3 ZA (pat) 73/16  - 3. Senat (Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BUNDESPATENTGERICHT
L e i t sa tz
Aktenzeichen: 3 ZA (pat) 73/16 zu 3 Ni 6/12 (EP)
Entscheidungsdatum: 23.08.2017
Rechtsbeschwerde zugelassen: nein
Normen: § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG
Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren VIII
1. Sind ein Nichtigkeits- und ein Verletzungsrechtsstreit nicht gleichzeitig nebeneinander
anhängig oder überschneiden sie sich zeitlich nur kurzfristig, so kann auch aus der weitgehend
typischen Vorgeschichte eines Nichtigkeitsverfahrens, in denen sich die Beteiligten und ihre
(rechts- und patentanwaltlichen) Vertreter bereits mit Fragen der Verletzung und der
Bestandskraft des Patents befasst haben, keine Notwendigkeit einer Doppelvertretung her-
geleitet werden (im Anschluss an BGH v. 18.12.2012 (X ZB 11/12) = GRUR 2013, 427, Tz. 34
– Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren und BGH v. 18.12.2012 – X ZB 6/12) = GRUR
2013, 430, Tz. 32 – Rechtsanwalt im Nichtigkeitsverfahren; Abgrenzung zu 5. Senat vom
1. Dezember 2015 (5 ZA (pat) 103/14) = BlfPMZ 2016, 150 – Erstattungsfähigkeit der Kosten
für mehrere Anwälte).
2. Die Kosten für Privatgutachten sind insbesondere dann nicht notwendig und damit nicht
erstattungsfähig, wenn das oder die Gutachten in erster Linie dazu dienen sollen, dem eigenen
Vortrag mehr Gewicht zu verleihen. Anhaltspunkt hierfür kann die Vorlage von mehreren
Gutachten verschiedener Gutachter zum gleichen Thema sein, insbesondere wenn diese
gleichartig aufgebaut sind und sich zu weitgehend gleichen Fragestellungen äußern.
BUNDESPATENTGERICHT
3 ZA (pat) 73/16
KOF 82/15
zu 3 Ni 6/12 (EP)
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Patentnichtigkeitssache

2

betreffend das europäische Patent …
(DE …)
(hier: Kostenfestsetzung)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 23. August 2017
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm sowie der Richter Kätker und
Dipl.-Chem. Dr. Jäger
beschlossen:
1. Die Erinnerung der Beklagten gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom
12. August 2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
3. Der Wert des Erinnerungsverfahrens wird auf 24.295,- EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
1. Im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren streiten die Beteiligten um die
Notwendigkeit von Doppelvertretungskosten und Kosten von Privatgutachten für die
Beklagte des Nichtigkeitsverfahrens und Erinnerungsführerin.
Die Nichtigkeitsklägerin war ursprünglich Lizenznehmerin der Nichtigkeitsbeklagten.
Nach Kündigung der Lizenz hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 28.
Oktober 2011 wegen Verletzung des Streitpatents abgemahnt (Anlage AR1 zum
3

Schriftsatz der Beklagten vom 3. Juni 2016). Im Vorfeld des Nichtigkeitsverfahrens ist
zwischen den Parteien, beide damals jeweils von Rechtsanwälten vertreten, die
Berechtigung der Nichtigkeitsklägerin zur Herstellung und dem Vertrieb
patentgeschützter Papierprodukte kontrovers diskutiert worden, wobei Aspekte der
Wirksamkeit der Kündigung des o.g. Lizenzvertrages, der Wirksamkeit eines
weiteren Lizenzvertrages zwischen der Beklagten und einem Schwesterunternehmen
bzw. einer Lieferantin der Klägerin sowie etwaige kartellrechtliche Verpflichtungen
zur Gewährung einer Lizenz angesprochen worden sind (vgl. Anlage AR3 zum
Schriftsatz der Beklagten vom 3. Juni 2016). Hierbei hat die Klägerin der Beklagten
einen von Patentanwälten ausgearbeiteten Entwurf der Nichtigkeitsklage übersandt
und dabei angekündigt, im Falle einer Verletzungsklage ihrerseits die
Nichtigkeitsklage einreichen zu wollen (a.a.O., Ziff. 3. sowie Anlage hierzu).

Die Nichtigkeitsbeklagte hat Klage wegen Verletzung des Streitpatents vor dem
Landgericht Mannheim erhoben (2 O 21/12). Zur Person der Beklagten dieses
Rechtsstreits hat sie nur (unbestritten) vorgetragen, dass es sich um eine Lieferantin
der Nichtigkeitsklägerin handelt, die sich auf eine Lizenz beruft (Schriftsatz der
Beklagten vom 14. September 2016, Seite 3). Dieser Rechtsstreit ist durch Vergleich
und Rücknahme der Klage am 5. März 2012 beendet worden. Außerdem hat die
Nichtigkeitsbeklagte gegenüber einer Herstellerin von angeblich patentverletzenden
Papieren, die sich auf eine strittige Unterlizenz der Nichtigkeitsklägerin berufen hat,
am 23. Januar 2012 beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung auf der
Grundlage des Streitpatents erwirkt (Az.: 327 O 27/12).

Noch während der Anhängigkeit des Verletzungsklageverfahrens vor dem
Landgericht Mannheim hat die Nichtigkeitsklägerin am 22. Februar 2012 eine
Nichtigkeitsklage eingereicht. Die Klage ist den damals noch im Register als Vertreter
der Patentinhaberin eingetragenen Anwälten am 9. März 2012 zugestellt worden, die
hierauf der Klage widersprochen und später – mit Schriftsatz vom 11. April 2012 –
die Vertretung niedergelegt haben. Mit Schriftsatz vom 30. März 2012 haben sich die
aktuellen rechtsanwaltlichen Vertreter für die Nichtigkeitsbeklagte bestellt und mit
weiterem Schriftsatz vom 08. August 2012 einen Fristverlängerungsantrag für die
Begründung des Widerspruchs beantragt. Mit der Widerspruchsbegründung vom 16.
4

August 2012 ist (erstmals) die Mitwirkung eines Patentanwalts auf Seiten der
Beklagten angezeigt worden.

Der erkennende Senat hat das Streitpatent mit Urteil vom 28. Mai 2013 für nichtig
erklärt. Im Verfahren der hiergegen gerichteten Berufung hat die Beklagte und
Berufungsklägerin drei Privatgutachten vorgelegt.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16. Juni 2015 unter Abänderung der
Entscheidung des Bundespatentgerichts die Nichtigkeitsklage abgewiesen und der
Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

2. Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 18. Juni 2015, modifiziert mit Anträgen vom 24.
Juli 2015 und vom 3. Juni 2016, hat die Beklagte als Kosten für die 1. Instanz u.a.
sowohl Kosten ihrer rechtsanwaltlichen Vertreter als auch für den mitwirkenden
Patentanwalt geltend gemacht (jeweils 1,3 Verfahrensgebühr und 1,2 Terminsgebühr
nach § 13 RVG, Nr. 3100 u. 3104 VV RVG sowie Pauschalen und Reisekosten).
Hierbei hat sie für den mitwirkenden Patentanwalt zuletzt (Anlage zum Schriftsatz
vom 3. Juni 2016) Kosten in Höhe von insgesamt 8.971,- EUR verlangt. Zudem hat
sie Gutachterkosten in Höhe von insgesamt 15.600 € geltend gemacht.

Mit Beschluss vom 12. August 2016 hat die Rechtspflegerin des Senats die von der
Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf insgesamt 46.128,78 EUR
festgesetzt. Dabei hat sie für die erste Instanz nur Kosten des Rechtsanwalts
berücksichtigt. Die weiter geltend gemachten Kosten des mitwirkenden
Patentanwalts hat sie als nicht erstattungsfähig angesehen. Da kein paralleles
Verletzungsverfahren anhängig gewesen sei, das einstweilige Verfügungsverfahren
und die Verletzungsklage vielmehr bereits vor Zustellung der Nichtigkeitsklage
beendet gewesen seien, habe nach den Grundsätzen der Rechtsprechung keine
Notwendigkeit einer Doppelvertretung bestanden.

Nicht notwendig seien auch die Kosten für die von der Beklagten im
Berufungsverfahren eingereichten Privatgutachten gewesen. Die Beklagte habe ihrer
Darlegungspflicht angesichts der sachkundigen Vertretung auch ohne
Privatgutachten genügen können. Zudem hätte sie zunächst schriftsätzlich ein
5

Privatgutachten anbieten und hierzu einen verfahrensleitenden Hinweis anregen
oder die Erhebung des Sachverständigenbeweises durch das Gericht beantragen
müssen.

3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Erinnerung der Beklagten, „sofern dort
die Kosten des Patentanwalts für die Mitwirkung in der ersten Instanz und die Kosten
für die Erstellung der Privatgutachten als nicht erstattungsfähig abgesetzt worden
sind“.

Zur Begründung führt sie aus, dass entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin
parallel zum Nichtigkeitsverfahren auch ein Verletzungsverfahren anhängig gewesen
sei, nämlich das Klageverfahren 2 O 21/12 vor dem Landgericht Mannheim. Da die
Anhängigkeit einer Klage nur den Zugang der Klageschrift bei Gericht voraussetze,
sei die Nichtigkeitsklage gleichzeitig mit diesem Verletzungsverfahren anhängig
gewesen. Zudem sei es in der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts anerkannt,
dass eine Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten auch dann in Betracht
kommen könne, wenn kein Verletzungsverfahren anhängig sei, jedoch eine mit den
Besonderheiten des Verletzungsverfahrens vergleichbare Situation vorliege. Dies sei
hier der Fall. Durch die Abmahnung der Beklagten vom 28. Oktober 2011 sei eine
Situation geschaffen worden, in der die Klägerin den Entwurf einer Nichtigkeitsklage
vorgelegt und die Beklagte eine Verletzungsklage gegen eine Lieferantin der
Klägerin erhoben habe, wobei sich die Lieferantin – ebenso wie die Klägerin – auf
eine angebliche Lizenz der Patentinhaberin gestützt habe. Diese Situation sei bei
Einreichung der Nichtigkeitsklage noch nicht beendet gewesen. Vielmehr sei die
Verletzung zwischen den Parteien weiterhin im Streit gewesen. Ein Erfolg der
Nichtigkeitsklage hätte direkte Auswirkungen auf die Verletzungsverfahren gehabt. In
diesem Fall hätten die einstweilige Verfügung und der Vergleich aufgrund geänderter
Umstände aufgehoben werden können. Daher sei eine Abstimmung zwischen den
Erwägungen in den Verletzungsverfahren und -verhandlungen und dem
Nichtigkeitsverfahren erforderlich gewesen.

Auch die Kosten für die drei Privatgutachten seien für die Rechtsverteidigung aus
objektiver ex-ante-Sicht notwendig gewesen. Die Sachkunde der anwaltlichen
Vertreter habe für die Darstellung der besonderen technischen Fragen auf dem
6

vorliegenden Gebiet des Sublimationstransferdrucks und der dabei verwendeten
Tinten, Materialien und Techniken nicht ausgereicht. Die Veranlassung für die
Inauftraggabe der Gutachten sei erst nach der gegenüber dem vorterminlichen
Hinweis überraschenden Entscheidung des Senats entstanden, in der der Senat
abweichend vom Hinweis und ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens
das Streitpatent ausgehend von den Druckschriften K7 und K6 als nicht patentfähig
angesehen habe. Es habe die Gefahr bestanden, dass der Bundesgerichtshof
ebenfalls kein Sachverständigengutachten einholen und dem sachverständig
besetzten Senat des Bundespatentgerichts folgen werde. Um dies zu verhindern und
ihrem Vortrag das erforderliche Gewicht und die weitere Sachkunde externer
Fachleute mit gesteigerter Fachkunde und erhöhtem Renommee auf dem relevanten
Gebiet zu verleihen, habe die Beklagte die Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Beklagte hätte auch nicht zunächst ein Privatgutachten anbieten und einen
verfahrensleitenden Hinweis hierzu anregen oder die Erhebung des
Sachverständigenbeweises durch den Bundesgerichtshof beantragen müssen, da
sich der Gerichtshof der sachverständig besetzten Vorinstanz aus nicht zutreffenden
Erwägungen heraus hätte anschließen und dabei der Auffassung sein können, dass
er keinen Sachverständigen benötige. Der Umstand, dass der Bundesgerichtshof der
Beklagten eine Frist gewährt habe, die mit Hinweis auf die Einholung von
Sachverständigengutachten beantragt worden sei, zeige, dass er Gelegenheit geben
wollte, die Gutachten einzuholen und einzureichen, so dass die Beklagte auch von
ihrer Erforderlichkeit ausgehen durfte.

Die Beklagte und Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,

den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. August 2016 zu abzuändern und
weitere Kosten in Höhe von 24.295,- EUR festzusetzen.

Die Klägerin und Erinnerungsgegnerin beantragt,

die Erinnerung zurückzuweisen.

7

Nach ihrer Auffassung ist eine Doppelvertretung in der ersten Instanz für eine
zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen. Sie verweist auf
die Entscheidung BGH GRUR 2013, 427 – Doppelvertretung im
Nichtigkeitsverfahren, wonach eine Doppelvertretung selbst im Fall eines gleichzeitig
anhängigen Verletzungsrechtsstreits nicht schlechthin als notwendig angesehen
werden dürfe. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Nichtigkeitsklage am 9. März 2012
sei die - nicht gegen die Nichtigkeitsklägerin gerichtete - Verletzungsklage beim
Landgericht Mannheim bereits seit mehreren Tagen zurückgenommen worden. Seit
diesem Zeitpunkt sei eine Abstimmung zwischen Verletzungsprozess und
Nichtigkeitsverfahren nicht mehr erforderlich gewesen. Im Gegensatz zur Auffassung
der Klägerin liege hier auch keine Situation vor, die mit den Besonderheiten des
Verletzungsverfahrens vergleichbar sei. Die Abmahnung vom 28. Oktober 2011 stelle
lediglich eine vorprozessuale Maßnahme dar, durch die nicht unmittelbar ein
Verletzungsverfahren drohe. Die Nichtigkeitsklägerin selbst sei dann auch nicht
verklagt worden, was zeige, dass im Anschluss an eine Abmahnung ein
Verletzungsverfahren nicht unmittelbar drohe.

Zu Recht habe die Rechtspflegerin auch die Festsetzung von Kosten für die
Privatgutachten abgelehnt. Ein Ausnahmefall, in dem die Partei mangels eigener
Sachkunde nur mit Hilfe von Privatgutachten ihrer Darlegungs- und
Beweisführungspflicht genügen könne, habe nicht vorgelegen. Die Beklagte habe
sich u.a. durch einen Patentanwalt vertreten lassen, wobei dieser aufgrund seiner
Ausbildung in der Lage gewesen sein musste, technische Zusammenhänge zu
verstehen und verständlich darzulegen. Dies habe sich auch darin gezeigt, dass in
der ersten Instanz keine Gutachten vorgelegt worden seien. Unmaßgeblich sei auch
das Argument der Beklagten, es hätte die Gefahr bestanden, dass der
Bundesgerichtshof der Auffassung des sachkundig besetzten Senats des
Bundespatentgerichts folge, denn die Grundsätze der Erstattungsfähigkeit von
Kosten für Privatgutachten seien für alle Senatsbesetzungen, damit auch für den nur
mit Juristen besetzten Senat des Bundesgerichtshofs, gleich. Auch die der Beklagten
vom Bundesgerichtshof gewährte Fristgewährung impliziere nicht, dass er
Privatgutachten für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung als notwendig
betrachtet habe. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum es erforderlich gewesen
8

sein sollte, gleich drei Privatgutachten mit im Wesentlichen übereinstimmenden
Aussagen einzuholen.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat
zur Entscheidung vorgelegt.


II.

1. Die auf einen Teil des angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschlusses beschränkte
Erinnerung ist zulässig (§ 23 Abs. 2 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 ZPO, § 84 Abs. 2
PatG).

2. Sie ist jedoch nicht begründet.

a) Die in Ansatz gebrachten Kosten des mitwirkenden Patentanwalts waren nicht zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

aa) Die Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten richtet sich nach § 84 Abs. 2
PatG i.V.m. §§ 91 ff. ZPO. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die
Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen
Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung notwendig waren. Zu diesen Kosten gehören nach § 91 Abs. 2
Satz 1 ZPO auch die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechts- bzw.
Patentanwalts der obsiegenden Partei. Sie gelten von Rechts wegen als
zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung. Für die
Erstattungsfähigkeit der Kosten (hier) des zusätzlich zum Rechtsanwalt mitwirkenden
Patentanwalts kommt es daher gemäß nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 84 Abs.
2 PatG darauf an, ob diese Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder
Rechtverteidigung notwendig waren, was sich nach einem objektiven Maßstab
beurteilt.

Bei der Prüfung der Notwendigkeit ist darauf abzustellen, ob eine verständige und
wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt
9

ihrer Veranlassung – also bei objektiver Betrachtung ex ante – als sachdienlich
ansehen durfte, wobei die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur
vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen darf und lediglich
gehalten ist, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste
auszuwählen (vgl. BGH GRUR 2005, 271-Unterbevollmächtigte III- m. w. N.). Es
muss sich mithin um Kosten handeln, die für solche Handlungen entstanden sind, die
zum Zeitpunkt ihrer Vornahme objektiv erforderlich und geeignet erscheinen, das
streitige Recht zu verfolgen oder zu verteidigen (Mes, Patentgesetz, 4. Aufl. 2011, §
84 PatG Rn. 44). Notwendig sind danach alle Kosten, ohne die die
zweckentsprechenden Maßnahmen nicht getroffen werden könnten. Jede Partei ist
verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom
Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung
ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (BGH NJW 2007, 2257; 2007, 3723).

bb) Bei der Prüfung der Notwendigkeit der Doppelvertretung ist eine typisierende
Betrachtungsweise geboten (vgl. BGH GRUR 2013, 427, Rn 23 f. – Doppelvertretung
in Nichtigkeitsverfahren; BGH GRUR 2013, 430, Rn 23 f. – Rechtsanwalt im
Nichtigkeitsverfahren; Benkard, PatG, 11. Aufl., § 84 Rn. 66; Schulte, PatG, 10. Aufl.,
§ 80 Rn. 40; Busse, PatG, 8. Aufl., § 84 Rn. 93). Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der
bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht
in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem
Einzelfall Streit darüber besteht, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs-
oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (BGH GRUR 2011,
754, Rn. 27 – Kosten des Patentanwalts II; BGH, a.a.O, 429, Rn. 24 –
Doppelvertretung in Nichtigkeitsverfahren). Die Auffassung der Mehrheit der Senate
des Bundespatentgerichts, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts
typischerweise jedenfalls dann notwendig ist, wenn zeitgleich ein das Streitpatent
betreffendes Verletzungsverfahren anhängig ist, ist im Grundsatz vom
Bundesgerichtshof dahin bestätigt worden, dass es ausreicht, wenn die Partei oder
ein mit ihr wirtschaftlich verbundener Dritter daran beteiligt ist (Busse, a.a.O., mit
Hinweis u.a. auf BGH, a.a.O., Rn. 26, 35 f. – Doppelvertretung in
Nichtigkeitsverfahren).

10

cc) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht die Beauftragung eines
Rechtsanwalts und eines Patentanwalts nebeneinander im vorliegenden Fall über
das hinaus, was eine verständige, kostenbewusste und wirtschaftlich vernünftige
Partei als in diesem Sinn erforderlich ansehen durfte.

Nach neuerer Rechtsprechung wird die Zuziehung eines Rechtsanwalts neben einem
Patentanwalt (und umgekehrt) typischerweise als notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO angesehen, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent
betreffender Verletzungsstreit anhängig ist, an dem die betreffende Partei oder ein
mit ihr wirtschaftlich verbundener Dritter beteiligt ist (vgl. Schulte, a.a.O., § 80 Rn. 40
m.w.N., insb. BGH, a.a.O., Rn 18 f, -Doppelvertretung in Nichtigkeitsverfahren-,
BGH, a.a.O., Rn 26, -Rechtsanwalt im Nichtigkeitsverfahren-. Maßgebend hierfür ist
vor allem der Abstimmungsbedarf im Hinblick auf das Vorbringen der Partei in beiden
Verfahren und die Auswahl der in Betracht kommenden Angriffs- oder
Verteidigungsstrategien, die ein möglichst konsistentes Vorgehen in beiden
Verfahren ermöglichen soll. Dies erfordert u.a. detaillierte Kenntnis der konkreten
Verfahrenssituation im jeweils anderen Rechtsstreit und der für den weiteren Verlauf
in Betracht kommenden Handlungsalternativen.

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob zuerst bzw. in erster Linie ein Rechts- oder
Patentanwalt bestellt worden ist und welcher von beiden als Prozessbevollmächtigter
und welcher als mitwirkender Anwalt auftritt. Vielmehr geht es allein um die Frage, ob
die Beauftragung eines Rechtsanwalts und eines Patentanwalts nebeneinander als
notwendig angesehen werden kann, zumal beide Anwaltsarten als gleichgestellte
Organe der Rechtspflege zur selbständigen und alleinigen Vertretung in
Nichtigkeitsklagen berechtigt und aufgrund ihrer Ausbildung befähigt sind (vgl. z.B.
Senat v. 25.01.2012 (3 ZA (pat) 39/09), unter Ziff. II. 3.2; BPatG, 4. Sen. v.
24.10.2013 (4 ZA (pat) 35/13)).

Im vorliegenden Fall ist von den Parteien jedoch kein paralleler Verletzungsstreit
geführt worden, der nach den o.g. Grundsätzen eine Mitwirkung eines weiteren
Vertreters erfordert hätte. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten der
Nichtigkeitsbeklagten davon ausgeht, dass das vor dem Landgericht Mannheim im
Verletzungsprozess 2 O 21/12 verklagte Unternehmen mit der Nichtigkeitsklägerin
11

wirtschaftlich verbunden ist. In den beiden weitgehend gleich lautenden
Leitentscheidungen BGH, a.a.O., Rn. 34 – Doppelvertretung in Nichtigkeitsverfahren
und BGH, a.a.O., Rn. 32 – Rechtsanwalt im Nichtigkeitsverfahren hat der
Bundesgerichtshof betont, dass eine Doppelvertretung selbst im Falle eines
gleichzeitig anhängigen Verletzungsrechtstreits nicht schlechthin als zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig
angesehen werden darf. So gebe es eine nicht unerhebliche Anzahl von
Nichtigkeitsverfahren, mit denen kein paralleler Verletzungsrechtsstreit einhergehe
und in denen auch Senate des Bundespatentgerichts die Erstattungsfähigkeit der
Kosten einer Doppelvertretung in der ersten Instanz regelmäßig verneinten, wobei er
unter Billigung von BPatG Mitt. 2012, 371 (= BPatGE 53, 173) und BPatG, 2. Sen. v.
5. April 2011 (2 ZA (pat) 68/09) den Fall einer nur kurzzeitigen Anhängigkeit eines
Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und - bezogen auf die
Terminsgebühr – den Fall des rechtkräftigen Abschlusses des
Verletzungsrechtstreits vor der mündlichen Verhandlung im Nichtigkeitsverfahren
genannt hat (BGH, a.a.O., Rn. 34; - Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren-,
BGHa.a.O., Rn. 32, - Rechtsanwalt im Nichtigkeitsverfahren-, vgl. a. Schulte, a.a.O. §
80 Rn. 40 unter a) und b)).

Ein vergleichbarer Fall liegt auch hier vor. Bei Einreichung der Nichtigkeitsklage am
22. Februar 2012 war das einstweilige Verfügungsverfahren nach
übereinstimmenden Vortrag der Parteien durch Erlass einer einstweiligen Verfügung
bereits beendet. Das Verletzungsklageverfahren beim Landgericht Mannheim war zu
diesem Zeitpunkt zwar noch anhängig, es ist jedoch noch vor Zustellung der
Nichtigkeitsklage durch Vergleich am 5. März 2012 beendet worden. Bereits zum
Zeitpunkt der Zustellung der Nichtigkeitsklage, aus der Sicht der
Nichtigkeitsbeklagten also von Anfang an, war damit für diese klar, dass sie nicht
mehr gleichzeitig ein Verletzungsklageverfahren und ein Nichtigkeitsklageverfahren
parallel nebeneinander zu führen hatte. Auf die kurze Phase zwischen der
Einreichung der Nichtigkeitsklage und der Beendigung des Verletzungsverfahrens, in
der beide Verfahren formal gleichzeitig anhängig waren, kann es für die Beurteilung
der Notwendigkeit von Doppelvertretungskosten hingegen nicht ankommen. Denn
bereits bei Zustellung der Nichtigkeitsklage an die Beklagte musste ihr klar sein, dass
es keine Situation mehr geben kann, in der ein Abstimmungsbedarf im Hinblick auf
12

das Vorbringen der Partei in beiden Verfahren und die Auswahl der in Betracht
kommenden Angriffs- oder Verteidigungsstrategien bestehen könnte. Vielmehr war
ein konsistentes Vorgehen in beiden Verfahren infolge der zwischenzeitlichen
Beendigung des Verletzungsverfahrens nicht mehr möglich.

Nichts anderes würde daraus folgen, dass – wie die Beklagte meint – ein etwaiger
Erfolg der Nichtigkeitsklage Auswirkungen auf die Verletzungsverfahren haben
könnte, etwa die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und/oder des Vergleichs
aufgrund veränderter Umstände. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann sich kein
Abstimmungsbedarf im Hinblick auf das Vorbringen der Partei in beiden Verfahren
und die Auswahl der in Betracht kommenden Angriffs- oder Verteidigungsstrategien
mehr ergeben. Dies gilt für das bzw. die Verletzungsverfahren schon deshalb, weil
die Verletzungsklägerin nach Abschluss dieser Verfahren hierauf keinen Einfluss
mehr hat, sie insoweit also keine (richtige oder falsche) Prozessstrategie mehr
verwirklichen kann. Vielmehr kann sie nur noch das Nichtigkeitsverfahren als
Beklagte führen. Sofern sie dabei Gefahr läuft, dass eine mögliche Nichtigerklärung
des Streitpatents ungünstige Auswirkungen auf ihre in den Verletzungsverfahren
erworbene Rechtsposition hat, wird sie naheliegend auf die Abweisung der
Nichtigkeitsklage hinarbeiten. Hierbei kann sie gegebenenfalls eigenes Vorbringen
aus den Verletzungsverfahren berücksichtigen, etwa Vorbringen zur Auslegung des
Streitpatents. Eine Abstimmung mit den bereits beendeten Verletzungsverfahren ist
jedoch weder nötig noch möglich.

Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass trotz mangelnder Parallelität von
Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren eine damit vergleichbare Situation vorliegt.
Dazu zitiert die Klägerin in ihrer Erinnerungsbegründung vom 14. September 2016,
Seite 2, Ziff. I.2., die Entscheidung des 5. Senats vom 1. Dezember 2015 (5 ZA (pat)
103/14 = BlfPMZ 2016, 150 – Erstattungsfähigkeit der Kosten für mehrere Anwälte).
Darin vertritt der 5. Senat die Auffassung, dass es nach den auf die Umstände des
Einzelfalls abstellenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil v. 8.
(richtig muss es heißen: 18.) Dezember 2012 - Az. X ZB 11/12 (GRUR a.a.O.,
Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren) nicht auszuschließen sei, dass eine
Erstattungsfähigkeit im Grundsatz auch in Betracht kommen könne, wenn kein
Verletzungsverfahren anhängig sei. Allerdings sei dies auf die Fälle zu beschränken,
13

in denen eine mit den Besonderheiten des Verletzungsverfahrens vergleichbare
Situation vorliege (5. Sen., a.a.O., II. B. 1. e) bb)).

Hierzu ist zunächst anzumerken, dass es sich bei dieser Passage des Beschlusses
des 5. Senats nicht um ein direktes oder mittelbares Zitat der Entscheidung BGH,
a.a.O., sondern um (eigene) Erwägungen bzw. Schlussfolgerungen des 5. Senats
handelt. Der erkennende Senat hat Bedenken, ob sich diese Schlussfolgerungen
tatsächlich aus der Entscheidung BGH, a.a.O., ziehen lassen, jedenfalls in dem
Sinne, wie es hier die Nichtigkeitsbeklagte verstanden wissen will. Ginge man mit
dem 5. Senat davon aus, dass ohne parallele Verletzungsklage eine mit den
Besonderheiten des Verletzungsverfahrens vergleichbare Situation die Kosten einer
Doppelvertretung notwendig machen kann, etwa wenn sich die Parteien noch im
Vorfeld einer Verletzungsklage befinden und bereits über dieselben Fragen streiten,
die sich später sowohl im Verletzungs- als auch im Nichtigkeitsverfahren stellen
werden oder stellen würden (vgl. 5. Sen., a.a.O.), so dürfte auch fast jede typische
Vorgeschichte von Nichtigkeitsverfahren als derartige, die Doppelvertretungskosten
rechtfertigende „vergleichbare Situation“ angesehen werden. Auf eine solche - nicht
ungewöhnliche - Vorgeschichte stellt vorliegend auch die Beklagte ab, wenn sie
ausführt, dass durch ihre Abmahnung vom 28. Oktober 2011 eine Situation
geschaffen worden sei, in der die Klägerin den Entwurf einer Nichtigkeitsklage
vorgelegt und die Beklagte eine Verletzungsklage gegen eine Lieferantin der
Klägerin erhoben habe.

Würde man ein solches Vorfeld einer Nichtigkeitsklage bereits als „vergleichbare
Situation“ im Sinne der Entscheidung des 5. Senats, a.a.O. ansehen, so wäre dies
kaum mit den o.g. Erwägungen des Bundesgerichtshofs (a.a.O., Rn. 34 –
Doppelvertretung in Nichtigkeitsverfahren; Rn. 32 – Rechtsanwalt im
Nichtigkeitsverfahren) vereinbar, wonach die Beauftragung eines Rechtsanwalts und
zugleich eines Patentanwalts im Nichtigkeitsverfahren nicht schlechthin als zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig
angesehen werden darf, wobei der Bundesgerichtshof billigend Entscheidungen des
Bundespatentgerichts zitiert hat, in denen die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer
Doppelvertretung („regelmäßig“) verneint worden ist und hierbei ausdrücklich die
Fälle einer nur kurzzeitigen Anhängigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen
14

Verfügung oder - bezogen auf die Terminsgebühr – den Fall des rechtkräftigen
Abschlusses des Verletzungsrechtstreits vor der mündlichen Verhandlung genannt
hat. Gerade bei der letztgenannten Fallgestaltung werden sich die Parteien und ihre
Vertreter bereits im Vorfeld des Nichtigkeitsverfahrens intensiv sowohl mit Fragen der
Verletzung als auch der Bestandskraft des Streitpatents befasst haben, so dass die
Erwägungen des Bundesgerichtshofs weitgehend ins Leere gingen, wollte man dies
bereits als „vergleichbare Situation“ im Sinne der Entscheidung des 5. Senats des
Bundespatentgerichts, a.a.O. ansehen.

Im Lichte der Erwägungen des Bundesgerichtshofs, a.a.O., wird die vom 5. Senat
des Bundespatentgerichts genannte „vergleichbare“, die Kosten einer
Doppelvertretung rechtfertigende Situation daher allenfalls in Fällen in Betracht
kommen, in denen ein paralleles Verletzungsverfahren – wie im Fall 5. Sen., a.a.O. –
nie anhängig gewesen ist, besondere Umstände des Einzelfalls aber eine
Doppelvertretung ausnahmsweise als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung notwendig erscheinen lassen. Aus einer weitgehend
typischen Vorgeschichte eines sich nur kurzfristig überschneidenden Verletzungs-
und Nichtigkeitsverfahrens kann die Beklagte hingegen keine Notwendigkeit einer
Doppelvertretung herleiten.

b) Auch die weiter in Ansatz gebrachten Kosten für die drei im Berufungsverfahren
vorgelegten Privatgutachten waren nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung
notwendig (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG). Wie bereits im
angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, sind Privatgutachten Bestandteil
des Parteivortrags und deren Kosten daher wie die im Zusammenhang mit dem
übrigen Parteivortrag entstandenen Kosten grundsätzlich mit den Gebühren nach
dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abgegolten. Ausnahmsweise erstattungsfähig
sind Kosten für Privatgutachten allerdings dann, wenn die Partei mangels eigener
Sachkunde nur mit Hilfe des Privatgutachters ihrer Darlegungspflicht oder
Beweisführungslast genügen kann oder wenn die Sachkunde aus sonstigen Gründen
nicht gewährleistet ist (vgl. dazu Schulte, Patentgesetz, 10. Aufl., § 80 Rn. 78; BGH
NJW 2012, 1370, 1372; Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl.,
§ 91 Rn. 79, 81; Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 91 Rn. 49). Dieser strenge
15

Maßstab gilt ebenso im Nichtigkeitsberufungsverfahren (BPatGE 53, 190; Schulte,
a.a.O.).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entsprechend der ständigen Rechtsprechung des
Senats nicht vor. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass und warum sie mangels
eigener Sachkunde bzw. eigener Sachkunde ihrer anwaltlichen Vertreter im Hinblick
auf welche besonderen technischen Schwierigkeiten außerstande gewesen sei, ohne
Hilfe von (sogar drei) Privatgutachtern den Stand der Technik unter dem
Gesichtspunkt der erfinderischen Tätigkeit zu bewerten. Dass es vorliegend um
Fragen des Verständnisses der Entgegenhaltungen und ihrer Offenbarungsgehalte
und hierbei um Entwicklungen im Sublimationstransferdruck sowie Besonderheiten
der dabei verwendeten Tinten, Materialien und Techniken samt deren Verfügbarkeit
und ihrer Anwendungsbereiche ging, wie die Beklagte im Erinnerungsschriftsatz vom
14. September 2016, Seite 4, pauschal ausgeführt hat, lässt nicht erkennen,
inwieweit hier eine spezielle Thematik vorliegt, die über den im Nichtigkeitsverfahren
üblichen Rahmen der Erfassbarkeit und Darstellbarkeit technischer Zusammenhänge
hinausgeht und die auch nicht durch Rücksprache mit Experten der Mandantin
geklärt, sondern allein mit Hilfe externer Gutachter dargelegt werden kann (z.B.
experimentelle Versuchsreihen oder in neutralen Labors vorzunehmende
Nacharbeitungen). Der Aufbau der Gutachten mit weitgehend gleichen
Fragestellungen und die Art und der Inhalt ihrer Beantwortung durch die Experten
zeigen auch, dass der Rahmen technischer Zusammenhänge, wie er in der Praxis
des Senats üblicherweise durch sachkundige berufliche Vertreter (beider
Anwaltsarten) dargestellt wird, nicht verlassen worden ist.

Im Kern geht die Beklagte von einer solchen Sachlage auch gar nicht aus. Vielmehr
hat sie sich schwerpunktmäßig und ausführlich darauf berufen, dass der erkennende
Senat in erster Instanz abweichend vom vorterminlichen Hinweis und ohne Einholung
eines Sachverständigengutachtens das Streitpatent überraschend als nicht
patentfähig angesehen habe, so dass sie die Gefahr gesehen habe, dass der
Bundesgerichtshof ebenfalls kein Sachverständigengutachten einholen und dem
sachverständig besetzten Senat des Bundespatentgerichts folgen werde. Um dies zu
verhindern und ihrem Vortrag das erforderliche Gewicht und die weitere Sachkunde
externer Fachleute mit gesteigerter Fachkunde auf dem relevanten Gebiet zu
16

verleihen, habe sie die Gutachten in Auftrag gegeben. Gerade um dem Einwand zu
begegnen, ein Privatgutachten habe wenig Gewicht, habe die Beklagte mehrere
voneinander unabhängige Gutachter beauftragt und so auch gezeigt, dass ihre
inhaltlich im wesentlichen übereinstimmende Aussage das Verständnis und Wissen
des Fachmann wieder gäben (vgl. insb. Schriftsatz vom 22. September 2015, S. 2 ff.;
Erinnerungsschriftsatz vom 14. September 2016, S. 5).

Motivation der Beklagten für die Einholung von Privatgutachten war damit nicht die
Ermöglichung des eigenen Parteivortrags. Vielmehr ging es ihr um die Präsentation
und Vermittlung von möglichst umfangreicher Fachkompetenz in Form der
vorgelegten Gutachten und dem Renommee der sie verfassenden Wissenschaftler
bzw. Institute zwecks Erreichung einer damit verbundenen Höhergewichtung des
eigenen Vortrags. Dies zeigt sich auch darin, dass die Beklagte mit der
Berufungsbegründung gleich drei Gutachten mit – wie sie angibt - im Wesentlichen
übereinstimmenden Inhalten vorgelegt hat. Auch hierzu hat sie vorgetragen, dem
Einwand begegnen zu wollen ein Privatgutachten habe „wenig Gewicht“.

Diese umgangssprachlich mit „Klotzen statt Kleckern“ umschreibbare Verursachung
von Kosten entspricht weder dem Maßstab, wonach eine verständige und
wirtschaftlich vernünftig denkende Partei im Zeitpunkt ihrer Veranlassung die die
Kosten auslösende Maßnahme als sachdienlich ansehen durfte (vgl. BGH NJW
2003, 1398; 2006, 2415) noch den strengen Grundsätzen, die hierbei an die
ausnahmsweise Erstattung der Kosten für Privatgutachten entwickelt worden sind
(s.o.). Zudem würde die Erstattbarkeit solcher Kosten auf eine uferlose Beschaffung
von möglichst vielen Gutachten möglichst renommierter Experten und damit auf eine
mit dem Grundsatz der sparsamen Prozessführung (vgl. BGH MDR 2010, 1286;
NJW 2012, 2734; Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl.) nicht mehr zu vereinbarende
Kostenexplosion in den regelmäßig ohnehin schon mit hohen Kosten verbundenen
Nichtigkeitsverfahren hinauslaufen. Weiter würde dies auch der im deutschen
Prozessrecht nicht vorgesehenen und von den Gerichten als unerwünscht
angesehenen (vgl. z.B. BPatGE 30, 263, 266, 1. Abs. a.E.) Ersetzung von
schriftsätzlichen Parteivorbringen durch Privatgutachten Vorschub leisten.
Unabhängig von der Frage, ob eine derartige Prozesstaktik aus der Sicht der
Beklagten verständlich erscheint und möglicherweise zum Erfolg beigetragen hat,
17

wäre auch nicht einzusehen, dem unterlegenen Gegner die Erstattung derart
kostenintensiver Maßnahmen aufzuerlegen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.

4. Der Gegenstandswert ergibt sich aus dem mit der Erinnerung zur Überprüfung
gestellten Betrag (vgl. Erinnerungsschriftsatz vom 14. September 2017, S. 6).



Schramm Kätker Dr. Jäger



Full & Egal Universal Law Academy