30 W (pat) 23/15  - 30. Senat (Marken/Design)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:051017B30Wpat23.15.0


BUNDESPATENTGERICHT



30 W (pat) 23/15
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



- 2 -
betreffend die Marke 30 2011 035 856

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentge-
richts in der Sitzung vom 5. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser

beschlossen:

I. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Be-
schluss der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 20. Februar 2015 (Erinnerungs-
beschluss) aufgehoben.

Die Erinnerung der Markeninhaberin gegen den Beschluss
derselben Markenstelle vom 22. Mai 2013 (Erstbeschluss)
wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag der Markeninhaberin, die Kosten des
Beschwerdeverfahrens der Widersprechenden aufzuerle-
gen, wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Gegen die Eintragung der für die Waren und Dienstleistungen

„Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, Bücher, Zeitschriften, alle vorgenannten
Waren ausschließlich für den Bereich der Parapsychologie, Astro-
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logie, Esoterik, des Kartenlegens, Pendelns und der Numerologie;

Klasse 38:
Telekommunikation, nämlich Telekommunikationsdienstleistungen
im Bereich der Beratung auf dem Gebiet der Parapsychologie,
Astrologie, Esoterik, Kinesologie, des Kartenlegens, Pendelns, der
Numerologie und des Reiki;

Klasse 45:
Lebensberatung, nämlich persönliche Beratung unter Anwendung
von Methoden der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, Kineso-
logie, des Kartenlegens, Pendelns, der Numerologie und des
Reiki; Erstellung von Horoskopen; esoterische Therapie; esoteri-
sche Beratungen per Telefon; astrologische Beratung; Beratung
auf dem Gebiet der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, des
Kartenlegens, des Pendelns, der Numerologie“

bestimmten Wortmarke 30 2011 035 856

Cosima

ist aus der am 12. Juni 2009 für die Dienstleistungen

„Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Online-
Werbung für Dritte; Vermarktung von Lebensberatungsdienstleis-
tungen; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung
von Lebensberatungsdienstleistungen; Dienstleistungen einer
Datenbank, nämlich Sammeln, Analysieren, Aktualisieren von
Daten; Wartung von Datenbanken, nämlich Aktualisierung des In-
halts;
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Klasse 38:
Telekommunikation; Bereitstellen eines Zugangs zu Informationen
im Internet; E-Mail-Dienstleistungen; SMS-Dienstleistungen; Fern-
übertragung von Informationen; digitale Kommunikationsdienste;
elektronische Daten- und Nachrichtenübermittlung; Telefon-
dienste; Vermittlung von Telefondiensten; Kommunikationsdienste
mittels Telefon, insbesondere im Zusammenhang mit der Vermitt-
lung von Informations-, Beratungs- oder Unterhaltungsdienstleis-
tungen; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Übermitteln
von Daten;

Klasse 42:
Aktualisieren von Internetseiten; Bereitstellen von Plattformen im
Internet; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten, nämlich
Bearbeitung von Texten zur Veröffentlichung im Internet; Betrieb
und Bereitstellung einer internetbasierten Plattform zur Vermittlung
von Beratungs- und Informationsangeboten;

Klasse 45:
von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen
betreffend individuelle Bedürfnisse; Lebensberatung; Erstellen von
Horoskopen; Tarot und Kartenlegen; Wahrsagen und Hellsehen;
Astrologie; Bereitstellen von Informationen im Internet im Bereich
persönliche Lebensberatung“

eingetragenen Unions-Wortmarke 6 988 034

KOSMICA

Widerspruch erhoben worden.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 18. Juli 2012 die
Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat zu-
nächst mit Beschluss vom 22. Mai 2013 die Teillöschung der angegriffenen Marke
für die Dienstleistungen

„Klasse 38:
Telekommunikation, nämlich Telekommunikationsdienstleistungen
im Bereich der Beratung auf dem Gebiet der Parapsychologie,
Astrologie, Esoterik, Kinesologie, des Kartenlegens, Pendelns, der
Numerologie und des Reiki;

Klasse 45:
Lebensberatung, nämlich persönliche Beratung unter Anwendung
von Methoden der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, Kineso-
logie, des Kartenlegens, Pendelns, der Numerologie und des
Reiki; Erstellung von Horoskopen; esoterische Therapie; esoteri-
sche Beratungen per Telefon; astrologische Beratung; Beratung
auf dem Gebiet der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, des
Kartenlegens, des Pendelns, der Numerologie“

angeordnet.

Auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke hat der Erinnerungs-
prüfer der Markenstelle für Klasse 45 mit Beschluss vom 20. Februar 2015 den
Beschluss vom 22. Mai 2013 aufgehoben und den Widerspruch zurückgewiesen.
Eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken liege in Bezug auf die
vorgenannten Dienstleistungen der angegriffenen Marke nicht vor, auch soweit
sich beide Marken nach der Registerlage bei identischen Dienstleistungen begeg-
nen könnten.
- 6 -
So verfüge die Widerspruchsmarke nur über eine äußerst geringe Kennzeich-
nungskraft, da das Markenwort KOSMICA für die vorliegend relevanten, überwie-
gend esoterikbezogenen Dienstleistungen allenfalls über das für eine Eintragung
als Marke erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft verfüge. Denn die
vorliegend angesprochenen Verkehrskreise - in erster Linie das esoterisch inte-
ressierte Publikum - würden der Widerspruchsmarke KOSMICA nicht zuletzt we-
gen ihrer bis auf die Schreibweise am Wortanfang vorhandenen Übereinstimmung
mit dem italienischen bzw. spanischen Adjektiv „cosmica“ bzw. „cósmica“ ohne
weiteres einen Hinweis auf den in seiner Bedeutung mit den vorgenannten Adjek-
tiven übereinstimmenden deutschen Begriff „kosmisch“ entnehmen, dem in seiner
Bedeutung „das Weltall betreffend“ bzw. „im Weltall herrschend/stattfindend“, „aus
dem Weltall stammend“, „zum Weltall gehörend“ oder „auf den Weltraum gerich-
tet“ im Bereich der Esoterik eine ganz zentrale Bedeutung zukomme. KOSMICA
werde daher vom Verkehr in Zusammenhang mit den vorliegenden Dienstleistun-
gen als beschreibender Hinweis auf den Kosmos, auf kosmische Bezüge o. ä.
verstanden.

Vor diesem Hintergrund sei der Abstand zwischen den Vergleichsmarken dann
aber deutlich genug, um Verwechslungen in rechtserheblichem Umfang zu ver-
meiden.

Zwar handele es sich jeweils um dreisilbige Wortmarken mit weitgehend identi-
schen Konsonanten und im Grundsatz identischen Vokalen; insbesondere seien
auch die das Markenwort Cosima bildenden Buchstaben allesamt in KOSMICA
enthalten. Beide Wörter würden auch auf der ersten Silbe betont. Dennoch wirke
KOSMICA schriftbildlich - abgesehen von den Unterschieden durch Groß- bzw.
Kleinschreibung - schon allein durch den Anfangsbuchstaben „K“, der die Wider-
spruchsmarke optisch präge und in der jüngeren Marke keine Entsprechung finde,
ganz anders als Cosima. Hinzu kämen die vertauschten Positionen der Buchsta-
ben „m“ und „c“, ferner die Tatsache, dass bei der Widerspruchsmarke zwei Kon-
sonanten unmittelbar aufeinander folgten („SM“), während bei der jüngeren Marke
- 7 -
jeweils ein Vokal auf einen Konsonanten folge, sowie die etwas geringere Wort-
länge bzw. Buchstabenzahl der angegriffenen Marke im Vergleich zur Wider-
spruchsmarke.

In akustischer Hinsicht wirke KOSMICA auf Grund der „K“-Laute sowohl zu Wort-
beginn als auch in der letzten Silbe insgesamt deutlich härter als Cosima. Auf
Grund der jeweiligen Stellung im Wort werde zudem der Vokal „O“ bzw. „o“ bei der
Widerspruchsmarke offen, bei der angegriffenen Marke hingegen geschlossen
ausgesprochen; dementsprechend werde der Konsonant „S“ bzw. „s“ bei der Wi-
derspruchsmarke stimmlos, bei der angegriffenen Marke stimmhaft wiedergege-
ben. Zusätzlich sei auch in dieser Hinsicht die andersartige Reihenfolge der Kon-
sonanten zu berücksichtigen.

Begünstigt werde die Unterscheidung beider Begriffe ferner durch den unter-
schiedlichen Bedeutungsgehalt der Vergleichsmarken. Während KOSMICA an
den Begriff „kosmisch“ erinnere, sei Cosima mühelos als althergebrachter Mäd-
chen- bzw. Frauenname zu erkennen.

Für eine Verwechslungsgefahr aus sonstigen Gründen lägen keine Anhaltspunkte
vor.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt
sie vor, dass der Widerspruchsmarke entgegen der Auffassung des Erinne-
rungsprüfers eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen wer-
den könne. So werde der Verkehr die Widerspruchsmarke nicht mit dem Begriff
„kosmisch“ bzw. dem gleichbedeutenden, jedoch bereits anders geschriebenen
italienischen bzw. spanischen Adjektiv „cosmica/cósmica“ gleichsetzen. Zudem
komme dem Begriff „kosmisch“ in Bezug auf die für die Widerspruchsmarke ein-
getragenen Dienstleistungen keine beschreibende Bedeutung zu.

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Entgegen der Auffassung des Erinnerungsprüfers sei auch von einer zumindest
durchschnittlichen Zeichenähnlichkeit auszugehen, da es sich um jeweils dreisil-
bige Wortmarken mit weitgehend identischen Konsonanten und im Grundsatz
identischen Vokalen handele, welche jeweils auf der ersten Silbe betont würden.
Zudem seien die Buchstaben der angegriffenen Marke Cosima allesamt in der
Widerspruchsmarke enthalten; insoweit bestehe lediglich ein visueller Unterschied
in der Schreibweise „K“ statt „C“.

In Anbetracht der nach der Registerlage vorliegenden Dienstleistungsidentität sei
dann aber von einer Verwechslungsgefahr auszugehen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Erinnerungsbeschluss der Markenstelle für Klasse 45 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. Februar 2015
aufzuheben und die Erinnerung der Markeninhaberin gegen den
Beschluss derselben Markenstelle vom 22. Mai 2013 zurückzu-
weisen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen und die Kosten des
Beschwerdeverfahrens der Widersprechenden aufzuerlegen.

Zur Begründung verweist sie auf ein Urteil des Kammergerichts Berlin vom
20. März 2015 (5 U 68/14), welches einen zwischen den Beteiligten geführten
Rechtsstreit zu der von Inhaberin der angegriffenen Marke im Rahmen einer Inter-
netdomain benutzten Bezeichnung „kartenlegen-cosima“ betrifft, sowie auf ihr
Vorbringen vor der Markenstelle, wo sie im Wesentlichen geltend gemacht hat,
dass ausgehend von einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft die Ähn-
- 9 -
lichkeit beider Zeichen zu gering sei, um auch im Bereich identischer Dienstleis-
tungen eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

Die auf Antrag der Widersprechenden anberaumte mündliche Verhandlung am
5. Oktober 2017 wurde nach Rücknahme des Antrags auf Durchführung der
mündlichen Verhandlung durch die Widersprechende mit Schriftsatz vom
31. August 2017 zunächst aus Gründen der Sachdienlichkeit (§ 69 Nr. 3 MarkenG)
aufrechterhalten. Mit Schriftsatz vom 28. September 2017 beantragte auch die
Inhaberin der angegriffenen Marke die Aufhebung des Termins und erklärte
gleichzeitig ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren.
Daraufhin wurde mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28. September 2017 der
Verhandlungstermin vom 5. Oktober 2017 aufgehoben und eine Entscheidung im
schriftlichen Verfahren angekündigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die zulässige Beschwerde, über die aufgrund der Zustimmung beider Beteiligter
mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne weitere mündliche Ver-
handlung zu entscheiden ist, hat in der Sache Erfolg, da im Anschluss an die Ent-
scheidung des Erstprüfers auch nach Auffassung des Senats zwischen den Ver-
gleichsmarken in Bezug auf die von der angegriffenen Marke zu den Klassen 38
und 45 beanspruchten Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr im Sinne des
§ 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht. Daher hat der Erstprüfer insoweit zu Recht die
Teillöschung der angegriffenen Marke angeordnet (§ 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).
Auf die Beschwerde der Widersprechenden ist somit der den Widerspruch zu-
rückweisende Erinnerungsbeschluss der Markenstelle für Klasse 45 vom
20. Februar 2015 aufzuheben und die Erinnerung der Markeninhaberin zurückzu-
weisen.
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Soweit der Erstprüfer auf den unbeschränkt erhobenen Widerspruch hin die Teil-
löschung der angegriffenen Marke allein in Bezug auf die zu den Klassen 38
und 45 beanspruchten Dienstleistungen angeordnet hatte, nicht jedoch hinsichtlich
der weiteren von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klasse 16,
lag insoweit eine - vom Erstprüfer nicht ausdrücklich festgestellte - Zurückweisung
des Widerspruchs vor. Da die Widersprechende gegen diese Teilzurückweisung
keine Erinnerung eingelegt hat, ist diese bestandskräftig. Gegenstand des
Erinnerungs- wie auch des Beschwerdeverfahrens sind demnach allein die von
der angegriffenen Marke zu den Klassen 38 und 45 beanspruchten und nach dem
Beschluss des Erstprüfers der Löschung unterfallenden Dienstleistungen.
Dementsprechend hat die Widersprechende auch mit der Beschwerde beantragt,
den Erinnerungsbeschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen
Marke hinsichtlich der Dienstleistungen der Klassen 38 und 45 anzuordnen.

A. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des
Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung
aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH
GRUR 2010, 1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933,
Nr. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2011, 915, Nr. 45 - UNI; BGH GRUR 2012,
1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B;
GRUR 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/
AIDU). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit
der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder
Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke
und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die
Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechs-
lungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren
(st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria;
GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/
Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103,
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Nr. 37 - Pralinenform II; EuGH GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria
Spa/HABM).

Nach diesen Grundsätzen ist eine markenrechtlich relevante unmittelbare Gefahr
von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken für die von der angegriffe-
nen Marke zu den Klassen 38 und 45 beanspruchten Dienstleistungen zu besor-
gen, weshalb die angegriffene Marke insoweit nach § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG
zu löschen ist.

1. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen ist von der Register-
lage und nicht von der tatsächlichen Benutzungslage auszugehen, da die mit
Schriftsatz vom 18. Juli 2012 geltend gemachte Einrede der Nichtbenutzung we-
gen der zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufenen Benutzungsschonfrist der
am 12. Juni 2009 eingetragenen Widerspruchsmarke nicht wirksam erhoben wor-
den ist, worauf die Markenstelle mit Schreiben vom 31. Juli 2012 hingewiesen hat.
Die insoweit verfrüht erhobene Einrede entfaltet auch mit dem Ablauf der
maßgeblichen Frist (am 12. Juni 2014) nicht die Rechtswirkung einer zulässigen
Einrede (BPatG GRUR 2005, 773, 775 - Blue Bull/RED BULL; Ströbele/Hacker,
MarkenG, 11. Aufl., § 43 Rn. 29 m. w. N.). Die Inhaberin der angegriffenen Marke
hat nach Ablauf der „Benutzungsschonfrist“ auch nicht in irgendeiner Form aus-
drücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht, dass sie an der verfrüht erho-
benen Einrede festhalten wolle.

2. Ausgehend von der Registerlage können sich die Vergleichsmarken bei identi-
schen Dienstleistungen begegnen.

So umfasst der für die Widerspruchsmarke zu Klasse 38 ohne jede Einschränkung
eingetragene weite Dienstleistungsoberbegriff „Telekommunikation“ die von der
angegriffenen Marke zu diesem Dienstleistungsoberbegriff konkret („nämlich“) be-
anspruchten „Telekommunikationsdienstleistungen im Bereich der Beratung auf
dem Gebiet der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, Kinesologie, des Kartenle-
- 12 -
gens, Pendelns, der Numerologie und des Reiki“ (Klasse 38). Durch die Eintra-
gung der Widerspruchsmarke für die Dienstleistung „Lebensberatung“ genießt
diese ferner Schutz für die von der angegriffenen Marke zu diesem Dienstleis-
tungsoberbegriff konkret beanspruchten („nämlich“) Dienstleistungen „persönliche
Beratung unter Anwendung von Methoden der Parapsychologie, Astrologie, Eso-
terik, Kinesologie, des Kartenlegens, Pendelns, der Numerologie und des Reiki“.
Die Dienstleistung „Erstellung von Horoskopen“ wird von beiden Marken gleicher-
maßen beansprucht. Unter den für die Widerspruchsmarke zu Klasse 45 eingetra-
genen weiten Dienstleistungsoberbegriff „von Dritten erbrachte persönliche und
soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“ fallen auch die von
der angegriffenen Marke zu dieser Klasse beanspruchten Dienstleistungen „esote-
rische Therapie; esoterische Beratungen per Telefon; astrologische Beratung; Be-
ratung auf dem Gebiet der Parapsychologie, Astrologie, Esoterik, des Kartenle-
gens, des Pendelns, der Numerologie“, so dass auch insoweit Dienstleistungs-
identität besteht. Bestandteil dieser letztgenannten Dienstleistungen der angegrif-
fenen Marke können zudem die für die Widerspruchsmarke eingetragenen
Dienstleistungen „Tarot und Kartenlegen; Wahrsagen und Hellsehen; Astrologie“
sein, so dass auch insoweit Identität besteht.

3. Entgegen der Auffassung des Erinnerungsprüfers kann aber nicht ohne weite-
res von einer Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke in Bezug auf die
vorliegend relevanten Dienstleistungen der Klassen 38 und 45 ausgegangen wer-
den. Mit dem Erinnerungsprüfer ist zwar davon auszugehen, dass der vorliegend
maßgebliche allgemeine Verkehr in der Widerspruchsmarke naheliegend einen
Hinweis auf „kosmisch“ erkennen wird, da diesem Begriff in seiner Bedeutung „das
Weltall betreffend“ bzw. „im Weltall herrschend/stattfindend“ im Kontext von esote-
rischen, astrologischen Dienstleistungen - wie sie die Widerspruchsmarke zu
Klasse 45 beansprucht - eine durchaus zentrale Bedeutung zukommt. Allerdings
beschreibt dieser Begriff nicht unmittelbar Merkmale und Eigenschaften der jewei-
ligen Dienstleistungsprodukte, sondern beschränkt sich auf eine vage Andeutung,
- 13 -
aus kosmischen Konstellationen bzw. Energien oder Ähnlichem persönlich rele-
vante Informationen abzuleiten.

Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben. Denn auch wenn man zugunsten
der Inhaberin der angegriffenen Marke dem Begriff „kosmisch“ in Bezug auf die
vorliegend relevanten Dienstleistungen einen beschreibenden Sinn- und Aussa-
gegehalt zuweist, so dass die Widerspruchsmarke sowohl bei den Dienstleistun-
gen der Klasse 45, als auch bei den Telekommunikationsdienstleistungen der
Klasse 38 - zu denen nach dem Verständnis des Verkehrs neben der rein techni-
schen Komponente auch die inhaltliche Bereitstellung und Übermittlung von In-
formationen gehört (vgl. dazu BPatG 30 W (pat) 548/14 v. 16. Juni 2016 - DRIVE
& TRACK, veröffentlicht auf der Internetseite des BPatG) - lediglich über eine ein-
geschränkte Kennzeichnungskraft verfügen würde, besteht zwischen den Ver-
gleichsmarken aus den nachfolgenden Gründen eine Verwechslungsgefahr in Be-
zug auf die vorliegend relevanten Dienstleistungen der Klassen 38 und 45.

4. Von Bedeutung dafür ist, dass die Vergleichszeichen eine jedenfalls durch-
schnittliche Zeichenähnlichkeit aufweisen.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Ge-
samteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B.
BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040,
Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64,
Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 - MIXI). Dabei ist von dem
allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so auf-
nimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungs-
weise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zei-
chen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurtei-
len, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher,
bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413,
Nr. 19 -ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004,
- 14 -
843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009 Nr. 24 - BMW-Emblem;
GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 - METROBUS;
GRUR 2006, 60, Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder).
Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die
hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH
GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 - Springen-
der Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 - AIDA/AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 11. Aufl. § 9 Rdn. 254 m. w. N.). Abzustellen ist dabei auf die
Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke
regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelhei-
ten achtet (vgl. BGH GRUR 2016, 283 Rn. 37 - BioGourmet m. w. N.).

Ausgehend davon kommen sich entgegen der Auffassung der Inhaberin der an-
gegriffenen Marke beide Marken jedenfalls im Klangbild so nahe, dass eine mitt-
lere (durchschnittliche) Zeichenähnlichkeit nicht verneint werden kann.

Die die sich gegenüberstehenden Wörter Cosima und KOSMICA besitzen eine
identische, das Gesamtklangbild maßgeblich beeinflussende Vokalfolge „O-I-A“;
sie stimmen weiterhin in der Silbenzahl, den Konsonanten „S“ und „M“ sowie im
Anlaut, welcher auch bei der angegriffenen Marke sprachregelgerecht wie „K“ arti-
kuliert wird, überein. Im Verhältnis zu diesen erheblichen Übereinstimmungen
stellen die Abweichungen im Anlaut der Endsilbe („-ma“ bzw. „-KA“) sowie im
Wortinnern kein ausreichendes Gegengewicht dar, um ein sicheres Auseinander-
halten der Markenwörter in klanglicher Hinsicht zu ermöglichen. Zwar hat die
„vertauschte“ Position der Buchstaben „I“ und „M“ im Wortinnern der Markenwörter
zur Folge, dass der Vokal „O“ bei der Widerspruchsmarke, bei der er sich mit dem
nachfolgenden Konsonanten „S“ zu einer Silbe verbindet, kurz ausgesprochen
wird („KOSS“), während dieser Vokal bei der angegriffenen Marke, als Endlaut der
ersten Silbe („Co-“) eher gedehnt gesprochen wird; jedoch tritt der dadurch be-
wirkte Unterschied insbesondere im Sprech- und Betonungsrhythmus gegenüber
dem insbesondere durch den übereinstimmenden Wortanfang sowie der identi-
- 15 -
schen Vokalfolge geprägten Gesamtklangbild beider Markenwörter nicht so deut-
lich hervor, um für eine hinreichende klangliche Differenzierung beider Marken zu
sorgen. Ebenso wird die konsonantische Abweichung im Anlaut der Endsilben
beider Markenwörter („-m(a)“ bzw. „-(C)A“) durch die sie umgebende überein-
stimmende klangtragende Vokalfolge „i-a“ überlagert und ist daher ebenfalls nicht
geeignet, einem weitgehenden Gleichklang beider Marken maßgeblich entgegen-
zuwirken. Durch diese gegenüber den weitreichenden klanglichen Zeichenüber-
einstimmungen eher geringfügigen Unterschiede wird der Klangeindruck beider
Marken daher insgesamt nicht so prägnant beeinflusst, dass ein Verhören mit hin-
reichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Dies gilt umso mehr, als die
Vergleichszeichen im Verkehr nicht gleichzeitig nebeneinander aufzutreten pfle-
gen, sondern ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt
(vgl. u. a. EuGH GRUR Int. 1999, 734 Tz. 26 - Lloyd; BGH GRUR 2000,
506 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2003, 1047 - Kellogg`s/ Kelly`s).

Die Übereinstimmungen im Klangbild beider Marken werden auch nicht durch eine
Sinnverschiedenheit der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen „neutralisiert“
oder zumindest reduziert. So fehlt es bei der Widerspruchsmarke angesichts der
in dieser enthaltenen bloßen Anspielung auf die Begriffe „kosmisch; Kosmos“
schon an einem insoweit erforderlichen sofort und ohne weiteres erfassbaren
Sinngehalt (vgl. dazu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 291). Auf Seiten der
angegriffenen Marke verhält es sich zwar insoweit anders, als es sich bei Cosima
um einen durchaus bekannten Frauennamen handelt. Zudem kann auch in
rechtlicher Hinsicht grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass lediglich der
Sinn- und Bedeutungsgehalt einer der gegenüberstehenden Marken zu einer die
Unterscheidbarkeit erleichternden Abgrenzung der Zeichen beitragen kann (vgl.
dazu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 294). Jedoch kann der Sinngehalt einer
Marke einer Verwechslungsgefahr mit einer anderen Marke nur entgegenwirken,
sofern letztere vom Verkehr deutlich anders als die erstgenannte wahrgenommen
wird, da im Falle eines angesichts weitgehender Überschneidungen und
Gemeinsamkeiten beider Zeichen ohne weiteres möglichen Verhörens bei
- 16 -
mündlicher Wiedergabe bzw. Übermittlung der begriffliche Anklang gerade nicht
erfasst bzw. bemerkt wird (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 295 m. w. N.).

5. Bei dieser Sachlage kann in der Gesamtabwägung auch unter Zu-
grundelegung einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken jedenfalls in-
soweit nicht verneint werden, als diese sich bei identischen Dienstleistungen be-
gegnen können, wie es vorliegend nach der Registerlage der Fall ist.

B. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der ge-
setzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die
Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch
sonst ersichtlich sind. Der Kostenantrag der Markeninhaberin war daher zurück-
zuweisen.


III.
Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
- 17 -
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Dr. Hacker Dr. Meiser Merzbach

Pr


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