2. Senat - Außerordentliche Kündigung - beharrliche Arbeitsverweigerung - Rechtsirrtum
Karar Dilini Çevir:
2. Senat - Außerordentliche Kündigung - beharrliche Arbeitsverweigerung - Rechtsirrtum
Bundesarbeitsgericht 2 . Senat Urteil vom 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - I. Arbeitsgericht Essen Urteil vom 22. Juli 2011 - 5 Ca 581/11 - II. Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 9. Februar 2012 - 4 Sa 1112/11 - F ür die Amtliche Sammlung: Nein Entscheidungsstichwort e : Außerordentliche Kündigung - beharrliche Arbeitsverweigerung - Rechts - irrtum Gesetz: BGB § 626 Abs. 1 und Abs. 2 Leitsätze: keine - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 2 AZR 273/12 4 Sa 1112/11 Landesarbeitsgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes! Verkündet am 29. August 2013 URTEIL Kaufhold , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 29. August 2013 durch die Richterin am Bundesarbeitsgericht Berger als Vorsitzende, die Richterinnen am Bundesarbeitsgericht Rachor und Dr. Rinck sowie die ehrenamtlichen Richte r Wolf und Falke für Recht erkannt: - 2 - 2 AZR 273/12 - 3 - Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesa r- beitsgerichts Düsseldorf vom 9. Februar 2012 - 4 Sa 1112/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen s o- wie einer hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin seit dem 1. Januar 2006 , zuletzt am Standort Essen , als außertarifliche Mitarbeiterin zu einem Jahresgehalt von ca. 95.000,00 Euro brutto beschäftigt. Gemäß Ziff. 1 des Arbeitsvertrags war ihr die Tätigkeit einer Referentin in der Organisation s- Nach Ziff. 2 Abs. 5 des Vertrags war sie verpfli März 2009. Dort heißt es: § 1 Geltungsbereich Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter (Tarif - und AT - Mitarbeiter) der Gesellschaft am Standort Essen mit Ausnahme der Leitenden Angestellten gemäß § 5 A b- satz 3, 4 BetrVG sowie Auszubildenden, Werkstudenten, Praktikanten und Diplomanden. § 2 Arbe itszeit / Arbeitszeitrahmen / Servicezeit 1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Tari f- angestellte bestimmt sich nach dem jeweils gelte n- den Tarifvertrag (z. Zt.: Manteltarifvertrag Tarifgruppe RWE) und beträgt derzeit 38 Stunden für Vollzeitmi t- ar beiter . 2. Die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit erfolgt in der Regel auf die Wochentage Montag bis Freitag jeweils zwischen 6.00 Uhr und 20.00 Uhr. Die Mita r- 1 2 3 - 3 - 2 AZR 273/12 - 4 - beiter können die Lage der Arbeitszeit innerhalb di e- ses Rahmens unter Berücksichtigung der betriebl i- chen Erfordernisse und der Servicezeit gemäß nac h- folgender Ziffer 3 in Abstimmung mit dem Vorgeset z- ten frei wählen. § 5 Gleitzeit 1. Für jeden Mitarbeiter wird ein Gleitzeitkonto eing e- richtet und geführt. Davon ausgenommen sind nur AT - Mitarbeiter, die gemäß Ziffer II. 2., 3. und 5. der Bonus - Betriebsvereinbarung vom 12. Februar 2008 in Verbindung mit Anlage 2 zur Bonus - m- - Mitarbeiter wird kein Gleitzeitkonto geführt und kein Arbeitszeitsaldo gebildet; die Arbeitszeiten werden lediglich dokume n- tiert. Mit E - Mail vom 8. Oktober 2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, mindestens 7,6 Stunden täglich zu arbeiten. Am 15. Oktober 2010 wiederholte sie die se Aufforderung und bat die Klägerin um Mitteilung, wie sie ein dokume n- tiertes Arbeitszeitdefizit auszugleichen gedenke. Die Klägerin reagierte darauf nicht. Das Defizit betrug am 8. November 2010 - berechnet auf der Basis einer 38 - Stunden - Woche - 686,44 S tunden. Mit Schreiben vom 10. November 2010 verlangte die Beklagte von der Klägerin, eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden einzuhalten. Sie wies zudem darauf hin, dass sie beginnend mit dem Monat November 2010 einen Teil des Gehalts einbehalten werde. Am 7. Januar 2011 erhob die Klägerin Klage auf Feststellung, dass sie vertraglich nicht zur Ableistung einer 38 - Stunden - Woche verpflichtet sei , und machte in jenem Verfahren zugleich die seitens der Beklagten einbehaltenen Gehaltsbeträge geltend. D as Verfahre n ist durch - klageabweisendes - Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Mai 2013 ( - 10 AZR 325/12 - ) rechtskräftig abgeschlossen. 4 5 - 4 - 2 AZR 273/12 - 5 - Am 11. Januar 2011 erhielt die Klägerin mehrere schriftliche Abma h- nungen bezogen auf folgende Sachverhalte: - unentschuldigtes Fehlen am 12. November 2010 , - in der 46. KW 2010 nur 21,9 9 Stunden gearbeitet , - in der 47. KW 2010 nur 20,55 Stunden gearbeitet , - in der 48. KW 2010 nur 10,7 0 Stunden gearbeitet , - in der 49. KW 2010 nur 8,18 Stunden gearbeitet , - in der 50. KW 2010 nur 3,07 Stunden gearbeitet , - in der 52. KW 2010 nur 2,2 0 Stunden gearbeitet , - in der 1. KW 2011 nur 3,18 Stunden gearbeitet , - unents chuldigtes Fehlen an 13 im Einzelnen aufg e- führten Tagen. Am 20. Januar 2011 beantragte die Klägerin Urlaub für die Zeit bis zum 31. Januar 2011 wegen eines Trauerfalls. Dieser wurde ihr gewährt. Einen am 28. Januar 2011 eingereichten Urlaubsantrag für weitere 14 Tage lehnte die Beklagte ab. Die Klägerin erschien am 1. Februar 2011 von 14.52 bis 17.23 Uhr zur Arbeit, obwohl - wie ihr bekannt - bereits für 13.00 Uhr eine Besprechung mit ihrem Vorgesetzten wegen einer Zielvereinbarung anberaumt worden war . Am 2. Februar 2011 nahm sie ihre Arbeit um 13.17 Uhr auf und ging nach 3,63 Stunden. Am 3. Februar 2011 war sie 3,52 Stunden, am 4. Februar 2011 2,9 Stunden und am 7. Februar 2011 3,77 Stunden a m Arbeitsplatz anwesend . Am 8. Februar 2011 erschien sie nicht zur Arbeit. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsve r- hältnis der Parteien m it Schreiben vom 16. Februar 2011 außerordentlich fris t- los , mit Schreiben vom 22. Februar 2011 hilfsweise ordentlich fristgerecht zum 30. September 2011 . Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat die Klägerin die Unw irksa m- keit der Kündigungen geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, d ie Beklagte beschäftige die außertariflichen Mitarbeiter nicht nach Maßgabe einer konkreten Wochenarbeitszeit, sondern erwarte von ihnen - im Rahmen einer Vertrauensarbeitszeit ohne Anwesenheitsverpflichtung - lediglich bestimmte 6 7 8 9 - 5 - 2 AZR 273/12 - 6 - Arbeitsergebnisse. Erst recht bestehe keine Verpflichtung, täglich mindestens 7,6 Stunden zu arbeiten. Die im Anstellungsvertrag getroffenen Regelungen seien unklar. Die Beklagte habe auch in der Vergang enheit nicht die Ableistung einer bestimmten Arbeitszeit verlangt. Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Künd i- gung der Beklagten vom 16. Februar 2011 noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 22. Februar 2011 au f gelöst worden ist. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise das A r- beitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt w erde , aufzulösen. Sie hat gemeint, d ie Weiterbeschäft i- gung der Klägerin sei ihr nicht mehr zumutbar gewesen . Diese sei ihrer sowohl nach dem Arbeitsvertrag als auch nach der Betriebsvereinbarung 2009 best e- henden Verpflichtung, eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden einzuha l- ten , bewusst nicht nachgekommen. Die Klägerin hat beantragt, den Auflösungsantrag ab zuweisen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesa r- beitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren we i- ter. Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist unbegründet. I. Die Revision ist zulässig. Sie ist rechtzeitig eingelegt und ordnungsg e- mäß begründet worden. 1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revision s- gründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler 10 11 12 13 14 15 16 - 6 - 2 AZR 273/12 - 7 - des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher mu ss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den G ründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die genaue Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (st. Rspr., zB BAG 27. September 2012 - 2 A ZR 811/11 - Rn. 12; 16. November 2011 - 4 AZR 234/10 - Rn. 15) . 2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Die Kl ä- gerin wendet sich gegen die Annahme des Landesarbeitsgericht s, sie sei ve r- traglich zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung am vereinbarten Dienstort im U m- fang von 38 Stunden in der Woche verpflichtet gewesen . Sie legt ausführlich dar, weshalb die im Berufungsurteil vorgenommene Auslegung rechtsfehlerhaft sein soll. Die Sachrüge wäre im Falle ihrer Begründetheit geeignet, die ang e- fochtene Entscheidung insgesamt zu Fall zu bringen. Das reicht als Revision s- angriff aus. II. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. D ie außerordentliche Kündigung vom 16. Februar 2011 ist aus einem wichtige n Grund iSv. § 626 BGB gerechtfertigt. 1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfall s und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet we r- den kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 14; 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 21) t- fertigenden Grund stellt ua. die beharrliche Weigerung des Arbeitnehmers dar, 17 18 19 - 7 - 2 AZR 273/12 - 8 - s eine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. BAG 19. April 2007 - 2 AZR 78/06 - Rn. 22; 5. April 2001 - 2 AZR 580/99 - zu II 2 a der Grü n- de, BAGE 97, 276) . 2. Danach ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das der Klägerin vorgeworfene Verhalten rechtfertige eine außerordentliche Kündigung, im E r- gebnis r evisionsrechtlich nicht zu beanstanden. a) Die Klägerin war vertraglich zur Erbringung einer Arbeitsleist ung im U m fang von 38 Wochenstunden am vereinbarten Dienstort verpflichtet. D ies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 15. Mai 2013 ( - 10 AZR 325/12 - ) rechtskräftig festgestellt. Daran ist der Senat gebunden. aa) Die Rechtskraft einer in einem Vorpr ozess der Parteien ergangenen Entscheidung ist nicht nur bei Identität der Streitgegenstände, sondern auch dann in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten, wenn eine für den nachfolgenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Vorfrage im Vorpr o- zess entschieden worden ist (BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - Rn. 9 ; Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. vor § 322 Rn. 22 ff. ) . Handelt es sich bei dem Vorprozess um eine negative Feststellungsklage, kommt einem klageabwe i- senden Urteil dieselbe Rechtskraf twirkung zu wie einem Urteil, das das Gege n- teil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv fes t- stellt (B GH 17. März 1995 - V ZR 178/93 - zu II 1 a der Gründe ; 17. Februar 1983 - III ZR 184/81 - zu III 3 c der Gründe ) . bb) Das Bundesarbeitsgericht hat den Antrag der Klägerin festzustellen, dass sie keine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Ableistung einer 38 - Stunde n - Woche ha be , rechtskräftig abgewiesen ( Urteil vom 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - ) . Damit steht mit präjudizielle r Wirkung für den vorli e- genden Rechtsstreit fest, dass die Klägerin vertraglich zur Einhaltung einer 38 - Stunden - Woche (am vereinbarten Dienstort) verpflichtet war . Das gilt umso mehr, als es Ziel und Inhalt der im Vorprozess erhobenen negativen Festste l- lun gsklage war, dem Verlangen der Beklagten auf Ableistung einer entspr e- 20 21 22 23 - 8 - 2 AZR 273/12 - 9 - chenden Arbeitszeit entgegen zu treten (vgl. dazu BGH 17. Februar 1983 - III ZR 184/81 - zu III 3 c der Gründe) . b) Die Klägerin hat ihre arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblicher Weise verletzt, indem sie sich beharrlich geweigert hat, ihre Arbeitsleistung in diesem vertraglich geschuldeten zeitlichen Umfang zu erbringen. aa) Die Klägerin hat jegliche Verpflichtun g zur Ableistung eines in Zeita b- schnitten bemessenen Mindestmaßes an Arbeit in Abrede gestellt . Dies es Ve r- ständnis der arbeitsvertraglichen Regelung hat sie zum einen dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie eine entsprechende negative Fest stellungsklage er hoben hat. Zum andere n hat sie auch tatsächlich keine entsprechenden A r- beitsleistungen erbracht, obwohl sie dazu ausdrücklich angehalten worden war . So war sie etwa Ende 2010/Anfang 2011 trotz entgegenstehender Weisung der Beklagten, eine Arbeitszeit von 3 8 Stunden wöchentlich einzuhalten, über me h- rere Wochen hinweg lediglich zwischen zwei und 23 Stunden im Betrieb der Beklagten anwesend. bb) Ihrem Verhalten kann nicht entnommen werden, dass sie lediglich von einem ihr vermeintlich zustehenden Recht, die L age ihrer Arbeitszeit flexibel zu gestalten, hätte Gebrauch machen wollen und dementsprechend zur Nachlei s- tung bereit gewesen wäre (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 40) . Dies ergibt sich ohne Weiteres daraus, dass s ie ihre Arbeitsleistung sowohl über einen langen Zeitraum hinweg als auch in einem erheblichen Umfang nicht erbracht hat. Angesichts der zeitlichen Ausmaße ist nicht erkennbar, wie eine Nachleistung - unter Beachtung der Vorgaben des ArbZG - möglich gewese n wäre. Die Klägerin hat ihrem mangelnden Willen zur Nachleistung auch dadurch Ausdruck verliehen, dass s ie auf die Nachfrage der Beklagten, wie sie die aufgelaufenen Minusstunden auszugleichen gedenke, nicht reagiert hat . cc) Für die kündigungs rechtliche Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob die Weisung der Beklagten, die Klägerin möge eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden einhalten, so zu verstehen war, dass die se nicht (mehr) von einer ihr bisher eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen d ü rfe, i hre Arbeitszeit 24 25 26 27 - 9 - 2 AZR 273/12 - 10 - flexibel zu gestalten. Ebenso kann offen bleiben, ob eine solche Weisung ind i- vidualrechtlich und kollektivrechtlich wirksam gewesen wäre (offengelassen auch in BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 13) . Die Klägerin war una b- hängig von der Lage der Arbeitszeit nicht bereit, ihre Arbeitskraft dem Umfang nach in vertragskonform er Weise anzubieten . Bereits darin liegt eine schwe r- wiegende Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten. dd ) Die Weigerung war auch beharrlich. (1) Ein Ar beitnehmer verweigert die angewiesene Arbeit beharrlich, wenn er sie bewusst und nachhaltig nicht leisten will ( vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 39; 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 15 , BAGE 137, 164 ) . (2) Die Klägerin hat willentlich gegen ihre vertragliche Verpflichtung verst o- ßen. Selbst wenn die Beklagte in der Vergangenheit die Ableistung einer 38 - Stunde n - Woche nicht eingefordert haben sollte , hat s ie jedenfalls ab November 2010 durch entsprechend e W eisung en und die in der Folge ausgespro chenen Abmahnun gen deutlich zum Ausdruck gebracht, wie sie die vertraglichen Ve r- einbarungen versteht und was sie von der Klägerin erwartete . Statt ihr Verha l- ten darauf einzustellen , hat die Klägerin - nachhaltig - darauf bestanden, jegl i- che n Zeitmaß es enth oben zu sein. ( 3 ) Der Umstand, dass zwischen den Parteien - bezogen auf den zeitlichen Umfang der geschuldeten Arbeit sleistung - Streit über die Auslegung des A r- beitsvertrags bestand , steht der Annahme einer erheblichen Pflichtverletzung nicht entgegen . ( a ) Maßgebend für die Frage, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit eine erhebliche Vertragspflichtve r- letzung darstellt, ist die objektive Rechtslage. Der Arbeitnehmer kann sich e i- nem vertragsge mäßen Verlangen des Arbeitgebers nicht dadurch - vorläufig - entziehen, dass er ein gerichtliches Verfahren zur Klärung der umstrittenen Frage einleitet. Andernfalls würde das Weisungsrecht des A r- beitgebers - ggf. über Jahre - in nicht gerechtfertigter Weise eingeschränkt. 28 29 30 31 32 - 10 - 2 AZR 273/12 - 11 - V erweigert d er Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als fehlerhaft erweist . (b) Auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum kann si ch die Klägerin nicht berufen. Sie musste bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt in Rechnung stellen, dass für sie die betriebsübliche Arbeitszeit - von 38 Stunden wöchentlich - galt (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 16) . (aa) An die zu beachtenden Sorgfaltspflichten sind strenge Maßstäbe anz u- legen (vgl. BAG 12. November 1992 - 8 AZR 503/91 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 71, 350) . Es reicht nicht aus, dass sich die betreffende Partei ihre eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfun g und sachgemäßer Beratung gebi l- det hat. Unverschuldet ist ein Rechtsirrtum nur, wenn sie mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen braucht e ( vgl. BGH 6. Dezember 2006 - IV ZR 34/05 - zu II 1 a aa der Gründe; 27. September 1989 - I V a ZR 156/88 - ) . (bb) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor . Die Klägerin musste schon mit Blick auf die im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen damit rechnen, dass eine Arbeitsverpflichtung in einem bestimmten zeitlichen Umfang bestand. Sie war nach Ziff. 2 Abs . 5 Satz 1 des Arbeitsvertrags verpflichtet, im Rahmen ihrer Aufgabenstellung auch außerhalb der betriebsüblichen Ar beitszeit tätig zu we r- den. Dies setzt bei verständiger Würdigung eine Bindung an die betriebsübliche Arbeitszeit vor aus ( vgl. BAG 15. Mai 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 20 , 22 ) . Die Beklagte hat te der Klägerin überdies spätestens ab Herbst 2010 klar vor Augen geführt, wie sie die vertraglichen Abreden verstehe. Sie konnte sich mit ihrem Verlangen nach Einhaltung einer betriebsüblichen Arbeit szeit von 38 Wochen s tunden sowohl auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesa r- beitsgerichts (vgl. BAG 9. Dezember 1987 - 4 AZR 584/87 - BAGE 57, 130) als auch auf eine verbreitete Auffassung in der Literatur stützen (vgl. dazu die Nachweise bei BAG 15. Ma i 2013 - 10 AZR 325/12 - Rn. 21 ) . Auch u- und getroffene Zielvereinbarungen konnten die Klägerin nicht ernsthaft in der Annahme bestärken, sie sei einer Bindung an ein bestimmtes Zeitmaß entho ben. bedeutet grundsätzlich nur , dass der 33 34 35 - 11 - 2 AZR 273/12 - 12 - Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, der betreffende Arbeitnehmer werde seine A r- beitsverpflichtung in zeitlicher Hinsicht auch ohne Kontrolle erfüllen (so schon BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu II 2 d cc (2) der Gründe, BAGE 106, 111 ; nunmehr auch BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 34 ) . D ies war für die Klägerin ebenso erkennbar wie der Umstand, dass die Erreichung von Zielen nach dem Arbeitsvertrag led iglich für die Höhe ihrer variablen Vergütung rel e- vant war. Indem sie bei einer derartigen Sach - und Rechtslage sämtliche gegen die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung sprechenden Gesichtspunkte sehenden Auges hintanstellte, handelte sie bewusst auf eigenes Risiko . Es kann deshalb dahinstehen, wie sich ein mangelndes Verschulden der Klägerin auf den Künd i- gungsgrund ausgewirkt hätte (zur Problematik vgl. BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 20, 22) . c ) Die vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen g eht zu Lasten der Klägerin aus . Da s gilt selbst dann, wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, dass die Beklagte aufgrund d es vertraglichen Weisungsrechts (§ 1 06 Satz 1 GewO) nicht berechtigt war, ihr - der Klägerin - bei der Arbeitszeitgesta l- tung jegliche Flexibilität abzusprechen und die Ableistung von mindestens 7,6 Stunden arbeitstäg lich zu verlangen. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass das Landesarbeitsgericht hierauf im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung en t- scheidend abges tellt hätte. Zum anderen stehen sämtliche r elevanten Tats a- chen fest. Unter dieser Voraussetzung ist es dem Senat möglich, die Intere s- senabwägung s elbst vorzunehmen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 33, BAGE 134, 349) . aa ) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des A r- beitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeit gebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältni s- ses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuw ä- gen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnism ä- ßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, 36 37 - 12 - 2 AZR 273/12 - 13 - ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hi n- bli ck auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wir t- schaftlichen Folgen - , der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis for t- zusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten u n- zumutbar sind (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 15; 9. Jun i 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27) . bb ) Da ran gemessen war d ie Beklagte zur sofortigen Beendigung des A r- beitsverhältnisses berechtigt . (1) Das vertragswidrige Verhalten ist von erheblichem Gewicht. Die Kläg e- rin hat trotz nachdrücklichen Verlangens der Bekla gten , die betriebsübliche A r- beitszeit einzuhalten, kontinuierlich Arbeitsleistungen lediglich im Umfang von weit unter 38 Stunden wöchentlich erbracht. Im Kündigungszeitpunkt bestand die berechtigte Besorgnis, dass sie ihr Verhalten auch in der Zukunft fortsetzen und d eshalb das Arbeitszeitdefizit, das sich bereits im November 2010 auf n a- hezu 700 Stunden belief, weiter anwachsen w e rde . Eine solche Zurückhaltung der Arbeitskraft brauchte die Beklagte nicht weiter hinzuneh men . (2) Der mögliche Rechtsirrtu m der Klägerin wirkt sich nicht entscheidend zu ihren Gunsten aus. Zwar kann im Rahmen der Interessenabwägung - abhängig vom Grad des Verschuldens - auch ein vermeidbarer Irrtum des Arbeitnehmers Bedeutung gewinnen (vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/ 11 - Rn. 44; 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - zu II 4 der Gründe mwN) . Die Klägerin trifft jedoch hinsichtlich eines ihr unterlaufenen Rechtsirrtums mit Blick auf die a r- beitsvertraglichen Regelungen sowie die wiederholte, nachdrücklic he Aufford e- rung seitens der Beklagten zur Einhaltung der betriebsüblichen Arbeitszeit ein nicht nur geringes Verschulden. Allein der Umstand, dass der von ihr beauftra g- 38 39 40 - 13 - 2 AZR 273/12 - 14 - te Rechtsanwalt sie in ihrem gegenteiligen Standpunkt bestärkt haben mag, ändert daran nichts. ( 3 ) Ein milderes Mittel stand der Beklagten nicht zur Verfügung. (a) Die Klägerin war im Kündigungszeitpunkt offensichtlich unter keinen Umständen bereit, eine Verpflichtung zur Einhaltung einer 38 - Stunden - Woche anzuerkennen und ihre Arbeitskraft im vertraglich geschuldeten Umfang zur Verfügung zu stellen. Dies belegt der Umstand, dass sie weder auf die Weisung der Beklagten, noch auf die ihr erteilten Abmahnungen reagiert hat - ohne dass es auf deren Berechtigung in jedem Einzelfall ankäme. Die Kündigung erweist sich auch nicht mit Blick auf die Anzahl der Abmahnungen als unverhältnism ä- ßig. Daraus konnte die Klägerin - zumal die Schreiben ihr allesamt am gleichen Tag überreicht wurden - nicht entnehmen, die Beklagte halte die beharrliche Nichteinhaltung der bet ri ebsüblichen Arbeitszeit für nicht so schwerwiegen d ( zur Abschwächung der Warnfunktion einer Abmahnung vgl. BAG 27. September 2012 - 2 AZR 955/11 - Rn. 47; 15. November 2001 - 2 AZR 609/00 - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 99, 340) . (b) Die Beklagte war auch nicht gehalten , auf den Ausspruch einer auße r- ordentlichen Kündigung zu verzichten und stattdessen weiterhin nur Teile der Arbeitsvergütung einzubehalten. Die Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des A r- beitsverhältnis ses selbst für die Dauer der Kündi gung sfrist ergibt sich bereits dar aus, dass die Klägerin die vertragsgemäße Erbringung ihre r Hauptleistung s- pflicht verweigert und es der Beklagten damit unmöglich gemacht hat, mit ihrer Arbeitskraft zu planen . Abgesehen davon hätte der Einbehalt von Entgel t die Nachteile eines s tetig anwachsende n Arbeitszeitdefizit s allenfalls teilweise au s- geglichen. Darauf, ob und ggf. welche Arbeit aufgrund der Abwesenheit der Klägerin nicht erledigt worden ist, kommt es nicht an. ( 4 ) D em Alter der Klägerin von i m Kündi gungszeitpunkt 42 Jahren und ihrer Betriebszugehörigkeit von etwa fünf Jahren kommt angesichts der Beharrlic h- keit sowie des Umfangs der Pflichtverletzung keine ausschlaggebende Bede u- tung zu . 41 42 43 44 - 14 - 2 AZR 273/12 3. Die Beklagte hat die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. S ie hat ihre Kündigung damit begründet, die Klägerin sei nachhaltig nicht bereit, ihre Arbeits leistung in dem vertraglich geschuldeten - nach Zeitabschnitten b e- messenen - z eitlichen Umfang zu erbringen. Damit hat sie einen Dauertatb e- stand ge ltend gemacht , der sich fortlaufend neu verwirklicht e (vgl. BAG 13. Mai 2004 - 2 AZR 36/04 - zu II 1 der Gründe; 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - zu III der Gründe, BAGE 96, 65) . 4. Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung und der Auflösungsantrag f allen dem Senat nicht zur Entscheidung an. III. Die Klägerin hat gem äß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Berger Rachor Rinck Wolf Torsten Falke 45 46 47

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