass keine magnetische Kraft mehr zwischen den
Magneteinheiten wirkt. Dies kann als Folge der Drehmomentbegrenzung auf-
treten, wenn gemäß dem Ausführungsbeispiel des Streitpatents die Magnet-
einheiten in axialer Richtung durch die Abstoßung der Magneteinheiten so weit
auseinander verschoben werden, dass keine wirksame Kraft mehr zwischen den
Magneteinheiten wirkt. Das Halten des entkoppelten Zustands wird im Streitpatent
durch Ringmagnete 20.1, 20.2 erreicht (vgl. Streitpatent Abs. [0147]: „Die
Magneteinheiten 23.1, 23.2 werden vom Magnetringlager 20.3 durch die gegen-
seitige Abstoßung der Ringmagnete 20.1, 20.2 im entkoppelten Zustand
gehalten.“).

Diese axiale Verschiebbarkeit ist jedoch nicht bereits in Anspruch 1 nach Haupt-
antrag beansprucht, sondern erst in den Hilfsanträgen 1 bis 3, das Magnet-
ringlager findet sich in Hilfsantrag 3.

Das Magnetringlager mit den Ringmagneten 20.1 und 20.2 ist in Fig. 15 des
Streitpatents gezeigt und in Abs. [0109] und [0110] beschrieben, dabei wird die
Magnetisierung der Kreisflächen (axiale Magnetisierung) für die radiale und axiale
Lagerung verwendet:
- 26 -
„[0109] Am distalen äußeren Ende bzw. Umfang des zylinderförmigen
Abschnitts 22.2 des Kupplungselements 22 ist ein Absatz 22.4 ausgebildet.
Auf diesem Absatz 22.4 ist ein zweiter innerer Ringmagnet 20.2
angeordnet. ... Dieser bildet in Verbindung mit dem im Lagerungsabschnitt
19.9 des Kupplungsgehäuses 19 entsprechend ihn umgebenden äußeren
Ringmagneten 20.1 ein Magnetringlager 20.3 aus.
[0110] …. Das Magnetringlager 20.3 zentriert die Antriebswelle 4 in axialer
und in radialer Richtung. Die radiale Zentrierung erfolgt durch die mag-
netischen Anziehungskräfte in radialer Richtung. Die axiale Zentrierung
erfolgt dadurch, dass bei einem kleinen Versatz des inneren Ringmagneten
20.2 magnetische Rückstellkräfte erzeugt werden, die den inneren Ring-
magneten 20.2 in eine in Axialrichtung mit der Position des äußeren
Ringmagneten 20.1 übereinstimmende Stellung ziehen. Bei einem größe-
ren Versatz treten hingegen Abstoßungskräfte zwischen den beiden
Magnetringen 20.1 und 20.2 auf, wodurch sie auseinander gedrückt
werden.“


3.3 Nach Anspruch 1 ist vorgegeben, dass die distale Magneteinheit (23.1) in
einem Kupplungsgehäuse (19) flüssigkeitsdicht gelagert ist [P4.1.3, A2.1]. Weiter
ist eine Wandung (24) – in der Beschreibung auch „Abschlussscheibe“ genannt -
vorhanden, durch die die distale Magneteinheit (23.1) von der proximalen
Magneteinheit (23.2) räumlich getrennt ist [P4.1.4].

3.4 Nach den Merkmalen A7 und A8 ist ein die distale Magneteinheit tragendes
Kupplungselement über ein Gleitlager im Kupplungsgehäuse drehbar gelagert,
wobei das Gleitlager zwischen dem proximalen Endbereich des Kupplungs-
elements und dem inneren proximalen Endbereich des Kupplungsgehäuses axial
mittig ausgebildet ist.

- 27 -
III.

Der Gegenstand des zulässig beschränkten Patentanspruchs 1 gemäß Haupt-
antrag erweist sich als nicht patentfähig, da die beanspruchte Lehre zwar neu ist
(Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52, 54 EPÜ),
jedoch für den angesprochenen Fachmann im Zeitpunkt der Anmeldung des
Streitpatents durch den Stand der Technik nahegelegt war (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1
IntPatÜG i. V.m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. 56 EPÜ).

Dies ergibt sich schon aus dem schriftlich belegten unbestrittenen Stand der
Technik, wozu hinsichtlich der Reitan-Herzkatheter-Pumpe (Anlagenkonvolut 1)
unzweifelhaft die Einzeldokumente K1.1, K1.7 bis K1.9 gehören. Es bestand daher
keine Notwendigkeit zur Sachaufklärung der zwischen den Parteien umstrittenen
Vorbenutzung und der in diesem Zusammenhang umstrittenen öffentlichen
Zugänglichkeit der Einzeldokumente K1.2 bis K1.6 aus dem Anlagenkonvolut 1
bzw. des Bestehens der von der Beklagten insoweit geltend gemachten Ge-
heimhaltungsvereinbarung. Soweit im Folgenden auf das „Anlagenkonvolut 1“
verwiesen wird, sind daher nur die Einzeldokumente K1.1 und K1.7 bis K1.9
gemeint.

Die Vorrichtung nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist neu, sie ergab sich
aber für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Reitan-Katheterpumpe
nach der K1.1 und dem fachmännischen Handeln.

Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen
Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was der Gegenstand der Erfindung in
der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang
(BGH GRUR 2007, 1055 - Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der
Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH GRUR 2010, 607 - Fettsäure-
zusammensetzung), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen
sein können (BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger).

- 28 -
1. Ausgangspunkt war die Suche des Fachmanns nach einer Lösung des
Problems, eine Katheter-Vorrichtung mit einer sich fast über die gesamte
Katheter-Vorrichtung erstreckenden Antriebswelle zu entwickeln, die zuverlässig
mit hoher Drehzahl angetrieben werden kann. Entgegen der Auffassung der
Beklagten hatte der mit der Aufgabenstellung des Streitpatents betraute Fach-
mann damit Anlass, die bekannte Herzkatheter-Pumpe, wie sie in den Schriften
nach dem Anlagenkonvolut K1 offenbart ist, als Ausgangspunkt heranzuziehen.

Die Einordnung eines bestimmten Ausgangspunkts als "nächstkommender" Stand
der Technik ist hierfür weder ausreichend noch erforderlich, sondern es können
verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein (BGH GRUR 2009,
1039 - Fischbissanzeiger; BGH GRUR 2009, 382 - Olanzapin). Vielmehr bedarf es
konkreter Umstände, die dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt Veranlassung
gaben, eine bestimmte Entgegenhaltung oder Vorbenutzung als Ausgangspunkt
seiner Überlegungen heranzuziehen (BGH GRUR 2017, 148 – Opto-Bauelement).
Diese Rechtfertigung liegt in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns, für
einen bestimmten Zweck eine bessere oder andere Lösung zu finden, als sie der
Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382
Rn. 51 - Olanzapin). Auch bedarf es dafür, die Lösung des technischen Problems
auf dem Weg der Erfindung zu suchen, über die Erkennbarkeit des technischen
Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger
Anlässe (BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

Aus gehend hiervon sieht der Senat die Reitan-Katheterpumpe nach der K1.1 als
maßgebliche Lehre, welche der Fachmann als geeignetes Sprungbrett für eine
Problemlösung heranzog. Dem stand vorliegend bei den Vorrichtungen nach dem
Anlagenkonvolut K1 nicht entgegen, dass diese in der absteigenden Aorta
positioniert sind, wohingegen im Ausführungsbeispiel nach Fig. 24 des Streit-
patents sich der Pumpenkopf 3 vollständig in der linken Herzkammer befindet.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die K13 oder K14 aus rückschauender Sicht
im Vergleich zu den Druckschriften aus dem Anlagenkonvolut K1 möglicherweise
- 29 -
als "nächstliegender“ der Technik angesehen werden könnte. Selbst wenn dies zu
bejahen wäre, ergäbe sich daraus nicht, dass die Druckschriften aus dem
Anlagenkonvolut K1 oder sonstige Entgegenhaltungen als möglicher Ausgangs-
punkt ausscheiden. Wenn für den Fachmann zur Lösung eines Problems mehrere
Alternativen in Betracht kommen, können mehrere von ihnen naheliegend sein.
Hierbei ist grundsätzlich ohne Bedeutung, welche der Lösungsalternativen der
Fachmann als erste in Betracht zöge (BGH GRUR 2016, 1023 - Anruf-
routingverfahren).

Die mit der Reitan-Pumpe angestrebten Vorteile - insbesondere die
linksventrikuläre Unterstützung des Herzes durch die Reitan-Pumpe (vgl. K1.1
S.2089: „Like the IABP, the aim of the intraaortic PP is to reduce pressure
proximal to the pump, thereby reducing the afterload of the left
ventricle.“) - decken sich mit der Aufgabenstellung des Streitpatents (vgl.
Streitpatent Abs. [0003]: „Durch den Einsatz eines temporären linksventrikulären
Unterstützungssystems soll die Pumpfunktion des linken Ventrikels teilweise bzw.
weitgehend übernommen und die Koronarversorgung verbessert werden.“). Die
Position der Reitan-Pumpe ist auch nicht auf die absteigende Aorta beschränkt,
sondern hängt von der Art der Anwendung ab.

Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass auch die Lösung nach
dem Streitpatent nicht auf die Positionierung in der Herzkammer und/oder die
Verbesserung der Koronarversorgung eingeschränkt ist. Vielmehr kann die
erfindungsgemäße Lösung beispielsweise für Drainagen oder zum Auffüllen von
Hohlorganen bzw. -räumen verwendet werden (vgl. Streitpatent Abs. [0163]: „Das
eben beschriebene Ausführungsbeispiel kann beispielsweise für Drainagen oder
zum Auffüllen von Hohlorganen bzw. -räumen verwendet werden.“).

2. Vor diesem Hintergrund hatte der Fachmann Anlass, die Reitan-
Herzkatheter-Pumpe nach dem Anlagenkonvolut K1 als Ausgangspunkt seiner
Überlegungen heranzuziehen.

- 30 -
In der K1.1. wird die Reitan-Herzkatheter-Pumpe (vgl. K1.1 S.2089 re. Sp.:
„...intraaortic propeller pump (PP) [In 2000, the intraaortic propeller pump (PP)
[Reitan catheter pump; Jomed; Helsingborg, Sweden]“) im Vergleich mit der
bekannten Ballon-Katheterpumpe
(intraaortic ballon pump (IABP))
untersucht.
Die Reitan-Herzkatheter-Pumpe
umfasst dabei am distalen Ende
der Katheter-Vorrichtung als
drehendes Element einen Rotor
(deployable propeller) [= Merkmal
P3], der über eine Antriebswelle
(driveshaft) [= Merkmal P2] von einem Motor (driving unit) am proximalen Ende
der Katheter-Vorrichtung [= Merkmal P1] angetrieben wird (vgl. K1.1 S. 2090 Kap.
„Intraaortic PP“: „The new intraaortic PP is a support device with a deployable
propeller (Fig. 2), which is driven by a flexible central driveshaft. The other end of
the driveshaft is a permanent, disk-shaped magnet, which is placed in the driving
unit.“), wobei sich ein schlauchförmiger Katheterschaft vom proximalen
Endbereich bis zum distalen Endbereich der Katheter-Vorrichtung erstreckt (vgl.
K1.1 Fig.2) [= Merkmal A2.2].

Die Antriebswelle (driveshaft) ist über eine proximalen Magneteinheit (permanent,
disk-shaped magnet) und eine distale Magneteinheit (rotating magnet) mit dem
Motor (driving unit) gekoppelt (vgl. K1.1 S. 2090f Kap. „Intraaortic PP“: „… The
other end of the driveshaft is a permanent, disk-shaped magnet, which is placed in
the driving unit. The driving unit consists of a rotating magnet that can be set
between zero and ≤ 14,000 rpm.“). Die Kopplung erfolgt somit - entgegen der
Argumentation der Beklagten - über berührungslose, magnetische Kraftüber-
tragung also eine Magnetkupplung [= Merkmale P4, P4.1, P4.1.1, P4.1.2]. Die von
der Beklagten angeführte fehlende Offenbarung zur Trennbarkeit oder Schutz-
funktion oder auch zur unterschiedlichen Positionierung geht ins Leere, da auch
der Anspruch 1 keine derartige Funktionalität zwingend vorsieht.
- 31 -
Sowohl die proximalen Magneteinheit (permanent, disk-shaped magnet) als auch
die distale Magneteinheit (rotating magnet) befinden sich in der Antriebseinheit
(driving unit) (vgl. K1.1 S.2090f Kap. „Intraaortic PP“: „… The other end of the
driveshaft is a permanent, disk-shaped magnet, which is placed in the driving unit.
The driving unit consists of a rotating magnet that can be set between zero and ≤
14,000 rpm.“), der Fachmann las dabei ein Gehäuse unmittelbar und eindeutig
mit, so dass es keiner ausdrücklichen Erwähnung bedurfte. Merkmal P4.1.3,
nämlich die Lagerung der distalen Magneteinheit in einem Kupplungsgehäuse, ist
somit ebenfalls gelehrt. Denn offenbart kann auch dasjenige sein, was nicht
ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung
der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner
besonderen Offenbarung bedarf, sondern "mitgelesen" wird (BGHZ 179, 168
Olanzapin). Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an.

Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass der
Fachmann trotz der Erkenntnis, dass aufgrund der
erwähnten Verwendung einer Spül- und Schmier-
flüssigkeit für den Rotor (vgl. K1.1 S. 2091 li. Sp: „A
solution of 20% glucose and 5 IU/mL heparin was
used at 25 mL per hour to purge and lubricate the
pump.“) zur Vermeidung einer Verschmutzung der
Rotorflüssigkeit bzw. der Verschmutzung/Kontamination der Antriebsseite die
Notwendigkeit eines flüssigkeitsdichten Gehäuses bestand, die Notwendigkeit
eines flüssigkeitsdichten Gehäuses bestand, das die Katheter- und die Motorseite
trennt, die Offenbarung durch Fachwissen ergänzten musste, ergeben sich die
Merkmale P4.1.4, A2.1 und A2.3 zumindest in nahe liegender Weise. Im Übrigen
ist auch ein Kupplungsgehäuse mit Anschlüssen für die Spülflüssigkeit der Reitan-
Pumpe nach der K1.8 zu entnehmen (vgl. K1.8 Figure 1).

- 32 -
3. Ein Lager im Kopplungselement wird
der Fachmann aufgrund der hohen Drehzahl
selbstverständlich ebenfalls vorsehen. Rein
exemplarisch wird für das Fachwissen hierzu
auf die K2.1 verwiesen, die in Bild 3.1
ebenfalls einen Lagerbereich bei der
Magnetkupplung zeigt (siehe K2.1 Bild 3.1).
Die Verwendung eines Gleitlagers ist eine
beliebige Auswahl aus für den Fachmann
geläufigen Lager-Prinzipien. Ein Gleitlager hierfür zu verwenden, ist als
Standardrepertoire des Fachmanns anzusehen, das er bereits aufgrund seines
Fachwissens in Betracht zieht, da das Gleitlager im Maschinen- und Gerätebau
eine häufig gebrauchte Lager-Bauart darstellt [= Merkmal A7].

Dabei ist es als handwerkliche Maßnahme anzusehen, dieses Gleitlager axial
mittig zwischen dem proximalen Endbereich des Kupplungselements (22) und
dem inneren proximalen Endbereich des Kupplungsgehäuses (19) auszubilden,
um die rotationssymmetrischen Magneteinheiten axial zu zentrieren
[= Merkmal A8].


IV.

Soweit das Streitpatent in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 zulässig verteidigt
wird, erweist sich dessen Gegenstand als patentfähig. Die Klägerin vermochte den
Senat nicht davon zu überzeugen, dass sich die Katheter-Vorrichtung nach dem
Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1 für den Fachmann im
Prioritätszeitpunkt in naheliegender Weise (Art. 56 EPÜ) aus dem im Verfahren
befindlichen Stand der Technik ergab.

Hilfsantrag 1 beruht auf dem Hauptantrag mit dem zusätzlichen Merkmal HA1,
wonach die Kupplung derart ausgebildet ist, dass die distale Magneteinheit (23.1)
- 33 -
von der proximalen Magneteinheit (23.2) in Richtung distal gedrückt werden kann,
um die magnetische Verbindung zwischen den beiden Magneteinheiten (23.1,
23.2) durch eine Verschiebung des Kupplungselements (22) in Richtung distal zu
trennen.

1. Das zusätzliche Merkmal HA1 des Hilfsantrags 1 ist sowohl ursprünglich
offenbart als auch Gegenstand des Streitpatents und damit zulässig.

Das Merkmal HA1 bildet die Magnetkupplung weiter. Die Einzelheiten der
Magnetkupplung sind insbesondere in Fig.15 dargestellt und Abs. [0087] des
Streitpatents (Abs. [0085] der Offenlegungsschrift) beschrieben.

Abs. [0145] der Streitpatentschrift (Abs. [0143] der Offenlegungsschrift) erläutert
die Entkopplung der Magneteinheiten: „Sobald der Rotor 3.2 blockiert, verdreht
bzw. verkürzt sich die Antriebswelle 4, der Widerstand an der distalen
Magneteinheit 23.1 steigt. Die Magnetfelder zwischen der proximalen und der
distalen Magneteinheit 23.2, 23.1 überlagern sich im Betrieb nicht vollständig, da
die distale Magneteinheit 23.1 der proximalen Magneteinheit 23.2 immer ein wenig
nachläuft. Erhöht sich nun das benötigte Drehmoment an der distalen
Magneteinheit 23.1 überlagern sich die Nord- und Südpole der Magneteinheiten
23.1, 23.2 nicht mehr sondern stoßen einander ab. Hierdurch wird die distale
Magneteinheit 23.1 von der proximalen Magneteinheit 23.2 in Richtung distal
gedrückt. Die magnetische Verbindung zwischen den beiden Magneteinheiten
23.1, 23.2 ist getrennt. Die Antriebswelle 4 steht sofort still“.

Aus dieser Erläuterung entnimmt der Fachmann die in Merkmal HA1 angegebene
allgemeine technische Lehre, dass die distale Magneteinheit (23.1) von der
proximalen Magneteinheit (23.2) in Richtung distal gedrückt werden kann, um die
magnetische Verbindung zwischen den beiden Magneteinheiten (23.1, 23.2) durch
eine Verschiebung des Kupplungselements (22) in Richtung distal zu trennen.

- 34 -
Die Sicherung der Entkopplung durch das Magnetringlager (20.3) mit den
Ringmagneten (20.1) und (20.2) ist für die Entkopplung nicht erforderlich und wird
vom Fachmann als zusätzliche Sicherungsmaßnahme verstanden. Der Fachmann
entnahm deshalb unmittelbar und eindeutig dem beschriebenen Ausführungs-
beispiel, dass auch die unter Schutz gestellte und nicht sämtliche Merkmale
übernehmende Ausgestaltung der Erfindung in der beanspruchten Allgemeinheit
in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörende Lehre offenbart ist
(BGH GRUR 2014, 970 - Stent; GRUR 2014, 542 - Kommunikationskanal).


2. Eine Entkopplung gemäß Merkmal HA1 war durch die im Verfahren
befindlichen Entgegenhaltungen nicht nahe gelegt.

Die konstruktive Ausgestaltung der Magnetkupplung ergibt sich aus der Aufgabe,
die Sicherheit des Kathetersystems zu verbessern. Das bei Medizinprodukten
notwendige Risikomanagement erfordert dabei vom Hersteller, Maßnahmen zu
treffen, um Fehlfunktionen zu vermeiden und die Gefährdung des Patienten zu
verhindern.

Zur Vermeidung des Patientenrisikos wird der Fachmann einen Grenzwert für das
Drehmoment vorgeben und die Stirnmagnetkupplung der Reitan-Katheterpumpe
entsprechend ausgestalten.

Eine Trennung der Magneteinheiten gemäß Merkmal HA1 stellt eine zusätzliche
Sicherheitsmaßnahme dar, die weder durch den im Verfahren befindlichen Stand
der Technik offenbart ist, noch erhält der Fachmann aus diesem Stand der
Technik oder aus seinem Fachkönnen eine Anregung zu einem derartigen Prinzip.

In der Reitan-Katheterpumpe (Anlagenkonvolut K1) sind die Magneteinheiten im
Kupplungsgehäuse gelagert und können lediglich mittels manuellen Eingriffs
voneinander entfernt werden. Die Möglichkeit einer Entkopplung durch Drücken
der distalen Magneteinheit von der proximalen Magneteinheit in Richtung distal
- 35 -
oder zumindest ein Hinweis, welche den Fachmann zu einer derartigen Lösung
hätte anregen können, ist den Druckschriften des Anlagenkonvoluts K1 nicht zu
entnehmen.

Die weiteren Entgegenhaltungen liefern hierzu ebenfalls keinen Hinweis und auch
aus dem Fachwissen oder Fachkönnen ergab sich diese Lösung nicht
naheliegend, da der Fachmann eine unkontrollierte Abstoßung der Magnet-
einheiten vermeiden würde, da diese der Zuverlässigkeit des Antriebs entge-
gensteht, und ein flüssigkeitsdicht gekapseltes Gehäuse üblicherweise auch
keinen Raum für eine Verschiebung besitzt. Damit fehlt es jedoch an einer
Anregung, die Reitan-Katheterpumpe nach dem Anlagenkonvolut K1 derart
weiterzuentwickeln, dass die distale Magneteinheit (23.1) von der proximalen
Magneteinheit (23.2) in Richtung distal gedrückt werden kann, um die
magnetische Verbindung zwischen den beiden Magneteinheiten (23.1, 23.2) durch
eine Verschiebung des Kupplungselements (22) in Richtung distal zu trennen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ist daher neu gegenüber
dem Stand der Technik und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.


3. Mit dem Patentanspruch 1 haben auch die auf ihn zurückbezogenen
Unteransprüche 2 bis 13 Bestand.


V.

Der Tenor war nach Anhörung der Parteien dahingehend gemäß § 95 PatG zu
berichtigen, dass nach Ziff. I als (neue) Ziff. II eingefügt wird: „Im Übrigen wird die
Klage abgewiesen“. In dem verkündeten Tenor ist die Teilabweisung versehentlich
nicht enthalten, sie ergibt sich jedoch offensichtlich aus einem Vergleich mit dem
Protokoll vom 8. Juni 20172017 und den Gründen des Urteils.

- 36 -
VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1
ZPO. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte das Streitpatent in der erteilten
Fassung nicht mehr verteidigt hat und mit der Fassung nach dem geltenden
Hauptantrag nicht durchdringen konnte, sondern sich erst die durch die technische
Ausbildung der Kupplungseinheit deutlich eingeschränkte die Fassung nach
Hilfsantrag 1 als bestandsfähig erwies, bewertet der Senat das Unterliegen der
Beklagten auf ¾ und das der Klägerin auf ¼ des Gebührenstreitwerts.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1
PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.



Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland
zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der
Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt
unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße
45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der
Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem
Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht
verlängert werden.

- 37 -
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung
gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung
eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte
Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


Engels Dr. Müller
auf Grund Urlaubs
an der Unterschrift
gehindert

Engels
Veit Dorn Zimmerer



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