3. Senat - Betriebsrentenanwartschaft - Neuberechnung
Karar Dilini Çevir:
3. Senat - Betriebsrentenanwartschaft - Neuberechnung
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 3 AZR 669/09 7 Sa 120/08 Landesarbeitsgericht Nürnberg Im Namen des Volkes! Verkündet am 23. August 2011 URTEIL Kaufhold, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ver-handlung vom 23. August 2011 durch die Vorsitzende Richterin am Bundes-arbeitsgericht Gräfl, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Zwanziger und - 2 - 3 AZR 669/09 - 3 - Dr. Spinner sowie den ehrenamtlichen Richter Schepers und die ehrenamtliche Richterin Dr. Möller für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landes-arbeitsgerichts Nürnberg vom 11. August 2009 - 7 Sa 120/08 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Ver-sorgungsanwartschaften der Klägerin auf der Basis ungezillmerter Versiche-rungstarife neu zu berechnen. Die Klägerin war vom 1. Juli 1998 bis zum 31. Januar 2006 bei der Be-klagten als Leiterin Personalwesen tätig. Sie hatte mit ihrer früheren Arbeitge-berin eine Entgeltumwandlungsvereinbarung geschlossen. Die Arbeitgeberin hatte als Versicherungsnehmerin zugunsten der Klägerin bei der D-AG (künftig: D) eine Direktversicherung abgeschlossen. In diese Versicherung trat die Beklagte ein. Die Parteien vereinbarten am 26. August 1998 eine weitere Entgeltumwandlung hinsichtlich des Weihnachtsgeldes in Höhe von 1.200,00 DM. Dazu wurde eine Direktversicherung bei der D abgeschlossen. Im Januar 2004 und im März 2005 schlossen die Parteien vier weitere Entgeltum-wandlungsverträge für eine über die N e.V. als Unterstützungskasse abzuwi-ckelnde Altersversorgung. Die Leistungen aus diesen vier Vereinbarungen sind durch eine Rückdeckungsversicherung abgedeckt. Außerdem wurden unter dem 12. Januar und 11. Februar 2004 im Wege der Entgeltumwandlung Ren-tenverträge über „Metallrente“ bei der A AG abgeschlossen. Nach ihrem Aus-scheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stellte die Klägerin die Versicherungen beitragsfrei. 1 2 - 3 - 3 AZR 669/09 - 4 - Sowohl der Direktversicherung bei der D, den Rückdeckungsversiche-rungen, an deren Bedingungen sich die entsprechenden Versorgungszusagen orientieren, als auch den Verträgen bei der A AG liegen gezillmerte Tarife zugrunde, so dass die vollen Provisions- und Abschlusskosten jeweils durch die ersten Beitragszahlungen beglichen wurden. Nach den der Klägerin aus Anlass ihres Ausscheidens gegebenen Auskünften lag deshalb der jeweilige Rück-kaufswert der Versicherungen unter den gezahlten Beiträgen. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, gezillmerte Tarife seien im Rah-men der betrieblichen Altersversorgung unzulässig. Ihr stünden daher gegen die Beklagte in der Höhe Versorgungsansprüche zu, als wären die Abschluss-kosten der Verträge auf die gesamte Vertragslaufzeit verteilt. Deshalb sei die Beklagte zur Neuberechnung ihrer Versorgungsanwartschaften auf der Basis einer Verteilung der Abschlusskosten auf die gesamte Vertragslaufzeit ver-pflichtet. Die Klägerin hat zuletzt beantragt: 1. Die Beklagte hat die unverfallbaren Anwartschaften der Klägerin auf betriebliche Altersversorgung aus folgenden Entgeltumwandlungen - N e.V. mit den Versicherungsnummern der Rückdeckungsversicherungen - - - - - Direktversicherung D mit der Versicherungs-schein-Nummer - - M mit den Versicherungsnummern - - neu zu berechnen und der Neuberechnung ungezill-merte Versicherungstarife ohne Stornoabschläge zugrunde zu legen mit ratierlich auf die Vertragslauf-zeit verteilter Abschlussprovision entsprechend § 87a HGB. 3 4 5 - 4 - 3 AZR 669/09 - 5 - 2. Die Beklagte hat die Berechnung offenzulegen und die tariflichen Rechnungsgrundlagen mitzuteilen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffas-sung vertreten, ein Anspruch auf Neuberechnung bestehe nicht. Sie sei so lange berechtigt, von den von ihr für richtig gehaltenen Berechnungsgrundlagen auszugehen, bis gerichtlich etwas Gegenteiliges festgestellt worden sei. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer Revision ver-folgt die Klägerin die zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision. Entscheidungsgründe Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. I. Gegen die Zulässigkeit der Revision bestehen keine Bedenken. Ihre Begründung entspricht den an eine Revisionsbegründung zu stellenden Anfor-derungen. 1. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbe-gründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dazu hat sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Grün-den des Berufungsurteils auseinanderzusetzen und konkret die Gründe darzu-legen, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (st. Rspr. des BAG, vgl. nur 18. November 2008 - 3 AZR 970/06 - Rn. 14, AP BGB § 242 Ruhegehalt - Pensionskassen Nr. 6). Allerdings kann von einem Rechtsmittel-führer nicht mehr an Begründung erwartet werden, als sie die Vorinstanz selbst aufgewendet hat (vgl. für die Berufungsbegründung: BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 223/08 - Rn. 18, AP ZPO § 520 Nr. 2). 2. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Aus-kunftserteilung mit der Begründung abgelehnt, die sich aus § 4a Abs. 1 6 7 8 9 10 11 - 5 - 3 AZR 669/09 - 6 - BetrAVG ergebende Auskunftspflicht diene nicht dazu, Meinungsverschieden-heiten zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Arbeitgeber über den Inhalt der Versorgungszusage auszutragen. Eine andere Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft bestehe nicht. Mit dieser Argumentation hat sich die Klägerin in der Revisionsbegründung zwar nicht auseinandergesetzt. Sie hat jedoch in der Revision ihren Anspruch erstmals auch auf § 2 BetrAVG gestützt. Dies hat sie zwar im Einzelnen nicht näher begründet. Im Hinblick darauf, dass das Landesarbeitsgericht diese Vorschrift nicht als mögliche Anspruchsgrund-lage herangezogen hat, waren weitergehende Ausführungen der Klägerin zur Begründung ihrer Rechtsansicht jedoch nicht erforderlich. II. Die Revision ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen der Klage nicht stattgegeben. Die Klägerin verlangt die Neuberechnung ihrer Versorgungsanwartschaften nach dem von ihr für richtig gehaltenen Berech-nungsweg in der Weise, dass die Anwartschaften unter Zugrundelegung unge-zillmerter Versicherungsverträge berechnet, also die Abschlusskosten für die Versicherungen auf die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden. Alleiniges Ziel des Klagebegehrens ist deshalb die Erteilung einer Auskunft in Form der Neuberechnung der Versorgungsanwartschaften. Auf eine derartige Auskunft hat die Klägerin keinen Anspruch. 1. Der Anspruch folgt nicht aus § 4a BetrAVG. Nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei einem berechtigten Interesse auf dessen Verlangen schriftlich mitzuteilen, in welcher Höhe aus der bisher erworbenen unverfallbaren Anwartschaft bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze ein Anspruch auf Altersversorgung besteht. Diese Bestimmung wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch das Alterseinkünftegesetz vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427, Art. 8 Nr. 3 und Nr. 6, Art. 18) anstelle des früheren, nahezu inhalts-gleichen § 2 Abs. 6 BetrAVG in das Gesetz eingefügt. Sie begründet ebenso wenig wie die Vorgängerregelung einen Anspruch auf Neuberechnung mit dem Ziel der Klärung von Streitfragen bei der Berechnung einer Versorgungsanwart-schaft. 12 13 14 - 6 - 3 AZR 669/09 - 7 - Die Auskunft nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG ist weder ein abstraktes noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Vielmehr handelt es sich um eine Wissenserklärung, die dem Arbeitnehmer Klarheit über die Höhe der zu erwartenden Betriebsrente verschaffen soll (BAG 17. Juni 2003 - 3 AZR 462/02 - EzA BetrAVG § 2 Nr. 20). Entsprechend ihrem Zweck muss die Aus-kunft so ausgestaltet sein, dass der Arbeitnehmer sie überprüfen kann. Die Bemessungsgrundlagen und der Rechenweg sind so genau zu bezeichnen, dass der Arbeitnehmer die Berechnung nachvollziehen kann (BAG 9. Dezember 1997 - 3 AZR 695/96 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 87, 250). Die Auskunft dient nicht dazu, einen Streit über den Inhalt des Versorgungsan-spruchs zu beseitigen. Sie soll lediglich Meinungsverschiedenheiten über die Berechnungsgrundlagen aufdecken und dem Arbeitnehmer Gelegenheit geben, derartige Streitigkeiten noch vor dem Eintritt des Versorgungsfalls durch eine Klage auf Feststellung des Inhalts und der Höhe der Versorgungsanwartschaft zu bereinigen. Eine Klage auf Erteilung einer anderen Auskunft ist dazu nicht geeignet (BAG 9. Dezember 1997 - 3 AZR 695/96 - zu III 2 b der Gründe, aaO). Der Arbeitgeber ist nicht an den Inhalt der Auskunft gebunden. Eine unrichtige Auskunft kann ihn allenfalls zum Schadensersatz verpflichten (BAG 8. November 1983 - 3 AZR 511/81 - AP BetrAVG § 2 Nr. 3 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 4). Daher kann der Arbeitgeber bei der Erteilung der Auskunft so lange von den seiner Ansicht nach geltenden Berechnungsgrundlagen ausgehen, bis die Geltung anderweitiger Bestimmungen rechtskräftig festgestellt ist oder über sie zwischen den Parteien Einigkeit erzielt wurde. Bei Streitigkeiten über die Höhe der Verpflichtung ist der Arbeitnehmer gehalten, solange der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, im Wege der Feststellungsklage seine Rechte zu verfolgen (BAG 9. Dezember 1997 - 3 AZR 695/96 - zu III 2 der Gründe, aaO). 2. Der Anspruch folgt auch nicht aus § 2 BetrAVG. Diese Bestimmung regelt nur die Höhe der gesetzlich unverfallbaren Versorgungsanwartschaft eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Aus dieser Vorschrift ergibt sich kein Anspruch auf Auskunft. 15 16 - 7 - 3 AZR 669/09 3. Schließlich folgt der Anspruch nicht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit ein Rückgriff auf diese Grundsätze im Hinblick auf den gesetzlich ausdrücklich geregelten Auskunfts-anspruch in § 4a Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG noch in Betracht kommt. Jedenfalls verlangen Treu und Glauben nicht, eine Vertragspartei zu verpflichten, vor der endgültigen Klärung der zutreffenden Berechnungsgrundlagen eine unter Umständen komplizierte Neuberechnung der Versorgungsanwartschaft vorzu-nehmen. Dazu kann sie nach Treu und Glauben allenfalls dann verpflichtet sein, wenn die Berechnungsgrundlagen endgültig geklärt sind. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gräfl Zwanziger Spinner Möller H.-J. Schepers 17 18

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