30 W (pat) 502/16  - 30. Senat (Marken/Design)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



30 W (pat) 502/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
11. Mai 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



- 2 -
betreffend die Marke 30 2009 002 181

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentge-
richts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vor-
sitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss
der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 17. Dezember 2013 aufgehoben, soweit darin der
Widerspruch aus der Marke 30 2008 050 137 zurückgewiesen
worden ist.

Wegen des genannten Widerspruchs wird die Löschung der
Marke 30 2009 002 181 für folgende Waren und Dienstleistungen
angeordnet:

„Klasse 20: Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit in
Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn,
Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter,
Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen; Bet-
ten, Liegen, Kissen, Nester für Haustiere;

Klasse 35: Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen betreffend
die Waren der Klasse 20, auch für den Versandhandel und/oder
unter Nutzung des Internets; Präsentation von Waren in Kommu-
nikationsmedien, Onlineversandhandelsdienstleistungen in den
Bereichen der Klasse 20“.

- 3 -
G r ü n d e

I.

Die am 13. Januar 2009 angemeldete Wortmarke

Casa Vivendi

ist am 29. Juni 2009 unter der Nummer 30 2009 002 181 u. a. für die Waren und
Dienstleistungen

„Klasse 20:
Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit in Klasse 20 enthalten,
aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fisch-
bein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatz-
stoffe oder aus Kunststoffen; Betten, Liegen, Kissen, Nester für Hau-
stiere;

Klasse 35:
Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen betreffend die Waren der
Klassen 20, auch für den Versandhandel und/oder unter Nutzung des
Internets; Präsentation von Waren in Kommunikationsmedien, Online-
versandhandelsdienstleistungen in den Bereichen der Klassen 20“

in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen
worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 31. Juli 2009

Gegen die Eintragung ist am 18. September 2009 Widerspruch erhoben worden
von der Inhaberin der am 6. August 2008 angemeldeten und am 24. Oktober 2008
eingetragenen Marke 30 2008 050 137

- 4 -
Vivendi

die u. a. für die Waren

„Klasse 20:
Möbel, Spiegel, Bilderrahmen, Ablageplatten; Regale für Aktenordner
(Möbel); Aktenschränke; Anrichten (Möbel); Apothekenschränke; Auflage-
böcke (Möbel); Bänke (Möbel); Möbelbeschläge, nicht aus Metall; Bestat-
tungsurnen; Bettbeschläge, nicht aus Metall; Betten für Haustiere; Betten
(Möbel); Wasserbetten, nicht für medizinische Zwecke; Bettgestelle aus
Holz, Bettrollen, nicht aus Metall; Blumenständer (Möbel); Blumentische
(Möbel); Ständer für Blumentöpfe; Auflageböcke (Möbel); Bücherborde;
Schlüsselbretter; Bücherregale; Buffets (Möbel); Büfettwagen (Möbel); Bü-
romöbel; Fachböden für Möbel; Möbelfächer aus Holz; Fächer zum per-
sönlichen Gebrauch (nicht elektrisch); Fensterbeschläge, nicht aus Metall;
Flaschenkästen; Garderobenhaken, nicht aus Metall; Garderobenständer;
Geflechte aus Stroh (ausgenommen Matten); Strohgeflechte; geflochtene
Holzblenden (Möbel); Geschirrschränke; Lagergestelle, nicht aus Metall,
für Fässer; Gewehrständer; Hirschgeweihe; versilbertes Spiegelglas;
Messergriffe, nicht aus Metall; Türgriffe, nicht aus Metall; Werkzeuggriffe,
nicht aus Metall; Garderobenhaken, nicht aus Metall; Kleiderhaken, nicht
aus Metall (Einrichtungsartikel); Handspiegel (Kosmetik-, Toilettenspiegel);
Handtuchschränke (Möbel); Handtuchspender (ortsfest), nicht aus Metall;
Liegen für Haustiere; Hütten für Haustiere; Hocker; Hüllen für Beklei-
dungsstücke (Aufbewahrung); Identitätsschilder, nicht aus Metall; Kartei-
schränke; Kästen, Kisten, nicht aus Metall; Kästen, Kisten und Dosen aus
Holz oder Kunststoff; Kinderhochstühle; Kinderlauflerngeräte; Kissen; Kis-
sen für Haustiere; Luftkissen, nicht für medizinische Zwecke; Kisten; Klei-
derbügel; Kleiderständer (Möbel); Kommoden; Kopfkissen; luftgefüllte
Kopfkissen, nicht für medizinische Zwecke; Kopfpolster; Kopfstützen (Mö-
bel); Körbe, nicht aus Metall; Körbe (große); Körbe (mit Henkel), nicht aus
- 5 -
Metall; Korbwaren; Ladentische; Kinderlauflerngeräte; Laufställe für Klein-
kinder; Profilleisten für Rahmen (Einrahmungen); Rahmenleisten (Einrah-
mung); Lesepulte; Liegestühle; Luftmatratzen, nicht für medizinische Zwe-
cke; Massagetische; Matratzen; Luftmatratzen, nicht für medizinische
Zwecke; Sprungfedermatratzen; Strohmatratzen (Strohsäcke); Matten für
Babylaufgitter; Möbel aus Metall; Kantenabschlüsse für Möbel, aus Kunst-
stoff; Möbelrollen, nicht aus Metall; Möbeltüren; Plakattafeln aus Holz oder
Kunststoff; Ablageplatten; Tischplatten; Polstersessel; Rahmen für Bie-
nenstöcke; Stickrahmen; Rattan; Rechenmaschinengestelle; Regale;
Sargbeschläge, nicht aus Metall; Särge; Scharniere, nicht aus Metall;
Schaugestelle; Schemel; Schilfrohr (Flechtmaterial); Kamin-, Ofenschirme
für den Haushalt; Schirmständer; Schlafsäcke für Campingzwecke;
Schlösser (ausgenommen elektrische), nicht aus Metall; Fahrzeugschlös-
ser, nicht aus Metall; Schlüsselbretter; Schränke; Arzneischränke;
Schreibschränke; Schreibtische, Schubladen; Schulmöbel; Schutzhüllen
für Bekleidungsstücke; Schwimmcontainer, nicht aus Metall; Servierwagen
(Möbel); Polstersessel; Sitze aus Metall; Sofas; Sofas (Diwane); Speise-
schränke, nicht aus Metall; Spender (ortsfeste Handtuch-), nicht aus Me-
tall; Spiegelfliesen; Windspiele (Dekorationsartikel); Spielzeugkisten;
Sprungfedermatratzen; Spunde, nicht aus Metall; Zeitungsständer; Stroh-
borten; Stühle; Liegestühle; Anschlagtafeln; Teigkörbe; ausgestopfte
Tiere; Tierhörner; Tische; Tische aus Metall; Toilettentische; Kunsttisch-
lerartikel; Türbeschläge, nicht aus Metall; Türriegel, nicht aus Metall; Be-
stattungsurnen; Flaschenverpackungen aus Holz; Verpackungsbehälter
aus Kunststoff; Behälterverschlüsse, nicht aus Metall; Verschlusskappen,
nicht aus Metall; Vitrinen (Möbel); ausgestopfte Vögel; Wagen für Com-
puter (Möbel); Waschtische (Möbel); Werbeartikel, aufblasbare Werk-
bänke; Zeitungshalter“

geschützt ist, wobei der Widerspruch sich nur gegen die o. g. Waren und Dienst-
leistungen der Klassen 20 und 35 der angegriffenen Marke richtet. Ein gegen die
- 6 -
Widerspruchsmarke gerichtetes Widerspruchsverfahren wurde am 8. Januar 2013
abgeschlossen.

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für
Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom
17. Dezember 2013 den Widerspruch zurückgewiesen.

Zwar könnten sich die Vergleichsmarken nach der vorliegend maßgeblichen Re-
gisterlage im Bereich der Klassen 20 und 35 auf identischen und ansonsten ähnli-
chen Waren/Dienstleistungen begegnen.

Ferner verfüge die Widerspruchsmarke im Hinblick auf die in Rede stehenden Wa-
ren über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die angesprochenen Ver-
kehrskreise würden den Begriff „Vivendi“ eher als Phantasiewort auffassen oder
diesen im Hinblick auf Begriffsbildungen wie „Ars Vivendi = Lebenskunst“ möglich-
erweise i.S. von „Leben“ verstehen (von lat. „vivere = leben“), was jedoch für die
betreffenden Waren keine unmittelbare Beschreibung darstelle.

Dennoch scheide eine Verwechslungsgefahr mangels hinreichender Ähnlichkeit
der Vergleichsmarken aus.

Die angegriffene Marke „Casa Vivendi“ werde vom Verkehr in ihrer Gesamtheit
wahrgenommen, da es sich um eine begriffliche Einheit i. S. v. „Haus Vivendi“
bzw. „Haus des Lebens“ handele. Daher scheide eine unmittelbare Verwechs-
lungsgefahr aus, weil die Marken sich durch den weiteren Bestandteil „Casa“ der
jüngeren Marke in Klang und Schriftbild deutlich voneinander unterschieden. Auf-
grund der begrifflichen Einheit von „Casa Vivendi“ bestehe für den Verkehr auch
kein Anlass, die jüngere Marke auf „Vivendi“ zu verkürzen.

Eine Verwechslungsgefahr ergebe sich auch nicht aufgrund einer selbstständig
kennzeichnenden Stellung der älteren Marke „Vivendi“ in der jüngeren Marke, da
- 7 -
es sich bei dem Bestandteil „Casa“ nicht um den Firmennamen der angegriffenen
Marke handele.

Eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens komme eben-
falls nicht in Betracht, da keine Zeichenserie vorläge, in welche sich die angegrif-
fene Marke einfüge.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Zutreffend sei die Markenstelle zwar von einer Identität bzw. Ähnlichkeit der sich
gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sowie einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Vergleichsmarken habe die Markenstelle
jedoch verkannt, dass die angegriffene Marke „Casa Vivendi“ durch den Bestand-
teil „Vivendi“ geprägt werde.

So erschließe sich dem angesprochenen Publikum ohne weiteres die Bedeutung
des Wortes „casa“ iS von „Haus“. Das Wort „Haus“ sei jedoch in Bezug auf die
vorliegend relevanten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend bzw.
weise zumindest einen engen beschreibenden Bezug zu diesen auf, da Möbel und
Einrichtungsgegenstände der Raumausgestaltung von Häusern dienen könnten.
Somit erwecke die angegriffene Marke beim angesprochenen Publikum lediglich
die Vorstellung, bei dem Markeninhaber handele es sich um das „Haus, das Vi-
vendi-Möbel herstelle“ bzw. um das „Handelshaus für Vivendi-Möbel“.

In jedem Fall behalte der Bestandteil „Vivendi“ innerhalb der angegriffenen Marke
eine selbständig kennzeichnende Stellung.

- 8 -
Eine Verwechslungsgefahr könne dann aber nicht ausgeschlossen werden, und
sei es nur in dem Sinne, dass der Verkehr die Zeichen gedanklich miteinander in
Verbindung bringe.

Die Widersprechende beantragt,

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2013 auf-
zuheben und die angegriffene Marke 30 2009 002 181 für die Wa-
ren und Dienstleistungen

„Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit in Klasse 20 ent-
halten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, El-
fenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum
und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen; Betten, Liegen, Kis-
sen, Nester für Haustiere; Groß- und Einzelhandelsdienstleistun-
gen betreffend die Waren der Klassen 20, auch für den Versand-
handel und/oder unter Nutzung des Internets; Präsentation von
Waren in Kommunikationsmedien, Onlineversandhandelsdienst-
leistungen in den Bereichen der Klassen 20“

zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdegegnerin hat sich am Be-
schwerdeverfahren nicht beteiligt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

- 9 -
II.

Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 MarkenG statthafte und auch im Übri-
gen zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet, da die Ver-
gleichsmarken hinsichtlich sämtlicher mit dem Widerspruch angegriffenen und im
Beschlusstenor aufgeführten Waren und Dienstleistungen der angegriffenen
Marke verwechselbar im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Satz 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG
sind; der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die angegriffene
Marke 30 2009 002 181 für die im Tenor aufgeführten Waren und Dienstleistungen
zu löschen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).

A. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des
Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung
aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR
2010, 1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA
BECKER; GRUR 2011, 915, Nr. 45 - UNI; BGH GRUR 2012, 1040,
Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64,
Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU). Von maßgeb-
licher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich
stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen.
Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon ab-
hängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung
mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine ge-
wisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH
GRUR 2013, 833, Nr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040,
Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64,
Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103, Nr. 37 - Pralinenform II; EuGH
GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).

Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante unmittelbare Gefahr
von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken für die mit dem Wider-
- 10 -
spruch angegriffenen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke zu
besorgen.

1. Ausgehend von der vorliegend maßgeblichen Registerlage besteht zwi-
schen den mit dem Widerspruch angegriffenen Waren und Dienstleistungen der
Klassen 20 und 35 der jüngeren Marke und den Waren der Klasse 20 der Wider-
spruchsmarke teilweise Identität und im Übrigen eine jedenfalls durchschnittliche
Ähnlichkeit.

a. Die für die Widerspruchsmarke zu Klasse 20 eingetragenen Waren „Möbel,
Spiegel, Bilderrahmen; Betten, Kissen“ werden gleichermaßen von der angegriffe-
nen Marke beansprucht.

b. Bei den für die Widerspruchsmarke zu Klasse 20 eingetragenen Waren
„Liegen für Haustiere“ handelt es sich um spezielle Liegen, welche unter den von
der angegriffenen Marke beanspruchten Warenoberbegriff „Liegen“ fallen, so dass
beide Marken sich auch insoweit auf identischen Waren begegnen können. Dies
führt auch zur Löschung des gesamten Warenoberbegriffs „Liegen“ der angegrif-
fenen Marke (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 77; BGH, GRUR 2008, 903
Nr. 11 – SIERRA ANTIGUO).

c. Weiterhin besteht auch Identität oder jedenfalls eine hochgradige Ähnlich-
keit zwischen den Waren der Klasse 20 der Widerspruchsmarke und den von der
angegriffenen Marke beanspruchten „Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus
Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt,
Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststof-
fen“, da eine Vielzahl der für die Widerspruchsmarke zu dieser Klasse eingetrage-
nen Waren aus diesen Materialen bestehen können. Dies gilt zunächst in Bezug
auf solche Waren, die ausweislich des Warenverzeichnisses der Widerspruchs-
marke ausdrücklich aus Holz und/oder Kunststoff hergestellt werden können wie
z. B. „Kisten und Dosen aus Holz oder Kunststoff“ oder „Plakattafeln aus Holz oder
- 11 -
Kunststoff“. Das Warenverzeichnis der Klasse 20 der Widerspruchsmarke enthält
darüber hinaus auch eine Reihe von Waren, welche aus „Kork, Rohr, Binsen,
Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter,
Meerschaum und deren Ersatzstoffe“ gefertigt sein können wie z. B. „Möbelbe-
schläge, nicht aus Metall; Bettbeschläge, nicht aus Metall; Betten für Haustiere;
Betten (Möbel); Blumenständer (Möbel); Blumentische (Möbel); Ständer für Blu-
mentöpfe; Auflageböcke (Möbel); Bücherborde; Schlüsselbretter; Bücherregale;
Büromöbel; Fachböden für Möbel; Fensterbeschläge, nicht aus Metall; Gardero-
benhaken, nicht aus Metall; Garderobenständer; Geflechte aus Stroh (ausge-
nommen Matten); Strohgeflechte; geflochtene Holzblenden (Möbel); Hirschge-
weihe; Messergriffe, nicht aus Metall; Türgriffe, nicht aus Metall; Garderobenha-
ken, nicht aus Metall; Kleiderhaken, nicht aus Metall (Einrichtungsartikel); Hand-
spiegel (Kosmetik-, Toilettenspiegel); Handtuchschränke (Möbel); Handtuchspen-
der (ortsfest), nicht aus Metall; Liegen für Haustiere; Hocker; Identitätsschilder,
nicht aus Metall; Kästen, Kisten, nicht aus Metall; Kisten; Kleiderbügel; Kleider-
ständer (Möbel); Kommoden; Körbe, nicht aus Metall; Körbe (große); Körbe (mit
Henkel), nicht aus Metall; Korbwaren; Profilleisten für Rahmen (Einrahmungen);
Rahmenleisten (Einrahmung); Liegestühle; Möbeltüren; Tischplatten; Stickrahmen;
Rattan; Regale; Scharniere, nicht aus Metall; Schemel; Schilfrohr (Flechtmaterial);
Schlüsselbretter; Anschlagtafeln; Tierhörner; Tische; Toilettentische; Kunsttisch-
lerartikel; Türbeschläge, nicht aus Metall; Türriegel, nicht aus Metall“.

d. Bezüglich der Waren „Nester für Haustiere“ der Klasse 20 der angegriffe-
nen Marke ist von einer überdurchschnittlichen Ähnlichkeit zu den Waren „Betten,
Liegen, …. und Kissen für Haustiere“ der Klasse 20 der Widerspruchsmarke aus-
zugehen, da es in der Branche der Haustierausstatter üblich ist, dass ein Unter-
nehmen verschiedene Arten von Liegeplätzen für Haustiere anbietet
(https://www.fressnapf.de/c/aktionen/liegeplaetze/). Sie dienen ferner demselben
Verwendungszweck, nämlich einem Liegeplatz/Unterlage für Haustiere im Wohn-
bereich. Dementsprechend werden derartige Waren auch in denselben Vertriebs-
stätten wie Tierhandlungen oder entsprechenden Abteilungen in Möbelhäusern
- 12 -
gemeinsam angeboten (https://www.xxxlshop.de/tiermoebel. kategorie-C55), so
dass der Verkehr ohne weiteres davon ausgeht, dass diese Waren unter der Kon-
trolle desselben Unternehmens hergestellt werden.

e. Zwischen den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren der
Klasse 20 und den von der angegriffenen Marke zu Klasse 35 beanspruchten
„Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen betreffend die Waren der Klassen 20,
auch für den Versandhandel und/oder unter Nutzung des Internets; Präsentation
von Waren in Kommunikationsmedien, Onlineversandhandelsdienstleistungen in
den Bereichen der Klassen 20“ besteht jedenfalls eine durchschnittliche Ähnlich-
keit.

Für die Annahme einer Ähnlichkeit reicht es insoweit aus, dass sich die Groß- und
Einzelhandelsdienstleistungen auf die entsprechenden Waren beziehen und die
angesprochenen Verkehrskreise aufgrund dieses Verhältnisses annehmen, die
Waren und Dienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen (vgl. BGH
GRUR 2014, 378 Tz. 39 - OTTO CAP).

Beides ist vorliegend der Fall. Die Widerspruchsmarke genießt in der Klasse 20
Schutz für Waren, auf die sich die von der angegriffenen Marke beanspruchten
Einzel- und Großhandelsdienstleistungen beziehen. Es ist ferner allgemein be-
kannt, dass im Möbelhandel große Handelshäuser neben dem Verkauf fremder
Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten oder sogar überwiegend
Produkte, welche unter der eigenen Marke geführt werden, vertreiben – wie z. B.
IKEA –, so dass für den Verkehr in Bezug auf die Herstellung der hier maßgebli-
chen Waren und deren Vertrieb im Einzel- und/oder Großhandel die Annahme
gleicher oder miteinander verbundener Ursprungsstätten durchaus nahe liegt.

f. Dies gilt auch in Bezug auf die Dienstleistungen „Präsentation von Waren in
Kommunikationsmedien, Onlineversandhandelsdienstleistungen in den Bereichen
der Klassen 20“, da ein Vertrieb von Produkten mit eigenen Handelsmarken z. B.
- 13 -
auf eigenen Internetplattformen erfolgen kann.

2. Die Widerspruchsmarke verfügt von Haus aus über eine durchschnittliche
Kennzeichnungskraft. Soweit es sich bei „Vivendi“ um das Gerundium des lateini-
schen Wortes „vivere“ = leben“ handelt, wird dies der weitaus überwiegende Teil
des Verkehrs mangels hinreichender Kenntnisse der lateinischen Sprache nicht
erkennen, sondern „Vivendi“ als Fanatasiewort wahrnehmen. Nicht ausgeschlos-
sen werden kann allerdings, dass der Verkehr diesem Begriff aufgrund seiner Ein-
bindung in die lexikalisch nachweisbaren fremdsprachlichen Gesamtbegriffe „Ars
Vivendi = Lebenskunst“ (Duden, Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl., S. 93) bzw. „Mo-
dus Vivendi = Lebensweise“ (www.leo.org) eine allgemeine, vage Anspielung auf
„Leben“ entnimmt. Dies zieht aber schon deshalb keine Einschränkung der Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke nach sich, weil „Vivendi“ insoweit keinen
sich ohne weiteres erschließenden Sinn- und Bedeutungsgehalt in Bezug auf die
vorliegend maßgeblichen Waren aufweist. Denn das Wort „Leben“ hat in Bezug zu
den in Rede stehenden Waren der Klasse 20 allenfalls die entfernte Bedeutung
„sich aufhalten, verweilen, hausen“, welche jedoch von den angesprochenen Ver-
kehrskreisen allenfalls durch mehrere gedankliche Schritte erfasst wird.

Die seitens der Markeninhaberin im Verfahren vor der Markenstelle vorgelegte
Liste mit Vivendi-Marken (Anlage 3 zum Schriftsatz vom 3. Juni 2010, Bl. 87/92
VA) ist nicht geeignet, eine Kennzeichnungsschwäche dieses Markenworts zu
belegen. So haben zunächst die Marken, in denen „Vivendi“ in Gesamtbegriffe wie
z. B. „Ars Vivendi“ oder „Modus Vivendi" eingebunden ist, außer Betracht zu blei-
ben. Zudem ist über die Benutzungslage der angeführten Drittmarken nichts be-
kannt.

3. Die Ähnlichkeit zwischen beiden Zeichen ist entgegen der Auffassung der
Markenstelle zumindest durchschnittlich.

- 14 -
In ihrer Gesamtheit heben sich die Vergleichsmarken wegen des nur in der jünge-
ren Marke vorhandenen Eingangsbestandteils „Casa“ in allen für die Beurteilung
der Verwechslungsgefahr wesentlichen Kriterien (Zeichenlänge, Silbenzahl,
Sprechrhythmus usw) voneinander ab. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr
kommt daher nur dann in Betracht, wenn der abweichende Markenteil „Casa“ im
Gesamteindruck der angegriffenen Marke für die angesprochenen Verkehrskreise
in einer Weise zurücktritt, dass er für den Gesamteindruck vernachlässigt werden
kann. Davon ist entgegen der Auffassung der Markenstelle auszugehen.

Das Wort „casa“ ist weiten Teilen des Verkehrs als spanisches/italienisches Wort
für „Haus, Heim, Zuhause“ bekannt und geläufig. In dieser Bedeutung enthält
„Casa“ in Zusammenhang mit den vorliegend maßgeblichen Waren der Klasse 20
sowie den darauf bezogenen Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen
der Klasse 35 sowohl einen beschreibenden Hinweis auf die Verkaufsstätte (Ein-
richtungshaus) als auch darauf, dass die jeweiligen Waren für „Haus(halt) und
Heim“ bestimmt und geeignet sind (vgl. BPatG 32 W (pat) 71/00 – CASA).
Dementsprechend wurde dieser Begriff auch bereits zum Zeitpunkt der Anmel-
dung der angegriffenen Marke umfangreich als Bestandteil von Unternehmens-
und Firmenbezeichnungen von Handelsgeschäften und – betrieben aus diesem
Warenbereich verwendet, wie die den Beteiligten mit der Ladung übersandte Re-
cherche belegt. Zwar handelt es sich dabei um eine kennzeichenmäßige Verwen-
dung, jedoch wird „casa“ nie in Alleinstellung, sondern stets mit weiteren (individu-
alisierenden) Zusätzen als Firmenkennzeichen benutzt. Der Verkehr wird daher
„casa“ auch innerhalb dieser Zeichen lediglich als Hinweis auf den Erbringungsort
bzw. die Art und/oder dem Bestimmungszweck der jeweiligen Waren erkennen,
diesen Begriff daher als solches in Zusammenhang den vorliegend maßgeblichen
Waren der Klasse 20 sowie den darauf bezogenen Einzelhandels- und Großhan-
delsdienstleistungen der Klasse 35 nicht für eine Individualisierung geeignet halten
(vgl. dazu auch BPatG 24 W (pat) 71/08 v. 23. Juni 2009 – systech/Systec).

- 15 -
Entgegen der Auffassung der Markenstelle verbindet sich „casa“ mit „Vivendi“ in
dem angegriffenen Zeichen auch nicht zu einer gesamtbegrifflichen Einheit i. S. v.
„Haus des Lebens“ oder gar „lebendiges Haus“. Eine derartige Bedeutung kommt
„Casa Vivendi“ weder in der italienischen noch der spanischen oder der lateini-
schen Sprache zu. Vielmehr handelt es sich um eine eher phantasievolle Zusam-
mensetzung eines weitgehend unbekannten Begriffs der lateinischen Sprache mit
einem geläufigen Wort der italienischen/spanischen Sprache. Diese lehnt sich
zwar sprachlich an die auch im Inland bekannten Begriffskombinationen „ars vi-
vendi“ oder „modus vivendi“ an, weist jedoch – anders als die genannten Begriffs-
kombinationen - keinen sinnvollen bzw. sich dem Verkehr ohne weiteres erschlie-
ßenden Sinn- und Bedeutungsgehalt auf. Die Annahme einer die Zeichenähnlich-
keit hindernden gesamtbegrifflichen Einheit setzt aber zwingend einen die einzel-
nen Elemente verschmelzenden, übergreifenden Sinngehalt voraus (vgl. Strö-
bele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rdnr. 409).

4. Ausgehend davon kann aber in der Gesamtabwägung angesichts der
teilweisen Identität und ansonsten zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der
Waren und Dienstleistungen, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wi-
derspruchsmarke sowie der zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der Kollisi-
onszeichen eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken in Bezug auf die
mit dem Widerspruch angegriffenen Waren und Dienstleistungen der angegriffe-
nen Marke nicht verneint werden.

B. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der ge-
setzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die
Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch
sonst ersichtlich sind.

- 16 -
III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Hacker Meiser Merzbach

prö


Full & Egal Universal Law Academy