2 Ni 5/15 (EP) - 2. Senat (Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 253 08.05 BUNDESPATENTGERICHT IM NAMEN DES VOLKES 2 Ni 5/15 (EP) (Aktenzeichen) URTEIL Verkündet am 8. Dezember 2016 … In der Patentnichtigkeitssache … - 2 - … betreffend das europäische Patent 2 026 277 (DE 602 43 394) hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Guth sowie der Richterinnen Hartlieb und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Forkel und Dipl.-Ing. Hoffmann für Recht erkannt: I. Das europäische Patent 2 026 277 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig er-klärt. - 3 - II. Die Nebenintervention der M… in S… wird zugelassen. III. Die Beklage hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Nebenintervenientin hat die Kosten der Nebenintervention selbst zu tragen. IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreck-bar. T a t b e s t a n d Mit ihrer Klage begehren die Klägerinnen die Nichtigerklärung des europäischen Patents EP 2 026 277 B1. Die Beklagte ist Inhaberin dieses am 16. Januar 2002 angemeldeten Patents (im Folgenden: Streitpatent), das am 25. Juli 2012 veröf-fentlicht worden ist. Die Anmeldung wurde als europäische Teilanmeldung einge-reicht; die internationale Stammanmeldung wurde am 14. August 2003 als WO 03/067777 A1 veröffentlicht. Der deutsche Teil des in der Verfahrenssprache Englisch abgefassten Streitpatents mit der Bezeichnung „Optimized data trans-mission system and method“ wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 602 43 394 geführt. Zunächst hat lediglich die Klägerin zu 1) Nichtigkeitsklage erhoben. Die Klägerin zu 2) hat mit Schriftsatz vom 3. August 2015 ihren Beitritt zum Rechtsstreit als weitere Klägerin erklärt, da sie aus dem Streitpatent auf Verletzung verklagt wor-den sei. Die Klägerin zu 1) hat dem Beitritt der Klägerin zu 2) zugestimmt. Die Nebenintervenientin hat mit Schriftsatz vom 20. August 2015 erklärt, dem vor-liegenden Nichtigkeitsverfahren auf Seiten der Beklagten beizutreten, da sie als ausschließliche Lizenznehmerin an dem Streitpatent und Klägerin eines anhängi-gen Verletzungsverfahrens gegen die Nichtigkeitsklägerin ein rechtliches Interesse - 4 - an dem Obsiegen der Beklagten und am Bestand des Streitpatents habe. Die Be-klagte und die Klägerinnen waren der Auffassung, die Beitrittserklärung sei unzu-lässig, da die von der Nebenintervenientin behauptete Lizenz und damit ein recht-liches Interesse am Streitbeitritt nicht bestehe. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten er-klärt, die Nebenintervenientin sei am Vortag der mündlichen Verhandlung Mitinha-berin des Streitpatents geworden und als Beleg einen mit A… bezeichneten Vertrag zwischen der Beklagten, der Nebenintervenientin und der V… Ltd. vom 7. Dezember 2016 sowie Registerauszüge und eine Vollmacht vorgelegt und sich zugleich als Prozessbevollmächtigter der Nebenintervenientin bestellt. Die Klägerinnen haben gegen die Übertragung des Streitpatents keine Bedenken erhoben, haben allerdings erklärt, sie könnten nicht feststellen, ob die Berechti-gung der Unterzeichnenden und damit die Wirksamkeit der Verträge und der vor-gelegten Prozessvollmacht gegeben sei. Das Streitpatent umfasst die zwei nebengeordneten Ansprüche 1 und 11 sowie 14 Unteransprüche, wobei die Ansprüche 2 bis 10 mittelbar oder unmittelbar auf Anspruch 1 und die Ansprüche 12 bis 16 auf den Anspruch 11 rückbezogen sind. Die erteilte Fassung von Anspruch 1 des Streitpatents lautet in der englischen Verfahrenssprache: „1. A system (100) for transmitting data, comprising: a frame analysis system (106) receiving frame data including re-gions of high detail and/or low detail, and generating region data for dividing the frame into two or more regions, the region data de-fining structure and/or size of each region; a pixel selection system (108) receiving the region data, generating one set of pixel data for each region, and selecting an amount of pixel data to be transmitted from each region based on a required level of detail; and - 5 - means for transmitting the region data and the selected amount of pixel data of each region.“ Mit einer an die Gliederung aus dem Klageschriftsatz vom 8. April 2015 ange-lehnten Gliederung versehen, lautet der erteilte Anspruch 1 in der deutschen Übersetzung: 1. System (100) zum Übertragen von Daten, umfassend: 1.1 ein Frame-Analysesystem (106), das 1.1.1 Frame-Daten empfängt, enthaltend Hochdetail- und/oder Geringdetailregionen, und 1.1.2 Regionsdaten erzeugt, um das Frame in zwei oder mehrere Regionen zu unterteilen, wobei die Regionsdaten eine Struktur und/oder Größe jeder Region definieren; 1.2 ein Pixelauswahlsystem (108), das 1.2.1 die Regionsdaten empfängt, 1.2.2 einen Satz von Pixeldaten für jede Region generiert und 1.2.3 eine Menge von Pixeldaten auswählt, die von jeder Region zu übertragen ist, auf Basis eines erforderlichen Detailgrads; 1.3 und Mittel zum Übertragen 1.3.1 der Regionsdaten und 1.3.2 der ausgewählten Menge an Pixeldaten jeder Region. Die erteilte Fassung von Anspruch 11 des Streitpatents lautet in der englischen Verfahrenssprache: „11. A method for transmitting data, comprising: receiving frame data including regions of high detail and/or low detail; generating region data for dividing the frame into two or more re-gions, the region data defining structure and/or size of each region; generating one set of pixel data for each region; - 6 - selecting an amount of pixel data to be transmitted from each region based on a required level of detail; and transmitting the region data and the selected amount of pixel data of each region.” Mit einer an die Gliederung aus dem Klageschriftsatz vom 8. April 2015 angelehn-ten Gliederung versehen, lautet der erteilte Anspruch 11 in der deutschen Über-setzung: 11. Verfahren zum Übertragen von Daten, umfassend: 11.1 Empfangen von Frame-Daten, enthaltend Hochdetail- und/oder Geringdetailregionen; 11.2 Generieren von Regionsdaten zum Teilen des Frames in zwei oder mehr Regionen, wobei die Regionsdaten Struktur und/oder Größe jeder Region definieren; 11.3 Generieren eines Satzes von Pixeldaten für jede Region; 11.4 Auswählen einer Menge an Pixeldaten, die von jeder Re-gion zu übertragen ist, auf Basis eines erforderlichen Detailgrads; und 11.5 Übertragen 11.5.1 der Regionsdaten und 11.5.2 der ausgewählten Menge an Pixeldaten jeder Region. Wegen des Wortlauts der Unteransprüche wird auf die Patentschrift verwiesen. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent gemäß Hauptantrag in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt gemäß den mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 einge-reichten Hilfsanträgen I, II und III. - 7 - Hilfsantrag I: Der Hilfsantrag I umfasst 12 Ansprüche. Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags I lautet (entsprechend der Merkmalsgliederung der Beklagten, Änderungen gegen-über dem erteilten Anspruch 1 sind markiert): 1. System (100) zum Übertragen von Daten, umfassend: 1.1 ein Frame-Analysesystem (106), das 1.1.1 Frame-Daten empfängt, enthaltend Hochdetail- und/oder Geringdetailregionen, und 1.1.2 Regionsdaten erzeugt, um das Frame in zwei oder mehrere Regionen zu unterteilen, wobei die Regionsdaten eine Struktur und/oder Größe jeder Region definieren, 1.1.3 wobei die Regionen rechteckig sind, und wobei zumindest zwei der Regionen unterschiedliche Seitenverhältnisse aufweisen; 1.2 ein Pixelauswahlsystem (108), das 1.2.1 die Regionsdaten empfängt, 1.2.2 einen Satz von Pixeldaten für jede Region generiert und 1.2.3 eine Menge von Pixeldaten auswählt, die von jeder Region zu übertragen ist, auf Basis eines erforderlichen Detailgrads; 1.3 und Mittel zum Übertragen 1.3.1 der Regionsdaten und 1.3.2 der ausgewählten Menge an Pixeldaten jeder Region. Die erteilten Ansprüche 4 und 9 sind gestrichen und die Nummerierung ange-passt. Das neu eingefügte Merkmal 1.1.3 ist im nebengeordneten Anspruch 9 des Hilfsantrags I entsprechend eingefügt, die erteilten Ansprüche 14 und 15 sind ge-strichen und die Nummerierung entsprechend angepasst. Hilfsantrag II: Der Hilfsantrag II umfasst 9 Ansprüche. - 8 - Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II ist gegenüber dem erteilten Anspruch 1 das Merkmal 1.2.3 ersetzt durch (Änderungen sind markiert) 1.2.3* eine Menge Anzahl von Pixeldaten Pixeln auswählt, die von jeder Region zu übertragen ist, auf Basis eines erforderlichen De-tailgrads; Die erteilten Ansprüche 4, 5 und 6 sowie 9 sind gestrichen und die Nummerierung entsprechend angepasst. Im nebengeordneten Anspruch 7 des Hilfsantrags II sind die Begriffe entsprechend wie in Merkmal 1.2.3* ersetzt. Die Ansprüche 13, 14 und 15 sind gestrichen, die Nummerierung entsprechend angepasst. Anspruch 9 gemäß Hilfsantrag II lautet: 9. Verfahren nach Anspruch 9, wobei das Auswählen einer An-zahl an Pixeln aus jeder Region das Auswählen einer zufälligen Anzahl von Pixeln umfasst. Hilfsantrag III: Der Hilfsantrag III umfasst 9 Ansprüche. Im Anspruch 1 des Hilfsantrags III ist sowohl das zusätzliche Merkmal 1.1.3 ein-gefügt als auch Merkmal 1.2.3 durch Merkmal 1.2.3* ersetzt. Die erteilten Ansprü-che 4, 5 und 6 sowie 9 sind gestrichen und die Nummerierung entsprechend an-gepasst. Das neu eingefügte Merkmal 1.1.3 ist im nebengeordneten Anspruch 7 des Hilfsantrags III entsprechend eingefügt, die Begriffe entsprechend wie in Merkmal 1.2.3* ersetzt. Die Ansprüche 13, 14 und 15 sind gestrichen, die Numme-rierung entsprechend angepasst. Anspruch 9 entspricht Anspruch 9 gemäß Hilfs-antrag II. Die Klägerinnen machen die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Artikel 123 Abs. 2 und Artikel 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ), des unzureichenden Offenbarungsgehalts (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. b) EPÜ), der mangelnden Neuheit (Artikel II - 9 - § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a) und Artikel 54 EPÜ) und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a) und Artikel 56 EPÜ) geltend. Zur Stützung ihres Vorbringens verweisen die Klägerinnen auf folgende Unterla-gen: NK1: Unterlagen zum parallelen Verletzungsverfahren (dortige Klägerin ist die Nebenintervenientin) NK2: Auszug aus dem Patentregister des DPMA zum Streitpatent NK3: Streitpatentschrift NK4: Offenlegungsschrift der Stammanmeldung WO 03/067777 A1 zum Streitpatent NK5: Offenlegungsschrift der Teilanmeldung EP 2 026 277 A1 NK6: Merkmalsgliederung NK7: im Verletzungsprozess von der dortigen Klägerin vorgelegtes Gutachten NK8: Auszug aus Internet Archive Wayback Machine mit Datum NK9 (12. Jan. 2002 bzw. 21-Dec-:1) NK9: Communications Standards Review, Vol. 12, No. 37, November 7, 2001; NK11: „Assignment of Rights“ (zum Patentinhaberwechsel) NK12: Auszug aus Bibliothekskatalog zur Diplomarbeit D6 D1: WO 01/57804 A2 D2: US 4 791 486 A D3: US 5 418 714 A D4: US 5 576 767 A D4a: US 5 021 891 A D5: H.26L Test Model Long-Term Number 9 (TML-9) draft0, Dezember 2001 D5a: H.26L Test Model Long Term Number 8 (TML-8) draft0, 7/10/01 - 10 - D6: Jani Lainema: Motion Estimation and Representation for Video Coding Applications, 1996 D7: Nokia Research Center: Proposal for Advanced Video Coding, Vorschlag zur Weiterentwicklung des H.263-Standards, Februar 1996 D8: Gary J. Sullivan, Thomas Wiegand: Rate-Distortion Optimization for Video Compression, IEEE Signal Processing Magazine, November 1998 D9: Digital Video Communications, Martyn J. Riley, Iain E.G. Richardson, Seiten 26 bis 29 und 36 bis 39; angeblich aus 1997 D10: K. Panusopone, K. R. Rao: “Progressive Image Transmission by Refining Sampling Lattice”, IEEE 1058-6393/97, 1997 (Conference Record of the Thirtieth Asilomar Conference on Signals, Systems and Computers 1996, Vol. 2), pages 1294 – 1298 D11: US 5 724 451 A D12: US 5 862 262 A D13: US 6 571 016 B1, US 6 633 611 B2, US 6 373 988 B1, US 5 999 655 A D14: DE 100 22 331 A1 D15: R.A.F. Belfor et al: “Spatially Adaptive Subsampling of Image Sequences”, IEEE Transactions on Image Processing, Vol. 3, No. 5, Sept. 1994, pp. 492 – 500. Die Klägerinnen sind der Meinung, das Merkmal der Auswahl einer Menge von Pi-xeldaten aus einer Region durch ein „pixel selection system“ auf der Basis eines erforderlichen Detailgrades in den Patentansprüchen 1 und 11 sei weder in der Stammanmeldung noch in der Teilanmeldung offenbart. Weiterhin fehle es an einer ausführbaren Anweisung, wie die Lücken zu füllen seien, die durch die Eli-minierung von Pixeln entstehen. Die Lehre der Ansprüche 1 und 11 sei auch nicht neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1, D2, D3, D4, D5, D6, für die sie einen Erscheinungsnachweis vorlegen, sowie D7, D10, - 11 - D14 und D15. Darüber hinaus fehle es auch an der Neuheit gegenüber dem all-gemeinen Fachwissen wie es in D5a, D8, D9 dokumentiert sei. Außerdem beruhe die Lehre des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Klägerinnen rügen die fehlende Sachlegitimation der Beklagten zur Stellung von Hilfsanträgen, da sie zwar formell legitimiert sei, aber das Streitpatent inzwi-schen auf die V… Ltd. übertragen habe. Im Übrigen seien die Hilfsanträge unzulässig erweitert, da zwei Ausführungsbei-spiele unzulässig kombiniert würden. Außerdem fehle die Patentfähigkeit bei Hilfsantrag I gegenüber D3 evtl. in Verbindung mit dem Fachwissen gem. D11, D12, D13 und gegenüber D10 in Verbindung mit dem Fachwissen sowie gegen-über D5a und D14. Bei Hilfsantrag II fehle es an der Patentfähigkeit gegenüber D3, D10 und D15 sowie gegenüber D15 in Verbindung mit dem Fachwissen (D9, D11, D12). Bei Hilfsantrag III sei die Patentfähigkeit gegenüber D10 in Verbindung mit dem Fachwissen und D15 in Verbindung mit dem Fachwissen oder mit D3, D11 oder D12 nicht gegeben. Die Klägerinnen zu 1) und zu 2) beantragen, die Nebenintervention zurückzuweisen und das europäische Patent 2 026 277 mit Wirkung für das Hoheitsge-biet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen, die Klage abzuweisen, hilfsweise das europäische Patent 2 026277 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig zu erklären, dass seine Ansprüche die Fassung eines der Hilfsanträge I bis III gemäß Schriftsatz vom 7. Oktober 2016, in dieser Reihenfolge, erhalten. - 12 - Die Beklagte erklärt, dass sie den Hauptantrag und die Hilfsanträge jeweils als ge-schlossene Anspruchssätze ansieht, die sie jeweils in ihrer Gesamtheit bean-sprucht. Die Beklagte und die Nebenintervenientin treten der Argumentation der Klägerin-nen in vollem Umfang entgegen. Sie führen im Wesentlichen aus, das Auswählen einer Menge von Pixeldaten sei in der WO 03/06777 A1 in den Abs. 22 und 25 offenbart. Die Entgegenhaltungen D1 und D5 beträfen gänzlich andere Konzepte als das Streitpatent. D1 befasse sich nicht mit dem Erzeugen von Regionsdaten hinsichtlich Struktur/Regionengröße; das Übertragen der Regionsdaten sei in D1 nicht offenbart und auch nicht notwendig. Auch in D2 seien die Merkmale 1.1.2 sowie 1.3.1 nicht offenbart. D3 betreffe in erster Linie die blockadaptive Kompres-sion von Einzelbildern, nicht aber von Frames eines Videos. Zudem offenbare D3 keine Übertragung von Regionsdaten; dies gelte ebenso für D4/D4a. Hinsichtlich der Entgegenhaltungen D5 und D5a, D6 sowie D7 sei deren Veröffentlichung nicht belegt, insbesondere nicht der Zeitpunkt der Veröffentlichung. D10 offenbare lediglich die Kodierung von Bildern, nicht von Frames eines Videos; außerdem werde lediglich eine Baumstruktur übertragen, jedoch keine Regionsdaten. In D15 sei die Blockgröße (Regionsdaten) nur auf der Enkoderseite ein Systemparame-ter; auf der Empfängerseite seien Regionsdaten jedoch weder notwendig noch sinnvoll, es würden daher keine Regionsdaten übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e I. Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a), Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ), der unzulässigen Erweiterung (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Artikel 123 - 13 - Abs. 2 und Artikel 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ) sowie des unzureichenden Offenbarungsgehalts (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. b) EPÜ) geltend gemacht werden, ist zulässig. 1. Die Klägerin zu 2) ist der Klage wirksam beigetreten. Erforderlich für eine wirksame Parteierweiterung ist grundsätzlich ein Schriftsatz des Klägers und eine dem § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügende Beitrittserklärung des neuen Klägers (vgl. Zöller, ZPO 31. Aufl. § 263 Rdn. 26, 27). Zulässig ist eine Parteierweiterung (sub-jektive Klageänderung) nach der Rspr. des BGH nur dann, wenn die Zustimmung der Beklagten vorliegt oder diese sachdienlich im Sinne des § 263 ZPO ist (vgl. BGH NJW 1989, 3225). Es ist anerkannt, dass eine Klageänderung als sachdien-lich dann zuzulassen ist, wenn dadurch ein weiterer Prozess vermieden wird und die Erledigung des Streites der Parteien noch im anhängigen Rechtsstreit erfolgen kann. Da die Klägerin zu 1) dem Beitritt zugestimmt hat, beide Klägerinnen in tat-sächlicher sowie rechtlicher Hinsicht gleichartige Ansprüche geltend machen und der Beitritt im Hinblick auf die Verletzungsklage gegen die Beitretende jedenfalls sachdienlich ist, um dadurch einen neuen Prozess zu vermeiden (vgl. 2 Ni 34/90 (EU) in BPatGE 32, 204; Zöller, ZPO 31. Aufl., § 263 Rdn. 13, 26), ist die Klageänderung zulässig. 2. Die Nebenintervenientin ist dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Beklag-ten gemäß § 66 ZPO wirksam beigetreten. Der Beitritt des Einzelrechtsnachfol-gers auf Seiten des im Verfahren verbleibenden bisherigen Patentinhabers ist ab dem Zeitpunkt der materiellen Berechtigung zuzulassen (vgl. dazu BGH GRUR 2008, 87-90, Rdn. 30, 32 - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren). Die Voraussetzungen für eine zulässige Nebenintervention gem. § 66 ZPO, näm-lich die Beitrittserklärung zu einem anhängigen Rechtsstreit zwischen anderen Personen sowie ein rechtliches Interesse am Obsiegen der unterstützten Partei sind gegeben, nachdem von den Klägerinnen keine Zweifel an der Mitinhaber-schaft der Nebenintervenientin am Streitpatent geäußert worden sind und auch seitens des Senats nicht bestehen. Durch die Vorlage des A… bezeichneten Vertrags zwischen der Beklagten, der Nebenintervenientin und der V… Ltd. vom 7. Dezember 2016, die die Unterschriften und - 14 - die Funktion der Unterschreibenden erkennen lassen, sowie von Registerauszü-gen und einer Vollmacht erscheint dem Senat die Rechtsgültigkeit der Übertra-gung hinreichend glaubhaft gemacht (§ 71 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dies gilt ebenso für die vorgelegte Prozessvollmacht des Prozessbevollmächtigten der Nebeninter-venientin. Auf die ursprünglich im Verfahren erörterte Frage, ob die Nebenintervenientin wirksam eine Lizenz am Streitpatent erworben hatte, kam es daher nicht mehr an. 3. Die geltenden Hilfsanträge I bis III sind trotz der gegenteiligen Darlegungen der Klägerinnen zu berücksichtigen. Auch wenn die Beklagte gemäß der von den Klägerinnen vorgelegten Kopie eines A… vom 29. September 2016 das Streitpatent an die V… übertragen hat, kann sie das Streitpatent auch ohne Mitwirkung eines neuen Patentinhabers wirksam hilfsweise beschränkt verteidigen. Zwar ist in diesem Fall eine beschränkte Verteidigung gemäß Hauptantrag nicht zulässig, wohl aber die hilfsweise eingeschränkte Verteidigung, da es widersinnig wäre, die Verteidigung des Streitpatents in vollem Umfang als zulässig anzusehen, nicht aber die dem Erhalt dienende hilfsweise eingeschränkte Verteidigung, wenn an-sonsten die Vollvernichtung des Patents droht (Keukenschrijver, Patentnichtig-keitsverfahren, 6. Aufl., S. 188 Rn. 310; Busse, PatG, 8. Aufl., § 82 Rn. 102; BPatG München, Urteil vom 12. April 2012 - 2 Ni 32/11 (EP) -, juris). 4. Die Klage ist auch begründet, wobei der Senat die verkündete Urteilsformel im Kostenpunkt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 319 ZPO) dahin berichtigt hat, dass die Kosten des Rechtsstreits von der Beklagten und die Kosten der Ne-benintervention von der Nebenintervenientin zu tragen sind. 5. Das Streitpatent hat weder in der erteilten Fassung noch in der Fassung ei-nes der Hilfsanträge Bestand, da dem Gegenstand des Patents in der erteilten Fassung und in der Fassung der Hilfsanträge I bis III der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit entgegensteht. Es bedarf daher keiner abschließenden Entscheidung, ob das Streitpatent in der erteilten Fassung oder in der Fassung der Hilfsanträge I bis III auch unter dem Gesichtspunkt der weiterhin geltend ge-- 15 - machten Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und unzureichenden Offenbarung für nichtig zu erklären wäre. II. 1. Das Streitpatent betrifft ein optimiertes Datenübertragungssystem und -verfahren. Gemäß Abs. [0002] und [0003] der Streitpatentschrift verwenden bekannte Daten-übertragungssysteme oft Kompression, um Bandbreitenanforderungen zu verrin-gern; dabei handelt es sich entweder um verlustlose oder verlustbehaftete Kom-pression. In beiden Fällen müssen die komprimierten Daten beim Empfänger de-komprimiert werden. Die Notwendigkeit der Dekompression trägt zur allgemeinen Schwierigkeit der Implementierung von Datenübertragung in Verbindung mit Kom-pression bei. Gemäß Abs. [0004] und [0005] stellt die vorliegende Erfindung ein System und Verfahren zur Datenübertragung bereit, welche die bekannten Probleme überwin-den. Insbesondere wird Datenoptimierung anstelle von Datenkompression ver-wendet, um ein gemischtes verlustloses und verlustbehaftetes Datenübertra-gungsverfahren zur Verfügung zu stellen. Als zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung In-formatik oder Informationstechnik mit Erfahrung auf dem Gebiet der Kodierung von Bilddaten an. 1.1. Durch den erteilten Patentanspruch 1 (Hauptantrag) wird das Folgende unter Schutz gestellt: Gegenstand des Anspruchs 1 ist ein System zum Übertragen von Daten, welches mehrere Komponenten umfasst - Merkmal 1. - 16 - Eine erste Komponente ist ein Frame-Analysesystem - Merkmal 1.1. Die zu übertragenden Daten sind in Rahmen bzw. Frames, d. h. eine sich wieder-holende Struktur eingeteilt. Wie dem Fachmann bekannt war, wird bei Videodaten, die aus einer zeitlichen Abfolge von Bildern bestehen, üblicherweise jedes Einzel-bild als ein „Frame“ bezeichnet. Bei Audiodaten, auf die die Erfindung ebenfalls anwendbar ist (Abs. [0006]), erfolgt ebenfalls eine Einteilung in zeitlich aufeinan-der folgende Frames. Das Frameanalysesystem empfängt Frame-Daten (einschließlich Pixeldaten), die wie bei Video- oder Audiodaten üblich Hochdetail- und/oder Geringdetailregionen enthalten - Merkmale 1.1 mit 1.1.1. Das Frameanalysesystem teilt den Frame in mehrere Regionen ein und erzeugt hierfür Regionsdaten, die eine Struktur und/oder Größe jeder Region definieren (Abs. [0006], [0034]) - Merkmal 1.1.2. Gemäß Abs. [0025] können die Datenwerte benachbarter Pixel analysiert und anhand vorgegebener Variationstoleranzen eine Matrixgröße für eine Datenopti-mierungsregion gewählt werden. Die Matrixgröße für jede Datenoptimierungsre-gion eines Frames kann dabei einheitlich sein, so dass jede Datenoptimierungs-matrix dieselben Dimensionen aufweist. Das Frameanalysesystem kann auch ver-schiedene Matrixgrößen für aufeinander folgende Frames zuordnen. Auch inner-halb eines Frames kann die Größe der Matrizen variieren. Es können auch an-dere, nicht auf einer Matrixstruktur basierende Datenoptimierungsregionen aus-gewählt werden, z. B. kreisförmige, elliptische oder andere geeignete Strukturen. Wenn (rechteckige) Matrizen verwendet werden, entspricht somit eine Matrix einer Region; ansonsten kann eine Region auch eine andere, nicht rechteckige Form bzw. Struktur annehmen. Im Fall von gleich großen, rechteckigen Matrizen bzw. Regionen ist es demnach ausreichend, wenn die Regionsdaten die Größe einer einzigen Region (Breite und Höhe) vorgeben. Die zweite Komponente des Datenübertragungssystems ist ein Pixelauswahlsys-tem - Merkmal 1.2. - 17 - Das Pixelauswahlsystem empfängt die Regionsdaten - Merkmal 1.2.1. Sodann generiert das Pixelauswahlsystem einen Satz von Pixeldaten für jede Re-gion und wählt eine Menge von Pixeldaten aus, die für jede Region zu übertragen sind, auf Basis eines erforderlichen Detailgrads - Merkmale 1.2.2, 1.2.3 (Erläute-rung folgt unten). Schließlich sind noch Mittel zum Übertragen der Regionsdaten und der ausge-wählten Menge an Pixeldaten jeder Region vorgesehen - Merkmale 1.3, 1.3.1 und 1.3.2. In Abs. [0027] und [0028] ist hierzu erläutert, dass ein Pixeldatensystem aus den Matrixdaten und den Pixeldaten Frame-Daten zusammenstellt und an ein Display-erzeugungssystem überträgt, welches hieraus für einen Benutzer brauchbare Da-ten, z. B. Videodaten erzeugt. Erläuterungsbedürftig in Bezug auf die Merkmale 1.2.2 und 1.2.3 sind insbeson-dere die Bedeutung des Begriffs „Pixeldaten“ in den Merkmalen 1.2.2 und 1.2.3, die Bedeutung der Angabe „auf Basis eines erforderlichen Detailgrads“ in Merk-mal 1.2.3 sowie der Sinngehalt der Kombination der Merkmale 1.2.2 und 1.2.3. Das zum Anspruch 1 Ausgeführte gilt dann entsprechend für die Merkmale 11.3 und 11.4 des nebengeordneten Anspruchs 11. 1.1.1. Zum Begriff „Pixeldaten“: Im Verständnis des Fachmanns sind „Pixel“ bei Bildern bzw. Videodaten Bild-punkte, die unterschiedlichen Orten im Bild zugeordnet sind und eine örtliche Ab-tastung des Bildes repräsentieren. Der Patentschrift Abs. [0032] ist zu entnehmen, dass Pixeldatenwerte Werte (x/y/z) in einem geeigneten Farbsystem sein können, z. B. 16-bit Werte für ein R/G/B- oder Y/U/V-System. - 18 - „Pixeldaten“ können damit im Fall von Bildern einzelnen Pixeln zugeordnete Hel-ligkeitswerte enthalten, auch für verschiedene Farben. 1.1.2. Laut Patentschrift ist im Hinblick auf das Auswählen einer Menge von Pixel-daten, die von jeder Region zu übertragen ist, „auf Basis eines erforderlichen De-tailgrads“ in Merkmal 1.2.3 sowie auf die Merkmalskombination 1.2.2 und 1.2.3 das Folgende von Bedeutung: Gemäß Abs. [0006] erzeugt das Pixelauswahlsystem einen Satz von Pixeldaten für jede Region, etwa durch Auswählen je eines Pixels in den Originalmatrizen, aus welchen der Frame besteht. Gemäß Abs. [0023] kann das Datenübertragungssystem Frames von Videodaten empfangen und (nur die) Pixeldaten für die Übertragung auswählen, die empfän-gerseitig für eine Betrachtung durch das menschliche Auge benötigt werden; die übrigen Pixel können dann im Display einen Ruhezustand von entweder „ein“ oder „aus“ annehmen. Wenn ein Frame von Videodaten arm an Details ist, reicht es möglicherweise aus, nur einen Datenwert pro 25 Pixel oder weniger bereitzustel-len, um das zu betrachtende Bild zu erzeugen. Wenn dagegen der Frame von Vi-deodaten detailreich ist, kann es nötig sein, jedes einzelne Pixel zu übertragen, um ein geeignetes Bild zu erzeugen. Wenn ein Frame von Videodaten detailarme und detailreiche Regionen enthält, kann es erwünscht sein, nur die Anzahl von Pi-xeln für jede Region zu übertragen, die zu Erzeugung des Bildes notwendig ist; über die Pixelanzahl kann dann anhand einer Region-für-Region-Betrachtung in-nerhalb des Frames entschieden werden. Die Auswahl von Pixeln, d.h. welche Pixel einer Region (bei detailgradabhängig vorgegebener Pixelanzahl) selektiert werden, erfolgt z. B. nach einem Zufallsprin-zip oder in Übereinstimmung mit einer vorgegebenen Sequenz, und für die aus-gewählten Pixel werden Ortsdaten generiert (Abs. [0026]); vgl. auch die Ausfüh-rungsbeispiele gemäß Fig. 3, 5, 7, 9 und 10 mit Beschreibung. Wie der Fachmann erkennt, erläutert Abs. [0023] die Berücksichtigung eines De-tailgrads bei der Auswahl einer Menge von Pixeldaten im Patentanspruch 1 bzw. 11. Die Grundidee des in Abs. [0023] als beispielhafte Ausführungsform Dar-- 19 - gelegten (Auswahl einzelner Pixel bzw. der Daten einzelner Pixel) wird mit dem erteilten Anspruch 1 bzw. 11 (vgl. die Merkmale 1.2.3 und 11.4) unter Schutz ge-stellt: Nicht erforderliche Daten werden eliminiert, und es ist möglich, nur diejeni-gen Pixel zur Übertragung auszuwählen, die aufgrund eines mehr oder weniger hohen Detailreichtums für die Erzeugung von Bildern zur menschlichen Betrach-tung notwendig sind. Wenn beispielsweise alle Regionen innerhalb eines Frames Matrizen gleicher Größe sind (Sp. 4 Z. 32 bis 35), erfolgt gemäß Merkmal 1.2.3 die Auswahl einer Menge von zu übertragenden Pixeldaten auf Basis eines erforderlichen Detail-grads derart, dass für detailarme Regionen wenige Pixel für die Übertragung aus-gewählt werden, während für detailreiche Regionen mehr Pixel für die Übertra-gung ausgewählt werden. Im Hinblick auf die Kombination der Merkmale 1.2.2 und 1.2.3 erkennt ein Fach-mann, der die Patentschrift aufmerksam liest, dass es sich beim Generieren eines Satzes von Pixeldaten für jede Region gemäß Merkmal 1.2.2 und beim Auswählen einer Menge von Pixeldaten gemäß Merkmal 1.2.3 jeweils um denselben Vorgang handelt, wobei Merkmal 1.2.3 das allgemeiner formulierte Merkmal 1.2.2 näher erläutert, vgl. die oben dargelegten Absätze [0006], [0023] und [0026] sowie Fig. 3 mit den zugehörigen Beschreibungsteilen. Für eine voneinander unabhängige Auslegung der Merkmale 1.2.2 und 1.2.3 (der-art, dass der gemäß Merkmal 1.2.2 generierte Satz von Pixeldaten verschieden ist von der gemäß Merkmal 1.2.3 ausgewählten Menge von Pixeldaten) bietet die Patentschrift keinerlei Anhaltspunkte. 1.2. Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I ist die Form der Regionen dahin-gehend konkretisiert, dass die Regionen rechteckig sind und zumindest zwei der Regionen unterschiedliche Seitenverhältnisse aufweisen (Merkmal 1.1.3). Damit haben mindestens zwei Regionen unterschiedliche Ausdehnung, wobei mindes-tens eine der Regionen nicht-quadratisch ist. - 20 - Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II ist gegenüber dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags dahingehend eingeschränkt, dass es sich bei der Menge von auszuwählenden und zu übertragenden Pixeldaten (vgl. Merkmal 1.2.3 des Hauptantrags) gemäß Merkmal 1.2.3* um eine Anzahl von auszuwählenden und zu übertragenden Pixeln (bzw. deren zugehörige Pixeldaten) handelt. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III enthält sowohl das zusätzliche Merk-mal 1.1.3 des Hilfsantrags I als auch die Änderung des Hilfsantrags II (Merk-mal 1.2.3*). Entsprechendes gilt für den jeweiligen nebengeordneten Anspruch der Hilfsan-träge I, II und III. III. Der dem Streitpatent in der erteilten Fassung zu entnehmende Gegenstand des Patentanspruchs 1 und ebenso der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II ist nicht neu, und die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen I und III beruhen gegenüber dem Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a), Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ). Entsprechendes gilt für die jeweiligen nebengeordneten Patentansprüche. 1. Als im Stand der Technik besonders relevant und entscheidungserheblich sieht der Senat die Druckschriften D11 und D15 an. D11 betrifft ein Kodierverfahren, wobei ein Bild (das z. B. zu einer Sequenz von bewegten Bildern gehören kann) in mehreren Schritten in Regionen aufgeteilt wird, und wobei eine Region („area“) jeweils dann weiter unterteilt wird, wenn die Variation der Pixelwerte in ihr relativ hoch ist. Als Ergebnis erhält man eine Baum-struktur mit großen und kleinen Regionen (große Regionen in Bildbereichen mit geringer Wertevariation, d. h. geringem Detailgrad, kleine Regionen in Bildberei-- 21 - chen mit hoher Wertevariation, d. h. hohem Detailgrad, Fig. 8a); diese Struktur und für jede Region ein repräsentativer Wert werden übertragen, und aus diesen Daten wird das Bild im Empfänger rekonstruiert (Sp. 1 Z. 47 bis Sp. 2 Z. 6). D11 lehrt, im Unterschied zum Vorbekannten eine Aufteilung nicht nur in quadratische Regionen vorzunehmen, welche eine Anpassung an strukturelle Charakteristiken des Bildes erschwert (Sp. 2 Z. 14 bis 22), sondern auch horizontale und vertikale, streifenförmige Regionen zu verwenden (Fig. 1), die je nach der lokalen Werteva-riation ausgewählt werden; dies führt zu einer verbesserten Kompressionsrate (Sp. 5 Z. 66 bis Sp. 6 Z. 10; Fig. 8b mit Sp. 8 Z. 44 bis 52). D15 beschreibt örtlich adaptives Unterabtasten (Subsampling) für die Kodierung von Bildsequenzen (Titel, Abstract, S. 492 li. Sp. Kap. „Introduction“ Abs. 1). Ein Bild wird in quadratische Blöcke bzw. Regionen unterteilt, und in jedem Block wird eine Anzahl von Pixeln ausgewählt. Für die Pixelauswahl wird ein Abtastgitter ver-wendet, das je nach dem Detailgrad des Blocks mehr oder weniger dicht belegt ist, d. h. mehr oder weniger Pixel erfasst (S. 492 li. Sp. Kap. „Introduction“ Abs. 2 Satz 1 und 2, S. 495 li. Sp. Abs. 2 mit Fig. 4). Die ausgewählten Pixel werden (evtl. nach einer weiteren Verarbeitung) übertragen; im Empfänger wird die Bildsequenz durch Interpolation rekonstruiert (S. 493 li. Sp. Abs. 2 le. Satz und Abs. 3, S. 495 re. Sp. Abs. 2; Fig. 5). In Kap. III. A. wird ein mathematisches Mo-dell zur optimalen Wahl des Abtastgitters behandelt. Alternativ oder zusätzlich zum örtlich adaptiven Subsampling kann eine Bewegungskompensation durchge-führt werden (Kap. IV. und V.B.). 2. Gegenüber diesem Stand der Technik sind die Gegenstände des jeweiligen Haupt- und Nebenanspruchs gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträ-gen I, II und III nicht patentfähig. 2.1. Die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 und des jeweiligen nebengeordneten Patentanspruchs gemäß Hauptantrag und gemäß Hilfsantrag II sind nicht neu gegenüber dem aus der Druckschrift D15 Vorbekannten. - 22 - Wie oben erläutert, werden gemäß D15 Daten eines Bildes einer Bildsequenz, d. h. eines Frames verarbeitet und übertragen; damit sind auch ein System zum Übertragen von Daten sowie Übertragungsmittel offenbart (S. 493 li. Sp. Abs. 2 le. Satz und Abs. 3) - Merkmale 1, 1.3. Die Daten eines Bildes der Bildsequenz, also Frame-Daten, können Hochdetail- und Geringdetailregionen enthalten (S. 492 li. Sp. Kap. „Introduction“ Abs. 2 Satz 2) - teilweise Merkmal 1.1.1. Das Bild wird in mehrere quadratische Blöcke, d. h. Regionen unterteilt, wobei die gewählte Größe der Blöcke ein wichtiger Systemparameter ist (S. 492 li. Sp. Kap. „Introduction“ Abs. 2 Satz 1, S. 495 li. Sp. Abs. 1) - teilweise Merkmal 1.1.2. Für jede Region wird eine Anzahl von Pixeln (und damit eine Menge von Pixeldaten) ausgewählt, und zwar über ein Abtastgitter, dessen Abtastfrequenz vom Detailgrad der Region abhängt (S. 492 li. Sp. Kap. „Introduction“ Abs. 2 Satz 1 und 2, S. 495 li. Sp. Abs. 2 mit Fig. 4); damit ist auch die ausgewählte Anzahl der Pixel bzw. die Menge (Satz) der zu übertragenden Pixeldaten abhängig vom Detailgrad der Re-gion - Merkmale 1.2.2, 1.2.3, 1.2.3*. Die ausgewählten Pixeldaten für jede Region werden übertragen (S. 493 li. Sp. Abs. 2 le. Satz) - Merkmal 1.3.2. Ein zur Unterteilung des Frames in Regionen zwangsläufig nötiges Hard- oder Softwaremodul (Frame-Analysesystem) ergänzt der Fachmann ohne weiteres Nachdenken aufgrund seines Fachwissens bzw. liest ein solches ohne weiteres Nachdenken mit; dies gilt ebenso für ein erforderliches Hard- oder Softwaremodul, das zur Auswahl der Pixel in jeder Region verwendet wird (Pixelauswahlsys-tem) - Merkmale 1.1, 1.2. Um einen Frame unterteilen zu können, muss das Frame-Analysesystem die Frame-Daten zunächst empfangen - restlicher Teil des Merkmals 1.1.1, und zudem wird im Frame-Analysesystem durch die Unterteilung in Regionen Information über die Regionen einschließlich deren Größe (Regions-daten) erzeugt (S. 495 li. Sp. Abs. 1 „… we subdivide the image into square blocks … The size of the blocks is an important system parameter …”) - restlicher Teil des Merkmals 1.1.2. Die Pixelauswahl kann in unterschiedlichen Regionen mit unterschiedlichen Ab-tastgittern erfolgen (S. 495 li. Sp. Abs. 1 und 2 „… within each block, one specific sampling lattice is used …“, “each specific sampling lattice is called a mode …” sowie re. Sp. Abs. 2 „… if a neighboring block is sampled with a different mode - 23 - …“), wobei ein zur jeweiligen Region gehöriges Abtastgitter über die Region (bis zu den Regionsgrenzen) gelegt wird (Fig. 4). Damit muss im Pixelauswahlsystem die Größe jeder Region bekannt sein, d. h. das Pixelauswahlsystem muss Daten über die Regionsgröße, also Regionsdaten empfangen - Merkmal 1.2.1. Auch das Merkmal 1.3.1. (Übertragen der Regionsdaten) ist in D15 offenbart. In Bezug auf dieses Merkmal führt die Beklagte aus, in dem aus D15 bekannten Verfahren bzw. in der aus D15 bekannten Vorrichtung würden keine Regionsdaten übertragen. Die Übertragung von Regionsdaten sei in D15 nicht notwendig und nicht sinnvoll, da im Empfänger für Leerstellen (nicht übertragene Pixel) die Farb-werte aus benachbarten Pixeln interpoliert würden. Die Blockgröße spiele im be-kannten Verfahren lediglich auf Encoderseite eine Rolle. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Insbesondere wird gemäß D15 S. 495 re. Sp. Abs. 1 und 2 für jeden Block (Re-gion) ein Abtastgitter (Mode) ausgewählt. Diese Information wird zusammen mit den ausgewählten Pixeln, die nach der Gitterabtastung aller Blöcke verbleiben, an den Empfänger übertragen. Dort kann dann jeder Block so interpoliert werden, dass nur die Pixel innerhalb des Blocks einbezogen werden (S. 495 re. Sp. Abs. 2 Satz 1 „If, at the receiver, each block is interpolated using a technique that invol-ves only the pixels within the block …“), d. h. in dieser Ausführungsform werden die nicht übertragenen Pixeldaten des Blocks ausschließlich anhand der übertra-genen Pixeldaten des Blocks interpoliert. Dafür muss notwendigerweise für jeden Block bekannt sein, welche Pixel zu dem Block gehören, d. h. im Empfänger muss Information über die Grenzen des Blocks und damit über die Blockgröße vorhan-den sein. Diese Information, welche Regionsdaten im Sinne des Streitpatents zum Inhalt hat, muss demnach an den Empfänger übertragen werden. Somit ist auch Merkmal 1.3.1. erfüllt. Damit trifft D15 den jeweiligen Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß Hilfsantrag II neuheitsschädlich. - 24 - Entsprechendes gilt für die jeweiligen nebengeordneten Ansprüche. 2.2. Die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 und des jeweiligen nebengeordneten Patentanspruchs gemäß den Hilfsanträgen I und III beruhen ausgehend vom aus D15 Bekannten nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Zur Einteilung eines Bildes in Blöcke ist in D15 S. 495 li. Sp. Abs. 1 ausgeführt, dass im Idealfall das Bild in Regionen eingeteilt würde, welche dieselbe Abtastfre-quenz (dasselbe Abtastgitter) benötigen; dies erfordere jedoch einen hohen Auf-wand zur detaillierten Bildanalyse und zur Übertragung der Form der Regionen. Daher wird in D15 das Bild in quadratische Blöcke eingeteilt, wobei in jedem Block ein (für diesen Block) spezifisches Abtastgitter verwendet werde. Die Größe der Blöcke ist ein wichtiger Systemparameter. Werden große Blöcke gewählt, ist die Menge von Zusatzinformation (betreffend etwa die Form der Blö-cke) gering, jedoch geht die Fähigkeit zur Anpassung an die örtliche Raumfre-quenz (d. h. an den örtlichen Detailgrad) verloren. Kleine Blöcke erlauben eine bessere Anpassung, erfordern jedoch eine größere Menge an Zusatzinformation. Ausgehend von D15 stellte sich für den Fachmann somit die Aufgabe, die Auftei-lung in Regionen möglichst so zu verbessern, dass einerseits der Aufwand für die Bildanalyse und für die Übertragung der Form der Regionen relativ gering bleibt und andererseits die Fähigkeit zur Anpassung an den örtlichen Detailgrad verbes-sert wird. Zur Lösung dieser Aufgabe bot es sich an, gemäß der Lehre der Druckschrift D11, welche ebenso wie D15 die Kodierung von zu übertragenden Bilddaten betrifft, zusätzlich zu quadratischen Regionen auch nicht-quadratische, rechteckige Regi-onen zu verwenden, was eine flexible Anpassung der Form der Blöcke an lokale Gegebenheiten unterstützt und insbesondere zu einer verbesserten Kompressi-onsrate führt (D11 Sp. 5 Z. 66 bis Sp. 6 Z. 10; Fig. 8b mit Sp. 8 Z. 44 bis 52). - 25 - Damit war die Verwendung rechteckiger Regionen, die je nach lokalem Detailgrad zumindest teilweise unterschiedliche Seitenverhältnisse aufweisen, für den Fach-mann naheliegend - Merkmal 1.1.3. Somit beruhen die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I und gemäß Hilfsantrag III nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Entsprechendes gilt für die jeweiligen nebengeordneten Ansprüche. 2.3. Einen eigenständigen erfinderischen Gehalt der jeweiligen Unteransprüche des Hauptantrags oder der Hilfsanträge I bis III, die jeweils als geschlossene An-spruchssätze gesehen werden, hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Ein sol-cher ist auch für den Senat nicht erkennbar. Das Streitpatent hat daher weder in der Fassung des Hauptantrags noch in einer der Fassungen der Hilfsanträge I, II und III Bestand. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 1 ZPO. Nach § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 265 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist ein Nebenintervenient, der dem Rechtsstreit auf der Seite des Beklagten als dessen Rechtsnachfolger beitritt, nicht als Streitgenosse des Beklagten anzu-sehen (vgl. BGH GRUR 2012, 149, 150 - Sensoranordnung) und hat daher nach Maßgabe des § 101 Abs. 1 ZPO nur die Kosten der Nebenintervention zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO. - 26 - V. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG statt-haft. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung - durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen. Die Berufungsschrift muss - die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie - die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) auf elektronischem Weg beim Bundes-gerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (www.bundesgerichtshof.de/erv.html). Guth Hartlieb Dr.Thum-Rung Dr. Forkel Hoffmann Pr

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