3. Senat - Betriebliche Altersversorgung - Berechnung einer vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente - Auslegung einer Versorgungsordnung
Karar Dilini Çevir:
3. Senat - Betriebliche Altersversorgung - Berechnung einer vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente - Auslegung einer Versorgungsordnung
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 11. November 2014 Dritter Senat - 3 AZR 191/12 I. Arbeitsgericht Köln - 6 Ca 11586/09 - II. Urteil vom 12. Oktober 2011 - 9 Sa 1459/10 - Für die Amtliche Sammlung: Nein Entscheidungsstichworte: Betriebliche Altersversorgung - Berechnung einer vorgezogen in A n- spruch genommenen Betriebsrente - Auslegung einer Versorgungsord- nung Bestimmungen: BetrAVG § 2 Abs. 1, § 6 Teilweise Parallelentscheidung zu - 3 AZR 848/11 - - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 3 AZR 191/12 9 Sa 1459/10 Landesarbeitsgericht Köln Im Namen des Volkes! Verkündet am 11. November 2014 URTEIL Kaufhold , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger in , Berufungskläger in und Revisionskläger in , pp. Bek lagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, - 2 - 3 AZR 191/12 - 3 - hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 11. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Bu n- desarbeitsgericht Dr. Zwanziger, die Richterinnen am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Schlewing und Dr. Ahrendt sowie die ehrenamtlichen Richter Wischnath und Prof . Dr. Reiter für Recht erkannt: Das Versäumnisurteil vom 12. August 2014 - 3 AZR 191/12 - wird aufrechterhalten. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Höhe der dem vormaligen Kläger z u- stehenden Betriebsrente. Der vormalige Kläger (im Folgenden: Erblasser) ist am 11. Dezember 2013 verstorben. Alleinerbin war seine Ehefrau, die am 26. März 2014 verstarb und durch die jetzige Klägerin - eine Erbengemei n- schaft - beerbt wurde. Der am 4. September 1926 geborene Erblasser war vom 31. August 1951 bis zum 30. April 1987 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. Die Beklagte hatte dem Erblasser Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien f ür die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden: Richtlinien 68) zu gesagt . Die Richtlinien 68 bestimmen ua.: Art der Versorgungsleistungen Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit 1. Erwerbsunfähigkeitsrente 2. Altersrente 1 2 - 3 - 3 AZR 191/12 - 4 - 3. Witwenrente 4. Waisenrente II. Wartezeit Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder A n- gestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. III. Anrechnungsfähige Dienstzeit Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 20. Lebensjahres und vor Vollendung seines 65. L e- bensjahres ununterbrochen in unserem Unterne h- men abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, daß der Arbeiter oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Diens t- jahre mit einer anrechnungsf ähigen Beschäftigung s- zeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre. IV. Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten Es werden gewährt 2. Altersrente, wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vol l- endung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet. VI. Zahlungsweise Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt. VIII. Höhe der Leistungen B) Bei Angestellten: 1. a) Die Erwerbsunfähigkeits - und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsf ä- hige Dienstjahr um monatlich 1 % des let z- - 4 - 3 AZR 191/12 - 5 - ten Grundgehaltes. 2. a) Die Bezüge des Angestellten aus der g e- setzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt b e- grenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Ja h- ren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. B e- züge des Angestellten aus der gesetzl i- chen Rentenversicherung, die auf freiwill i- ger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unb e- rücksichtigt. b) Unabhängig von der B estimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten E r- werbsunfähigkeits - oder Altersrente g e- währt. X. Wegfall von Ansprüchen Scheidet ein Begünstigter aus unserem Unterne h- men aus, ohne daß ein Leistungsfall gegeben ist, so Zudem sehen die Richtlinien 68 für die Witwenrente vor, dass d iese in Abhängigkeit von der Altersrente des Arbeitnehmers zu berechnen ist. In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde Folgendes bekannt gegeben: Gewährung von Betriebsrenten Die C GmbH gewährt abweichend vom Wor t laut der A l- tersversorgungszusagen die F irme n rente auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensja h res, o h ne ve r sich e- rungsmathematische Abschläge vorz u nehmen. Im Ra h- men der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entspr e chend zu ändern. Aus diesem Grunde werd en die Richtl i nien für die betrie b- liche Altersversorgung in den Fassu n gen vom 6. Mai 1968 und 1. Januar 1974 wie folgt e r gänzt: 3 4 - 5 - 3 AZR 191/12 - 6 - IV. 2. Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der C ausscheidet. Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezog e- nes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rente n- versicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen. Mit Schreiben vom 26. März 1987 übersandte die Beklagte dem Erbla s- ser eine Übersicht über die Berechnung seiner Altersrente. Hieraus ergibt sich, dass die Beklagte die Altersrente iHv. 1.196,66 DM ausgehend von einem pe n- sionsfähigen Entgelt iHv. 4.334,00 DM unter Zugrundelegung einer Dienstzeit bis zum Ausscheiden des Erblassers aus dem Arbeitsverhältnis und unter A n- rechnung der vom Erblasser tat sächlich bezogenen, nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 68 anrechenbaren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 1.978,00 DM ermittelt hat te . Seit dem 1. Mai 1987 bezog der Erblasser eine gesetzliche Al ters rente und von der Beklagten eine Altersrente. Diese belief sich zunächst auf 1.197,00 DM brutto monatlich. Zum 1. Januar 1990 wurde die Altersrente auf 1.255,00 DM (= 641,67 Euro ) erhöht. Seit dem 1. September 2009 zahlt e die Beklagte dem Erblasser nur noch eine monatliche Altersrente von 535,00 Euro. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die B eklagte nunmehr eine mögliche anrechnungsfähige Beschäftigun gszeit bis zur Volle n- dung des 65 . Lebensjahr e s zugrunde legte, die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 6 5 . Leb ensjahr e s erreichbare Rente hochrechnete und den sich ergebenden Betrag im Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen B e- triebszugehörigkeit bis zum 6 5 . Lebensjahr kürzte; den sich danach ergebe n- den Betrag von (aufgerundet) 510,00 Euro erhöhte die Beklag te um 4,85 % auf (aufgerundet) 535,00 Euro . 5 6 - 6 - 3 AZR 191/12 - 7 - Mit seiner der Beklagten am 8. Januar 2010 zugestellten Klage hat der Erblasser eine mon atliche Altersrente iHv. 641,67 Euro sowie die Zahlung rüc k- ständiger Altersrente für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 iHv. monatlich 106,67 Euro verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die ursprüngliche Rentenberechnung sei zutreffend gewesen. Die Beklagte sei weder berechtigt, eine zeitanteilige Kürzung der Rente im Verhäl t- nis der tatsächlich en Dienstzeit zu der bis zur Vollendung des 65. Lebensjahr e s erreichbaren Dienstzeit vorzunehmen, noch eine auf das 65. Lebensjahr hoc h- gerechnete fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurec h- nen. Es dürfe nur die von ihm tatsächlich bezoge ne anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Ansatz gebracht werden. Der Erblasser hat beantragt 1. festzustellen, dass er über den 1. September 2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersve rsorgung in Höhe von 641,67 Euro hat; 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 320,01 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Erblassers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die bisherige n Klage anträge des Erblassers weiter. Nachdem die B e- klagte im Termin vor dem Bundesarb eitsgericht am 12. August 2014 keinen A n- trag gestellt hat, hat der Senat Ver säumnisurteil erlassen, mit dem der Revision der Klägerin s tattgegeben und festgestellt wurde, dass die Beklagte verpflichtet ist , dem vormaligen Kläger ab dem 1. September 2009 eine über den gezahlten Betrag von 535,00 Euro hinausgehenden Betrag iHv. weiteren 106,67 Euro monatlich zu zahlen; zudem wurde die Beklagte zur Zahlung rückständiger B e- triebsrente für die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 iHv. 320,01 Eu ro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent punkten über dem Basi s- zinssatz seit dem 9. Januar 2010 verurteilt. Die Beklagte hat gegen das ihr am 7 8 9 10 - 7 - 3 AZR 191/12 - 8 - 1 . September 201 4 zugestellte Versäumnisurteil vom 12. August 2014 am 4 . September 201 4 Einspruch eingelegt . Die Beklagte beantragt sinngemäß, das Versäumnisurteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. August 2014 aufzuheben und die Revision der Kläg e- rin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Oktober 201 1 - 9 Sa 1459/10 - zurückzuweisen. Die Klägerin beantragt, das Versäu mnisurteil vom 12. August 2014 au f- rechtzuerhalten. Entscheidungsgründe Der Einspruch ist statthaft ( § 72 Abs. 5 ArbGG, § 555 Abs. 1 Satz 1, § 338 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, nämlich in der gesetzlichen Form ( § 340 ZPO) und Frist ( § 339 Abs. 1 ZPO) eingelegt . Das Versäumnisurteil vo m 12. August 2014 ist auf recht zuerhalten ( § 343 Satz 1 ZPO) . Die Revision der Klägerin ist begründet. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die zulässige Klage begründet. I. Der Rechtsstreit ist nicht nach § 239 ZPO unterbrochen, weil sowohl der vormalige Kläger als auch seine Alleinerbin während des Revisionsverfa h- rens verstorben sind . Da der frühere Kläger anwaltlich vertreten war, trat nach § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO weder aufgrund seines Todes noch auf g rund des Todes seiner Alleinerbin eine Unterbrechung des Verfahrens ein; die Ausse t- zung des Verfahrens nach § 246 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO wurde nicht beantragt. I I . Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1. Die V o- raussetzungen des § 256 ZPO sind erfüllt. 1. Der Antrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhäl t- nisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen 11 12 13 14 15 16 - 8 - 3 AZR 191/12 - 9 - bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellung s- klage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen s o- wie - wie vorliegend - auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 19 mwN, BAGE 141, 259 ) . 2. Soweit der Feststellungsantrag sich auf die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 bezieht, handelt es sich um eine Zwische n- feststellungsklage iSd. § 256 Abs. 2 ZPO, für die ein bes onderes Feststellung s- interesse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich ist. Im Übrigen hat die Kläg e- rin ein Interesse an der begehrten Feststellung, da die Beklagte ihre Verpflic h- tung zur Zahlung einer Betriebsrente an den Erblasser iHv. 641,67 Euro brutt o bestreitet. Das Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht aufgrund des Todes des früheren Klägers entfallen. Die begehrte Feststellung ist auch für Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung nach den Richtlinien 68 von Bede u- tung. Der Aushang vom 10. Dezember 1986 ändert daran nichts. Auch das A b- leben der Alleinerbin des Erblassers lässt das Feststellungsinteresse nicht en t- fallen. Der Antragt dient der eff izienten Abwicklung des Erbfall s nach dem T od e der Alleinerbin. I I I. Die Kla ge ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem vormaligen Kläger und Erblasser über den 31. August 2009 hinaus eine monatliche Alter s- rente iHv. 641,67 Euro zu zahlen. Daher schuldet sie der Klägerin für die Mon a- te September 2009 bis November 2009 rüc kständige Betriebsrente iHv. 320,01 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Januar 2010. Die Neuberechnung der Altersrente des Erblassers entspricht nicht den Vorgaben der Richtlinien 68 in der Fassung de s Aushang s vom 10. Dezember 1986 (im Folgenden: Richtlinien 86 ) . Die Bekla g- te ist nicht berechtigt, bei der Berechnung der Altersrente des Erblassers nach IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 86 iVm. § 6 BetrAVG die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahr e s hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversich e- 17 18 19 - 9 - 3 AZR 191/12 - 10 - rung anzurechnen und eine Quotierung entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG durchzuführen. Die s hat das Landesarbeitsgericht verkannt. 1. Die Altersrente des Erblassers berechnet sich nach den in IV Nr. 2 S atz 2 iVm. VIII B Nr. 1 Buchst . a und Nr. 2 Buchst. b der Richtlinien 86 g e- troffenen Regelungen und entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts unter entspr e- chender Anwendung von § 2 BetrAVG. Zwar wird bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG in das Äquivalenzverhältnis zwischen der zugesagten Verso r- gungsleistung und der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Gegenleistung stets zweifach eingegriffen, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer vo r- ze i tig ausgeschieden ist oder das Arbeitsverhältnis bis zur vorgezogenen Ina n- spruchnahme der Betriebsrente bestanden hat . Zum einen wird in das Gege n- seitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht vollständig erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschi e- bung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung d adurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrschei n- lichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in A n- spruch nimmt ( vgl. etwa BAG 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 24 mwN) . Dies führt jedoch vorliegend nicht zur Berechnung der Altersrente des Erbla s- sers nach allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts entsprechend § 2 BetrAVG. a) Die vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 23. Januar 2001 ( - 3 AZR 164/00 - ) entwickelten allgemeinen Grundsätze des Betriebsrentenrechts, nac h denen der Arbeitgeber berechtigt ist, eine Quotierung entsprechend § 2 BetrAVG wegen der fehlenden Betriebs zugehörigkeit und ggf. eine weitere Kü r- zung wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme vorzunehmen, finden bereits deshalb keine Anwendung, weil sie nu r für die Berechnung der Höhe der Lei s- tungen der betrieblichen Altersversorgung bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden gelten. Ein solcher Fall ist vo r- 20 21 22 - 10 - 3 AZR 191/12 - 11 - liegend nicht gegeben. Der Erblasser ist nicht vorzeitig, sond er n erst mit Eintritt des in IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 86 geregelten Versorgungsfalls mit Ablauf des 30. April 1987 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden und hat ab dem 1. Mai 1987 im Alter von 60 Jahren die gesetzliche Altersrente als Vollrente und die Altersrente nach den Richtlinien 86 vorgezogen in Anspruch genommen. b) Eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG ist auch nicht aus anderen Gründen veranlasst. Die Berechnung der nach § 6 BetrAVG vorgez o- gen in Anspruch genommenen Bet riebsrente eines bis dahin betriebstreuen Arbeitnehmers entsprechend § 2 BetrAVG kommt nur dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung selbst keine Regelung zur Berechnung der Betrieb s- rente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme enthält. Regelt die Verso r- gungsordnung die Höhe der nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch g e- nommenen Betriebsrente hingegen selbst, ist für eine entsprechende Anwe n- dung von § 2 BetrAVG kein Raum (st. Rspr . vgl. etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 726/11 - Rn. 16) . Letzteres ist vorliegend der Fall. D ie Höhe der Alter s- rente bei vorgezogener Inanspruchnahme der Rente aus der gesetzlichen Re n- tenversicherung ist in IV Nr. 2 Satz 3 und VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 86 eigenständig und abschließend geregelt . Dies ergibt die Auslegung der Richtlinien 86 . aa) Es kann dahinstehen, ob es sich bei den Richtlinien 86 um eine B e- triebsvereinbarung oder um eine Gesamtzusage handelt. Zwar hängt es vom Rechtscharakter der Richtlinien 86 ab, welche Auslegungsgrundsätze anz u- wenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Erge b- nis. (1) Betriebsvereinbarungen sind nach den für Gesetze und Tarifverträge geltenden Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vom Wortlaut der Bestimmung und dem durc h ihn vermittelten Wortsinn auszugehen. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien geben kann. Im Zweifel gebührt derjen i- gen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, 23 24 25 - 11 - 3 AZR 191/12 - 12 - praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. etwa BAG 9. Oktober 2012 - 3 AZR 539/10 - Rn. 21; 14. Dezember 2010 - 3 AZR 939/08 - Rn. 18 mwN) . (2) Eine Gesamtzusage ist als an eine Vi elzahl von Arbeitnehmern geric h- tete Erklärung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise ve r- s tanden wird, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind. Für das Auslegungsergebnis von Bedeutung ist auch der von den Vertragspartnern ve r- folgte typische und von redli chen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck ( vgl. etwa BAG 15 . Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 51 , BAGE 141, 222 ) . bb) Die Auslegung der Richtlinien 86 führt nach beiden Grundsätzen zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen in IV Nr. 2 Satz 2, VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 86 die Berechnung der Altersrente auch für den Fall ihrer vorgezogene n Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG abschließend r e- geln. ( 1 ) Hierfür spricht bereits die sprachliche Fassung von IV Nr. 2 Satz 2 Mi t- arbeiter vor Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidet und gesetzliche Re n te in Anspruch nimmt. Diese Formulierung verdeutlicht, dass es sich auch bei der vorgezogen i n- I Nr. 2 Richtlinien 86 handelt, deren Höhe sich - trotz Inanspruchnahme vor Vollendung des 65. Lebensjahres - nach den Bestimmungen in VIII Richtl i- nien 86 richtet. ( 2 ) Der systematische Z usamme nhang der Richtlinien 86 bestätigt dieses Verständnis. In I Richtlinien 86 sind die vier Arten von Versorgungsleistungen auf g e- führt , die nach den Richtlinien 86 gewähr t wer den. Hierbei handelt es sich um die Erwerbsunfähigkeitsrente, die Altersrente, die Witwenrente und die Waise n- 26 27 28 29 30 - 12 - 3 AZR 191/12 - 13 - rente. Die Voraussetzungen für die Gewährung der verschiedenen Verso r- gungsleistungen sind in IV Richtlinien 86 benannt . Die in I Nr. 2 Richtlinien 86 enthalte ne Al tersrente wird demnach nicht nur bei Vollendung des 65. Lebensj ahres, sondern auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher aussche i- det und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Die Höhe der Versorgungsleistungen ist in VIII Richtlinien 86 bestimmt . Danach berechn bei Angestel l- ten nach VIII B Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Richtli nien 86. Die Regelungen erfa s- sen damit sowohl die Berechnung der mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommene n Altersrente iSv. IV Nr. 2 Satz 1 Richt linien 86 als auch die nach § 6 BetrAVG vorgezogen e Altersrente iSv. IV Nr. 2 Satz 2 Richtl i- nien 86 . ( 3 ) Der mit dem Aushang vom 10. Dezember 1986 erkennbar verfolgte Regelungszweck unterstützt diese Auslegung. Die aus der Zeit vor Inkrafttreten des Betriebs rentengesetzes vom 19. Dezember 1974 (BGBl . I S. 3610) stammenden Richtlinien 68 waren durch die Einführung von § 6 BetrAVG zum 2 2 . Dezember 1974 lückenhaft geworden. IV Nr. 2 Richtlinien 68 bestimmte lediglich, dass der Arbeitnehmer eine Alter s- rente erhält, wenn er nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Unte r- nehmen ausscheidet. Nach VIII B Nr. 1 Richtlinien 68 hing die Höhe dieser A l- tersrente von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Danach b e- trug die mit Vollendung des 65. Lebensjah res zu zahlende Altersrente nach A b- lauf der Wartezeit 15 % des letzten Grundgehalts und stieg für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 %. Demgegenüber regelten die Richtlinien 68 nicht, wie sich die nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch genomm ene Altersrente des gleichzeitig aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten au s- scheidenden Arbeitnehmers bere chnete (vgl. zur Lückenhaftigkeit von Verso r- gungsordnungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes au s- führlich BAG 1. Juni 1978 - 3 AZR 216/77 - zu I 2 der Gründe, BAGE 30, 333; 26. März 1985 - 3 AZR 236/83 - zu II der Gründe) . Die Beklagte war da her - unter Beachtung de s Mitbestimmung srechts des Betriebsrats - befugt, die w e- 31 32 - 13 - 3 AZR 191/12 - 14 - gen des vorzeitigen und mögl icherweise längeren Rentenbezug s in der Verso r- gungsordnung entstandene Lücke an die geänderte Rechtslage anzu passen ( vgl. zur Anpassungsbefugnis des Arbeitgebers infolge der Lückenhaftigkeit der Versorgungsordnun g BAG 11. September 1980 - 3 AZR 185/80 - zu I 2 und zu II 3 c d er Gründe; 1. Juni 1978 - 3 AZR 216/77 - zu I 2 der Gründe, aaO ) . Die s ist durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 geschehen . Wie sich aus dem Aushang ergibt, sollte d urch die Ergänzung der Richtlinien 68 der in § 6 BetrAVG geregelte Versorgung sfall ausdrücklich in IV Nr. 2 d er R icht li nien 68 aufgenommen werden. Gleichzeitig wurde dadurch die Be rechnung der vorgezogen in Anspruch genommene n Altersrente nach § 6 BetrAVG - einschließlich des Verzichts auf versicherungsmathematische Abschläge in diesen F ällen - in den Richtlinien 68 geregelt und damit die bis dahin vorhand e- ne Lücke in den Richtlinien 68 geschlossen. Dem Umstand der verkürzten B e- triebs zugehörigkeit sowie dem längeren Bezug der Altersrente bei deren vorg e- zogener Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG wurde damit nicht durch eine entsprechende Anwendung von § 2 BetrAVG und Einführung versicherungsm a- thematischer Abschläge, sondern dadurch abschließend Rechnung getragen, dass die Jahre zwischen dem Ausscheiden des Arbeitnehmers und dem 65. Leben sjahr als anrechnungsfähige Dienstjahre unberücksichtigt bleiben. c) Da die Altersrente auch bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach VIII B Richtlinie n 86 zu berechnen ist, kann im Rahmen der vorgesehenen Gesamtversorgung lediglich die vom Kläger tats ächlich bezogene, nach den Richtlinien 86 anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden. Eine Anrechnung der fiktiven Rente, die der Kläger e r- hielte, wenn er die Rente erst mit Vollendung des 65. Lebensjahr e s in Anspruch genommen hätte, scheidet aus. Die Berücksichtigung der fiktiven, auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kommt nur dann in Betracht, wenn die Versorgungsordnung dies vorsieht oder wenn im Rahmen der Quotieru ng nach § 2 Abs. 1 BetrAVG die fiktive Vollrente zu ermitteln ist. Enthält die Versorgungsordnung eine abschließende eige n- ständige Regelung, die die Anrechnung einer fiktiven, auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenvers icherung nicht vo r- 33 - 14 - 3 AZR 191/12 - 15 - sieht und die einer entsprechenden Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG entg e- gensteht, scheidet eine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rente n- versicherung auf die fiktive, bei Inanspruchnahme ab der festen Altersgrenze zustehende Ren te aus ( BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 726/11 - Rn. 23 ) . So verhält es sich hier. Weder ist die vorgezogene Altersrente in en t- sprechender Anwendung von § 2 Abs. 1 BetrAVG zu ermitteln noch sehen die Richtlinien 86 die Anrechnung einer fiktiven, auf das 65. Lebensjahr hochg e- rechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor. 2. Danach hat die Beklagte dem Erblasser bis zum 31. August 2009 zu Recht eine monatliche Altersrente iHv. 641,67 Euro gezahlt. Dieser Betrag stand ihm auch über den 31. Aug ust 2009 hinaus zu. Die Beklagte hat die dem Erblasser zustehende Altersrente mit Schreiben vom 26. März 1987 zutreffend berechnet. Der Erblasser hatte bei Eintritt des Versorgun gsfalls am 1. Mai 1987 gemäß IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 86 einen Anspruch auf eine Altersrente iHv. (aufgerundet) 1.197,00 DM. Der Erblasser hat vom 31. August 1951 bis zum 30. April 1987 insg e- samt 36 anrechnungsfähige Dienstjahre iSd. III Satz 1 und Satz 2 Richtlinien 86 bei der Beklagten zurückgelegt. Damit belief sich seine Al tersrente nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 86 bei Zugrundelegung eines pensionsfähigen G e- halts iHv. 4.334,00 DM auf 41 % dieses Betrags, mithin auf 1.776,94 DM (15 % für die ersten zehn Jahre, je 1 % für jedes weitere Jahr). Ausgehend von 36 Dienstj ahren ergab sich nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 86 eine Gesam t- versorgungsobergrenze iHv. 73,25 % (65 % für die ersten 25 Dienstjahre und 0,75 % für jedes weitere Dienstjahr), mithin ein Betrag von 3.174,66 DM (73,25 % von 4.334,00 DM ). Bei Eintrit t in den Ruhestand am 1. Mai 1987 hat der Erblasser aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente iHv. 1.978,00 DM bezogen. Auf die maximale Gesamtversorgung von 3.174,66 DM ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 1.978,00 DM anz u- rec hnen. Daraus ergibt sich bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. Mai 1987 eine Altersrente iHv. 1.196,66 DM (aufgerundet 1.197,00 DM). 34 35 36 - 15 - 3 AZR 191/12 Diese Altersrente wurde von der Beklagten zum 1. Januar 1990 auf 1.255,00 DM angepasst. Der sich danach ergebende Betra g iHv. 641,67 Euro stand dem Erblasser auch über den 31. August 2009 hinaus weiterhin zu. Da die Beklagte dem Erblasser für die Zeit vom 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 nur noch einen Betrag iHv. 535,00 Euro monatlich gezahlt hat, kann die Kläg erin für diese Zeit ein e Nachzahlung iHv. insgesamt 320,01 Euro beanspruchen. 3. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 BGB. IV . Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Zwanziger Schlewing Ahrendt Wischnath C. Reiter 37 38 39

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