2. Senat - Änderungskündigung zur Herabgruppierung einer Schulleiterin - Beteiligung des Personalrats
Karar Dilini Çevir:
2. Senat - Änderungskündigung zur Herabgruppierung einer Schulleiterin - Beteiligung des Personalrats
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 2 AZR 451/10 2 Sa 285/09 Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Im Namen des Volkes! Verkündet am 29. September 2011 URTEIL Freitag, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsklagendes Land, pp. Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft, die Richterinnen am Bundesarbeitsgericht Berger und Rachor sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Roeckl und die ehrenamtli-che Richterin Nielebock für Recht erkannt: - 2 - 2 AZR 451/10 - 3 - 1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Juli 2010 - 2 Sa 285/09 - aufgehoben. 2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 10. September 2009 - 6 Ca 712/09 - wird zurückgewiesen. 3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Re-vision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung zur Herabgruppierung der Klägerin als Schulleiterin. Die Klägerin ist seit dem Jahr 1981 bei dem beklagten Land und des-sen Rechtsvorgänger als Lehrerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifrechtliche Vorschriften (BAT-O) nebst ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifge-meinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Mit Schreiben vom 10. November 1995 übertrug das beklagte Land der Klägerin die Funktion der Leiterin des Gymnasiums H unter Eingruppierung in die Vergü-tungsgruppe I BAT-O. Die Klägerin bezog zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 5.421,65 Euro. Im Schuljahr 2006/2007 hatte das Gymnasium H laut amtlicher Schul-statistik 574 Schüler, im Schuljahr 2007/2008 467 und im Schuljahr 2008/2009 noch 334 Schüler. Im entsprechenden Zeitraum waren die Jahrgangsstufen 5, 6 und 13 entfallen. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 bat das beklagte Land die Klä-gerin um Einwilligung in eine Änderung ihres Vertrags, derzufolge sie ab dem 1 2 3 4 - 3 - 2 AZR 451/10 - 4 - 1. Juli 2009 in die Entgeltgruppe 15 des TV-L eingruppiert wäre. Zur Begrün-dung brachte das Land vor, die bisherige Vergütung sei an die Leitung eines Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern geknüpft. Die Klägerin lehnte die angetragene Änderung des Vertrags ab. Mit Schreiben vom 2. März 2009 unterrichtete das beklagte Land den Bezirkspersonalrat der Lehrkräfte über seine Absicht, der Klägerin zum 30. September 2009 eine der ihr angetragenen Vertragsänderung entsprechen-de Änderungskündigung auszusprechen. Die Gleichstellungsbeauftragte beim Staatlichen Schulamt wurde in gleicher Weise informiert. Sowohl diese als auch der Bezirkspersonalrat stimmten der vorgesehenen Umgruppierung zu. Mit Schreiben vom 19. März 2009 kündigte das beklagte Land das Ar-beitsverhältnis der Parteien zum 30. September 2009 und bot der Klägerin gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Oktober 2009 mit einer Ein-gruppierung/Vergütung gemäß Entgeltgruppe 15 TV-L fortzusetzen. Mit Schrei-ben vom 8. April 2009 nahm die Klägerin das Angebot unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung an. Die Klägerin hat gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen rechtzei-tig die vorliegende Klage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, der Be-zirkspersonalrat sei nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden. Ihm seien die Gründe für das Absinken der Schülerzahlen vorenthalten worden. Der Bezirks-personalrat habe annehmen müssen, die Zahlen seien wegen des allseits bekannten Geburtenrückgangs abgesunken. In Wirklichkeit beruhe der Rück-gang auf der Umsetzung des landesspezifischen Schülerentwicklungsplans und dem Wegfall der Jahrgangsstufen am Gymnasium. Im Übrigen sei die Ände-rung ihrer Vertragsbedingungen unverhältnismäßig und deshalb sozial nicht gerechtfertigt. Zur Ermittlung ihrer Eingruppierung als Angestellte sei ein fiktiver Lebenslauf als Beamtin zugrunde zu legen. Als solche stünde ihr weiterhin eine Vergütung nach Besoldungsgruppe A 16 zu. Wegen der intendierten Gleichbe-handlung von Angestellten und Beamten im Schuldienst sei sie nach der dieser Besoldungsgruppe entsprechenden tariflichen Vergütungsgruppe - und damit wie bisher - zu entlohnen. 5 6 7 - 4 - 2 AZR 451/10 - 5 - Die Klägerin hat zuletzt beantragt festzustellen, dass die Änderung ihrer Arbeitsbedin-gungen im Zusammenhang mit der Kündigung vom 19. März 2009 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. Septem-ber 2009 hinaus zu den bisherigen Arbeitsbedingun-gen fortbesteht. Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, der zuständige Bezirkspersonalrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Mit Blick auf die Schülerzahlen an dem von ihr geleiteten Gymnasium stehe der Klägerin die bisherige Vergütung nicht mehr zu. Die ausgesprochene Änderungskündigung folge den tariflichen Vorgaben. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die Wieder-herstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Entscheidungsgründe Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Die Änderungskündi-gung vom 19. März 2009 ist weder nach § 68 Abs. 1 und Abs. 7 des Personal-vertretungsgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 24. Februar 1993 in der bis zum 30. Dezember 2009 geltenden Fassung (PersVG) unwirk-sam (I.), noch iSv. § 2, § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt (II.). Die Kündigungsfrist gem. § 34 Abs. 1 Satz 2 TV-L ist gewahrt (III.). I. Die Änderungskündigung vom 19. März 2009 ist nicht nach § 68 Abs. 1, Abs. 7 PersVG unwirksam. Die Bestimmungen gelangen nicht zur Anwendung. 1. Gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 2 PersVG ist zwar der Personalrat bei Kündi-gungen zu beteiligen. Eine ohne Beteiligung des Personalrats ausgesprochene Kündigung ist nach § 68 Abs. 7 PersVG, § 108 Abs. 2 BPersVG unwirksam. Dem steht es gleich, wenn die Beteiligung nicht ordnungsgemäß erfolgte. Die Beteiligung des Personalrats entfällt jedoch gemäß § 68 Abs. 4 PersVG für 8 9 10 11 12 13 - 5 - 2 AZR 451/10 - 6 - Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts und vergleichbare Angestellte. 2. § 68 Abs. 4 PersVG verstößt nicht gegen § 108 Abs. 2 BPersVG. In den Grenzen des § 104 Satz 1 BPersVG ist der Landesgesetzgeber frei zu regeln, für welche Gruppen von Beschäftigten besondere Bestimmungen gelten, welche Angelegenheiten im Einzelnen der Beteiligung der Personalvertretung unterliegen und in welcher Form die Beteiligung erfolgen soll. Weder der Kreis der Angelegenheiten, in denen die Personalvertretung zu beteiligen ist, noch Inhalt und Umfang der Beteiligungsrechte für bestimmte Angelegenheiten sind bundesrechtlich verbindlich festgelegt (BVerfG 27. März 1979 - 2 BvL 2/77 - zu B I und II der Gründe, BVerfGE 51, 43; BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 208/03 - zu B II 3 a der Gründe, ZTR 2005, 160). Nach § 104 Satz 1 Halbs. 2 BPersVG soll für die Beteiligung der Personalvertretungen in den Ländern zudem eine Regelung angestrebt werden, wie sie für Personalvertretungen in Bundesbe-hörden festgelegt ist. Auch auf Bundesebene wirkt der Personalrat zwar gem. § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG bei ordentlichen Kündigungen des Arbeitgebers mit. Nach § 79 Abs. 1 Satz 2 BPersVG gilt aber § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG entsprechend. Danach ist die Beteiligung des Personalrats für Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts ausgeschlossen. Im Rahmen von § 79 BPersVG gilt damit für die Beteiligung bei entsprechend vergüteten Stellen von Angestellten das Gleiche. Dem entspricht § 68 Abs. 4 PersVG. 3. Die Klägerin hatte bei Ausspruch der Änderungskündigung eine Stelle inne, die einer Beamtenstelle der Besoldungsgruppe A 16 entsprach. Der Bezirkspersonalrat war deshalb nicht zu beteiligen. Ob seine Unterrichtung ordnungsgemäß war, bedarf keiner Entscheidung. II. Die Änderungskündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt iSv. § 2, § 1 Abs. 2 KSchG. 1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billiger- 14 15 16 17 - 6 - 2 AZR 451/10 - 7 - weise hinnehmen muss. Im Rahmen von § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisheri-gen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 30, EzA KSchG § 2 Nr. 81; 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75). Die angebotenen Änderun-gen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 57). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - aaO; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer (Ände-rungs-)Kündigung ist der des Kündigungszugangs (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 20, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 175 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13; 21. April 2005 - 2 AZR 241/04 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 114, 258). Der Bedarf an einer Weiterbeschäftigung (zu den bisherigen Bedingungen) muss zu diesem Zeitpunkt voraussichtlich auf Dauer entfallen sein (vgl. für die Beendi-gungskündigung BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 17, AP AÜG § 9 Nr. 7 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 146; APS/Kiel 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 478). 2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Änderungskündigung vom 19. März 2009 sozial gerechtfertigt. Der Bedarf an einer Beschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Vertragsbedingungen war in der Vorausschau auf Dauer entfallen. § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 schließt eine Herabgruppierung der Klägerin im Wege der Ände-rungskündigung nicht aus. Mit der dauerhaften Übertragung der Stelle der Leiterin des Gymnasiums H hat das beklagte Land auch nicht auf das Recht einer entsprechenden Änderungskündigung gegenüber der Klägerin verzichtet. 18 - 7 - 2 AZR 451/10 - 8 - Das Angebot des beklagten Landes, die Klägerin als Leiterin des Gymnasiums H ab 1. Oktober 2009 unter Eingruppierung in Entgeltgruppe 15 TV-L weiterzu-beschäftigen, war verhältnismäßig. a) Bei Ausspruch der Änderungskündigung war die Prognose gerechtfer-tigt, der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Vertragsbedingungen sei auf Dauer entfallen. aa) Zu den bisherigen Vertragsbedingungen gehörte der Anspruch der Klägerin auf eine Vergütung entsprechend Besoldungsgruppe A 16. (1) Nach dem auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 vom 8. Mai 1991 zum BAT-O sind die angestellten Lehrkräfte in diejenige Vergütungsgruppe des BAT-O eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welche der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dabei liegt in der dauerhaften Übertragung einer Schulleiterstelle zugleich die Begründung eines arbeitsvertraglichen Anspruchs auf die der übertragenen Stelle entspre-chende Vergütung (BAG 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 25 f., BAGE 126, 149). Im Grundsatz ist daher auch bei einem Absinken der Schülerzahlen unter den für die Eingruppierung maßgeblichen Schwellenwert die mit der ursprüng-lich übertragenen Funktion verbundene Vergütung fortzuzahlen. Eine Herab-gruppierung erfordert eine Änderungsvereinbarung oder eine sozial gerechtfer-tigte Änderungskündigung (BAG 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 26, aaO; Donoli/Bauer ZTR 2003, 323, 325). (2) Die Klägerin hatte danach einen vertraglichen Anspruch auf Vergütung entsprechend Besoldungsgruppe A 16. Ihr war die Stelle der Leiterin des Gymnasiums H „auf Dauer“ übertragen worden. Seinerzeit handelte es sich besoldungsrechtlich um die Funktion der Leiterin eines Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern, die nach der maßgeblichen Bundesbesoldungsordnung A (Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz) in die Besoldungsgruppe A 16 einge-stuft war. Nach § 11 Satz 2 BAT-O entsprach der Besoldungsgruppe A 16 die Vergütungsgruppe I BAT-O. Zum 1. November 2006 wurden die Beschäftigten 19 20 21 22 - 8 - 2 AZR 451/10 - 9 - dieser Vergütungsgruppe gem. § 19 Abs. 3 TVÜ-Länder in die Entgeltgruppe 15 Ü übergeleitet. bb) Bei Ausspruch der Änderungskündigung im März 2009 war die Progno-se gerechtfertigt, der Bedarf an einer Beschäftigung der Klägerin in der Funk-tion der Leiterin eines Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern sei dauerhaft entfallen. Es war davon auszugehen, dass die Zahl der Schüler des Gymna-siums H nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer unter den Schwellenwert gesunken war. (1) Die Schülerzahlen am Gymnasium H waren in den letzten drei Schul-jahren vor Ausspruch der Änderungskündigung kontinuierlich rückläufig. Für das Schuljahr 2008/2009 wies die amtliche Schulstatistik 334 Schüler aus. Damit war der Schwellenwert von 360 Schülern zuletzt deutlich unterschritten. Grund für den starken Rückgang war nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien insbesondere der Wegfall der Jahrgangsstufen 5, 6 und 13 an den Gymnasien des beklagten Landes. Mit einer Wiedereinführung dieser Klassen-stufen war nicht zu rechnen. Dies musste eine auf Dauer geringere Schülerzahl auch an dem von der Klägerin geleiteten Gymnasium zur Folge haben. (2) Angesichts dieser Umstände war im Zeitpunkt der Änderungskündigung von einem dauerhaften Unterschreiten der maßgeblichen Schülerzahl auszuge-hen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass aufgrund absehbarer gegenläufiger Entwicklungen bereits bei Kündigungsausspruch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Wiederanstieg der Schülerzahl bestanden hätte. Der sachlichen Berechtigung der Prognose aus dem Jahr 2009 steht es nicht entgegen, wenn, wie die Klägerin geltend macht, die Schülerzahl im Schuljahr 2011/2012 wieder 377 beträgt. Die Berechtigung einer Prognose wird nicht allein durch eine gegenläufige spätere Entwicklung widerlegt. Im Übrigen hat sie sich im Streitfall für zwei Schuljahre nach Ablauf der Kündigungsfrist (2009/2010 und 2010/2011) durchaus als zutreffend erwiesen. Welche vergü-tungsrechtlichen Folgen ein (dauerhafter) Wiederanstieg der Schülerzahlen für die Klägerin hätte, war nicht zu entscheiden. 23 24 25 - 9 - 2 AZR 451/10 - 10 - b) § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 schließt eine Herabgruppierung der Klägerin im Wege der Änderungskündigung nicht aus. Aus der Regelung folgt nicht, dass eine Änderungskündigung zur Herabgruppierung nur dann zulässig wäre, wenn auch einer beamteten Lehr-kraft das einmal übertragene Funktionsamt ohne ihr Einverständnis wieder entzogen werden könnte. Nach § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 richtet sich zwar die Eingruppierung und damit die Höhe der Vergütung der angestellten Lehrkräfte nach der entsprechenden Besoldungsgruppe der beamteten Lehrer. Die auf Dauer erfolgte Übertragung der Funktion einer Schulleiterin ist danach wie die Übertragung eines Amtes und die Einweisung in eine Planstelle bei Beamten zu bewerten und begründet einen bestimmten Vertragsstatus (BAG 12. März 2008 - 4 AZR 93/07 - Rn. 25, BAGE 126, 149). § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 sieht aber nicht etwa auch im Übrigen die Anwendung beamten-rechtlicher Grundsätze für angestellte Lehrer vor. Die Bestimmung betrifft nur die Eingruppierung. Sie ändert nichts daran, dass der Inhalt eines Anstellungs-verhältnisses und seine Veränderung dem Regime des Privatrechts unterste-hen, dh. sich nach Vertrags- und Kündigungsschutzrecht richten und nicht nach Beamten(status)recht. Dieses ist auch nicht entsprechend anwendbar. c) Mit der dauerhaften Übertragung der Stelle der Leiterin des Gymna-siums H hat das beklagte Land gegenüber der Klägerin nicht auf das Recht zum Ausspruch einer Änderungskündigung zum Zwecke der Herabgruppierung verzichtet. Für einen so weit reichenden Bindungswillen des beklagten Landes gibt es grundsätzlich keine Anhaltspunkte. Als öffentlicher Arbeitgeber ist das beklagte Land zu sparsamer Haushaltsführung verpflichtet, die Eingruppierung eines Arbeitnehmers stellt lediglich Normvollzug dar (vgl. BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 29, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. März 1991 - 2 AZR 582/90 - zu B III 3 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 28 = EzA KSchG § 2 Nr. 16). d) Das Angebot des beklagten Landes, die Klägerin als Leiterin des Gymnasiums H ab dem 1. Oktober 2009 unter Eingruppierung in Entgeltgrup-pe 15 TV-L weiterzubeschäftigen, war verhältnismäßig. 26 27 28 - 10 - 2 AZR 451/10 aa) Die Klägerin hat sich nicht darauf berufen, dass es eine geeignete andere, für sie günstigere und weiterhin mit A 16 dotierte freie Schulleiterstelle gegeben hätte, auf welcher sie hätte weiterbeschäftigt werden können. bb) Die der Klägerin angebotene Vergütung entspricht der besoldungs-rechtlichen Bewertung der Funktion der Leiterin eines Gymnasiums mit bis zu 360 Schülern. Eine beamtete Lehrkraft wäre in diesem Fall in Besoldungsgrup-pe A 15 BBesO eingestuft. Dem entspricht nach § 11 Satz 2 BAT-O die Vergü-tungsgruppe Ia und damit nach Überleitung gem. Anlage 2 Teil B TVÜ-Länder zum 1. November 2006 die Entgeltgruppe 15 TV-L. In dem Angebot der redu-zierten Vergütung liegt zugleich das Angebot, die Klägerin künftig in der Funk-tion der Leiterin eines Gymnasiums mit bis zu 360 Schülern weiterzubeschäfti-gen. Sonstige, über die notwendige Anpassung hinausgehende Änderungen hat das beklagte Land der Klägerin nicht angetragen. III. Die Kündigungsfrist, die gem. § 34 Abs. 1 Satz 2 TV-L sechs Monate zum Quartalsende beträgt, ist eingehalten. IV. Die Kosten ihrer erfolglos gebliebenen Rechtsmittel hat die Klägerin zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO. Kreft Berger Rachor Roeckl H. Nielebock 29 30 31 32

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