2. Senat - Ordentliche Kündigung - Auflösungsantrag des Arbeitgebers - Sonderkündigungsschutz - Gleichstellungsantrag nach Zugang der Kündigung
Karar Dilini Çevir:
2. Senat - Ordentliche Kündigung - Auflösungsantrag des Arbeitgebers - Sonderkündigungsschutz - Gleichstellungsantrag nach Zugang der Kündigung
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 31. Juli 2014 Zweiter Senat - 2 AZR 434/13 - I. Arbeitsgericht München Endurteil vom 3. Juli 2012 - - II. Landesarbeitsgericht München Urteil vom 21. November 2012 - 8 Sa 627/12 - Für die Amtliche Sammlung: Nein Entscheidungsstichworte: Ordentliche Kündigung - Auflösungsantrag des Arbeitgebers Bestimmungen: KSchG § 1 Abs. 1, Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 2; BGB § § 134, 241 Abs. 2; SGB IX § 2 Abs. 2, Abs. 3, § 68 Abs. 1, Abs. 3; § 69 Abs. 1, Abs. 2, § 85; GG Art. 5 - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 2 AZR 434/13 8 Sa 627/12 Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes! Verkündet am 31. Juli 2014 URTEIL Schmidt , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin, pp. Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 31. Ju li 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeit s- gericht Kreft, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Berger, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Niemann sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Bartz und die ehrenamtliche Richterin Alex für Recht er kannt: - 2 - 2 AZR 434/13 - 3 - 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des La n- desarbeitsgerichts München vom 21. November 2012 - 8 Sa 627/12 - aufgehoben. 2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des A r- beitsgerichts München vom 3. Juli 2012 - 31 Ca 13956/11 - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den Feststellungsausspruch richtet. 3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsve r- fahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Künd i- gung und einen Auflösungsantrag der Beklagten. Die Beklagte , ein US - amerikanisches Unternehmen , produziert und ve r- treibt medizinische Produkte. Sie hat in Deutschland eine Niederlassung mit ca. 130 Arbeitnehmern. Die 1968 geborene Klägerin trat im Januar 2005 in ihre Dienste. Seit November 2009 w ar d ie Klägerin als t tätig. In dieser Funktion leitete sie ein Team von acht Mitarbeiter n . Ihre Arbeit s- aufgaben ergaben sich aus einer - und aus jäh r- lich getroffenen Zielvereinbarungen. In der Zeit von Ende August bis Mitte Oktober 2011 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am 8. September 2011 beantragte sie beim Verso r- gungsamt ihre Anerkennung als schwerbehinderter Mensch . Kurz darauf unte r- richtete sie davon die Beklagte. Am 17. Oktober 2011 - dem Tag der Wiede r- aufnahme ihrer Arbeit - wurde ihr in einem Personalgespräch eröffnet, sie sei bis auf Weiteres gegenüber den M itarbeitern ihres Teams nicht mehr we i- sungsberechtigt. Außerdem wurde ihr - anders als zuvor - ein Einzelbüro zug e- wiesen. Am 19. , 20. und am 25. Oktober 2011 arbeitete sie auf Weisung der 1 2 3 - 3 - 2 AZR 434/13 - 4 - Beklagten eine Kollegin in über Direktmarketing (DM) - Aktivitäten ein. Am 28. Oktober 2011 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht, die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, sie Marketing Supervisor einzusetzen und tätig werden zu lassen . Hilfsweise b e- gehrte sie die Zuweisung von Tätigkeiten, die in ihrer Wertigkeit d ieser Position entspr ä chen. Dem Gesuch fügte sie - l- len - - eine eidesstattliche Versicherung vom 27. Oktober 2011 bei. D arin heißt es: In Kenntnis und im Bewusstsein der Tatsache, dass die vorsätzliche und fahrlässige Abgabe einer falschen eide s- stattlichen Versicherung strafbar ist und diese eidesstattl i- che Versicherung Behörden und Gerichten vorgelegt wird, : Am 17.10.2011 fand ein Gespräch zwischen der G e- schäftsleitung, der Personalleitung und mir statt, in we l- chem mir durch den Managing Director / Country Manager Herrn Dr. entzogen und ich in ein Einzelbüro versetzt werde. Am Abend dieses Tages erhielt ich per E - Mail die Anordnung von Herrn Dr. , dass ich mich ab sofort morgens und abends an der Rezeption an - und abzumelden habe. Bei [der Beklagten] Am 19., 20. und 2 5.10.2011 musste ich meine Mitarbeit e- rin in meine bisherigen Tätigkeiten einarbei ten. Am 21.10.2011 habe ich die offizielle Anordnung erhalten, ab sofort direkt an Herrn Dr. [ ] zu berichten. Gleichzeitig wurde mir mitgeteilt, dass das Direct - Marketing Team ab Faktisch werden mir seit dem 17.10.2011 keine Aufgaben mehr übertragen. Vielmehr wurden mir sämtliche Aufg a- e- takt zu meinen Mitarbeitern und Kollegen haben und ihnen keine Weisungen mehr erteilen Am 4. November 2011 schlossen die Parteien zur Beendigung des Ve r- fahrens e inen gerichtlichen Vergleich. Die Beklagte verpflichtete sich, die Kläg e- rin zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß der Stellenbeschreibung mit 4 5 - 4 - 2 AZR 434/13 - 5 - der Einschränkung zu beschäftigen, dass es beim Entzug der Weisungs berec h- tigung verbleibe. Die se Abrede sollte längstens bis zum 15. Dezember 2011 gelten. Mit Schreiben vom 30. Nove mber 2011 kündigte die Beklagte das A r- beitsverhältnis ordentlich zum 31. Januar 2 012 . Sie hielt der Klägerin vor, bei Gericht eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben. Dag e- gen erhob die Klägerin fristgerecht die vorliegende Klage. Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 stellte das Versorgungsamt bei der Kl ä- gerin eine Behinderung mit einem Grad von 30 fest . A m 26. Juli 2012 beantra g- te dies e bei der Bundesagentur für Arbeit ihre Gleichstellung mit einem schwe r- behinderten Menschen. Mit Bescheid vo m 18. September 2012 sicherte die Bundesagentur die Gleichstellung für den Fall zu, dass im Zuge ihrer Vermit t- lungsbemühungen oder eigene r Bemühungen der Klägerin um eine n Arbeit s- platz ein Arbeitgeber die Einstellung vo m Vorliegen e iner Schwerbehinderung a bhängig machen sollte . Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte - unstreitig - eine Zustimmung des Integration s- amts nicht eingeholt habe. Jedenfalls sei die Kündigung sozial ungerechtferti gt. Der Vorwu rf, sie habe ihre Vertragspflichten durch ihre eidesstattliche Erklärung verletzt, sei unberechtigt. Sie habe den Sachver halt aus ihrer damaligen Pe r- spektive zutreffend dargestellt. Mit dem Ausdruck habe sie - erkennbar - ein - gemeint . Die einer Ko l- legin übertragene Aufgabe des Reporting über - Aktivitäten habe neben der Personalführung den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ausgemacht. Die betre f- fenden Anordnungen habe sie deshalb als den Entzu g sämtlicher Aufgaben empfunden. Konkrete Arbeitsanweisungen seien ihr in der fraglichen Zeit nicht er teilt worden. Der Auswertung von Patientendatenbanken habe sie sich nur gewidmet, um nicht mit dem Vorwurf einer Arbeitsverweigerung konfrontiert zu werde n. Sie sei vom innerbetrieblichen E - Mai l - Verkehr abgeschnitten gewesen. Auch sonstige Post habe sie nicht mehr erreicht. Sie sei nicht zu DM - Konferenzen eingeladen worden, auch nicht zur Weihnachtsfeier oder anderen 6 7 8 - 5 - 2 AZR 434/13 - 6 - Treffen im Kollegenkreis . Mit ihr sei kaum mehr gesprochen wor den. Sie habe davon ausgehen müssen, dies gehe auf die Beklagte zurück, nachdem diese sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt darum gebeten habe, mit einer Kollegin während schwebender Auseinandersetzungen keinen Umgang zu pflegen. Die Klägerin hat beantragt 1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 30. November 2011 nicht aufgelöst worden ist; 2. d ie Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräft i- gen Abschluss des Kü ndigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen als Direct Marketing Supervisor weiter zu beschäftigen. Die Beklagte hat zuletzt beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die 15.000,00 Euro brutto nicht überschreiten möge, zum 31. Januar 2012 aufzulösen . D ie Beklagte hat gemeint , die Kündigung sei durch Gründe im Verha l- ten der Klägerin bedingt. Die se habe in dem vorausgegangenen Verfahren vo r- sätzlich eine falsche eidesstattl iche Versicherung abgegeben. Das und d ie Anleitung des nachgeordneten Bereichs h ätten nur einen Teil ihrer T ä- tigkeiten ausgemacht. Alle sonstigen in der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben aus dem Bereich s seien der Kläg e- rin - bis auf die Teilnahme an Messen und Kongressen - geblieben. D ie B e- entzogen [ worden ] , seien de sha lb objektiv falsch . Ebenso falsch sei die mit dem Hinweis auf ein s verbundene Behauptung, untätig zu sein. Die Klägerin h a- be sich mit der Auswertung von Patientendatenbanken einer ihr originär übe r- tragenen Arbeitsaufgabe gewidmet. D as ihr zuge wiesene Büro sei voll ausg e- stattet gewesen. Die räumliche Veränderung sei ausschließlich durch den Wechsel von Mitarbeitern einer Schwesterfirma zu ihr - der Beklagten - bedingt gewesen. E s habe auch kein Verbot bestanden, mit Arbeitskollegen Kontakt zu pf legen. Soweit sich die Klägerin auf gegenteilige subjektive Einschätzung en 9 10 11 - 6 - 2 AZR 434/13 - 7 - berufe, handele es sich um Schutzbehauptung en . Einer Abmahnung habe es n icht bedurft. Die Klägerin habe versucht, durch eine verzerrende Darstellung der betrieblichen Verhältnisse e inen Prozesser folg zu ihrem - der Bekla g- ten - Nachteil zu erzielen. Zumindest sei der Auflösungsantrag begründet. E ine den Betriebszw e- cken dienliche Zusammenarbeit mit der Klägerin sei nicht mehr zu erwarten. Man führe mittlerweile mehrere Rechtsstreitigkeiten gegeneinander , in denen die Klägerin bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe. Ihr fe h- le zudem die Bereitschaft, ihre neue Vorgesetzte zu akzeptieren. Die Klägerin hat beantragt, den Auflösungsantrag abzuweisen. Das Arb eitsgericht hat der Klage stattgegeben ; ihren Auflösungsantrag hatte die Beklagte erstinstanzlich noch nicht gestellt. D as Landesarbeitsgericht hat d ie Klage abgewiesen. Mit d er Revision begehrt die Klägerin auch mit Blick auf den Auflösungsantrag die Wied erherstellung de r erstinstanzlichen En t- scheidung . Entscheidungsgründe Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Ber u- fungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und im Umfang des Feststellungs begehrens zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) . Im Übrigen war die Sache mangels Entscheidungsreife an das Landesarbeit s- gericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) . A. Die Revision ist zulässig . Dass sie vor Zustellung des Berufungsurteils eingelegt w ur de , ist unerheblich . Es genügt, dass im Zeitpunkt der Rechtsmitt e- leinlegung - wie hier - die angefochtene Entscheidung bereits verkündet war ( vgl. BAG 26. Juli 2012 - 6 AZR 52/11 - Rn. 18 mwN ) . Die Revi sionsbegrü n- dungsfrist (§ 74 Abs. 1 Satz 1 bis 3 ArbGG) ist gewahrt . 12 13 14 15 16 - 7 - 2 AZR 434/13 - 8 - B . D ie Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Kündigung vom 30. November 2011 ist unwirksam (I.). Ob der damit zur Entscheidung angefal lene Auflösungsantrag der Bekla g- ten begründet ist, steht noch nicht fest (II.) . Der insoweit gebotenen Zurückve r- weisung unterliegt auch der Antrag der Klägerin auf vorläufige Weiterbeschäft i- gung (III . ). I . Die Kündigung ist unwirksam . Sie ist nicht durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG) . 1. Eine Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt, wenn d ieser seine vertraglichen Haupt - od er N e- benpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine daue r- haft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht . Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeit gebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 13; 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 20 mwN ) . 2. G ibt der Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber vo r- sätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung ab, kann dies die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses - womöglich gar die außerordentliche - rechtfertigen ( st. Rspr ., BAG 24. November 2005 - 2 ABR 55/04 - Rn. 23; 2 0 . November 1987 - 2 AZR 266 /87 - zu II 2 a der Gründe mwN) . Ein solches Verhalten stellt - unabhängig von s einer Strafbarkeit - eine erhebliche Verle t- zung der den Arbeitnehmer gem äß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Nebenpflicht dar, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie in zumutbarem Umfang zu wahren. Entsprechendes gilt, wenn der Arbei t- nehmer in einem Gerichtsverfahren mit dem Arbeitgeber leichtfertig Tatsache n- behauptungen aufstell t , deren Unhaltbarkeit auf der Hand liegt (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 37; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22) . 17 18 19 20 - 8 - 2 AZR 434/13 - 9 - 3. Ein Arbeitnehmer kann sich für falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäuß erung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Unric h- tige Angaben sind vom Schutzbereich des Grundrechts nicht umfasst (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19) . Anderes gilt für Äußerungen, die ein Werturteil enthalten . Sie können zum einen - ebenso wie rechtliche Schlussfo l- gerungen oder die Wiedergabe subjektiver Einschätzungen - nicht tauglicher Gegenstand einer e idesstattlichen Versicherung sein ( vgl. MünchKommStGB/ Müller 2. Aufl. § 1 5 6 Rn. 60) . Im Zivilprozess können lediglich tatsächliche B e- hauptung en durch Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht werden (§ 294 Abs. 1 ZPO) . Werturteile fallen zum anderen in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 GG . Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 18; 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 21) . 4. Eine Tatsachenbehauptung zeichnet sich dadurch aus, dass die Erkl ä- rung einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises z u- gänglich ist (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 35; BGH 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10 - Rn. 22; jeweils mwN) . Falsch ist eine Behauptung , wenn sie im Hinblick auf ihren G egenstand der Wahrheit nicht entspricht, also die Wirklichkeit unzutreffend wi e dergibt. Das ist der Fall, wenn der Inhalt der Au s- sage mit der objektiven Sachlage nicht übereinstimmt. Auch das Verschweigen von Tatsachen macht eine Behauptung falsch , wenn die spezifische Unvol l- ständigke it nicht offenbart, sondern die Aussage als vollständige ausgegeben wird und da durch ihr Gegenstand in einem falsche n Licht erscheint (BGH 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - zu II 2 a der Gründe mwN; Cramer Jura 1998, 337) . Dabei ist freilich zu berücksicht igen, dass jede Äußerung in ihrem Kontext zu sehen ist und nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden darf (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 40; BGH 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - zu II 2 der Gründe ) . Das gilt auch im Rahmen der Beurteilung, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist (vgl. BVerfG 24. Juli 2013 - 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 - Rn. 18 ; BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - aaO ) . D ie jeweilige Einstufung durch das B e- 21 22 - 9 - 2 AZR 434/13 - 10 - rufungsg ericht unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle (vgl. BGH 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - zu II 2 a aa der Gründe; zu m F ehlen einer Bindung an die Feststellungen der Tatsachengerichte siehe auch BVerfG 19. April 1990 - 1 BvR 40/86, 1 BvR 42/86 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 82, 43). 5. Dan ach war eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien nicht gerechtfertigt. a) Die Beklagte stützt ihre Kündigung auf die eidesstattliche Versicherung der Klägerin vom 27. Oktober 2 011 . Die se scheidet nicht deshalb als Künd i- gungsgrund aus , weil sich die Parteien in dem Verfahren auf Erlass einer eins t- weiligen Verfügung auf einen Vergleich verständigt haben. Dadurch hat die B e- klagte nicht zum Ausdruck gebracht, sie werde aus dem vorau sgegangenen V erhalten der Klägerin keine nachteilige n Folgen für den Bestand des Arbeit s- verhältnisses mehr ableiten. Mit der Kündigung hat sich die Beklagte auch nicht in eine n nach § 242 BGB beachtlichen W iderspruch zu den materiellen Reg e- lungen des Vergl eichs gesetzt . Die Ver ständigung über die Modalitäten einer Beschäftigung der Klägerin bezieht sich auf das ungekündigte Arbeitsverhältnis. Die Regelungen sollten überdies allenfalls bis zum 15. Dezember 2011 gel ten und hatten d ementsprechend nur vorläufigen Charakter. Jedenfalls an einer ordentlichen, für einen späteren Z eitpunkt erklärten Kündigung war die Beklagte aufgrund des Vergleichs nicht gehindert. Das hat das Landesarbeitsgericht z u- treffend erkannt. b) Nicht frei von Rechtsfehlern ist se ine Würdigung , die eidesstattliche Erklärung enthalte in allen beanstandeten Punkten falsche Tatsachenbehau p- tungen . aa) Bei der Äußerung der Klägerin, sie i- mag es sich zwar um eine Tatsachenb e- hauptung handeln. Diese ist aber nicht deshalb objektiv falsch, weil die Klägerin ihre Kollegin - unstreitig - lediglich in und das monatliche Berichtswesen , demnach nur in eine m Teil ihrer Arbeitsau f- 23 24 25 26 - 10 - 2 AZR 434/13 - 11 - gaben einweisen musste. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Klägerin habe in ihrer Versicherung - fälschlich - zum Ausdruck gebracht, sie habe die Kollegin in sämtliche ihrer Tätigkeiten einarbeiten müssen, übe r- sieht es, dass die beanstandete Aussage eine n solche n Sinn schon dem Wor t- laut nach nicht enthält . bb ) Ein solches Verständnis ist nicht deshalb geboten, weil die Klägerin im letzten Absatz ihrer Versicherung angegeben hat, ihr seien sämtliche Aufgaben und Ver antwortung en . Die Äußerung schließt sich unmittelbar an die Behauptung an, ihr seien seit dem 17. Oktober 2011 faktisch keine Aufgaben mehr übertragen w o rden . Das lässt zum einen die Interpretation zu, dass sie mit de r beanstandeten Aussage - erneut - nur auf d as F ehlen konkr e- ter Arbeitsaufgaben hat hinweise n wollen. D er aufgezeigte Kontext spricht zum anderen - ausgehend vom verständigen Empfängerhorizont - d afür, dass die Klägerin mit ihrer Aussage eine n wertende n , vo n ihrem subjektiven Dafürhalten und Meinen geprägte n Schluss hat ziehen wollen, d er auf de m Ausbleiben von Aufgabenzuweisung en beruht e . Darauf, ob die se Wertung objektiv vertretbar war, kommt es nicht an. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, wird dadurch die Äußerung nicht zu ein er reinen Tatsachenbehauptung . cc) Ob es sich bei den Ausführungen zu m en F ehlen einer Aufg a- benübertragung um eine Tatsachenbehauptung oder um ein Werturteil handelt, kann dahinstehen. Die Beklagte hat für den erst genannten Fall nicht dargetan, die Aussage sei erweislich falsch. Sie hat ledigli ch auf die Stellenbeschreibung und der Klägerin da r in übertragene A rbeitsaufg aben verwiesen . Da rauf kommt es ebenso wenig an wie auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob zu diesen der Klägerin allgemein übertragenen Tätigkeiten die Auswertung von Patientendatenbanken zählt e . Die fragliche Äußerung in der eidesstattlichen Versicherung hebt erkennbar auf d as - unstreitig e - Ausbleiben einer Zuweisung spezifischer zu erledigender Arbeiten in der Ze it nach dem 17. Oktober 2011 ab. dd ) Soweit die Klägerin versichert hat , sie sitze sprechen schon die von ihr gesetzten Anführungszeichen deutlich dafür, dass 27 28 29 - 11 - 2 AZR 434/13 - 12 - es sich insoweit um eine Wertung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt. Umstände, die eine m solchen Verständnis widersprechen, sind nicht ersichtlich. D ie beanstandete Aussage kann nicht tauglicher Inhalt einer eide s- stattlichen Versicherung sein . Das gilt un abhängig davon, ob die Äußerung sich auf die technische Ausstattung des Büros oder darauf bezog, dieses an Aufgaben und anderen Menschen. ee ) D ie Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe mit der Ä u- ßerung, zu Mitarbeitern und Kollegen h aben, objektiv und wahrheitswidrig behauptet, die Beklagte habe ihr gegenüber ein entspr e- chendes Verbot ausgesprochen , liegt fern. Zwar schließt der Wortlaut der Erkl ä- rung eine solche Deutung nicht gänzlich aus . Sie kann aber ebenso gut als we r- tende Beschreibung eines tatsächlichen Zustands verstanden werden. Im E r- gebnis liegt ein solches Verständnis näher . Zum einen schließt sich die Auss a- ge unmittelbar an die Ausführungen zur Büros an . Zum anderen hat die Klägerin, wenn sie bestimmte konkrete Anordnungen und Weisungen seitens der Beklagten behaupte t hat, dies jedes Mal - insbesondere durch zeitliche Eingrenzung - eigens deutlich gemacht. c ) Die Kündigung ist selbst dann nicht durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt, wenn zugunsten der Beklagten angenommen wird, jedenfalls die Äußerung der Klägerin, entzogen [ wo r- den ] , stelle eine un zutreffende , die wahren Gegebenheiten verzerrende Tats a- chenbehauptung dar . Die im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen tragen nicht das Ergebnis, die Klägerin habe insoweit vorsätzlich falsche Angaben g e- macht . aa ) Vorsatz besteht im Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Bedingter Vorsatz reicht dafür aus (BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 22; 28. April 2011 - 8 AZR 769/09 - Rn. 50 ; für den Anwendungsbereich von § 1 56 StGB vgl. Fischer StGB 61. Aufl. § 156 Rn. 17; MünchKommStGB/Müller § 156 Rn. 79) . Der an Eides s tatt Erklärende muss demnach wissen, welche Tats a- chen seine Erklärungspflicht begründen. Er muss zudem die Unrichtigkeit se i- ner Behauptungen erkennen und d eren Unwahrheit in seinen Erklärungswillen 30 31 32 - 12 - 2 AZR 434/13 - 13 - aufnehmen . Er muss die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit zumindest für mö g- lich halten und billigend in Kauf nehmen (BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - aaO) . bb ) Die Bewertung eines Fehlverhaltens als vorsätzlich oder fahrlässig liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet . Sie ist Gegenstand der tatrichterl i- chen Würdigung iSv. § 286 ZPO. Das Revisionsgericht kann die Feststellung innerer Tatsachen nur daraufhin prüfen, ob das Tatsachengericht von den ric h- tigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensv o r- schriften verletzt hat (BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 24; 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 16) . cc) Die angefochtene Entscheidung hält auch dieser eingeschränkten Überprüfung nicht stand. (1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kläge rin habe die U n- wahrheit ihrer Aussage erkannt und in ihren Willen aufgenommen . D ie behau p- teten Umstände seien Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen und es gebe keine Anhaltspunkte für die Annahme, sie habe bei der Abfassung der eidesstattlichen Erkl ärung nicht genügend Sorgfalt walten lassen . (2) Die se Beurtei lung lässt außer Acht, dass der Klägerin mit ihren We i- sungsbefugnissen und dem Berichtswesen we sentliche, für ihre Leitungstäti g- keit charakteris tische Aufgaben entzogen worden waren. Unabhängi g vom zei t- lichen Umfang dieser Tätigkeiten ist es nicht ausgeschlossen, dass die Kläge rin in ihnen subjektiv den Kern ihrer Tätigkeit erblickt hat. Da ihr nach dem 17. Oktober 2011 bis auf die Einarbeitung einer Kollegin keine anderen konkr e- te Arbeitsanweisungen mehr erteilt w orden waren, mag bei ihr durchaus der Eindruck entstanden sein, sie habe gewollt. Dem steht die Au fgabe, Patientendaten auszuwerten, nicht zwingend entgegen. Die Klägerin rechnet e d ie se Tätigkeit nicht zu ihrem originären Z u- ständigkeitsbereich. Selbst wenn sie insoweit geirrt haben sollte, be deutet dies nicht, es könne sich bei ihrer Einlassung, sie habe den Sachverhalt aus ihrer 33 34 35 36 - 13 - 2 AZR 434/13 - 14 - damaligen subjekt iven Sicht zutreffend geschildert, nu r um eine Schutzbehau p- tung handeln . (3 ) Unabhängig davon liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, die Klägerin habe gemeint , die ihr angelasteten Übertreibungen seien erforderlich gewesen, um das angestrebte Verfahrensziel - eine tatsächliche Beschäftigung als Supervisor - zu erreichen. Als wesentlichen Kern ihrer Leitungstätigkeit hat sie die ihr entzogene n Weisungsbe fugnis se gegenüber nachgeordneten Mitarbeitern und das monatliche Reporting über DM - Aktivitäten angesehen. Ob dies ausgereicht hätte, den geltend gemachten B e- schäftigungsanspruch vor Gericht durchzusetzen , kann dahinstehen. Jedenfalls muss die Klägerin nicht etwa notwendig davon ausgegangen sein, sie habe auf die Rechtssache durch die Behauptung, ih o- gen worden, ein völlig falsches Licht geworfen. d ) Der Senat konnte über den Kündigungsschutzantrag selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) . Eine weitere Sachaufklärung wäre auch nach einer Z u- rückverweisung nicht zu erwar te n. Gegen die Klägerin kann allenfalls der Vo r- wurf erhoben werden, sie h ab e die eidesstattliche Erklärung nicht vorsichtig genug formulier t und habe in Teilen leichtfertig falsche Angaben gemacht. A n- gesichts dessen ist die Kündigung unverhältnismäßig . Als M ittel zur Herbeifü h- rung künftiger Vertragstreue h ätte eine Abmahnung ausgereicht. aa ) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Ve r- halten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsve r- hältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Ma ß- stäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer e r- 37 38 39 - 14 - 2 AZR 434/13 - 15 - kennbar - ausgeschlossen ist (vgl. BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 21; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16) . bb ) Im Streitfall wiegt das Verhalten der Klägerin nicht so schwer, dass eine A bmahnung entbehrlich gewesen wäre. Zwar mag die Klägerin einer Fehlvo r- stellung Vorschub geleistet haben, soweit sie behauptet und durch ihre eide s- . Auch mag das dieser Äußerung innewohnende überschi e- ßende Element für sie leicht erkennbar gewesen sein. Ihr kann aber mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, sie habe durch eine verzerrende Darstellung den Ausgang des Verfahrens auf Erlass einer einstwe i- ligen Verfügung entscheidend zu ihren Gunsten beeinflussen wollen. Auch ha t- te sie ihrem Antrag eine Stellenbeschreib ung bei gefügt, aus der sich der U m- fang der ihr obliegenden A rbeitsaufgaben ergab. Danach und angesichts ihrer Behauptung, ihr sei mi t dem Entzug der Teamleitung gleichzeitig aufgegeben worden, zukünftig unmittelbar an den Managing Dire c tor/Country Man a ger zu berichten - was einer gänzlichen Beschäftigungslosigkeit widersprach - musste wenn nicht als substanzlos, so doch als erläuterungsbedürftig erscheinen. D ies hat das Arbeitsgericht, das im Ursprungs verfahren Termin zur mündlichen Ve r- han d lung anberaumt hat te , ersichtlich nicht anders bewertet. Überdies war die Kl ägerin durch d en unvermittelten Entzug der Führungsverantwortung emoti o- nal stark belas tet. D ie Beklagte hatte die Maßnahme der Klägerin gegenüber nicht näher begründet. Auch im vorliegenden Rechtsstreit hat sie keine konkr e- ten Vorfälle be nannt, die ihr Anl ass g egeben h ätten , der Klägerin Führungsqu a- litäten und/oder teamorientiertes Arbeiten abzusprechen . Dies vermag d eren hier zu beurteilendes Verhalten zwar nicht gänzlich zu entschuldigen. Es lässt ihr Vorgehen aber in einem milderen Licht erscheinen. cc) Ob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, das maßgeblich auf die Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens abgestellt hat, auch deshalb keinen Bestand haben kann, weil das Amtsgericht gegenüber der Klägerin den Erlass eines Strafbefehls wegen fal scher eidesstattlicher Versicherung mittle r- 40 41 - 15 - 2 AZR 434/13 - 16 - weile abgelehnt hat, bedarf keiner Erörterung (zur grundsätzlichen Verpflichtung der Gerichte für Arbeitssachen, den Sachverhalt selbst aufzuklären vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 25 mwN) . II. Wegen ih res Unterliegens im Kündigungsrechtsstreit fällt der Hilfsa n- trag der Beklagten zur Entscheidung an. Dazu war die Sache mangels En t- scheidungsreife an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. 1 . Der Auflösungsantrag der Beklagten ist aufgrund des Rechts mittels der Klägerin in die Revision gelangt, auch wenn das Landesarbeitsgericht über ihn folgerichtig nicht entschieden hat. Einer Anschlussrevision der Beklagten b e- durfte es nicht ( vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu A I der Gründe; 20. August 1997 - 2 AZR 620/96 - zu II 4 der Gründe ) . 2 . D ie Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber berechtigt ist, den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu stellen, liegen im Streitfall vor. Die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 30. Nov ember 2011 beruht allein auf ihrer Sozialwidrigkeit (zu dieser Voraussetzung BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 19 mwN, BAGE 140, 47 ) . Sie ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - nicht nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB unwirksam. E iner Zustimmung des Integrationsamts bedurfte es nicht . a) Die Klägerin ist nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad ihrer Behinderung beträgt gemäß dem Bescheid des Versorgungsamts vom 17. Juli 2012 lediglich 30. b) Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Kündigung einem schwerbehinde r- ten Men schen nicht gleichg estellt. Eine Gleichstellung ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. D urch Bescheid der Bunde s agentur für Arbeit vom 18. September 2012 ist ihr eine Gleichstellung lediglich für den Fall zugesichert worden, dass ein Arbeitgeber ihre Einstellung von einer solchen Gleichstellung abhängig mache . Selbst wenn (zu den V o- raussetzungen vgl. LSG Hessen 11. Juli 2007 - L 7 AL 61/06 - ) kündigung s- 42 43 44 45 46 - 16 - 2 AZR 434/13 - 17 - rechtlich wie eine Gleichstellung zu behandeln sei n sollte , wirkte er frühestens auf den Tag der Antragstellung - den 26. Juli 2012 - zu rück. Vor diesem Zei t- punkt kommt ein Sonderkündigungsschutz der Klägerin nicht in Betracht. aa ) Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Gemäß § 68 Abs. 2 SGB IX erfolgt die Gleichstell ung eines behinderte n Menschen mit schwerbehinderten Menschen auf de s sen Antrag durch eine Feststellung nach § 69 SGB IX seitens der Bundesagentur für A r- beit. bb ) Die Gleichstellung wird gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. D ie behördliche Entscheidung ist für die Rechtsposition des Betroffenen konstitutiv. Im Unterschied zu den kraft Gese t- zes geschützten Personen, bei denen durch die Anerkennung als schwerbehi n- derter Mensch der gesetzlich bestehende Rechtssc hutz nur festgestellt wird, wird der Schutz des Behinderten durch die Gleichstellung erst begründet (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 647/13 - Rn. 39; 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - zu B II 1 a der Gründe) . Die Bundesagentur für Arbeit darf die Gleichstellun g rüc k- wirkend nicht über den Tag des Eingangs des Antrags hinaus aus sprechen (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski - Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 68 Rn. 24) . Einer erst nach Zugang d er Kündigung beantragte n Gleichstellung kommt de m- zufolge für die Wirksamkeit der Kündigung - selbst bei einem positiven B e- scheid - keine Bedeutung zu ( vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 647/13 - aaO; 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - aaO) . cc ) D ie Kläger in hat ihren A ntrag auf Gleichstellung erst am 26 . Juli 2012 und damit nach Zugang der Kündigung gestellt. Im Verhältnis zur Beklagten ist es unerheblich, ob sie ihn , wäre ihr Antrag auf Anerkennung als s chwerbehi n- derter Mensch schnell er beschieden worden, schon früher gestellt hätte. Der A ntrag auf Anerkenn ung als schwerbehinderter Mensch wiederum enthält - anders als die Klägerin meint - nicht zugleich einen Antrag auf Gleichstellung 47 48 49 - 17 - 2 AZR 434/13 - 18 - für den Fall, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 , aber minde s- tens 30 festgestellt werden sollte. ( 1 ) Die Klägerin hat nicht behauptet, sie habe schon beim Versorgungsamt ein en solchen (Hilfs - )Antrag ausdrücklich angebracht. ( 2 ) Ohne entsprechende Erklärung wiederum kann in dem Anerkennung s- antrag nicht zugleich ein (vorsorglicher) Antrag auf Gleichstellung erblickt we r- den. Dies folgt schon daraus , dass für die Anträge unterschiedliche Behörden zuständig sind. D ie Entscheidung über die Anerkennung obliegt den zuständ i- gen Versorgungsämter n oder d en durch Landesrecht bestimmten Behörden (§ 69 Abs. 1 SGB IX) bzw. d en in § 6 9 Abs. 2 SGB IX genannten Dienststellen . Die Entscheidung über die Gleichstellung fällt in die ausschließliche Zuständi g- keit der Bundesagentur für Arbeit (§ 68 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) . Unabhängig d a- von sind die Feststellung einer Schwerbehinderung und die Gl eichstellung an unterschiedliche rechtliche V oraussetzungen gebunden, die zu unterschiedl i- chen Prüfungen de r jeweils zuständigen Stellen führen . Im Übrigen kann nicht als selbstverständlich unterstellt werden, dass ein behinderte r Mensch für den Fall der E rfolglosigkeit eines Anerkennungsantrags seine Gleichstellung bea n- trag en will . ( 3 ) Die Trennung der Verfahren erschwert es Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 nicht in unzumutbarer Weise, So n- derkündigungsschutz zu erlangen. Si e können vielmehr beide Verfahren von Beginn an parallel betreiben, insbesondere den Gleichstellungsantrag bei der Bundesanstalt vorsorglich für den Fall stellen, dass der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft wegen eines GdB unter 50 beim Verso r- gungsamt erfolglos bleiben sollte (Dau in LPK - SGB IX 4. Aufl. § 68 Rn. 11) . Auch wenn die Versorgungsämter gehalten sein sollten, auf die Möglichkeit e i- ner vorsorglichen Antragstellung bei der Bundesanstalt hinzuweisen ( vgl. dazu Dau in LPK - SGB IX 4. Aufl. § 68 Rn. 10, 11 ; Lampe in Großmann GK - SGB IX § 90 Rn. 65, 103; Schorn in Müller - Wenner / Schorn SGB IX Teil 2 § 68 Rn. 34) , folgt e daraus selbst bei eine r Verletzung der Hinweispflicht nicht, dass eine r Gleichstellung Wirkung auf einen Zeitpunkt vor Eingang des Antrags bei der 50 51 52 - 18 - 2 AZR 434/13 - 19 - Bundesagentur für Arbeit zukommen könnte. Für die bloße Zu sicherung einer erforderlich werdenden Gleichstellung gilt nichts anderes. c) Die kündigungsrechtlich unterschiedliche Behandlung von Arbeitne h- mern mit einem Grad de r Behinderung von weniger als 50 und schwerbehinde r- ten Arbeitnehmern iSv. § 2 Abs . 2 SGB IX stellt keine Diskriminierung der wen i- ger stark behinderten Arbeitnehmer nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allg e- meinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) dar. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vor. Die weniger st h- günstig als nicht behinderte Arbeitnehmer behandelt, sondern weniger günstig als stärker behinderte ( vgl. BAG 10. Apri l 2014 - 2 AZ R 647/13 - Rn. 39) . 3 . Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Auflösungsantrag im Übrigen begründet ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob Grü n- de vorl iegen, die einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammena r- beit der Pa rteien entgegen stehen. Es hat sich mit den dafür behaupteten T a t- sachen nicht befasst und insoweit keine Festst ellungen getroffen. Dies wird es nachholen müssen . III. Der Zurückverweisung unterliegt auch der Antrag der Klägerin auf vo r- läufige Weiterbeschäftigu ng. Er ist darauf gerichtet, die Beklagte zu verurteilen, sie in der zuletzt ausgeübten Funktion weiter zu beschäftigen. Zu m Kündigungsschut z- ve r fahren zählt der Auflösungsa ntrag der Beklagten . Aus diesem Grund ist der von der Klägerin aufrechterhaltene Weiterbeschäftigungsantrag als unechter Hilfsantrag zu verste hen, über den nur unter der Voraussetzung zu entscheiden ist, dass sie mit ihrem Feststellungsantrag obsiegt und d er Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen wird. Keine dieser Prämissen ist bislang e rfüllt. Ob ein Antrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, solange er nicht abschlägig beschi e- den worden ist, ein überwiegendes Interesse de s Arbeitgebers an der Nichtb e- 53 54 55 - 19 - 2 AZR 434/13 schäfti gung de s Arbeitnehmers zu begründe n vermag (vgl. BAG 16. November 1995 - 8 AZR 864/93 - zu E der Gründe, BAGE 81, 265) , bedarf deshalb keiner E ntscheidung. Kreft Niemann Berger Bartz Alex

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