30 W (pat) 21/16  - 30. Senat (Marken/Design)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



30 W (pat) 21/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
10. August 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache




- 2 -
betreffend die Marke 30 2009 023 847

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentge-
richts auf die mündliche Verhandlung vom 10. August 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und
Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.


Die am 9. Juni 2009 angemeldete Wort-/Bildmarke



ist am 2. November 2009 unter der Nummer 30 2009 023 847 für die Waren

„Klasse 02:
Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbe-
mittel; Beizen; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pul-
verform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler;

- 3 -
Klasse 03:
Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel;
Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheits-
pflege, Haarwässer; Zahnputzmittel;

Klasse 19:
Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke;
Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall); Denk-
mäler (nicht aus Metall)“

in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen
worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 4. Dezember 2009.

Gegen die Eintragung ist am 4. März 2010 Widerspruch erhoben worden aus der
am 8. September 2006 eingetragenen Unionsmarke 003 289 261

TitanFuge

die für die Waren

„Klasse 01:
Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, nämlich solche der Bau-
chemie; Imprägniermittel, chemische Mittel zur Farbvertiefung und Farbton-
Auffrischung von Keramik, Naturstein und Beton; Klebstoffe für gewerbliche
Zwecke, Klebstoffe aus Kunstharzen (Halbfabrikate),chemische Erzeugnisse
als Baumaterialien, Zusatzmittel für Estriche, Beton- und Mörtelzusatzmittel;
Flüssigkunststoffe, Konservierungsmittel für Baustoffe (ausgenommen solche
für organische Substanzen); Grundierungsmittel, synthetische Harze bein-
haltend; Vergütungsmittel; Kunstharze im Rohzustand;

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Klasse 17:
Gießharze mit Quarzsand versetzt (Halbfabrikate); Dichtungs- und Isolier-
material (ausgenommen Dichtungsflüssigkeiten, wie Dichtungsöle), Dicht-
bänder, Dichtmanschetten (ausgenommen für Schläuche); Fugenmaterialien
(Dichtungen und Kitte, ausgenommen Dichtungsflüssigkeiten, wie Dich-
tungsöle), Dämmbeläge und Dämmelemente, sämtliche vorgenannten Wa-
ren der Klasse 17 ausschließlich zur Verwendung als Baumaterialien;

Klasse 19:
Baumaterialien (nicht aus Metall); hydraulische Bindemittel wie Zement, Kalk,
Gips; Gemische aus hydraulischen Bindemitteln mit Zuschlagstoffen, puzzo-
lanischen Stoffen und/oder chemischen Stoffen; Mörtel, Putze, Estrichmas-
sen, Werktrockenmörtel, zementgebundener Werktrockenmörtel, zementge-
bundener Dünnbettmörtel für das Verkleben, Einbetten und Verfugen von
Fliesen und Platten; Armierungsgewebe, Kontaktschlämme; Füllmittel;
Quarzsand für Bauzwecke, sämtliche vorgenannten Waren ausgenommen
solcher der petrochemischen Industrie und ausgenommen Mineralölpro-
dukte“

registriert ist, sowie aus der seit dem 7. August 2003 eingetragenen Wortmarke
303 30 840

Sopro Titan

die in den Klassen 1, 2, 17, 19 und 37 Schutz für

„Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, nämlich solche der Bau-
chemie; Imprägniermittel, chemische Mittel zur Farbvertiefung und Farbton-
Auffrischung von Keramik, Naturstein und Beton; Klebstoffe für gewerbliche
Zwecke, chemische Erzeugnisse als Baumaterialien, Zusatzmittel für Estri-
che, Beton- und Mörtelzusatzmittel; Flüssigkunststoffe, soweit in Klasse 1
- 5 -
enthalten, Konservierungsmittel für Baustoffe (ausgenommen solche für or-
ganische Substanzen); Grundierungsmittel; Vergütungsmittel; Kunstharze im
Rohzustand; Farben, Firnisse, Lacke; Korrosions- und Rostschutzmittel,
Holzschutzmittel; Anstrichstoffe; Lösungs- und Verdünnungsmittel für Far-
ben; Beizen; Kautschuk, Guttapercha, Gummi, Asbest, Glimmer und Waren
daraus, soweit sie in Klasse 17 enthalten sind; Waren aus Kunststoff, soweit
sie in Klasse 17 enthalten sind, aus künstlichen und synthetischen Kunsthar-
zen (Halbfabrikate), Klebstoffe aus Kunstharzen (Halbfabrikate), Gießharze
mit Quarzsand versetzt (Halbfabrikate); Dichtungs-, Packungs- und Isolier-
material (ausgenommen Dichtungsflüssigkeiten, wie Dichtungsöle), Dicht-
bänder, Dichtmanschetten; Gummihandschuhe zu Isolierzwecken, nicht für
den Haushalt; Fugenmaterialien (Dichtungen und Kitte, ausgenommen
Dichtungsflüssigkeiten, wie Dichtungsöle); Baumaterialien (nicht aus Metall);
hydraulische Bindemittel wie Zement, Kalk, Gips; Gemische aus hydrauli-
schen Bindemitteln mit Zuschlagstoffen, puzzolanischen Stoffen und/oder
chemischen Stoffen; Mörtel, Putze, Estrichmassen; Werktrockenmörtel, ze-
mentgebundener Werktrockenmörtel, zementgebundener Dünnbettmörtel für
das Verkleben, Einbetten und Verfugen von Fliesen und Platten; Armie-
rungsgewebe, Kontaktschlämme, Füllmittel für Bauzwecke, nicht aus Metall;
Quarzsand für Bauzwecke; Dämmbeläge und -elemente, soweit in Klasse 19
enthalten, sämtliche vorgenannten Waren ausgenommen solcher der petro-
chemischen Industrie und ausgenommen Mineralölprodukte; Bauwesen,
Auskünfte in Bauangelegenheiten, nämlich zu Anwendungsbereichen von
Baumaterialien, Vermietung von Bauwerkzeugen und Baumaterial; Repara-
turwesen im Hoch-Tief- und Innenausbau“

beansprucht. Inhaberin beider Widerspruchsmarken ist die Widersprechende. Ein
gegen die Wortmarke 303 30 840 gerichtetes Widerspruchsverfahren wurde am
4. Dezember 2004 abgeschlossen.

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Der Rechtsvorgänger der Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz
vom 30. Juni 2010 gegenüber der Widerspruchsmarke 303 30 840 die Einrede der
Nichtbenutzung erhoben. Zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benut-
zung hat die Widersprechende mit Schriftsatz vom 12. Mai 2011 eine eidesstattli-
che Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden, Herrn …
W… vom 11. Mai 2011 sowie als Anlagen A 1 bis A4 ein Produktdaten-
blatt/Werbeflyer des Sopro Titan-Systems (A1), zertifizierte Ausdrucke einzelner
Gebinde (A2), Produktdatenblätter (A5), Auszüge aus dem Produktkatalog 2005
(A3), Auszüge aus dem Produktkatalog „Fliesentechnik“ 2007 (A4) sowie Ausdru-
cke aus dem Produktkatalog „Baustoffe GaLaBau“ 2007 (A4) vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
zwei Beschlüssen vom 3. Juli 2014 und vom 19. Mai 2015, von denen letzterer im
Erinnerungsverfahren ergangen ist, beide Widersprüche zurückgewiesen und
ausgeführt:

Die hinsichtlich der Widerspruchsmarke 303 30 840 aufgeworfenen Benutzungs-
fragen könnten dahinstehen. Denn in Bezug auf beide Widerspruchsmarken
scheide trotz deren durchschnittlicher Kennzeichnungskraft eine Verwechslungs-
gefahr mangels hinreichender Zeichenähnlichkeit auch insoweit aus, als sich die
jeweiligen Marken nach der Registerlage auf identischen Waren begegnen könn-
ten.

Die Vergleichsmarken unterschieden sich nämlich aufgrund ihrer abweichenden
Wortbestandteile „Shield“ (bei der angegriffenen Marke) sowie „Fuge“ bzw.
„Sopro“ auf Seiten der beiden Widerspruchsmarken so auffällig und deutlich, dass
nicht mit Verwechslungen zu rechnen sei. Für den Verkehr bestehe auch kein
Anlass, den übereinstimmenden Bestandteil „TITAN/Titan“ als jeweils prägendes
Element der Marken anzusehen. So würden die Wortbestandteile „TITAN Shield“
der angegriffenen Marke sowie die Widerspruchsmarke 003 289 261 „TitanFuge“
als jeweils zusammenhängender Begriff wahrgenommen, nämlich „TITAN Shield“
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i. S. eines Schutzschildes aus dem Metall Titan und „TitanFuge“ i. S. von „Fuge
aus oder mit Titan“. Hinsichtlich der weiteren Widerspruchsmarke 303 30 840
„Sopro Titan“ fehle es zwar an einem Gesamtbegriff, jedoch werde aufgrund des
beschreibenden Charakters von „Titan“ auch der weitere Bestandteil „Sopro“ als
Firmenname der Widersprechenden zur Unterscheidung herangezogen und nicht
vernachlässigt. Zudem trage der Sinn- und Bedeutungsgehalt der Wortbestand-
teile der angegriffenen Marke zur Unterscheidung der Vergleichmarken bei.

Für eine Verwechslungsgefahr aus anderen Gründen sei weder etwas vorgetra-
gen noch ersichtlich. Die angesprochenen Verkehrskreise würden nicht davon
ausgehen, dass die jüngere Marke ein Produkt der Widersprechenden bezeichne,
da diese zum einen anders gebildet sei und zum anderen eine graphische Ausge-
staltung aufweise. Der gemeinsame beschreibende Bestandteil Titan reiche für die
Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ausgehend von
einer Identität der sich gegenüberstehenden Waren sowie einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken könne im Anschluss an die Ent-
scheidung des EUIPO vom 18. Juli 2013 R-579/2012-1, die einen Widerspruch
aus den verfahrensgegenständlichen Widerspruchsmarken gegen die mit Wirkung
für die Europäische Union für Waren der Klassen 1 und 5 registrierte und mit der
angegriffenen Marke identische IR-Marke 1 020 441 betrifft, eine zumindest mit-
telbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens nicht
verneint werden.

Der in sämtlichen Marken übereinstimmend enthaltende Wortbestandteil „Ti-
tan/TITAN“ werde seitens der Widersprechenden als Produktgruppenkennzeich-
nung für eine unter der Bezeichnung „Sopro TitanSystem“ geführte Produktlinie
der Widersprechenden verwendet, welche neben dem Produkt “TitanFuge“ auch
aus den Produkten „TitanFlexKleber“, “TitanFließSpachtel“, “TitanFugendicht“ und
“TitanLack“ bestehe, was bereits den mit Schreiben vom 12. Mai 2011 beim
- 8 -
DPMA eingereichten Unterlagen entnommen werden könne. Die weiteren Zusätze
wie Fuge, FlexKleber, FließSpachtel etc. dienten dabei lediglich als Unterschei-
dungsmittel der unterschiedlichen Produkte innerhalb dieser „TITAN-Produktlinie“,
so dass allein dem gemeinsamen Bestandteil TITAN, welche bei Waren ohne Be-
zug zu dem Leichtmetall Titan ohne weiteres kennzeichnend wirke, eine her-
kunftshinweisende Funktion zukomme und die Vergleichszeichen daher vom Ver-
kehr als Marken desselben Inhabers wahrgenommen würden. Dieser Eindruck
werde noch dadurch bekräftigt, dass im Baubereich üblicherweise aufeinander
abgestimmte chemische Erzeugnisse gleichzeitig oder nacheinander angewendet
bzw. verarbeitet würden.

Die zweizeilige Anordnung der Wortbestandteile „TITAN“ und „Shield“ sowie die
unterschiedlichen Schriftbilder und –größen und die Zugehörigkeit der beiden
Wörter zu unterschiedlichen Sprachen wirkten auch einem gesamtbegrifflichen
Eindruck entgegen.

Der Widersprechende beantragt,

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Juli 2014 und vom
19. Mai 2015 aufzuheben und die angegriffene Marke
30 2009 023 847 zu löschen.

Die im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. August 2017 nicht erschienene
Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, dass einer Verwechslungsgefahr bereits entgegenstehe, dass
der in den Marken übereinstimmend enthaltene Bestandteil „Titan/TITAN“ in Be-
zug auf die vorliegend relevanten Waren als Hinweis auf „Titandioxid“ freihal-
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tungsbedürftig sei. Zudem biete die Widersprechende keine Produkte mit der Be-
zeichnung „Titan“ mehr an. Dies gelte auch in Bezug auf die Marke „TitanFuge“.

Während des Beschwerdeverfahrens ist die angegriffene Marke 30 2009 023 847
aufgrund eines am 5. April 2017 beim Deutschen Patent- und Markenamt einge-
gangenen Umschreibungsantrags auf die im Rubrum genannte Inhaberin umge-
schrieben worden. Diese hat mit Schriftsatz vom 4. August 2017 erklärt, dass sie
das Verfahren übernehme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die Beschwerde ist nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig.

Auf Seiten der Beschwerdegegnerin ist die im Register als Inhaberin der ange-
griffenen Marke eingetragene und im Rubrum aufgeführte P…
… GmbH, L…, sachlegitimiert,
nachdem diese mit Schriftsatz vom 4. August 2017 erklärt hat, dass sie das Ver-
fahren übernehme. Eine Zustimmung der Beschwerdeführerin dazu war nicht er-
forderlich (§ 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 MarkenG).

In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg, da die Markenstelle zu Recht den
Widerspruch aus beiden Widerspruchsmarken zurückgewiesen hat (§ 43 Abs. 2
S. 2 MarkenG).

A. Widerspruch aus der Marke 303 30 840 „Sopro Titan“

Der Widerspruch aus der Marke 303 30 840 unterliegt bereits deshalb der Zu-
rückweisung nach § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG, weil die Widersprechende auf die
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zulässige Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke eine
rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke jedenfalls für den nach § 43
Abs. 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen Zeitraum nicht glaubhaft gemacht hat.

1. Die mit Schriftsatz vom 30. Juni 2010 vor der Markenstelle erhobene Einrede der
Nichtbenutzung erstreckt sich mangels Differenzierung auf beide Benutzungszeit-
räume nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG (vgl. BGH GRUR 2008, 719 Tz.
20 - idw Informationsdienst Wissenschaft; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl.,
§ 43 Rdnr. 26).

Gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG kann die Einrede der Nichtbenutzung nur gegenüber
Marken erhoben werden, die (zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede) seit min-
destens fünf Jahren eingetragen sind. Diese allgemein als Benutzungsschonfrist be-
zeichnete Fünfjahresfrist begann vorliegend nicht mit der Eintragung der Wider-
spruchsmarke, sondern gemäß § 26 Abs. 5 MarkenG erst mit Abschluss des gegen
die Widerspruchsmarke gerichteten Widerspruchsverfahrens am 4. Dezember 2004.

Ausgehend von diesem Zeitpunkt war die Benutzungsschonfrist zum Zeitpunkt der
Erhebung der Einrede am 30. Juni 2010 auf jeden Fall abgelaufen, so dass die Ein-
rede in zulässiger Weise erhoben worden ist und die Widersprechende jedenfalls
die Obliegenheit traf, gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG eine den Anforderungen
des § 26 MarkenG genügende rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke innerhalb
der letzten fünf Jahre vor der (abschließenden) Entscheidung über den Wider-
spruch, wobei dieser Zeitpunkt dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem
Bundespatentgericht am 10. August 2017 entspricht, glaubhaft zu machen.

Ob auch die tatbestandlichen Voraussetzungen in Bezug auf den nach § 43 Abs. 1
Satz 1 MarkenG maßgeblichen Zeitraum von fünf Jahren vor Veröffentlichung der
Eintragung der angegriffenen Marke, welche am 4. Dezember 2009 und damit auf
den Tag genau fünf Jahre vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens am
4. Dezember 2004 erfolgte, hängt hingegen davon ab, ob der Tag des Abschlus-
- 11 -
ses des gegen die Widerspruchsmarke gerichteten Widerspruchsverfahrens bei
der Berechnung dieses Zeitraums zu berücksichtigen ist - in diesem Fall hätte die
Benutzungsschonfrist am 4. Dezember 2004 begonnen und am
3. Dezember 2004, 24.00 Uhr und damit einen Tag vor Veröffentlichung der Ein-
tragung der angegriffenen Marke am 4. Dezember 2009 geendet -, oder ob bei der
Berechnung dieses Fünfjahreszeitraums die Fristbestimmungen nach §§ 222
Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 BGB (i. V. m. § 82 Abs. 1 MarkenG) anzuwenden
sind (so v. Mühlendahl, Festschrift für Vieregge, S. 648). Danach bliebe der Tag
des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als „Ereignis“ i. S. von § 187 Abs. 1
BGB bei der Berechnung der Benutzungsschonfrist unberücksichtigt mit der Folge,
dass die Benutzungsschonfrist erst am 4. Dezember 24.00 Uhr geendet hätte, so
dass die Widerspruchsmarke sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintra-
gung der angegriffenen Marke am 4. Dezember 2009 noch in der Benutzungs-
schonfrist befunden hätte.

Gegen eine Anwendung dieser Bestimmungen könnte allerdings sprechen, dass
es sich bei diesem Fünfjahreszeitraum der Eintragung bzw. der Benutzungs-
schonfrist weniger um eine Frist, sondern lediglich um eine förmliche Vorausset-
zung dafür handelt, dass eine Nichtbenutzungseinrede überhaupt die Verpflich-
tung zur Glaubhaftmachung auslöst (so BPatG, GRUR 1999, 1002, 1004 – Sapen;
Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 25 Rdnr. 10; vgl. dazu auch Strö-
bele/Hacker, a. a. O., § 43 Rdnr. 14) Dies muss indes vorliegend nicht entschie-
den werden.

2. Denn auch wenn man insoweit zugunsten der Markeninhaberin von einer
auch in Bezug auf den nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG maßgeblichen Zeitraum
wirksam erhobenen Benutzungseinrede ausgeht und weiterhin zugunsten der Wi-
dersprechenden unterstellt, dass diese eine rechtserhaltende Benutzung für diesen
Zeitraum glaubhaft gemacht hat, so fehlt es jedoch an einer Glaubhaftmachung
einer rechtserhaltenden Benutzung für den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG re-
levanten Zeitraum vom 10. August 2012 bis 10. August 2017. Denn die seitens der
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Widersprechenden mit Schriftsatz vom 12. Mai 2011 eingereichten Unterlagen
einschließlich der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Wider-
sprechenden, Herrn W…, vom 11. Mai 2011 belegen allenfalls eine
rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bis zu diesem Zeitpunkt; sie
betreffen somit nicht den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG nunmehr maßgebli-
chen Zeitraum ab dem 10. August 2012. Für diesen Zeitraum hat die Widerspre-
chende jedoch weder zu einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchs-
marke schriftsätzlich vorgetragen noch Unterlagen dazu vorgelegt.

3. Die Widersprechende hat somit eine rechtserhaltende Benutzung der
Widerspruchsmarke für den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen
Benutzungszeitraum nicht glaubhaft gemacht, so dass der Widerspruch bereits
mangels berücksichtigungsfähiger Waren (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG) keinen
Erfolg haben kann. Die Frage der Verwechslungsgefahr zwischen den beiden
Vergleichsmarken kann daher als nicht mehr entscheidungserheblich dahingestellt
bleiben.

B. Widerspruch aus der Unionsmarke 003 289 261 „TitanFuge“

In Bezug auf diese Wortmarke hat die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg, da
auch nach Auffassung des Senats zwischen den Vergleichsmarken keine Ver-
wechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 125b Nr. 1 MarkenG
besteht. Daher hat die Markenstelle zu Recht auch den Widerspruch aus dieser
Marke zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG).

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Euro-
päischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller
Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2010,
1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA
BECKER; GRUR 2011, 915, Nr. 45 - UNI; BGH GRUR 2012, 1040,
Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64,
- 13 -
Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU). Von maßgeb-
licher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich
stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren (oder Dienstleistungen).
Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon ab-
hängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung
mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine ge-
wisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH
GRUR 2013, 833, Nr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040,
Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64,
Nr. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 1103, Nr. 37 - Pralinenform II; EuGH
GRUR 2008, 343 Nr. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM).

Ausgehend davon ist eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen
zwischen den Vergleichsmarken nicht zu besorgen.

1. Für die Beurteilung der Warenähnlichkeit ist die Registerlage maßgebend.
Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke in dem Schriftsatz vom
4. August 2017 in Zusammenhang mit der Frage einer Benutzung der Wider-
spruchsmarke innerhalb einer Zeichenserie u. a. vorgetragen hat, dass die Wider-
sprechende auch die Verwendung der Widerspruchsmarke eingestellt habe, kann
daraus nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit entnommen werden, dass die Inha-
berin der angegriffenen Marke auch die Benutzung der Widerspruchsmarke im
Rahmen des Benutzungszwangs bestreiten will. Ausführungen zur Benutzung der
Widerspruchsmarke in ersichtlich anderem Zusammenhang – hier: Benutzung im
Rahmen einer Zeichenserie – können grundsätzlich nicht als Einrede der Nichtbe-
nutzung gewertet werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 43 Rdnr. 32).

Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, da eine Verwechslungsgefahr zwi-
schen beiden Marken aus den nachfolgenden Gründen auch ausscheidet, soweit
sie sich nach der Registerlage auf identischen oder hochgradig ähnlichen Waren
begegnen können, wie es etwa bei den Waren der Klasse 19 der Widerspruchs-
- 14 -
marke und den ebenfalls zu dieser Warenklasse von der angegriffenen Marke be-
anspruchten „Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bau-
zwecke; Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall)“ so-
wie zwischen den für die Widerspruchsmarke in Klasse 1 eingetragenen Waren
und den von der angegriffenen Marke in Klasse 2 beanspruchten Waren „Farben,
Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen;
Naturharze im Rohzustand“ der Fall ist.

2. Maßgebend dafür ist zunächst, dass der Schutzumfang der Widerspruchs-
marke von Haus aus eng zu bemessen ist.

Bei der Widerspruchsmarke handelt es sich um eine Kombination der Begriffe
„Titan“ und „Fuge“, was für den (Fach-)Verkehr schon aufgrund der Binnengroß-
schreibung ohne weiteres erkennbar ist.

a. Der Bestandteil „Titan“ wird im Zusammenhang mit den vorliegend relevan-
ten Waren zumindest vom Fachverkehr naheliegend als Hinweis auf das chemi-
sche Element bzw. Metall Titan sowie auch als Hinweis auf „Titandioxid“ verstan-
den werden. Wie der Senat bereits in dem Beschluss vom 9. März 2015 im Ver-
fahren 30 W (pat) 1/14 betreffend das Löschungsverfahren gegen die Wortmarke
30 2008 043 382 „Titanshield“ (veröffentlicht in juris, dort Tz. 33) ausgeführt hat,
ist
„Titan ein chemisches Element und Metall, das als solches oder in Form von Le-
gierungen große Bedeutung erlangt hat. Titan bildet an der Luft eine äußerst be-
ständige Oxidschicht aus, die es in vielen Medien korrosionsbeständig macht,
weshalb Titan auch als Werkstoff in unterschiedlichen Bereichen dient (vgl.
Römpp, Lexikon Chemie, 10. Aufl. 1999, Band 6, S. 4561 f.). Auch in seinen Ver-
bindungen wird Titan in vielen Bereichen eingesetzt. Titandioxid ist die technisch
bedeutendste Titanverbindung; es hat als Weißpigment ein weites Einsatzgebiet,
so auch bei Anstrichstoffen, Lacken und Farben. Die Verwendung auf Oberflächen
führt dazu, dass diese schmutzabweisend werden (vgl. Ausdruck aus „Wikipedia“,
- 15 -
Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 9. März 2011; vgl. auch Römpp,
a. a. O., S. 4564 f.; Duden, Das Wörterbuch chemischer Fachausdrücke, 2003,
S. 687).“

Im Hinblick auf die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren beschränkt
sich „Titan“ dann aber in einem Hinweis darauf, dass diese entweder Titan(dioxid)
enthalten bzw. – z. B. im Rahmen einer Oberflächen(vor)behandlung – mit Ti-
tan(dioxid) versehen sind, oder aber, dass die entsprechenden Waren Ti-
tan(dioxid) aufnehmen bzw. mit diesem chemischen Stoff beschichtet werden
können.

b. Der nachgestellte Begriff „Fuge“ bezeichnet u.a. im Bauwesen einen
schmalen Zwischenraum zwischen verschiedenen Bauteilen (vgl. DUDEN Online-
Wörterbuch zu „Fuge“). Ein solches Verständnis liegt für den Verkehr auch in Zu-
sammenhang mit den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren nahe,
da diese im Bauwesen allgemein und speziell auch in Zusammenhang mit der
Fertigung und Ausgestaltung von Fugen verwendet werden können. Dabei können
solche Fugen aufgrund der schmutzabweisenden bzw. desinfizierenden Wirkung
von „Titandioxid“ auch mit diesem Stoff beschichtet sein bzw. aus Rohstoffen und
Baumaterialien, welche diesen chemischen Stoff enthalten und/oder damit verse-
hen sind, hergestellt werden, um z. B. vor dem Befall durch bestimmte Schimmel-
pilze und Bakterien zu schützen.

c. Vor diesem Hintergrund wird jedenfalls der hier angesprochene Fachver-
kehr die Begriffsbildung „TitanFuge“ im Zusammenhang mit den für die Wider-
spruchsmarke eingetragenen Waren ohne weiteres i. S. von „Fuge mit Ti-
tan(dioxid) beschichtet/versehen“ verstehen und der Widerspruchsmarke daher
den rein beschreibenden, schlagwortartigen Hinweis entnehmen, dass die so be-
zeichneten Waren ihrer Beschaffenheit nach zur Herstellung und/oder Ausgestal-
tung von Fugen mit einer schmutzabweisenden/desinfizierenden Titan(dioxid)-Be-
schichtung bestimmt sind. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesge-
- 16 -
richtshofs kommt aber Marken, die erkennbar an einen beschreibenden Begriff
angelehnt sind, keine normale, sondern nur eine unterdurchschnittliche Kenn-
zeichnungskraft zu (BGH GRUR 2014, 382, Nr. 26 – REAL-Chips; GRUR 2013,
833, Nr. 34 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2013, 631, Nr. 59 -
AMARULA/Marulablu; GRUR 2012, 1040, Nr. 29 - pjur/pure; GRUR 2011, 826,
Nr. 16 - Enzymax/Enzymix; GRUR 2008, 905, Nr. 15 - Pantohexal).

d. Der Senat berücksichtigt, dass die 1. Beschwerdekammer des EUIPO im
unionsrechtlichen Parallelverfahren R-579/2012-1 von einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen ist (Beschluss vom
18. Juli 2013, Tz. 36). Sie hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass der
Bestandteil „Titan“ über eine herkunftshinweisende Funktion verfüge, weil die rele-
vanten Warenbegriffe ausgesprochen weit seien und mehrheitlich auch Waren
umfassten, die keinerlei Verbindung zu Titan als Inhaltsstoff, Verwendungszweck
oder ähnliches aufwiesen (vgl. a. a. O., Tz. 33, 34). Daher werde auch die Be-
griffskombination „TitanFuge“ in Bezug auf diese Waren allenfalls als vager Hin-
weis auf den möglichen Einsatzzweck der Waren für „Fugen“ wahrgenommen,
was aber trotz des werblich anspielenden Charakters die Kennzeichnungskraft
nicht maßgeblich schmälere (vgl. a. a. O., Tz. 36). Dieser Auffassung vermag der
Senat jedoch nicht zu folgen.

Denn so wie eine Marke nicht für einen Warenoberbegriff eingetragen werden
kann, wenn ein absolutes Schutzhindernis für eine unter den Warenoberbegriff
fallende Einzelware besteht (vgl. u. a. BGH GRUR 2002, 261, 262 - AC; GRUR
2005, 578, 580 - LOKMAUS), ist im Widerspruchsverfahren die Kennzeichnungs-
kraft der älteren Marke für einen geschützten Oberbegriff insgesamt als vermindert
zu beurteilen, auch wenn die Schwäche nur in Bezug auf eine von dem Oberbe-
griff erfasste Einzelware vorliegt. Dem könnte nur durch eine Einschränkung des
Oberbegriffs auf nicht von der Kennzeichnungsschwäche betroffene Einzelwaren
begegnet werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 187). Maßgebend ist
daher nicht, ob die beanspruchten Warenoberbegriffe ausnahmslos Waren umfas-
- 17 -
sen, die durch ein Zeichen oder einen Zeichenbestandteil beschrieben werden,
sondern allein, ob unter die jeweiligen Warenoberbegriffe auch solche Waren fal-
len, bei denen das Zeichen bzw. der Zeichenbestandteil eine beschreibende Wir-
kung entfaltet, wie dies vorliegend bei „Titan“ und „Fuge“ aus den genannten
Gründen aber der Fall ist.

3. Die Ähnlichkeit zwischen beiden Zeichen ist unterdurchschnittlich.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Ge-
samteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B.
BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040,
Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64,
Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 - MIXI). Dabei ist von dem
allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so auf-
nimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungs-
weise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zei-
chen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurtei-
len, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher,
bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 -
ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843,
Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009 Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR
2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 - METROBUS; GRUR
2006, 60, Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei
genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinrei-
chende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015,
1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 - Springender Pudel;
GRUR 2010, 235, Nr. 18 - AIDA/AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9
Rdn. 254 m. w. N.).

a. In ihrer Gesamtheit sind die Vergleichsmarken nach der bei der Beurteilung
der Markenähnlichkeit allein maßgeblichen registrierten Form durch die abwei-
- 18 -
chenden Wortbestandteile „Shield“ bzw. „Fuge“, welche im Gesamtbild beider
Marken gegenüber dem gemeinsamen Wortbestandteil „TITAN/Titan“ aufgrund
ihrer identischen bzw. jedenfalls vergleichbaren größenmäßigen Ausgestaltung
weder überlesen noch überhört werden, leicht zu unterscheiden, zumal die Be-
griffe „Fuge“ und „Shield“ als englisches Wort für „Schild, Schutzschild“
(vgl. Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 3. Auflage 2005, S. 1531; Langen-
scheidt, Fachwörterbuch Technik und angewandte Wissenschaften, Eng-
lisch-Deutsch, 2. Aufl. 2004, S. 1755) einen ohne weiteres erkennbaren unter-
schiedlichen Begriffsinhalt aufweisen. In schriftbildlicher Hinsicht trägt zudem
zusätzlich auch die graphische Ausgestaltung der jüngeren Marke zur Unterschei-
dung bei.

b. Das gemeinsame Wortelement „TITAN/Titan“ ist auch nicht geeignet, die
Marken in Bezug auf die von ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen von
Haus aus zu prägen.

aa. Dem steht zwar nicht bereits das Bildelement der angegriffenen Marke
entgegen, da dieses in der Wahrnehmung des Verkehrs als lediglich einfaches
dekoratives Element zurücktritt. Insoweit gilt der Erfahrungssatz, dass sich der
Verkehr bei einer Wort-/Bildmarke an dem Wortbestandteil orientiert, wenn - wie
vorliegend - der Bildbestandteil keine ins Gewicht fallende graphische Gestaltung
aufweist (vgl. BGHZ 167, 322, Nr. 30 - Malteserkreuz; BGH GRUR 2008, 258,
Nr. 23 - INTERCONNECT/T-InterConnect).

bb. Ferner wird der Verkehr die Wortbestandteile der Vergleichsmarken aufgrund
der zweizeiligen Anordnung der Wortbestandteile bei der angegriffenen Marke
bzw. der Binnengroßschreibung auf Seiten der Widerspruchsmarke jeweils als
Kombination der ihm geläufigen Begriffe „TITAN/Titan“ und „Shield“ bzw. „Fuge“
erkennen.

- 19 -
cc. Einer prägenden Wirkung von „TITAN/Titan“ innerhalb der Vergleichsmar-
ken wirkt jedoch entgegen, dass der Begriff „TITAN/Titan“ sowohl bei den einge-
tragenen Waren der Widerspruchsmarke als auch den im Identitäts- bzw. engeren
Ähnlichkeitsbereich dazu liegenden Waren der angegriffenen Marke Merkmale
und Eigenschaften dieser Waren dahingehend beschreibt, dass diese Titan bzw.
Titandioxid enthalten können bzw. ihrer Beschaffenheit nach zur Herstellung
und/oder Ausgestaltung von Fugen mit einer schmutzabweisenden
desinfizierenden Titan(dioxid)-Beschichtung bestimmt sind. Derartige beschrei-
bende bzw. sachbezogene Zusätze können ein Zeichen in der Regel nicht prägen,
weil der Verkehr ihm lediglich eine inhaltliche Sachaussage entnehmen wird, ohne
darin eine Marke zu erkennen, das auf die Herkunft des Produkts hinweist (vgl.
BGH GRUR 2007, 1071, Nr. 36, 37 - Kinder II; GRUR 2013, 68, Nr. 43 -
Castell/VIN CASTEL; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 375 m. w. Nachw.). Dies
gilt selbst bei Annahme einer Schutzunfähigkeit der weiteren beschreibenden Zei-
chenbestandteile „Fuge“ bzw. „Shield“. Vielmehr bleibt es dann schlicht bei einem
Gleichgewicht der Zeichenelemente und demnach bei dem allgemeinen Grund-
satz, dass das Zeichen nach seinem Gesamteindruck zum Vergleich heranzuzie-
hen ist (vgl. BGH GRUR 2008, 903 (Nr. 22) – ANTIGUO/SIERRA ANTIGUO).

Für den Verkehr besteht dabei umso weniger Anlass, in „TITAN/Titan“ das den
Gesamteindruck beider Marken prägende Element zu erkennen, als sich nicht nur
– wie bereits dargelegt (vgl. Seite 16) - die Bestandteile „Titan“ und „Fuge“ der
Widerspruchsmarke zu einer gesamtbegrifflichen Aussage i. S. von „mit Ti-
tan(dioxid) beschichtete/versehene Fuge“ verbinden, sondern auch die Wortbe-
standteile „TITAN“ und „Shield“ der angegriffenen Marke einen Gesamtbegriff i. S.
von „Titanschutzschild“ bilden, wobei dieser Begriff in Bezug auf die beanspruch-
ten Waren naheliegend als Sachhinweis bzw. als eine allgemeine Angabe mit
beschreibendem Bezug dahingehend verstanden wird, dass die betreffenden Pro-
dukte bzw. die in ihnen enthaltenen Bestandteile nach Art und Beschaffenheit für
den Schutz mittels Titan(dioxid) bestimmt bzw. mit Titanschutz ausgestattet sind
- 20 -
und so ein Schutzschild aus Titan(dioxid) bilden (vgl. BPatG 30 W (pat) 1/14 - Ti-
tanshield, veröffentlicht in juris, Tz. 53).

dd. Für den Verkehr besteht daher bei den Vergleichszeichen keine Veranlas-
sung, zwischen einem prägenden Bestandteil „Titan” und einem vernachlässi-
gungsfähigen Bestandteil „Shield“ bzw. „Fuge“ zu unterscheiden; vielmehr wird
sich der Verkehr an den jeweiligen Wortbestandteilen in ihrer Gesamtheit orientie-
ren und nicht zu einer Verkürzung auf den Bestandteil „TITAN/Titan“ neigen. Es
hat daher bei einem Gesamtvergleich der Zeichen zu bleiben, bei dem sich diese -
wie ausgeführt - deutlich unterscheiden. Insoweit scheidet eine unmittelbare Ver-
wechslungsgefahr im Rahmen der Gesamtabwägung dann aber mangels hinrei-
chender Zeichenähnlichkeit aus.

ee. Ergänzend anzumerken ist noch, dass auch kein höherer Grad an Zeichen-
ähnlichkeit besteht, soweit die angegriffene Marke Schutz für die – den Waren der
Widerspruchsmarke ohnehin allenfalls entfernt ähnlichen – Waren der Klasse 3
sowie für „Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker
und Künstler“ (Klasse 2) und – in der Klasse 19 – „Denkmäler (nicht aus Metall)“
beansprucht. Zwar beschreiben die Wortbestandteile „TITAN Shield“ der ange-
griffenen Marke insoweit weder für sich noch in ihrer Kombination Merkmale und
Eigenschaften dieser Waren; sie tragen dann aber auch gleichermaßen zur Her-
kunftskennzeichnung bei, so dass für den Verkehr auch in diesem Fall kein Anlass
besteht, sich allein an dem Wortbestandteil „TITAN“ zu orientieren und „Shield“ zu
vernachlässigen. Vielmehr sind die Wortbestandteile im Gesamteindruck der an-
gegriffenen Marke auch insoweit gleichgewichtig. Im Übrigen verbleibt es bei einer
fehlenden Prägung der Widerspruchsmarke durch den Wortbestandteil „Titan“, so
dass die Übereinstimmung in diesem Begriff sich auch bereits aus diesem Grunde
nicht auf die (insgesamt unterdurchschnittliche) Zeichenähnlichkeit auswirkt.

- 21 -
4. Es liegt auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne eines
gedanklichen Inverbindungbringens (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. HS MarkenG) unter dem
Aspekt des Serienzeichens vor.

Eine solche Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die jüngere mit der älteren
Marke in einem Bestandteil übereinstimmt, den der Verkehr als Stamm mehrerer
Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnun-
gen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet.
Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken mit einem
gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrs-
kreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung
bringen (BGH, GRUR 2013, 840, Rd. 23 – PROTI II; GRUR 2013, 1239, Rn. 40 –
Volkswagen/Volks.Inspektion).

Die Widersprechende hat auch im Beschwerdeverfahren (vgl. Schriftsatz vom
15. Juni 2016, Seite 3 Bl. 35 d. A.) vorgetragen, dass der Bestandteil „Ti-
tan/TITAN“ seitens der Widersprechenden als Produktgruppenkennzeichnung für
eine unter der Bezeichnung „Sopro TitanSystem“ geführte Produktlinie der Wider-
sprechenden verwendet werde, welche neben dem Produkt “TitanFuge“ auch aus
den Produkten „TitanFlexKleber“, “TitanFließSpachtel“, “TitanFugendicht“ und
“TitanLack“ bestehe. Sie beruft sich damit auf eine existierende Zeichenserie, bei
der jeweils der Wortbestandteil „Titan“ mit einem weiteren – nachstehenden –
Bestandteil kombiniert ist.

a. In einem solchen Fall steht einer Verwechslungsgefahr nicht ohne weiteres
entgegen, dass der gemeinsame Bestandteil „Titan“ aufgrund seines beschrei-
benden Charakters und der damit verbundenen Kennzeichnungsschwäche von
Haus aus nicht geeignet ist, als herkunftshinweisender Stammbestandteil einer
Zeichenserie zu wirken. Denn im Falle einer - von der Widersprechenden be-
haupteten - tatsächlichen Benutzung einer Zeichenserie kommt es nicht mehr da-
rauf an, ob der fragliche Stammbestandteil (hier: „Titan“) sich von Haus aus bzw.
- 22 -
theoretisch als Stammbestandteil eignet; maßgebend ist allein, ob die Widerspre-
chende den Verkehr tatsächlich an „Titan“ als Stammbestandteil einer Serie ge-
wöhnt hat (BGH GRUR 2002, 542, 544 – BIG; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9
Rn. 494, 504). Unerheblich ist ferner, ob und in welchem Umfang die einzelnen
Zeichen der Serie im Register eingetragen sind. Denn das Vorliegen einer Seri-
enmarke ist eine Frage des tatsächlichen Marktauftritts. Bei einem Vorgehen aus
einer Registermarke genügt es also grundsätzlich, wenn lediglich eine einzige
Marke – hier: die Widerspruchsmarke – aus der benutzten Serie eingetragen ist
(vgl. dazu auch BPatG 29 W (pat) 530/13 v. 9. Dezember 2016 – entertain
web/Entertain).

b. Erforderlich ist aber, dass eine solche Zeichenserie nicht nur im
Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke, sondern auch zum Zeitpunkt der Entschei-
dung, d.h. vorliegend dem Schluss der mündlichen Verhandlung am
10. August 2017, noch besteht.

Denn in dem auf Löschung gerichteten Widerspruchsverfahren (vgl. § 43 Abs. 2
Satz 1 MarkenG) - wie auch im Löschungsprozess nach §§ 51, 55 MarkenG -,
geht es um die Beseitigung eines bestehenden Störungszustands, also um die
Durchsetzung eines zukunftsgerichteten Anspruchs gegenüber einer jüngeren
Registermarke. Hängt dabei die Beurteilung der für die Verwechslungsgefahr
maßgeblichen Faktoren von tatsächlichen Umständen ab, wie es z. B. bei einer
Stärkung/Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch
ein Verhalten des Markeninhabers oder auch – im Rahmen der Verwechslungs-
gefahr unter dem Gesichtspunkt einer Serienmarke – vom tatsächlichen Bestehen
und der Benutzung einer entsprechenden Zeichenserie der Fall ist, müssen die
entsprechenden Voraussetzungen daher im Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke
vorgelegen haben und auch im Entscheidungszeitpunkt noch fortbestehen (vgl. für
die Bestimmung des Schutzumfangs Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 211).
Denn nur wenn dieser sich auf tatsächliche Umstände gründende Störungszu-
stand auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung bestand, ist es gerechtfertigt,
- 23 -
diesen durch Löschung der prioritätsjüngeren (Register)Marke mit Wirkung für die
Zukunft zu beseitigen.

Dass die Widersprechende eine solche Zeichenserie mit dem Stammbestandteil
„Titan“ auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung benutzt, hat sie zwar auch im
Beschwerdeverfahren nochmals vorgetragen, dies aber weder näher dargelegt
noch glaubhaft gemacht. Vielmehr verhält es sich offenbar so, dass die Wider-
sprechende – entsprechend dem Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke
im Schriftsatz vom 4. August 2017 – die Benutzung einer Zeichenserie mit dem
Bestandteil „Titan“ schon vor mehreren Jahren eingestellt hat. Die Widerspre-
chende ist dem entsprechenden Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke im
Schriftsatz vom 4. August 2017 nicht entgegengetreten und hat auch in der münd-
lichen Verhandlung trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats dazu nicht
weiter vorgetragen.

Lässt sich damit aber eine Benutzung einer entsprechenden Zeichenserie mit dem
Bestandteil „Titan“ jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht feststellen,
scheidet auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter diesem Gesichtspunkt
aus.

5. Eine Verwechslungsgefahr aus anderen Gründen ist ebenfalls nicht ersicht-
lich.

Insbesondere eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne unter dem Gesichts-
punkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung der Widerspruchsmarke inner-
halb des angegriffenen Zeichens scheidet bereits deshalb aus, weil es an einer
Übernahme der Widerspruchsmarke in identischer oder ähnlicher Form in die jün-
gere Marke fehlt. Die Widerspruchsmarke ist eine aus den Bestandteilen „Titan“
und „Fuge“ zusammengesetzte Marke. Keiner dieser Bestandteile dominiert oder
prägt die Widerspruchsmarken. Der Zeichenbestandteil „Titan“ der Widerspruchs-
marke kann, ohne dass er diese dominiert oder prägt, in der zusammengesetzten
- 24 -
jüngeren Marke keine selbständig kennzeichnende Stellung behalten. Anderen-
falls würde für die Widerspruchsmarke ein selbständiger Elementenschutz be-
gründet, der dem Kennzeichenrecht grundsätzlich fremd ist (vgl. BGH GRUR
2008, 903, 905 Nr. 34 – SIERRA ANTIGUO)

C. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der ge-
setzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die
Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch
sonst ersichtlich sind.


III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 25 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Hacker Meiser Merzbach

prö


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