35 W (pat) 8/14  - 35. Senat (GebrM)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT



35 W (pat) 8/14
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend das Gebrauchsmuster …
(hier: Beschwerde gegen Kostenfestsetzung)

hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts
am 24. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie die Richterin
Bayer und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungs-
beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent-
und Markenamts in Sachen Lö … vom 24. April 2014 aufgeho-
ben.

Die der Antragsgegnerin von der Antragstellerin zu erstattenden Kos-
ten werden auf

9.244,80 €

(– in Worten: neuntausendzweihundertvierundvierzig 80/100 Euro –)

festgesetzt.

Der festgesetzte Betrag ist ab dem 20. Dezember 2012 mit fünf Pro-
zentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu
tragen.
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G r ü n d e

I.

Die Beschwerdegegnerin und Löschungsantragsgegnerin (im Folgenden: Antrags-
gegnerin) war Inhaberin des am 16. November 2006 eingetragenen Gebrauchs-
musters … (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „…
“, das durch Abzweigung als Anmeldetag den
19. Februar 2002 erhalten hatte. Mit einer am 18. April 2007 beim Deutschen
Patent- und Markenamt (DPMA) eingegangenen Eingabe hatte die Beschwerde-
führerin und Löschungsantragstellerin (im Folgenden: Antragstellerin) die vollum-
fängliche Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt. Hierauf hatte die
Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA aufgrund mündlicher Verhandlung mit
Entscheidung vom 24. Februar 2010 die vollumfängliche Löschung des Streitge-
brauchsmusters beschlossen (Az.: Lö …).

Auf die von der Antragsgegnerin hiergegen am 6. April 2010 eingelegte Be-
schwerde hat der 35. Senat des Bundespatentgerichts die angefochtene Ent-
scheidung mit Beschluss vom 19. Oktober 2011 aufgehoben und den Löschungs-
antrag im Wesentlichen zurückgewiesen. Wegen des nur „geringen Teilerfolgs“
des Löschungsantrags hat der Senat der Antragstellerin die gesamten Kosten so-
wohl für das Löschungsverfahren als auch für das entsprechende Beschwerde-
verfahren auferlegt (Az.: …). Mit Beschluss vom 6. Februar 2014
hat der Senat den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf
1.000.000,-- € festgesetzt.

Am 29. Februar 2012 ist das Streitgebrauchsmuster mit Erreichen der Höchstlauf-
zeit erloschen.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2012 beantragt, die ihr
von der Antragstellerin für das patentamtliche Löschungsverfahren zu erstatten-
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den Kosten auf der Grundlage eines Gegenstandswertes in Höhe von
2.000.000,-- € festzusetzen. Mit Beschluss vom 24. April 2014 hat die Gebrauchs-
musterabteilung I die der Antragsgegnerin von der Antragstellerin für das patent-
amtliche Löschungsverfahren zu erstattenden Kosten auf 15.244,80 € festgesetzt,
wobei die Abteilung insoweit antragsgemäß auf der Basis eines Gegenstands-
wertes von 2.000.000,-- € eine 2,0-fache Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2300
in Ansatz gebracht hat.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 12. Mai 2014 beim DPMA eingegan-
gene Beschwerde der Antragstellerin. Diese bemängelt, dass der Gegenstands-
wert in Höhe von 2.000.000,-- €, der der Kostenfestsetzung zu Grunde gelegt
worden sei, viel zu hoch erscheine. Angemessen sei vielmehr nur ein Gegen-
standswert in Höhe von 1.000.000,-- €.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 24. April 2014 aufzuheben und die
von ihr der Antragsgegnerin für das patentamtliche Löschungsver-
fahren zu erstattenden Kosten auf der Basis eines Gegenstands-
wertes von 1.000.000,-- € neu festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt hingegen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, mit dem Streitgebrauchsmuster sei ein jährlicher Umsatz erzielt wor-
den, der in der Höhe eines zweistelligen …bereichs liege. Das Bundespa-
tentgericht habe zudem den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens bei
einer Restlaufzeit des Streitgebrauchsmusters von nur noch 2 Jahren auf
1.000.000,-- € festgesetzt. Da sich die Restlaufzeit zum Zeitpunkt des patentamtli-
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chen Löschungsverfahrens noch auf 5 Jahre belaufen habe, sei eine Differenzie-
rung erforderlich. Somit sei der im angefochtenen Beschluss in Höhe von
2.000.000,-- € zu Grunde gelegte Gegenstandswert gerechtfertigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug
genommen.


II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist innerhalb der zweiwöchigen Frist nach
§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. §§ 62 Abs. 2 Satz 4, 73 PatG eingelegt worden. In
dieser Frist ist auch die Beschwerdegebühr in Höhe von 50,-- € (Nr. 401 200 der
Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) einbezahlt worden. Die Antragstellerin verfolgt mit
ihrer Beschwerde auch ein zulässiges Ziel, indem sich ihr Begehren sinngemäß
darauf richtet, eine Neufestsetzung der von der Antragsgegnerin zu erstattenden
Kosten auf der Basis eines niedrigeren Gegenstandswertes zu erreichen.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Auffassung der Antrags-
gegnerin, dass der der Kostenfestsetzung zu Grunde gelegte Gegenstandswert in
Höhe von 2.000.000,-- € zu hoch bemessen sei, trifft zu.

a) Der für die Rechtsanwaltsgebühren maßgebliche Gegenstandswert be-
stimmt sich nach §§ 23, 33 RVG i. V. m. §§ 3, 4 ZPO. Da im Gebrauchsmusterlö-
schungsverfahren die Antragsgebühr unabhängig vom Ausgang des Verfahrens
erhoben wird und sich auch nicht nach dem Wert des Gebrauchsmusters richtet,
ist für die Bemessung des Gegenstandswertes insbesondere die Regelung des
§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, auf die § 23 Abs. 2 Satz 1 RVG verweist, anzuwenden
(vgl. zuletzt: BGH Beschl. v. 24. November 2016, Az. I ZB 52/15, nachgewiesen
im Internet bei JURIS®). Der Gegenstandswert ist hiernach auf der Grundlage der
vorgetragenen tatsächlichen Anhaltspunkte nach billigem Ermessen zu bestim-
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men, wobei im Falle eines Tatsachenvortrags, der nicht genügend Anhaltspunkte
für eine sichere Schätzung liefert, der anzunehmende Gegenstandswert den Wert
von 500.000,-- € nicht überschreiten darf. Diese gesetzliche Vorgabe ist im ange-
fochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss nicht beachtet worden.

Die Gebrauchsmusterabteilung irrt, indem sie meint, bei der Aussage der Antrags-
gegnerin, mit der Gerüstrahmenkonstruktion gemäß Streitgebrauchsmuster sei ein
jährlicher Umsatz jeweils im zweistelligen …bereich erzielt worden, handele
es sich um eine hinreichend konkrete Angabe, die vorliegend eine sichere Schät-
zung des Gegenstandswertes in Höhe von 2.000.000,-- € zulasse. Die Umsätze,
die mit dem Gegenstand eines Gebrauchsmusters erzielt werden, können bei der
Gegenstandswertermittlung zwar berücksichtigt werden. Diese dürfen aber nicht
mit den Erträgen gleichgesetzt werden. Letztere machen nur einen von Fall zu Fall
sehr unterschiedlichen Teil des Umsatzes aus – in aller Regel nur zwischen 2,5
bis 10 % des Umsatzes, was anhand des einschlägigen Lizenzsatzes zu ermitteln
wäre (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 120, 122). Insoweit hat die
Antragsgegnerin keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen. Ginge man vorlie-
gend sowohl von einem geringen Lizenzsatz als auch von einem jährlichen Um-
satz der Antragsgegnerin im untersten zweistelligen …bereich aus, so ließe
sich vor dem Hintergrund einer zum Zeitpunkt des Löschungsantrages noch ver-
bleibenden Restlaufzeit des Streitgebrauchsmusters von 4 Jahren und 10 Mona-
ten keinesfalls ein Gegenstandswert in Höhe von 2.000.000,-- € errechnen.

Der Verstoß gegen die Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG führt allerdings im
vorliegenden Fall nicht dazu, dass der nach billigem Ermessen zu bestimmende
Gegenstandswert auf den maximal noch möglichen Schätzwert von 500.000,-- €
zu vermindern wäre. Der erkennende Senat sieht keinen Grund, den Gegen-
standswert des patentamtlichen Löschungsverfahrens anders als in der Senats-
entscheidung vom 6. Februar 2014 zu beurteilen, die zum Beschwerdeverfahren
ergangen ist und einen Gegenstandswert in Höhe von 1.000.000,-- € nennt. Die
Antragstellerin hat selbst eingeräumt, dass der Gegenstandswert des patentamtli-
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chen Löschungsverfahrens in Höhe von 1.000.000,-- €, wie für das Beschwerde-
verfahren ausgesprochen, angemessen erscheine. Hierin ist ein genügender tat-
sächlicher Anhaltspunkt im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu sehen, der eine
entsprechende Festsetzung nach billigem Ermessen rechtfertigt (vgl. Bühring/
Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 117). Dem steht nicht im Wege, dass zum
Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung die Restlaufzeit des Gebrauchsmusters nur
noch etwa 2 Jahre betrug. Der Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung hat grundsätz-
lich auf den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens keinen Einfluss, weil
auch dort die in der Vergangenheit bis zum Beginn des Löschungsverfahrens ent-
standenen Schadenersatzforderungen usw. einzubeziehen sind (vgl. BGH GRUR
2009, 1100 ff. – „Druckmaschinen-Temperierungssystem III“). Ein niedrigerer Ge-
genstandswert kann sich im Beschwerdeverfahren allerdings dann ergeben, wenn
sich der Antragsgegner mit einer erstinstanzlich ausgesprochenen Teillöschung
abgefunden hat und der Antragsteller das Beschwerdeverfahren betreibt. Dies war
hier aber nicht der Fall.

b) Für weitere Ausführungen besteht kein Anlass, da sich die Antragstellerin
mit ihrer Beschwerde nicht gegen weitere, im angefochtenen Kostenfestsetzungs-
beschluss enthaltene Rechnungsposten gewandt hat.

Danach errechnen sich die für das patentamtliche Löschungsverfahren entstande-
nen Kosten, deren Erstattung die Antragsgegnerin auf der Grundlage der bis zum
31. Juli 2013 gültigen Fassung des RVG verlangen kann, wie folgt:

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Gebührentatbestand


RVG
VV Nr.

Satz

Betrag
in €

Gegenstandswert: 1.000.000 €
(§§ 2 Abs. 1, 23, 33 RVG)



1. Geschäftsgebühr

2300 2,0 8.992,00

2. Pauschale für Entgelte für Post- und
Telekommunikationsdienstleistungen

7002 20,00
3. Fahrtkosten des Patentanwalts

7003
7004

172,80
4. Tage- und Abwesenheitsgeld

7005 60,00


Gesamtkosten der Antragsgegnerin:


9.244,80
=======


c) Der Verzinsungsausspruch mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszins-
satz ab dem 20. Dezember 2012 wurde aus dem streitgegenständlichen Be-
schluss übernommen, da dieser auch insoweit nicht angefochten wurde.


III.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, da sie in vollem
Umfang unterlegen ist und aus Gründen der Billigkeit auch keine andere Kosten-
verteilung nahelegt erscheint (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2
Satz 2 PatG, § 91 Abs. 1 ZPO).

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IV.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus-
übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder
wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens aus-
drücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergan-
gen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Ver-
fahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Metternich Bayer Eisenrauch


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