3 StR 320/01 - 3. Strafsenat
Karar Dilini Çevir:
3 StR 320/01 - 3. Strafsenat
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 320/01 vom 18. Oktober 2001 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung - 2 - Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbu n - desanwalts und des Beschwerdeführers am 18. Oktober 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landg e - richts Hannover vom 20. April 2001 mit den Feststellungen aufg e - hoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Gründe: Das Landgericht hat den - wegen Totschlags - vorbestraften Angekla g - ten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfre i - heitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. 1. Das Landgericht hat festgestellt: Der erheblich alkoholisierte Angeklagte hatte gegen Mitternacht seinen Bruder in der Wohnung von dessen Bekannten A. aufgesucht. Es kam zu einem Streit, bei dem der Angeklagte seinen Bruder beleidigte und dessen Kette vom Hals riß. Daraufhin ging der Bruder gegen den Angeklagten mit mehreren Faustschlägen und mindestens einem Fußtritt vor. Nachdem der A n - geklagte seinem Bruder eine Flasche auf den Kopf geschlagen hatte, griff A. helfend ein und faßte den Angeklagten am Hals an. Dieser öffnete - 3 - daraufhin ein Taschenmesser und stach mehrfach auf A. ein, der l e - bensbedrohlich verletzt wurde. Alle drei verlieûen danach die Wohnung, wobei A. in einer Nachbarwohnung die Polizei verstndigte und der Ang e - klagte sich aus dem Haus begab. Sein Bruder hatte im Verlauf des Streits ebenfalls einen Messerstich erhalten; das Landgericht hat nicht klren knnen, ob er ihn bereits nach dem Schlag mit der Flasche und vor dem Eingreifen des A. oder erst spter im Treppenhaus erhalten hatte. Die Strafkammer hat angenommen, daû der Angeklagte mit bedingtem Ttungsvorsatz zugestochen habe, jedoch vom Totschlagsversuch strafbefre i - end zurckgetreten sei. Der Einsatz des Messer sei nicht durch Notwehr g e - rechtfertigt, da ein gegenwrtiger Angriff nicht mehr vorgelegen habe. 2. Die der Verneinung eines gegenwrtigen Angriffs zugrunde liegende Feststellung, die vom Bruder verbten Ttlichkeiten (die Faustschlge und der Fuûtritt) seien bereits abgeschlossen gewesen, als der Angeklagte das Messer gezogen habe, hlt rechtlicher Nachprfung nicht stand. Der Angeklagte hatte sich insofern dahin eingelassen, er habe das Taschenmesser aus der Hose n - tasche gezogen, als er - am Boden liegend - von beiden Gegnern angegriffen worden sei. Diese Einlassung hat die Strafkammer als widerlegt erachtet. Eine nachvollziehbare Begrndung hierfr lût sich dem Urteil nicht entnehmen. Die Aussagen der beiden Kontrahenten des Angeklagten, auf die das Landgericht seine Überzeugung von dem festgestellten Geschehen sttzt, stellen jedenfalls hinsichtlich der Reihenfolge der einzelnen Aktionen und R e - aktionen, keine tragfhige Grundlage dar. Der Bruder des Angeklagten und A. hatten als Zeugen bereinstimmend in Abrede gestellt, den Ang e - klagten in der Wohnung berhaupt geschlagen und getreten zu haben. Dies - 4 - hat das Landgericht ihnen - aufgrund der beim Angeklagten nach der Tat fes t - gestellten frischen Verletzungsspuren - nicht geglaubt. Damit kann ihren Au s - sagen zur Klrung der genauen Abfolge des Geschehens nichts entnommen werden. Da auch der Sachverstndige dazu nicht beitragen konnte, ist nicht ersichtlich, warum die Einlassung des Angeklagten zur Gegenwrtigkeit des Angriffs nicht zutreffen kann. Fr die Richtigkeit dieser Einlassung knnte im brigen sprechen, daû der Angeklagte im unmittelbaren Anschluû an das G e - schehen einem Passanten von sich aus erklrte, "man werde sich doch verte i - digen drfen, wenn man angegriffen werde", und sodann das Eintreffen der Polizei abwartete, der er ber das Vorgefallene berichtete. Die Beweiswrd i - gung leidet auch darunter, daû die Urteilsgrnde weder den Inhalt dieses B e - richts mitteilen noch sich mit dem geschilderten Tatnachverhalten des Ang e - klagten auseinandersetzen. Die dargestellten Mngel machen die Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine neue tatrichterliche Prfung des Geschehens erforderlich. 3. Sollte sich in der neuen Verhandlung nicht ausschlieûen lassen, daû der Angeklagte - entsprechend seiner Einlassung - seinem Bruder und A. die Messerstiche in einer Kampfeslage versetzte, in der er noch geschl a - gen und getreten wurde, so wird zu prfen sein, ob die Rechtfertigung der Tat nicht mit Blick auf die Einschrnkungen des Notwehrrechts bei provozierter Notwehrlage (vgl. BGHR StGB § 32 Abs. 2 Verteidigung 1 - 4, 6, 13) aussche i - det. Auch in diesem Fall wird die zitierte Äuûerung des Angeklagten gegenber einem Passanten unmittelbar nach der Tat dem neuen Tatrichter Anlaû geben, sich mit der subjektiven Seite der Notwehrfrage eingehender auseinanderz u - setzen als im aufgehobenen Urteil geschehen. Dasselbe gilt, wenn sich als Ergebnis der Beweisaufnahme erneut das Fehlen eines gegenwrtigen Angriffs - 5 - herausstellt. Sollte sich der Angeklagte - etwa aufgrund seiner erheblichen A l - koholisierung - irrig eine Situation vorgestellt haben, in der er sich ungeachtet der von ihm ausgegangenen Provokation mit dem Messer verteidigen durfte, so knnte ein die Verurteilung wegen vorstzlicher Tat ausschlieûender Erlaubn i - statbestandsirrtum gegeben sein. Sollte der Angeklagte lediglich ber die rechtlichen Grenzen des Notwehrrechts im Irrtum gewesen sein, also etwa g e - glaubt haben, daû er sich auch bei provozierten Schlgen und Tritten gegen den Angreifer und seinen Helfer ohne Einschrnkungen mit dem Messer ve r - teidigen darf, so wird die Anwendung von § 17 StGB in Erwgung zu ziehen sein. Tolksdorf Rissing-van Saan Miebach Winkler Becker

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