35 W (pat) 18/15  - 35. Senat (GebrM)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:150318B35Wpat18.15.0


BUNDESPATENTGERICHT



35 W (pat) 18/15
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend das Gebrauchsmuster …
(hier: Kostenfestsetzung)

hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatent-
gerichts am 15. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie die
Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfest-
setzungsbeschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 15. Juli 2015 aufgeho-
ben.

Die der Antragsgegnerin vom Antragsteller zu erstattenden
Kosten werden auf

1.451,00 €

(in Worten: eintausendvierhunderteinundfünfzig EURO)

festgesetzt.

Der festgesetzte Betrag ist ab dem 11. September 2014 mit
fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegnerin wird
zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsgeg-
nerin zu 2/3 und der Antragsteller zu 1/3 zu tragen.
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G r ü n d e

I.

Die Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin)
war Inhaberin des am 23. November 2011 angemeldeten und am 15. März 2012
mit 17 Schutzansprüchen eingetragenen deutschen Gebrauchsmusters
… (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „…“. Der
Gegenstand des Streitgebrauchsmusters betraf im Wesentlichen einen Radkap-
penüberzug zur Dekoration eines Kfz-Rades. Der Gegenstand des Streitge-
brauchsmusters wurde von der Antragsgegnerin in 2er- und 4er-Sets deutsch-
landweit unter der Marke „…“ vertrieben. Der Beschwerdegegner und An-
tragsteller (im Folgenden: Antragsteller) ist Geschäftsführer eines Unternehmens
mit Sitz in O… (Firma o1…-merchandising UG), das Inhaberin des
Gemeinschaftsgeschmacksmusters … war, welches einen dem
Streitgebrauchsmuster ähnlichen Gegenstand betraf. Auf der Grundlage dieses
Geschmacksmusters war der Antragsteller gegen Abnehmer der Antragsgegnerin
(u. a. auch gegen den Internethändler A…) vorgegangen. Am 31. Mai 2012
hatte der Antragsteller auch die vollumfängliche Löschung des vorliegenden Streit-
gebrauchsmusters beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) beantragt.
Die Antragsgegnerin hatte dem Löschungsantrag nicht widersprochen, was mit
Wirkung zum 22. Juli 2012 zur Löschung des Streitgebrauchsmusters geführt hat
(vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG).

Mit Beschluss vom 25. Februar 2014 hat die Gebrauchsmusterabteilung die Kos-
ten des patentamtlichen Löschungsverfahrens dem Antragsteller auferlegt, weil
die Antragsgegnerin diesem keine Veranlassung zum Löschungsantrag gegeben
und den Löschungsanspruch sofort anerkannt hatte (vgl. § 93 ZPO). Dieser Be-
schluss ist vom Antragsteller nicht angefochten worden, weshalb er Anfang
April 2014 in Bestandskraft erwachsen war.

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Die Antragsgegnerin hat mit Eingabe vom 11. September 2014, eingegangen
beim DPMA am selben Tag, beantragt, die ihr vom Antragsteller zu erstattenden
Kosten in Höhe von 3.597,50 € festzusetzen. Dieser Betrag sollte sich auf der
Grundlage eines Gegenstandswertes in Höhe von 125.000 € errechnen aus einer
2,5-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (3.577,50 €) und dem pau-
schalen Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002
VV RVG (20,00 €). Ferner hat die Antragsgegnerin beantragt, die Verzinsung des
festzusetzenden Betrages mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus-
zusprechen.

Die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA hat sodann mit Kostenfestsetzungsbe-
schluss vom 15. Juli 2015, der den Vertretern der Antragsgegnerin am
20. Juli 2015 zugestellt wurde, die vom Antragsteller der Antragsgegnerin zu er-
stattenden Kosten in Höhe von 1.220,00 € festgesetzt. Der zugesprochene Betrag
setzt sich – unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes in Höhe von
75.000 € – aus einer 1,0-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG in Höhe
von 1.200,00 € und dem pauschalen Entgelt für Post- und Telekommunikations-
dienstleistungen in Höhe von 20,00 € nach Nr. 7002 VV RVG zusammen.

Die Antragsgegnerin hat am 31. Juli 2015 gegen diesen Kostenfestsetzungsbe-
schluss Beschwerde eingelegt und die entsprechende Beschwerdegebühr entrich-
tet. Sie bemängelt, dass der Gegenstandswert in der zugrunde gelegten Höhe von
75.000 € deutlich zu niedrig bemessen worden sei. Berücksichtigt werden müsse,
dass das Streitgebrauchsmuster bei Stellung des Löschungsantrags
(31. Mai 2012) noch eine Restlaufzeit von mehr als neun Jahren gehabt habe und
von der Antragsgegnerin bereits in den Jahren 2012 und 2013 Umsätze von
zusammen über … € erzielt worden seien. Die Geschäftsgebühr mit einem
lediglich 1,0-fachen Satz werde der Komplexität und Bedeutung der anwaltlichen
Beratung nicht gerecht; der Regelsatz von 1,3 sei angezeigt. Dass letztlich kein
Widerspruch gegen den Löschungsantrag erhoben worden sei, ändere nichts an
der Tatsache, dass eine eingehende Prüfung des geltend gemachten Standes der
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Technik habe erfolgen müssen. Eine besondere Schwierigkeit bestand zudem
darin, dass als Stand der Technik auch das zeitrangältere Gemeinschaftsge-
schmacksmuster … zu bewerten gewesen sei. Die anwaltliche Be-
ratung sei für die Inhaber der Antragsgegnerin und ihrem jungen Unternehmen
von erheblicher Bedeutung gewesen, da das Streitgebrauchsmuster von nicht zu
unterschätzendem Wert gewesen sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 15. Juli 2015 aufzuheben und den ihr
vom Antragsteller zu erstattenden Betrag auf 1.880,30 € festzuset-
zen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der von der Antragsgegnerin in Höhe von 125.000 €
geforderte Gegenstandswert „arg“ unangemessen erscheine. Dass die Antrags-
gegnerin in den Jahren 2012 und 2013 mit dem Gegenstand des Streitgebrauchs-
musters Umsätze in irgendeiner Höhe erzielt habe, werde ausdrücklich mit Nicht-
wissen bestritten. Die von der Antragsgegnerin genannten Umsatzzahlen seien
nur sehr allgemein und ohne hinreichende Belege behauptet worden, was für
einen substantiierten Vortrag nicht ausreiche. Es sei zudem nicht ersichtlich, was
die Annahme eines 1,3-fachen Gebührensatzes rechtfertigen könne. Mangels Wi-
derspruchs gegen den Löschungsantrag habe sich die anwaltliche Tätigkeit der
Gegenseite auf eine reine Sachverhaltsprüfung beschränkt. Der Löschungsantrag
habe nur zwei handelsübliche, beschriebene DIN-A4 Seiten umfasst. Gemessen
an einem durchschnittlichen Gebrauchsmusterlöschungsverfahren bleibe der vor-
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liegende Fall hinsichtlich Umfang und Schwierigkeitsgrad deutlich hinter einem
solchen zurück.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf den
Inhalt der Akten Bezug genommen.


II.

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie ist innerhalb der zwei-
wöchigen Frist nach § 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. §§ 62 Abs. 2 Satz 4, 73 PatG
eingelegt worden. In dieser Frist ist auch die Beschwerdegebühr in Höhe von 50 €
(Nr. 401 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) ordnungsgemäß einbezahlt wor-
den.

2. In der Sache hat die Beschwerde teilweise Erfolg.

a) Die Antragsgegnerin dringt mit ihrer Beschwerde insoweit durch, als sie den
von der Gebrauchsmusterabteilung auf lediglich 75.000 € geschätzten Gegen-
standswert angreift. Der Vortrag der Antragsgegnerin ist geeignet, eine Heraufset-
zung des Gegenstandswertes und damit eine Erhöhung des zu ihren Gunsten
festzusetzenden Erstattungsbetrages zu bewirken.

a1) Die Bestimmung des Gegenstandswertes bemisst sich gemäß §§ 23, 33
RVG i. V. m. §§ 3, 4 ZPO nach billigem Ermessen, weil es für das Löschungsver-
fahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren fehlt (vgl. Bühring/Schmid,
GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 114). Der Gegenstandswert ist hiernach auf der Grund-
lage der vorgetragenen tatsächlichen Anhaltspunkte nach pflichtgemäßem Ermes-
sen zu schätzen, wobei Ausgangspunkt der gemeine Wert des Streitgebrauchs-
musters zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags ist (vgl. Busse/
Keukenschrijver, 8. Aufl., Rn. 59 zu § 17 GebrMG i. V. m. Rn. 68 zu § 84 PatG).
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Hierbei gilt insbesondere, dass die Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters im
Rahmen der Kostenfestsetzung zu unterstellen ist (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG,
8. Aufl., § 17 Rn. 116). Entscheidend für die Bestimmung des gemeinen Wertes ist
demnach das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung des Schutzrechts,
das sich wiederum nach dem „Behinderungspotential“ richtet, das ein eingetrage-
nes Gebrauchsmuster – seine Rechtsbeständigkeit unterstellt – entfaltet hätte (vgl.
Eisenrauch in: Fitzner/Bodewig/Lutz, PatRKomm, 4. Aufl., § 17 GebrMG Rn. 35;
BPatGE 26, 208, 218).

Der von der Gebrauchsmusterabteilung geschätzte Gegenstandswert in Höhe von
75.000 € greift nach den vorstehend genannten Grundsätzen zu kurz. Derjenige,
der die Festlegung eines bestimmten Gegenstandswertes anstrebt, muss tatsäch-
liche Anhaltspunkte und ihre rechtliche Relevanz für eine Schätzung so vortragen,
dass sie nachvollziehbar zugrunde gelegt werden können (vgl. Bühring/Schmid,
GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 117). Die Antragsgegnerin hat hinreichende Tatsachen
vorgetragen, aus denen sich ein höherer gemeiner Wert des Streitgebrauchsmus-
ters erschließen lässt und die insbesondere eine Schätzung auf der Basis einer
Lizenzanalogie zulassen. Der Antragsteller hat die Angaben der Antragsgegnerin
zwar ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten, was ihrer Verwertbarkeit vorliegend
aber nicht im Wege steht.

a2) Für die Bestimmung des gemeinen Wertes gelten die folgenden, grundsätzli-
chen Überlegungen: Mit der Löschung besteht für die Mitbewerber eines Ge-
brauchsmusterinhabers die Möglichkeit, den geschützten Gegenstand frei zu
benutzen. Während des Bestandes eines Schutzrechts müssten hierfür Lizenzen
gezahlt werden. Zum Zwecke der Wertermittlung können die erzielten Erträge – im
Allgemeinen aber nicht mehr als 10 % der erzielten Umsätze – zugrunde gelegt
werden (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 118, 120). Demnach
kann das Allgemeininteresse aus den Zahlungen errechnet werden, die alle Mitbe-
werber während der möglichen Laufzeit des Gebrauchsmusters zu leisten gehabt
hätten bzw. durch die Löschung erspart haben. Der Betrag entspricht damit dem
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Wert aller möglicher auf der Basis von Lizenzanalogie ermittelten, hypothetischen
Schadensersatzansprüche. Er wird erhalten durch Multiplikation des branchenübli-
chen Lizenzsatzes – wobei hier 6,5 % als angemessen anzusehen sind – mit den
in Deutschland tatsächlich mit dem Gegenstand gemäß Streitgebrauchsmuster
erzielten Umsätzen sowie mit den bis zum Ende der maximalen Schutzdauer
hypothetisch möglich gewesenen Umsätzen (vgl. Bühring/Schmid, a. a. O.).

Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin hatte diese in Deutschland in den Jah-
ren 2012 und 2013, d. h. in einem Zeitraum von 24 Monaten, mit dem Gegenstand
des Streitgebrauchsmusters einen Umsatz von zusammen mehr als … €,
also pro Monat ca. … € erzielt. Von der Eintragung des Streitgebrauchsmus-
ters am 15. März 2012 bis zu dessen am 22. Juli 2012 erfolgen Löschung wegen
Nichtwiderspruchs sind somit rechnerisch Umsätze in Höhe von ca. … €
(… x … €) erzielt worden. Zu diesem Betrag sind sodann die hypothetischen
Umsätze für den Zeitraum nach der erfolgten Löschung bis zur maximal möglichen
Schutzdauer des Streitgebrauchsmusters hinzuzurechnen, also von August 2012
bis November 2021. Diese Umsätze errechnen sich aufgrund einer moderaten
Schätzung, die auf der Annahme gleichgebliebener Umsätze basiert, wie folgt:

Aug. 2012 bis Juli 2013 … €
Aug. 2013 bis Juli 2014 … €
Aug. 2014 bis Juli 2015 … €
Aug. 2015 bis Juli 2016 … €
Aug. 2016 bis Juli 2017 … €
Aug. 2017 bis Juli 2018 … €
Aug. 2018 bis Juli 2019 … €
Aug. 2019 bis Juli 2020 … €
Aug. 2020 bis Juli 2021 … €
Aug. 2021 bis Nov. 2021 … €

Summe … €
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Hieraus folgt schließlich ein zugrunde zu legender Gesamtumsatz in Höhe von
… € (… € + … €).

Der zugunsten der Antragsgegnerin in Höhe von … € ermittelte Gesamtum-
satz würde zu einem geschätzten Gegenstandswert in Höhe von 64.090 € führen.
Dieser Wert ergibt sich, wie oben skizziert, aus folgenden Faktoren: … x … €
(Gesamtumsatz) x 6,5 x … (Lizenzfaktor 6,5 %) = … x … € x 6,5 = 64.090 €.

a3) Der in Höhe von 64.090 € ermittelte Wert gibt allerdings nur das subjektive
Interesse der Antragsgegnerin am Fortbestand des Streitgebrauchsmusters wie-
der, während das entsprechende Interesse der Allgemeinheit, die Löschung des
Streitgebrauchsmusters zu bewirken, hierbei ausgeblendet bleibt. Der Antragstel-
ler hat zwar in seinem Schriftsatz vom 16. November 2015 selbst darauf hinge-
wiesen, dass sich der gemeine Wert des Streitgebrauchsmusters auch aus dem
Interesse der Allgemeinheit an der Vernichtung dieses Schutzrechts speist; er
selbst hat sich aber darauf beschränkt, lediglich die von der Antragsgegnerin ge-
nannten Umsatzzahlen mit Nichtwissen zu bestreiten. Vorliegend ist allerdings zu
beachten, dass der Antragsteller selbst mit entsprechenden Produkten am Markt
tätig war und ist und über entsprechende Marktkenntnisse verfügt. Darum ist von
ihm zu erwarten, dass auch er selbst Umstände vorträgt, die nach dem o. g.
geeignet sind, als Grundlage für die pflichtgemäße Schätzung des Gegenstands-
wertes herangezogen zu werden – einschließlich Marktanteil seines Unterneh-
mens, dessen Umsatzzahlen und Anzahl von ggf. weiteren Mitbewerbern. Der
Mangel seines Vortrags führt im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO dazu, dass der Vor-
trag der Antragsgegnerin als nicht bestritten gilt (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO,
37. Aufl., § 138 Rn. 20).

a4) Anhaltspunkte für den Faktor, mit dem der bisher ermittelte Gegenstandswert
gegebenenfalls anzuheben wäre, ergeben sich in erster Linie aus dem Umstand,
dass der Antragsteller mit seinem Unternehmen aus dem Gemeinschaftsge-
schmacksmuster … gegen Abnehmer der Antragsgegnerin vorge-
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gangen war und die Antragsgegnerin offensichtlich aus dem Markt von „…-
“ verdrängen wollte. Das Behinderungspotential des Gemeinschaftsge-
schmacksmusters für die Allgemeinheit war daher beachtlich. Dasselbe muss aber
zwingend auch für das hinsichtlich seines Gegenstandes unstreitig vergleichbare
Streitgebrauchsmuster gegolten haben. Letztlich ist davon auszugehen, dass mit
dem Wert von 64.090 € nur ein Bruchteil des Gegenstandswertes des patentamtli-
chen Löschungsverfahrens umschrieben wird. Es erscheint daher billig, diesen
Wert mit dem Faktor 2 zu multiplizieren, womit man unschwer zum mit der Be-
schwerde angestrebten Wert in Höhe von 125.000 € gelangt. Dieser Wert liegt
zudem in einem Rahmen, der bei Gebrauchsmustern, deren Gegenstand unstrei-
tig benutzt wurde, als angemessen angesehen wird. Im Jahr 2000 lag beispiels-
weise der durchschnittliche Gegenstandswert aller Gebrauchsmusterlöschungs-
verfahren bei 100.000 €, wobei sich im Einzelfall auch erhebliche Abweichungen
nach oben ergeben konnten und auch nach wie vor ergeben können (Benkard/
Goebel/Engel, GebrMG, 11. Aufl., § 17 Rn. 33).

b) Die Antragsgegnerin dringt mit ihrer Beschwerde allerdings nicht insoweit
durch, als sie bei der Festsetzung der ihr zu erstattenden Kosten eine höhere als
eine 1,0-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG verlangt.

Die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA ist im angefochtenen Kostenfestset-
zungsbeschluss zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei einem Ge-
brauchsmusterlöschungsverfahren um kein gerichtliches Verfahren handelt. Die
Löschungsverfahren vor den Abteilungen des DPMA tragen zwar Züge eines jus-
tizförmigen Verfahrens (vgl. BGH GRUR 2010, 231, 233 – „Legostein“ und BlPMZ
2015, 112, 113 – „VIVA FRISEURE/VIVA“), gebührenrechtlich handelt es sich bei
diesen aber um Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde, weshalb hier der Ge-
bührentatbestand Nr. 2300 VV RVG einschlägig ist.

Hinsichtlich einer angemessenen Höhe der Gebühr ist zu beachten, dass bei der
Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ein Rahmen vorgesehen ist, der von
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einer 0,5- bis 2,5-fachen Gebühr reicht, wobei allerdings eine Gebühr von mehr
als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich und/oder
schwierig war. Demnach stellt der 1,3-fache Satz die Regelvergütung für ein
durchschnittliches Gebrauchsmusterlöschungsverfahren dar.

Gegen die Einordnung des vorliegenden Verfahrens als ein durchschnittliches Lö-
schungsverfahren, das die Zuerkennung eines höheren als einen 1,0-fachen Satz
rechtfertigt, spricht bereits vorliegend, dass mangels Widerspruchs ein streitiges
Löschungsverfahren überhaupt nicht zur Durchführung gelangt war. Der Lö-
schungsantrag war zudem lediglich auf einen einzigen Löschungsgrund, nämlich
den einer mangelnden Schutzfähigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG
gestützt worden, wobei hierbei auch nur fünf druckschriftliche Entgegenhaltun-
gen (A1 bis A5) genannt worden waren. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass
besonders schwierige Rechtsfragen erörtert oder geklärt werden mussten. Das
Gemeinschaftsgebrauchsmuster … war zwar einen Tag vor dem
Streitgebrauchsmuster angemeldet, aber erst am 7. Dezember 2011 eingetragen
und veröffentlicht worden, weshalb es für das Streitgebrauchsmuster offensichtlich
unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein relevanter Stand der Technik sein
konnte.

Beim Gegenstand nach Hauptanspruch handelte es sich zudem um einen tech-
nisch einfachen Gegenstand, der in 16 Unteransprüchen jeweils leicht abgewan-
delt wurde. Das Streitgebrauchsmuster beruhte weder auf einer Abzweigung noch
nahm es irgendwelche Prioritätsrechte in Anspruch. Die möglicherweise große
wirtschaftliche Bedeutung des Streitgebrauchsmusters für die Inhaber der An-
tragsgegnerin ist im Zusammenhang mit dem Gebührensatz ohne Bedeutung; sie
ist alleine beim Gegenstandswert zu berücksichtigen. Damit lassen die gegebenen
Umstände des vorliegenden Falles insgesamt nur die Bewertung zu, dass es sich
sowohl um eine deutlich unterdurchschnittlich umfangreiche als auch um eine
deutlich unterdurchschnittlich schwierige anwaltliche Tätigkeit gehandelt hat.
Durch eine solche Tätigkeit wird lediglich eine 1,0-fache Gebühr verdient (vgl.
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BPatG, Beschluss vom 19. Mai 2015 – Az. 35 W (pat) 5/13), wie die Gebrauchs-
musterabteilung im angefochtenen Beschluss zu Recht festgestellt hat. Aus der
von der Antragsgegnerin zusätzlich angeführten Entscheidung (BPatG, Beschluss
vom 30. Mai 2012 – Az. 35 W (pat) 11/10) folgt nichts anderes; diese Entschei-
dung betraf zudem ein Verfahren, bei dem eine mündliche Verhandlung durchge-
führt worden war.

c) Die im patentamtlichen Verfahren angefallenen Kosten, deren Erstattung die
Antragsgegnerin vom Antragsteller verlangen kann, richten sich – wovon die Ge-
brauchsmusterabteilung ebenfalls zu Recht ausgegangen ist – nach der bis zum
31. Juli 2013 gültig gewesenen Gebührentabelle (§ 13 RVG), da diese zum Zeit-
punkt der Mandatsübernahme aktuell war. Hiernach errechnen sich die für das
patentamtliche Löschungsverfahren entstandenen Kosten, deren Erstattung sie
hier verlangen kann, wie folgt:



Gebührentatbestand


VV RVG
Nr.

Satz

Betrag
in €

Gegenstandswert: 125.000 €
(§§ 2 Abs. 1, 23, 33 RVG)



1. Geschäftsgebühr

2300 1,0 1.431,00

2. Pauschale Entgelte für Post- und
Telekommunikationsdienstleistungen


7002

20,00


Gesamtkosten der Antragsgegnerin:


1.451,00
=======


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Ergänzend war antragsgemäß wiederum auszusprechen, dass der festgesetzte
Betrag gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO, ab dem 11. September 2014, also dem
Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags beim DPMA, mit fünf Prozent-
punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen ist.

Der erkennende Senat hielt es nicht für notwendig, weitere Ermittlungen anzu-
stellen oder auf ergänzenden Vortrag hinzuwirken. Auf eine mündliche Verhand-
lung hat der erkennende Senat ebenfalls verzichtet, da eine solche nicht erforder-
lich erschien (vgl. Bühring, GebrMG, 8. Aufl., § 18 Rn. 98).


III.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 18
Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO, die
auch bei Nebenentscheidungen in Löschungsverfahren anwendbar sind (vgl.
Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., Rn. 129). Die Antragsgegnerin hat mit ihrer
Beschwerde die Heraufsetzung des in Höhe von 1.220,00 € festgesetzten Erstat-
tungsbetrages auf 1.880,30 € gefordert, was einen Differenzbetrag in Höhe von
660,30 € bedeutet. Mit ihrer Beschwerde ist sie dagegen nur in Höhe von 231,00 €
(1.451,00 € minus 1.220,00 €) durchgedrungen. Hinsichtlich des geforderten Diffe-
renzbetrages in Höhe von 660,30 € ist die Antragsgegnerin somit in Höhe von
429,30 € unterlegen, während sie nur in Höhe von 231,00 € obsiegt hat. Dies ent-
spricht in etwa Unterliegens- und Obsiegensanteilen im Verhältnis von 2/3 zu 1/3,
was bei der Kostenentscheidung billigerweise auch so auszusprechen war.

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IV.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt
war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der
Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen
oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt
war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Geset-
zes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfah-
rens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung
ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit
des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Metternich Bayer Eisenrauch

Fa


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