30 W (pat) 514/17  - 30. Senat (Marken/Design)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




30 W (pat) 514/17
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache





betreffend die Markenanmeldung 30 2016 228 066.6

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatent-
gerichts in der Sitzung vom 10. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


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G r ü n d e

I.

Das Wortzeichen

Zahnhaus

ist am 5. Oktober 2016 bei dem Deutschen Patent- und Markenamt als Marke für
die Waren und Dienstleistungen der


„Klasse 10: Prothesen aus hochfestem Porzellan zur Befestigung
an der Zahnbeinstruktur; Prothesen aus hochfestem Porzellan zur
Befestigung an der Zahnschmelzstruktur; Prothesen für zahn-
ärztliche Zwecke; Zahnbrücken; Zahnersatz; Zahnkappen; Zahn-
kronen; Zahnmedizinische Beißschienen; Zahnonlays; Zahnpro-
thesen; Zahnschienen; Zahnstifte

Klasse 40: Dienstleistungen eines Zahntechnikers; Kundenspezi-
fische Anfertigung von Zahnprothesen; Spezialanfertigung von
Zahnprothesen und Zahnersatz

Klasse 44: Beobachtung von Patienten; Beratungen in Bezug auf
Zahnmedizin; Bleaching der Zähne; Dienste eines Zahnarztes;
Dienstleistungen eines Zahnarztes; Individuelle medizinische
Beratung für Patienten; Kosmetische Zahnbehandlungen; Medi-
zinische Analysedienstleistungen in Zusammenhang mit der Be-
handlung von Patienten; Zahnmedizinische Dienstleistungen;
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Zahnärztliche Beratung; Zahnärztliche Betreuung; Zahnärztliche
Dienstleistungen; Zahnärztliche Schmerzbehandlung [Sedierung]“

angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 14. Dezember 2016 hat die mit einem Beamten des geho-
benen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 44 die Anmeldung wegen
Schutzhindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur
Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Wortmarke
bestehe aus der sprachüblich gebildeten und allgemein verständlichen Be-
zeichnung Zahnhaus, die nach den Ergebnissen einer Internetrecherche von
vielen Zahnärzten anstatt der üblichen Bezeichnung "Zahnarztpraxis" benutzt
werde. Aufgrund der maßgeblichen Bezeichnungsgewohnheiten sehe der Verkehr
in dem Markenwort daher lediglich eine beschreibende Sachangabe, die darauf
hinweise, dass dort, in einem Zahnhaus, Dienstleistungen aus dem Bereich der
Zahnmedizin erbracht bzw. damit in Zusammenhang stehende Waren angeboten
würden. Daher sei das Anmeldezeichen nicht geeignet, die von der Anmeldung
erfassten Waren und Dienstleistungen bezüglich ihrer Herkunft aus einem
Unternehmen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (§ 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG). Zudem bestehe ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt, zu der er jedoch weder einen konkreten
Antrag gestellt noch eine Begründung eingereicht hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

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II.

A. Die Beschwerde ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 MarkenG zulässig. Für die
Zulässigkeit der Beschwerde ist ein konkreter Antrag nicht erforderlich. Fehlt ein
Antrag, muss von einer Anfechtung des Beschlusses in vollem Umfang aus-
gegangen werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 66
Rn. 41).

B. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg, da es der angemeldeten
Wortmarke Zahnhaus in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienst-
leistungen an jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1
MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem
Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-
mittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder
Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kenn-
zeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl.
z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608, 611
(Nr. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you;
GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) - Kaleido;
GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion
einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren
oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009
(Nr. 38) - Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233,
235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you;
GRUR 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unter-
scheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch
noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu
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überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - foryou; GRUR 2014, 565,
567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270
(Nr. 8) - Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft
sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits
die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahr-
nehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der
fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412
(Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungs-
kraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung
des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten)
lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen
(vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2014, 1204,
1205, Nr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270, 271, Nr. 11 - Link economy;
GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard). Darüber hinaus kommt nach
ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu,
die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienst-
leistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschrei-
bender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2014, 1204, 1205,
Nr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143, 1144, Nr. 9 - Starsat;
GRUR 2010, 1100, Nr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, 855, Nr. 28 f. - FUSS-
BALL WM 2006).

2. Ein solcher, die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
ausschließender enger beschreibender Bezug ist auch vorliegend gegeben.

Übliche Bezeichnungen von Vertriebs- und Angebotsstätten (wie vorliegend das
Zeichenelement „-haus“) stehen in einem engen sachlichen Bezug zu den dort
verkauften Waren oder erbrachten Dienstleistungen und werden deshalb nicht als
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unterscheidungskräftige Marken im Sinne konkreter betrieblicher Herkunfts-
hinweise aufgefasst (vgl. EuGH GRUR 2010, 534 (Nr. 44) - PRANAHAUS (in
Bestätigung von EuG GRUR Int. 2008, 1040 (Nr. 35) - PRANAHAUS; BGH GRUR
2012, 272 (Nr. 14, 15) - Rheinpark Center Neuss; vgl. auch m. w. N. aus der Rspr.
des BPatG Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 86).

Im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang wird das sprach-
üblich aus einfachen und allgemein verständlichen Wörtern der deutschen
Sprache zusammengesetzte Anmeldezeichen Zahnhaus von den angespro-
chenen Verkehrskreisen auf Anhieb als allgemeine Bezeichnung eines Ortes
verstanden, an dem die zahnmedizinischen Waren der Klasse 10 vertrieben sowie
die zahntechnischen bzw. zahnmedizinischen Dienstleistungen der Klassen 40
und 44 erbracht werden. In diesem Sinne wird das Zeichen auch bereits vielfach
verwendet.

Das Anmeldezeichen erschöpft sich somit in einem gängigen Hinweis auf den
Vertriebsort sowie die Art der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Damit
kann der Marke aber nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zugesprochen
werden.

3. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht dem Anmelder das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat,
ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen
Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens aus-
drücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist,
bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens
verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.


Hacker Merzbach Meiser


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