35 W (pat) 14/16  - 35. Senat (GebrM)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




35 W (pat) 14/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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wegen des Gebrauchsmusters …
(hier: Kosten)

hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatent-
gerichts am 17. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie den
Richter Eisenrauch und die Richterin Bayer

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostengrund-
entscheidung im Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I
des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. April 2016 (Zif-
fer 2 des Tenors) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beschwer-
deführerin auferlegt.


G r ü n d e

I.

Die Antragsgegnerin war Inhaberin des am 30. November 2004 angemeldeten
Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung „…
“, das am 7. April 2005 in das beim Deutschen Patent- und Marken-
amt (DPMA) geführte Gebrauchsmusterregister eingetragen wurde. Durch Ablauf
der höchstmöglichen Schutzdauer am 30. November 2014 ist das Gebrauchsmus-
ter inzwischen erloschen.
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Mit Schriftsatz vom 19. November 2012, im DPMA eingegangen am gleichen Tag,
hatte die Antragstellerin die Löschung des Gebrauchsmusters in vollem Umfang
beantragt und mangelnde Schutzfähigkeit des Gegenstandes des Gebrauchsmus-
ters gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 bis 3 GebrMG geltend gemacht. Dabei
wurde auf insgesamt 9 Entgegenhaltungen verwiesen.

Der Löschungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 19. Dezember 2012 zuge-
stellt. Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag mit Eingabe vom 7. Ja-
nuar 2013, im DPMA eingegangen am gleichen Tag, widersprochen.

Mit Eingabe vom 19. Februar 2013, im DPMA eingegangen am gleichen Tag,
hatte die Antragsgegnerin beantragt, den Löschungsantrag als unbegründet zu-
rückzuweisen und das Gebrauchsmuster auf der Basis einer der Eingabe beige-
fügten Anspruchsfassung nach Hauptantrag aufrechtzuerhalten. Hilfsweise hatte
sie die Aufrechterhaltung des Streitgebrauchsmusters auf der Basis der ebenfalls
mit Eingabe vom 19. Februar 2013 beigefügten Anspruchsfassungen gemäß den
Hilfsanträgen 1 und 2 beantragt.

Nach Ablauf der Schutzdauer des Gebrauchsmusters hat die Antragstellerin den
Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2014 für erledigt erklärt und
beantragt, der Antragsgegnerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Mit Amtsbescheid vom 10. Dezember 2014 wurde der Antragsgegnerin die Erledi-
gungserklärung zugestellt. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2014, im DPMA ein-
gegangen am gleichen Tag, hat die Antragsgegnerin der Erledigungserklärung
widersprochen.

Mit Zwischenbescheid vom 30. Januar 2015 hat sich die Gebrauchsmusterabtei-
lung vorläufig zur Sache geäußert.

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Mit Eingabe vom 20. Juli 2015 berief sich die Antragsgegnerin weiterhin auf ihren
Hauptantrag vom 19. Februar 2013 und legte eine neue Anspruchsfassung nach
neuem Hilfsantrag 1 vor. Sie führte unter anderem aus, dass die bisher einge-
reichten Hilfsanträge nicht mehr aufrechterhalten würden, sondern vielmehr der
bereits eingereichte Hauptantrag und der neue Hilfsantrag 1 vom 20. Juli 2015
gelten solle.

Die Verfahrensbeteiligten wurden zur mündlichen Verhandlung am 5. April 2016
geladen, wobei die Gebrauchsmusterabteilung darauf hinwies, dass sie nach vor-
läufiger Auffassung davon ausgehe, dass die von der Antragsgegnerin mit Schrift-
satz vom 20. Juli 2015 neu vorgelegte Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 1 auf-
grund der Erledigungserklärung der Antragstellerin nicht greifen dürfte.

In der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung am
5. April 2016 beantragte die Antragstellerin festzustellen, dass das Löschungsver-
fahren in der Hauptsache erledigt ist, und die Verfahrenskosten der Antragsgeg-
nerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragte in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2016,
den Feststellungsantrag zurückzuweisen.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 19. Februar 2013 lautet:

„Zusammensetzung, umfassend eine Kombination aus 400 mg bis
600 mg Arginin und 20 μg bis 150 μg Folsäure, wobei jeder Be-
standteil jeweils unabhängig als physiologisch annehmbares Salz
vorliegen kann.“

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Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 vom 19. Februar 2013 lautet:

„Zusammensetzung, umfassend eine Kombination aus 400 mg bis
600 mg Arginin, 20 μg bis 150 μg Folsäure, 0,2 bis 10 mg Vita-
min B6 und 0,5 μg bis 200 μg Vitamin B12, wobei jeder Bestand-
teil jeweils unabhängig als physiologisch annehmbares Salz vorlie-
gen kann.“

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 vom 19. Februar 2013 lautet:

„Zusammensetzung, umfassend eine Kombination aus 400 mg bis
600 mg Arginin, 20 μg bis 150 μg Folsäure, 0,2 bis 10 mg Vita-
min B6, 0,5 μg bis 200 μg Vitamin B12 und 20 mg bis 150 mg
Magnesium, wobei jeder Bestandteil jeweils unabhängig als phy-
siologisch annehmbares Salz vorliegen kann.“

Mit in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2016 verkündetem Beschluss hat
die Gebrauchsmusterabteilung entschieden, dass sich das Löschungsverfahren in
der Hauptsache erledigt hat. Die Kosten des Verfahrens hat die Gebrauchs-
musterabteilung der Antragsgegnerin auferlegt. Die Gebrauchsmusterabteilung
erachtet den Feststellungsantrag der Antragstellerin für begründet, da ihr Lö-
schungsantrag ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei und erst nach
Rechtshängigkeit durch das erledigende Ereignis, nämlich das Erlöschen des Ge-
brauchsmusters durch Zeitablauf um 30. November 2014 unbegründet und unzu-
lässig geworden sei.

Der Löschungsantrag sei zum Zeitpunkt des Erlöschens des Streitgebrauchsmus-
ters am 30. November 2014 zulässig und auch begründet gewesen, da der Ge-
genstand des Gebrauchsmusters weder nach dem Hauptantrag, noch nach den
Hilfsanträgen 1 oder 2, jeweils vom 19. Februar 2013, schutzfähig gewesen sei.
Die jeweiligen Anspruchsgegenstände könnten nicht als ursprünglich offenbart
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angesehen werden. Im Ergebnis sei der Hauptantrag daher nicht zulässig. Zumin-
dest der Gegenstand des Anspruchs 8 gemäß Hauptantrag sei auch nicht mehr
neu. Weiterhin seien auch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 15 und
23 des Hauptantrags angesichts der Offenbarung von z. B. der entgegengehalte-
nen Schrift D3 (WO 99 / 59433 A1), in der bereits Zusammensetzungen, die u. a.
Arginin und Folsäure umfassten, nicht mehr als neu anzusehen. Auch der Hilfsan-
trag 1 sei nicht zulässig. Außerdem liege keine erfinderische Leistung vor. Eben-
falls sei der Hilfsantrag 2 nicht zulässig und es liege insoweit auch keine erfinderi-
sche Leistung vor.

Die Kostenentscheidung beruhe auf § 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2
PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 27. Juli 2016 zugestellt.

Am 24. August 2016 hat die Antragsgegnerin isoliert gegen die Kostengrundent-
scheidung in diesem Beschluss Beschwerde eingelegt.

Die Antragsgegnerin meint, es sprächen Billigkeitsgründe dafür, vom Unterlie-
gensprinzip des § 91 ZPO abzuweichen und die Kosten gegeneinander aufzuhe-
ben, da der Löschungsantrag erst zwei Jahre vor Ablauf der Schutzdauer gestellt
worden sei und nur den Zweck gehabt haben könne, Gebührenansprüche geltend
zu machen. Die Antragstellerin habe kein eigenes Interesse an der Löschung
gehabt und durch ihr Verhalten gezeigt, dass es ihr nur um die Gebühren ging, da
sie ohne Anhaltspunkte behauptet habe, es seien mit dem Gebrauchsmuster Um-
sätze in mindestens …stelliger wenn nicht …stelliger …höhe pro Jahr
erzielt worden.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 5. April 2016 in Bezug auf die Kos-
tengrundentscheidung aufzuheben und die Kosten der Parteien
gegeneinander aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen, die Kosten des Verfahrens der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen, hilfsweise eine mündliche Ver-
handlung anzuberaumen.

Sie ist der Auffassung, dass es für den Löschungsantrag nicht darauf angekom-
men sei, dass sie ein eigenes Interesse an der Löschung gehabt habe, solange
das Gebrauchsmuster in Kraft gewesen sei. Im Übrigen habe sie auch ein eigenes
Interesse an der Löschung gehabt. Unabhängig von den Kostenregelungen der
ZPO entspräche es im vorliegenden Fall auch der Billigkeit, dass die Antragsgeg-
nerin die Kosten trage, da sie selbst noch nach einem Zwischenbescheid der Ge-
brauchsmusterabteilung daran festgehalten habe, dass sich das Löschungsverfah-
ren nicht erledigt habe und somit die Kosten der mündlichen Verhandlung veran-
lasst habe.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

1. Die isolierte Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung im Beschluss
der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts
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vom 5. April 2016 ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen
zulässig.

2. Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg.

a) Für die Entscheidung über die isolierte Beschwerde gegen die Kosten-
grundentscheidung im Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 5. April 2016 ist der Gebrauchsmus-
tersenat in der Besetzung mit drei juristischen Mitgliedern zuständig.

Der Gebrauchsmustersenat entscheidet zwar gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2,
2. Halbsatz GebrMG in der Besetzung mit einem juristischen und zwei tech-
nischen Mitgliedern, wenn es sich um eine Beschwerde gegen Beschlüsse
der Gebrauchsmusterabteilung über Löschungsanträge handelt, jedoch wird
mit der vorliegenden Beschwerde nicht eine Sachentscheidung über einen
Löschungsantrag angegriffen, sondern lediglich isoliert die Kostenentschei-
dung. Wird lediglich die Kostenentscheidung angegriffen, ohne dass auch die
Sachentscheidung in der Beschwerdeinstanz anhängig ist oder zumindest
auch anhängig war, ist der Fall nach Ansicht des Senats in der gleichen Be-
setzung zu entscheiden, wie sie für eine Beschwerde gegen eine isolierte
Kostenentscheidung maßgeblich gewesen wäre (vgl. Benkard/Goebel/Engel,
Patentgesetz, 11. Aufl., § 18 GebrMG Rdnr. 11). Soweit der Senat entgegen
der bis dahin herrschenden Meinung in der Entscheidung 35 W (pat) 402/10
und ebenso auch in der Entscheidung 35 W (pat) 1/13 für die Frage der Be-
setzung lediglich darauf abgestellt hat, ob die Kostengrundentscheidung zu-
sammen mit der Sachentscheidung oder isoliert getroffen wurde und eine
Besetzung mit einem juristischen Vorsitzenden und zwei technischen Rich-
tern als Beisitzer allein schon deshalb für zutreffend hielt, weil der angegrif-
fene Kostenausspruch ein Teil des Beschlusses war, in dem auch über die
Löschung des Gebrauchsmusters entschieden worden ist, hält der Senat an
dieser Auffassung nicht mehr fest. Vielmehr stellt der Senat nunmehr darauf
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ab, ob der Beschluss allein im Kostenpunkt angegriffen wurde. Denn eine
isolierte Beschwerde gegen eine im Rahmen eines Gebrauchsmuster-Lö-
schungsverfahrens getroffene Kostenentscheidung stellt gerade keine Be-
schwerde gegen eine Entscheidung über einen Löschungsantrag i. S. d. § 18
Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. GebrMG dar, weil die Hauptsache nicht angegriffen ist.
Da es sich bei dieser Vorschrift um eine spezielle Bestimmung über die Se-
natsbesetzung im Falle eines konkret benannten Beschwerdegegenstands
handelt, ist diese Bestimmung nicht im Wege einer weiten Auslegung auf
sog. „isolierte Kostenbeschwerden“ anwendbar. Daher ist vorliegend die all-
gemeine Bestimmung des § 67 Abs. 1 Nr. 4 PatG maßgebend für die Beset-
zung. Soweit Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte für die Beteiligung technischer
Mitglieder an Entscheidungen in Fällen sog. „isolierter Kostenbeschwerden“
sprechen, ist es Sache des Gesetzgebers entsprechende Regelungen zu
treffen. Da vorliegend isoliert der Kostenausspruch angegriffen ist, ist zur
Entscheidung über die Beschwerde der Senat in der Besetzung nach
§ 67 Abs. 1 Nr. 4 PatG zuständig.

b) Der Beschwerdeführerin wurden zu Recht die Kosten des Verfahrens
auferlegt (§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1
ZPO). In der Sache war die Beschwerdeführerin unterlegen und der Feststel-
lungsantrag der Beschwerdegegnerin hatte Erfolg. In der Hauptsache wurde
der Beschluss auch nicht angegriffen.

Billigkeitserwägungen gemäß § 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2
Satz 2 PatG erfordern entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin
keine andere Kostenentscheidung. Ein Löschungsantrag, der zwei Jahre vor
Ablauf der Schutzfrist gestellt wird, ist nicht rechtsmissbräuchlich, unabhän-
gig davon, ob für den Antragsteller ein eigenes Interesse an der Löschung
bestand. Solange das Schutzrecht besteht, hat jeder das Recht, Löschungs-
antrag zu stellen. Es sind keinerlei Gesichtspunkte zu erkennen, dass ein
Gebrauchsmusterinhaber vom Kostenrisiko befreit werden soll, nur weil sich
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das Schutzrecht demnächst dem Ende zuneigt. Eine im Zeitpunkt der Antrag-
stellung relativ kurze verbleibende Laufzeit könnte lediglich den Gegen-
standswert beeinflussen, nicht aber das Kostentragungsrisiko als solches zu-
gunsten des Gebrauchsmusterinhabers verschieben. Unerheblich ist, dass
im angegriffenen Beschluss auf Billigkeitsgründe für eine abweichende Kos-
tenregelung nicht speziell eingegangen worden war, da keine solchen Ein-
wände gemacht worden waren und auch nicht ersichtlich waren.

3. Da die Beschwerde keinen Erfolg hat, hat die Beschwerdeführerin auch die
Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG,
§ 84 Abs. 2 PatG, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Metternich Eisenrauch Bayer


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