3 Ni 3/16 (EP) - 3. Senat (Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:101017U3Ni3.16EP.0


BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES

3 Ni 3/16 (EP)
(Aktenzeichen)

URTEIL


Verkündet am
10. Oktober 2017





In der Patentnichtigkeitssache


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betreffend das europäische Patent 2 540 639
(DE 50 2012 002 135)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden
Richter Schramm und die Richter Dipl.-Chem. Dr. Egerer, Kätker,
Dipl.-Chem. Dr. Wismeth und Dipl.-Chem. Dr. Freudenreich

für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 2 540 639 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig er-
klärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 9. Juni 2012 beim Europäischen
Patentamt in deutscher Sprache angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesre-
publik Deutschland erteilten Patents 2 540 639 (Streitpatent), das die Priorität der
deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 202011102576 U vom 30. Juni 2011 in
Anspruch nimmt und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer
50 2012 002 135 geführt wird.

Das Streitpatent, das beschränkt mit Hauptantrag und hilfsweise beschränkt mit
fünf Hilfsanträgen verteidigt wird, trägt die Bezeichnung „Verpackung für Lebens-
mittel, insbesondere für Frischkäseprodukte, Pasteten, Brotaufstriche und dgl.“
- 3 -
und umfasst 14 Patentansprüche, dessen einziger unabhängiger Patentan-
spruch 1 wie folgt lautet:



Wegen des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbe-
zogenen Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 2 540 639 B1 verwiesen.

Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht den Nichtig-
keitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen auf
folgende Dokumente:

(K1) EP 2 540 639 B1 (Streitpatent)
(K2) ANDÖRFER RECHTSANWÄLTE: Abmahnung mit Fristset-
zung. Schreiben an Jermi Käsewerk GmbH vom
13. März 2013, 9 Seiten
(K3) Deutsches Patent- und Markenamt: Zwischenbescheid in der
Gebrauchsmusterlöschungssache 20 2011 102 576 vom
26. November 2015, 6 Seiten, Mit Anlagen K3a und K3b.
(K3a) DE 26 52 855 A1
(K3b) DE 72 46 991 U
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(K4) Merkmalsanalyse, Patentanspruch 1, EP 2 540 639 B1
(K5) Europäisches Patentamt: Erweiterter Europäischer
Recherchebericht zur Anmeldung Nr. 12004376.5 vom
12. Oktober 2012, 5 Seiten
(K6-D1) FR 2 814 656 A1
(K6-D1a) Deutschsprachige Übersetzung der K6-D1
(K6-D2) FR 1 590 780 A
(K6-D2a) Deutschsprachige Übersetzung der K6-D2
(K6-D3) EP 2 147 873 A2
(K6-D3a) Deutschsprachige Übersetzung der K6-D3
(K6-D4) FR 2 923 809 A1
(K6-D4a) Deutschsprachige Übersetzung der K6-D4
(K6-D5) US 2010/0176129 A1
(K6-D6) FR 2 915 190 A1
(K6-D6a) Deutschsprachige Übersetzung der K6-D6a
(K6-D7) DE 70 36 001 U
(K7) FR 2 928 903 A1
(K8) Deutschsprachige Übersetzung der K7
(K9) DE 103 57 328 A1
(K10) EP 2 298 661 A1
(K11) US 3 234 096 A
(K12) US 2 990 094 A
(K13) Busse & Busse: Schriftsatz an das Deutsche Patent- und
Markenamt in der Gebrauchsmusterlöschungssache
20 2011 102 579.2 vom 30. November 2015, 6 Seiten
(K14) Deutsches Patent- und Markenamt: Protokoll zur mündlichen
Verhandlung in der Gebrauchsmusterlöschungssache
20 2011 102 579.2 vom 8. September 2016, 7 Seiten

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht
neu sei. Bereits seit 2009 habe die Tochter W… GmbH & Co. KG der
Beklagten das Produkt „Primello“ in Verpackungen vertrieben, die alle wesentli-
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chen Merkmale des Streitpatents aufgewiesen haben. Die Klägerin verweist hierzu
auf das Abmahnschreiben der W… GmbH & Co. KG vom
13. März 2013 (K2), in dem diese den Vertrieb von Frischkäseprodukten durch die
Klägerin in Verpackungen beanstandet, die sich als unzulässige Nachahmung der
bereits seit dem Jahr 2009 verwendeten „Primello“-Verpackungen darstellten. Zur
Gestaltung der „Primello“-Verpackungen verweist die Klägerin auf die Figuren 1
bis 6 des Streitpatents. Die Behauptung der Beklagten, dass diese die in der Pa-
tentschrift dargestellte Verpackung erst seit 2011 verwende, treffe nicht zu, was
auch aus dem Inhalt des Abmahnschreibens hervorgehe.

Zudem seien alle kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 aus den
Dokumenten K6-D1 bis K6-D7 bekannt, die als Entgegenhaltungen im erweiterten
europäischen Recherchebericht genannt worden seien. Weiter ergäben sich die
kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 aus den Druckschriften K7/K8
bis K10 und den von der Gebrauchsmusterabteilung in den gegen parallele Ge-
brauchsmuster gerichteten Löschungsverfahren herangezogenen Druckschriften
K3a und K3b.

Zumindest aber beruhe der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht auf einer er-
finderischen Tätigkeit, da alle Merkmale aus dem Stand der Technik bekannt
seien und es für einen Fachmann ohne weiteres auf der Hand gelegen habe, die
genannten Kriterien für eine Verkaufsverpackung vorzusehen und diese miteinan-
der zu kombinieren.

Damit fielen auch die Unteransprüche. Entsprechendes gelte für die Gegenstände
der Hilfsanträge.

Die Klägerin beantragt,

das europäische Patent 2 540 639 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

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Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die
Fassung des Hauptantrags, hilfsweise eines der Hilfsanträge 1
bis 5, sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung, erhält.

Patentanspruch 1 nach Hauptantrag entspricht dem erteilten Patentanspruch 1,
mit dem Unterschied, dass zwischen den Wörtern „[…], wobei der Deckel (1)“ und
den Wörtern „einwärts gerichtete Abstandshalter […]“ folgendes Merkmal einge-
fügt wird:



Die Unteransprüche 2 und 4 bis 13 der erteilten Anspruchsfassung schließen sich,
jeweils eingeleitet mit „Verpackung für Frischkäseprodukte, …“ ansonsten unver-
ändert an. Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

3. Verpackung für Frischkäseprodukte nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass das Bodenteil (2) eine Tablarflä-
che (12) hat, in der pickelförmige, emporragende Halter (13) zur
Stabilisierung des Frischkäseproduktes ausgebildet sind.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist identisch mit dem Patentanspruch 1
nach Hauptantrag, mit der Maßgabe, dass folgendes Merkmal angefügt wird:






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Der Patentanspruch 3 des Hauptantrags wird gestrichen. Die Nummerierung und
die Rückbezüge der weiteren Patentansprüche werden entsprechend angepasst.

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsan-
trag 1 mit dem Unterschied, dass folgendes Merkmal angefügt wird:



Gegenüber Hilfsantrag 1 wird zusätzlich Unteranspruch 8 (entspricht dem erteilten
Unteranspruch 9) gestrichen. Die Nummerierung und die Rückbezüge der weite-
ren Patentansprüche werden entsprechend angepasst.

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsan-
trag 2 mit dem Unterschied, dass folgendes Merkmal angefügt wird:



Gegenüber Hilfsantrag 2 werden zusätzlich die Patentansprüche 6 (entspricht dem
erteilten Patentanspruch 7) und 7 (entspricht dem erteilten Patentanspruch 8) ge-
strichen. Die Nummerierung und die Rückbezüge der weiteren Patentansprüche
werden entsprechend angepasst.

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsan-
trag 3 mit dem Unterschied, dass folgendes Merkmal angefügt wird:



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Gegenüber Hilfsantrag 3 werden zusätzlich die Patentansprüche 6 (entspricht dem
erteilten Patentanspruch 10) und 9 (entspricht dem erteilten Patentanspruch 13)
gestrichen. Die Nummerierung und die Rückbezüge der weiteren Patentansprüche
werden entsprechend angepasst.

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsan-
trag 4 mit dem Unterschied, dass folgendes Merkmal angefügt wird:




Gegenüber Hilfsantrag 4 wird zusätzlich Patentanspruch 5 (entspricht dem erteil-
ten Patentanspruch 6) gestrichen. Die Nummerierung und die Rückbezüge der
weiteren Patentansprüche werden entsprechend angepasst. Der Patentan-
spruch 13 gemäß Hauptantrag (entspricht auch dem erteilten Patentanspruch 13)
wird als Patentanspruch 7 wieder aufgenommen und – unter Anpassung des
Rückbezugs – angefügt.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie
verweist auf folgende Dokumente, wobei sich die Kurzbezeichnungen hinsichtlich
der „K13“ und „K14“ mit gleichbezeichneten anderen Dokumenten der Klägerin
überschneiden:



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(Anl-A) Merkmalsanalyse, Patentanspruch 1, EP 2 540 639 B1
(K13) bis (K17) Merkmalsanalysen, Patentanspruch 1 gemäß Hilfs-
anträgen vom 5. September 2017

Nach Auffassung der Beklagten ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach
Hauptantrag patentfähig. Insbesondere sei er nicht durch die von der Klägerin
geltend gemachte Vorbenutzung von Frischkäseprodukten unter der Kennzeich-
nung „Primello“ vorweggenommen. Zwar sei das Produkt „Primello“ der W…
GmbH & Co KG bereits 2009 in den Verkehr gebracht worden, jedoch
noch nicht mit einer Verpackung gemäß dem Streitpatent. Vielmehr sei das Pro-
dukt erst nach dem Prioritätstag des Streitpatentes in der patentgemäßen Verpa-
ckung angeboten worden. Die Abmahnung habe sich hingegen gegen die sklavi-
sche Nachahmung des Frischkäseprodukts mit einer inneren Spirale bezogen.

Bei gebotener Auslegung des Streitpatents im Lichte der Gesamtoffenbarung der
Patentschrift und verständiger Würdigung der Aufgabe und der aufgezeigten Lö-
sung könne keines der von der Klägerin genannten Dokumente die Neuheit oder
die erfinderische Tätigkeit in Frage stellen. Eine Verpackung für Frischkäsepro-
dukte müsse besondere Eigenschaften aufweisen. Das Produkt müsse luftdicht
abgeschlossen, portionsweise entnehmbar, von außen sichtbar sein und dürfe
nicht mit Wandungsbereichen der Verpackung in Berührung kommen. Zudem
habe Frischkäse einen hohen Wassergehalt von mehr als 73 %. Auch der Begriff
„tablettartiges Bodenteil“ sei nur im Sinne der Figuren 6 und 7 des Streitpatents
als im Wesentlichen rechteckige Bodenfläche mit abgerundeten Eckbereichen zu
verstehen, so dass das Frischkäseprodukt mit dem Messer portionsweise ge-
schnitten werden könne. Durch das Merkmal der Stirnwandbereiche und Seiten-
wandbereiche unterscheide sich die streitpatentgemäße Verpackung z. B. von im
Querschnitt runden Deckeln. Zudem gehe es entscheidend darum, dass die Ab-
standshalter in den Seitenwandbereichen vorgesehen seien, um letztere vor Ver-
schmutzung zu schützen und den Frischkäse auf Abstand zu halten. Die Summe
der so verstandenen beanspruchten Merkmale sei dem Stand der Technik nicht zu
entnehmen und begründe die besondere erfinderische Leistung des Streitpatents.
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Entscheidungsgründe

Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1
Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a) EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und
erweist sich auch als begründet.

Soweit das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr
verteidigt wird, war es mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ohne
Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B.
BGH GRUR 2007, 404, 405 – Carvedilol II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl.,
§ 82 Rdn. 119 m. w. N.; Schulte/Voit, PatG, 10. Aufl., § 81 Rdn. 127). Die Klage
hat auch im Übrigen Erfolg, da der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig
ist.

I.

1. Das Streitpatent betrifft eine Verpackung für Frischkäseprodukte (K1:
[0001]). Gemäß den Angaben im Streitpatent haben diese Verpackungen für
Frischkäseprodukte herkömmlicherweise einen glockenförmigen Deckel, der mit
einem tablettförmigen Bodenteil lösbar verbunden ist. Dazu sei ein Bodenteil mit
einem umlaufenden Kanal versehen, in den formschlüssig ein kongruent ausgebil-
deter Kragen des Deckels einzusetzen sei. Das eingefüllte Lebensmittel sei inner-
halb des Aufnahmeraumes mit Abstand zu den Wandungen des glockenförmigen
Deckels bevorratet und könne mithin während einer Handhabung Bewegungen
ausführen mit dem Nachteil, dass Innenwandungen des Deckels verschmutzten,
was zu einem unansehnlichen Gesamteindruck führen könne (K1: [0002]).

Des Weiteren sei bei bekannten Verpackungen nachteilig, dass z.B. bei Frischkä-
seprodukten während der Bevorratung Molke austreten könne, welche den Ge-
samteindruck des Frischkäseprodukts beeinträchtige. Zudem seien bekannte Ver-
packungen unhandlich und ließen sich vor ihrer Verwendung als Verpackung für
Lebensmittel auch hinsichtlich ihrer Einzelteile nur aufwändig handhaben. Insbe-
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sondere benötigten sie aufgrund mangelnder Stapelbarkeit einen nicht unerhebli-
chen Lagerraum (K1: [0003]).

2. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Streitpatent die Aufgabe, diese Miss-
stände abzuschaffen und eine Verpackung für Frischkäseprodukte zu schaffen,
mit der Ware besser bevorratet werden kann (K1: [0007]).

3. Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag
durch eine Verpackung für Frischkäseprodukte mit folgenden Merkmalen. Ände-
rungen gegenüber der erteilten Fassung sind im Folgenden Kursiv gesetzt und in
der Merkmalsgliederung mit einem hochgestellten „H“ gekennzeichnet.

1 Verpackung für Frischkäseprodukte

2 mit einem tablettförmigen Bodenteil (2)

3 und einem glockenförmigen Deckel;

2.1 an dem Bodenteil ist lösbar der glockenförmige Deckel (1)
festlegbar;

3.1 der Deckel umgrenzt bereichsweise einen Aufnahmeraum für
das Frischkäseprodukt;
3.2 der Deckel (1) weist einwärts gerichtete Abstandshalter (3) zur
Abstützung des in dem Aufnahmeraum zu bevorratenden
Frischkäseproduktes auf;
3.3 der Deckel (1) weist zwischen Stirnwandbereichen Seiten-
wandbereiche auf;
3.4 der Deckel (1) weist in diesen Seitenwandbereichen einwärts
gerichtete Abstandshalter (3) zur Begrenzung des Außenum-
fanges des Frischkäseproduktes auf, um das bevorratete
Frischkäseprodukt sicher in Position zu halten;
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3.5 die einwärts gerichteten Abstandshalter (3) zur Abstützung des
Frischkäseproduktes sind als gerundete, in gegenüberliegen-
den Seitenwandbereichen vorgesehene Einformungen ausge-
bildet;
3.6 die Einformungen begrenzen den Außenumfang des Frisch-
käseproduktes;
3.7H der Deckel ist als Klarsichtdeckel ausgebildet.

4. Durch die Hilfsanträge 1 bis 5 ergeben sich gegenüber Patentanspruch 1
nach Hauptantrag weitere Änderungen bzw. Ergänzungen, welche im Folgenden
kursiv gesetzt sind. Mit den hochgestellten Ziffern wird angegeben, ab welchem
Hilfsantrag das Merkmal in die Fassung eines Patentanspruchs aufgenommen ist.

4.1 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 entspricht dem Hauptantrag. Zu-
dem kommen die Merkmale 2.21 und 2.2.11 hinzu (vgl. K1: Unteranspruch 3).

2.21 das Bodenteil (2) hat eine Tablarfläche (12);
2.2.11 in der Tablarfläche (12) sind pickelförmige, emporragende Hal-
ter (13) zur Stabilisierung des Frischkäseproduktes ausgebildet;


4.2 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 hat gegenüber dem Hauptantrag
die zusätzlichen Merkmale 2.21 und 2.2.11 des Hilfsantrags 1. Zudem kommt das
Merkmal 2.2.22 hinzu (vgl. K1: Unteranspruch 9).

2.2.22 die Tablarfläche (12) des Bodenteils (12) zur Bevorratung des
Frischkäseproduktes ist zumindest bereichsweise von einer
Rinne (14) zur Aufnahme von Molke des Frischkäseproduktes
umgrenzt;

- 13 -
4.3 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 hat gegenüber dem Hauptantrag
die zusätzlichen Merkmale 2.21, 2.2.11 und 2.2.22 der Hilfsanträge 1 und 2. Zudem
kommen die Merkmale 2.33, 3.83 und 3.8.13 hinzu (vgl. K1: Unteranspruch 7).

2.33 das Bodenteil (2) weist einen erhabenen Rand (7) auf;

3.83 der Deckel weist eine in eine glockenförmige Erhebung überge-
hende Randausformung auf;
3.8.13 die Randausformung weist einen Aufnahmeraum auf, in die der
erhabene Rand (7) des Bodenteils einführbar ist;

4.4 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 hat gegenüber dem Hauptantrag
die zusätzlichen Merkmale 2.21, 2.2.11, 2.2.22, 2.33, 3.83 und 3.8.13 der Hilfsan-
träge 1, 2 und 3. Zudem kommt das Merkmal 2.44 hinzu (vgl. K1: Unteran-
spruch 10).

2.44 die Rinne (14) ist von dem erhabenen Rand (7) des Boden-
teils (2) umgrenzt;


4.5 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 hat gegenüber dem Hauptantrag
die zusätzlichen Merkmale 2.21, 2.2.11, 2.2.22, 2.33, 3.83, 3.8.13 und 2.44 der Hilfs-
anträge 1, 2, 3 und 4. Zudem kommen die Merkmale 2.55, 2.5.15, 3.95, 3.9.15 und
45 hinzu (vgl. K1: Unteransprüche 6 und 8).

2.55 das Bodenteil (2) weist einen Kragen (9) auf
2.5.15 mit einer angeformten Peel-Anformung (11);

3.95 der Deckel weist einen umlaufenden Kragen (8) auf
3.9.15 mit einer in einem Eckbereich vorgesehenen Peel-Anfor-
mung (10);

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45 die an dem Kragen (8) des Deckels angeformte Peel-Anfor-
mung (10) und die an dem Kragen (9) des Bodenteils (2) an-
geformte Peel-Anformung (11) sind versetzt zueinander im
montierten Zustand vorgesehen.

5. Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen
Ingenieur (FH) oder Bachelor der Verpackungstechnik mit mehrjähriger Berufser-
fahrung in der Herstellung von Verpackungen für Lebensmittel.

II.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist nicht patentfähig
(Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a) EPÜ i. V. m. Art. 56
EPÜ), denn er beruht gegenüber dem vorveröffentlichten Stand der Technik je-
denfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1. Zunächst erfordern die Gegenstände der Patentansprüche eine Auslegung
von Merkmalen.

1.1 Unter einer „Verpackung für Frischkäseprodukte“ gemäß Merkmal 1 ver-
steht der Fachmann jegliche Verpackung, welche geeignet ist, einen Frischkäse
bzw. ein Frischkäseprodukt aufzunehmen. Anders als die Beklagte meint, sind
damit jedenfalls keine gegenständlichen Eigenschaften einer Verpackung verbun-
den, welche eine besondere portionsweise Entnahme, eine luftdichte Verpackung
oder einen hohen Wassergehalt des Frischkäses implizieren. Denn dies sind ent-
weder keine zwingenden Eigenschaften eines Frischkäses, insbesondere eines
Frischkäseproduktes (portionsweise, luftdicht), oder sie bedingen keine unmittel-
bar gegenständliche Eigenschaft einer dafür geeigneten Verpackung (hoher Was-
sergehalt).

- 15 -
1.2 Der Begriff „tablettförmig“ von Merkmal 2 zur Beschreibung des Bodenteils
soll nach Ansicht der Beklagten keine wannenartige Gestalt, sondern eine ebene
Bodenfläche definieren.

Das Streitpatent verwendet den Begriff „tablettförmig“ nur in den Absätzen [0001],
Z. 5-6, [0002], Z. 15 und in Patentanspruch 1. Eine Erläuterung erfolgt hierzu
nicht. Unter einem tablettförmigen Bodenteil ist deshalb jegliches Teil zu verste-
hen, welches geeignet ist, ein Produkt zu haltern und somit das Unterteil der Ver-
packung in Abgrenzung zum Deckel zu bilden. Es handelt sich dabei um ein im
Vergleich zum Lebensmittel flaches Teil, dessen Oberfläche strukturiert sein kann,
denn auch streitpatentgemäß kann die Oberfläche vorstehende pickelförmige
Halter und eine Rinne und Wannen (SP: [0012], Z. 5-23) aufweisen (SP: [0013],
Z. 36-39).

Im Übrigen wird streitpatentgemäß erst nach Unteranspruch 9 das Bodenteil als
„Tablarfläche“ ausgebildet, während in der Beschreibung sonst die Bezeichnung
„Bodenfläche“ verwendet wird (K1: [0018]). Das Bodenteil wird somit erst durch
die Begriffe „Bodenfläche“ bzw. „Tablarfläche“ in Verbindung mit einer umlaufen-
den Rinne zur Aufnahme von Molke (K1: [0018] als flächiges Gebilde charakteri-
siert.

Anders als die Beklagte meint, ist die Platte eines Tabletts zudem oft von einem
erhabenen Rand umgeben, so dass das Tablett eine wannenartige Gestalt an-
nimmt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem Begriff „tab-
lettförmiges Bodenteil“ also nicht nur eine rechteckige Bodenfläche mit abgerun-
deten Eckbereichen.

1.3 Der Begriff „glockenförmig“ von Merkmal 3 ist streitpatentgemäß nicht defi-
niert. Darunter ist jegliche Form zu verstehen, welche eine Abdeckhaube über
dem tablettförmigen Bodenteil bildet, ohne Einschränkung bezüglich ihrer geomet-
rischen Form, solange ein geeigneter Aufnahmeraum für das Frischkäseprodukt
gebildet wird (Merkmal 3.1).
- 16 -
1.4 Der Begriff „Seitenwandbereich“ (Merkmale 3.3 und 3.4) ist nicht dahinge-
hend einengend zu verstehen, dass es sich dabei um eine nach oben abgegrenzte
Wand handeln muss. Vielmehr ist der Seitenwandbereich streitpatentgemäß ledig-
lich gegenüber der Stirnwand abgegrenzt. Dies zeigt sich zum einen aus der Fig. 1
des Streitpatents. Zum anderen können die in den Seitenwandbereichen ausge-
bildeten Abstandshalter im gerundeten oberen Bereich des Deckels einer oben
gerundeten Deckelglocke angeordnet sein (K1: Sp. 2, Z. 23-26). Das bedeutet
aber nichts anderes, als dass die Abstandshalter auch von der Oberseite des glo-
ckenförmigen Deckels einwärts gerichtet sein können, solange sie funktionell noch
geeignet sind, das Frischkäseprodukt gemäß Merkmal 3.4 sicher in Position zu
halten. Mangels eines raumkörperlichen Unterschieds zwischen den Stirnwand-
und Seitenwandbereichen kann der Stirnwandbereich auch erst durch Etikettieren
als solcher auszumachen und der glockenförmige Deckel somit beispielsweise
quadratisch ausgebildet sein.

1.5 Der Begriff „gerundete Einformung“ von Merkmal 3.5 kommt im Streitpatent
lediglich im Patentanspruch 1 und in Sp. 2, Z. 19 vor. Darunter fällt – mangels ei-
ner weiteren Definition – jegliche Einformung, welche eine Rundung irgendeiner
Art zeigt.

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht jeweils
gegenüber der Druckschrift K6-D1/K6-D1a oder K7/K8 in Verbindung mit dem
fachüblichen Handeln nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.1.a) Die Erfindung der Druckschrift K6-D1 (deutschsprachige Übersetzung K6-
D1a) handelt von einer Verpackung für Käse, insbesondere für Weichkäse mit
Oberflächenschimmel („géotrichum“) (K6-D1: S. 1, Z. 2-5 i. V. m. Z. 22-25 // K6-
D1a: S. 1, Z. 3-4 i. V. m. Z. 19-21). Die Verpackung muss dabei sowohl den Käse
schützen als auch die (Nach-) Reifung ermöglichen können, also den Gasaus-
tausch (K6-D1: S. 1, Z. 6-13 // K6-D1a: S. 1, Z. 5-10). Derartige Käse wurden des-
halb gemäß den Angaben der K6-D1 bisher in mikroperforierte Papiere einge-
schlagen und in einen Behälter aus Karton oder Holz gelegt (K6-D1: S. 1, Z. 14-17
- 17 -
// K6-D1a: Z. 11-14). Diese Verpackungsmethode ist sowohl für den Hersteller als
auch den Nutzer umständlich, da sowohl die äußere Verpackung als auch das
Papier entfernt werden müssen (K6-D1: S. 1, Z. 18-21 // K6-D1a: S. 1, Z. 15-18).

Mit der Erfindung der K6-D1 soll ermöglicht werden, den Käse schneller und ein-
facher ein- und auszupacken. Auch soll die Haltbarkeit des Produktes verlängert
werden, indem eine Schädigung des Oberflächenschimmels begrenzt wird (K6-
D1: S. 1, Z. 22-25 // K6-D1: S. 1, Z. 19-21).

Davon ausgehend schlägt die K6-D1 als Verpackung einen bevorzugt transpa-
renten (K6-D1: S. 4, Z. 1-2 // K6-D1a: S. 4, Z. 1-2 // Merkmal 3.7H), glockenförmi-
gen Deckel auf einem Sockel vor (K6-D1: S. 2, Z. 1-22 // K6-D1a: S. 2, Z. 1-16 //
Merkmale 1, 2, 3, 3.1), wobei der Deckel aus Polystyrol einen ausreichenden
Gasaustausch ermöglichen soll (K6-D1: S. 2, Z. 1-3 // K6-D1a: S. 2, Z. 1-2). Der
Deckel liegt ersichtlich lösbar auf dem Sockel auf (K6-D1: Fig. 1 i. V. m. S. 1,
Z. 22-25; „permettant d'emballer et de déballer le fromage plus rapidement et plus
simplement“ // K6-D1a: S. 1, Z. 19-21 // Merkmal 2.1).



Zudem soll die untere (Innen-) Seite der Glocke mehrere Vorsprünge („saillies“)
haben, insbesondere zwei oder drei Rippen („nervures“), welche in korrespondie-
- 18 -
rende Vertiefungen („cavités conjugées“) des Käses eingreifen, derartig, dass der
Käse nur mittels der Vorsprünge über die Vertiefungen mit der Polystyrolverpa-
ckung in Kontakt ist, die restliche Käseoberfläche aber nicht (K6-D1: S. 3, Z. 2-7 //
K6-D1a: S. 3, Z. 2-5). Dadurch wird verhindert, dass mit Ausnahme der Vertiefun-
gen der (weiße) Belag („feutrage blanc“) des Käses abgerieben wird (K6-D1: S. 3,
Z. 7-13 // K6-D1a: S. 3, Z. 5-11). Dies entspricht aber nichts anderem als streitpa-
tentgemäßen Abstandshaltern gemäß den Merkmalen 3.2, 3.4 [ohne „Seiten-
wandbereich“], 3.5 [ohne „Seitenwandbereich“] und 3.6, die verhindern sollen,
dass die Käseoberfläche beschädigt wird (K6-D1: S. 1, Z. 22-25 // K6-D1: S. 1,
Z. 19-21), was auch streitpatentgemäß als gleichbedeutend mit der Verschmut-
zung der Innenwandung des Deckels verstanden wird (K1: Sp. 1, Z. 21-28, „unan-
sehnlicher Gesamteindruck“).

Die Vorsprünge sind gemäß der einzigen Figur zwei gegenüberliegende Rippen 5
(„nervures“), mit 0,2 bis 0,6 mm Tiefe, welche offensichtlich gerundet sind (K6-D1:
Fig. i. V. m. S. 3, Z. 25-26 // K6-D1a: S. 3, Z. 21-22).

Aus der K6-D1 bleibt damit lediglich die Geometrie des Sockels und der Glocke
offen, so dass die Merkmale 3.3, 3.4 und 3.5 bezüglich der Anordnung der Ab-
standshalter im Seitenwandbereich nicht vorbeschrieben sind.

2.1.b) Die Druckschrift K6-D1 löst bereits die streitpatentgemäße Teilaufgabe,
dass Innenwandungen des Deckels verschmutzen können, was zu einem unan-
sehnlichen Gesamteindruck führen kann (K1: [0002]), indem das Lebensmittel von
einem transparenten Deckel mittels Abstandshaltern in Position gehalten wird (K6-
D1: S. 3, Z. 2-7; S. 3, Z. 10-13).

Ausgehend davon liegt die objektive (Teil-) Aufgabe darin, die Form und Geomet-
rie der Verpackung an das zu verpackende Lebensmittel anzupassen und dem-
entsprechend auch die Lage der Abstandshalter geeignet zu wählen.

- 19 -
Für beispielsweise im Streitpatent benannte Frischkäserollen (K1: [0002], Z. 13),
welche im Übrigen nicht Gegenstand von Patentanspruch 1 nach Streitpatent sind,
einen rechteckigen Verpackungsgrundriss mit Seitenwandbereichen und Stirn-
wandbereichen vorzusehen und die Abstandshalter entsprechend dem zu verpa-
ckenden Lebensmittel und der sich daraus ergebenden Form der Verpackung an
geeigneten Stellen, wie der Seitenwand (vgl. Merkmale 3.3, 3.4, 3.5), anzubrin-
gen, stellt aber ein fachübliches Handeln bei der Konstruktion einer Verpackung
für ein in seiner Form vorgegebenes Lebensmittel dar, das keine erfinderische Tä-
tigkeit verlangt.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht daher ausge-
hend von der K6-D1 in Verbindung mit dem fachüblichen Handeln nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit.

2.1.c) Nach Ansicht der Beklagten sind die Merkmale 1, 2 und 3.4 durch die
Druckschrift K6-D1 nicht vorbeschrieben.

Wenn die Beklagte meint, durch die Beschreibung einer Glocke aus durchgängi-
gem Polystyrol in der K6-D1, was den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid
zu Käsereifung ermöglichen soll (K6-D1: S. 2, Z. 1-8 // K6-D1a: S. 2, Z. 1-6), sei
die Verpackung der K6-D1 für ein Frischkäseprodukt gemäß Merkmal 1 völlig un-
geeignet, trifft dies nicht zu. Denn auch bei der streitpatentgemäßen Verpackung
wird mangels Angabe zu Material oder Dichtheit ein derartiger Gasaustausch nicht
notwendig unterdrückt.

Bei den in der Basis 3 als Blöcke 6 bezeichneten Erhebungen handelt es sich
entweder um Blöcke oder Versteifungsleisten (K6-D1, S. 3, Z. 29-31 i. V. m. Pa-
tentansprüchen 5, 6 // K6-D1a: S. 3, Z. 24-25 i. V. m. Patentansprüchen 5, 6), die
optional ermöglichen, dass die Basis, also das Bodenteil, aus Kostengründen eine
geringere Dicke aufweist (K6-D1a: S. 2, Z. 13-16). Sie stehen bei der gebotenen
Auslegung einem streitpatentgemäßen tablettförmigen Bodenteil nach Merkmal 2
nicht entgegen.
- 20 -
Unerheblich ist es auch, ob die Rippen 5 der K6-D1 eine Kraft auf den Käse aus-
üben. Denn funktional dienen sie dazu, dass der Käse die Glocke nur an diesen
Vorsprüngen berührt (K6-D1: S. 3, Z. 4-7, Z. 32-35 // K6-D1a: S. 3, Z. 4-6, Z. 27-
29), wie dies auch streitpatentgemäß mit Merkmal 3.4 gewünscht wird. Die Rip-
pen 5 der K6-D1 liegen zudem in einem streitpatentgemäßen Seitenwandbereich.
Denn entsprechend der gebotenen breiten Auslegung des Begriffs Seitenwandbe-
reich sind in Seitenwandbereiche mündende Rippen einer streitpatentgemäßen
Seitenwand zuzurechnen.

2.2.a) Die Druckschrift K7 liegt als deutschsprachige Übersetzung mit der Druck-
schrift K8 vor. Im Folgenden wird auf diese Übersetzung Bezug genommen.

Die Erfindung der K8 handelt von einer Verpackung für Nahrungsmittel, beispiels-
weise Backwaren wie Eclairs (K8: S. 1, Z. 1-3 i. V. m. Z. 14-15), was mithin dem
Merkmal 1 entspricht, da die Eignungsangabe „für Frischkäseprodukte“ keine ge-
genständliche Einschränkung der streitpatentgemäßen Verpackung bewirkt.

Bei Backwaren, wie Eclairs mit einer klebrigen Glasur an der Oberseite, ist prob-
lematisch, dass diese an die Wände gestoßen werden können. Dies hinterlässt bei
transparenten Einzelverpackungen, wie sie zur Präsentation für den Verbraucher
verwendet werden, unwiderrufliche Spuren und Tropfnasen (K8: S. 1, Z. 4-6
i. V. m. Z. 14-21).

Zur Lösung dieses Problems wird eine Verpackung mit einem Sockel vorgeschla-
gen, wobei es dahinstehen kann, ob dieser Sockel bereits einem streitpatentge-
mäßen tablettförmigen Bodenteil entspricht (K8: S. 1, Z. 25-27 i. V. m. Fig. 1, Bz. 1
// Merkmal 2). Der Sockel ist dabei derart geformt, dass die Einprägung oder Ver-
tiefung das Lebensmittel aufnimmt. Die Innenseiten der Einprägung folgen der äu-
ßeren Form des Lebensmittels und bleiben auf diese Weise in engem Kontakt mit
dem Lebensmittel, was eine seitliche und/oder quergerichtete Verkeilung des Le-
bensmittels auf dem Sockel möglich macht (K8: S. 3, Z. 8-13).

- 21 -


Zudem ist der – beispielsweise transparente – Deckel (Merkmale 3, 3.1, 3.7H) mit
senkrechten Haltevorrichtungen versehen, welche vorzugsweise an zwei Punkten
des Lebensmittels einen Druck in Richtung des Sockels ausüben (K8: S. 1, Z. 33
bis S. 2, Z. 3). Dabei ist der Begriff „senkrechte Positionierung“ dahingehend funk-
tionell zu verstehen, dass dadurch das Lebensmittel in Bezug auf die Höhe verkeilt
oder festgehalten wird und jegliches Hochschleudern des Lebensmittels von dem
Sockel, auf dem es ruht, zum Deckel hin verhindert wird (K8: S. 2, Z. 20-24 //
Merkmale 3.2, 3.4). Die senkrechten Positionierungsvorrichtungen werden durch
Ausstülpungen des rechteckig geformten Deckels (Merkmal 3.3) in Richtung des
Innenraums gebildet, wobei die sich gegenüberliegenden Einsenkungen punkt-
förmig sein können (K8: S. 6, Z. 8-10) oder sich über die gesamte Länge der Rän-
der des Deckels erstrecken (K8: S. 3, Z. 33-37). Ersichtlich können diese Einsen-
- 22 -
kungen als senkrechte Positionierungsvorrichtungen 13 gemäß Fig. 3A an den
Längsseiten ausgebildet und gerundet sein (K8: S. 5, Z. 37 bis S. 6, Z. 7). Sie bil-
den dadurch eine Greifhilfe für den Deckel (K8: S. 6, Z. 15-17) und entsprechen
damit – zumindest bei punktförmiger Anordnung (K8: S. 3, Z. 35-36 i. V. m. S. 6,
Z. 8-10) – den aus Fig. 1 des Streitpatents ersichtlichen Abstandshaltern 3 (Merk-
male 3.5 und 3.6).



Der Deckel ist mittels Einklipsvorrichtungen 8 und 9 reversibel am Sockel befestigt
(K8: S. 4, Z. 4-6 // Merkmal 2.1).

Sofern die Beklagte meint, dass der Deckel der K7/K8 zwar glockenförmig sei,
aber keine Stirnwandbereiche aufweise, da diese ebenfalls glockenförmig seien,
führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Begriff „glockenförmig“ ist
streitpatentgemäß nicht definiert und – wie oben dargelegt – breit auszulegen.
Somit weist auch die Verpackung der K7/K8 ersichtlich streitpatentgemäße, von
Seitenwandbereichen getrennt zu betrachtende Stirnwandbereiche auf.

Mithin sind zumindest alle Merkmale 1, 2 [ohne „tablettförmig“], 2.1, 3, 3.1, 3.2,
3.3, 3.4, 3.5, 3.6, 3.7H aus der K7/K8 bekannt.

2.2.b) Da die Druckschrift K7/K8 bereits wieder die streitpatentgemäße Teilauf-
gabe löst, dass Innenwandungen des Deckels verschmutzen können, was zu ei-

- 23 -
nem unansehnlichen Gesamteindruck führen kann (K1: [0002]), indem das Le-
bensmittel von einem transparenten Deckel mittels Abstandshaltern in Position
gehalten wird (K8: S. 1, Z. 4-6 i. V. m. Z. 14-21; S. 1, Z. 33 bis S. 2, Z. 3; S. 2,
Z. 20-24), liegt die objektive (Teil-) Aufgabe darin, die Form und Geometrie der
Verpackung an das zu verpackende Lebensmittel anzupassen (vgl. Abschnitt
II.2.1.b).

Für beispielsweise eine Frischkäserolle ein tablettförmiges Bodenteil gemäß
Merkmal 2 anstelle eines Sockels mit Vertiefungen zu nehmen, stellt aber für den
Fachmann eine im routinemäßigen Handeln liegende Anpassung der Verpackung
an ein in seiner Form vorgegebenes Lebensmittel dar, welche keine erfinderische
Tätigkeit verlangt, zumal das Streitpatent selbst bereits von tablettförmigen Bo-
denteilen mit einem glockenförmigen Deckel als Stand der Technik ausgeht (K1:
[0002]). Im Übrigen sind hierzu hinlänglich Vorbilder aus dem Stand der Technik
bekannt, welche eine Grundplatte mit umlaufender Rinne und damit eine streitpa-
tentgemäße Tablarfläche zeigen, um z. B. in der Rinne Kondensat aus einem
Weichkäse sammeln zu können (K6-D3: [0015] i. V. m. [0005]).

2.2.c) Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Merkmale 1, 2, 3.1, 3.2, 3.4, 3.5 und
3.6 durch die Druckschrift K7/K8 nicht verwirklicht seien.

Die ursprüngliche Anmeldung des Streitpatents ist auf eine „Verpackung für Le-
bensmittel“ allgemein gerichtet gewesen (EP 2 540 639 A1: z. B. [0001], [0002],
Patentanspruch 1), was auch im Titel des Streitpatents noch zum Ausdruck
kommt. Mit dem Merkmal 1 wird aber lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die
Verpackung für ein Frischkäseprodukt geeignet sein muss. Dies ist mit der Verpa-
ckung gemäß der K7/K8 gegeben. Die Druckschrift K7/K8 ist daher ebenso gat-
tungsgemäß wie andere im Verfahren befindliche und auf Käseprodukte gerichtete
Druckschriften und findet daher Beachtung durch den Fachmann.

An dieser Beurteilung ändert sich – entgegen der Auffassung der Beklagten –
auch nichts, wenn das Frischkäseprodukt in der Verpackung gemäß K7/K8 im So-
- 24 -
ckel seitlich und quer verkeilt würde (K8: S. 4, Z. 33 bis S. 5, Z. 3). Denn auch ein
Frischkäseprodukt, insbesondere eine Frischkäserolle, kann seitlich verkeilt wer-
den, wobei dennoch die obere Hälfte – ggf. mit Kräutern oder dergleichen bestreut
(EP 2 540 639 A1: Sp. 2, Z. 1-3) – dann aufgrund der senkrechten Positioniervor-
richtungen der K7/K8 nicht mit der Seitenwand des Deckels in Berührung kommt
(K8: S. 5, Z. 34 bis S. 6, Z. 17).

Ein raumkörperlicher Unterschied zwischen Seitenwandbereichen und Stirnwand-
bereichen (Merkmale 3.3, 3.4, 3.5) ist nach Patentanspruch 1 weder beansprucht
noch sonst zu erkennen. So unterscheidet die K7/K8 in gleicher Weise nicht zwi-
schen Stirnwand- und Seitenwandbereichen. Folglich wird der Fachmann die Be-
zeichnungen beliebig und orientiert an der Form des zu verpackenden Lebens-
mittels oder eines anzubringenden Etiketts zuordnen. Gleichermaßen wird er die
Positioniervorrichtungen der K7/K8 als streitpatentgemäß in Seitenwandbereichen
angebracht verstehen bzw. diese ohne erfinderisches Zutun abgestimmt auf das
Lebensmittel an geeigneten gegenüberliegenden Stellen anbringen.

Die ins Innere des Gehäuses 10 gerichteten Ausbuchtungen 13 (Merkmale 3.3,
3.4) der K7/K8 sind ersichtlich gerundete Einsenkungen im Sinne des Merk-
mals 3.5 (K8: Fig. 3A i. V. m. Satz S. 5 auf 6), welche das Eclair entsprechend
Merkmal 3.6 verkeilen oder festhalten sollen (K8: S. 2, Abs. 3), auch wenn dies die
Beklagte nicht zu erkennen vermag.

Die Beklagte meint weiter, dass der Sockel 1 der K7/K8 kein tablettförmiges Bo-
denteil sei, da es in die Dicke E des Sockels eingesenkte Vertiefungen aufweist
(K8: S. 4, Z. 29-33). Dadurch bilde der Deckel auch nicht den Aufnahmeraum ent-
sprechend Merkmal 3.1 für das Eclair bzw. Frischkäseprodukt. Da die Verwen-
dung eines tablettförmigen Bodenteils entsprechend Merkmal 2 aber nahe gele-
gen hat, umgrenzt auch der Deckel 6 der K7/K8 einen Aufnahmeraum für das Le-
bensmittel entsprechend Merkmal 3.1. Denn, anders als die Beklagte meint, um-
grenzt ein Deckel einen Aufnahmeraum jedenfalls dann, wenn das Bodenteil wie
in der K7/K8 Seitenwände 4 aufweist, die Seitenwände 11 des Deckels 6 aber bis
- 25 -
zur Unterseite dieser Seitenwände 4 des Bodenteils reichen (K8: Fig. 3A, 3B, 4A
i. V. m. S. 5, Z. 14-22).

III.

Das Streitpatent hat auch in der Fassung der insgesamt 5 Hilfsanträge keinen Be-
stand.

1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht gegen-
über der Druckschrift K6-D1 oder K7/K8 in Verbindung mit dem fachüblichen Han-
deln nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Soweit gemäß Hilfsantrag 1 das Bodenteil eine Tablarfläche hat, in der an nicht
näher spezifizierten Stellen pickelförmige emporragende Halter zur Stabilisierung
des Frischkäseproduktes ausgebildet sind, sind derartige Lösungen dem Fach-
mann allgemein bekannt. So beschreibt bereits die K6-D1 Blöcke oder Leisten, die
auch zum Festhalten des Käses dienen (K6-D1: S. 3, Z. 29-31 // K6-D1a: S. 3,
Z. 24-25). Diese Halter werden dann verwendet, wenn der Fachmann vor dem
Problem steht, dass das Bodenteil aufgrund seines vorgesehenen Gebrauchs –
z. B. wie von der Beklagten vorgetragen als Schneidfläche zur portionsweisen Ent-
nahme – eine im Wesentlichen ebene Fläche haben soll, damit das Lebensmittel
z. B. auf dieser Fläche geschnitten werden kann. Vor diesem Hintergrund ist auf-
grund der dann erforderlichen Tablarfläche (Merkmal 2.21) eine andere Lösung als
die gemäß der K7/K8 vorgeschlagene Verkeilung in einem Sockel erforderlich.
Diese Lösung zeigt beispielsweise bereits die K6-D1. Insofern sind die pickelför-
migen Verrutschsicherungen des Merkmals 2.2.11 gemäß Hilfsantrag 1 dem all-
gemeinen Fachwissen des Fachmanns zuzurechnen und ihre Verwendung daher
naheliegend, so dass eine erfinderische Tätigkeit damit nicht zu begründen ist.

Wenn die Beklagte meint, dass im Unterschied zur K6-D1 die streitpatentgemäßen
pickelförmigen, emporragenden Halter in das Frischkäseprodukt eindringen, sei
darauf verwiesen, dass diese Eigenschaft nicht Gegenstand des Streitpatents ist.
- 26 -
Dies kann auch nicht aus Fig. 5 des Streitpatents zwingend abgeleitet werden, da
die geometrische Form des Frischkäseprodukts nicht gezeigt ist. Im Übrigen
kommt auch der Käse der K6-D1 mit der Basis 3 und den Blöcken 6 in Kontakt
(K6-D1: Z.32-35 // K6-D1a: S. 3, Z. 26-29), was folglich ein Eindringen der Blöcke
in den Käse zur Folge haben muss.

2. Der Gegenstand der jeweiligen Patentansprüche 1 nach Hilfsanträgen 2, 3
und 4 beruht gegenüber der Druckschrift K6-D1/K6-D1a in Verbindung mit dem
fachüblichen Handeln und der Druckschrift K6-D3 nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit.

a) In Merkmal 3.8.13 ist zunächst auszulegen, worauf sich der im erteilten
Unteranspruch 7 erstmalig (wegen des unbestimmten Artikels „einem“) genannte
Aufnahmeraum bezieht. Dieser dürfte nicht mit dem Aufnahmeraum des Merk-
mals 3.1 identisch sein. Der Begriff „Aufnahmeraum“ in Bezug auf die Randaus-
formung (6) wird lediglich in Abs. [0018], Z. 53-57 des Streitpatents K1 beschrie-
ben, wonach „der erhabene Rand 7 des Bodenteils 2 […] in die Randausfor-
mung 6 mit dem inneren Aufnahmeraum eingreift“. Der Begriff „innerer Aufbewah-
rungsraum“ wird auch in Abs. [0015], Z. 23 in Bezug auf die Frischkäserolle ver-
wendet.

Vor diesem Hintergrund ist das Merkmal 3.8.13 dahingehend zu verstehen, dass
die Randausformung Bestandteil eines (inneren) Aufnahmeraums ist, wobei in
dem (inneren) Aufnahmeraum zum einen das Frischkäseprodukt ist, aber sich
auch der erhabene Rand 7 des Bodenteils 2 im Inneren dieses (inneren) Aufnah-
meraums befindet. Sozusagen besteht der innere Aufnahmeraum aus einer glo-
ckenförmigen Erhebung für das Frischkäseprodukt und aus einer daran anschlie-
ßenden Randausformung für den erhabenen Rand des Bodenteils (Merkmal 3.83).

Eine derartige streitpatentgemäße Randausformung mit einen Aufnahmeraum
entsprechend den Merkmalen 3.83 und 3.8.13 ist aus der Druckschrift K6-D1 er-
sichtlich (K6-D1: Fig. 1).
- 27 -
Der erhabene Rand 7 des Bodenteils 2 ist aber auch dann streitpatentgemäß in
die Randausformung 6 einführbar, wenn die Randausformung 6 in Form einer
(umgekehrten) U-förmigen Rinne gestaltet ist, also einen separaten „Aufnahme-
raum“ bildet. Vom Wortlaut des Merkmals 3.8.13 ist daher nicht nur ein um die glo-
ckenförmige Erhebung umlaufender Rand, der ohne Begrenzung in den (inneren)
Aufnahmeraum für das Frischkäseprodukt übergeht – wie in den Figuren 1 und 2
des Streitpatents dargestellt – erfasst. Vielmehr ist davon auch – wie im Folgen-
den dargelegt – eine Ausgestaltung umfasst wie in den Fig. 8 und 10 der K6-D3
dargestellt.

b) Die Druckschrift K6-D3 liegt als deutschsprachige Übersetzung K6-D3a vor
mit gleichen Absatzbezeichnungen. Sie handelt von einer Verpackung für Weich-
käse, mit einem Sockel („socle“) in Form eines Tabletts („plateau“), an dessen
Rand die Glocke („cloche“) geklemmt („clipé“) wird (K6-D3: [0001], [0006] i. V. m.
Fig. 1, Fig. 2 // Merkmale 1, 2, 2.1, 3, 3.1). Das Tablett kann dabei rund, oval,
quadratisch, rechteckig (Merkmal 3.3) und dergleichen sein. Die Glocke ist ein
Deckel mit im Wesentlichen flacher oder konvexer Oberfläche und nach unten ge-
richteten im Wesentlichen vertikalen oder schrägen Seitenwänden und einem run-
den, ovalen oder polygonalen Außenumfang (K6-D3: [0006]).

Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt der Sockel 2 der K6-D3 eine Tab-
larfläche im Sinne des Streitpatents dar (Merkmale 2, 2.21), zumal eine umlau-
fende Rinne 7 nur in Verbindung mit einer ebenen Grundplatte einen Sinn ergibt.

Insbesondere wird die K6-D3 bezüglich der darin vorweggenommenen Merkmale
2.2.22, 2.33 und 2.44 vom Fachmann beachtet. Denn die K6-D3 zeigt eine um die
Grundplatte 2 umlaufende Rinne 7 (K6-D3: [0025], Z. 41-48 i. V. m. Fig. 8 //
Merkmal 2.2.22). Dabei ist die umlaufende obere Kante 10 in Verbindung mit ei-
nem radial außenliegenden Abschnitt 13 und einem freien konischen Ende 14, auf
denen der Deckel 3 befestigt werden soll, im Sinne der streitpatentgemäßen
Merkmale 2.33 und 2.44 zu verstehen (K6-D3: [0025] i. V. m. Fig. 8), auch wenn
die streitpatentgemäße Zeichnung 5 eine andere (weitere) Lösung des Wortsinns
- 28 -
dieser Merkmale zeigt. Ebenso zeigt die K6-D3 eine Form des Deckels 3, bei wel-
cher ein aus vertikal innenliegenden 16 und außenliegenden 17 Abschnitten zu-
sammen mit einem horizontalen Verbindungsabschnitt 18 gebildeter umlaufender
Rand 15 einen Aufnahmeraum im Sinne von Merkmal 3.8.13 bildet (K6-D3: [0028]
i. V. m. Fig. 10). Der umlaufende Rand 15 als Aufnahmeraum geht, wie aus Fig. 2
ersichtlich ist, im Sinne von Merkmal 3.83 in den Deckel 3‘ über (K6-D3: Fig. 2).





- 29 -
Daran ändert auch nichts, wenn die Beklagte meint, dass die Verpackung gemäß
der K6-D3 für Frischkäse ungeeignet sei. Denn es greift zu kurz, wenn sich der
einschlägige Fachmann nur auf dem Gebiet von Verpackungen umsieht, welche
expressis verbis Frischkäse als zu verpackendes Lebensmittel benennen. Gegen
diese Verengung spricht bereits die ursprünglich auf Lebensmittel allgemein ge-
richtete Anmeldung des Streitpatents (vgl. EP 2 540 639 A1: z. B. [0002], Z. 9-12;
Patentanspruch 1).

c) Mit den Merkmalen 2.2.22, 2.33, 3.83, 3.8.13 und 2.44 gemäß der Hilfsan-
träge 2, 3 und 4 wird das Teilproblem gelöst, dass aus dem Lebensmittel austre-
tendes Kondensat sich innerhalb einer Verpackung sammeln kann. Das Konden-
sat soll sich dabei nicht auf einer Bodenfläche sammeln und nicht auf das Le-
bensmittel zurückfließen können.

Die K6-D1 beschreibt eine Verpackung für Weichkäse. Soll diese Verpackung für
ein Käseprodukt verwendet werden, aus dem Molke austreten kann (K1: [0012],
Z. 5-9), erkennt der Fachmann bereits aus der Fig. 1 der K6-D1, dass die Blöcke 6
in der Basis 3 Bereiche bilden, unterhalb derer sich Flüssigkeit sammeln kann.
Eine übliche Anordnung aber, um Flüssigkeit zu sammeln, sind umlaufende Rin-
nen, wie sie dem Fachmann vielfach von beispielsweise Schneidbrettern bekannt
sind. Der Fachmann ist daher bereits ausgehend von der K6-D1 zur Lösung der
Teilaufgabe, aus dem Frischkäse austretende Molke abzuführen, angeregt, eine
umlaufende Rinne vorzusehen. Hierzu wird er in der K6-D3 fündig, bei welcher
von einem Käse im Inneren einer Verpackung gebildetes Kondensat in einer um-
laufenden Rinne gesammelt wird (K6-D3: [0015]). Denn das Problem austreten-
den Kondensats stellt sich dem Fachmann (in vergleichbarer Weise wie bei
Frischkäse) auch bei Weichkäse wie Camembert mit einem Wassergehalt von
über 67 % in dem entfetteten Käse (K6-D3: [0005]). Die K6-D3 ist folglich gat-
tungsgemäß und wird durch den Fachmann beachtet.

Der Fachmann gelangt so, ausgehend von der K6-D1 in Verbindung mit dem be-
züglich der Merkmale 2.21 und 2.2.11 fachüblichen Handeln und unter Beachtung
- 30 -
der K6-D3 (Merkmale 2.2.22, 2.33, 3.83, 3.8.13 und 2.44), zum Gegenstand des
Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2, 3 und 4, ohne erfinderisch tätig werden zu
müssen.

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 beruht gegen-
über der Druckschrift K6-D1 in Verbindung mit dem fachüblichen Handeln und der
Druckschrift K6-D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Mit den Merkmalen 2.55, 2.5.15, 3.95, 3.9.15 und 45 werden das Bodenteil und der
Deckel mit jeweiligen Krägen und Peel-Anformungen ausgestaltet.

Streitpatentgemäße Krägen sind fachüblich und bereits auch aus der K6-D1 be-
kannt (K6-D1: Fig. 1, Bz. 4 i. V. m. S. 3, Z. 23-24 // K6-D1a: S. 3, Z. 19-20 //
Merkmale 2.55, 3.95). Hieran angebrachte Peelanformungen – auch in versetztem
Zustand entsprechend der Merkmale 2.5.15, 3.9.15 und 45 – lösen das von den
streitpatentgemäßen Abstandshaltern und der umlaufenden Rinne unabhängig zu
betrachtende Problem, die Verpackung leicht öffnen zu können. Derartige
Peelanformungen sind dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens hinlänglich
bekannt. Sie sind zum leichteren Erfassen von einem umlaufenden Kragen auf
gleicher Ebene nach außen vorstehend und zur Vereinfachung des Öffnungsvor-
ganges im Allgemeinen gegeneinander versetzt angeordnet. Gutachtlich für diese
handwerkliche Ausgestaltung wird beispielhaft auf die Druckschrift K6-D5 verwie-
sen (K6-D5: Fig. 1, 9).

4. Zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit meint die Beklagte, dass unter
Berücksichtigung der BGH-Entscheidung „Betrieb einer Sicherheitseinrichtung“
der damit auch im deutschen Nichtigkeitsverfahren anerkannte Could-Would-
Approach zu beachten sei. Dies zugrunde legend, erkenne der Fachmann, dass
es völlig ungeeignet sei, Merkmale oder Teilmerkmale von Verpackungen, welche
für z. B. Weichkäse geeignet seien, auf Frischkäse zu übertragen, da die Verpa-
ckungen für Frischkäse spezifische (andere) Aufgaben und Anforderungen hätten.

- 31 -
Zwar führt die Beklagte zutreffend aus, eine Erfindung sei für den Fachmann dann
als nahegelegt anzusehen, wenn es über die Erkennbarkeit des technischen Prob-
lems hinaus zusätzlicher Anstöße, Anregungen, konkreter Hinweise oder sonstiger
Veranlassung dafür gab, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der
Erfindung zu suchen (BGH, Urteil vom 30. April 2009, Xa ZR 92/05 – Betrieb einer
Sicherheitseinrichtung; Busse, PatG, 8. Aufl., § 4, Rdn. 147 m. w. N.). Dies be-
deutet jedoch nicht in jedem Fall eine Anerkennung des Could-Would-Testes (vgl.
Busse, PatG, 8. Aufl., § 4, Rdn. 149).

Selbst wenn die Verpackungen der im Verfahren befindlichen Druckschriften
K7/K8, K6-D1, K6-D3 in ihrer speziellen Ausgestaltung möglicherweise für Frisch-
käse nicht geeignet oder nicht vollständig optimiert sein könnten, wie die Beklagte
meint, fehlt es im vorliegenden Fall jedenfalls nicht an der Veranlassung, die
Druckschriften auch im Hinblick auf Frischkäseprodukte zu beachten.

Denn ausgehend von der objektiven Aufgabe, eine Verpackung bereitzustellen,
die Transport, Lagerung und Präsentation eines Lebensmittels ermöglicht, ohne
dass dieses signifikant Schaden nimmt, wobei insbesondere verhindert werden
soll, dass der Kontakt des Lebensmittels mit der Innenwandung eines Deckels
diesen unansehnlich verschmutzen kann (K1: [0002] i. V. m. [0007]), finden nicht
nur Druckschriften, welche sich mit Verpackungen für Frischkäse oder Frischkä-
seprodukte auseinandersetzen, durch den Fachmann Beachtung. Vielmehr wer-
den auch solche Verpackungen durch den Fachmann zur Lösung der Aufgabe zur
Kenntnis genommen, bei denen in vergleichbarer Weise wie bei Frischkäsepro-
dukten ein Lebensmittel bei seinem Transport, seiner Lagerung oder seiner Prä-
sentation Schaden nehmen kann. Insofern entspricht die im Streitpatent vorge-
nommene Verkürzung der Aufgabe auf Verpackungen für Frischkäseprodukte
nicht der objektiven Aufgabe, was auch durch die ursprünglich auf Lebensmittel
allgemein gerichtete Anmeldung des Streitpatents belegt wird (EP 2 540 639 A1:
[0001]; [0002], Satz 1; [0004]).

- 32 -
Vor diesem Hintergrund hätte der Fachmann die Druckschriften K6-D1, K6-D3
oder K7/K8 beachtet, welche zudem bereits zur Lösung der streitpatentgemäßen
(Teil-) Aufgabe(n) beitragen. Ein synergistischer Effekt – wie ihn die Beklagte im-
plizit geltend macht – der auf verschiedene Teilaspekte einer Verpackung gerich-
teten einzelnen Merkmale der Gegenstände des Hauptantrags und der Hilfsan-
träge ist hingegen im Streitpatent weder beschrieben noch erkennbar.

5. Auch die Unteransprüche 2 bis 7 nach Hilfsantrag 5 haben keinen Bestand,
da sich deren Ausgestaltungen in naheliegender Weise aus dem Stand der Tech-
nik ergeben.

a) Die Ausbuchtungen oder Druckstellen 13 in der K8 dienen wie bei Unteran-
spruch 2 (Unteranspruch 2 nach Streitpatent) in vorteilhafter Weise als Greifhilfen
für den Deckel 6 (K8: S. 6, Z. 15-17).

b) Die seitlichen Einbuchtungen gemäß Unteranspruch 3 dienen der
Stapelbarkeit der Verpackung gemäß Unteranspruch 4 (Unteransprüche 4 und 5
nach Streitpatent). Die gleiche Lösung mit als Schulter 20 bezeichneten Einschnü-
rungen im Deckel wählt die K6-D3, um eine Stapelbarkeit der Verpackung zu er-
reichen (K6-D3: Fig. 2, 3 i. V. m. [0036]).

c) Die K6-D3 beschreibt eine umlaufende Rinne 7 („rigole périphérique“) im
Sockel 2 zur Aufnahme von im Inneren der Verpackung aus dem Käse entstande-
ner Flüssigkeit („condensats“) (K6-D3: [0015], [0025] i. V. m. Fig. 3-5).

Die Absätze 20 im Kreisbogen des Deckels 3 der K6-D3 nehmen die Vor-
sprünge 21 der Unterseite der Grundplatte 2 auf, welche durch den Boden der
Rinne 7 gebildet werden (K6-D3: Fig. 2, 3 i. V. m. [0036]). Dies ist nur möglich,
wenn die umlaufenden Vorsprünge 21 mit den Absätzen 20 – in gleicher Weise
wie in den Unteransprüchen 6 und 7 (Unteransprüche 12 und 13 nach Streitpa-
tent) beschrieben – korrespondieren. Die Rinne 7 liegt also abschnittsweise tiefer
und bildet so eine „Auffangwanne“ im Sinne des Unteranspruchs 5 (Unteran-
spruch 11 nach Streitpatent).
- 33 -
6. Da die Patentanspruchssätze gemäß Haupt- und Hilfsanträgen nach
Antragstellung jeweils als in sich geschlossene Einheit anzusehen sind, braucht
auf die Unteransprüche der weiteren Hilfsanträge nicht weiter eingegangen zu
werden. Für eine abweichende Beurteilung der Patentfähigkeit der Gegenstände
der untergeordneten Patentansprüche ist von der Beklagten weder etwas geltend
gemacht noch sonst aufgrund des festgestellten Sachverhalts erkennbar (vgl.
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 Rdn. 42 –
Schussfädentransport; BGH, Urteil vom 29. September 2011 – X ZR 109/08,
GRUR 2012, 149 Rdn. 96 – Sensoranordnung).

7. Unter diesen Umständen kann die von der Klägerin geltend gemachte
offenkundige Vorbenutzung durch Vertrieb des Produkts „Primello“ durch ein
Konzernunternehmen der Beklagten dahinstehen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

V.

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelas-
senen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik
Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und
innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung
des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von
fünf Monaten nach der Verkündung.
- 34 -

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung
gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung
eingelegt werde.


Schramm Dr. Egerer Kätker Dr. Wismeth Dr. Freudenreich

Pr


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