35 W (pat) 440/13  - 35. Senat (GebrM)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:101017B35Wpat440.13.0


BUNDESPATENTGERICHT



35 W (pat) 440/13
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
10. Oktober 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache






betreffend das Gebrauchsmuster 20 2010 008 283
(hier: Löschungsantrag)

hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatent-
gerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2017 durch den Richter
Eisenrauch als Vorsitzenden sowie den Richter Dipl.-Chem. Dr. Jäger und die
Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
2. Die Anschlusskostenbeschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerde-
führer.


G r ü n d e

I.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin)
ist eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters 20 2010 008 283 (Streitge-
brauchsmuster) mit der Bezeichnung "Abgabestation für ein hochentzündliches
Medium", das am 13. August 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) angemeldet worden war und am 20. Oktober 2011 mit zehn Schutzan-
sprüchen ins Gebrauchsmusterregister eingetragen wurde.

- 3 -
Die beiden selbständigen Schutzansprüche 1 und 10 haben folgenden Wortlaut:

"1. Abgabestation für ein hochentzündliches Medium, mit einer
Zapfanlage (14) für das hochentzündliche Medium, wobei die
Zapfanlage eingangsseitig mit wenigstens einem Trocken-
kupplungsteil (26) zum Anschluss eines mit dem hochentzünd-
lichen Medium befüllten Wechselbehälters (12) verbunden ist.

10. Wechselbehälter für ein hochentzündliches Medium, insbe-
sondere Ottokraftstoff, aufweisend:
- ein erstes Trockenkupplungsteil (56) zum Anschluss an
eine Saugleitung einer Abgabestation;
- ein zweites Trockenkupplungsteil (60) zum Anschluss an
eine Entlüftungsleitung der Abgabestation;
- eine wenigstens doppelte Wandung (47; 52) aus Stahl;
- einen oberseitigen Deckel (54),
wobei das erste Trockenkupplungsteil (56) und das zweite
Trockenkupplungsteil (60) in einem freien Bereich oberhalb
einer oberen Wand (52) des Wechselbehälters (12) und hinter
einer mit wenigstens einer Öffnung (62) versehenen Seiten-
wand (55) des Wechselbehälters (12) angeordnet sind, wel-
cher freie Bereich durch den Deckel (54) oberseitig verschließ-
bar ist,
wobei die wenigstens eine Öffnung (62) ein Einführen entspre-
chender Gegentrockenkupplungsteile zum Ankuppeln an die
ersten und zweiten Trockenkupplungsteile (56; 60) gestattet."

Hinsichtlich der Fassung der eingetragenen Unteransprüche 2 bis 9 wird auf die
Gebrauchsmusterschrift verwiesen.

- 4 -
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) hat mit Ein-
gabe vom 25. November 2011, die am selben Tag dem DPMA zugegangen war,
die vollumfängliche Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt. Als Lö-
schungsgründe hat er fehlende Schutzfähigkeit gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m.
§§ 1 bis 3 GebrMG sowie eine widerrechtliche Entnahme gemäß § 15 Abs. 2
i. V. m. § 13 Abs. 2 GebrMG geltend gemacht. Die Antragsgegnerin hat dem Lö-
schungsantrag, der ihr am 9. März 2012 zugestellt worden war, am 5. April 2012
und damit rechtzeitig widersprochen.

Die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA hat das Streitgebrauchsmuster mit
einem am 16. September 2013 nach mündlicher Verhandlung verkündeten Be-
schluss auf der Grundlage eines Hilfsantrags 1 der Antragsgegnerin teilgelöscht
sowie dem Antragsteller zu 1/3 und der Antragsgegnerin zu 2/3 die Verfahrens-
kosten auferlegt.

Die sieben nach der erstinstanzlich ausgesprochenen Teillöschung verbliebenen
Schutzansprüche haben folgende Fassung:

"1. Wechselbehälter für ein hochentzündliches Medium, insbe-
sondere Ottokraftstoff, aufweisend:
- ein erstes Trockenkupplungsteil (56) zum Anschluss an
eine Saugleitung einer Abgabestation;
- ein zweites Trockenkupplungsteil (60) zum Anschluss an
eine Entlüftungsleitung der Abgabestation;
- eine wenigstens doppelte Wandung (47; 52) aus Stahl;
- einen oberseitigen Deckel (54),
wobei das erste Trockenkupplungsteil (56) und das zweite
Trockenkupplungsteil (60) in einem freien Bereich oberhalb
einer oberen Wand (52) des Wechselbehälters (12) und hinter
einer mit wenigstens einer Öffnung (62) versehenen Seiten-
wand (55) des Wechselbehälters (12) angeordnet sind, wel-
- 5 -
cher freie Bereich durch den Deckel (54) oberseitig verschließ-
bar ist,
wobei die wenigstens eine Öffnung (62) ein Einführen entspre-
chender Gegentrockenkupplungsteile zum Ankuppeln an die
ersten und zweiten Trockenkupplungsteile (56; 60) gestattet.

2. Abgabestation für ein hochentzündliches Medium, mit einem
angeschlossenen Wechselbehälter nach Anspruch 1, wobei
die Abgabestation eine Zapfanlage (14) für das hochentzünd-
liche Medium aufweist, wobei die Zapfanlage eingangsseitig
mit wenigstens einem Trockenkupplungsteil (26) zum An-
schluss des mit dem hochentzündlichen Medium befüllten
Wechselbehälters (12) verbunden ist, und wobei die Abgabe-
station weiter aufweist:
- eine Entlüftungsleitung (40), und
- eine mit der Entlüftungsleitung (40) verbundenes weiteres
Trockenkupplungsteil (44) zum Anschluss des mit dem
hochentzündlichen Medium befüllten Wechselbehälters (12)
an die Entlüftungsleitung (40).

3. Abgabestation nach Anspruch 2, bei der das wenigstens eine
Trockenkupplungsteil (26) und das weitere Trockenkupplungs-
teil (44) jeweils ein Absperrventil (66) aufweist, das das jewei-
lige Trockenkupplungsteil im entkuppelten Zustand verschlos-
sen hält.

4. Abgabestation nach einem der Ansprüche 2 oder 3, bei der
das mit der Entlüftungsleitung (40) verbundene Trockenkupp-
lungsteil (44) und das mit der Zapfanlagen verbundene Tro-
ckenkupplungsteil (26) zum Ankuppeln an unterschiedlichen
- 6 -
Typen jeweiliger Gegen-Trockenkupplungsteile ausgelegt
sind.

5. Abgabestation nach einem der Ansprüche 2 bis 4, bei der die
Abgabestation eine integrierte Einheit in Form eines Unter-
standes (10) bildet, in den ein Dach (36), wenigstens eine Auf-
fangwanne (30; 34) und die Zapfanlage (14) mit einer Zapfpis-
tole (16) integriert sind, wobei vorzugsweise die integrierte
Einheit zumindest in einer Richtung eine Breite von 2,55 m im
wesentlichen nicht überschreitet.

6. Abgabestation nach einem der Ansprüche 2 bis 5, bei der
Wechselbehälter (12) ein Entnahmebehälter für das hochent-
zündliche Medium ist.

7. Abgabestation nach einem der Ansprüche 2 bis 6, bei der
- das erste Trockenkupplungsteil (56) des Wechselbehäl-
ters (12) zum Ankuppeln an das mit der Zapfanlage (14)
verbundene Trockenkupplungsteil (26) eingerichtet ist, und
- das zweite Trockenkupplungsteil (60) des Wechselbehäl-
ters (12) zum Ankuppeln an das mit der Entlüftungslei-
tung (40) der Abgabestation verbundene Trockenkupp-
lungsteil (44) eingerichtet ist."

Zur Beurteilung des Löschungsgrundes einer fehlenden Schutzfähigkeit nach § 15
Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 bis 3 GebrMG hat die Gebrauchsmusterabteilung im We-
sentlichen die drei folgenden, vom Antragsteller vorgelegten Entgegenhaltungen
herangezogen:

- 7 -
Ast3 Betriebsanleitung "TankQuick 100 W", Horn GmbH & Co
KG, 18. Juni 2001 (Datum d. EG-Konformitätserklärung),
12 Seiten;
Ast5 DE 297 01 519 U1;
Ast9 EP 1 460 031 A1.

Die Gebrauchsmusterabteilung hat hierzu ausgeführt, die Druckschrift Ast3 be-
schreibe eine Abgabestation für ein hochentzündliches Medium mit einer Zapfan-
lage für das hochentzündliche Medium, wie diese vom Streitgebrauchsmuster
beansprucht werde, wobei auch das Merkmal, wonach eine Zapfanlage eingangs-
seitig mit wenigstens einem Trockenkupplungsteil zum Anschluss eines mit dem
hochentzündlichen Medium befüllten Wechselbehälters verbunden ist, der Druck-
schrift Ast3 zu entnehmen sei. Die Abgabestation nach Anspruch 1 des Streitge-
brauchsmusters sei daher im Hinblick auf die Druckschrift Ast3 nicht als neu im
Sinne von aus § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 und 3 GebrMG anzusehen. Dies
gelte jedoch nicht für die Gegenstände nach den Anspruch 1 (Wechselbehälter)
und Anspruch 2 (Abgabestation) gemäß Hilfsantrag 1. Der Transportbehälter der
Druckschrift Ast5 zeige weder ein erstes Trockenkupplungsteil zum Anschluss an
eine Saugleitung einer Abgabestation noch ein zweites Trockenkupplungsteil zum
Anschluss an eine Entlüftungsleitung der Abgabestation, wie dies hiervon abwei-
chend in Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beansprucht werde, insbesondere auch
nicht eine spezielle Anordnung der Trockenkupplungsteile in einem freien oberen
Bereich und hinter einer mit einer Öffnung versehenen Seitenwand. Die Ast5 und
Ast9 gäben dem zuständigen Fachmann zudem keine Anregung oder Veranlas-
sung, deren jeweiligen Gegenstand in Richtung auf den mit Anspruch 1 verteidig-
ten Wechselbehälter weiterzubilden, weshalb auch der erfinderische Schritt im
Sinne von § 1 Abs. 1 GebrMG gegeben sei. Der (formal) unabhängige Anspruch 2
gemäß Hilfsantrag 1, der auf die Abgabestation gerichtet sei, sei ebenfalls ge-
währbar. Dies folge unschwer aus dem Umstand, dass Anspruch 2 auf den
schutzfähigen Wechselbehälter nach Anspruch 1 verweise und bei diesem auch
noch weitere Merkmale hinzugefügt worden seien.
- 8 -
Hinsichtlich des Löschungsgrundes einer widerrechtlichen Entnahme gemäß § 15
Abs. 2 i. V. m. § 13 Abs. 2 GebrMG hat die Gebrauchsmusterabteilung den Vor-
trag des Antragstellers für nicht ausreichend substantiiert eingeschätzt.

Der Antragsteller hat gegen diesen Beschluss, der ihm am 4. Oktober 2013 zuge-
stellt worden war, am 4. November 2013 Beschwerde eingelegt. Er strebt unver-
ändert eine vollständige Löschung des Streitgebrauchsmusters an, wobei er aber
zum Löschungsgrund einer widerrechtlichen Entnahme keinen weiteren Vortrag
mehr geliefert hat. Als Beleg für die fehlende Schutzfähigkeit des noch in Streit
stehenden Gebrauchsmustergegenstandes hat er dagegen die folgenden, weite-
ren Dokumente vorgelegt:

B1.1 Angebotsschreiben der M…
GmbH, … in W…, Angebotsnr.
2107.10.08 vom 16. Oktober 2008, 3 Seiten;
B1.2 Auftragsbestätigung, Schreiben der R… GmbH &
Co. KG, …str. in R1… vom 20. Okto-
ber 2008, 9 Seiten;
B1.3 Bestellung, Schreiben der R… GmbH & Co. KG,
…str. in R1… vom 21. Oktober 2008,
3 Seiten;
B1.4 Rechnung (Kopie), Schreiben der R… GmbH &
Co. KG, …str. in R1… vom 25. Novem-
ber 2008, 2 Seiten;
B1.5 Rechnungen, Rechnungsnummern 1784.12.08 bis
1789.12.08, Schreiben der M…
GmbH, … in W… jeweils vom 1. De-
zember 2008, 12 Seiten;
B2 EP 0 741 089 A1;

- 9 -
B3 Schreiben der K… GmbH, …
Str. in D… vom 23. Oktober 2013,
1 Seite;
B4 Firmenschrift "Centaur® Transport- und Lagertankcontainer
- doppelwandig für Diesel, Benzin, Kerosin und Schmieröl",
K… GmbH, Stand: Januar 2009/03,
12 Seiten;
B5 Internetausdruck "Produktlinie: CENTAUR® [Transport
Tank Systeme]", Waybackmaschine, Captures vom 22. Fe-
bruar bis 27. Dezember 2007, 3 Seiten;
http://web.archive.org/web/20070526142655/
http://www.tanksystem.de/centaur_tankwagen_mobil_tank
system/tankwagen_mobil_tanksystem.php#tankwagen_
mobil_tanksystem;
B6 DE 10 2004 009 643 A1;
B7 DE 20 2006 009 406 U1;
B8 EP 1 460 031 A1 (= Ast9).

Nach seiner Ansicht sei der Gegenstand des aufrecht erhaltenen Schutzan-
spruchs 1 durch die Vorbenutzung gemäß Anlagenkonvolut B1 neuheitsschädlich
vorweggenommen. So zeigten das Angebot B1.1, die Auftragsbestätigung B1.2
und die Bestellung B1.3 in den Abbildungen einen kubischen, doppelwandigen
und stapelbaren Behälter mit zwei vorderen Trockenkupplungsteilen, die in den-
selben Stutzen mündeten, und einem hinteren Trockenkupplungsteil, das in einem
separaten Stutzen münde. Der Tankcontainer weise Armaturen auf der Oberseite
auf, die unter einem Deckel angeordnet und von vier einen Durchbruch aufwei-
senden Seitenwänden oberhalb des Behälterinneren umlaufend eingefasst seien.
Die Eignung des Behälters für hochentzündliche Medien ergebe sich unmittelbar
aus der Bauweise des angebotenen Behältertyps. Mit den Rechnungen B1.4 und
B1.5 sei die tatsächliche Auslieferung nachgewiesen. Ergänzend bietet der An-
- 10 -
tragsteller Zeugenbeweis durch den Geschäftsführer der Firma, die die Behälter
bestellt und erhalten haben, sowie ein Sachverständigengutachten an.

Auch die Centaur-2000-Behälter gemäß Anlage B4 nähmen den Gegenstand des
neuen Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg. Sie seien gemäß B3 mit Trocken-
kupplungen an Befüll- und Entlüftungsleitungen ausgerüstet bzw. ermöglichten
gemäß B5 ein leckagefreies An- und Abdocken am Verbraucher durch integrierte
Schnellkupplungen und somit durch Trockenkupplungen. Des Weiteren seien sie
als Tankwechselsystem nutzbar und doppelwandig ausgeführt und wiesen eine
Verschlusshaube für die Tankarmaturen auf. Dabei gebe es Frontpaneelvarianten,
die mit Muffen für Rohrdurchführung und mit Schlitzen für Schlauchdurchführung
abgebildet seien. Somit seien sämtliche Merkmale des Streitgegenstands im
Centauer-Behälter verwirklicht. Auch für diesen Behälter bietet der Antragsteller
Zeugenbeweis an.

Schließlich zeige die Entgegenhaltung B2 einen Tank für leichte Mineralölprodukte
und damit für hochentzündliche Stoffe, der transportabel sei. Aus der Figur 2 und
den dazugehörigen Textpassagen seien auch die beiden Trockenkupplungsteile
gemäß Anspruch 1 offenbart. Damit sei der Streitgegenstand in Zusammenschau
der B2 mit der Vorbenutzung gemäß dem Anlagenkonvolut B1 bzw. mit dem
Centauer-Behälter gemäß B3 bis B5 nicht erfinderisch.

Die Abgabestation nach dem neuen Anspruch 2 werde bereits durch das leckage-
freie An- und Abdocken am Verbraucher durch integrierte Schnellkupplungen
neuheitsschädlich vorweggenommen. Auch sei es für den Fachmann naheliegend,
in Kenntnis eines Wechselbehälters, wie er im neuen Anspruch 1 beansprucht
werde, diesen anstelle eines unterirdischen Tanks, wie sie in B6 illustriert sei, an
eine Abgabestation mit einer Zapfanlage anzuschließen, wobei er selbstverständ-
lich den Anschluss an die bereits vorhandenen Trockenkupplungsteile des Behäl-
ters mit Gegenkupplungsteile vornehmen werde.

- 11 -
Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 16. September 2013 (mit Gründen
versehene Fassung vom 30. September 2013) aufzuheben und
das Gebrauchsmuster vollständig zu löschen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die Beschwerde vollumfänglich zurückzuweisen und

2. im Wege der Anschlussbeschwerde die Entscheidung der Ge-
brauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 16. September 2013 hinsichtlich des Kostenpunkts
aufzuheben und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens
gegeneinander aufzuheben.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass die vom Antragsteller vorgelegte
Druckschrift B4 keine Darstellung zeige, aus der sich der innere Aufbau eines
Wechselbehälters für Benzin oder andere hochentzündliche Medien ergäbe. Als
Beleg hierfür hat die Antragsgegnerin die

B9 "Technische Regeln für brennbare Flüssigkeiten" (TRbF)
Nr. 20 "Läger", VbF 5.020, Vorschriftensammlung der Ge-
werbeaufsicht Baden-Württemberg, Version 04/2007, S. 79
und 80

vorgelegt. Nach den Regeln der B9 sei die Verwendung des Wechselbehälters,
wie er in Druckschrift B4 offenbart sei, für hochentzündliche Medien überhaupt
nicht zulässig. Vielmehr müssten sich nach diesen Regeln bei Lagerbehältern für
hochentzündliche Flüssigkeiten die Auslauföffnungen von Füllrohren unmittelbar
- 12 -
über dem Tankboden befinden, was in den Darstellungen der Druckschrift B4 aber
nicht der Fall sei.

Der Behälter der Vorbenutzung gemäß Anlagenkonvolut B1 unterscheide sich
bereits dadurch vom Streitgegenstand, dass er kein zweites Trockenkupplungsteil
zum Anschluss an eine Entlüftungsleitung aufweise, vielmehr sei dort lediglich ein
Belüftungsanschluss mit einer Kappe vorgesehen. Auch sei der Behälter nicht für
eine Befüllung mit einem hochentzündlichen Medium geeignet, da die Entlüftung
des Behälters in dem durch einen Deckel verschlossenen Dom ende, so dass es
sich um einen Behälter für Diesel handele. Auch der zweite Trockenkupplungsan-
schluss im Domdeckel der Vorbenutzung sei kein für eine Entlüftung geeigneter
Anschluss, da dieser als Rücklauf beim Einsatz für Dieselöl-Notstromaggregate
diene und weit nach unten in den Behälter hineinreiche.

Durch B2 sei eine Trockenkupplung zum Ankoppeln einer Entlüftungsleitung eines
Wechselbehälters an eine Entlüftungsleitung einer Abgabestation weder vorbe-
schrieben noch nahegelegt. Dort werde lediglich ein Anschluss als Gaspendelstut-
zen offenbart.

Bei einer herkömmlichen Tankstelle mit stationärem Tank gemäß B6 bestehe im
Übrigen keine Veranlassung, einen Wechselbehälter anzuschließen, da eine Be-
füllung der Tanks aus Tanklastzügen üblich sei. Selbst wenn man aber die Tank-
stelle zum Anschluss an einen Centaur-Behälter umgestaltet hätte, hätten sich
nicht alle Merkmale des Anspruchs 1 ergeben, insbesondere nicht das Vorsehen
der zwei Auffangwannen.

Ihre Anschlussbeschwerde bezüglich der erstinstanzlich getroffenen Kostengrund-
entscheidung begründet der Antragsteller damit, dass der gemeine Wert des
Streitgebrauchsmusters durch die von der Gebrauchsmusterabteilung ausgespro-
chene Teillöschung maximal halbiert worden sei. Der Wechselbehälter nach dem
Streitgebrauchsmuster, wie er bisher durch den eingetragenen Anspruch 10 und
- 13 -
nunmehr durch den neuen Anspruch 1 geschützt werde, habe erheblich zum
gemeinen Wert des Streitgebrauchsmusters beigetragen. Da dieser Gegenstand
nicht der Teillöschung anheimgefallen sei, erscheine es unbillig, dass die Antrags-
gegnerin im Umfang von 2/3 mit den erstinstanzlichen Verfahrenskosten belastet
worden sei. Vielmehr hätte eine Kostenaufhebung der Billigkeit entsprochen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfah-
rensakten Bezug genommen.


II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist fristgerecht erhoben worden und auch im
Übrigen zulässig. Gleiches trifft auf Anschlusskostenbeschwerde der Antragsgeg-
nerin zu. Dagegen sind weder die Beschwerde des Antragstellers noch die An-
schlussbeschwerde der Antragsgegnerin in der Sache begründet.

1. Beschwerde des Antragstellers

1.1. Die verteidigten Schutzansprüche 1 bis 7 sind zulässig.

Der Schutzanspruch 1 entspricht dem ursprünglich eingereichten Schutzan-
spruch 10. Der Schutzanspruch 2 leitet sich von den ursprünglich eingereichten
Schutzansprüchen 1, 4 und 7 sowie von den Ausführungen in dem die Seiten 1
und 2 übergreifenden Absatz und dem ersten Absatz auf Seite 3 (Kurzbeschrei-
bung zu Figur 1) der ursprünglich eingereichten Unterlagen her. Der Schutzan-
spruch 3 ist im ursprünglich eingereichten Schutzanspruch 3 sowie im ersten Ab-
satz auf Seite 6 der ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart. Die Schutz-
ansprüche 4 bis 7 entsprechen den ursprünglich eingereichten Schutzansprü-
chen 5, 6, 8 und 9. Die geltenden Schutzansprüche 1 bis 7 sind daher nicht zu
- 14 -
beanstanden. Die Zulässigkeit wurde im Übrigen auch nicht von dem Antragsteller
angegriffen.

1.2. Die Schutzfähigkeit des Gegenstandes gemäß Schutzanspruch 1 ist gege-
ben.

1.2.1. Dem Streitgebrauchsmuster liegt die Aufgabe zu Grunde, einen Wechsel-
behälter und eine Abgabestation für hochentzündliche Medien für eine einfache,
flexible und sichere Versorgung bereitzustellen (vgl. geltende Schutzansprüche 1
und 2 und Streitgebrauchsmuster S. 2/8 Abs. [0003] i. V. m. Abs. [0007]).

Gelöst wird diese Aufgabe durch den Gegenstand des verteidigten Schutzan-
spruchs 1 mit den Merkmalen:

1.1 Wechselbehälter für ein hochentzündliches Medium, insbesondere
Ottokraftstoff, aufweisend
1.2 ein erstes Trockenkupplungsteil zum Anschluss an eine Saugleitung
einer Abgabestation,
1.3 ein zweites Trockenkupplungsteil zum Anschluss an eine Entlüf-
tungsleitung der Abgabestation,
1.4 eine wenigstens doppelte Wandung aus Stahl,
1.5 einen oberseitigen Deckel, wobei
1.6 das erste und das zweite Trockenkupplungsteil in einem freien Be-
reich oberhalb einer oberen Wand des Wechselbehälters und hinter
einer mit wenigstens einer Öffnung versehenen Seitenwand des
Wechselbehälters angeordnet sind, welcher freie Bereich durch den
Deckel oberseitig verschließbar ist, und
1.7 die wenigstens eine Öffnung ein Einführen entsprechender Gegen-
trockenkupplungsteile zum Ankuppeln an die ersten und zweiten
Trockenkupplungsteile gestattet,

- 15 -
und nach Schutzanspruch 2 von einer

2.1 Abgabestation für ein hochentzündliches Medium, mit einem ange-
schlossenen Wechselbehälter nach Anspruch 1, wobei
2.2 die Abgabestation eine Zapfanlage für das hochentzündliche Me-
dium,
2.3 eine Entlüftungsleitung und
2.4 ein mit der Entlüftungsleitung verbundenes weiteres Trockenkupp-
lungsteil zum Anschluss des mit dem hochentzündlichen Medium
befüllten Wechselbehälters an die Entlüftungsleitung aufweist, und
2.5 die Zapfanlage eingangsseitig mit wenigstens einem Trockenkupp-
lungsteil zum Anschluss eines mit dem hochentzündlichen Medium
befüllten Wechselbehälters verbunden ist.

Die Aufgabe ist nicht darin zu sehen, einen bekannten Wechselbehälter so zu
modifizieren, dass er an eine bekannte Abgabestation für Ottokraftstoff ange-
schlossen werden kann. Denn die Berücksichtigung eines Systems aus Wechsel-
behälter und Abgabestation stellt bereits Teil der erfindungsgemäßen Lösung dar,
ein einfaches, flexibles und sicheres Versorgungssystem für hochentzündliche
Medien zur Verfügung zu stellen. Dieses darf aber kein Element der Aufgabe sein,
um bei der Definition des der Erfindung zugrunde liegenden technischen Problems
keine Vorentscheidung über die Frage der Patentfähigkeit zu treffen. Vielmehr ist
das technische Problem so allgemein und neutral zu formulieren, dass sich diese
Frage ausschließlich in dem Zusammenhang stellt, in dem sie relevant ist, nämlich
bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit (vgl. BGH GRUR 2015, 352, 353
Rn. [16] und [17] – Quetiapin).

1.2.2. Der maßgebende Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus
mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Zapf-
anlagen für hochentzündliche Medien.

- 16 -
1.2.3. Der Gegenstand nach Schutzanspruch 1 ist neu.

In keiner der im Verfahren angeführten Vorbenutzungen oder Dokumente ist ein
Wechselbehälter für ein hochentzündliches Medium mit sämtlichen im Schutzan-
spruch 1 angeführten Merkmalen offenbart.

Der doppelwandig ausgeführte Kraftstoffcontainer aus Stahl gemäß dem Anlagen-
konvolut B1.1 bis B1.5 ist explizit für Diesel und Heizöl ausgelegt (vgl. B1.1 S. 1/3
"Position 1" Z. 1, 6, 8, S. 2/3 "Position 2" Z. 1; B1.5 S. 1/12, 3/12, 5/12, 7/12, 9/12
und 11/12 jeweils "Position 1" Z. 1, 6, 8). Bei Diesel und Heizöl handelt es sich,
wie auch der Antragsteller zugestanden hat, nicht um gebrauchsmustergemäße
hochentzündliche Medien. Der angeführte Kraftstoffcontainer ist vielmehr lediglich
für die Beförderung von flüssigen und gefährlichen Gütern der Verpackungsgrup-
pen II und III, also für Stoffe mittlerer und geringer Gefahr, geprüft und zugelassen
(vgl. B1.1 S. 2/3 "Zulassung" Z. 2; B1.2 S. 4/9 bis 9/9 jeweils Z. 2; B1.5 S. 1/12,
3/12, 5/12, 7/12, 9/12 und 11/12 jeweils le. Z.). Damit unterscheidet sich aber der
gebrauchsmustergemäße Wechselbehälter von dem Kraftstoffcontainer gemäß
dem Anlagenkonvolut B1.1 bis B1.5 durch den angegebenen Zweck der Lagerung
und Beförderung von hochentzündlichen Medien, also von Gütern der Verpa-
ckungsgruppe I. Da eine Zweckangabe nicht etwa bedeutungslos ist, sondern
vielmehr regelmäßig die Aufgabe hat, den durch das Patent geschützten Gegen-
stand dahin zu definieren, dass er nicht nur die räumlich-körperlichen Merkmale
erfüllen, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass er für den im Patentan-
spruch angegebenen Zweck verwendbar ist (vgl. BGH GRUR 2009, 837, Ls. und
Rn. [15] – Bauschalungsstütze), wird der Wechselbehälter durch die Zweckan-
gabe im Schutzanspruch 1 von dem Kraftstoffcontainer gemäß dem Anlagenkon-
volut B1.1 bis B1.5 neuheitsbegründend abgegrenzt. Denn um für hochentzündli-
che Medien geeignet zu sein, muss ein Behälter nach rechtlichen Vorgaben mit
technischen Maßnahmen gegen die erhöhte Explosionsgefahr ausgestattet sein
(vgl. z. B. B9 S. 79 Kap. 9.4.2.1 und 9.4.2.2), die Kraftstoffbehälter für die weniger
entzündlichen Medien der Verpackungsgruppen II und III in der Regel nicht auf-
- 17 -
weisen und somit vom Fachmann dem Kraftstoffcontainer gemäß Anlagenkonvo-
lut B1.1 bis B1.5 nicht unmittelbar und eindeutig entnommen wird.

Aus demselben Grund ist auch der Behälter 20 in der Abgabestation nach B8 nicht
neuheitsschädlich. Denn B8 betrifft eine Zapfsäule für eine Harnstoff-Lösung.
Harnstofflösungen finden Verwendung in der Abgasreinigung im Verbrennungs-
prozess von Kraftfahrzeugmotoren und werden als AdBlue an Tankstellen ange-
boten. Adblue stellt dabei eine Lösung von Harnstoff in Wasser dar (vgl. gutacht-
lich nachveröffentlichte Anlage

Ast11 Wikipedia-Auszug zu "AdBlue", Ausdruck vom 09.09.2013,
3 Seiten; http://de.wikipedia.org/wiki/AdBlue

vom Schriftsatz des Antragstellers vom 9. September 2013 im patentamtlichen Lö-
schungsverfahren S. 1/3 Abs. 1 und 3). Harnstofflösungen stellen somit kein hoch-
entzündliches Medium im gebrauchsmustergemäßen Sinn dar. Zudem ist der Be-
hälter gemäß B8 aus Kunststoff und nicht ein doppelwandiger Stahlbehälter (vgl.
B8 Sp. 4 Abs. [0017]).

Auch der Centaur®-Container gemäß B3 bis B5 nimmt den gebrauchsmusterge-
mäßen Wechselbehälter nicht vorweg. Dieser doppelwandige Container aus Stahl
wird zwar für den Transport und die Lagerung der hochentzündlichen Medien Ben-
zin und Kerosin verwendet und weist eine Trockenkupplung an der Entlüftungs-
leitung sowie einen oberseitigen Deckel auf (vgl. B4 S. 6/12 Ziff. 7. und 8.,
S. 10/12 und 11/12 jeweils Titelzeile; vgl. B3 Abs. 2). Allerdings zeigen die vorlie-
genden Dokumente keine Trockenkupplung am Saugrohr des Centaur®-Contai-
ners gemäß Merkmal 1.2 auf. Denn in den Konstruktionszeichnungen des Doku-
ments B4 ist das Saugrohr lediglich mit einem Fußventil und einem Absperrhahn
dargestellt (vgl. B4 S. 5/12 Abb. li. oben, Abb. re. oben, S. 7/12 Abb. in der Mitte
mit Ziff. 3, S. 10/12 Abb. oben) und gemäß der Erklärung B3 sind im Jahr 2008
Centaur®-2000-Container nur an den Befüll- und Entlüftungsleitungen mit Tro-
- 18 -
ckenkupplungen ausgerüstet worden (vgl. B3 Abs. 2). Saugleitungen, also Entnah-
meleitungen, sind demnach nicht entsprechend ausgestattet gewesen, so dass
der Centaur®-Container gemäß B3 bis B5 zumindest im Merkmal 1.2 gegenüber
dem Wechselbehälter nach Schutzanspruch 1 unterschiedlich und somit nicht
neuheitsschädlich ist.

Die weiteren von dem Antragsteller angeführten Dokumente können ebenfalls die
Neuheit des Streitgegenstands nicht angreifen. So unterscheidet sich der Tank
gemäß B2 schon darin vom Wechselbehälter des Schutzanspruchs 1, dass er kei-
nen oberseitigen Deckel gemäß den Merkmalen 1.5 und 1.6 aufweist (vgl. B2
Fig. 1 und 2). Auch eine doppelte Wandung aus Stahl gemäß Merkmal 1.4 ist die-
ser Druckschrift nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen. Das Tankstellen-
system gemäß B6 zeigt lediglich einen unterirdischen Tank und damit keinen
Wechselbehälter auf (vgl. B6 Patentanspruch 1 i. V. m. Fig. 1). Das Dokument B7
betrifft eine Abfüllvorrichtung für Kraftstoffe wie Benzin. In diesem Dokument sind
die Anschlüsse des Tankbehälters, der transportabel ausgestaltet sein kann, nicht
näher ausgeführt, so dass die gebrauchsmustergemäßen Trockenkupplungen an
Entlüftungs- und Saugleitung nicht unmittelbar und eindeutig offenbart sind (vgl.
B7 S. 2/9 Abs. [0001], S. 3/9 Abs. [0017], [0019] und Figuren 1 bis 4).

1.2.4. Der Gegenstand nach Schutzanspruch 1 beruht auch auf einem erfinderi-
schen Schritt (§ 1 Abs. 1 GebrMG).

Zur Lösung der Aufgabe des Streitgebrauchsmusters konnte der Fachmann von
der B7 ausgehen. Diese Druckschrift zeigt eine Abfüllvorrichtung für Kraftstoffe,
wie Benzin-Ölgemisch, Biodiesel oder dergleichen auf, die in Form eines Unter-
stands aus einem Dach, einer Auffangwanne, einem vor dem Tankbehälter ange-
ordneten Standgitter und einer Zapfanlage ausgestaltet ist und die mit einem
Tankbehälter verbunden ist (vgl. B7 S. 3/9 Abs. [0030], [0033], Fig. 1 mit den Vor-
richtungsmerkmalen 8, 12, 6, 5 i. V. m. 18 und 19, 2). Der Tankbehälter kann
dabei fahrbar und transportabel sein (vgl. B7 S. 3/9 Abs. [0019]). Er entspricht
- 19 -
somit für den Fachmann einem Wechselbehälter für hochentzündliche Medien, da
ein Benzin-Ölgemisch ein hochentzündlicher Kraftstoff ist. Allerdings finden sich in
der B7 keine Hinweise darauf, auf welche Weise der Tankbehälter an die Zapfan-
lage anzuschließen ist. Insbesondere gibt die B7 keine Anregungen dahingehend,
am Wechselbehälter die gemäß den Merkmalen 1.2 und 1.3 als Trockenkupp-
lungsteil ausgestalteten Anschlüsse der Saugleitung und der Entlüftungsleitung
gemäß den Merkmalen 1.6 und 1.7, also geschützt hinter Seitenwänden und unter
einem Deckel anzuordnen, wobei Öffnungen in einer Seitenwand zur Durchfüh-
rung von Gegentrockenkupplungsteilen zum Ankuppeln an die Trockenkupplungs-
teile des Wechselbehälters vorgesehen sind.

Weitergehende Anregungen in Richtung auf die Ausgestaltung des beanspruchten
Wechselbehälters mit den Merkmalen 1.2, 1.3, 1.6 und 1.7 werden auch nicht in
einer Zusammenschau mit einer der weiteren angeführten Druckschriften oder
Vorbenutzungen gegeben.

Der doppelwandige Centaur®-Transport- und Lagertankcontainer für u. a. Benzin
und Kerosin gemäß B3 bis B5 weist zwar auf der Oberseite hinter einer Seiten-
wand angeordnete Tankarmaturen auf, die unter einer Verschlusshaube gesichert
werden und die ausweislich der Erklärung B3 im Jahr 2008 an der Befüll- und Ent-
lüftungsleitung mit Trockenkupplungen ausgerüstet worden sind (vgl. B4 S. 1/12
Titelzeilen, S. 3/12 Fig. "Modularer Aufbau", S. 6/12 Ziff. 7; vgl. B3 Abs. 2). Auf die
Möglichkeit, eine Seitenwand auf der Oberseite des Containers derart auszuge-
stalten, dass sie ein Einführen entsprechender Gegenkupplungsteile zum Ankup-
peln an die Trockenkupplungsteile des Wechselbehälters gestattet, weist die B4
aber weder hin noch regt sie eine derartige Ausgestaltung an. Denn diese Druck-
schrift offenbart explizit Kupplungen außerhalb des durch den Deckel und die Sei-
tenwände geschützten Bereichs (vgl. B4 S. 4/12 Fig. oben links und Mitte).

Auch die Argumentation des Antragstellers, dass eine Umrüstung der bekannten
Container für Diesel auf Benzin für den Fachmann kein Problem darstelle, zumal
- 20 -
ihn die technischen Regelwerke die dazu notwendigen Anregungen geben wür-
den, führt zu keiner anderen Sichtweise. So mag in dieser Hinsicht der Centaur®-
Container nach B4 auch für Benzin und damit für hochentzündliche Medien ein-
setzbar sein, so dass der Fachmann diese Vorbenutzung bei seinen Überlegun-
gen auch berücksichtigt. Allerdings betreffen die detaillierten technischen Zeich-
nungen nur Container für Diesel (vgl. B4 u. a. S. 5/12 "Tankausrüstung zur Ver-
sorgung von Dieselaggregaten"). Dies ist auch daran zu erkennen, dass das Be-
füllrohr in diesen Zeichnungen nicht für hochentzündliche Medien regelkonform in
unmittelbarer Nähe des Tankbodens, sondern im unteren Drittel des Tanks endet
(vgl. B4 S. 5/12 Fig. rechts oben Ziffer 2 und S. 10/12 obere Figur i. V. m. B9
Kap. 9.4.2.2 Abs. (2)). Demgegenüber sind die unmittelbar und eindeutig auf Ben-
zinkraftstoffe bezogenen Behälter in B4 nur als Komplettanlagen ohne technische
Details dargestellt (vgl. B4 S. 4/12 Fig. unten). Daraus kann aber der Fachmann
keine Anregungen zur Bereitstellung eines Wechselbehälters für hochentzündliche
Medien ableiten, zumal eine Mosaikbildung durch gezielte Extraktion einzelner
Merkmale hinsichtlich der Container für Benzin aus einem Dokument, das Vorrich-
tungen sowohl für Diesel als auch für Benzin betrifft, ohne weitere Veranlassung
nicht zulässig ist (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 4 Rn. 34).

Die B2 beschäftigt sich zwar ausdrücklich mit Trockenkupplungen (vgl. B2 Sp. 3
Z. 27 bis 43 sowie Fig. 5 und 6). Hinter Seitenwänden und unter einem Deckel
angeordnete Tankarmaturen werden in B2 aber weder angesprochen noch kann
diese Druckschrift den Fachmann zu einer derartigen Ausgestaltung des Tankbe-
hälters motivieren.

Die Vorbenutzung gemäß B1.1 bis B1.5 und die Druckschrift B8 liegen ferner, da
sie Vorrichtungen für Medien betreffen, die nicht hochentzündlich sind. So ist der
Kraftstoffcontainer gemäß B1.1 und B1.5 explizit für Diesel und Heizöl und damit
für Güter der Verpackungsklassen II und III und B8 offenbart einen Harnstofflö-
sungsbehälter, der eine wässrige Lösung von Harnstoff enthält (vgl. II.1.2.3.). Da
die Sicherheitsvorschriften für Container für derartige Medien wesentlich geringer
- 21 -
sind als für Behälter für hochentzündliche Medien, berücksichtigt der Fachmann
diese Container und Behälter bei der Suche nach einer Lösung für die Aufgabe
der Bereitstellung eines Wechselbehälters und einer Abgabestation für hochent-
zündliche Medien für eine einfache, flexible und sichere Versorgung nicht.

Das Tankstellensystem gemäß B6 liegt ebenfalls weiter ab, da diese keinen
Wechselbehälter, sondern einen ortsfest, unter der Erde angeordneten Tankbe-
hälter aufzeigt (vgl. B6 Patentanspruch 1 i. V. m. Fig. 1). Diese Druckschrift kann
daher zur Lösung der dem Gebrauchsmuster zugrunde liegenden Aufgabe nichts
beitragen.

1.2.5. Nach alledem ist der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 neu und beruht
auch auf einem erfinderischen Schritt.

1.3. Die vorangegangenen Ausführungen gelten für die Abgabestation des gel-
tenden Schutzanspruchs 2 entsprechend, da diese durch einen Wechselbehälter
nach Schutzanspruch 1 charakterisiert wird.

1.4. Der Senat hatte keine Veranlassung, dem allgemein gehaltenen Angebot
des Antragstellers nachzugehen, ein Sachverständigengutachten hinsichtlich der
geltend gemachten Vorbenutzung gemäß B1.1 bis B1.5 einzuholen. Es wird
darauf hingewiesen, dass die Mitglieder des Senats über die nötige Sachkunde
verfügen und vorliegend die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht
erforderlich war (vgl. BGH GRUR 2014, 1235 Ls. 1 – Kommunikationsrouter;
Schulte/Voit, PatG, 10. Aufl., § 81 Rn. 157; Busse/Schuster, PatG, 8. Aufl., § 87
Rn. 23; § 88 Rn. 11). Es hätte dem Antragsteller grundsätzlich freigestanden, ein
in eigener Regie veranlasstes, privates Sachverständigengutachten vorzulegen.
Auch hiervon versprach sich der Senat letztlich keinen weiteren Erkenntnisgewinn.
Ein solches Gutachten wäre auch lediglich als urkundlich belegter substantiierter
Parteivortrag anzusehen gewesen (vgl. dazu Thomas/Putzo/Reichold, ZPO,
37. Aufl., § 402 Vorbem. Rn. 5).
- 22 -
Ebenso war es nicht erforderlich, die vom Antragsteller hinsichtlich der beiden gel-
tend gemachten Vorbenutzungen gemäß dem Anlagenkonvolut B1 bzw. B3 bis B5
benannten Zeugen zu vernehmen. Denn bei der Beurteilung dieser Rechtsfrage
kam es auf die Aussagen dieser Zeugen nicht an, weil – wie vorstehend ausge-
führt – die Streitgegenstände gegenüber den geltend gemachten Vorbenutzungen
sowohl neu sind als auch auf einem erfinderischen Schritt beruhen.

1.5. Die nebengeordneten Schutzansprüche 1 und 2 haben somit Bestand. Mit
ihnen sind auch die auf den Schutzanspruch 2 rückbezogenen und vorteilhafte
Ausführungsformen betreffenden Schutzansprüche 3 bis 7 bestandsfähig.

1.6. Den Löschungsgrund einer widerrechtlichen Entnahme gemäß § 15 Abs. 2
i. V. m. § 13 Abs. 2 GebrMG hat der Antragsteller in der Beschwerde nicht mehr
aufgegriffen, so dass von Seiten des Senats keine Veranlassung bestand, sich mit
diesem Löschungsgrund weiter zu befassen.

1.7. Für eine weitergehende Löschung des Streitgebrauchsmusters über den
Gegenstand der Schutzansprüche 1 bis 7, die die Gebrauchsmusterabteilung
noch als schutzfähig und gewährbar angesehen hat, hinaus, besteht kein Raum.
Der Löschungsgrund einer fehlenden Schutzfähigkeit gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1
i. V. m. §§ 1 und 3 GebrMG ist insoweit nicht mehr gegeben.

1.8. Die Beschwerde des Antragstellers war daher zurückzuweisen.

2. Anschlusskostenbeschwerde der Antragsgegnerin

Die Antragsgegnerin kann mit ihrer Anschlussbeschwerde bezüglich der erstin-
stanzlichen getroffenen Kostengrundentscheidung nicht durchdringen. Die Kosten-
entscheidung, die die Gebrauchsmusterabteilung nach § 92 Abs. 1 ZPO i. V. m.
§ 84 Abs. 2 PatG und § 17 Abs. 4 GebrMG getroffen hat, ist zwar vollinhaltlich
überprüfbar; für eine Abänderung der Kostengrundentscheidung besteht aber,
- 23 -
wenn diese sich – wie hier – nicht offensichtlich als unbillig erweist, nur dann An-
lass, wenn dies aufgrund eines substantiierten, nachvollziehbaren Tatsachenvor-
trags gerechtfertigt erscheint. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Vortrag der
Antragsgegnerin, der gemeine Wert des Streitgebrauchsmusters sei durch die von
der Gebrauchsmusterabteilung ausgesprochene Teillöschung nur unwesentlich
oder bis maximal um die Hälfte vermindert worden, reicht nicht aus. Ein solcher
Vortrag kann z. B. durch die Vorlage von Umsatzzahlen hinreichend Substanz
erhalten. Die Antragsgegnerin hat aber weder zum Wechselbehälter noch zu der
Abgabestation gemäß Streitgebrauchsmuster entsprechende Daten geliefert.

3. Die vorliegende Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG
i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Beide Parteien sind
zwar jeweils mit ihrem Rechtsmittel unterlegen; im Verhältnis zur Beschwerde des
Antragstellers war jedoch die Zuvielforderung der Antragsgegnerin, die sich im Hin-
blick auf ihre Anschlusskostenbeschwerde ergab, nur verhältnismäßig geringfügig
und damit letztlich unbeachtlich. Daher waren die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens allein dem Antragsteller aufzuerlegen.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
- 24 -
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unter-
zeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzu-
reichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf
beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Eisenrauch Dr. Wagner Dr. Jäger


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