2. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 29.08.2013, 2 AZR 809/12.
Karar Dilini Çevir:
2. Senat - Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 29.08.2013, 2 AZR 809/12.
Bundesarbeitsgericht 2 . Senat Urteil vom 29. August 2013 - - I. Arbeitsgericht Solingen - 3 Ca 1016/11 - II. Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 5. Juli 2012 - 15 Sa 485/12 - F ür die Amtliche Sammlung: Nein Entscheidungsstichwort : Betriebsbedingte Kündigung - freier Arbeitsplatz Gesetz: KSchG § 1 Leitsätze: keine Hinweis des Senats: Teilweise Parallelentscheidung zu führender Sache - 2 AZR 809/12 - - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 2 AZR 808/12 15 Sa 485/12 Landesarbeitsgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes! Verkündet am 29. August 2013 URTEIL Brüne , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 29. August 2013 durch die Richterin am Bundesarbeitsgericht Berger als Vorsitzende, die Richterinnen am Bundesarbeitsgericht Rachor und Dr. Rinck sowie die ehrenamtlichen Richte r Wolf und Falke für Recht erkannt: - 2 - 2 AZR 808/12 - 3 - Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesa r- beitsgerichts Düsseldorf vom 5. Juli 2012 - 15 Sa 485/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Künd i- gung. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Textilindustrie. Sie hat in J/Tschechische Republik eine unselbständige Betriebsstätte, in der sie Ve r- bandstoffe herstellt. Die Endfertigung der Stoffe einschließlich Verpackun g und Versand erfolgte an ihrem Sitz in W/Nordrhein - Westfalen. Die 195 2 geborene Klägerin war seit Mai 19 73 bei der Beklagten am Standort W als Konfektionier e- rin beschäftigt. Zuletzt erzielte sie ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.4 00 , 00 Euro. Im Juni 2011 beschloss die Beklagte, die Produktion in W zum 31. Januar 2012 vollständig einzustellen und funktionstüchtige Maschinen nach J zu verbringen. Die Abteilungen Großversand, Warenannahme, Lager und Qualitätssicherung sollten zum 30. Juni 2012 geschlosse n werden. Der kau f- männische Bereich - bestehend aus Finanzbuchhaltung, Lohnabrechnung, Ein - und Verkauf - sollte in W verbleiben. Am 27. Juni 2011 zeigte die Beklagte der zuständigen Agentur für A r- beit die beabsichtigte Entlassung von 15 Arbeitnehmern an. Mit Schreiben vom 28. Juni 2011, das der Klägerin am selben Tag zuging, kündigte sie das A r- beitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Januar 2012. Daneben kün digte sie - bis auf zwei Ausnahmen - die Arbeitsverhältnisse der übrigen in W eing e- setzten g ewerblichen Arbeitnehmer. Die beiden nicht gekündigten Produkt i- onsmitarbeiter beschäftigte sie bis zum 30. Juni 2012 weiter. 1 2 3 4 - 3 - 2 AZR 808/12 - 4 - Die Klägerin hat fristgerecht K ündigungsschutzklage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Kündigu ng sei sozial ungerechtfertigt. Sie habe ca. vierzig Jahre für die Beklagte gearbeitet. Diese führe ihr operatives und einträgliches Geschäft fort. Unter solchen Umständen gehe es nicht an, den Arbeitsplatz o h- ne jede Entschädigung zu verlieren. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten hätten du rchaus - jed enfalls in J - bestanden. Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffa s- sung vertreten, die Kündigung sei wirksam. Sie sei durch die Entscheidung zur Stilllegung der Produktion am Standort W bedingt. Die organisatorische Ma ß- nahme habe sich im Kündigungszeitpunkt bereits greifbar abgezeichnet und s ei termingerecht umgesetzt worden. Damit seien die bisherigen Beschäftigung s- möglichkeiten für die Klägerin weggefallen. Eine Verpflichtung, diese in der B e- triebsstätte J weiterzubeschäftigen, habe nicht bestanden. Abgesehen von der Unzumutbarkeit eines ent sprechenden Änderungsangebots ergebe sich aus dem Kündigungsschutzgesetz keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den A r- beitnehmer auf einem anderen - freien - Arbeitsplatz in einem ausländischen Betrieb oder Betriebsteil weiterzubeschäftigen. Die Vorinstanz en haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision ve r- folgt die Klägerin ihr Begehren unverändert weiter. Entscheidungsgründe Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentl i- che Kündigung vom 28. Juni 2011 mit Ablauf des 31. Januar 2012 aufgelöst worden. 5 6 7 8 9 - 4 - 2 AZR 808/12 - 5 - I. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam. Sie ist iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt. 1. Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs . 2 KSchG durch dringende betriebl i- che Erfordernisse bedingt. a) Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber sich zu einer organisator i- schen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weite r- beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb dauerhaft entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sonde rn nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 33; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21) . Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragl i- che Entscheidung tatsächlic h umgesetzt wurde und dadurch das Beschäft i- gungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - aaO) . b) Wird die Kündigung auf eine zu erwartende künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, braucht diese bei Kündigungsausspruch noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet (vgl. BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 19; 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - Rn. 22) . Das ist der Fall, wenn im Zei t- punkt des Ausspruchs der Kündigung die auf objektive Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit ein die Entlassung erforderlich m a- chender betrieblicher Grund vorliegen (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240 ) . A l- lerdings muss eine der e ntsprechenden Prognose zugrunde liegende eigene unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers bereits im Kündigungszei t- punkt endgültig getroffen worden sein. Andernfalls kann eine zum Wegfall de r Beschäftigungsmöglichkeiten führende Entscheidung nicht sic her prognostiziert werden (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO) . 10 11 12 13 - 5 - 2 AZR 808/12 - 6 - c) Daran gemessen lagen im Kündigungszeitpunkt Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vor. aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe im Juni 2011 den Entschluss gefasst, ih re Produktionstätigkeit am Standort W Ende künftig in ihrer tschechischen Betriebsstätte durchführen zu lassen. Ihre En t- scheidung habe sie den Planungen entsprechend auch umgeset zt. Diese Fes t- stellungen greift die Revision nicht an. bb) Im Kündigungszeitpunkt war danach die Prognose gerechtfertigt, im Umfang entsprechender personeller Überkapazitäten werde das Beschäft i- gungsbedürfnis für Mitarbeiter im Produktionsbereich am Stand ort W mit Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist entfallen (zur Produktionsverlagerung ins Au s- land : vgl. BAG 18. September 1997 - 2 AZR 657/96 - Rn. 12 ff.; zur Schließung von Dienststellen/Standorten bei gleichzeitiger Konzentration von Aufgaben an einem a nderen Standort : siehe BAG 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 17; 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 31) . Zum wesentlichen Inhalt der unte r- nehmerischen Entscheidungsfreiheit gehört die Freiheit zur Gestaltung der b e- trieblichen Organisation. Sie umfasst auch die Festlegung, an welchem Stan d- ort welche arbeitstechnischen Ziele verfolgt werden. Es ist nicht Sache der A r- e- triebs - oder Unternehmensstruktur vorzuschreiben (vgl. BAG 22. No vember 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 21; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31) . cc) Für eine getroffene und - wie im Streitfall - durchgeführte Organisat i- onsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen e r- folgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Es oblag deshalb der Klägerin, die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die Entscheidung der Beklagten offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (v gl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 26 mwN) . D aran fehlt es. Selbst ausgehend von der Behauptung der Klägerin, die Bekla g- te habe durchweg positive Betriebsergebnisse erzielt, musste diese nicht von 14 15 16 17 - 6 - 2 AZR 808/12 - 7 - einer Änderung ihrer betrieblichen Organisation Abstand nehmen, um sich ggf. noch besser am Markt zu positionieren. Auch das fehlende Abfindungsangebot ist kein Grund, der die strukturellen Maßnahmen als unsachlich oder willkürlich erscheinen ließe. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestand s- s chutz - und kein Abfindungsgesetz. Fehlt es an einem Kündigungsgrund, b e- steht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich fort. Im anderen Falle ist der Arbeitg e- ber - kündigungsschutzrechtlich - nicht zur Zahlung einer Entschädigung ve r- pflichtet. dd) Der Umstand, dass die Beklagte ihre unternehmerische Tätigkeit im Rechtfertigung der Kündigung nicht entgegen. (1) ä- tigkeiten nach J ändert - in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu verstehen ist - nichts daran, dass der bisherige Arbeitsplatz der Klägerin als solcher ersatzlos weggefallen ist. Für diese Bewe r- tung spricht die erheblich e räumliche Entfernung zwischen den fraglichen Standorten, die - ausgehend von der in den Vorinstanzen mitgeteilten Anschrift der tschechischen Betriebsstätte der Beklagten - mehr als 800 Kilometer b e- trägt. Hinzu kommt, dass nach dem unwidersprochenen Vorb ringen der Bekla g- ten die alte Betriebsgemeinschaft im betreffenden Arbeitsbereich tatsächlich aufgelöst worden ist (zur Betriebsverlagerung als Betriebsstilllegung : vgl. BAG 12. Februar 1987 - 2 AZR 247/86 - zu II 1 a der Gründe) . Die Einstellung der Produ ktion in Deutschland bewirkte überdies, dass der Beklagten nach dem 31. Januar 2012 eine Weiterbeschäftigung der Klägerin auf der bisherigen Ve r- tragsgrundlage nicht mehr möglich war. Die Parteien haben in ihrem schriftl i- damit ein bestimmter Arbeitsort nicht fest vereinbart gewesen sein sollte, folgte hieraus nicht, dass die Beklagte der Klägerin einseitig eine Tätigkeit in ihrer tschechischen Betriebsstätte hätte zuweisen können. Is t der Arbeitsort nicht näher bestimmt, kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auf der Grundlage seines Direktionsrechts (§ 106 GewO) allenfalls innerhalb der Grenzen des G e- 18 19 - 7 - 2 AZR 808/12 - 8 - biets der Bundesrepublik Deutschland versetzen (zu m Meinungsstand : vgl. ErfK/Preis 13. Aufl. § 106 GewO Rn. 16). (2) Die Kündigung ist nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs der Ä n- derungskündigung unwirksam. Insoweit kann zugunsten der Klägerin unterstellt Tätigkeiten in der tschechischen Betriebsstätte der Beklagten weiterhin anfällt und dort ein entsprechender zusätzlicher Arbeitskräftebedarf entstanden ist. Bei 1 Abs. 2 Satz 2 Nr . 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG. (a) Eine Kündigung ist nur dann iSd. § 1 Abs. 2 KSchG betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, de m bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des Beschäftigungsb e- darf s durch andere Maßnahmen - sei es technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art - als durch eine Beendigungskündigung zu entsprechen. Das Merkmal der ist Ausdruck des Grundsatz es der Verhältnismäßi gkeit (ultima - ratio - Prinzip) , aus dem sich ergibt, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer eine sowohl diesem als auch ihm selbst objektiv möglich e anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitspl atz , ggf. zu g e- änderten Bedingungen , anbieten muss (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 112, 36 1 ) . Diese in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG konkretisierte Kündigungsschranke gilt unabhängig davon, ob in dem Betrieb ein Betriebsrat besteht und ob dieser der Kündigung widersprochen hat (BAG 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 20 mwN) . 20 21 - 8 - 2 AZR 808/12 - 9 - (b ) Erfüllt der Arbeitnehmer das Anforderungsprofil der fraglichen Stelle, bedarf es grundsätzlich keiner weiter gehenden Prüfung, ob dem Arbeitnehmer die Tätigkeit zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn deren Zuweisung eine Ve r- tragsänderung erforderli ch macht. Eine ggf. erforderliche Änderungskündigung e- schäftigung. Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter veränderten, möglicherweise sogar erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar erachtet oder nicht (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 15 ) . (c) Für das Fehlen einer anderweitigen B eschäftigungsmöglichkeit ist g e- m äß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs - und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag de s Arbeitg e- bers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Will der Arbeitnehmer vorbringen, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich di ese Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht in Betracht kam (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 21 ) . (d) D aran gemessen musste d ie Beklagte der Klägerin zu r Vermeidung einer Beendigungskündigung nicht eine Weiterbeschäftigung in J anbieten. Auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten hat sich die Klägerin nicht berufen. Der Berücksichtigung der fraglichen Stellen steht zwar nicht deren A n- forderungsprofil entgegen, wie die Beklagte gemeint hat. Diese hat sich hierfür lediglich auf sprachliche Barrieren berufen. Ihr pauschaler Vortrag lässt nicht erkennen, welche Anforderungen der Arbeitsplatz an die Sprachkenntnisse der Klägerin obj ektiv stellt und weshalb mögliche Hindernisse nicht innerhalb einer zumutbaren Einarbeitungszeit hätten überwunden werden können. 22 23 24 25 - 9 - 2 AZR 808/12 - 10 - Die Beklagte brauchte der Klägerin ein entsprechendes Änderungsa n- gebot aber deshalb nicht zu unterbreiten, weil sich die Verp flichtung des Arbei t- gebers aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG, den Arbeitnehmer an einem anderen - freien - Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen B e- trieb des Unternehmens zu beschäftigen, grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze in ein em im Ausland gelegenen Betrieb oder Betriebsteil des Unternehmens erstreckt. Ob dies auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber ganze Betriebe oder doch Betriebsteile ins Ausland verlagert, bedarf im Streitfall keiner Entsche i- dung. Es fehlt an Anhaltspunkten da i- (aa) Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der hier aufgeworfenen Recht s- frage noch nicht näher befasst. Sie war entweder deshalb, weil sich der A rbei t- nehmer nicht auf eine Weiterbeschäftigung im Ausland berufen hatte (vgl. BAG 18. September 1997 - 2 AZR 657/96 - ) , oder aus anderen Gründen (vgl. BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 89 ) nicht entscheidungserheblich. (bb) Das Landesarbeitsgeri cht geht davon aus, etwaige Weiterbeschäft i- gungsmöglichkeiten im Ausland seien im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG nicht 1 KSchG seien nur die in der Bundesr e- publik Deutschland gelegenen organisatorischen Einheiten bzw. Teile eines Unternehmens anzusehen (im Ergebnis ebenso LAG Berlin - Brandenburg 5. Mai 2011 - 5 Sa 219/11 - und - 5 Sa 220/11 - ; LAG Hamburg 11. Mai 2011 - 5 Sa 1/11 - ; Bader/Bram / Bram § 1 KSchG Rn. 305; Hoffmann - Remy/Zaumseil DB 2012, 1624; Horcher FA 2010, 43, 44; aA LAG Hamburg 22. März 2011 - 1 Sa 2/11 - ; SES/Schwarze § 1 Rn. 315; Gravenhorst jurisPR - ArbR 41/2012 Anm. 4; Deinert J bArbR Bd. 50 S. 77, 96; mit Einschränkungen auch HWK/Quecke 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 277; Wisskirchen DB 2007, 340, 345 f.) . (cc ) Dies ist jedenfalls für die hier vorliegende Konstellation zutreffend. 26 27 28 29 - 10 - 2 AZR 808/12 - 11 - (aaa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes - sofern eine verfassungsko n- forme Auslegung des Gesetzes kein anderes Ergebnis gebietet - nur auf in Deutschland gelegene Betriebe Anwendung (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 13; 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 18, BAGE 125, 274) . Das ergibt die am Wortlaut, an der Systematik und der Entstehungsgeschichte sowie an Sinn und Zweck des § 23 KSchG orientierte Auslegung (im Einzelnen BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 23 ff., aaO) . Das Bundesverfa s- sungsgericht hat dieses Verständnis des kündigungsschutzrechtlichen B e- triebsbegriffs von Verfassungs wegen ni cht beanstandet (vgl. BVerfG 12. März 200 9 - 1 BvR 1250/08 - ) . (bbb) Die sich daraus ergebenden Beschränkungen des durch das Künd i- gungsschutzgesetz gewährleisteten Bestandsschutzes sind auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 KSchG zu berücksichtigen . Die Regelung knüpft, soweit sie die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des A r- e- mittelb § 1 KSchG ist grundsätzlich nicht anders zu verstehen als in § 23 KSchG (st. Rspr., vgl. BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 16, BAGE 125, 274; 3. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 - R n. 28) . (ccc) Für die Beschränkung der Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers auf organisatorische Einheiten, die in Deutschland gelegen sind, spricht insb e- sondere der - bereits für die Auslegung des Betriebsbegriffs in § 23 Abs. 1 KSchG maßgebende - Gesichtspunkt, dass die Frage nach der Sozialwidrigkeit der Kündigung nahezu immer eine Einbeziehung der betrieblichen Gegebenhe i- ten erfordert. Das betrifft - neben der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialau s- wahl - in besonderem Maße die in Rede stehende V erpflichtung des Arbeitg e- bers, dem Arbeitnehmer ggf. eine anderweitige Beschäftigung im selben oder in einem anderen Betrieb seines Unternehmens anzubieten. Schon die Beurte i- lung, ob freie Beschäftigungskapazitäten in einem ausländischen Betrieb zur 30 31 32 - 11 - 2 AZR 808/12 - 12 - Verfüg ung stehen, kann in der Regel nicht losgelöst von den Rechtsverhältni s- sen der dort tätigen Arbeitnehmer beurteilt werden. Auch kann es sein, dass mehrere zur Entlassung anstehende Arbeitnehmer betriebsübergreifend um eine geringere Zahl freier Arbeitsplätz e konkurrieren. Bei der Prüfung, welcher Arbeitnehmer in einer solchen Situation bei der Stellenbesetzung Vorrang g e- nießt, ist vorausgesetzt, dass gegenüber allen betroffenen Beschäftigten und dem Arbeitgeber dasselbe - deutsche - Arbeitsrecht und Kündigun gsschut z- recht angewendet und durchgesetzt werden kann. Diese Voraussetzung siche r- § 23 Abs. 1 KSchG (vgl. BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 16) . Im Rahmen von § 1 KSchG gilt ni chts anderes. Die Norm legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Anders als in e i- nem kohärenten System kann der vom Gesetzgeber mit den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes angestrebte Ausgleich gegenläufiger I nteressen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers, ggf. aber auch der Arbeitnehmer u n- tereinander, nicht gelingen. Überdies könnte sonst die Freiheit des Arbeitgebers bei der Auswahl ggf. neu einzustellender Arbeitnehmer eingeschränkt sein, ohne dass dies dem im ausländischen Betrieb geltenden Recht entsprechen müsste. Auch könnte die Verpflichtung des Arbeitgebers, freie Arbeitsplätze in einem im Ausland g e- legenen Betrieb in die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSc hG einzubeziehen, zulasten der Beschäftigungschancen Dritter gehen, obwohl diese uU nicht die Möglichkeit hatten, eine n deutschen Arbeitnehmer n vergleichbaren Bestandsschutz zu erwerben (vgl . LAG Berlin - Brandenburg 5. Mai 2011 - 5 Sa 219/11 - zu I 2.1.2 de r Gründe ) . Dafür, dass der deutsche Gesetzgeber solch weitreichende Auswirkungen des Kündigung s- schutzes beabsichtigt hat, fehlt es an Anhaltspunkten. 33 - 12 - 2 AZR 808/12 - 13 - (ddd) Die Beschränkung der Verpflichtungen aus § 1 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 KSchG auf in Deutschland e- rechtfertigten Ungleichbehandlung der jeweiligen Belegschaft. Es stellt einen maßgebenden Unterschied dar, ob ein Betrieb im Inland oder Ausland angesi e- delt ist. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Feststellu ng der Sozialwidri g- keit einer Kündigung an die Voraussetzung zu knüpfen, dass die fragliche b e- triebliche Organisation in der Bundesrepublik Deutschland liegt, ist nicht willkü r- lich (vgl. BAG 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 32, BAGE 125, 274) . (eee) I zu berücksichtigen sind, wenn die Arbeitsverhältnisse der im ausländischen Betrieb tätigen Arbeitnehmer - etwa aufgrund einer Rechtswahl - deutschem (Kündigungs - )Recht unterliegen (die Berücksichtigung solcher Vertragsverhäl t- nisse jedenfalls bei der Feststellung der Betriebsgröße iSd. § 23 Abs. 1 KSchG erwägend: BAG 26. März 2009 - 2 AZR 883/07 - Rn. 20) . Ebenso kann offen bleiben, ob sich ein Arbeitnehmer dann auf eine Weiterbeschäftig ungsmöglic h- keit im Ausland berufen kann, wenn im Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel vereinbart ist, die dem Arbeitgeber die Zuweisung einer entsprechenden Täti g- keit ermöglicht (befürwortend Horcher FA 2010, 43, 47) . So liegt der Streitfall nicht. Der A rbeitsvertrag der Parteien enthält keine entsprechende Abrede. Dem Vorbringen der Parteien sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu entne h- men, dass auf die Arbeitsverhältnisse der in J tätigen Arbeitnehmer deutsches Recht zur Anwendung gelangte. Darauf, ob d as individuelle Arbeitsverhältnis der Parteien im Falle seiner Fortführung im Ausland weiterhin deutschem Recht unterläge oder ob ein Statutenwechsel einträte, kommt es nicht an (zur Probl e- matik vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 166; Deinert J bAr bR Bd. 50 S. 77, 83; J unker NZA - Beil. 2012 , 8, 9, 14; Pauls Betriebsverlagerung ins Au s- land und Wegzugsfreiheit des Unternehmers S. 27 ff.) . Ein möglicher Wechsel des Vertragsstatuts könnte zwar im Rahmen der Prüfung, ob ein Änderungsa n- gebot ausnahmsweise entbehrlich ist, Bedeutung gewinnen. Er ist aber für sich genommen kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung, ob das Kündigung s- schutzgesetz dem Arbeitgeber ggf. die Verpflichtung auferlegt, dem Arbeitne h- mer im Wege der Änderungskündigung ein Angebot zur Weiterbeschäftigung 34 35 - 13 - 2 AZR 808/12 - 14 - auf einem freien Arbeitsplatz in einem im Ausland gelegenen Betrieb zu unte r- breiten (vgl. Hoffmann - Remy/Zaumseil DB 2012, 1624, 1625) . (fff) Das Ergebnis widerspricht nicht der Rechtsprechung des Achten S e- nats des Bundesarbeitsgerichts , nach der von einem - den Tatbestand der B e- triebs(teil)stilllegung ausschließenden - Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a BGB auch bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt auszugehen sein kann (BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 36, 45) . Im entschieden en Fall ging es um die - identitätswahrende - Verlagerung eines organisatorisch abgegrenzten Betriebsteils ins (grenznahe und überdies deutschsprachige) Ausland bei gleichzeitigem Wechsel des Betriebsinhabers. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nich t vor. Weder den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch dem beiderseitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, dass es sich bei dem Betriebsteil gehandelt hätte, der identitätsw ahrend als Ganzer nach J verlagert worden wäre. (ggg) Die verfassungskonforme Auslegung des Betriebsbegriffs mag - je nach den Umständen des Falls - ein anderes Ergebnis gebieten, wenn ein Arbeitg e- ber unweit einer Ländergrenze im In - und Ausland mehrere e inheitlich gelenkte i- nen in die andere Einheit verlagert (dazu Boigs jurisPR - ArbR 8/2012 Anm. 1) . Auch so liegt der Streitfall nicht. 2. Die Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 KSc hG sozial ungerechtfe r- tigt. D ie Klägerin hat in den Vorinstanzen die soziale Auswahl nicht gerügt. S o- weit sie erstmals in der Revision Auswahlfehler bezogen auf die in J tätigen A r- beitnehmer geltend machen will, kann ihr Vorbringen keine Berücksichtigung f inden. I m Übrigen wären in die Sozialauswahl wegen ihrer Betriebsbezogenheit jedenfalls solche Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, die im Kündigungszei t- punkt im Ausland beschäftigt waren und deren Arbeitsverhältnis nicht deu t- schem Recht unterlag. 36 37 38 - 14 - 2 AZR 808/12 II . Die Kl ägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Berger Rinck Rachor Wolf Torsten Falke 39

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