3 StR 276/01 - 3. Strafsenat
Karar Dilini Çevir:
3 StR 276/01 - 3. Strafsenat
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 276/01 vom 14. November 2001 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung - 2 - Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. November 2001, a n der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Tolksdorf, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan, die Richter am Bundesgerichtshof Pfister, von Lienen, Becker als beisitzende Richter, Bundesanwalt in der Verhandlung, Staatsanwältin bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Lan d - gerichts Osnabrck vom 5. Mrz 2001 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch ber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurckverwiesen. Von Rechts wegen Grnde: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefhrlicher Körperverle t - zung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewhrung ausgesetzt. Die Revision der Staatsa n - waltschaft greift die Beweiswrdigung mit sachlichrechtlichen Beanstandungen und dem Ziel einer Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Mordes an. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Kann der Tatrichter Zweifel daran, daß der Angeklagte mit Tötungsvo r - satz gehandelt hat, nicht berwinden, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen, denn die Beweiswrdigung ist grundstzlich Sache des Tatrichters. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt insoweit nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswrdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht dann der Fall, wenn die Beweiswrd i - gung widersprchlich, unklar oder lckenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungsstze verstößt. Insbesondere muß die Beweiswrdigung - 4 - erschpfend sein. Der Tatrichter ist gehalten, sich mit den von ihm festgestel l - ten Tatsachen unter allen fr die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beei n - flussen. Rechtlich zu beanstanden sind die Beweiserwgungen ferner dann, wenn sie erkennen lassen, daû das Gericht berspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt und dabei nicht beachtet hat, daû eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschlieûende und von niemandem anzweifelbare Gewiûheit nicht erforderlich ist, vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maû an Sicherheit gengt, das vernnftige und nicht bloû auf denktheoretische Mglichkeiten gegrndete Zweifel nicht zulût (st.Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswrdigung 16 und Überzeugungsbildung 25). An diesen Maûstben gemessen hat das ang e - fochtene Urteil keinen Bestand. 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte se i - ne Ehefrau bei frheren Auseinandersetzungen geschlagen, gewrgt und mit einer Pistole bedroht. Nachdem die Ehefrau deshalb unter Mitnahme von zwei der drei Kinder die Ehewohnung verlassen hatte, nahm der Angeklagte eine Beziehung mit der Verkuferin G. auf u nd fuhr mit dieser in den U r - laub. Als die Ehefrau im Interesse der Kinder wieder in den Haushalt zurc k - kehrte, gab es alsbald wieder Streitigkeiten. Der Angeklagte schlug seine Eh e - frau zwar nicht mehr, er blieb aber fter ber Nacht von zuhause weg, ohne den Grund dafr zu nennen. Am Tag vor der Tat lieh sich der Angeklagte von der Cousine der Frau G. einen Pkw Opel Astra, den er rckwrts in seiner Garage einparkte. Von der Garage fhrte ein Zugang in den Keller, wo der A n - geklagte seit einiger Zeit Maschinen zur Herstellung von Teigwaren aufbewahrt hatte. Als am Abend des Tattages die Kinder zu Bett gegangen waren, bat der - 5 - Angeklagte seine Ehefrau erstmals um einen Rat fr die Verwendung dieser Maschinen. Auf diese Weise veranlaûte er sie, mit ihm in den Keller zu gehen. Das Fenster des Kellerraums, in dem die Maschinen standen, war mit einer Badezimmermatte, die mittels Klebestreifen am Fensterrahmen befestigt war, verhangen, so daû man nicht hindurchsehen konnte. In dem Kellerraum be- fand sich - etwa unter dem Fenster - eine ca. 30 mal 40 Zentimeter breite und ca. 30 Zentimeter tiefe, mit Wasser gefllte Plastikwanne. Als die Ehefrau nach kurzem Gesprch den Kellerraum verlassen hatte und auf den Gang des Ke l - lers getreten war, schlug ihr der Angeklagte vllig berraschend von hinten mit einem festen Gegenstand auf den Hinterkopf, so daû sie zu Boden fiel und b e - nommen war. Der Angeklagte zog sie in den Kellerraum zurck, nahm den u r - sprnglich auûen steckenden Schlssel mit nach innen und schloû den Kelle r - raum von innen ab. Anschlieûend drehte er seine Ehefrau auf den Bauch und legte sie vor die Plastikwanne. Sodann drckte er ihren Kopf mit dem Gesicht nach unten hinein, so daû sie keine Luft mehr bekam. Der Ehefrau gelang es, sich aus dem Griff zu befreien, den Kopf zu heben, zu atmen und zu schreien, jedoch drckte der Angeklagte ihren Kopf immer wieder - insgesamt dreimal - nach unten. Schlieûlich schaffte es die Ehefrau, die Plastikwanne umzukippen und sich auf den Rcken zu drehen. Daraufhin legte sich der Angeklagte auf sie und drckte ihr eine Hand so vor das Gesicht, daû sie weder durch die N a - se noch durch den Mund atmen konnte, whrend er mit der anderen Hand den Krper der Frau zu fixieren versuchte. In Todesangst trat die Ehefrau mit den Beinen um sich und versuchte, durch Drehen ihren Kopf freizubekommen. Als sie dadurch wieder Luft bekam, schrie sie mehrmals laut. Der Angeklagte lieû seine Ehefrau erst los, als er bemerkte, daû der Sohn, von den Schreien der Mutter alarmiert, von auûen an der verschlossenen Kellertre rttelte. Der A n - geklagte sagte leise zu seiner Ehefrau "Wir haben uns nur gestritten" und gab - 6 - auch dem Sohn gegenber diese Erklrung ab. Whrend die Ehefrau mit dem Sohn den Keller verlieû, versuchte der Angeklagte, das ausgelaufene Wasser aufzuwischen, und rumte die zerbrochene Plastikwanne beiseite. Sodann ve r - schloû er die Tr zum Kellerabgang und nahm den Schlssel an sich. Den spter eintreffenden Polizeibeamten verweigerte er die Herausgabe des Schlssels, so daû die Tr mit einem Dietrich geffnet werden muûte. 2. Daû sich das Landgericht aufgrund dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht von einem versuchten Ttungsdelikt berzeugen konnte, beruht auf mehreren Rechtsfehlern bei der Beweiswrdigung. a) Das Landgericht hat bei der Wrdigung der Tathandlungen einen fa l - schen Maûstab angelegt. Es hat - sachverstndig beraten - ausgefhrt, daû sowohl ein Schlag auf den Hinterkopf, als auch das Hineindrcken des Kopfes in die mit Wasser gefllte Wanne und das Zuhalten von Mund und Nase gen e - rell zum Tten geeignete Handlungen sind. Sodann hat es darauf abgehoben, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedrfe auch bei gefhrl i - chen Gewalthandlungen die Annahme eines zumindest bedingten Ttungsvo r - satzes einer umfassenden Gesamtwrdigung. Abgesehen davon, daû das Landgericht diese Gesamtwrdigung gerade nicht vorgenommen hat, ist zu besorgen, daû es diese Rechtsprechung mi û - verstanden hat. Die vom Landgericht zitierten Entscheidungen des Bundesg e - richtshofs befassen sich mit mglichen Rckschlssen aus der Gefhrlichkeit der unmittelbaren Tathandlung auf den Ttungsvorsatz. Bei spontanen, oft nur aus einer einzigen uûerst gefhrlichen Gewalthandlung bestehenden Angri f - fen hat der Bundesgerichtshof vom Tatrichter eine umfassende Wrdigung a l - - 7 - ler Umstnde gefordert, damit nicht vorschnell auf den - allerdings naheliege n - den - bedingten Ttungsvorsatz gefolgert wird. Die dieser Rechtsprechung z u - grundeliegenden Flle sind mit dem vorliegenden Geschehen nicht vergleic h - bar. Dieses erhlt sein Geprge durch drei hintereinander erfolgte, verschi e - denartige und jeweils lebensgefhrliche Angriffe sowie durch eine Vor- und Nachtatsituation, bei der eine erhebliche Anzahl von Beweisanzeichen fr e i - nen Ttungswillen des Angeklagten spricht. b) Soweit das Landgericht Bedenken gegen die Annahme eines T - tungsvorsatzes daraus ableitet, daû es der Ehefrau dreimal gelang, den Kopf aus der mit Wasser gefllten Wanne zu heben und Luft zu holen, und daû sie es spter, als der Angeklagte ihr Mund und Nase mit der Hand zuhielt, schaffte, durch Abwehrversuche Atem zu bekommen, vermag sich deren Berechtigung bei lebensnaher Betrachtung nicht zu erschlieûen. Dieses Geschehen belegt ohne weiteres, daû die Ehefrau sich gegen den drohenden Erstickungstod g e - wehrt hat. Die Deutung des Landgerichts, es spreche dafr, daû der Ang e - klagte den Eintritt des Erstickungstods nicht gewollt habe, leuchtet hingegen keineswegs ein und lût vllig offen, welchen Sinn denn dann die Mehrzahl der Angriffe gehabt haben sollen. Dazu lût das Urteil jeden Versuch einer Erkl - rung vermissen. c) Zuletzt hat das Landgericht die einzelnen belastenden Tatsachen j e - weils nur einer isolierten und teilweise verkrzten Betrachtung unterzogen. So wird die Verdunklung des Kellerfensters mit der Badematte als mgl i - ches belastendes Indiz erkannt; die Kammer meint aber, keine Schlsse zum Nachteil des Angeklagten daraus ziehen zu knnen, weil sich aus der Aussage - 8 - der Ehefrau, eine Woche vorher habe die Badematte noch nicht vor dem Fe n - ster gehangen, nicht zwingend darauf schlieûen lasse, der Angeklagte habe die Matte unmittelbar vor der Tat dort aufgehngt. Dabei verkennt die Kammer, daû die berzeugung von der Schuld nicht allein aufgrund zwingender Rc k - schlsse gewonnen werden kann und auch ein Aufhngen der Matte durch den Angeklagten in nicht unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat ein belastendes Indiz bleibt. Gleiches gilt fr das Vorhandensein der mit Wasser gefllten Plasti k - wanne im Kellerraum, das nach Auffassung der Kammer mit der Sparsamkeit des Angeklagten erklrt werden kann. Auch wenn nach Meinung der Kammer deshalb bei isolierter Betrachtung aus diesem Umstand keine dem Angekla g - ten nachteiligen Schlsse gezogen werden knnten, behlt er seine Bedeutung als Indiz bei der Gesamtbetrachtung. Daû der Angeklagte "seine Frau regelrecht in den Keller gelockt hat" in einer Weise, "daû die Kinder von dem Geschehen im Keller offenbar nichts mitbekommen sollten" (UA S. 42), hat der Tatrichter zwar als belastendes Indiz erkannt, es im Rahmen der Beweiswrdigung aber nicht nochmals erwhnt, so daû unklar bleibt, ob und aus welchem Grund er ihm keine weitere Bedeutung beimessen zu knnen glaubte. Das Verhltnis des Angeklagten zu Frau G. sieht das Landgericht nicht als mgliches Motiv fr eine Ttung an, weil es nach Aussage von Frau G. nach der Rckkehr der Ehefrau in den Haushalt abgekhlt gewesen sei. Dabei unterlût das Landgericht aber die sich aufdrngende Auseinanderse t - - 9 - zung mit dem Umstand, daû der Angeklagte die Nacht zum Tatvortag bei Frau G. verbracht hatte. Eine diese Umstnde zusammenfassend wertende Betrachtung fehlt in der Beweiswrdigung. Diese ist vor allem dann geboten, wenn einzelne Indi- zien fr sich alleine zur berzeugungsbildung des Tatrichters nicht ausreichen. Auf ihrem Fehlen kann das Urteil beruhen. Es ist nicht auszuschlieûen, daû sich das Landgericht bei einer Gesamtbetrachtung vom Ttungsvorsatz des Angeklagten berzeugt htte. In einer solchen Gesamtwrdigung wre auch der Umstand zu erwgen, daû der Angeklagte am Tatvortag einen fremden, ihm sonst nicht zuzuordnenden Pkw in der Garage - mit der Heckklappe zum Kellerabgang - abgestellt hat, was als Vorbereitung zum Abtransport der Le i - che angesehen werden knnte. Ob dies dann noch, wie es das angefochtene Urteil meint, als "bloûe Spekulation" abgetan werden kann, hat der neue Tatrichter zu entscheiden. Tolksdorf Rissing-van Saan Pfister von Lienen Becker

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