2. Senat - Auflösungsantrag des Arbeitnehmers
Karar Dilini Çevir:
2. Senat - Auflösungsantrag des Arbeitnehmers
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 2 AZR 241/12 9 Sa 136/11 Landesarbeitsgericht Baden - Württemberg - Kammern Freiburg - Im Namen des Volkes! Verkündet am 11. Juli 2013 URTEIL Schmidt, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungsbeklagter, Anschlussberufungskläger und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsklägerin, Anschlussberufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bunde s- - 2 - 2 AZR 241/12 - 3 - arbeitsgericht Kreft, die Richterinnen am Bundesarbeitsgericht Berger und R achor sowie die ehrenamtliche Richterin Schipp und den ehrenamtlichen Richter Wolf für Recht erkannt: Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesa r- beitsgerichts Baden - Württemberg - Kammern burg - vom 21. Dezem ber 2011 - 9 Sa 136/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die vom Kläger beantragte Auflösung des A r- beitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Der Kläger war seit Januar 1998 bei der Beklagten - einem papierve r- arbeitenden Unternehmen - als gewerblicher Arbeitnehmer tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme gewerblichen Arbeitnehmer der Papier, P appe und Kunststoff verarbeitenden Dementsprechend betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers anfänglich 35 Stunden. Unter dem 1. Dezember 2004 vereinbarten die Par teien im Rahmen e i- ner die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers künftig im Jahresdurchschnitt 35 Stunden betragen und der Kläger auf Anforderung der Beklagten pro Woche bis zu drei Stunden unentgeltliche leisten sollte . Die monatliche Vergütung sollte - unabhängig vom Umfang der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit - auf der Basis von 35 Stunden pro Woche erfolgen. - ü ber 38 Wochens tun den hinaus geleistete Arbeit - und 1 2 3 - 3 - 2 AZR 241/12 - 4 - e- re Regelungen getroffen wurden. Am 20. Februar 2006 bat die Beklagte den Kläger um Zustimmung zu Lohnausgleich. Dieser lehnte ab und weigerte sich, eine entsprechend e r- Bereits am 16. Januar 2004 hatte die Beklagte den Kläger mit der B e- gründung ab gemahnt , er habe seine Anze igepflichten im Zusammenhang mit einer Erkrankung verletzt. Im September 2006 kündigte sie das Arbeitsverhäl t- nis der Parteien unter Hinweis auf betriebliche Gründe ordentlich. Aufgrund rechtskräftiger Entscheidung steht fest, dass diese Kündigung das Arbei tsve r- hältnis nicht aufgelöst hat. Mit Schreiben vom 15. Januar 2007, vom 3. März 2011 und vom 9. März 2011 erteilte die Beklagte dem Kläger weitere Abmahnungen. Mit Schreiben vom 30. März 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. August 20 11 . Unter dem 18. August 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis erneut , nunmehr zum 31. Januar 2012. Gegen die Kündigung vom 30. März 2011 hat der Kläger im vorliege n- den Rechtsstreit Kündigungsschutzklage erhoben. Durch Teilurteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht - rechtskräftig - zurückg ewiesen. Hinsichtlich der Kündigung vom 18. Augu st 2011 hat der Kläger am 6. Februar 2012 seine in erster Instanz wegen Zahlung und anderer Forderungen noch anhängige Klage um einen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG erwei tert ; eine Entscheidung des Arbeitsgerichts über diesen Antrag steht noch aus . Im vorlie genden Verfahren steht noch ein erstmals im Berufungs recht s- zug gestellte r Auflösungsantrag des Klägers im Streit . Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm unz u- mutbar. Seit seiner Weigerung, einer weiteren Er höhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zuzustimmen, versuche die Beklagte, ihn aus dem Arbeitsve r- 4 5 6 7 8 - 4 - 2 AZR 241/12 - 5 - hältnis zu drängen. Mit der Kündigung vom September 2006 habe sie nur ihre Macht demonstrieren wollen, nach Belieben über den Arbeitsplatz verfügen zu könne B ei nichtigen Anlässen sei er von Vorgesetzten getadelt, gelegentlich sei er übermäßig, teils über zehn Stunden werktäglich hinaus zu Arbeitsleistunge n herangezogen worden. Sei n Arbeitszeitkonto werde auf der Basis einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden geführt . Das komme einer Erzwingung der verweigerten Mehrarbeit gleich. Die erste Kündigung habe bei ihm eine Depression ausgelöst. Seither befinde er sich - wie der Beklagten bekannt - in ärztlicher Behandlung. S ein Gesundheit s- zustand habe sich von da an stetig verschlechtert. Im Zusammenhang mit den neuerlichen, wiederum offensichtlich unwirksamen Kündigungen vom März und August 201 1 sei ihm ärztlicherseits dringend geraten worden, das Arbeitsve r- hältnis im Interesse seiner Ge sundheit zu beenden. Der Kläger hat im Wege der Anschlussberufung beantragt, das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31. August 2011 gegen Zahlung einer hinsichtlich der Höhe in das Erme s- sen des Gerichts gestellten Abfindung aufzulösen. Die Beklagte hat beantragt, d ie Anschlussberufung zurückzuweisen . Sie habe den Kläger weder grundlos abgemahnt, noch habe sie leichtfertig Kündigun gen ausgesprochen. Das Landesarbeitsgericht hat nach dem Antrag der Beklagten erkannt. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist nicht begründet. Die Entscheidung des La n- desarbeitsgerichts, es liege kein hinreic hender Grund vor, das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Klägers aufzulösen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. 9 10 11 12 - 5 - 2 AZR 241/12 - 6 - I . Die Revision bleibt nicht deshalb erfolglos, weil die von Amts wegen zu prüfenden V oraussetzungen für eine Fortsetzung des Prozesses über den Antrag des Klägers nicht vorlägen. Zwar konnte der Kläger, der durch das Teilurteil des Arbeitsgerichts nicht beschwert war, den Auflösungsantrag nur im Rahmen einer - nach § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG ausnahmsweise noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufung s instanz zuläss i- gen - Anschlussberufung anbringen ( vgl. BAG 3. April 2008 - 2 AZR 720/06 - Rn. 11, BAGE 126, 226) . Als ein solches Anschlus s rechtsmittel ist sein schon mit der Berufungserwiderung ange kündigter Antrag aber zu vers tehen (zu einer solchen Auslegung vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 11) . II . D as Landesarbeitsgericht hat die Kündigung vom 30. März 2011 rechtskräftig für sozial widrig erachtet. Dabei ist es unausgesprochen davon aus gegangen, dass das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt. Die Beklagte hat diesbezüglich keine Ei n- wände erhoben. III. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG hat das Gericht das durch eine sozia l- widrige Kündigung nicht beendete Ar beitsverhältnis durch Urteil aufzulösen, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuz u- muten ist. Da für muss kein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorliegen, der dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selb st bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar mach en würde . Es reicht a us, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer unzumutbar ist (BAG 27. März 2003 - 2 AZR 9/02 - zu II 2 der Gründe ; 26. November 1981 - 2 AZR 509/79 - zu II 2 der Gründe, BAGE 37, 135) . Dafür wiederum genügt nicht allein die Sozialwidrigkeit der Kündigung . Es bedarf vielmehr zu sätzlicher, vom Arbeitnehmer darzulegender Umstände. Diese müssen im Zusammenhang mit der Kündigung oder doch dem Kündigungsschutzprozess stehen (BAG 24. September 1992 - 8 AZR 557/91 - zu I 3 der Gründe, BAGE 71, 221; 18. Januar 1962 - 2 AZR 179/59 - zu II der Gründe, BAGE 12, 174 ) . Auflösungsgründe können sich demnach aus den Modalitäten der Künd i- gung als solcher un d aus weiteren Handlungen des Arbeitgeber s ergeben , die 13 14 15 - 6 - 2 AZR 241/12 - 7 - mit der Kündigung einhergehen (BAG 24. September 1992 - 8 AZR 557/91 - aaO : gänzlich ungerechtfertigte Suspendierung ) . IV. Die sen Maßstäben hält die angefochtene Entscheidung stand . 1. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Zumutbarkeitsprüfung zutreffend auf die Verhältnisse im Zeitpunkt seiner l e tzten mündlichen Verhandlung am 21. D ezember 2011 abgestellt. Dabei hat es mit Recht auch solche Umstände berücksichtigt, die sich - wie die am 18. August 2011 erklärte Kündigung - erst im Verlauf des Prozesses ergeben haben (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 22, 23 mwN) . 2. Das Landesarbeitsgericht war wegen d er zum 31. Januar 2012 erklä r- ten Kündigung nicht gehindert, über den Auflö sungsantrag zu entschei den. Zwar kann der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis alsbald nach einem mögl i- chen Auflösungszeitpunkt ohnehin enden würde, von Bedeutung für die anz u- stellende Zumutbarkeitsprüfung sein. Ein solcher Umstand macht eine En t- scheidung ü ber den Auflösungsantrag aber nicht obsolet, sondern beeinflusst u nter Umständen ihr Ergebnis: O b dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten ist, richtet sich ua. nach de r voraussichtliche n Dauer einer Weiterbeschäftigung . Ist der Eintritt einer anderweitigen Beend i- gung des Arbeitsverhält nisses n ur möglich, steht er aber nicht mit Gewissheit fest, muss das zur Entscheidung über einen Auflösungsantrag berufene Gericht ggf. eine Prognose über die Wahrschein lichkeit eines solchen Eintr itts treffen (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 360/05 - Rn. 29, BAGE 118, 95) . 3. D as Berufungsurteil erweist sich auch nicht deshalb als rechtsfehle r- haft, weil es keine konkreten Ausführungen zu dem für die Zumutbarkeitspr ü- fung maßgebenden Zeitraum enthält. Das Landesarbeitsgericht ist entweder von einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nur bis zum 31. Januar 2012 oder aber von einem Fortbestand auf unbestimmte Zeit ausgegangen. Auch eine Weiterarbeit auf unbestimmte Zeit war dem Kläger nicht unzumutbar. Die s vermag der Senat , da der entscheidungserhebliche Sachverhalt feststeht, selbst zu beurteilen. 16 17 18 19 - 7 - 2 AZR 241/12 - 8 - a ) Der Kläger hat ge meint, das Vertrauensverhältnis der Parteien sei deshalb unheilbar zerrüttet, weil die Beklagte, wie d ie vorangegangenen Künd i- gungen belegte r- hältnis zu drängen . Das trifft nicht zu. aa) Ein die Unzumutbarkeit iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG begründender Umstand kann darin liegen, dass ein Kündigungsschutzverfahren über eine offensichtlich sozialwidrige Kündigung seitens des Arbeitgebers mit einer solchen Schärfe geführt worden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem schikan ö- sen Verhalten des Arbeitgebers und anderer Mitarbeiter rechnen muss, wenn er in den Betrieb zurückkehrt (BAG 27. März 2003 - 2 AZR 9/02 - zu II 2 a der Gründe ) . Das Arbeitsverhältnis kann ferner aufzulösen sein, wenn feststeht, dass sich der Arbeitgeber ungeachtet der im Kündigungsschutzprozess vertr e- tenen Rechtsauffassung de s Gerichts auf jeden Fall von ihm trennen will und offensichtlich beabsichtigt, mit derselben oder einer beliebigen anderen B e- gründung solange Kündigungen auszusprechen, bis er sein Ziel erreicht hat (vgl. BAG 27. März 2003 - 2 AZR 9/02 - zu II 3 b der G ründe ; 29. Januar 1981 - 2 AZR 1055/78 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 35, 30) . bb) Anhalt s punkte für eine derartige Intention der Beklagten liegen nicht vor. (1 ) Dass die Beklagte gegenüber dem Kläger inzwischen drei Kündigungen erklärt hat, spricht nicht f D ie Künd i- gungen beruhen nicht auf demselben Lebenssachverhalt und stehen auch sonst in keinem erkennbaren Zusammenhang . Während sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung aus dem Jahr 2006 auf betriebliche Gründe berufen hat, hat sie die Kündigung en im Jahr 2011 auf Gründe im Verhalten des Klägers gestützt. D as Urteil des Arbeitsgerichts betreffend die Kündigung vom September 2006 hat sie hingenommen und den Kläger weiterbeschäftigt. Zwischen diesem Urteil und der nachfolgenden Kündigung vom 30. März 2011 liegt ein Zeit raum von mehr als vier Jahren. Die deutliche zeitliche Zäsur wide r- spricht nicht nur der Auffassung des Klägers, die Beklagte wolle ihn s- 20 21 22 23 - 8 - 2 AZR 241/12 - 9 - entgegen, die Kündigungen stellten eine Reaktion auf seine Weigerung dar, eine r Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich zu zustimmen. (2 ) Hinzu kommt, dass sich die Kündigu ngen, zumindest was die jenigen a us dem Jahr 2011 betrifft, nicht als offensichtlich sozialwidrig erweisen. Dass die Beklagte sie leichtfertig erklärt und Kündigungsgründe herbeigezogen hätte, ist nicht ersichtlich. ( a ) Anlass für die K ündig ung vom 30. März 2011 war der Umstand, dass der Kläger am 9. März 2011 seinen Arbeitsplatz unerlaubt für eine Rauch er pa u- se von mehr als zehn Minuten verlassen und sich dafür bewusst nicht ausg e- stempelt hat te . Ein vorsätzlicher Verstoß des Arbeitnehmers g egen seine Verpflichtung, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist geeignet, eine verhaltensbedingte K ündigung zu rechtfertigen ( vgl. BAG 9. Ju ni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 14 ) . Selbst wenn die Beklagte das Arbeitszeitk on to vertragswidrig geführt haben sollte, gäbe dies d em Kläger nicht das Recht, Arbeitsleistungen vorzuspiegeln, die er nicht erbracht hat. Demen t- sprechend hat das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 30. März 2011 nicht mangels Pflichtwidrigkeit des Klägers, sondern deshalb für sozialwidrig erach tet, weil der Kündigungsgrund aufgrund vorausgegange ne r Abmahnung en . Der Kläger habe die ihm am 9. März 2011 wegen erteilte Rüge so verstehen dürfen, dass von ihr auch der Vorwurf erfasst sei, er habe die Pause nicht wie vorgeschrieben dokumentiert. Da raus folgt nicht, dass sich der B e- klagten die Unwirksamkeit der Kündigung ohne Weiteres aufdrängen musste und sie sich leichtfertig zu ihr h at hinreißen lassen. ( b ) Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung vom 30. März 2011 auch auf e in Fehlverhalten des Klägers im Zusammenhang mit einem von ihm gew ünschten Schichttausch und ein unberechtigte s Verlassen des Betriebs vor dem Ende der Schicht am 16. März 2011 berufen hat. Selbst wenn diese Umstände wegen der Geringf ü- gigkeit der behaupteten Ve r tragsverletzunge n u ngeeignet gewesen sein sollten, 24 25 26 - 9 - 2 AZR 241/12 - 10 - eine Kündigung zu rechtfertigen , ergibt sich daraus kein unbedingter Tre n- nungswille der Beklagten. Diese hat das fragliche Verhalten des Klägers nicht isoliert , sondern nur zusammen mit seinem Verhalten bei der Arbeitszeiterfa s- sung zum Kündigung sanlass genommen . (c ) Es kann dahinstehen, ob der Beklagten für die Kündigung vom 18. August 2011 Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG zur Seite standen. Auch sie ist jedenfalls nicht offensichtlich unwirksam. ( aa ) Nach d en Feststellungen im Berufungsurteil hat der Kläger zuminde st ab dem 11. August 2011 seine Arbeitsunfähigkeit gegenüber der Beklagten weder angezeigt noch nachgewiesen - a llerdings bestand im fraglichen Zei t- raum keine Entgeltfortzahlungspflicht der Beklagten mehr. (bb) Es spricht viel dafür, dass die Pflichten aus § 5 Abs. 1 EFZG einen Arbeitnehmer auch während solcher Zeiten treffen, für die er nach § 3 Abs. 1 EFZG keine Entgeltfortzahlung ( mehr ) beanspruchen kann . Das gilt zumindest im ungekündigten Arbeitsverhältnis, z u dem im Fall der ordentlichen Kündigung auc h Zeiten vor dem Kündigungstermin zählen ( vgl. ErfK/Dörner/Reinhard 13. Aufl. § 5 EFZG Rn. 3; Schmitt EFZG 5. Aufl. § 5 Rn. 38) . Soweit der Senat (vgl. BAG 24. November 1994 - 2 AZR 179/94 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 78, 333) angenommen hat, der Arbeitnehmer sei für die Dauer des Kündigung s- schutzprozesses im Regelfall von den ihm sonst obliegenden Anzeige - und Nachweispflichten befreit, betrifft die s Zeiten nach de m mitgeteilten Beend i- gungstermin. ( cc ) Unabhängig davon, wie die Rechtslage im Ergeb nis zu beurteilen ist, kann der Beklagten jedenfalls nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe eine offen sicht lich haltlose Kündigung erklärt. Das gilt umso mehr, als sie den Kläger bereits unter dem 3. März 2011 wegen Verletzung der Anzeigepflicht - aus ihrer Sicht berechtigt - abgemahnt hatte. Soweit der Kläger vorbringt, er sei nicht davon ausgegangen, dass weitere Nachrichten oder Nachweise gegenüber der Beklagten erforderlich gewesen seien , und soweit er sich darauf beruft, diese habe die Nichtanzei ge der Arbeitsunfähigkeit und das Ausbleiben eines 27 28 29 30 - 10 - 2 AZR 241/12 - 11 - Nachweis es neuen Tatsachenvortrag, der in der Revisionsinstanz keine Berücksichtigung finden kann. Im Übrigen rechtfertigt auch dieser Vortrag nicht die Annahme, die Beklagte h abe offensichtlich grundlos gekündigt. b ) Dem Kläger war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nicht wegen anderer Umstände unzumutbar. aa) Seine Behauptung , die Betriebsleitung der Beklagten n Nade l- hat das Landesarbeitsgericht mit Recht als un substantiiert angesehen. Es fehlt an der Darstel lung konkreter Geschehensabläufe, die es ermöglicht hätten, etwa i- ge Verstöße der Beklagten gegen die ihr obliegende P flicht zur Rücksichtna h- me aus § 241 Abs. 2 BGB und/oder eine Verletzung geschützter Rechtsgüter des Klägers iSd. § 823 Abs. 1 BGB festzuste llen ( vgl. zu dieser Anfor d erung BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 17; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 51) . bb) Ein Auflösungsgrund e rgibt sich nicht aus dem Vorbringen des Klägers, die Beklagte habe die von ihm verweigerte Arbeitszeiterhöhung oh ne Lohnau s- gleich durch eine bestimmte S chichteinteilung und die Führung seines Arbeit s- zeitkontos auf der Grundlage einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden dennoch . Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, hierin liege deshal b kein die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung b e- gründende r Umstand , weil das beanstandete Verhalten nicht in Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess stehe. Die Würdigung erweist sich - jedenfalls im Ergebnis - als rechtsfehler frei. ( 1 ) D ie Möglichkeit, im Rahmen des durch das Kündigungsschutzgesetz gewährleisteten Bestandsschutzes das Arbeitsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung aufzulösen, beruht - neben anderen Motiven - auf der Erwägung des Gesetzgebers, das Vertrauensverhältnis der Arbeitsvertragsparteien könne entweder durch die zur Rechtfertigung der Kündigung angeführten Gründe 31 32 33 34 - 11 - 2 AZR 241/12 - 12 - selbst oder durch das Kündigung sschutzverfahren ohne ein Verschulden des Arbeitnehmers zerrüttet worden sein (vgl. den Abdruck der Gesetzesbegrü n- dung in RdA 1951, 64) . D em trägt die Anforderung Rechnung , zwischen Künd i- gung und/oder Kündigungsschutzprozess einerseits und dem geltend gemac h- ten Auflösungsgrund müsse ein Zusammenhang bestehen . Sie stellt sic her, dass nicht jeder Stre it der Parteien über den Inhalt ih r er Vertragspflichten zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen kann. Dies wäre mit der gesetzgeb e- rischen Intention, bei sozialwidriger Kündigung vorrangig den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu gewährleisten, nic ht in Einklang zu bringen. ( 2 ) Die Art und Weise, wie die Beklagte das Arbeitszeitkonto des Klägers führt, hat erkennbar nichts mit der Kündigung vom 30. März 2011 zu tun. Im Übrigen rechtfertigte das Vorgehen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch da nn nicht, wenn man von der n- ähe. Die Beklagte mag sich in der Vergangenheit über arbeitsve r- tragliche Vereinbarungen und in Einzelfällen über gesetzliche Arbeitszeitb e- stimmungen hinweggesetzt haben. Das bedeutet n icht, dass sie bei Fortse t- zung des Arbeitsverhältnisses unter keinen Umständen bereit wäre , zu ve r- tragskonformem Verhalten zurückzukehren . Dass die Beklagte einem ersti n- stanzlich angebrachten Antrag des Klägers festzustellen, für ihn gelte eine Arbeitszeit von 38 Stunden , und eine m Antrag auf Zahlung von Differenzverg ü- tung entgegengetreten ist, vermag eine entsprechende Besorgnis nicht zu begründen. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, der Kläger habe durch die widerspruchslos erbrachten Arbeitsleistungen konkludent in die ihm angetrag e- ne Vertragsänderung eingewilligt, zumindest aber die konkrete Arbeitszeitg e- staltung und die Führung seines Arbeitszeitkontos auf der Basis von 40 Wochenstunden geduldet. Allein daraus, dass der Arbeitgeber in einer zwischen den Parteien umstrittenen Frage einen anderen rechtlichen Stan d- punkt einnimmt und deshalb einer womöglich berechtigten Vergütungsford e- rung seines Arbeitnehmers nicht von sich aus nachkommt, folgt nicht, dass diesem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG unzumutbar wäre. Etwas anderes könnte nur bei gänzlich haltlosem Gegenvo r- trag gelten. D afür fehlt es im Streitfall an Anhaltspunkten. Der Kläger hat nicht 35 - 12 - 2 AZR 241/12 - 13 - behauptet, er habe die Beklagte in der Vergangenheit unmissverständlich aufgefordert, bei der Schichteinteilung und der Führung des Arbeitszeitkontos auf eine für ihn geltende Arbeitszeit von weniger als 40 Stunden Bedacht zu nehmen . cc) D ie Ausführungen des Klägers zu einer bei ihm aufgetretenen Depre s- sion rechtfer tig en kein anderes Ergebnis. (1 ) Das Landesarbeitsgericht hat als wahr unterstellt, dass die im Septe m- ber 2006 erklärte Kündigung seine Erkrankung ausgelöst und die zweite Künd i- gung sie verstärkt hat. Es ist ferner davon ausgegangen, dem Kläger sei in Anbetrach t seiner Erkrankung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten unzumutbar, weil nach ärztlicher Einschätzung eine Genesung nur bei dessen Beendigung möglich sei. Es hat s eine Auffassung, gleichwohl sei das Arbeitsverhältnis nicht aufzulösen , im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte für die Depression nicht einzustehen habe . Erkranke der Arbei t- nehmer infolge einer sozialwidrigen Kündigung, verwirkliche sich ein allgeme i- nes Lebensrisiko. Ein Auflösungsgrund iSd. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSc hG liege nur vor, wenn der Arbeitgeber ein über die Sozialwidrigkeit hinausgehendes, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten gezeigt habe. Das sei hier nicht der Fall. (2 ) Da s ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. ( a ) Die Beurteilung der Vorau ssetzungen des § 9 Abs. 1 KSchG erfordert eine Abwägung, die der Grundkonzeption des Kündigungsschutz gesetzes als eines Bestandsschutz gewährenden Gesetzes und dem Ausnahmecharakter der Regelung aus reichend Rechnung trägt (BAG 23. Oktob er 2008 - 2 AZR 483/ 07 - Rn. 72 ) . Der im Interesse des Arbeitnehmers geschaffene Bestand s- schutz soll zwar , wie schon die Regelungen des § 7 und des § 12 KSchG belegen, nicht gegen dessen Willen durchsetzbar sein. Grundsätzlich geht das Gesetz aber bei sozial ungerechtfertigte r Kündigung von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus . Die Auflösung ist an Umstände gebunden, die mes s- 36 37 38 39 - 13 - 2 AZR 241/12 - 14 - bar über die bloße Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nach § 1 KSchG hinausgehen. ( b ) Für eine Auflösung auf Antrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG müssen die Gründe, die eine r den Betriebszwecken dienliche n weiteren Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien entgegenstehen, nicht no t- wendig im Verhalten, insbesondere nicht i n einem schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 11; 10. Juni 2010 - 2 AZR 297/09 - Rn. 13 , jeweils mwN) . Ob dies gleichermaßen für den Auflösungsantrag des Arbeitnehmers gilt und dieser eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch dann verlangen kann, wen n der Arbeitgeber die zur Unzumutbarkeit führenden Umstände nicht durch eigenes Tun zu verantworten hat , bedarf im Streitfall keiner abschließenden Beurteilung (zur Problematik vgl. KR/Spilger 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 41; APS/Biebl 4. Aufl. § 9 KSchG Rn. 44 ) . Ein Auflösungsgrund iSd . § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn die einer Weiterarbeit entgegenstehen den Tatsachen i m Einfluss - oder Risikobe reich des Arbeitnehmers l iegen. Davon ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer infolge einer sozialwidrigen Kündigung erkrankt oder durch sie eine schon bestehende E rkrankung sich verschlimmert, aber der Arbeitgeber die Krankheit weder zielgerichtet herbeigeführt, noch mit einer offensichtlich unbegründeten Kündigung oder etwa ehrverletzenden Äuß erungen die Ve r- schlechterung des Gesundheitszustands des Arbeitnehmers als möglich ang e- sehen und be w usst in Kauf genommen hat. ( c ) Ein entsprechender Vorwurf kann der Beklagten nicht gemacht werden. Selbst wenn ihr das Leiden des Klägers bei Zugang der Kün digung vom 30. März 2011 bekannt gewesen sein sollte, musste sie nicht vom Ausspruch ihrer - nicht offensicht lich unbegründeten - Kündigung absehen. Gleiches trifft auf die Kündigung vom 18. August 2011 zu . ( d ) Ähnliches gilt, falls die Führung des Arbeitszeitkontos die Krankheit des Klägers befördert ha t . Dem Arbeitnehmer steht mit Blick auf ein rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers, das in k einem Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess steh t, nicht ein Wahlrecht zwischen Eige n- 40 41 42 - 14 - 2 AZR 241/12 kündigung und gerichtliche r Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu (KR/Spilger 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 4 3 ) . Es besteht auch dann nicht, wenn das Verhalten einen wichtigen Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB darstell t . In diesem Fall kann der Arb eitnehmer das Arbeitsverhältnis nur selbst fristlos kündigen und Schadenersatz nach § 628 Abs. 2 BGB verlangen. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG führt nicht zu einem eigenständigen Kündigungsgrund mit Abfi n- dungsanspruch (ErfK/Kiel 13. Aufl. § 9 KSchG Rn. 7) . Unabhä ngig davon ist zu berücksichtig en, dass der Kläger die Schichteinteilung und Führung des A r- beitszeitkontos über lange Zeit widerspruchslos hingenommen hat. Auch dies steht der Au flösung wegen Missachtung der für das Arbeitsverhältnis maßg e- benden Arbeitszei t entgegen . V. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen. Kreft Rachor Berger B. Schipp Wolf 43

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