30 W (pat) 526/15  - 30. Senat (Marken/Design)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT


30 W (pat) 526/15
_______________________
(Aktenzeichen)


B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2014 035 233.8

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des
Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 9. Februar 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und
Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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G r ü n d e

I.

Das Wortzeichen

Lash Lifting

ist am 24. Juli 2014 als Marke für die Waren und Dienstleistungen der

„Klasse 3: Artifzielle Wimpern; Klebstoffe für künstliche Wimpern;
Klebstoffe zum Befestigen künstlicher Wimpern; Künstliche Wim-
pern; Wimpern, künstliche; Wimpernfarbe; Wimpernkosmetika;
Wimperntusche [Mascara]

Klasse 21: Wimpernformer; Wimpernkämme

Klasse 44: Schönheitsbehandlungen für Wimpern“

bei dem Deutschen Patent-und Markenamt angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 5. August 2015 hat die Markenstelle für Klasse 44 die Anmel-
dung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu-
rückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem aus zwei Begriffen der
englischen Sprache zusammengesetzten Anmeldezeichen komme die deutsche
Bedeutung „Wimpern liften/hochziehen“ zu. Somit erschließe sich die Wortfolge
dem Verkehr ohne weiteres als sinnvolle Gesamtaussage. Im Hinblick auf die be-
anspruchten Waren und Dienstleistungen werde der Verkehr die Wortfolge als ei-
nen im Vordergrund stehenden Sachhinweis dahingehend verstehen, dass es um
Waren gehe, die der Verschönerung (dem „Liften“) der Wimpern dienten. Auf ver-
meintlich vergleichbare Voreintragungen könne sich der Anmelder nach der
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höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht berufen. Zudem sei hinsichtlich der vom
Anmelder genannten Marke 30 3014 042 270.6 („Wimpernlifting“) darauf hinzu-
weisen, dass es sich dabei um eine Wort-/Bildmarke handele, die aufgrund ihrer
graphischen Ausgestaltung Schutz erhalten habe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, die dieser nicht begründet
hat. Im Amtsverfahren hatte der Anmelder vorgetragen, die Verwendung des Be-
griffs „Lash“ für Wimpern sei im deutschen Sprachraum nicht üblich; auch eine
Verwendung des zusammengesetzten Begriffs Lash Lifting sei nicht gebräuch-
lich. Sämtliche von der Markenstelle im Rahmen einer Internetrecherche ermittel-
ten Verwendungsnachweise beträfen nachweislich Kunden der von dem Anmelder
unter der Bezeichnung „C…“ betriebenen Firma. Somit sei
belegt, dass die Verwendung des Begriffs Lash Lifting ausschließlich im Hinblick
auf Produkte des Anmelders erfolge, so dass der Verkehr das Anmeldezeichen als
Herkunftshinweis verstehen werde. Schließlich könne auf die Marke
30 2014 042 270.6 („Wimpernlifting“) sowie eine Vielzahl von Voreintragungen mit
dem Bestandteil „Lash“ verwiesen werden. Die Markenstelle habe dem Anmelde-
zeichen daher zu Unrecht die Unterscheidungskraft abgesprochen.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Aktenlage Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der
Sache keinen Erfolg, da es der angemeldeten Wortmarke Lash Lifting in Bezug
auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen an jeglicher
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Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Die Markenstelle hat
die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zei-
chen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienst-
leistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und
diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH
GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608, 611
(Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you;
GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) - Kaleido;
GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion
einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren
oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009
(Nr. 38) - Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR2006, 233,
235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you;
GRUR 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher
Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen,
so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das
Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you;
GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat;
GRUR 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die bean-
spruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der be-
teiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels
und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen
ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

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Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens
(vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen
im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH
GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, 271,
Nr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard;
GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417,
418 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001,
1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen
der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien -
stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl.
u. a. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003,
1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zei-
ten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen,
die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienst-
leistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreiben-
der Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100,
Nr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006).

2. Nach diesen Grundsätzen fehlt es der angemeldeten Marke Lash Lifting im
vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang an jeglicher Unterschei-
dungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

a) Mit der Markenstelle ist zunächst davon auszugehen, dass die angemeldete
Wortfolge aus den englischsprachigen Wörtern „Lash“ und „Lifting“ zusammenge-
setzt ist. Dem Wort „Lash“ kommt in der deutschen Übersetzung u. a. die Bedeu-
tung „Wimper“ zu. Das zweite Wortelement „Lifting“ hat Eingang in den deutschen
Sprachschatz gefunden und steht hier für ein Verfahren (der Schönheitschirurgie
bzw. allgemein der Schönheitspflege) zur Straffung von Haut oder Gewebe, wobei
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auch auf gängige Wortzusammensetzungen wie beispielsweise den Begriff des
„Facelifting“ verwiesen werden kann.

Die hier schutzsuchende Bezeichnung richtet sich an die an (Augen-)Kosmetik-
produkten und Dienstleistungen zur Schönheitspflege interessierten Endverbrau-
cher ebenso wie an den hiermit befassten Fachverkehr. Das Bundespatentgericht
hat bereits Anfang der 1970er-Jahre für den Kosmetiksektor festgestellt, dass
Englisch in diesem Bereich - ähnlich wie in der Mode und Teilgebieten der Technik
- zur Zweitsprache geworden ist. Dabei konnte insbesondere auf dem - auch vor-
liegend verfahrensgegenständlichen - engen Gebiet der Augenkosmetik schon
damals eine intensive Verwendung von Wörtern des englischen Sprachkreises zur
beschreibenden Werbung festgestellt werden (vgl. BPatG, Beschl. v.
24. April 1970, 24 W (pat) 162/69, Mitt. 1970, 173 - Eye shiner; siehe auch
BPatGE 13, 245 ff. - DREAMWELL), darunter u. a. auch des Begriffes „Eyelashes“
für „Zweitwimpern“ (BPatG, a. a. O., Mitt. 1970, 173), so dass der Vortrag des
Anmelders, der Begriff „Lash“ sei im Inland nicht gebräuchlich, offensichtlich fehl-
geht.

Gehört demnach die Welthandelssprache Englisch auf dem Kosmetiksektor zu
denjenigen Fremdsprachen, derer sich die Fachwelt und die fachspezifisch orien-
tierte Werbebranche erfahrungsgemäß besonders häufig bedienen (vgl. auch
BPatG PAVIS PROMA, 30 W (pat) 23/13 - sweat off - Free your life), wobei auch
die Englischkenntnisse des normal informierten und verständigen Durchschnitts-
verbrauchers nicht zu gering veranschlagt werden (vgl. Ströbele/Hacker, Mar-
kenG, 11. Aufl., § 8 Rdnr. 168, 169), so ist vorliegend davon auszugehen, dass die
einzelnen, dem Englischen entnommenen Begriffe der angemeldeten Wortfolge
von den beteiligten Verkehrskreisen ohne Weiteres in ihrem Sinn- und Bedeu-
tungsgehalt verstanden werden.

Zugleich wird sich die sprachüblich und grammatikalisch korrekt zusammenge-
setzte Wortfolge Lash Lifting dem Verkehr auf Anhieb als Sachhinweis auf ein
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„Wimpernlifting“ und damit zusammenhängende Waren und Dienstleistungen er-
schließen.

b) Ausgehend hiervon erschöpft sich das Anmeldezeichen Lash Lifting im Hin-
blick auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 44 („Schönheitsbehand-
lungen für Wimpern“) erkennbar in einer Beschreibung der Art dieser Dienstleis-
tungen sowie ihrer Bestimmung und Wirkung.

Die in Klasse 21 beanspruchten Waren („Wimpernformer; Wimpernkämme“) kön-
nen einem „Wimpernlifting“ dienen bzw. im Rahmen einer solchen Schönheitsbe-
handlung zum Einsatz kommen, so dass es sich auch insoweit um eine klare Be-
stimmungsangabe handelt.

Die Waren der Klasse 3 „Wimpernfarbe; Wimpernkosmetika; Wimperntusche
[Mascara]“ stehen zu dem Anmeldezeichen zumindest in einem die Unterschei-
dungskraft ausschließenden, engen beschreibenden Bezug, da das Verfahren des
Lash Lifting neben dem Anheben und der „optischen Verlängerung“ der Wimpern
auch deren Färbung mit einschließen kann.

Die weiterhin in Klasse 3 beanspruchten Waren, nämlich „Artifzielle Wimpern;
Klebstoffe für künstliche Wimpern; Klebstoffe zum Befestigen künstlicher Wim-
pern; Künstliche Wimpern; Wimpern, künstliche“ beschreibt das Anmeldezeichen
zwar nicht unmittelbar, da es sich beim Lash Lifting gerade um eine „natürliche
Alternative“ zur künstlichen Wimpernverlängerung handeln soll. Jedoch können
diese Waren ohne weiteres ergänzende und/oder alternative Angebote zum sog.
Lash Lifting darstellen, so dass auch zumindest ein enger beschreibender Bezug
besteht.

c) Der Verkehr wird das Anmeldezeichen daher im vorliegenden Waren- und
Dienstleistungszusammenhang auch in seiner Gesamtheit lediglich als beschrei-
benden Sachhinweis, jedoch nicht als betriebskennzeichnenden Herkunftshinweis
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wahrnehmen. Dabei weist die Wortfolge Lash Lifting auch weder eine ungewöhn-
liche Struktur noch Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die
von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten.

d) Unerheblich ist der Vortrag des Anmelders, dass er selbst die Bezeichnung
Lash Lifting erfunden habe bzw. diese ausschließlich selbst für seine Produkte
verwende (bzw. im Anmeldezeitpunkt verwendet habe). Bei der Prüfung der
Schutzfähigkeit einer Marke kommt es nämlich nicht darauf an, ob die Angabe be-
reits lexikalisch verzeichnet ist oder ob es sich um eine Wortneuschöpfung han-
delt. Vielmehr kommt es alleine darauf an, ob die Wortbildung zur Beschreibung
dienen kann (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdnr. 371), was aus den darge-
legten Gründen der Fall ist.

e) Soweit der Anmelder auf Voreintragungen Bezug nimmt, entfalten in rechtli-
cher Hinsicht selbst identische oder vergleichbare Voreintragungen keine Bin-
dungswirkung (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Nr. 18 - Bild.t.-Online.de m. w. N.;
BGH GRUR 2008, 1093 Nr. 8 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BGH GRUR 2011,
230 - SUPERgirl; BGH MarkenR 2011, 66 - Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der
Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung,
sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht
auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.

3. Da der angemeldeten Marke somit bereits die erforderliche Unterscheidungs-
kraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kann die Frage, ob an ih-
rer freien Verwendung auch ein schutzbedürftiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, dahinstehen.

Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.

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III.
Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht dem Anmelder das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat,
ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorg-
nis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertre-
ten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist,
bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt
worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.


Dr. Hacker Merzbach Dr. Meiser

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