30 W (pat) 7/15  - 30. Senat (Marken/Design)
Karar Dilini Çevir:

BUNDESPATENTGERICHT
L e i t sa tz
Aktenzeichen: 30 W (pat) 7/15
Entscheidungsdatum: 23.03.2017
Rechtsbeschwerde zugelassen: ja
Normen: MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3
KNEIPP
Der Grundsatz, dass eine von Hause aus kennzeichnungsschwache, jedoch infolge Benut-
zung durchschnittlich kennzeichnungskräftige ältere Marke im Falle ihrer Übernahme in eine
jüngere Kombinationsmarke deren Gesamteindruck prägen kann, ist nicht anzuwenden,
wenn der angesprochene Verkehr das übernommene Zeichen im Kontext der jüngeren Kom-
binationsmarke lediglich in beschreibendem Sinne und nicht als Hinweis auf den Inhaber der
älteren Marke versteht (Fortführung von BGH GRUR 2013, 833 – Culinaria/Villa Culinaria).
In diesem Fall scheidet auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne und ein Bekannt-
heitsschutz aus.
ECLI:DE:BPatG:2017:230317B30Wpat7.15.0
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 7/15
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
23. März 2017

B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache

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betreffend die Marke 30 2010 062 575
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentge-
richts auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und
Dr. Meiser
beschlossen:
I. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
Internationale Kneipp-Aktionstage
ist am 26. Oktober 2010 angemeldet und am 14. Februar 2011 unter der Register-
nummer 30 2010 062 575 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte
Register eingetragen worden für die Dienstleistungen der
„Klasse 41: Erziehung; Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und
kulturelle Aktivitäten
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung
von Gästen
- 3 -
Klasse 44: Medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und
Schönheitspflege für Menschen“.

Gegen diese Marke, deren Eintragung am 18. März 2011 veröffentlicht worden ist,
ist Widerspruch erhoben worden von der Inhaberin der am 30. Mai 1996 angemel-
deten und am 7. April 1998 eingetragenen Marke 396 24 268

KNEIPP

die - nach einer mit Wirkung vom 1. Juni 2016 erfolgten Teillöschung - noch für
folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 11, 31, 35, 39, 41, 43
und 44 Schutz genießt:

„Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und
Schleifmittel; kosmetische Badezusätze, Badesalze, Ölbäder,
Kräuterduschen; Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Duftsprays,
Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Hautmilch,
Hautcremes, Haarwässer, alle diese Waren auch mit Kräutern;
Zahnputzmittel, Zahn- und Mundwässer; insbesondere unter Ver-
wendung von Heilpflanzen und Heilkräutern gewonnene Arznei-
mittel in Form von Bonbons, Pillen, Dragees, Pulvern, Packungen,
Salben, Balsamen, Ölen, Tropfen und Säften; pharmazeutische
und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die
Gesundheitspflege insbesondere unter Verwendung natürlicher,
aus Pflanzen gewonnener Präparate; phytotherapeutische Heil-
mittel; Krankendiätmittel, insbesondere diätetische Nährmittel für
Kranke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Baby-
kost; medizinische Drogentees; medizinischer Essig, medizinische
Weine, Kräuteressenzen mit Alkohol für medizinische Zwecke;
Honigmet für medizinische Zwecke; Heilmittelsäfte, auch Pflan-
zensäfte; medizinische Mischgetränke aus den vorstehenden Ge-
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tränken; medizinischer Honig; bestimmte Heilmittelextrakte, Kräu-
tertinkturen; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke
(soweit in Klasse 5 enthalten) zur Bedarfsbefriedigung des
menschlichen Körpers an Vitaminen, Mineralien, Fasern und/oder
Ballaststoffen; für den persönlichen Gebrauch bestimmte Deodo-
rants, Deodorant-Sprays und medizinische Badezusätze; Pflaster,
Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärzt-
liche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schäd-
lichen Tieren; Fungizide, Herbizide; Beleuchtungs-, Heizungs-,
Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Was-
serleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, insbesondere Geräte
und Anlagen für die Hydrotherapie wie Ganzkörperwannen, Sitz-
wannen, Fußwannen, Armwannen, Wassertretanlagen, Duschen
und Einrichtungen zur Verabreichung von Wassergüssen; Sauna-
ausstattungen, Ganzkörper-Dampf- und Tieftemperaturanlagen für
den menschlichen Gebrauch; Land-, garten- und forstwirtschaftli-
che Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthal-
ten; teils getrocknete, teils konservierte Kräuter, Blüten, Blätter,
Beeren und Wurzeln; lebende Tiere; frisches Obst und Gemüse;
Sämereien und lebende Pflanzen, insbesondere Heilkräuter und
Heilkräutersamen; Futtermittel, Malz; Werbung; Geschäftsführung;
Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Transport von pflegebe-
dürftigen Personen in Kuranstalten und Kurorten; Transportwesen;
Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen;
Materialbearbeitung; Information und Beratung über Arzneipflan-
zen und Diät sowie Wasser- und Heilkräuterkuren durch die Her-
ausgabe von Texten; Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der
Hydro-, Phyto-, Bewegungs-, Ernährungs- und Ordnungstherapie,
insbesondere für Ärzte, Heilpersonen, Heilhilfspersonen und Ba-
demeister; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und
kulturelle Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung von Gästen;
- 5 -
ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege; Kur-
dienstleistungen in Bade- und Kuranstalten sowie Sanatorien;
Heilbehandlung zur Prävention, Rehabilitation, sowie Wasseran-
wendung, Verabreichung von Bädern, insbesondere Kräuterbä-
dern, Trinkkuren mit Kräuter-, Tee- und Pflanzensäften; Bewe-
gungstherapie, Ernährungs- und Diättherapie, Ordnungstherapie;
Sammeln von Informationsmaterial über Therapieerfahrungen mit
Wasser- und Heilkräuter-Kuren insbesondere für Kurärzte, Ärzte
für Naturheilverfahren, Kuranstalten; Information und Beratung
über Arzneipflanzen und Diät sowie Wasser- und Heilkräuterku-
ren; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der
Landwirtschaft“.

Mit Beschluss vom 5. Dezember 2014 hat die mit einem Beamten des höheren
Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Marken-
amts den Widerspruch zurückgewiesen, da eine Verwechslungsgefahr zwischen
den Kollisionsmarken nicht vorliege.

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, zwar begegneten sich die Ver-
gleichsmarken bei identischen Dienstleistungen; jedoch verfüge die Wider-
spruchsmarke KNEIPP nur über eine geringe Kennzeichnungskraft. Bei Pfarrer
Sebastian Kneipp handele es sich um einen bekannten Namensträger, der die
nach ihm benannten Behandlungsmethoden (darunter gezielte Behandlungen mit
Wasseranwendungen, Pflanzenwirkstoffen sowie Bewegungs- und Ernährungs-
empfehlungen) begründet habe. Die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise
würden der Widerspruchsmarke daher lediglich den Hinweis entnehmen, dass die
mit der Marke gekennzeichneten Dienstleistungen mit den Behandlungsmethoden
Kneipps in Zusammenhang stünden. Aber selbst bei Annahme einer durchschnitt-
lichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke liege aufgrund des deutlichen
Abstands in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht keine Ver-
wechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken vor. Der Bestandteil „Kneipp“
- 6 -
nehme innerhalb der angegriffenen Marke keine prägende und auch keine selb-
ständig kennzeichnende Stellung ein, da dieser für die maßgeblichen Dienstleis-
tungen beschreibend sei und zudem zusammen mit den weiteren Bestandteilen
„Internationale“ und „-Aktionstage“ eine Sinneinheit bilde, die insgesamt als
Sachhinweis wahrgenommen würde. Der Verkehr werde das Zeichen daher als
einen einheitlichen Begriff auffassen und sich nicht nur an einem einzelnen Be-
standteil orientieren.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie trägt vor, entgegen der Auffassung der Markenstelle verfüge die Wider-
spruchsmarke von Haus aus nicht nur über eine geringe, sondern über eine zu-
mindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Das Deutsche Patent- und Mar-
kenamt selbst habe in anderer Sache (mit nicht rechtskräftigem Beschluss vom
29. März 2014, Az: 30 2011 027034.1) entschieden, dass die Widerspruchsmarke
nicht erheblich geschwächt sei. Das Zeichen KNEIPP sei als berühmter Name ab-
solut betrachtet kennzeichnungskräftig und daher von Haus aus von durchschnitt-
lichem Schutzumfang.

Hinzu trete, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund tat-
sächlicher Benutzung erheblich gesteigert sei. Die Widersprechende stelle seit
über 100 Jahren „Produkte zur Gesundheitspflege“ (z. B. Gesundheitstees, Nah-
rungsergänzungsmittel) und „Pflegeprodukte“, wie z. B. Erkältungsbäder, her. Der
Umsatz der Widersprechenden mit diesen Produkten habe sich in den letzten fünf
Jahren auf durchschnittlich … Euro belaufen. Auch bewerbe die Wider-
sprechende ihre Produkte umfangreich im Fernsehen, auf „Social Media Kanälen“
und in nahezu allen namhaften Zeitschriften, wobei sich die jährlichen Ausgaben
der Widersprechenden für Werbeanzeigen auf durchschnittlich … Euro
beliefen. Der Verkehr, dem die Widerspruchsmarke in der Werbung, in Drogerie-
märkten, Supermärkten sowie in eigenen „Kneipp-Shops“ und im Online-Shop der
Widersprechenden entgegen trete, nehme die Bezeichnung KNEIPP somit als
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eine prominente Marke wahr. Nicht zuletzt sei die Widerspruchsmarke von der un-
abhängigen Organisation „Superbrands“ in den Jahren 2007 und 2009 als eine der
„stärksten deutschen Marken“ ausgezeichnet worden. Wie sehr sich die Wider-
spruchsmarke bei den angesprochenen Verkehrskreisen als Handelsname, ohne
Bezug zu Pfarrer Sebastian Kneipp, etabliert habe, gehe auch aus den zu den
Akten gereichten Presseartikeln hervor. Aber auch in Zusammenhang mit den hier
relevanten Dienstleistungen habe die Widerspruchsmarke eine „hohe“ Kennzeich-
nungskraft. So stehe die Widersprechende, was die Dienstleistungen „Erziehung“
und „Ausbildung“ betreffe, bundesweit mit über 75 Kindergärten und Schulen in
lizenzvertraglichen Beziehungen. Des Weiteren biete sie in einem Kneipp-Shop
Dienstleistungen in den Bereichen Kosmetikbehandlung, Bäder, Massagen, Pedi-
küre und Fußpflege an, was der Zeuge R…, der auch für die dargelegten Um-
satzzahlen und Werbeaufwendungen benannt ist, bezeugen könne.

Angesichts der dargelegten Umsatzzahlen, Werbeaufwendungen sowie unter Be-
rücksichtigung der zu den Akten gereichten Unterlagen besitze die Wider-
spruchsmarke eine „hohe“, zumindest aber gesteigerte Kennzeichnungskraft, die
dazu führe, dass der Bestandteil „Kneipp“ die angegriffene Marke präge, während
die weiteren Wortelemente dahinter zurücktreten würden.

Von einem einheitlichen Gesamtbegriff sei, entgegen den Ausführungen der Mar-
kenstelle, bereits deshalb nicht auszugehen, weil der Durchschnittsverbraucher
die weiteren Bestandteile „Internationale“ und „-Aktionstage“ als unmittelbar be-
schreibend wahrnehme. Für den Verbraucher werde bei einem Gesamtbegriff
„Internationale XY-Aktionstage“ immer und alleine maßgeblich sein, worum es sich
bei diesem „XY“ handele. Gegen ein Verständnis als feststehender einheitlicher
Begriff spreche auch die bei der angegriffenen Marke naheliegende Tendenz zur
Verkürzung. Die Durchschnittsverbraucher würden sowohl mündlich als auch
schriftlich nicht durchgehend von „Internationalen Kneipp-Aktionstagen“ sprechen,
sondern dies auf „Kneipp-Aktionstage“, „Kneipp-Aktion“, „Kneipp-Tage“ o. ä. ver-
kürzen. Der einzige Bestandteil, der hierbei nicht weggelassen werden könne, sei
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der Bestandteil „Kneipp“, was verdeutliche, dass die angegriffene Marke alleine
von diesem geprägt sei.

Damit bestehe unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren - namentlich
der Identität der Dienstleistungen, einer „hohen“, mindestens aber gesteigerten
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und schließlich einer „hohen“ Zei-
chenähnlichkeit - Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken gemäß
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Zudem handele es sich bei der Widerspruchsmarke um
eine bekannte Marke gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG, deren Wertschätzung und
Unterscheidungskraft die angegriffene Marke ohne rechtfertigenden Grund beein-
trächtige.

Die Widersprechende beantragt,

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Dezember 2014 auf-
zuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 062
575 Internationale Kneipp-Aktionstage wegen des Wider-
spruchs aus der Marke 396 24 268 anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat auf die Beschwerde nicht schriftsätzlich erwidert. Im Amtsverfahren hat sie
vorgetragen, eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken liege
nicht vor. Bereits für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sei
zu berücksichtigen, dass es sich bei der Markeninhaberin um einen gemeinnützi-
gen Verein handele, der seit Jahrzehnten die idealistische Kneipp-Bewegung im
internationalen Bereich vertrete, während seitens der Widersprechenden KNEIPP-
Produkte erwerbswirtschaftlich, also mit Gewinnerzielungsabsicht, hergestellt und
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vertrieben würden. Die Markeninhaberin benutze die Marke ausschließlich für die
Propagierung bestimmter Präventionsmaßnahmen im Rahmen jährlich stattfin-
dender Treffen ihrer ehrenamtlichen, in Untergliederungen organisierten Vereine
sowie gesundheitsbewusster Gäste. Aus Sicht des unbefangenen Betrachters
gehe es somit gerade nicht darum, Heilmittel, wie sie die Widersprechende her-
stelle und vertreibe, zu bewerben, sondern im Vordergrund stehe alleine die öf-
fentlichkeitswirksame Verbreitung der „Fünf-Elementen-Lehre“ des Pfarrers
Sebastian Kneipp. Die Marke sei insoweit für Veranstaltungen zum Erfahrungs-
austausch der idealistischen, auch international ausgerichteten Kneipp-Bewegung
entwickelt worden. Zu Unrecht versuche die Widersprechende, den Begriff
„Kneipp“, der auf den im 19. Jahrhundert wirkenden Pfarrer Kneipp aus Bad
Wörishofen zurückgehe, für eigene Zwecke zu monopolisieren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken
keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht; auch
auf den Löschungsgrund des Sonderschutzes der bekannten Marke gemäß § 9
Abs. 1 Nr. 3 MarkenG vermag sich die Widersprechende nicht mit Erfolg zu
berufen. Daher hat die Markenstelle den Widerspruch aus der Marke 396 24 268
zu Recht zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG).

1. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des
Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung
aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH
GRUR 2015, 794, Nr. 23 - Loutfi/Meatproducts u. a.; GRUR 2013, 923,
Nr. 34 - Specsavers-Gruppe/Asda; GRUR 2010, 1098, Nr. 44 - Calvin
Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA BECKER; BGH GRUR 2017,
75, Nr. 16 - Wunderbaum II; GRUR 2016, 1300, Nr. 44 - Kinderstube;
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GRUR 2015, 176, Nr. 9 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488, Nr. 9 – DESPERA-
DOS/DESPERADO). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder
Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten
Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der äl-
teren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutz-
umfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Ver-
wechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Fakto-
ren (st. Rspr., z.B. BGH GRUR 2017, 75, Nr. 16 - Wunderbaum II; GRUR 2016,
1300, Nr. 44 - Kinderstube; GRUR 2015, 176, Nr. 9 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2014,
488, Nr. 9 - DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2014, 382, Nr. 14 - REAL-
Chips).

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den genannten Vergleichsmarken eine
markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen nicht zu besorgen.

2. Ausgehend von der maßgeblichen Registerlage begegnen sich die
Vergleichszeichen allerdings, wie auch die Markenstelle zutreffend zugrunde ge-
legt hat, im Zusammenhang mit identischen Dienstleistungen. Die Dienstleistun-
gen der Klasse 41 „Erziehung; Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle
Aktivitäten“ und der Klasse 43 „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherber-
gung von Gästen“ sind identisch in den jeweiligen Verzeichnissen der Vergleichs-
marken enthalten. In Klasse 44 lassen sich die angegriffenen Dienstleistungen
„Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“ unter den von der Wider-
spruchsmarke beanspruchten Oberbegriff der „Gesundheits- und Schönheits-
pflege“ subsumieren. Schließlich umfasst der von der angegriffenen Marke weiter-
hin in Klasse 44 beanspruchte weite Oberbegriff der „Medizinischen Dienstleistun-
gen“ die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zur „ärztlichen Versorgung“ wie
auch zur „Gesundheitspflege“, so dass auch insoweit Dienstleistungsidentität be-
steht. Ohne Einfluss ist demgegenüber der Vortrag der Markeninhaberin zu ihrer
gemeinnützigen Ausrichtung; die Umstände der tatsächlichen Markenbenutzung
bzw. das Argument, dass die Vergleichsmarken auf unterschiedlichen Märkten
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bzw. zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt würden, sind in diesem Zusam-
menhang unerheblich (vgl. m. w. N. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 9
Rn. 100 und § 14 Rn. 254).

3. Mit der Markenstelle ist ferner davon auszugehen, dass die originäre Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke im vorliegenden Dienstleistungszusam-
menhang auf ein Minimum reduziert ist.

a) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der
Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungs-
mittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten
Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von
denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. BGH GRUR 2017, 75,
Nr. 19 - Wunderbaum II; GRUR 2016, 382, Nr. 31 - BioGourmet). Diese Eignung
fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke ei-
nen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt
aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen be-
schreibende Angabe anlehnt (vgl. BGH GRUR 2014, 382, Nr. 26 - REAL-Chips;
GRUR 2013, 833, Nr. 34 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2013, 631,
Nr. 59 - AMARULA/Marulablu; GRUR 2012, 1040, Nr. 30 f. - pjur/pure).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchs-
marke im vorliegend relevanten Dienstleistungsbereich von Haus aus als weit un-
terdurchschnittlich einzustufen (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH
GRUR 2013, 833, Nr. 55 - Culinaria/Villa Culinaria). Denn der Name KNEIPP
entfaltet für die hier relevanten Dienstleistungen eine beschreibende Funktion
entfaltet (vgl. BPatG, Beschl. v. 15.9.2016, 30 W (pat) 41/14 - Wort-/Bildmarke
ORIGINAL Kneipp SEIT 1855).

Bei dem Wort KNEIPP handelt es sich zwar um einen für sich gesehen von Haus
aus unterscheidungskräftigen Namen bzw. Namensbestandteil. Der Verkehr ver-
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bindet mit diesem Namen jedoch vor allem die Person des in Deutschland nach
wie vor bekannten katholischen Pfarrers Sebastian Kneipp, der im 19. Jahrhundert
die schon im Altertum geübte Wasserbehandlung wieder aufgenommen und
hierzu ein eigenes System entwickelt hat. Die nach ihm benannte Kneipp-Medizin
oder Kneipp-Therapie ist ein Behandlungsverfahren, das Wasseranwendungen,
Pflanzenwirkstoffe sowie Bewegungs- und Ernährungsempfehlungen beinhaltet.
Diese können sowohl vorbeugend (präventiv) als auch zur Behandlung bestehen-
der Erkrankungen (kurativ) eingesetzt werden. Anwendung finden diese Therapien
häufig im Rahmen sog. „Kneipp-Kuren“, welche vielerorts, oftmals auch in darauf
spezialisierten Kurorten, so insbesondere in Bad Wörishofen, dem langjährigen
Wirkungsort Pfarrer Kneipps und Sitz des Markeninhabers, angeboten werden. Mit
den von Pfarrer Kneipp entwickelten (Hydro)Therapien beschäftigt sich auch eine
Vielzahl sog. „Kneipp-Vereine“ (vgl. zum Ganzen ausführlich und m. w. N. BPatG,
a. a. O., 30 W (pat) 41/14 - Wort-/Bildmarke ORIGINAL Kneipp SEIT 1855).

c) Die Widerspruchsmarke beansprucht in den hier relevanten Klassen 41
und 44 Schutz für Dienstleistungen, welche sich ihrem Gegenstand und Inhalt
nach mit den Lehren und/oder Therapien des Pfarrers Kneipp befassen können
und für die sich der Name KNEIPP zu einer gattungsbegrifflichen Bezeichnung
entwickelt hat. Wird aber der (von Haus aus unterscheidungskräftige) Name einer
natürlichen Person als Bezeichnung für eine bestimmte Therapie, Behandlungs-
methode usw. benutzt und auch so verstanden, entfaltet dieser Begriff im Zusam-
menhang mit den entsprechenden Dienstleistungen eine beschreibende Funktion
(vgl. BGH GRUR 2003, 436, 439 - Feldenkrais).

Was die in Klasse 43 beanspruchten Dienstleistungen „Verpflegung“ und „Beher-
bergung von Gästen“ betrifft, können diese selbst zwar nicht die Verfahren oder
Therapien nach Pfarrer Kneipp zum Gegenstand haben. Sie können aber in un-
mittelbarem Zusammenhang mit diesen Behandlungsverfahren insoweit stehen,
als sie speziell auf solche (Kur)Therapien ausgerichtet und/oder in die (Kneipp-
)Behandlungsverfahren und Kurtherapien integriert sind, so dass insoweit jeden-
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falls ein enger beschreibender Bezug besteht (vgl. BPatG, a. a. O.,
30 W (pat)41/14 - Wort-/Bildmarke ORIGINAL Kneipp SEIT 1855).

d) Soweit sich die Widersprechende demgegenüber die Argumentation des
Deutschen Patent- und Markenamts in einem anderen Verfahren (mit nicht rechts-
kräftigem Beschluss vom 29.3.2014, Az: 30 2011 027034.1) zu eigen macht, greift
dies nicht durch. Sofern in dem zitierten Beschluss einerseits festgehalten wird,
dass „Kneipp“ als Wort jedenfalls vom (medizinischen) Fachverkehr sachbezogen
verstanden werde, kann dies bereits für sich alleine für die Annahme einer man-
gelnden Unterscheidungskraft bzw. hier einer minimalen Kennzeichnungskraft
ausreichen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 41), wobei allerdings davon
auszugehen ist, dass auch die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise das
Markenwort im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang ausschließlich be-
schreibend im Sinne einer gattungsbegrifflichen Bezeichnung verstehen werden.
Die weitere Argumentation, dass „Kneipp“ und seine Behandlungsmethoden „um-
stritten“ gewesen seien und der Begriff daher „nicht nur den sachlichen Hinweis“,
sondern auch „seine Ablehnung und Widerspruch“ beinhalte, führt von einem ohne
weiteres erfassbaren, objektiv beschreibenden Charakter - eben als Hinweis auf
die Behandlungsmethoden nach „Kneipp“, mögen diese auch mit Kritik verbunden
sein - nicht weg.

e) Nach alledem ist der Widerspruchsmarke im relevanten Dienstleistungszu-
sammenhang von Haus aus nur die schwächste (weit unterdurchschnittliche)
Kennzeichnungskraft zuzumessen, da sie insoweit bereits im maßgeblichen Kolli-
sionszeitpunkt als schutzunfähig einzustufen war (vgl. Hacker, in: Festschrift für
Bornkamm, 2014, S. 575, 580).

4. Soweit sich die Widersprechende auf eine durch intensive Benutzung gestei-
gerte Verkehrsbekanntheit und Kennzeichnungskraft beruft, erscheint dies jeden-
falls für den Bereich der hier relevanten Dienstleistungen der Klassen 41, 43 und
44 zweifelhaft. Im Ergebnis kann dies aber im vorliegenden Fall zugunsten der
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Widersprechenden unterstellt werden, was jedoch lediglich dazu führt, dass die
ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche für die betreffenden Dienstleistungen als
kompensiert anzusehen und der Widerspruchsmarke ein durchschnittlicher
Schutzumfang zuzumessen wäre; im Einzelnen:

a) Für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft infolge gesteigerter
Verkehrsbekanntheit bedarf es, sofern die Sachlage nicht offenkundig ist, hinrei-
chend konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geografischer Verbrei-
tung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unterneh-
mens inklusive des Investitionsumfangs zur Förderung der Marke sowie gegebe-
nenfalls zu demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der be-
teiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke
als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. BGH
GRUR 2017, 75, Nr. 29 - Wunderbaum II; GRUR 2013, 833, Nr. 41 - Culinaria/
VillaCulinaria). Diese Voraussetzungen müssen bereits im Anmeldezeitpunkt der
jüngeren Marke (hier: 26. Oktober 2010) vorgelegen haben (vgl. BGH
GRUR 2008, 903, Nr. 13 f. - SIERRA ANTIGUO) und bis zum Entscheidungszeit-
punkt fortbestehen (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 211). Eine Steigerung der
Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung ist von der Widersprechenden
darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit die Benutzungslage nicht im Einzel-
fall amts- oder gerichtsbekannt ist (BPatG GRUR-RR 2015, 468, 469 - Senkrechte
Balken).

b) Nach diesen Grundsätzen fehlt es für die Annahme einer gesteigerten Kenn-
zeichnungskraft von KNEIPP unmittelbar in den hier relevanten Dienstleistungsbe-
reichen der Klassen 41, 43 und 44 bereits an einem hinreichend spezifizierten
Vortrag der Widersprechenden. Zu einer Benutzung der Marke KNEIPP im Be-
reich der Dienstleistungen der Klasse 43 („Verpflegung“ und „Beherbergung von
Gästen“) hat die Widersprechende nichts vorgetragen. Für die Dienstleistungen
der Klasse 41 („Erziehung; Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Ak-
tivitäten“) reicht alleine die pauschale Darlegung, dass sie „bundesweit mit über
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70 Kindergärten und Schulen in lizenzvertraglichen Beziehungen über die Benut-
zung der Widerspruchsmarke“ stehe, nicht aus. Das Gleiche gilt für die medizini-
schen Dienstleistungen der Klasse 44, wofür die Widersprechende lediglich vor-
getragen und unter Zeugenbeweis gestellt hat, dass sie „in einem Kneipp-Shop
Dienstleistungen in den Bereichen Kosmetikbehandlung, Bäder, Massagen, Pedi-
küre und Fußpflege“ anbiete.

Die des Weiteren zu den Akten gereichten Presseartikel beziehen sich nicht auf
spezifische Dienstleistungen, wie auch die Auszeichnung der Marke KNEIPP in
den Jahren 2007 und 2009 als eine der „stärksten Marken Deutschlands“ durch
die unabhängige Organisation „Superbrands“ insoweit ohne Aussagekraft ist, zu-
mal der zeitliche Abstand zum vorliegenden Entscheidungszeitpunkt knapp acht
Jahre beträgt und zum anderen sog. Marken-Rankings, soweit für sie die tatsäch-
lichen Grundlagen nicht offengelegt werden (vgl. BPatG, Beschl. v. 4.8.2011,
25 W (pat) 1/11 - NETZORANGE/ORANGE), für sich genommen grundsätzlich
keinen Schluss auf eine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft zulas-
sen (vgl. m. w. N. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 159).

Spezifizierter hat die Widersprechende lediglich für den Bereich einiger der Wider-
spruchswaren der Klassen 3 und 5 („Mittel zur Körper- und Schönheitspflege (…)“;
„pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege“) vor-
getragen, wobei die Widersprechende, die ihren Vortrag insoweit unter Zeugen-
beweis gestellt hat, in diesem Bereich unstreitig erhebliche Umsätze erzielt und
auch erhebliche Werbeaufwendungen tätigt. Die Herstellung und der Verkauf der-
artiger Waren zur Körper- und Gesundheitspflege stellt nach dem Vortrag der Wi-
dersprechenden auch offensichtlich ihren Unternehmensschwerpunkt dar, wäh-
rend zu einem umfangreichen Auftreten der Widersprechenden unter der Marke
KNEIPP als Dienstleister der Klassen 41, 43 und 44 weder hinreichend spezifiziert
vorgetragen worden, noch dies sonst gerichtsbekannt ist.

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c) Bei dieser Sachlage bestehen vorliegend allenfalls dafür Anhaltspunkte, dass
die Widerspruchsmarke für die genannten Waren der Klassen 3 und 5 seit langem
im Markt präsent ist und insoweit möglicherweise über eine durch umfangreiche
und intensive Benutzung gesteigerte Verkehrsbekanntheit verfügt. Für die vorlie-
gend relevanten Dienstleistungen der Klassen 41, 43 und 44 erscheint dies dem-
gegenüber zweifelhaft. Insoweit kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegan-
gen werden, dass die möglicherweise durch Benutzung erhöhte Kennzeichnungs-
kraft von KNEIPP für Waren der Klassen 3 und 5 auf die hier relevanten Dienst-
leistungen ausstrahlt, da eine solche Ausstrahlungswirkung auf eng verwandte
(Waren und) Dienstleistungen beschränkt ist (vgl. hierzu BGH GRUR 2012, 930,
Nr. 71 - Bogner B/Barbie B; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 171), woran es vor-
liegend fehlt.

d) Alles dies kann aber letztlich dahinstehen. Auch wenn man zugunsten der
Widersprechenden für sämtliche relevanten Dienstleistungen eine erhebliche Be-
nutzung der Widerspruchsmarke zum maßgeblichen Prioritätszeitpunkt der ange-
griffenen Marke und zum Entscheidungszeitpunkt unterstellt und/oder von einer
relevanten Ausstrahlung einer möglicherweise gesteigerten Kennzeichnungskraft
für Waren der Klassen 3 und 5 auf den Dienstleistungsbereich ausgeht, führt dies
im vorliegenden Fall lediglich dazu, dass die von Hause aus bestehende ausge-
prägte Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke für die betreffenden
Dienstleistungen als kompensiert anzusehen und von einem durchschnittlichen
Schutzumfang auszugehen wäre. Die Annahme einer darüber hinaus gesteiger-
ten, also einer überdurchschnittlichen oder gar weit überdurchschnittlichen Kenn-
zeichnungskraft im Bereich der Klassen 41, 43 und 44 kommt bei der geschilder-
ten Ausgangslage hingegen nicht in Betracht (vgl. zu verkehrsdurchgesetzten
Marken BGH GRUR 2016, 197, Nr. 30 - Bounty; GRUR 2009, 672,
Nr. 30 - OSTSEE-POST; GRUR 2007, 1066, Nr. 36 - Kinderzeit; Büscher, in:
Festschrift für Ullmann, S. 129, 137 ff.)

- 17 -
5. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke und selbst, soweit sich beide Marken in diesem Bereich nach der
Registerlage auf identischen Dienstleistungen begegnen können, kann aber eine
Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken nicht angenommen werden, da sie
mangels Zeichenähnlichkeit ausscheidet.

a) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich der jeweilige Ge-
samteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen maßgeblich (vgl. z. B.
BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040,
Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64,
Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 - MIXI). Dabei ist von dem
allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so auf-
nimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungs-
weise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zei-
chen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurtei-
len, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher,
bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413,
Nr. 19 -ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004,
843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem;
GRUR 2010, 235, Nr.15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 - METROBUS;
GRUR 2006, 60, Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder).
Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die
hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH
GRUR 2016, 382, Nr. 37 - BioGourmet; GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emb-
lem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 - Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 -
AIDA/AIDU).

b) Vergleicht man die Zeichen in ihrer Gesamtheit, besteht zwischen KNEIPP
und Internationale Kneipp-Aktionstage offensichtlich keine hinreichende Zei-
chenähnlichkeit in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. Die Mar-
ken sind durch die zusätzlichen Wortbestandteile („Internationale“, „-Aktions-
- 18 -
tage“) in der angegriffenen Marke, die weder überlesen noch überhört werden,
leicht voneinander zu unterscheiden.

c) Jedoch hält die Widersprechende wegen der Übereinstimmung der Ver-
gleichsmarken in „Kneipp“ eine Verwechslungsgefahr für gegeben, weil ihrer An-
sicht nach dieser Bestandteil den Gesamteindruck der angegriffenen Marke prägt.
Dem kann nicht beigetreten werden.

Allerdings ist allgemein anerkannt, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zu-
sammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit
eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl. m. w. N.
BGH GRUR 2013, 1239, Nr. 32 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2013,
833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2009, 772, Nr. 57 - Augsburger Pup-
penkiste). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile für die ange-
sprochenen Verkehrskreise weitgehend in den Hintergrund treten und den Ge-
samteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2012, 64,
Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 31 - MIXI; GRUR 2009, 1055,
Nr. 23 - airdsl), so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden kön-
nen (vgl. EuGH GRUR 2016, 80, Nr. 37 – BGW/Scholz; GRUR 2007, 700,
Nr. 42 -HABM/Shaker, GRUR Int. 2010, 129, Nr. 62 - Carbonell/La Espanola;
GRUR 2010, 1098, Nr. 56 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2004, 778,
779 - URLAUB DIREKT; GRUR 2008, 719, Nr. 37 - idw Informationsdienst Wis-
senschaft; GRUR 2010, 828, Nr. 45 - DiSC).

Der Bestandteil „Kneipp" der jüngeren Marke prägt diese jedoch nicht derart, dass
die weiteren Bestandteile („Internationale“, „-Aktionstage“) im Rahmen des Ge-
samteindrucks weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck des
Zeichens nicht mitbestimmen würden.

Einer prägenden Wirkung von „Kneipp“ steht bereits entgegen, dass die Wortfolge
Internationale Kneipp-Aktionstage vom Verkehr bei ungezwungener Betrach-
- 19 -
tung als geschlossener Gesamtbegriff wahrgenommen wird, wobei die weiteren
Wortbestandteile („Internationale“, „-Aktionstage“) auf eine internationale Veran-
staltung hinweisen, während das Element „Kneipp“ Merkmale und Eigenschaften
der hiermit in Zusammenhang stehenden Dienstleistungen dahingehend be-
schreibt, dass diese sich ihrem Inhalt und/oder ihrer Thematik nach mit den Leh-
ren des Pfarrers Kneipp und den von ihm entwickelten Behandlungsmethoden
befassen. Derartige beschreibende bzw. sachbezogene Zusätze können ein Zei-
chen aber in der Regel nicht prägen, weil der Verkehr ihnen lediglich eine inhaltli-
che Sachaussage entnehmen wird, ohne darin eine Marke zu erkennen, die auf
die Herkunft des Produkts hinweist (vgl. BGH GRUR 2007, 1071, Nr. 37 - Kin-
der II; GRUR 2013, 68, Nr. 43 - Castell/VIN CASTEL). Entgegen dem
Beschwerdevorbringen kann der Eindruck als einheitlicher Gesamtbegriff durch-
aus auch durch beschreibende Bestandteile vermittelt werden (BGH GRUR 2009,
772, Nr. 64 - Augsburger Puppenkiste; GRUR 2009, 1055, Nr. 30 - airdsl; BGH,
Urt. v. 5. Februar 2009, I ZR 174/06, Nr. 32 - Metro/Metrobus). Vorliegend wird er
einerseits durch die sprachliche Ausgestaltung (insbesondere die Schreibweise
mit Bindestrich, vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 342, 344 - ASTRA/ESTRA-PUREN;
GRUR 2009, 1055, Nr. 30 - airdsl; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 407), vor allem
aber durch den aufeinander bezogenen Sinngehalt der Markenbestandteile be-
wirkt, so dass für den Verkehr keine Veranlassung besteht, sich nur an einem
Markenbestandteil zu orientieren. Vielmehr bleibt es schlicht bei einem Gleichge-
wicht der Zeichenelemente.

d) Zu keinem anderen Ergebnis führt es entgegen dem Beschwerdevorbringen,
wenn man im Hinblick auf die von der Widersprechenden geltend gemachte und
vom Senat zu deren Gunsten angenommene, durch Benutzung auf ein durch-
schnittliches Niveau erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
„KNEIPP“ in die Betrachtung miteinbezieht.

aa) Die Prüfung der prägenden Eigenschaft eines Markenbestandteils hat zwar
grundsätzlich unabhängig von der Gegenmarke lediglich anhand der Gestaltung
- 20 -
der betreffenden Marke zu erfolgen. Jedoch ist in der Rechtsprechung des Bun-
desgerichtshofs anerkannt, dass bei Ähnlichkeit oder Identität eines oder mehrerer
Bestandteile der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke deren kraft Be-
nutzung im Kollisionszeitpunkt erworbene Kennzeichnungskraft auch bei der Prü-
fung, welche Bestandteile den Gesamteindruck der angegriffenen Marke bestim-
men, von Bedeutung sein und dazu führen kann, dass dem entsprechenden Be-
standteil auch dann ein Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnommen
wird, wenn er ihm nicht isoliert, sondern als Bestandteil des jüngeren Zeichens
entgegentritt (grundlegend BGH GRUR 2003, 880 - City Plus). Dabei kann im Ein-
zelfall schon eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft dazu führen,
dass diesem Bestandteil im angegriffenen Gesamtzeichen eine prägende Bedeu-
tung zukommt (BGH GRUR 2013, 833, Nr. 48 - Culinaria/Villa Culinaria).

bb) Nach Auffassung des Senats müssen diese Grundsätze jedoch dann Gren-
zen unterliegen, wenn der Verkehr aufgrund der Gesamtumstände des konkreten
Einzelfalls keine Veranlassung hat, die ältere Marke in der jüngeren Zeichenkom-
bination als Hinweis auf den älteren Markeninhaber wiederzuerkennen (vgl. hierzu
Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 386 ff.).

So kann nach Auffassung des Senats eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft
der älteren Marke von vorneherein nur dann genügen, wenn es sich um ein von
Haus aus schwaches oder schutzunfähiges Kennzeichen handelt, das erst durch
Benutzung bzw. Verkehrsdurchsetzung diese durchschnittliche Kennzeichnungs-
kraft erlangt hat (was im Fall „Culinaria/Villa Culinaria“ der Fall war). Denn im an-
deren Fall einer Marke, die zwar von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungs-
kräftig, aber noch gar nicht oder nur geringfügig benutzt worden ist, besteht kein
Anhaltspunkt für die Annahme, dass der Verkehr die ältere Marke in der jüngeren
Zeichenkombination wiedererkennt (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 387).
Ferner wird man nach Auffassung des Senats fordern müssen, dass die ältere
Marke in identischer oder jedenfalls sehr ähnlicher Form in das jüngere Kombina-
tionszeichen aufgenommen worden ist (vgl. hierzu im Einzelnen Ströbele/Hacker,
- 21 -
a. a. O., § 9 Rn. 388, 389). Diese Voraussetzungen sind vorliegend allerdings
erfüllt.

Darüber hinaus muss jedoch berücksichtigt werden können, dass eine ältere
Marke im Kontext der jüngeren Kombinationsmarke einen anderen Sinngehalt
oder einen anderen Stellenwert erhalten kann, so dass der betreffende Markenbe-
standteil - ungeachtet der Übernahme in identischer oder sehr ähnlicher Form -
insoweit nicht mehr als Hinweis auf den älteren Markeninhaber verstanden wird.
Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die jüngere Kombinationsmarke als ge-
schlossener Gesamtbegriff mit einer einheitlichen begrifflichen Aussage erscheint
(vgl. BGH GRUR 2009, 484, Nr. 34 - Metrobus; BPatG GRUR 2005, 772, 773 -
Public Nation/PUBLIC; EuG GRUR-RR 2009, 167, Nr. 55-60 - torre albéniz). Auch
wenn es sich bei der älteren Marke um eine von Haus aus gänzlich schutzunfä-
hige Angabe handelt, die lediglich im Wege der Verkehrsdurchsetzung durch-
schnittliche Kennzeichnungskraft erlangt hat, wird eine Prägung der jüngeren
Kombinationsmarke durch ein hiermit übereinstimmendes Zeichenelement aus-
scheiden müssen, wenn das durchgesetzte ältere Zeichen in der jüngeren Kombi-
nation auf seinen beschreibenden Kern zurückgeführt ist (vgl. BPatG GRUR 1996,
128, 130 - Plak Guard/GARD; BPatG BlPMZ 1994, 365 (Ls) - HEKU-Car-Cam-
per/Camper; BPatG, Beschl. v. 19.1.2012, 29 W (pat) 7/10 - regio-Post/POST;
BPatG, Beschl. v. 12.12.2013, 27 W (pat) 90/12 - sailing-chiemsee/ CHIEMSEE;
OLG Köln GRUR-RR 2002, 130, 132 - Focus; OLG Köln MarkenR 2005, 153, 156
- Telekom; ähnlich auch BGH GRUR 1990, 37, 39 - Quelle; vgl. zum Ganzen auch
Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 390 m. w. N.).

cc) Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall. Denn wenngleich Kneipp in die
jüngere Marke aufgenommen ist - und man für den relevanten Dienstleistungszu-
sammenhang eine durch Benutzung erworbene durchschnittliche Kennzeich-
nungskraft unterstellt - hat der angesprochene Verkehr keinerlei Veranlassung, die
ältere Marke in der jüngeren Zeichenkombination Internationale Kneipp-Aktions-
tage als solche zu erkennen und als Hinweis auf die Widersprechende wahrzu-
- 22 -
nehmen. Dem steht - wie bereits dargelegt - entgegen, dass Kneipp in die ange-
griffene Marke eingebettet und im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang
ausschließlich auf seine beschreibende Bedeutung zurückgeführt ist. So verbindet
sich Kneipp in der Zusammensetzung Internationale Kneipp-Aktionstage mit
den weiteren Wortelementen zu einem sinnfälligen, geschlossenen Gesamtbegriff,
dem der Verkehr auf Anhieb und ausschließlich eine einheitliche begriffliche Aus-
sage entnehmen wird. Werden die relevanten Dienstleistungen mit der angegriffe-
nen Marke gekennzeichnet, wird der angesprochene Verkehr die Wortfolge ohne
Weiteres als Hinweis auf eine einem internationalen Teilnehmerkreis geöffnete
Veranstaltung („Internationale Aktionstage“) und hiermit in Zusammenhang ste-
hende Dienstleistungen verstehen, welche sich ihrem Gegenstand und Inhalt nach
mit den Lehren und/oder Therapien des Pfarrers Kneipp befassen. Weder wird der
Verkehr die Marke, wie es die Widersprechende vorträgt, „verkürzt“ auf den Be-
standteil „Kneipp“ wahrnehmen oder wiedergeben, noch wird er, da der Sachhin-
weis auf eine Veranstaltung zu dem Thema (Behandlungsmethoden nach)
„Kneipp“ eindeutig im Vordergrund steht, den Markenbestandteil als Hinweis auf
die ältere Markeninhaberin oder deren Produkte verstehen.

Daher wird die angegriffene Marke nicht durch den Bestandteil Kneipp geprägt,
so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke nicht
in Betracht kommt.

6. Eine Gefahr, dass die Zeichen gedanklich unter dem Aspekt des Serienzei-
chens miteinander in Verbindung gebracht werden, § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbs.
MarkenG, scheidet ebenso aus. Dieser Art der Verwechslungsgefahr, die erst zu
prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen nach ihrem Gesamt-
eindruck nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind, steht bereits entgegen,
dass die Widersprechende zu einer entsprechenden Zeichenserie und deren Be-
nutzung im Inland nichts vorgetragen hat. Ohne Benutzung einer solchen Mar-
kenfamilie ist aber nichts dafür ersichtlich, dass der Verkehr „Kneipp“ als Stamm-
bestandteil einer Zeichenserie auffasst. Die erstmalige Verwendung einer einzigen
- 23 -
Marke gibt keinen Anlass, darin ein Stammzeichen zu sehen (vgl. BGH
GRUR 2013, 840, Nr. 23 – PROTI II). Darüber hinaus steht der Annahme einer
mittelbaren Verwechslungsgefahr entgegen, dass der Verkehr das angegriffene
Zeichen „Internationale Kneipp-Aktionstage“ als Gesamtbegriff und nicht zer-
gliedernd verstehen wird, was ihn von der Vorstellung wegführt, es handele sich
um eine Serienmarke ein und desselben Unternehmens (vgl. BGH, a. a. O.,
Rn. 40 - OSTSEE-POST).

7. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Bestandteil „Kneipp“ innerhalb der ange-
griffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen würde, was
die Bejahung einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne rechtfertigen könnte.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesge-
richtshofes ist es zwar möglich, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zu-
sammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird,
eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erschei-
nungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung domi-
niert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnen-
den Bestandteils mit einem Zeichen älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr
zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Ein-
druck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistun-
gen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stam-
men (EuGH GRUR 2005, 1042, Nr. 37 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 258,
Nr. 33 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 903, Nr. 33 - SIERRA
ANTIGUO; GRUR 2008, 905, Nr. 37 - Pantohexal; GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Cu-
linaria/Villa Culinaria). Insoweit bedarf es aber der Feststellung besonderer Um-
stände, die es rechtfertigen, in einem zusammengesetzten Zeichen einzelne oder
mehrere Bestandteile als selbständig kennzeichnend anzusehen (BGH
GRUR 2013, 833, Nr. 50 - Culinaria/ Villa Culinaria).

- 24 -
Solche Umstände lassen sich vorliegend aber nicht feststellen. So handelt es sich
bei den weiteren Bestandteilen der angegriffenen Marke („Internationale“, „-Ak-
tionstage“) offensichtlich weder um ein Firmenkennzeichen noch um eine be-
kannte Marke oder einen bekannten Serienbestandteil der Inhaberin der ange-
griffenen Marke, welche dem Verkehr eine selbständig kennzeichnende Stellung
von Kneipp nahe legen könnte (vgl. dazu BGH GRUR 2008, 905, Nr. 38 - Panto-
hexal; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 463 m. w. N.). Im Übrigen steht der An-
nahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung wiederum entgegen, dass die
ältere Marke in der angegriffenen Zeichenkombination auf einen bloß beschrei-
benden Sinngehalt zurückgeführt ist (vgl. BGH GRUR 1990, 37, 39 - Quelle; s.
auch BGH GRUR 2009, 672, Nr. 36 - OSTSEE-POST).

8. Die Widersprechende kann die Löschung der jüngeren Marke schließlich
auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes der bekannten Marke
(§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3, 158 Abs. 2 MarkenG) verlangen.

a) Dabei kann die Frage der Bekanntheit der Widerspruchsmarke dahinstehen.
Denn auch wenn die Widerspruchsmarke im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG
bekannt wäre, kann aus einer an sich bekannten Marke grundsätzlich nicht gegen
eine Benutzung für Waren und Dienstleistungen vorgegangen werden, für die die
Marke - wie hier KNEIPP im Hinblick auf die vorliegend relevanten Dienstleistun-
gen - eine beschreibende Angabe darstellt (vgl. BGH GRUR 1999, 992, 994 - BIG
PACK; GRUR 1990, 37, 39 - Quelle; GRUR 1987, 711, 713 - Camel Tours;
GRUR 1957, 87, 88 - Meisterbrand; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 14 Rn. 333).

b) Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen für den Löschungsgrund des
Sonderschutzes der bekannten Marke nicht vor. Denn für diesen ist nicht alleine
eine Ähnlichkeit der Zeichen notwendig; zudem ist nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofes noch vor Prüfung der Eingriffstatbestände (d. h. vor
der Feststellung einer eventuellen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung
der Unterscheidungskraft bzw. der Wertschätzung der bekannten Marke) zunächst
- 25 -
festzustellen, ob der Verkehr zwischen dem angegriffenen Zeichen und der be-
kannten Marke eine gedankliche Verknüpfung vornimmt bzw. ob das angegriffene
Zeichen geeignet ist, die bekannte Marke in Erinnerung zu rufen (vgl. etwa EuGH
GRUR 2009, 56, Nr. 60 - Intel Corporation/CPM United Kingdom; w. N. bei
Ströbele/Hacker, a. a. O., § 14 Rn. 329). Denn ohne diese Grundvoraussetzung
kann es zu einer der genannten Beeinträchtigungen nicht kommen. Die Frage, ob
eine gedankliche Verknüpfung zwischen zwei Kennzeichen stattfindet, ist dabei
unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles zu beur-
teilen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Mar-
ken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades
ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Widerspruchsmarke, ihre originäre
oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von
Verwechslungsgefahr zählen (vgl. EuGH, GRUR 2004, 58, Rn. 30 - Adidas/
Fitnessworld; GRUR 2008, 503, Rn. 41 - adidas/Marca; GRUR 2009, 56, Rn. 41 f.
- Intel Corporation/CPM United Kingdom; GRUR Int. 2011, 500, Rn. 56 - TiMi
KINDERJOGHURT/ KINDER).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze besteht vorliegend bereits deshalb keine Ver-
anlassung für den Verkehr, eine gedankliche Verknüpfung zu der - unterstellt - be-
kannten Marke der Widersprechenden herzustellen, weil er die angegriffene
Marke als einheitlichen Gesamtbegriff wahrnehmen und er ihr zudem im Hinblick
auf die durch sie gekennzeichneten Dienstleistungen den dargelegten beschrei-
benden Aussagegehalt - im Sinne eines Hinweises auf eine internationale Veran-
staltung zum Thema (Behandlungsmethoden nach) „Kneipp“ - entnehmen kann
(vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 367, 369 - duplo; vgl. auch BGH
GRUR 2004, 600, 602 - d-c-fix/CD-FIX).

Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG nicht ge-
geben.

- 26 -
9. An diesem Ergebnis ändert auch die in der mündlichen Verhandlung sinnge-
mäß geäußerte Erwägung der Widersprechenden nichts, wonach die Widerspre-
chende grundsätzlich nichts gegen eine tatsächliche Verwendung der Bezeich-
nung „Internationale Kneipp-Aktionstage“ durch die Markeninhaberin habe, sie
sich aber gegen die Eintragung dieser Bezeichnung als Marke wehren können
müsse. Für eine derartige Differenzierung zwischen Registerstand und Benutzung
besteht aber vorliegend keine Grundlage. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der
Entscheidung „Springender Pudel“ (BGH GRUR 2015, 1114, Rn. 48 in Abgren-
zung zu BGH GRUR 2005, 583, 584 - Lila-Postkarte) ausgeführt, dem durch die
Eigentumsgarantie geschützten Inhaber einer bekannten Marke, der u. a. auch ei-
nen erheblichen Werbeaufwand zum Absatz seiner Waren betreibe, sei es nicht
zuzumuten, dass ein Dritter unabhängig von der konkreten Art der Verwendung
dauerhaft ein Registerrecht an einem Produktkennzeichen begründe, das in den
Schutzbereich der Klagemarke eingreife und das er übertragen und lizenzieren
könne (selbst wenn, wie im dortigen Fall, das Zeichen in humorvoller oder ähnli-
cher Weise auf die bekannte Marke anspiele und als Markenparodie in den
Schutzbereich der Kunstfreiheit falle).

Der vorliegende Fall liegt aber anders, da der Verkehr - wie dargelegt und anders
als im Fall „Springender Pudel“ - bereits keine gedankliche Verknüpfung zwischen
den Vergleichszeichen herstellen wird und insoweit die Grundvoraussetzungen
des Sonderschutzes der bekannten Marke § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG nicht gege-
ben sind. Auf die Frage, ob vorliegend eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der
Unterscheidungskraft und Wertschätzung der bekannten Marke „ohne rechtferti-
genden Grund“ erfolgt ist, wobei im Rahmen dieses Prüfungspunktes die Abwä-
gung der in Rede stehenden Grundrechte der Beteiligten eine Rolle spielen kann,
kommt es demnach nicht an.

10. Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

- 27 -
11. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der
gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die
Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch
sonst ersichtlich sind.

12. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war geboten. Vorliegend kommt es
entscheidungserheblich auf die Frage an, ob der Grundsatz der Einbeziehung der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Ermittlung der prägenden Be-
standteile eines jüngeren kombinierten Zeichens (wobei der Bundesgerichtshof in
der Entscheidung „Culinaria/Villa Culinaria“ - BGH GRUR 2013, 833, Nr. 48 -
schon eine durch Benutzung erworbene durchschnittliche Kennzeichnungskraft
hat ausreichen lassen) im Einzelfall bestimmten Grenzen unterliegt. Der Senat
nimmt dies, wie dargelegt, jedenfalls für solche Fallgestaltungen an, in denen der
Verkehr aufgrund der Umstände des Einzelfalles keine Veranlassung hat, die äl-
tere Marke in der jüngeren Zeichenkombination als Hinweis auf den älteren Mar-
keninhaber wiederzuerkennen. Dies ist nach Auffassung des Senats vorliegend
der Fall, weil das ältere Zeichen KNEIPP in der jüngeren Kombination auf seinen
beschreibenden Kern zurückgeführt ist und zudem die jüngere Kombinations-
marke als geschlossener Gesamtbegriff mit einer einheitlichen begrifflichen Aus-
sage erscheint. Soweit der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Culinaria/Villa
Culinaria“ zum Ausdruck gebracht hat, ausgehend von einer zu Gunsten der dorti-
gen Klägerin unterstellten, zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des
Zeichens „Culinaria“ für Lebensmittel, sei es „nicht ausgeschlossen“, dass dem
Bestandteil innerhalb des angegriffenen Zeichens eine prägende Bedeutung zu-
komme, lässt dies nach Auffassung des Senats Raum für eine Berücksichtigung
der Gesamtumstände des Einzelfalles, wobei der Bundesgerichtshof allerdings
bisher über konkrete Ausnahmefälle noch nicht entschieden hat. Hierbei handelt
es sich daher um eine Frage, die bisher nicht Gegenstand höchstrichterlicher
Rechtsprechung gewesen und insoweit von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 83
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

- 28 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.


Dr. Hacker Merzbach Dr. Meiser

Pr


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