35 W (pat) 1/14  - 35. Senat (GebrM)
Karar Dilini Çevir:

BUNDESPATENTGERICHT
L e i t s a t z
Aktenzeichen: 35 W (pat) 1/14
Entscheidungsdatum: 17. Mai 2017
Rechtsbeschwerde zugelassen: ja
Normen: GebrMG § 17 Abs. 4
PatG § 62 Abs. 2 Satz 2
Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren
Im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren sind hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit
sog. Doppelvertretungskosten die für die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten im
patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren entwickelten Grundsätze maßgebend (Auf-
gabe der Senatsrechtsprechung gem. Beschluss vom 13. Oktober 2016,
35 W (pat) 16/12).
BUNDESPATENTGERICHT
35 W (pat) 1/14
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In Sachen

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wegen Löschung des Gebrauchsmusters …
(hier: Kostenfestsetzungsverfahren)

hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatent-
gerichts am 17. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie den
Richter Eisenrauch und die Richterin Bayer

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss
der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 20. November 2013 insoweit abgeändert,
als die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstat-
tenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens auf
1.431,52 € festgesetzt werden. Dieser Betrag ist mit 5% über
dem Basiszinssatz ab dem 18. Januar 2013 zu verzinsen.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurück-
gewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin
zu tragen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

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G r ü n d e

I.

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des am 26. Februar 2004 eingetragenen Ge-
brauchsmusters … mit der Bezeichnung „…“ (i. F.:
Streitgebrauchsmuster).

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 12. März 2008 am 17. März 2008 die
teilweise Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt.

Mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 7. August 2012 verkündeten Be-
schluss, den Beteiligten am 10. bzw. 15. Dezember 2012 zugestellt, hat die Ge-
brauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) das
Streitgebrauchsmuster teilweise gelöscht, und zwar soweit es über die mit Schrift-
satz der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2008 vorgelegte Anspruchsfassung hinaus-
geht. Im Übrigen wurde der Löschungsantrag zurückgewiesen. Von den Kosten
des Löschungsverfahrens wurden der Antragstellerin 1/3 und der Antragsgegnerin
2/3 auferlegt. In der mündlichen Verhandlung ist für die Antragstellerin niemand
erschienen.

Zwischen den Beteiligten war zudem ein Rechtsstreit anhängig, in welchem die
Antragsgegnerin die Antragstellerin wegen Verletzung des Streitgebrauchsmus-
ters in Anspruch genommen hat (LG D…, Urteil vom 6. Dezember 2007,
… und OLG …, Urteil vom 23. April 2009, …).

Mit Eingabe vom 17. Januar 2013, eingegangen am 18. Januar 2013, beantragte
die Antragsgegnerin die Kostenfestsetzung im Wege des Kostenausgleichs. Aus-
gehend von einem Gegenstandswert von 500.000 € macht sie zunächst folgende
Kosten geltend:

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Patent- und
Rechtsanwaltsgebühren
1,3-fache Geschäftsgebühr gemäß
Nr. 2300 VV-RVG

3.894,80 €
1,2-fache Terminsgebühr gemäß
Nr. 3516 VV-RVG

3.595,20 €
Auslagenpauschale gemäß
Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €
Kosten wg. des Termins
zur mündl. Verhandlung
am 7. August 2012
Bahnticket Freiburg — München
— Freiburg

141,39 €
Taxi-Kosten 28,05 €
Hotelkosten 140,19 €
Tage- und Abwesenheitsgeld bei
mehr als 8 Stunden gemäß
Nr. 7005 VV-RVG


60,00 €
Summe 7.879,63 €

Die Antragsgegnerin erklärt hierzu, sie sei vorsteuerabzugsberechtigt. Außerdem
bittet sie die Verzinslichkeit auszusprechen.

Mit weiterer Eingabe vom 15. April 2013 macht die Antragsgegnerin zusätzlich
rechtsanwaltliche Kosten geltend wie folgt:

Rechtsanwaltliche
Gebühren
1,3-fache Verfahrensgebühr
gemäß Nr. 2300 VV-RVG

3.894,80 €
1,2-fache Terminsgebühr gemäß
Nr. 3516 VV-RVG

3.595,20 €
Auslagenpauschale gemäß
Nr. 7002 VV-RVG

20,00 €
Summe 7.510,00 €

Dieser Betrag unterliegt nach ihren Angaben nicht der Mehrwertsteuerberech-
nung.
- 5 -
Sie begründet diese weiteren, ihrer Auffassung nach im Rahmen der Kostenfest-
setzung ebenfalls zu berücksichtigenden Kosten damit, dass ihr Verfahrensbe-
vollmächtigter im vorliegenden Beschwerdeverfahren sowohl in der Funktion eines
Rechtsanwalts als auch eines Patentanwalts beauftragt gewesen und tätig gewor-
den sei. Hierzu beruft sie sich auf die Rechtsprechung des BGH zur Doppelver-
tretung in Nichtigkeitsverfahren (Beschluss vom 18. Dezember 2012 – X ZB 11/12,
GRUR 2013, 427).

Mit Eingabe vom 15. März 2013 beantragte die Antragstellerin ebenfalls den Kos-
tenausgleich. Sie macht ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von
500.000 € insoweit folgende Kosten geltend:

I. Kosten des
Patentanwalts:
1,3-fache Geschäftsgebühr gemäß
Nr. 2300 VV-RVG

3.894,80 €
Pauschale für Post- und Telekom-
munikationsdienstleistungen gem.
Nr. 7002 VV-RVG


20,00 €
Recherchekosten 3.902,50 €
Zwischensumme I. 7.817,30 €
II. Kosten der
mitwirkenden
Rechtsanwälte:
1,3-fache Geschäftsgebühr gemäß
2300 VV-RVG

3.894,80 €
Pauschale für Post- und Telekom-
munikationsdienstleistungen gemäß
Nr. 7002 VV-RVG


20,00 €
Zwischensumme II. 3.914,80 €
Summe 11.732,10 €

Die Antragstellerin beruft sich ebenfalls auf die vorgenannte Rechtsprechung des
BGH zur Doppelvertretung in Nichtigkeitsverfahren; diese sei auch im Ge-
brauchsmusterlöschungsverfahren anzuwenden. Auch wird die Verzinsung bean-
tragt.
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Mit Beschluss vom 20. November 2013 hat die Gebrauchsmusterabteilung des
DPMA unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags die von der Antrags-
gegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 3.928,19 € festgesetzt.
Der festgesetzte Betrag sei seit dem 18. Januar 2013 zu verzinsen.
Ausgehend von einem Gegenstandswert von 500.000 € erachtet die Gebrauchs-
musterabteilung die folgenden Kosten als erstattungsfähig:

I. Kosten „Patentanwalt
Antragstellerin“:







1,3-fache Verfahrensgebühr gemäß
Nr. 2300 RVG-VV

3.894,80 €
Pauschale Entgelte für Post und
Telekommunikationsdienstleistungen
gemäß Nr. 7002 RVG-VV


20,00 €
Recherchekosten 1.702,50 €
Löschungsgebühr 300,00 €
mitwirkende Rechtsanwälte 3.914,80 €
Zwischensumme I. 9.832,10 €
II. Kosten „Patentanwalt
Antragsgegner“:







2,5-fache Verfahrensgebühr gemäß
Nr. 2300 RVG-VV

7.490,00 €
Pauschale Entgelte für Post und
Telekommunikationsdienstleistungen
gemäß Nr. 7002 RVG-VV


20,00 €
Tage- u. Abwesenheitsgeld gemäß
Nr. 7005 RVG-VV

60,00 €
Reisekosten gemäß Nr. 7004
RVG-VV

309,63 €
Zwischensumme II. 7.879,63 €
Summe I. und II. 17.711,73 €

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Hiervon habe die Antragsgegnerin nach der Kostengrundentscheidung der Ge-
brauchsmusterabteilung 2/3, also 11.807,82 € zu tragen. Abzüglich der eigenen
Kosten der Antragsgegnerin in Höhe von 7.879,63 € ergebe sich hieraus ein Be-
trag i. H. v. 3.928,19 €, den die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstatten
habe.

Zur weiteren Begründung führt die Gebrauchsmusterabteilung aus, dass die Re-
cherchekosten auf Seiten der Antragstellerin zwar dem Grunde nach als erforder-
lich zu erachten seien, der Höhe nach jedoch nur im Umfang der Kosten, die der
von der Antragstellerin beauftragte Recherchedienstleister in Rechnung gestellt
habe (1.702,50 €). Soweit in diesem Zusammenhang anwaltliche Leistungen an-
gesetzt worden seien, könnten diese jedoch nicht berücksichtigt werden, da diese
mit Abgeltung der Verfahrensgebühr als abgegolten zu erachten seien. Im Übrigen
seien im Falle eines parallel anhängigen Verletzungsrechtsstreit nach der Recht-
sprechung des BGH zur Doppelvertretung in Nichtigkeitsverfahren die geltend
gemachten rechtsanwaltlichen Kosten wie in der vorgenannten Berechnung ange-
geben berücksichtigungsfähig.

Gegen diesen ihr am 23. November 2013 zugestellten Beschluss hat die Antrags-
gegnerin am 6. Dezember 2013 Beschwerde erhoben.

Mit der Beschwerde macht sie geltend, dass die von ihr angesetzten Rechtsan-
waltskosten in Höhe von 7.510,00 € beim Kostenausgleich ebenfalls hätten
berücksichtigt werden müssen. Wenn die Gebrauchsmusterabteilung auf Seiten
der Antragstellerin die Kosten eines Rechtsanwalts berücksichtigt habe, weil paral-
lel zum Löschungsverfahren auch ein Verletzungsrechtsstreit anhängig gewesen
sei, müsse dies auch für die Antragsgegnerin gelten. Die angefochtene Entschei-
dung gehe jedoch auf die zum Kostenausgleich angemeldeten Rechtsanwaltskos-
ten der Antragsgegnerin nicht ein.

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Sinngemäß beantragt die Antragsgegnerin damit, dass sie der Antragstellerin 1/3
von 7.510,00 € weniger erstatten muss als im angefochtenen Beschluss ausge-
sprochen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuwei-
sen.

Auf Seiten der Antragsgegnerin habe kein Rechtsanwalt mitgewirkt. Der Verfah-
rensbevollmächtigte sei lediglich als Patentanwalt und nicht auch als Rechtsanwalt
tätig geworden. Für einen sowohl als Rechtsanwalt und als Patentanwalt zugelas-
senen Verfahrensbevollmächtigten sei im Patentnichtigkeitsverfahren wegen Dop-
pelqualifizierung keine zusätzliche Gebühr erstattungsfähig, wobei er sich auf
einen Beschluss des 2. Senats vom 5. September 1990 beruft (2 ZA (pat) 13/90
– GRUR 1991, 205). Erst recht gelte dies für das Gebrauchsmusterlöschungsver-
fahren.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 hatte der Senat die Beteiligten auf seine Ent-
scheidung vom 13. Oktober 2016 (35 W (pat) 16/12) hingewiesen, in welcher der
Senat die Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmuster-
löschungsverfahren verneint hatte; die gegen den letztgenannten Beschluss zuge-
lassene Rechtsbeschwerde ist von keinem der dortigen Beteiligten eingelegt wor-
den. Mit weiterem Schreiben vom 2. Februar 2017 wies der Senat die Beteiligten
darauf hin, dass er nach nochmaliger Prüfung und Beratung zu der Auffassung
gelangt sei, dass der bereits genannte Beschluss des BGH vom 18. Dezem-
ber 2012 zu Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren (BGH GRUR 2013,
427) auch für das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren maßgeblich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwie-
sen.

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II.

Die zulässige, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des
§§ 62 Abs. 2 Satz 4 PatG, 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG eingelegte Beschwerde der
Antragsgegnerin hat in der Sache insoweit Erfolg, als in Abänderung des ange-
fochtenen Beschlusses die der Antragstellerin von der Antragsgegnerin zu erstat-
tenden Kosten auf 1.431,52 € festzusetzen sind.

1. Im Rahmen des Kostenausgleichs nach §§ 17 Abs. 4 GebrMG, 62 Abs. 2
Satz 3, 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, 106 ZPO sind den Beteiligten erwachsene Kosten
berücksichtigungsfähig, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der An-
sprüche und Rechte notwendig waren (§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 62 Abs. 2
PatG).

a) Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist zwischen den Beteiligten lediglich in
Streit, ob auch auf Seiten der Antragsgegnerin Kosten für die Tätigkeit eines
Rechtsanwalts i. H. v. 7.510,00 € im Rahmen des Kostenausgleichs zu berück-
sichtigen sind. Die Höhe des Gegenstandswerts sowie die weiteren Posten der
jeweiligen Kostenfestsetzungsanträge sind hingegen unstreitig.

b) Unstreitig war zwischen den Beteiligten parallel zum Löschungsverfahren ein
Rechtsstreit anhängig, in welchem die Antragsgegnerin die Antragstellerin wegen
Verletzung des Streitgebrauchsmusters in Anspruch genommen hat.

c) Der Senat erachtet die Anwendung der Grundsätze der höchstrichterlichen
Rechtsprechung des BGH zur Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten
im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren (GRUR 2013, 427) auch im Ge-
brauchsmusterlöschungsverfahren für geboten. Danach kommt es entscheidend
darauf an, dass zwischen den jeweils mandatierten Patent- bzw. Rechtsanwälten
ein Abstimmungsbedarf vorliegt, wenn parallel zu einem Patentnichtigkeitsverfah-
ren ein Verletzungsverfahren geführt wird. Im Rahmen einer typisierenden Be-
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trachtungsweise gehören wegen dieses Abstimmungsbedarfs sowohl die Kosten
eines Patentanwalts als auch die Kosten eines Rechtsanwalts zu den notwendi-
gen Kosten des Verfahrens, wenn im Falle eines parallelen Verletzungsprozesses
im Nichtigkeitsverfahren sowohl ein Patentanwalt als auch ein Rechtsanwalt tätig
geworden ist.

aa) Eine vergleichbare Sach- und Interessenlage ist auch in Fällen gegeben, in
denen neben dem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren parallel ein Verletzungs-
prozess zwischen den Beteiligten geführt wird und das gleiche Gebrauchsmuster
betroffen ist. Auch wenn die jeweilige Gebührenstruktur beim Patentnichtigkeits-
verfahren und beim Gebrauchsmusterlöschungsverfahren unterschiedlich ist und
das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zunächst nicht vor Gericht, sondern
zuerst beim DPMA ausgetragen wird, so ist der Abstimmungsbedarf in Bezug auf
parallel anhängige Löschungsverfahren und Verletzungsprozesse dennoch als
gleichartig mit dem Abstimmungsbedarf zu erachten, wie er typischerweise bei der
Führung parallel anhängiger Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungs-
prozesse gegeben ist. Insbesondere ist selbst bei „einfachen“ Verhandlungsstra-
tegien eine konsistente, die wechselseitigen Auswirkungen von Löschungsverfah-
ren und Verletzungsprozess hinsichtlich Sachvortrag, Auseinandersetzung mit
Entgegenhaltungen und Antragsfassungen bzgl. des Gegenstands des betreffen-
den Streitgebrauchsmusters berücksichtigende Verfahrensführung erforderlich, die
für die Beteiligten einen stetigen Abstimmungsbedarf zum jeweiligen Vorgehen im
jeweiligen Verfahren erzeugt. Ob beim Gebrauchsmusterlöschungsverfahren im
Gegensatz zum Patent mehrheitlich bzw. typischerweise „einfache“ Verfahrens-
strategien anzuwenden sind oder nicht, spielt für den Bedarf der Abstimmung mit-
hin keine entscheidende Rolle. Anzumerken ist allerdings, dass auch in Ge-
brauchsmusterlöschungsverfahren typischerweise komplexe Fragen zur Schutzfä-
higkeit oder auch zur Zulässigkeit von Anspruchsfassungen, die regelmäßig auch
in Form mehrerer Hilfsanträge in das Verfahren eingeführt werden, zu klären sind,
wobei sich gerade bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit die Prüfungsmaßstäbe
hinsichtlich Erfindungshöhe einerseits und erfinderischem Schritt andererseits im
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Wesentlichen angeglichen haben (vgl. BGH GRUR 2006, 842 – Demonstrations-
schrank).

bb) Soweit der BGH in seinem Beschluss vom 1. April 1965 (Ia ZB 20/64 – Patent-
anwaltskosten, GRUR 1965, 621) Doppelvertretungskosten im Gebrauchsmuster-
löschungsverfahren als regelmäßig nicht berücksichtigungsfähig erachtet hat, geht
der Senat davon aus, dass diese Entscheidung überholt ist. Neben der bereits
genannten Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten
im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren ist zu berücksichtigen, dass zum dama-
ligen Zeitpunkt nicht nur bei der Kostenentscheidung, sondern auch bei der Kos-
tenfestsetzung eine Billigkeitsprüfung stattfand (zweite Billigkeitsprüfung), die nach
der jetzt geltenden Gesetzeslage nicht möglich ist (vgl. Busse/Engels, PatG,
8. Aufl., § 62, Rdnr. 2). Es kommt nach der jetzigen Gesetzeslage nur noch auf die
Notwendigkeit der Kosten an. Wenn der Abstimmungsbedarf das entscheidende
Kriterium ist, dann besteht aus den bereits genannten Gründen in dieser Hinsicht
kein Unterschied mehr zwischen Patentnichtigkeitsverfahren und Gebrauchsmus-
terlöschungsverfahren im Falle eines parallelen Verletzungsverfahrens. Ebenfalls
macht es keinen Unterschied mehr, dass das Gebrauchsmusterlöschungsverfah-
ren vor dem Amt beginnt, da nach der Gesetzeslage auch hier die notwendigen
Kosten zu ersetzen sind (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 62 Abs. 2
PatG).

cc) Der Senat hält auch an der von ihm im Beschluss vom 13. Oktober 2016
(35 W (pat) 16/12) geäußerten Auffassung, wonach aufgrund der Unterschiede
zwischen der erfinderischen und wirtschaftlichen Bedeutung zwischen Gebrauchs-
muster und Patent und den Funktionen von Gebrauchsmusterlöschungsverfahren
und patentrechtlichem Nichtigkeitsverfahren eine regelmäßige Erstattung von
Doppelvertretungskosten in Gebrauchsmusterlöschungsverfahren mit parallelem
Verletzungsprozess zu verneinen sei, nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Zwar
sind insbesondere aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung bei-
der Schutzrechte vor allem in verfahrensrechtlicher Hinsicht deutliche Unter-
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schiede gegeben. Jedoch sind weder der materielle Gehalt der jeweils angegriffe-
nen Schutzrechte, der in beiden Verfahrenssystemen zu beurteilen ist, gerade mit
Blick auf die bereits genannten, wesentlich angeglichenen Beurteilungsmaßstäbe
noch die Verfahrenssituationen bei parallel anhängigen Verletzungsprozessen
zwischen Gebrauchsmusterlöschungsverfahren und patentrechtlichem Nichtig-
keitsverfahren derart unterschiedlich, als dass sich hieraus ein zwingender Grund
für eine sachliche Differenzierung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Doppel-
vertretungskosten ergeben könnte. Im Gegenteil: Aus Sicht des Senats wäre aus
den genannten Gründen eine unterschiedliche Beurteilung der Erstattungsfähig-
keit sog. Doppelvertretungskosten im Nichtigkeits- und im Gebrauchsmusterlö-
schungsverfahren nicht sachgerecht.

d) Die Antragsgegnerin war im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren sowohl von
einem Rechtsanwalt als auch einem Patentanwalt, allerdings in einer Person, ver-
treten. Der Senat erachtet allerdings im vorliegenden Fall einer Doppelqualifikation
des Verfahrensbevollmächtigten sowohl die Kosten für einen Rechtsanwalt als
auch für einen Patentanwalt für notwendig und mithin erstattungs- bzw. berück-
sichtigungsfähig.

aa) Die Frage der Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten bei Vertre-
tung durch einen sowohl als Patent- als auch als Rechtsanwalt qualifizierten Ver-
fahrensbevollmächtigten wird in der Kommentarliteratur nicht einheitlich beantwor-
tet (vgl. einerseits Busse/Engels PatG, 8. Aufl. § 80 Rdnr. 64, andererseits
Schulte/Püschel, Patentgesetz, 9. Aufl. § 80 Rdnr. 45; vermittelnd bzw. abwartend
Benkard/Schäfers/Schwarz Patentgesetz, 11. Aufl., § 80 Rdn. 40).

bb) Zu der bzgl. der hier zu beurteilenden Rechtsfrage ergangenen Rechtspre-
chung ist im Zusammenhang mit Nichtigkeitsverfahren darauf hinzuweisen, dass
zwar der 2. Senat des Bundespatentgerichts in seinem Beschluss vom 5. Septem-
ber 1990 (2 ZA (pat) 13/90 – GRUR 1991, 205) eine Doppelqualifikation nicht mit
einer Doppelvertretung gleichgesetzt hatte. An dieser Rechtsprechung hat der
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2. Senat jedoch nicht mehr festgehalten (vgl. den Beschluss vom 10. August 2011,
2 ZA (pat) 8/10), nachdem der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs einem Vertre-
ter eine Doppelvergütung in einer Kennzeichenstreitsache anerkannt hat, wenn
ein als Rechtsanwalt und als Patentanwalt zugelassener Vertreter in beiden Funk-
tionen beauftragt und in beiden Funktionen tätig geworden ist (Beschluss vom
3. April 2003, I ZB 37/02 – GRUR 2003, 639).

cc) Für den Senat kommt es bei dieser Streitfrage entscheidend darauf an, ob der
doppelt qualifizierte Vertreter in beiden Eigenschaften mandatiert war und im Ver-
fahren tätig geworden ist. Im Falle eines Gebrauchsmusterlöschungsverfahrens
mit parallelem Verletzungsstreits ist eine Abstimmung des Vorgehens in beiden
der Verfahren – wie ausgeführt – bei einer typisierenden Bertachtungsweise in
gleicher Weise wie bei parallel anhängigen Verletzungs- und Nichtigkeitsprozes-
sen erforderlich. Ist ein Anwalt im Löschungsverfahren, bei dem ein paralleler Ver-
letzungsstreit geführt wird, in beiden Eigenschaften aufgetreten, ist er auch ent-
sprechend zu vergüten, da es sich jeweils um notwendige Kosten handelt, denn
der Abstimmungsbedarf begründet seine Tätigkeit als Patentanwalt und als
Rechtsanwalt und beides sind notwendige Kosten, die dann auch zu vergüten
sind.

Die Antragstellerin bestreitet zwar in ihrem Schriftsatz vom 10. März 2014, dass
auf Seiten der Antragsgegnerin ein Rechtsanwalt im Gebrauchsmusterlöschungs-
verfahren mitgewirkt hat.

In ihrem Kostenfestsetzungsantrag hat die Antragsgegnerin jedoch darauf hinge-
wiesen, dass die Sozietät des Unterzeichnenden die Antragsgegnerin patent- und
rechtsanwaltlich vertreten habe und der Unterzeichnende als Patent- und Rechts-
anwalt im vorliegenden Verfahren tätig geworden sei.

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Von einer ordnungsgemäßen Mandatierung des Verfahrensbevollmächtigten der
Antragsgegnerin als Patent- und als Rechtsanwalt ist im vorliegenden Fall auszu-
gehen.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat zwar die bestimmenden
Schriftsätze im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren jeweils nur mit „Patentan-
walt“ unterzeichnet. Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchs-
musterabteilung ist er lt. Sitzungsprotokoll dagegen als Patent- und Rechtsanwalt
aufgeführt. Ebenso sind in Fristverlängerungsanträgen und Empfangsbekenntnis-
sen stets beide Eigenschaften bzw. Qualifikationen benannt. Den Widerspruch
gegen den Gebrauchsmusterlöschungsantrag hat Verfahrensbevollmächtigte der
Antragsgegnerin zwar lediglich mit „Patentanwalt“ unterschrieben, jedoch auf dem
Schreiben mit einem Briefkopf, in dem er sowohl als Patent- und als Rechtsanwalt
aufgeführt ist. Der Umstand, dass auf dem Schreiben unter der Unterschrift ledig-
lich „Patentanwalt“ steht, ist kein hinreichender Grund, dem Vertreter abzuspre-
chen, dass er im Verfahren auch als Rechtsanwalt tätig war. Anzumerken ist, dass
der 2. Senat in seinem Beschluss vom 10. August 2011, 2 ZA (pat) 8/10 ebenfalls
nur darauf abgestellt hat, dass der dortige Verfahrensbevollmächtigte beide Quali-
fikationen hatte und es als unerheblich erachtet hat, dass der Vertreter die Klage
lediglich als Rechtsanwalt erhoben hatte. Der Senat schließt sich dieser Beurtei-
lung an.

e) Hinsichtlich der Höhe der auf Seiten der Antragsgegnerin zu berücksichtigen-
den Rechtsanwaltsgebühren ist bei einem Gegenstandswert von 500.000 € eine
Verfahrensgebühr gemäß RVG-VVNR. 2300 mit einem Satz von 2,5 und daher
insgesamt in Höhe von 7.490,00 € anzusetzen.

Pauschale Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß
RVG-VVNR. 7002 in Höhe von 20 Euro können dagegen nach Ansicht des Senats
bei einer bloßen Doppelqualifikation des Vertreters nicht doppelt angesetzt wer-
den. Diese Pauschale stellt eine pauschalisierte Aufwandsentschädigung für den
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Vertreter dar. Die doppelte Vergütung bei einer Doppelvertretung gehört wegen
des Abstimmungsbedarfs zu den notwendigen Kosten, jedoch fallen beim Vertre-
ter, der beide Qualifikationen in einer Person aufweist, nicht dadurch typischer-
weise doppelte Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß RVG-
VVNR. 7002 an, denn der Abstimmungsbedarf bestimmt lediglich den Inhalt des-
sen, was der Vertreter schreibt und kommuniziert.

f) Da die weiteren Posten, die die Gebrauchsmusterabteilung bei der Berech-
nung des zu erstattenden Kostenbetrags zugrunde gelegt hat, sowohl unstreitig
als auch aus Sicht des Senats aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sind,
berechnet sich der auszugleichende Betrag wie folgt:
Die auf Seiten der Antragsgegnerin zu berücksichtigenden Kosten erhöhen sich
von 7.879,63 € um den zusätzlich anzuerkennenden Betrag von 7.490,00 € auf
15.369,63 €. Zusammen mit den auf Seiten der Antragstellerin zu berücksichti-
genden Kosten i. H. v. 9.832,10 € ergibt sich eine Gesamtsumme von 25.201,73 €
berücksichtigungsfähiger Kosten. Hiervon haben die Antragstellerin 1/3 =
8.400,58 € und die Antragsgegnerin 2/3 = 16.801,15 € zu tragen. Abzüglich der
eigenen Kosten i. H. v. 15.369,63 € ergibt sich ein Betrag i. H. v. 1.431,52 €, den
die Antragsgegnerin der Antragstellerin im Wege des Kostenausgleichs zu erstat-
ten hat.

2. Da die Beschwerde bis auf den geringfügigen Betrag von 1/3 der zusätzlich
geltend gemachten Auslagenpauschale Erfolg hat, hat die Beschwerdegegnerin
die Kosten dieses Verfahrens zu tragen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, § 84 Abs. 2
PatG, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 18 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 100 Abs. 2
Nr. 2 PatG wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts
bezüglich der Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten einschließlich sol-
cher bei Doppelqualifikation im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren zugelassen.

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4. Der Senat konnte gemäß dem auch im Gebrauchsmusterbeschwerdeverfah-
ren anwendbaren § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.


III. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der vom Senat zugelassenen Rechtsbeschwerde zu.

Unabhängig von der Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Senat ist sie nur
statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Metternich Eisenrauch Bayer


Fa


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