2 Ni 3/16 (EP) - 2. Senat (Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 253
08.05

BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES

2 Ni 3/16 (EP)
(Aktenzeichen)

URTEIL


Verkündet am
4. Mai 2017





In der Patentnichtigkeitssache




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betreffend das europäische Patent 1 225 618
(DE 601 26 055)

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Guth sowie der Richterin Hartlieb und der Richter Dipl.-Phys. Brandt,
Dipl.-Phys. Univ. Dr. rer. nat. Friedrich und Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Zebisch

für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 225 618 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig er-
klärt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreck-
bar.


T a t b e s t a n d

Die Nichtigkeitsklage betrifft das am 11. Juni 2001 in der Verfahrenssprache Eng-
lisch angemeldete, die Prioritäten GB 0014062, GB 1001048 und GB 1005227
vom 9. Juni 2000, 15. Januar 2001 bzw. 2. März 2001 beanspruchende und am
17. Januar 2007 mit der Patentschrift EP 1 225 618 B1 unter dem Titel „Mass
spectrometer and methods of mass spectrometry“ veröffentlichte europäische
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Patent 1 225 618, das in einem nachfolgenden Beschränkungsverfahren geändert
und am 18. Februar 2015 in geänderter Fassung als EP 1 225 618 B3 (Streitpa-
tent) veröffentlicht wurde. Die deutsche Übersetzung der geänderten Patentschrift
trägt die Publikationsnummer DE 601 26 055 T3. Das Streitpatent umfasst in sei-
ner geltenden Fassung 66 Ansprüche, von denen die Ansprüche 2 bis 50 direkt
oder indirekt auf das Massenspektrometrieverfahren nach Anspruch 1 rückbezo-
gen sind und die Ansprüche 52 bis 66 direkt oder indirekt auf das Massenspekt-
rometer nach Anspruch 51 rückbezogen sind.
Die Ansprüche 1 und 51 des Streitpatents lauten gemäß der im Beschränkungs-
verfahren vorgelegten Fassung in der Verfahrenssprache Englisch und in deut-
scher Übersetzung:
Anspruch 1 in der Verfahrenssprache Englisch:
A method of mass spectrometry comprising the steps of:
(a) providing an ion source (1) for generating ions, transmitting ions by an ion
guide (2) and passing ions from the ion guide (2) via an interchamber orifice
(7) into a vacuum chamber (8), and then
(b) passing said ions having multiple different mass to charge values to a
fragmentation means comprising a collision cell (4) forming a substantially
gas-tight enclosure into which a collision gas has been introduced;
(c) operating said fragmentation means in a first mode wherein at least a
portion of said ions are fragmented to produce daughter ions associated
with multiple parent ions of different mass to charge values which are
simultaneously present in the collision cell in the first mode;
(d) recording a mass spectrum of ions emerging from said fragmentation
means operating in said first mode as a high fragmentation mass spectrum
with multiple peaks;
(e) switching said fragmentation means to operate in a second mode wherein
substantially less ions are fragmented;
(f) recording a mass spectrum of ions emerging from said fragmentation
means operating in said second mode as a low fragmentation mass
spectrum with multiple peaks; and
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(g) repeating steps (c)-(f) a plurality of times without interrupting the acquisition
of data.

Anspruch 51 in der Verfahrenssprache Englisch mit eingefügter Gliederung:
A mass spectrometer comprising:
(a) an ion source (1);
(b) an ion guide (2);
(c) a vacuum chamber (8);
(d) an interchamber orifice (7) between the ion guide and vacuum chamber via
which ions pass in use from the ion guide (2) into the vacuum chamber (8);
(e) a collision cell (4) which receives ions after they have passed into the
vacuum chamber, the collision cell forming a substantially gas tight
enclosure;
(f) the mass spectrometer operable without mass filtering said ions;
(g) the collision cell (4) operable in a first mode wherein at least a portion of
said unfiltered ions are fragmented to produce daughter ions associated
with multiple parent ions of different mass to charge values and a second
mode wherein substantially less ions are fragmented; and
(h) a mass analyser;
characterised in that said mass spectrometer further comprises:
(i) a control system which, in use, repeatedly switches said collision cell (4)
back and forth between said first and said second modes without
interrupting the acquisition of data.
Anspruch 1 in deutscher Übersetzung:
Massenspektrometrieverfahren mit den Schritten:
(a) Bereitstellen einer Ionenquelle (1) zum Erzeugen von Ionen, Transmittieren
von Ionen mittels einer Ionenführung (2) und Führen bzw. Leiten von Ionen
von der Ionenführung (2) über eine Zwischenkammeröffnung (7) in eine
Vakuumkammer (8), und dann
(b) Führen bzw. Leiten von Ionen, die eine Vielzahl von unterschiedlichen
Masse-Ladungs-Werten aufweisen, zu Fragmentierungsmitteln mit einer
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Kollisionszelle (4), welche eine im wesentlichen gasdichte Umhausung
bildet, in welche ein Kollisionsgas eingeführt ist;
(c) Betreiben der Fragmentierungsmittel in einem ersten Modus, wobei
wenigstens ein Anteil der Ionen fragmentiert wird, um Tochterionen zu
produzieren, die mit einer Vielzahl von Ausgangsionen mit
unterschiedlichen Masse-Ladungs-Werten, die gleichzeitig in der
Kollisionszelle in dem ersten Modus anwesend sind, assoziiert sind;
(d) Aufzeichnen eines Massenspektrums von Ionen, die aus den
Fragmentierungsmitteln, die im ersten Modus arbeiten, austreten, als ein
Hochfragmentierungs-Massenspektrum mit einer Vielzahl von Peaks;
(e) Umschalten der Fragmentierungsmittel, um in einem zweiten Modus zu
arbeiten, in dem im wesentlichen weniger Ionen bzw. wesentlich weniger
Ionen fragmentiert werden;
(f) Aufzeichnen eines Massenspektrums von Ionen, die aus den
Fragmentierungsmitteln, die im zweiten Modus arbeiten, austreten, als ein
Niederfragmentierungs-Massenspektrum mit einer Vielzahl von Peaks;
(g) Mehrmaliges Wiederholen der Schritte (c) bis (f) ohne Unterbrechung der
Akquirierung von Daten.

Anspruch 51 in deutscher Übersetzung mit eingefügter Gliederung:
Massenspektrometer mit:
(a) einer Ionenquelle (1);
(b) einer Ionenführung (2)
(c) einer Vakuumkammer (8)
(d) einer Zwischenkammeröffnung (7) zwischen der Ionenführung und der
Vakuumkammer, über welche Ionen bei der Benutzung von der
Ionenführung (2) in die Vakuumkammer (8) passieren,
(e) einer Kollisionszelle (4), welche Ionen aufnimmt, nachdem sie in die
Vakuumkammer passiert sind, wobei die Kollisionszelle eine im
wesentlichen gasdichte Umhausung bildet,
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(f) wobei das Massenspektrometer ohne Massenfilterung der Ionen betreibbar
ist,
(g) wobei die Kollisionszelle in einem ersten Modus betreibbar ist, bei dem
wenigstens ein Teil der ungefilterten Ionen zur Erzeugung von
Tochterionen, die mit einer Vielzahl von Ausgangsionen von
unterschiedlichen Masse- Ladungs-Werten assoziiert sind, fragmentiert
werden, und in einem zweiten Modus, bei dem wesentlich weniger Ionen
fragmentiert werden;
(h) und einem Massenanalysator;
dadurch gekennzeichnet, dass das Massenspektrometer ferner aufweist:
(i) ein Steuerungs- bzw. Kontrollsystem, welches bei der Verwendung
wiederholt die Kollisionszelle (4) zwischen dem ersten und dem zweiten
Modus hin und herschaltet, ohne die Akquirierung von Daten zu
unterbrechen.

Hinsichtlich des Wortlauts der weiteren Patentansprüche 2 bis 50 und 52 bis 66
wird auf die Patentschrift EP 1 225 618 B3 (DE 601 26 055 T3) verwiesen.

Die Beklagte verteidigt das Streitpatent in vollem Umfang und hilfsweise mit den
Hilfsanträgen 1 bis 10.

Die Hilfsanträge 1 bis 4 enthalten jeweils Erzeugnis- und Verfahrensansprüche.
Die Hilfsanträge 5 bis 9 ergeben sich durch das Streichen der Erzeugnisansprü-
che jeweils aus dem Hauptantrag bzw. den Hilfsanträgen 1 bis 4, so dass mit den
Hilfsanträgen 5 bis 9 lediglich die Verfahren nach Hauptantrag bzw. nach den
Hilfsanträgen 1 bis 4 beansprucht werden. Auch Hilfsantrag 10 umfasst lediglich
Verfahrensansprüche. Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 sind dabei durch
Hinzunahme von Merkmalen zum Anspruch 1 des Hauptantrags entstanden, wo-
bei der Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 alle neu in die jeweiligen Ansprüche 1 der
vorhergehenden Hilfsanträge aufgenommenen Merkmale umfasst.

- 7 -
- Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 hat folgenden Wortlaut:
A method of mass spectrometry comprising the steps of:
(a) providing an electrospray ion source (1) for generating ions from
substances elutinq from a liquid chromatograph, transmitting ions by an ion
guide (2) selected from the group comprising: (i) a hexapole; (ii) a
quadrupole; (iii) an octapole; (iv) a plurality of ring electrodes having
substantially constant internal diameters; and (v) a plurality of ring
electrodes having substantially tapering internal diameters; and passing
ions from the ion guide (2) via an interchamber orifice (7) into a vacuum
chamber (8), and then
(b) passing said ions having multiple different mass to charge values to a
fragmentation means comprising a collision cell (4) forming a substantially
gas-tight enclosure into which a collision gas has been introduced;
(c) operating said fragmentation means in a first mode wherein at least a
portion of said ions are fragmented to produce daughter ions associated
with and fragmented from multiple parent ions of different mass to charge
values which are simultaneously present in the collision cell in the first
mode;
(d) recording, using an orthogonal acceleration time-of-flight mass analyser, a
mass spectrum of ions emerging from said fragmentation means operating
in said first mode as a high fragmentation mass spectrum with multiple
peaks;
(e) switching said fragmentation means to operate in a second mode wherein
substantially less ions are fragmented;
(f) recording, using said mass analyser, a mass spectrum of ions emerging
from said fragmentation means operating in said second mode as a low
fragmentation mass spectrum with multiple peaks; and
(g) repeating steps (c)-(f) a plurality of times without interrupting the acquisition
of data so that sequential high and low fragmentation mass spectra are
recorded; generating mass chromatograms for each of the daughter and
parent ions; and then cross-correlating daughter ions with parent ions by
- 8 -
comparing parent ion and daughter ion peaks in said mass chromatograms
using an automatic peak comparison software running on a computer in
order to associate daughter ions with parent ions based on closeness of fit
of their relative elution times.
- Der Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 6 basiert auf dem Anspruch 1 des
Hauptantrags (nicht unterstrichene Merkmale) und umfasst die nicht unterstriche-
nen Merkmale und zusätzlich die einfach unterstrichenen Merkmale des obigen
Anspruchs 1.
- Der Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 und 7 umfasst die Merkmale des An-
spruchs 1 des Hilfsantrags 1 und zusätzlich die doppelt unterstrichenen Merkmale.
- Der Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 8 umfasst die Merkmale des Hilfsan-
trags 2 und zusätzlich die punktiert unterstrichenen Merkmale.
- Der Anspruch 1 der Hilfsanträge 4 und 9 umfasst die Merkmale des Hauptan-
trags und zusätzlich lediglich die doppelt unterstrichenen Merkmale.
- Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 umfasst, wie bereits explizit dargestellt,
die Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 und zusätzlich die mit einer
Wellenlinie unterstrichenen Merkmale.
- Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 ist identisch zu Anspruch 1 des Hauptan-
trags, d. h. es handelt sich um den geltenden Anspruch 1 des Streitpatents.
Der auf ein Erzeugnis gerichtete nebengeordnete Anspruch 48 des Hilfsan-
trags 3 umfasst alle Merkmale des erteilten nebengeordneten Anspruchs 51 nach
Hauptantrag und des jeweiligen nebengeordneten Erzeugnisanspruchs der Hilfs-
anträge 1, 2 und 4
- Der unabhängige Anspruch 48 des Hilfsantrags 3 lautet mit einer Gliederung
versehen folgendermaßen:
- 9 -
An apparatus comprising a chromatograph and a mass spectrometer comprising:
(a) an ion source (1) for receiving substances eluting over a period of time from
said chromatograph;
(b) an ion guide (2) selected from the group comprising: (i) a hexapole; (ii) a
quadrupole; (iii) an octapole; (iv) a plurality of ring electrodes having
substantially constant internal diameters; and (v) a plurality of ring
electrodes having substantially tapering internal diameters;
(c) a vacuum chamber (8);
(d) an interchamber orifice (7) between the ion guide and vacuum chamber via
which ions pass in use from the ion guide (2) into the vacuum chamber (8);
(e) a collision cell (4) which receives ions after they have passed into the
vacuum chamber, the collision cell forming a substantially gas tight
enclosure;
(f) the mass spectrometer operable without mass filtering said ions;
(g) the collision cell (4) operable in a first mode wherein at least a portion of
said unfiltered ions are fragmented to produce daughter ions associated
with multiple parent ions of different mass to charge values and a second
mode wherein substantially less ions are fragmented;
(h) a orthogonal acceleration time-of-flight mass analyser; and
(i) a control system which, in use, repeatedly switches said collision cell (4)
back and forth between said first and said second modes without
interrupting the acquisition of data;
(j) the apparatus further comprising a computer provided with an automatic
peak comparison software program operable to cross-correlate daughter
ions with parent ions by comparing parent ion and daughter ion peaks in
mass chromatograms generated using the apparatus in order to associate
daughter ions with parent ions based on their relative elution times.

- Der Anspruch 48 des Hilfsantrags 1 basiert auf dem Anspruch 51 des
Hauptantrags und umfasst die nicht unterstrichenen Merkmale und zusätzlich die
einfach unterstrichenen Merkmale des obigen Anspruchs 48.
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- Der Anspruch 48 des Hilfsantrags 2 umfasst die Merkmale des Anspruchs 1
des Hilfsantrags 1 und zusätzlich das doppelt unterstrichene Merkmal.

- Der Anspruch 48 des Hilfsantrags 3 umfasst die Merkmale des Hilfsantrags 2
und zusätzlich die punktiert unterstrichenen Merkmale.

- Der Anspruch 51 des Hilfsantrags 4 basiert auf dem Anspruch 51 des
Hauptantrags und umfasst die nicht unterstrichenen Merkmale und zusätzlich
lediglich das doppelt unterstrichene Merkmal des obigen Anspruchs.

Die Klägerin begründet die Klage mit dem Nichtigkeitsgrund der fehlenden Pa-
tentfähigkeit, insbesondere der fehlenden Neuheit. Schriftsätzlich hat die Klägerin
die weiteren Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit sowie der unzu-
lässigen Erweiterung inbesondere hinsichtlich der Hilfsanträge geltend gemacht.

Sie stützt ihr Vorbringen auf die nachstehend genannten Dokumente:

HLNK1 urspr. Streitpatentschrift EP 1 225 618 B1
HLNK1a DE 601 26 055 T2 als deutsche Übersetzung der ursprünglichen Streit-
patentschrift
HLNK2 geänderte Streitpatentschrift EP 1 225 618 B3 (Streitpatent)
HLNK2a DE 601 26 055 T3 als deutsche Übersetzung der geänderten
Streitpatentschrift
HLNK3 EP 1 225 618 A2 (Offenlegungsschrift der Anmeldung)
HLNK3b ursprünglich eingereichte Beschreibung des Streitpatents als Ergän-
zung zur Offenlegungsschrift EP 1 225 618 A2
HLNK4 Registerauszug über das Streitpatent vom 24. November 2015
HLNK5 Merkmalsanalyse der nebengeordneten Ansprüche 1 und 51
HLNK6 Josephs, Characterization of Over-the-counter Cough/Cold Medications
by Liquid Chromatography/Electrospray Mass Spectrometry, Rapid
Communications in Mass Spectrometry, Bd. 9, 1270-1274, 1995
HLNK7 Haller, Mirza, Chait, Collision Induced Decomposition of Peptides.
- 11 -
Choice of Collision Parameters, J Am Soc Mass Spectrom 1996, 677-
681, 1996
HLNK8 Bruins, Covey, Henion, Ion Spray Interface for Combined Liquid
Chromatography/Atmospheric Pressure lonization Mass Spectrometry,
Analytical Chemistry, Bd. 59, Nr. 22, 2642-2646, 1987
HLNK9 US 5 206 508 A
HLNK10 US 6 011 259 A
HLNK11a Prioritätsdokument GB 0014062 des Streitpatents (9. Juni 2000)
HLNK11b Prioritätsdokument GB 0101048 des Streitpatents (15. Januar 2001)
HLNK11c Prioritätsdokument GB 0105227 des Streitpatents (2. März 2001)
HLNK12 EP 1 638 133 A2 als Offenlegungsschrift einer Teilungsanmeldung zum
Streitpatent
HLNK13 Abschrift des Beschränkungsantrages der Patentinhaberin an das EPA
vom 11. Dezember 2013
HLNK14 Bogusz et al., „Poor reproducibility of in-source collisional atmospheric
pressure ionization mass spectra of toxicologically relevant drugs”,
Journal of Chromotography A, 844 (1999) 409-418
HLNK15 Mc Luckey, „Principles of Collisional Activation in Analytical Mass Spec-
tronomy“, J Am Soc Mass Spectrom 1992, 599-614
HLNK16 EP 0 898 297 A2
HLNK17 Watson, „Introduction to mass spectronomy, 3. Aufl., 1997, Kapitel 14
und 20, Appendix, Subject Index
HLNK18 Hoffman et al., „Bioprospecting for Taxol in Angiosperm Plant Extracts“,
Spectroscopy 13(8), S. 22-32
HLNK19 Yu et al., „Identification of In Vitro Metabolites of Indinavir by „Intelligent
Automated LC-MS/MS“ (INTAMS) Utilizing Triple Quadruple Tandem
Mass Spectrometry”, J Am Soc Mass Spectrom 1999, 10, 175-183
HLNK20 Barofsky, „Mass Spectrometric Analyses in Agriculture and Natural
Product Research“, Brazilian Journal of Physics, volume 29, number 3,
September 1999
HLNK21 Watson, „Introduction to Mass Spectrometry, 3. Aufl., 1997, Kapitel 5
betreffend MS/MS
- 12 -
HLNK22 WO 99/58951 A1
HLNK23 US 5 969 228 A
HLNK24 Borchers et al., Preliminary comparison of precursor scans and liquid
chromatography-tandem mass spectrometry on a hybrid quadrupole
time-of-flight mass spectrometer”, J. Chromatogr. A 854 (1999), 119-
130
HLNK25 Stein, „An Integrated Method for Spectrum Extraction and Compound
Identification from Gas Chromatography/Mass Spectrometry Data“, J
Am Soc Mass Spectrom 1999, 770-781
HLNK26 „Method 8260B: Volatile Organic Compounds by Gas Chromatog-
raphy/Mass Spectrometry (GC/MS)” CD-ROM, 8260B-1, 8260B-14 bis
8260B-24, 8260B-37 bis 8260B-40, Revision 2, December 1996.

Die Klägerin macht geltend, die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und
51 seien gegenüber den Druckschriften HLNK6, HLNK7, HLNK8, HLNK9 und
HLNK10 nicht neu. Außerdem fehle es den Patentansprüchen 1 und 51 an einer
erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Druckschrift HLNK6 in Verbindung mit den
Druckschriften HLNK14 und HLNK15; HLNK7 in Verbindung mit HLNK24 oder
HLNK16; HLNK9 in Verbindung mit HLNK16, ausgehend von HLNK8 in Verbin-
dung mit HLNK17, HLNK18 bzw. HLNK19. Die Zusatzmerkmale der abhängigen
Ansprüche 35 bis 37 seien aus dem Stand der Technik gemäß den Druckschriften
HLNK6, HLNK7, HLNK8, HLNK9 und HLNK10 bzw. HLNK18, HLNK20, HLNK21,
22, 23 bekannt oder durch diesen nahegelegt bzw. beruhten auf fachmännischem
Handeln. Außerdem könne das Streitpatent die Priorität der Voranmeldungen nicht
beanspruchen, da diesen die Angabe „ohne Unterbrechung der Akquirierung von
Daten“, die im Beschränkungsverfahren in den Anspruch 1 aufgenommen worden
war, nicht unmittelbar und eindeutig entnommen werden könne. Daher nehme die
Teilanmeldung HLNK12, die die Priorität zu Recht in Anspruch nehme, die Ge-
genstände der Ansprüche 1 und 51 neuheitsschädlich vorweg (poisonous divisio-
nal).

- 13 -
Die Hilfsanträge enthielten unzulässige Erweiterungen, sie offenbarten die Erfin-
dung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne
und sie seien gegenüber dem bereits erläuterten Stand der Technik ebenfalls nicht
patentfähig.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das europäische Patent 1 225 618 mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise unter Klageabweisung im Übrigen das europäische
Patent 1 225 618 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundes-
republik Deutschland dadurch teilweise für nichtig zu erklären,
dass seine Ansprüche die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 9
vom 20. März 2017 sowie Hilfsantrag 10 vom 28. April 2017, in
dieser Reihenfolge, erhalten.

Die Beklagte erklärt, dass sie die geltenden Patentansprüche und die Patentan-
sprüche gemäß den Hilfsanträgen jeweils als geschlossene Anspruchssätze an-
sieht, die sie jeweils in ihrer Gesamtheit beansprucht.

Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin in allen wesentlichen Punkten
entgegen. Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 51 seien gegen-
über dem vorgelegten Stand der Technik neu und beruhten auch auf einer erfinde-
rischen Tätigkeit. Insbesondere gebe keine der Druckschriften, die unterschiedli-
che Funktionsprinzipien beträfen, einen Hinweis bezüglich des erfindungswesent-
lichen Merkmals, in einem einzigen Experiment durch eine Variation der Fragmen-
tierungsenergie in einer im Wesentlichen ungefiltert befüllten Kollisionszelle sämt-
liche Ausgangs- und Tochterionen zu jedem Zeitpunkt zu erfassen. Jedenfalls
- 14 -
aber seien die Ansprüche der Hilfsanträge neu und für den Fachmann nicht nahe-
liegend.

Die Beklagte hat zur Stützung ihrer Argumentation auf folgende Druckschriften
hingewiesen

W1 de Hoffmann: „Tandem Mass Spectrometry: a Primer“, Journal of Mass
Spectrometry, Vol. 31, 129-137 (1996)
W2 Chapmann (ed.): Methods in Molecular Biology, Mass Spectrometry of Pro-
teins and Peptides, Humanna Press, Totowa, New Jersey, 2000, S. 17-26.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit, und hin-
sichtlich der Ansprüche gem. den Hilfsanträgen der mangelnden Ausführbarkeit
aufgrund nicht hinreichend klarer Offenbarung der Lehre sowie der unzulässigen
Erweiterung des Streitpatents (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138
Abs. 1 lit. a) EPÜ, Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 2 IntPatÜG, Artikel 138 Ab-
satz 1 lit. b) EPÜ, Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG, Artikel 138 Ab-
satz 1 lit. c) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ) geltend ge-
macht werden, ist zulässig.

Sie ist auch begründet. Das Streitpatent hat weder in der beschränkten Fassung
nach Hauptantrag noch in der Fassung eines der Hilfsanträge Bestand, da dem
Gegenstand des Patents in der beschränkten Fassung und in der Fassung der
Hilfsanträge 1 bis 10 der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit entge-
gensteht. Die darüber hinaus geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der mangeln-
den Ausführbarkeit sowie der unzulässigen Erweiterung bedürfen daher keiner
weiteren Prüfung.
- 15 -
Denn die Gegenstände des unabhängigen Patentanspruchs 51 nach Hauptantrag,
der unabhängigen Ansprüche 48 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 und des unab-
hängigen Anspruchs 51 nach Hilfsantrag 4 werden dem Fachmann durch die
Druckschrift HLNK16 ggf. in Verbindung mit der Druckschrift HLNK26 nahegelegt.
Im Hinblick auf die Hilfsanträge 5 bis 10 ergeben sich die Massenspektrometrie-
verfahren der jeweiligen Ansprüche 1 für den Fachmann in naheliegender Weise
durch die Druckschrift HLNK16 in Verbindung mit der Druckschrift HLNK6.


I.

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung für die Massen-
spektrometrie.

Vorrichtungen zur Massenspektrometrie bestehen üblicherweise aus einer Ionen-
quelle, in der die zu analysierende Substanz bspw. durch Elektronenstoßionisation
oder chemische Ionisation ionisiert wird, einem Analysator, in dem die Ionen in
Abhängigkeit von ihrem Masse/Ladungs-Verhältnis 𝑚 𝑞⁄ bzw.
𝑚
𝑧⁄ getrennt wer-
den, und einem Detektor zur Detektion der separierten Ionen. Für die einzelnen
Bauteile gibt es zahlreiche Varianten, wobei als Analysator häufig Quadrupol-,
Flugzeit- und Tandem-Massenspektrometer eingesetzt werden.

Bei einem Quadrupol-Massenspektrometer sind vier rundstabförmige Elektroden
parallel zueinander und im gleichen Abstand von der Symmetrieachse angeord-
net, wobei sich die jeweils gegenüberliegenden zwei Elektroden auf gleichem Po-
tential befinden und zwischen den Elektrodenpaaren eine Hochfrequenzspannung
mit überlagerter Gleichspannung angelegt wird. Aufgrund des räumlich inhomoge-
nen und zeitlich veränderlichen elektrischen Felds werden die Ionen, die zuvor
durch ein statisches elektrisches Feld beschleunigt und entlang der Symmetrie-
achse in das Massenspektrometer eingebracht wurden, in Abhängigkeit von ihrem
Masse/Ladungs-Verhältnis auf unterschiedliche Flugbahnen gezwungen, so dass
eine Selektierung nach ihrem Masse/Ladungs-Verhältnis stattfindet und jeweils
- 16 -
nur Teilchen mit einem definierten Masse/Ladungs-Verhältnis das Feld durchlau-
fen können. Durch Ändern der angelegten Spannung lässt sich das durchgelas-
sene Masse/Ladungs-Verhältnis in einem weiten Bereich durchfahren, und es
können entsprechende Spektren aufgenommen werden.

Demgegenüber basiert ein Flugzeitmassenspektrometer auf dem Prinzip, dass
Ionen, die beim Eintritt in den Analysator alle die gleiche Energie aufweisen, je
nach ihrer Masse unterschiedliche Geschwindigkeiten haben, so dass leichte Io-
nen schneller sind als schwere Ionen und den Detektor eher erreichen als
schwere Ionen.

Tandem-Massenspektrometer zeichnen sich dadurch aus, dass zwei oder mehr
Massenspektrometer nacheinander, sozusagen als Tandem, angeordnet sind und
dazwischen eine Kollisionszelle vorhanden ist, in der die Ionen durch Stöße mit
einem Inertgas, bspw. N2 oder Ar Energie in andere Ionen aufgespalten werden,
die dann im nachgeschalteten Massenspektrometer und Detektor analysiert wer-
den können. Dabei werden die in das erste Massenspektrometer eingebrachten
Ionen als Ausgangs-, Eltern-, Vorgänger- oder Stammionen bezeichnet und die in
der Kollisionszelle weiter aufgespaltenen, d. h. fragmentierten Ionen als Tochter-
oder Produktionen.

Sind komplexe Proben zu analysieren, ist dem Tandem-Massenspektrometer ein
Chromatograph vorgeschaltet, in dem die Probe vor dem Einbringen in das Tan-
dem-Massenspektrometer in einzelne chemische Bestandteile aufgetrennt wird.

Als Tandem-Massenspektrometer werden häufig sog. Triple-Quadrupol-Massen-
spektrometer mit drei nacheinander angeordneten Quadrupolen eingesetzt, wobei
der mittlere die Funktion der Kollisionszelle hat. Dazu enthält er ein Inertgas als
Kollisionsgas und zusätzlich wird er nur mit angelegter Hochfrequenzspannung,
aber ohne überlagerte Gleichspannung betrieben, so dass alle Ionen passieren
können, aber gleichzeitig durch Stöße mit dem Inertgas in Tochterionen fragmen-
- 17 -
tiert werden. Gleichzeitig erfolgt eine Fokussierung des Ionenstrahls durch das
Wechselfeld.

Bei einer ebenfalls üblichen Variante wird das dritte Quadrupol-Massenspektro-
meter durch ein Flugzeitmassenspektrometer ersetzt.

Tandem-Massenspektrometer können auf unterschiedliche Weise betrieben wer-
den, von denen der sog. Elternscan (bzw. Vorgänger- oder Stammionenscan) und
der Tochterscan (bzw. Produktionenscan) die üblichsten Spektrometrieverfahren
sind.

Beim Elternscan wird das letzte Massenspektrometer als Massenfilter eingesetzt,
das lediglich Ionen mit einem vorgegebenen 𝑚 𝑧⁄ –Verhältnis passieren lässt, wäh-
rend mit dem ersten Massenspektrometer ein vorgegebener 𝑚 𝑧⁄ -Bereich der El-
ternionen durchfahren bzw. durchgescannt wird. Ist bspw. das letzte Massen-
spektrometer so eingestellt, dass lediglich Ionen mit 𝑚 𝑧⁄ = 77 durchgelassen
werden, dann kann durch das Scannen des ersten Massenspektrometers dieses
Tochterion bestimmten Elternionen zugeordnet werden.

Beim Tochterscan (Produktionenscan) wird hingegen das erste Massenspektro-
meter als Massenfilter eingesetzt, das lediglich Ionen mit einem vorgegebenen
𝑚
𝑧⁄ –Verhältnis passieren lässt, während mit dem letzten Massenspektrometer
ein vorgegebener 𝑚 𝑧⁄ -Bereich der Tochterionen durchgescannt wird. D. h. das
erste Massenspektrometer können lediglich Elternionen mit einem 𝑚 𝑧⁄ –Verhältnis
von bspw. 288 passieren. Diese werden anschließend in der Kollisionszelle in
Tochterionen fragmentiert, und beim Scannen des letzten Massenspektrometers
werden dann deren 𝑚 𝑧⁄ –Verhältnisse bestimmt, wobei sich bspw. Peaks bei
𝑚
𝑧⁄
–Verhältnissen von 85, 127, 144 und 229 ergeben. Diese Tochterionen können
dann dem zuvor selektierten Elternion zugeordnet werden.

Beide Scanverfahren lassen sich auch miteinander kombinieren. Wenn bspw. be-
reits bekannt ist, dass ein bestimmtes Tochterion charakteristisch ist für die Frag-
- 18 -
mentation bestimmter Elternionen, kann in einem ersten Schritt ein Elternscan für
das entsprechende Tochterion durchgeführt werden, wodurch sich die Elternionen
zu diesem Tochterion bestimmen lassen. Im zweiten Schritt erfolgt dann ein kom-
pletter Tochterscan für jedes dieser Elternionen.

Sowohl beim Eltern- als auch beim Tochterscan befinden sich in der Kollisions-
zelle nur Ionen mit einem vorgegebenen 𝑚 𝑧⁄ –Verhältnis, denn auch beim Eltern-
scan werden zum jeweiligen Messzeitpunkt lediglich Ionen eines bestimmten 𝑚 𝑧⁄
–Verhältnisses in die Kollisionszelle eingeleitet. Folglich ist ein solches kombi-
niertes Verfahren sehr ineffizient, da beim Scannen des 𝑚 𝑧⁄ –Verhältnis der
größte Anteil der Ionen blockiert wird und für die Messung nicht zur Verfügung
steht. Darüber hinaus ist bei kombinierten Chromatographie- und Tandem-Mas-
senspektrographieverfahren die erzielbare zeitliche Auflösung durch das Scannen
u. U. zu gering, um sehr schmale chromatographische Peaks noch detektieren zu
können, vgl. Abs. [0001] bis [0012] des Streitpatents HLNK2.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem sinnge-
mäß die Aufgabe zugrunde, ein Massenspektrometer bzw. ein Massenspektromet-
rieverfahren bereitzustellen, bei denen die in das Spektrometer eingeführten Ionen
effizienter für die Messungen genutzt werden und die Empfindlichkeit der Messun-
gen insbesondere in Verbindung mit Chromatographieanwendungen gesteigert ist,
vgl. Abs. [0013] des Streitpatents HLNK2.

2. Gelöst wird diese Aufgabe durch das Massenspektrometrieverfahren nach
Anspruch 1 und das Massenspektrometer nach Anspruch 51.

Das Massenspektrometrieverfahren des Anspruchs 1 zeichnet sich dadurch aus,
dass mittels einer Ionenführung Ionen einer Ionenquelle in das Massenspektro-
meter transmittiert, danach von der Ionenführung über eine Zwischenkammeröff-
nung in eine Vakuumkammer geführt und dann zu den eine Kollisionszelle umfas-
senden Fragmentierungsmitteln geführt werden, wobei die Kollisionszelle eine im
Wesentlichen gasdichte Umhausung bildet und die Ionen eine Vielzahl von unter-
- 19 -
schiedlichen Masse-Ladungs-Werten aufweisen. Die Kollisionszelle wird dabei in
einem ersten Modus, in dem wenigstens ein Anteil der darin befindlichen Ionen
fragmentiert wird, betrieben, um Tochterionen zu produzieren, die mit einer Viel-
zahl von Ausgangsionen mit unterschiedlichen Masse-Ladungs-Werten, die
gleichzeitig in der Kollisionszelle in dem ersten Modus anwesend sind, assoziiert
sind, und es wird ein Massenspektrum von aus den im ersten Modus betriebenen
Fragmentierungsmitteln austretenden Ionen als Hochfragmentierungs-Massen-
spektrum mit einer Vielzahl von Peaks aufgezeichnet. Zudem werden die Frag-
mentierungsmittel umgeschaltet, um in einem zweiten Modus zu arbeiten, in dem
wesentlich weniger Ionen fragmentiert werden, und es wird ein Massenspektrum
von aus den im zweiten Modus betriebenen Fragmentierungsmitteln austretenden
Ionen als Niederfragmentierungs-Massenspektrum mit einer Vielzahl von Peaks
aufgezeichnet. Dieses Ansteuern der Fragmentierungsmittel und Aufnehmen der
Spektren wird mehrmals wiederholt, ohne dabei die Datenakquirierung zu unter-
brechen.

Das Massenspektrometer nach Anspruch 51 ist so ausgebildet, dass mit ihm das
Spektrometrieverfahren nach Anspruch 1 durchgeführt werden kann, vgl. Fig. 1
des Streitpatents.

- 20 -
Wesentlich für das Massenspektrometer des Anspruchs 51 ist dabei,
i. dass es, wie in obiger Fig. 1 des Streitpatents gezeigt, (a) eine Ionenquelle 1,
(b) eine Ionenführung 2, (c) eine Vakuumkammer 8, (d) eine Zwischenkam-
meröffnung 7 zwischen der Ionenführung und der Vakuumkammer, über wel-
che im Betrieb die Ionen von der Ionenführung in die Vakuumkammer gelan-
gen, (e) eine Kollisionszelle 4, in welche die Ionen nach ihrem Eintritt in die
Vakuumkammer gelangen, (h) einen Massenanalysator 5 und (i) ein Steue-
rungs- bzw. Kontrollsystem umfasst, eine Ionenquelle, eine Ionenführung,
eine Vakuumkammer, eine Zwischenkammeröffnung zwischen der Ionenfüh-
rung und der Vakuumkammer, eine Kollisionszelle, einen Massenanalysator
und ein Steuerungs- bzw. Kontrollsystem aufweist,
ii. dass die Kollisionszelle nach Merkmal (e) eine im Wesentlichen gasdichte
Umhausung bildet und
iii. dass das Massenspektrometer nach Merkmal (f) ohne Massenfilterung der
Ionen betreibbar ist,
iv. dass nach Merkmal (g) die Kollisionszelle in zwei unterschiedlichen Modi be-
treibbar ist, nämlich in einem ersten Modus, bei dem wenigstens ein Teil der
ungefilterten Ionen zur Erzeugung von Tochterionen, die mit einer Vielzahl
von Ausgangsionen von unterschiedlichen Masse-Ladungs-Werten assoziiert
sind, fragmentiert werden, und in einem zweiten Modus, bei dem wesentlich
weniger Ionen fragmentiert werden, und
v. dass nach Merkmal (i) die Kollisionszelle im Betrieb zwischen dem ersten
und dem zweiten Modus hin und herschaltet, ohne die Akquirierung von Da-
ten zu unterbrechen.

Zur Erläuterung des im Streitpatent beschriebenen Massenspektrometrieverfah-
rens wird im Folgenden auf die Figuren 3 bis 5 des Streitpatents eingegangen. So
ist in der nachfolgend wiedergegebenen Fig. 3a des Streitpatents als Beispiel ein
im ersten Modus aufgenommenes Hochfragmentierungs-Massenspektrum einer
aus einem Flüssigkeitschromatographen stammenden Probe gezeigt und in
Fig. 3b ein in geringem zeitlichen Abstand im zweiten Modus aufgenommenes
Niederfragmentierungs-Massenspektrum, bei dem zusätzlich das erste Massen-
- 21 -
spektrometer (3) als Massenfilter eingestellt war und nur Ionen mit einem Masse-
Ladungswert größer als 350 in die Kollisionszelle durchgelassen wurden.

Im in Fig. 3b dargestellten Niederfragmentierungs-Massenspektrum bzw. Stamm-
ionenspektrum gibt es mehrere Peaks hoher Intensität, z. B. bei 418,7724 und
568,7813, die im entsprechenden Hochfragmentierungs-Massenspektrum bzw.
Tochterionenspektrum gemäß Fig. 3a eine beträchtlich geringere Intensität besit-
zen. Diese Peaks können deshalb als die Stammionen identifiziert werden.
Ebenso können die Ionen, die im Tochterionenspektrum der Fig. 3a intensiver als
im Stammionenspektrum sind, oder die im Stammionenspektrum der Fig. 3b auf
Grund des Betriebs eines Massenfilters stromaufwärts der Kollisionszelle nicht
vorhanden sind, als Tochterionen erkannt werden, d. h. im konkreten Beispiel der
Fig. 3b sind alle Ionen mit einem Masse-Ladungs-Wert

- 22 -
Die Fig. 4a bis e zeigen jeweils Massenchromatogramme, bei denen die Ionenin-
tensität gegen die Erfassungszeit graphisch dargestellt ist, und zwar am Beispiel
von drei Stamm- und zwei Tochterionen (Fig. 4a, b, c sowie Fig. 4d, e) mit Stam-
mionen-Masse-Ladungs-Verhältnissen von 406,2 (MC1;), 418,7 (MC2) und 568,8
(MC3), vgl. auch Fig. 3b, und mit Tochterionen-Masse-Ladungs-Verhältnissen von
136,1 (MC4, MC5;) und 120,1 (MC6), vgl. Fig. 3a.

Aus dem Vergleich der Kurven ergibt sich, dass der Stammionen-Peak MC1 gut
mit dem Tochterionen-Peak MC5 korreliert ist, d. h. das Stammion mit 𝑚 𝑧⁄ =
406,2 wurde in ein Tochterion mit 𝑚 𝑧⁄ = 136,1 fragmentiert. In ähnlicher Weise
korrelieren die Stammionen-Peaks MC2 und MC3 gut mit den Tochterionen-Peaks
MC4 und MC6, wobei es in diesem Fall jedoch schwierig ist, die Stammionen und
Tochterionen einander zuzuordnen.
- 23 -

Dazu ist eine genauere Kurvenauswertung nötig, bei der wie in Fig. 5 gezeigt die
einzelnen Kurven 4a bis 4e übereinander gelegt werden.
- 24 -

Daraus ist ersichtlich, dass das Stammion MC2 und das Tochterion MC4 gut kor-
reliert sind und das Stammion MC3 gut mit dem Tochterion MC6, woraus folgt,
dass die Stammionen mit 𝑚 𝑧⁄ = 418,7 in Tochterionen mit
𝑚
𝑧⁄ = 136,1 und die
Stammionen mit 𝑚 𝑧⁄ = 568,8 in Tochterionen mit
𝑚
𝑧⁄ = 120,1 fragmentiert wur-
den. Diese Kreuzkorrelation der Massenchromatogramme ermöglicht somit eine
Zuordnung von Stamm- und Tochterionen.

Die Ansprüche 1 und 51 sind, da sie nicht auf das Ausführungsbeispiel be-
schränkt sind, in mehrfacher Weise erklärungsbedürftig.

(1) Hinsichtlich des Begriffs „Ionenführung“ in Merkmal (a) des Anspruchs 1 bzw. Merkmal (b) des
Anspruchs 51 führt die Patentinhaberin in ihrer Klageerwiderung vom 27. Mai 2016 auf Seite 4,
vorletzter Absatz bis Seite 5, erster Absatz aus, dass der Fachmann unter diesem Begriff kein ein-
faches Rohr verstehe, sondern eine ionenoptische Einrichtung, die, wie in den Abs. [0034] und
[0035] des Streitpatents erläutert, mittels elektromagnetischer Felder die Ionen führe. Diese enge
Auslegung des Begriffs „Ionenführung“ durch die Patentinhaberin ist jedoch nicht gerechtfertigt,
denn der allgemeine Begriff „Ionenführung“ gibt lediglich an, dass mit dieser Vorrichtung Ionen
geführt werden, aber nicht, dass dies mit elektromagnetischen Mitteln geschieht.

(2) Gemäß den Merkmalen (a) und (b) des Anspruchs 1 werden die Ionen von der Ionenquelle (1) zu-
nächst mittels eines Ionenleiters (2) weitergeleitet. Danach werden die aus dem Ionenleiter aus-
- 25 -
tretenden Ionen durch eine Zwischenkammeröffnung in eine Vakuumkammer geleitet und dann
zu Fragmentierungsmitteln mit einer Kollisionszelle geführt, welche eine im Wesentlichen gas-
dichte Umhausung bildet. Dies bedeutet, dass die Ionen nach dem Ionenleiter zunächst durch eine
Zwischenkammeröffnung ins Vakuum gelangen und dann von dort durch eine weitere Öffnung in
die ansonsten bis auf weitere kleine Öffnungen, wie die Austrittsöffnung, gasdichte Kollisions-
zelle gelangen, was auch so in Figur 1 des Streitpatents gezeigt ist, wonach die Ionen vom Io-
nenleiter (2) durch die Zwischenkammeröffnung (7) zunächst in die Vakuumkammer und dann
durch eine weitere, nicht gezeigte Öffnung, in die Kollisionszelle (4) mit der im Wesentlichen
gasdichten Umhausung gelangen. Demnach ist die gasdichte Umhausung der Kollisionszelle
nicht mit der Vakuumkammer gleichzusetzen.

(3) Im zweiten Modus sollen entsprechend Merkmal (c) des Anspruchs 1
wesentlich weniger Ionen als im ersten Modus fragmentiert werden. Folglich kann
der zweite Modus so durchgeführt werden, dass entweder gar keine Fragmentie-
rung (Kollisionsspannung von 0V, vgl. Abs. [0038] des Streitpatents) oder zumin-
dest eine um einen gewissen Wert geringere Fragmentierung als im ersten Modus
erfolgt.

(4) Nach Merkmal (b) des Anspruchs 1 werden Ionen, die eine Vielzahl von
unterschiedlichen Masse-Ladungswerten aufweisen, zur Kollisionszelle geführt
und nach Merkmal (c) werden die Fragmentierungsmittel in einem ersten Modus
betrieben, wobei wenigstens ein Anteil der Ionen fragmentiert wird. Gemäß der
nachfolgenden Zweckangabe soll dieser Verfahrensschritt dazu geeignet sein, um
Tochterionen zu produzieren, die mit einer Vielzahl von Ausgangsionen mit unter-
schiedlichen Masse-Ladungs-Werten, die gleichzeitig in der Kollisionszelle in dem
ersten Modus anwesend sind, assoziiert sind. Demnach müssen die Tochterionen
im ersten Modus nicht tatsächlich produziert werden, da der entsprechende Ver-
fahrensschritt nur die diesbezügliche Eignung haben muss. Darüber hinaus kommt
durch die breite Formulierung „dass die Tochterionen mit einer Vielzahl von Aus-
gangsionen von unterschiedlichen Masse-Ladungs-Werten assoziiert sind“ nicht
zum Ausdruck, dass die in diesem Modus erzeugten Ionen Tochterionen der Aus-
gangsionen sind, sondern dieser Begriff besagt lediglich, dass diese Tochterionen
in irgendeiner Weise mit den Ausgangsionen unterschiedlicher 𝑚 𝑧⁄ –Werte in der
Kollisionszelle assoziiert sind, was aber bspw. bereits dadurch gewährleistet ist,
dass sie in der gleichen Kollisionszelle waren und folglich immer mit den anderen
Ionen in der Kollisionszelle assoziiert sind.

- 26 -
(5) Der Begriff „Vielzahl“ ist hinsichtlich der Frage, ab welcher Anzahl eine Viel-
zahl von Ionen vorliegt, ebenfalls anhand der Beschreibung auszulegen. So zeigt
Fig. 3b zwar ein Spektrum mit einer zweistelligen Anzahl von Intensitätsmaxima,
doch wird in Abs. [0033] der Beschreibung auch darauf hingewiesen, dass bei
dem beanspruchten Massenspektrometrieverfahren der vor der Kollisionszelle
angeordnete Quadrupol als Bandpass-Massenfilter eingesetzt werden kann, was
die Anzahl von gleichzeitig in der Kollisionszelle anwesenden Ausgangsionen ggf.
deutlich verringert. Zusätzlich ist bspw. in den Abs. [0030] bis [0032] angegeben,
dass in die Ionenquelle ein Eluat eingebracht wird, das zuvor mittels Flüssigkeits-
chromatographie, Kapillarelektrophorese oder Gaschromatographie aus einer
Mischung abgetrennt worden ist. Auch dadurch wird die Anzahl von gleichzeitig in
der Kollisionszelle anwesenden Ausgangsionen deutlich verringert, vgl. bspw. die
Druckschrift HLNK6. Somit kommt durch den Begriff „Vielzahl“ lediglich zum Aus-
druck, dass zwei oder mehr Ionen mit unterschiedlichen Masse-Ladungswerten
zur Kollisionszelle geführt werden bzw. im ersten Hochfragmentierungs-Modus in
der Kollisionszelle gleichzeitig anwesend sind. Auch wenn das Massenspektro-
meter gemäß Merkmal (f) ohne Massenfilterung der Ionen betreibbar ist, besagt
der Anspruchswortlaut somit lediglich, dass zwei oder mehr Ionen mit unterschied-
lichen Masse-Ladungswerten zur Kollisionszelle geführt werden bzw. im ersten
Hochfragmentierungs-Modus in der Kollisionszelle gleichzeitig anwesend sind.

(6) Nach Merkmal (g) erfolgt ein mehrmaliges Wiederholen der Schritte (c) bis (f)
ohne Unterbrechung der Akquirierung von Daten, wobei hinsichtlich des zeitlichen
Ablaufs aus den Merkmalen (c) bis (f) nur hervorgeht, dass Schritt (d) nach Schritt
(c) erfolgt, so dass von Anspruch 1 bspw. auch Verfahren umfasst werden, bei
denen erst die Schritte (c) und (d) wiederholt werden und danach die Schritte (e)
und (f) mehrfach durchgeführt werden, oder bei denen die Schritte (e) und (f) vor
den Schritten (c) und (d) erfolgen.

3. Die Lösungen nach den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 und 10
präzisieren das Massenspektrometrieverfahren nach Anspruch 1 des Hauptan-
trags, wobei die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1, 2, 3 und 10 aufeinander auf-
- 27 -
bauen und sich aus dem Anspruch 1 des Hauptantrags durch sukzessive Auf-
nahme von Zusatzmerkmalen ergeben, wohingegen in Anspruch 1 des Hilfsan-
trags 4 lediglich die zusätzliche Angabe aufgenommen wurde, dass die Hoch- und
Niederfragmentierungs-Massenspektren mit einem Orthogonalbeschleunigungs-
Flugzeit-Massenanalysator aufgenommen werden.

Die Vorrichtungen der unabhängigen Ansprüche 48 der Hilfsanträge 1 bis 3
bzw. des unabhängigen Anspruchs 51 nach Hilfsantrag 4 korrespondieren mit
den Massenspektrometrieverfahren des jeweiligen Anspruchs 1 und umfassen als
Konkretisierung die gegenständlich formulierten Zusatzmerkmale des entspre-
chenden Verfahrensanspruchs 1.

Die Hilfsanträge 5 bis 9 ergeben sich aus dem Hauptantrag bzw. aus den Hilfs-
anträgen 1 bis 4 durch Streichen der gegenständlichen Ansprüche, wobei auch
Hilfsantrag 10 lediglich Verfahrensansprüche umfasst.

4. Als hier zuständiger Fachmann ist ein mit der Entwicklung von Massenspekt-
rometern und zugehörigen Massenspektrometrieverfahren betrauter Diplom-Phy-
siker oder Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Hochschulabschluss und
Kenntnissen der physikalischen Chemie zu definieren, der über mehrjährige Be-
rufserfahrung in der Entwicklung und dem Betrieb von Massenspektrometern ver-
fügt und hinsichtlich massenspektrometrischer und chromatographischer Analyse-
verfahren ggf. einen Chemiker zu Rate zieht.


II.

Die Vorrichtung des beschränkten Anspruchs 51 nach Hauptantrag und die Vor-
richtungen der unabhängigen Ansprüche 48 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 sowie
des unabhängigen Anspruchs 51 nach Hilfsantrag 4 sind ebenso nicht patentfähig
wie die Massenspektrometrieverfahren der Ansprüche 1 in der Fassung der Hilfs-
anträge 5 bis 10, da sie zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents durch den vor-
- 28 -
gelegten Stand der Technik nahegelegt waren (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 Int-
PatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56
EPÜ).

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob darüber hinaus auch der Nichtig-
keitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit aufgrund unzureichender Offenbarung
der Lehre nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 2 IntPatÜG, Artikel 138 Ab-
satz 1 lit. b) EPÜ und der unzulässigen Erweiterung nach Artikel II § 6 Absatz 1
Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. c) EPÜ vorliegt.

1. Das Streitpatent kann die Prioritäten der Voranmeldungen wirksam
beanspruchen, denn die im Beschränkungsverfahren in die unabhängi-
gen Ansprüche 1 und 51 aufgenommene Angabe „ohne Unterbrechung
der Akquirierung von Daten“, ist der Voranmeldung HLNK11a unmittel-
bar und eindeutig zu entnehmen.

Die Klägerin hat in ihren Eingaben u. a. ausgeführt, dass das Streitpatent die Prio-
ritäten zu Unrecht beanspruche, da sich aus den Prioritätsdokumenten keine un-
mittelbare und eindeutige Offenbarung für den Bestandteil des Merkmals (g) des
Anspruchs 1 gebe, wonach die Schritte (c) bis (f) „ohne Unterbrechung der Akqui-
rierung von Daten“ wiederholt würden.

Jedoch ist auf Seite 11, erster Absatz der am 9. Juni 2000 eingereichten Priori-
tätsschrift HLNK11a unter Bezugnahme auf die Figuren 3 und 5 offenbart, dass
die Spektren kontinuierlich bei unterschiedlichen Kollisionsspannungen aufge-
nommen werden, was für den Fachmann gleichbedeutend damit ist, dass die Kol-
lisionsspannungen ohne Unterbrechung der Akquirierung von Daten geändert
werden, vgl. Seite 11, erster Absatz:

„An alternative method of operation is, as previously stated, continuously to
acquire spectra at different collision voltages. A particularly preferred exam-
ple is to acquire, spectra at high and low collision voltages alternately,
which was in fact the method used in acquiring the spectra shown in Fig-
ures 3a and 3b. When the method is used to analyse the output of an on-
- 29 -
line process such as liquid chromatography, this method is particularly
useful as alternate spectra thus correspond to substantially the same com-
position of sample eluting from the Chromatograph. This leads to a further
method of parent / daughter correlation, illustrated in Figures 4a - 4e and
Figure 5.“

Dabei bezieht sich dieses alternative Verfahren auf das in Anspruch 2 der
HLNK11a erläuterte Massenspektrometrieverfahren:

„2) A method of tandem mass spectroscopy comprising the steps of:-
g) ionising a sample to generate a population of sample ions;
h) admitting said sample ions into a fragmentation means, said fragmenta-
tion means being switchable between at least a first mode wherein at
least some of said ions undergo fragmentation to produce daughter ions
and a second mode wherein substantially fewer or no ions undergo such
fragmentation;
i) passing the ions exiting the fragmentation means into a discontinuous
output mass analyzer, and obtaining a mass spectrum thereof;
characterised in that the fragmentation means is repetitively switched be-
tween at least the said first and second modes so that mass spectra are re-
petitively obtained at least in the first mode of ions that have undergone
fragmentation (“daughter ion spectra") and in the second mode of ions that
have undergone substantiaily less or no fragmentation (“parent ion spectra”).”

Daher ist das Merkmal „ohne Unterbrechung der Akquirierung von Daten“ der Vo-
ranmeldung HLNK11a entnehmbar und die Priorität der Voranmeldung durch das
Streitpatent wirksam beansprucht.

2. Die Vorrichtung gemäß dem beschränkten Anspruch 51 nach Hauptantrag
ist nicht patentfähig, weil sie dem Fachmann durch die Druckschrift HLNK16 na-
hegelegt ist.

- 30 -
Die auf die Patentinhaberin zurückgehende Druckschrift HLNK16 mit dem Titel
„Methods and apparatus for tandem mass spectrometry“ beschreibt in der nach-
folgend wiedergegebenen Fig. 1

und der zugehörigen Beschreibung in den Abs. [0027] bis [0030] ein sog. Hybrid-
Tandem-Massenspektrometer mit:
 einer Ionenquelle (ionization source 1) zum Einbringen von Ionen in eine
erste Vakuumkammer (first evacuated chamber 6),
 einem Ionenleiter (hexapole ion guide 8) in einer zweiten Vakuumkammer
(second evacuated chamber 7),
 einer daran anschließenden dritten Vakkumkammer (third evacuated cham-
ber 9), in der sich ein Quadrupol-Massenfilter (quadrupole mass filter 2) und
eine Kollisionszelle mit einer im Wesentlichen gasdichten Umhausung be-
finden (fragmentation means 3; hexapole ion guide 10; substantially gas-
tight casing 11; collision gas such as helium, argon, nitrogen or methane;
power supply 22),
 einem Massenspektrometer (time-of-flight mass analyzer 16) mit einem De-
tektor (detector 18),
 und einem Steuerungssystem (control system 19), das u. a. der Ansteue-
rung der Stromversorgung (power supplies 20-23) der einzelnen Bestand-
teile des Massenspektrometers dient und wiederum von einem Computer
(computer 24) gesteuert wird, der gleichzeitig der Auswertung der gemes-
senen Spektren dient (process mass spectral data).
- 31 -
In Abs. [0010] der Druckschrift HLNK16 wird unter Berücksichtigung von Fig. 1 ein
zugehöriges Massenspektrometrieverfahren beschrieben, das in den Abs. [0018]
und [0019] anhand zweier Ausführungsbeispiele näher erläutert ist. Demnach
werden in einem Schritt (a) mittels der Ionenquelle (1) zunächst Ausgangsionen
bereitgestellt, die in einem Schritt (b) durch die Ionenführung (8) und den als
Bandpass wirkenden Massenfilter (2) geleitet werden, wobei sich zwangsläufig
eine Zwischenkammeröffnung zwischen den beiden Vakuumkammern (7, 8) für
die Ionenführung und den Massenfilter befinden muss. Dabei ist der Bandpass
bspw. auf eine Bandbreite von 25u eingestellt, so dass nur Ionen mit einem 𝑚 𝑧⁄ -
Verhältnis von bspw. 301u bis 325u durchgelassen und nachfolgend in Schritt (c)
in der Kollisionszelle (3) zumindest teilweise zu Tochterionen fragmentiert werden,
vgl. dazu Abs. [0019]. Folglich befindet sich in diesem ersten Fragmentierungs-
modus eine Vielzahl von Ausgangsionen mit unterschiedlichen Masse-Ladungs-
werten gleichzeitig in der Kollisionszelle, vgl. die Verwendung des Plurals „mass-
to-charge ratios“ in Merkmal b). Im Verständnis des Streitpatents erfolgt somit
keine Massefilterung, da ja eine Vielzahl von Ausgangsionen mit unterschiedlichen
Masse-Ladungswerten gleichzeitig in der Kollisionszelle anwesend ist. Mittels des
Flugzeit-Massenspektrometers werden dann in Schritt (d) die gebildeten Ionen
massenspektrometrisch analysiert. Werden dabei interessante Tochterionen de-
tektiert, wird dieser Massebereich, bspw. der Bereich 301u bis 325u, als relevant
gekennzeichnet. Diese Schritte werden gemäß Verfahrensschritt (e) mit unter-
schiedlichen Massenfilterbereichen wiederholt, bspw. für die 𝑚 𝑧⁄ -Verhältnisse
326u bis 350u, 351u bis 375u, 376u bis 400u, …, 2276u bis 2300u. Nachfolgend
werden in Schritt (f) die Ionen der als relevant gekennzeichneten Massebereiche,
bspw. der Bereich 326u bis 350u, mit einer feineren Massefilterung von bspw. 5u
der Kollisionszelle zugeführt, dort fragmentiert und in Schritt (g) mittels des Flug-
zeit-Massenspektrometers analysiert. Ähnlich wie in Verfahrensschritt (e) werden
auch diese Schritte mit unterschiedlichen Massenfilterbereichen wiederholt, d. h.
für die 𝑚 𝑧⁄ -Verhältnisse 326u bis 330u, 331u bis 335u, …346 bis 350u. Während
somit im ersten Fragmentierungsmodus Ionen einer 𝑚 𝑧⁄ -Bandbreite von 25u
gleichzeitig in der Kollisionszelle anwesend sind und fragmentiert werden, sind im
zweiten Fragmentierungsmodus Ionen einer 𝑚 𝑧⁄ -Bandbreite von lediglich 5u
- 32 -
gleichzeitig in der Kollisionszelle anwesend, so dass im zweiten Fragmentie-
rungsmodus auch nur weniger Ionen fragmentiert werden. Der erste Fragmentie-
rungsmodus stellt somit einen Hochfragmentierungsmodus dar und der zweite
Fragmentierungsmodus einen Niederfragmentierungsmodus.

Insbesondere offenbaren diese Fundstellen der Druckschrift HLNK16 mit den
Worten des Anspruchs 51 nach Hauptantrag

a mass spectrometer (vgl. den Titel) comprising:
(a) an ion source (ionization source 1);
(b) an ion guide (hexapole ion guide 8);
(c) a vacuum chamber (third evacuated chamber 9);
(d) an interchamber orifice between the ion guide (8) and vacuum chamber (9)
via which ions pass in use from the ion guide (8) into the vacuum chamber (9)
(diese in Fig. 1 nicht dargestellte Zwischenkammeröffnung zwischen der
zweiten und dritten Vakuumkammer muss zwangsläufig vorhanden sein, da
ansonsten keine Ionen zugeführt werden könnten) ;
(e) a collision cell (fragmentation means 3; hexapole ion guide 10; substantially
gas-tight casing 11) which receives ions after they have passed into the
vacuum chamber (9), the collision cell (3) forming a substantially gas tight
enclosure (11);
(f) the mass spectrometer operable without mass filtering said ions (vgl. obige
Ausführungen bzgl. der Einstellung des Massenfilters auf eine Bandbreite von
25u. Darüber hinaus lassen sich die Spannungen am ersten Quadrupol-
Massenfilter 2 mittels des Steuerungssystems einstellen, woraus folgt, dass
dieser mit und ohne Gleichspannung und nur mit HF-Spannung betreibbar ist,
so dass er dann lediglich als Ionenführung dient.)
(g) the collision cell (fragmentation means 3; hexapole ion guide 10; substantially
gas-tight casing 11) operable in a first mode wherein at least a portion of said
unfiltered ions are fragmented to produce daughter ions associated with
multiple parent ions of different mass to charge values and a second mode
wherein substantially less ions are fragmented; and (vgl. obige Ausführungen
- 33 -
bzgl. des Massenspektrometrieverfahrens der HLNK16. Darüber hinaus
lassen sich die Spannungen am Hexapol 10 mittels des Steuerungssystems
einstellen, woraus folgt, dass das Fragmentierungsmittel in Nieder- und
Hochfragmentierungsmodi betreibbar ist.)
(h) a mass analyser (time-of-flight mass analyzer 16),
(i’) a control system (control system 19).

Somit ist aus Druckschrift HLNK16 ein Massenspektrometer bekannt, das bis auf
die Angabe in Merkmal (i), wonach die Kollisionszelle bei der Verwendung des
Steuerungssystems wiederholt zwischen dem ersten und dem zweiten Modus hin
und her schaltet, ohne die Akquirierung von Daten zu unterbrechen, sämtliche
Merkmale des Anspruchs 51 nach Hauptantrag aufweist.

Dieses verbleibende Merkmal wird dem Fachmann jedoch durch Druckschrift
HLNK16 nahegelegt. Denn wie in deren Abs. [0009] und [0010] ausgeführt,
ermöglicht dieses Massenspektrometer die Durchführung effizienter
Massenspektrometrieverfahren von Tochter- und Stammionen. Wie in den
Abs. [0025] und [0030] weiter erläutert, weist das Massenspektrometer dazu ein
Steuerungssystem (19) und einen Computer (24) auf, mittels derer sich die zur
Durchführung der beabsichtigten Verfahren nötige Abfolge von Spannungen an
den jeweiligen Bestandteilen des Massenspektrometers, insbesondere an den
Elektroden des Massenfilters 2 und der Kollisionszelle 3, steuern lässt (vgl.
Abs. [0025]: „The control means may comprise a suitably programmed computer
which controls power supplies connected to electrodes comprised in apparatus
according to the invention to provide the sequence of voltages necessary for the
methods to be carried out. Preferably also the control means incorporates means
for storing mass spectra generated by the discontinuous output mass analyzer and
for displaying them when required by an operator.“). Bei dieser Abfolge von
unterschiedlichen Spannungen an den Elektroden des Spektrometers, welche im
Falle der Elektroden der Kollisionszelle mit unterschiedlich starken
Fragmentierungen einhergehen, eine kontinuierliche Datenaufzeichnung
vorzusehen, ist für den Fachmann ein naheliegendes Vorgehen, denn eine
- 34 -
Unterbrechung der Datenaufzeichnung würde auf Kosten der Effizienz gehen,
deren Steigerung aber gerade im Vordergrund der HLNK16 steht.

Das Massenspektrometer des Anspruchs 51 nach Hauptantrag ergibt sich daher
für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift HLNK16.

3. Die Gegenstände der unabhängigen Vorrichtungsansprüche 48 bzw. 51 der
Hilfsanträge 1 bis 4 sind nicht patentfähig, weil sie dem Fachmann durch die
Druckschrift HLNK16 in Verbindung mit der Druckschrift HLNK24 und seinem
Fachwissen nahegelegt werden.

Im Folgenden wird hinsichtlich der Frage der Patentfähigkeit auf die Vorrichtung
des Anspruchs 48 nach Hilfsantrag 3 eingegangen, da diese sämtliche Merkmale
der Vorrichtungen der unabhängigen Ansprüche 48 bzw. 51 der Hilfsanträge 1, 2
und 4 umfasst.

Bei der Vorrichtung nach Anspruch 48 des Hilfsantrags 3 ist gegenüber der nach
Anspruch 51 des Hauptantrags eine Präzisierung in den Merkmalen (a), (b) und
(h) dahingehend erfolgt, dass die Vorrichtung einen Chromatographen umfasst,
aus dem die Substanzen dem Massenspektrometer zugeleitet werden, dass die
Ionenführung bspw. einen Hexapol aufweist und dass der Massenanalysator ein
Flugzeit-Massenspektrometer ist. Zusätzlich ist das Merkmal (j) angefügt worden,
wonach der Computer mit einer automatischen Ionenpeak-Auswertesoftware aus-
gestattet ist, mit der eine Kreuzkorrelation von Tochter- und Stammionen durch-
geführt werden kann, indem in den aufgenommenen Chromatogrammen Stamm-
und Tochterionenpeaks miteinander verglichen werden, um die Tochter- und
Stammionen basierend auf den relativen Eluatzeiten einander zuzuordnen, vgl.
diesbezüglich auch die Fig. 4 und 5 des Streitpatents.

Wie zum Hauptantrag bereits ausgeführt wurde, weist das in der Druckschrift
HLNK16 beschriebene Hybrid-Tandem-Massenspektrometer einen Hexapol (8)
als Ionenführung und ein Flugzeit-Massenspektrometer (16) als Massenanalysator
- 35 -
auf, so dass die entsprechenden Zusatzangaben in den Merkmalen (b) und (h)
keine Patentfähigkeit begründen können.

Die weitere Konkretisierung, wonach die Vorrichtung einen Chromatographen
umfasst, aus dem die Substanzen dem Massenspektrometer zugeleitet werden,
entnimmt der Fachmann in naheliegender Weise ebenfalls der Druckschrift
HLNK16. Denn gemäß Abs. [0027] sollen mit dem dort offenbarten Massenspekt-
rometer insbesondere biologische Proben untersucht werden. Solche komplexen
Mischungen werden aber üblicherweise chromatograpisch dem Massenspektro-
meter zugeleitet, worauf bereits in dem von der Patentinhaberin als Beleg für das
Fachwissen vorgelegten Übersichtsartikel W1 hingewiesen wird, vgl. deren Seite
136, linke Spalte, dritter Absatz. Dass die Kombination des Hybrid-Tandem-Mas-
senspektrometers der Druckschrift HLNK16 mit einem Chromatographen insbe-
sondere bei komplexen Proben eine übliche Maßnahme darstellt, ist darüber hin-
aus auch durch die Druckschrift HLN24 belegt, in der Massenspektrometrieverfah-
ren an einem solchen Hybrid-Tandem-Massenspektrometer (Q-TOF) beschrieben
werden, wobei die Proben chromatograpisch mittels HPLC (High Performance
Liquid Chromatography, Hochleistungsflüssigkeitschromatographie) in die Ionen-
quelle eingebracht werden, vgl. deren Seite 121, Kapitel 2.4.: „All experiments
were performed on a Micromass Q-TOF mass spectrometer (Micromass, Alt-
rincham, UK), equipped with both a nebulized nanospray electrospray source
(Fig. 2), a nanospray electrospray source for use with nanovials, and MassLynx
software. […] Sample introduction can be either by flow injection analysis or by
packed capillary HPLC.“.

Auch das weitere Zusatzmerkmal (j) betreffend den Computer und die Auswer-
tesoftware ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus den Druck-
schriften HLNK16 und HLNK24. So weist die in Druckschrift HLNK16 beschrie-
bene Vorrichtung einen Computer (24) zur Steuerung des Spektrometers und zur
Datenaufzeichnung und –weiterverarbeitung auf, vgl. die bereits angeführte Fund-
stelle in Abs. [0025] sowie die Ausführungen in Abs. [0030]: „ […] The control
means 19 is itself controlled by signals from a computer 24 which is also used to
- 36 -
process mass spectral data acquired from a signal conditioner 25 which receives
signals from the detector 18. The conditioner 25 also enables the computer 24 to
display and store mass spectra produced from the analyzer 16 and to receive and
process commands from an operator for setting up the methods described below.”

Zudem wird in Druckschrift HLNK24, vgl. deren Seite 120, rechte Spalte ab
Zeile 8, hervorgehoben, dass ein solches Hybrid-Tandem-Massenspektrometer
über eine Software zur Durchführung automatisierter Scans bei unterschiedlichen
Messbedingen verfügt und dass der Vorteil eines Hybrid-Tandem-Massenspekt-
rometers darin bestehe, zunächst eine Vielzahl kompletter Massenspektren von
Stamm- und Tochterionen aufnehmen zu können und erst in einem späteren
Schritt die Auswertung der Spektren und die Zuordnung der Tochterionen durch-
führen zu müssen (A major potential advantage, however, is that full scan MS–MS
spectra are acquired of all ions covered by the mass range scanned by MS1, in-
cluding immonium ions and ions resulting from sequence-specific fragmentations.
Thus, the second experiment of obtaining the full scan MS–MS spectrum of ions of
interest may not be necessitated, and the data set can be probed at a later date,
even after several months or years, for a different set of specific fragment ions.
[…] With the recent availability of a hybrid Q-TOF mass spectrometer and of soft-
ware capable of carrying out automated precursor scans, […].)

Folglich entnimmt der Fachmann den Druckschriften HLNK16 und HLNK24 in na-
heliegender Weise auch das Merkmal (j). Denn der Zweck der Kombination einer
HPLC mit einem Q-TOF, wie in Druckschrift HLNK24, besteht ja gerade darin,
mittels der chromatographischen Säule eine Vorabtrennung des Probenmaterials
durchzuführen und dieses dann kontinuierlich dem Massenspektrometer zuzufüh-
ren, wo es nach der Ionisierung massenspektrometrisch untersucht wird, indem
nacheinander eine Vielzahl von Massenspektren bei unterschiedlichen Bedingun-
gen aufgenommen wird und eine Analyse dieser Spektren dahingehend erfolgt,
dass die Stammionen den in der Kollisionszelle gebildeten Tochterionen zugeord-
net werden. Dabei erfolgt diese Zuordnung bzw. Kreuz-Korrelation von Tochter-
und Stammionen zwangsläufig über eine Analyse der Ionenpeaks in den
- 37 -
Spektren, denn wo keine Peaks in den Spektren sind, wurde auch keine relevante
Ionenanzahl gemessen. Diese Peak-Analyse mittels eines Computerprogramms
automatisiert durchzuführen ist eine typische Auswertemethode, die der Fach-
mann zudem in naheliegender Weise der HLNK24 entnimmt, da dort bereits auf
automatisierte Messungen verwiesen wird, vgl. obige Fundstelle.

Dementsprechend sind die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 48 der
Hilfsanträge 1 bis 3 und der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 51 des
Hilfsantrags 4 dem Fachmann durch die Druckschrift HLNK16 in Verbindung mit
der Druckschrift HLNK24 und seinem Fachwissen nahegelegt.

4. Das Massenspektrometrieverfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 ist
nicht patentfähig, weil es dem Fachmann durch die Druckschrift HLNK16 in Ver-
bindung mit der Druckschrift HLNK6 und seinem Fachwissen nahegelegt wird.

Unter Punkt 2 wurde bereits zum Hauptantrag ausgeführt, dass die Druckschrift
HLNK16 in Fig. 1 sowie in den Abs. [0010] und [0027] bis [0030] mit den Worten
des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 in allgemeiner Form ein Massenspektromet-
rieverfahren mit den Merkmalen (a) und (b) dieses Anspruchs offenbart, d. h.:

A method of mass spectrometry comprising the steps of:
(a) providing an ion source (ionization source 1) for generating ions,
transmitting ions by an ion guide (hexapole ion guide 8) and passing ions
from the ion guide (8) via an interchamber orifice into a vacuum chamber
(third evacuated chamber 9), and then
(b) passing said ions having multiple different mass to charge values to a
fragmentation means comprising a collision cell (fragmentation means 3;
hexapole ion guide 10; substantially gas-tight casing 11) forming a
substantially gas-tight enclosure (11) into which a collision gas (collision
gas such as helium, argon, nitrogen or methane) has been introduced;

- 38 -
Zusätzlich ist in der Beschreibungseinleitung der HLNK16, insbesondere in
Abs. [0006] dargelegt, dass statt konventioneller Massenspektrometer die zum
damaligen Zeitpunkt relativ neuen Hybrid-Tandem-Flugzeit-Massenspektrometer
aufgrund ihrer hohen Effizienz verstärkt für massenspektrometrische Analyseme-
thoden eingesetzt wurden. Dies gibt dem Fachmann somit die Anregung, das in
Druckschrift HLNK16 offenbarte Hybrid-Tandem-Flugzeit-Massenspektrometer
auch für bisher an konventionellen Massenspektrometern durchgeführte Analyse-
verfahren einzusetzen.

Ein solches stellt bspw. die in Druckschrift HLNK6 beschriebene Analysemethode
dar.

Wie im Abstract und der einleitenden Beschreibung dieser Druckschrift ausgeführt,
steht dort im Vordergrund, ein Massenspektrometrieverfahren zur Verfügung zu
stellen, mit dem ohne aufwendige Probenpräparation und in automatisierten Ver-
fahren Massenspektren von Tochter- und Stammionen von Erkältungsmitteln auf-
gezeichnet werden können, die sich – trotz unterschiedlicher Ionenstabilitäten der
untersuchten Substanzen hinsichtlich der einzubringenden Kollisionsenergie – gut
mit Spektrenbibliotheken abgleichen lassen. Dabei geht die Druckschrift davon
aus, dass in der Vielzahl von Erkältungsmitteln nur ca. 12 verschiedene Wirkstoffe
in unterschiedlichen Mischungen und Dosierungen eingesetzt werden, und dass
mit dem vorgeschlagenen Verfahren eine automatisierte Bestimmung dieser akti-
ven Komponenten ermöglicht werden soll. Dazu werden sowohl die einzelnen
Wirkstoffe als auch Mischungen dieser Wirkstoffe enthaltende Erkältungsmittel
massenspektrometrisch untersucht, indem sie mittels Flüssigkeitschromatographie
dem Massenspektrometer zugeführt werden und die einzelnen Spektren zur Kom-
pensation unterschiedlicher Ionenstabilitäten abwechselnd mit Fragmentierung (-
20 eV, -30 eV, -40 eV) und ohne Fragmentierung (0 eV) aufgenommen werden,
vgl. Seite 1271, rechte Spalte bis Seite 1273, rechte Spalte, erster Absatz. Dabei
zeigen die nicht vollständig aufgelösten Chromatographiepeaks „f“ und „g“ in
Fig. 2, dass eine Vielzahl von Ausgangsionen mit unterschiedlichen Masse-La-
- 39 -
dungs-Werten bei den unterschiedlichen Fragmentierungsenergien gleichzeitig in
der Kollisionszelle anwesend ist.

Weiter ist in der Beschreibungseinleitung der HLNK16 angegeben, dass es der
Einsatz der „atmospheric pressure ionization“ (API) – die in gleicher Weise in der
HLNK16 eingesetzt wird, vgl. deren Abs. [0025] – ermöglicht habe, „high-perfor-
mance liquid chromotography“ (HPLC)-Systeme direkt an ein Massenspektrome-
ter zu koppeln und so auch komplexe Ausgangsmaterialien zu untersuchen, dass
aber die „API“-Technik eine Ionisierungstechnik darstelle, bei der so gut wie keine
Fragmentionen der Ausgangsionen erzeugt würden, so dass mit dieser Technik
keine Stoffidentifikationsuntersuchungen durchgeführt werden könnten, denn dazu
sei die Erzeugung und gegenseitige Zuordnung von Stamm- und Tochterionen
nötig, vgl. in der HLNK6 vor allem Seite 1270, linke Spalte, erster Absatz bis
rechte Spalte, zweiter Absatz. Um trotzdem bei vorhandenen Standard-Massen-
spektrometern eine kontrollierte Fragmentierung durchführen zu können, wird in
der HLNK6 ein Standard-Massenspektrometer ohne gesonderte Kollisionszelle mit
einer sogenannten „Finnigan-API source“ versehen, bei dem die von der Ionen-
quelle erzeugten Ionen in einem der Elektrospray-Ionenquelle nachgeordneten
Oktupol durch Kollision mit den Atomen/Molekülen eines Kollisionsgases frag-
mentiert werden (CID = Collision induced dissiciation), vgl. die Seite 1270, rechte
Spalte, zweiter Abs. in Verbindung mit der Fig. 1, sowie S. 1272, linke Spalte,
zweiter Abs. und rechte Spalte, vollständiger Absatz. Der Oktupol ist hier mit der
Ionenquelle zusammen in einer Einheit angeordnet, wobei das Vakuum in dem
Bestandteil mit dem Oktupol jedoch getrennt von dem Vakuum in der vorherge-
henden Anordnung erzeugt wird, da für die Erzeugung von Kollisionsbedingungen
in diesem Abschnitt andere Vakuumverhältnisse als in der übrigen Anordnung
eingestellt werden müssen. Dabei wird auf Seite 1272, rechte Spalte angegeben,
dass der Oktupol als besonders effektive Kollisionsanordnung wirkt, wenn die
Spannung an ihm erhöht wird.

Der Fachmann entnimmt der Druckschrift somit die Lehre, dass für Untersuchun-
gen komplexer Ausgangsmaterialien, die flüssigkeitschromatographisch zur Ver-
- 40 -
fügung gestellt werden und bei denen Untersuchungen zur Stoffidentifikation
durchgeführt werden sollen, in jedem Fall eine zusätzliche Fragmentierung in einer
gesonderten Kollisionszelle zwecks Bestimmung von Stamm- und zugehörigen
Tochterionen erfolgen muss, und dass sich der Einfluss der unterschiedlichen Io-
nisierungsenergien durch die abwechselnde Aufnahme bei unterschiedlichen Kol-
lisionsenergien kompensieren lässt.

Da dem Fachmann mit der Vorrichtung der HLNK16 bereits ein für einen Frag-
mentierungsbetrieb ausgelegtes Massenspektrometer mit einer kontrolliert steuer-
baren Kollisionszelle für effiziente Untersuchungen zur Verfügung steht, verwen-
det er beim Nacharbeiten des Verfahrens aus der HLNK6 die bereits vorhandene
Kollisionszelle der HLNK16 als Fragmentierungsmittel, da er ansonsten die API
durch eine Finnigan API ersetzen und in nachteiliger Weise das Massenspektro-
meter entsprechend umbauen müsste.

Bei der Durchführung des in der Druckschrift HLNK6 beschriebenen Verfahrens
auf dem Massenspektrometer der HLNK16 ergibt sich somit in den Worten des
Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 das folgende Massenspektrometrieverfahren:

A method of mass spectrometry comprising the steps of:
(a) providing an ion source (ionization source 1 / vgl. HLNK16) for generating
ions, transmitting ions by an ion guide (hexapole ion guide 8 / vgl. HLNK16)
and passing ions from the ion guide (8 / vgl. HLNK16) via an interchamber
orifice into a vacuum chamber (third evacuated chamber 9 / vgl. HLNK16),
and then
(b) passing said ions having multiple different mass to charge values to a
fragmentation means comprising a collision cell (fragmentation means 3;
hexapole ion guide 10; substantially gas-tight casing 11 / vgl. HLNK16)
forming a substantially gas-tight enclosure (11) into which a collision gas
(collision gas such as helium, argon, nitrogen or methane / vgl. HLNK16)
has been introduced;
(c) operating said fragmentation means in a first mode wherein at least a
portion of said ions are fragmented to produce daughter ions associated
- 41 -
with multiple parent ions of different mass to charge values which are
simultaneously present in the collision cell in the first mode (vgl. in HLNK6
die Fragmentierung von dextromethorphan und cyclizine (Peaks f und g in
den Spektren der HLNK6) bei Kollisionsenergien von 20eV, 30eV und
40eV);
(d) recording a mass spectrum of ions emerging from said fragmentation
means operating in said first mode as a high fragmentation mass spectrum
with multiple peaks mode (Kollisionsenergien von 20 eV, 30 eV und 40 eV
gemäß HLNK6)
(e) switching said fragmentation means to operate in a second mode wherein
substantially less ions are fragmented (vgl. in HLNK6 die Spektren von
dextromethorphan und cyclizine (Peaks f und g in den Spektren der
HLNK6) ohne Fragmentierung bei einer Kollisionsenergie 0eV);
(f) recording a mass spectrum of ions emerging from said fragmentation
means operating in said second mode as a low fragmentation mass
spectrum with multiple peaks (Kollisionsenergie von 0eV); and
(g) repeating steps (c)-(f) a plurality of times without interrupting the acquisition
of data (vgl. in HLNK6 Seite 1272, rechte Spalte, letzter Satz bis Seite
1273, rechte Spalte, erster Absatz: „Since different molecular ions have
varying collisional stabilities, it was found that rotating the energy of the
APICID on alternate scans and averaging the spectra across the
chromatographic peak produces composite spectra most suitable for library
building. APICID voltages of 0 eV, -20 eV, -30 eV, and -40 eV on alternate
scans produced good fragmentation for all the analytes. The data system
allows filtering of chromatograms with APICID, so that the chromatogram
without APICID can be made available for quantitation using the molecular
ion if required. The composite CID spectra are shown in Fig. 5.)“

Dass dabei ohne enge Massenfilterung im Quadrupol-Massenfilter gemessen
wird, ergibt sich beim Nacharbeiten des Verfahrens der HLNK6 bereits daraus,
dass auch bei dem in HLNK6 beschriebenen Verfahren keine Massenfilterung
durchgeführt wird. Dass zudem die Schritte ohne Unterbrechung der Akquirierung
- 42 -
von Daten mehrmals wiederholt werden, d. h. dass die Daten kontinuierlich aufge-
nommen werden, ergibt sich bereits aus der Effizienzvorgabe in HLNK16, wie zum
Hauptantrag ausgeführt, und der Tatsache, dass die Flüssigkeitschromatographie
kontnuierlich neue Ionen nachliefert, ohne dass deren zeitliche Abfolge im Voraus
bekannt wäre.

Das Massenspektrometrieverfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 ergibt
sich daher für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift
HLNK16 in Verbindung mit der HLNK6 und seinem Fachwissen.

5. Die Massenspektrometrieverfahren der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträ-
gen 6 bis 10 sind nicht patentfähig, weil sie dem Fachmann durch die Druckschrift
HLNK16 in Verbindung mit der Druckschrift HLNK6 und seinem Fachwissen na-
hegelegt werden.

Im Folgenden wird hinsichtlich der Frage der Patentfähigkeit auf das Verfahren
des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 10 eingegangen, da dieses sämtliche Merkmale
der Verfahren nach den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 6 bis 10 umfasst.

Bei dem Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 10 ist – ähnlich wie bei der
Vorrichtung nach Hauptantrag 3 – eine Präzisierung in den Merkmalen (a), (c), (d)
und (f) dahingehend erfolgt, dass die Substanzen dem Massenspektrometer mit-
tels Flüssigkeitschromatographie zugeleitet werden, dass die Ionenführung bspw.
über einen Hexapol erfolgt, dass die gemessenen Tochterionen Fragmentionen
der zugeführten Stammionen sind, und dass die Spektren mittels eines Flugzeit-
Massenspektrometer aufgenommen werden. Zusätzlich ist das Merkmal (g) kon-
kretisiert, indem angegeben ist, dass die Verfahrensschritte (c) bis (f) so wieder-
holt werden, dass sequentielle Hoch- und Niederfragmentierungs-Massenspektren
aufgenommen werden, dass für alle Tochter- und Stammionen Massenchromato-
gramme aufgezeichnet werden und dass eine Kreuzkorrelation von Tochter- und
Stammionen erfolgt, indem mit einer auf einem Computer laufenden automati-
schen Ionenpeak-Auswertesoftware die Tochter- und Stammionenpeaks vergli-
- 43 -
chen werden, um die Tochter- und Stammionen – basierend auf einem Kurvenfit
ihrer relativen Eluatzeiten – einander zuzuordnen.

Wie bereits ausgeführt wurde, weist das in der Druckschrift HLNK16 beschriebene
Hybrid-Tandem-Massenspektrometer einen Hexapol (8) als Ionenführung und ein
Flugzeit-Massenspektrometer (16) als Massenanalysator auf. Zudem erfolgt die
Zuleitung der Substanzen bei dem Verfahren der HLNK6 über HPLC, so dass der
Fachmann bei der Durchführung des in HLNK6 beschriebenen Verfahrens auf der
in HLNK16 beschriebenen Vorrichtung die Substanzen ebenfalls mittels Flüssig-
keitschromatographie zuleitet, insbesondere da dies ein Standardverfahren für
komplexe Substanzen darstellt, wie schon mehrfach belegt wurde. Da bei einer
solchen Verfahrensdurchführung die Stammionen in der Kollisionszelle der
HLNK16 in Tochterionen fragmentiert werden und die Hoch- und Niederfragmen-
tierungsspektren mit dem Flugzeit-Massenspektrometer aufgenommen werden,
können die Zusatzangaben in den Merkmalen (a), (c), (d) und (f) folglich keine
Patentfähigkeit begründen.

Auch die weiteren Beschränkungen in Merkmal (g) entnimmt der Fachmann den
Druckschriften HLNK6 und HLNK16 in Verbindung mit seinem Fachwissen.

So wurde im Zusammenhang mit Hilfsantrag 5 die Fundstelle in HLNK6
Seite 1272, rechte Spalte, letzter Satz bis Seite 1273, rechte Spalte, erster Absatz
zitiert, wonach sequentiell Hochfragmentierungsspektren bei Kollisionsenergien
von 20 eV, 30 eV und 40 eV sowie Niederfragmentierungsspektren bei 0eV auf-
genommen werden.

Zudem werden mit einem Flugzeit-Massenspektrometer in sehr kurzer Zeit kom-
plette Massenspektren aufgenommen, vgl. insbesondere die erste Hälfte von
Abs. [0005] der HLNK16. In Kombination mit der HPLC werden somit sequentiell,
d. h. in Abhängigkeit von der Eluatzeit, zahlreiche Komplettspektren bei unter-
schiedlichen Kollisionsenergien aufgenommen und die Daten abgespeichert. Je-
des Spektrum ist somit einer Eluatzeit und einer Kollisionsenergie zugeordnet. Wie
- 44 -
ebenfalls in Druckschrift HLNK16 beschrieben, vgl. deren Abs. [0030], ist der
Computer dazu ausgestattet, die gemessenen Spektren weiter zu verarbeiten, d.
h. auszuwerten. Eine solche Auswertung umfasst standardmäßig die Generierung
von Chromatogrammen mittels automatischer Ionenpeak-Vergleichssoftware, da
sich dadurch die Tochter- und Stammionen einander zuordnen lassen, was ja erst
die gewünschte Stoffidentifikation ermöglicht, vgl. wiederum die Ausführungen zu
Hilfsantrag 5 und bspw. in Druckschrift HLNK6 die Seite 1270, rechte Spalte,
zweiter Absatz, letzter Satz: „Automated searching of peaks […].“ sowie die
Chromatogramme in deren Figuren 4 und 7. Insbesondere besteht ein solches
Chromatogramm lediglich darin, dass aus dem aufgenommenen Datensatz ein
oder mehrere 𝑚 𝑧⁄ -Peaks des jeweiligen Massenspektrums herausgegriffen und
deren Stärke in Abhängigkeit von der Eluatzeit aufgetragen werden. Im Fall des
Verfahrens der HLNK6 generiert der Fachmann folglich mittels der Software aus
den jeweiligen Ionenpeaks der Nieder- und Hochfragmentierungsspektren Chro-
matogramme, um Tochter- und Stammionen einander zuordnen und eine entspre-
chende Kreuzkorrelation durchführen zu können, was er gemäß den einleitenden
Ausführungen der HLNK6 für die gewünschte Stoffidentifikation benötigt. Dabei ist
es eine Selbstverständlichkeit, dass bei dieser Zuordnung der jeweilige zeitliche
Zusammenhang von Tochter- und Stammionen angibt, welche Tochterionen zu
welchen Stammionen gehörig sind, so dass bei den im Rahmen der Auswertung
vorzunehmenden Kurvenfits die jeweiligen Eluatzeiten zu berücksichtigen sind.

Die Beklagte hat dazu in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass es nicht
naheliegend sei, das Massenspektrometrieverfahren der HLNK6 mit der Vorrich-
tung der HLNK16 durchzuführen, denn aus keiner der beiden Druckschriften er-
halte der Fachmann eine diesbezügliche Anregung. Selbst wenn der Fachmann
trotz dieser fehlenden Anregung beide Druckschriften in dieser Hinsicht miteinan-
der kombiniere, würde er im Gegensatz zum beanspruchten Verfahren den Mas-
senfilter (2) der in HLNK16 beschriebenen Vorrichtung auch zur Massenfilterung
einsetzen, um aussagekräftige Spektren zu erhalten, so dass in diesem Fall die
Merkmale (b) und (g) hinsichtlich der Vorgabe, dass eine Vielzahl von Ausgangsi-
onen mit unterschiedlichen Masse-Ladungs-Werten gleichzeitig in der Kollisions-
- 45 -
zelle in dem ersten Modus anwesend sind, nicht erfüllt seien. Darüber hinaus wür-
den die in Merkmal (g) aufgenommenen Zusatzmerkmale auch eine andere Art
der Auswertung beschreiben als die im Verfahren der HLNK6 beschriebene, denn
während anspruchsgemäß die Identifizierung über einen Chromatogrammver-
gleich erfolge, geschehe dies bei dem Verfahren der HLNK6 mittels eines Spek-
trenvergleichs, wobei dort der Chromatogrammvergleich lediglich der Quantifizie-
rung der Stoffe diene. Eine entsprechende Abänderung des Verfahrens sei für den
Fachmann auch nicht naheliegend.

Diesen Ausführungen konnte sich der Senat jedoch nicht anschließen.

So ist der Beschreibungseinleitung der HLNK16, insbesondere Abs. [0006] zu
entnehmen, dass aufgrund ihrer hohen Effizienz zunehmend Hybrid-Tandem-
Flugzeit-Massenspektrometer statt konventioneller Massenspektrometer für mas-
senspektrometrische Analysemethoden eingesetzt wurden. Somit ist bereits durch
Druckschrift HLNK16 belegt, dass zum damaligen Zeitpunkt auch konventionelle
massenspektrometrische Analysemethoden auf Hybrid-Tandem-Flugzeit-Massen-
spektrometer durchgeführt wurden, weshalb es naheliegend ist, dass ein über eine
solche Vorrichtung verfügender Fachmann bzw. ein entsprechendes Team kon-
ventionelle Analyseverfahren auf dieser Vorrichtung durchführt und ggf. adaptiert.
Auch aus der Tatsache, dass die Vorrichtung der HLNK16 über einen der Kollisi-
onszelle vorgeschalteten Massenfilter verfügt, lässt sich nicht schließen, dass der
Fachmann bei der Durchführung des in Druckschrift HLNK6 beschriebenen Ver-
fahrens auf der Vorrichtung der HLNK16 eine sehr enge Massenfilterung vor-
nimmt, denn zum einen erfolgt bereits bei dem nachzuarbeitenden Massenspekt-
rometrieverfahren der HLNK6 keine Massenfilterung und zum anderen ist auch bei
dem in der HLNK16 durchgeführten Massenspektrometrieverfahren der Massen-
filter auf Filterbreiten von 25u und kleiner eingestellt, d. h. auch bei dem Massen-
spektrometrieverfahren der HLNK6 befindet sich eine Vielzahl von Ausgangsionen
mit unterschiedlichen Masse-Ladungs-Werten gleichzeitig in der Kollisionszelle.

- 46 -
Der weitere Einwand betreffend Merkmal (g) greift ebenfalls nicht durch, denn wie
bereits dargelegt, verfügt der Fachmann nach den Messungen über eine Vielzahl
kompletter Massenspektren, bspw. im 𝑚 𝑧⁄ -Bereich von 20u bis 1000u, denen als
Parameter wiederum die jeweilige Eluatzeit und Kollisionsenergie zugeordnet sind.
Ausgehend von diesen Spektren können Stamm- und Tochterionen selbstver-
ständlich nur dort vorhanden sein, wo ein Ionenpeak vorhanden ist, dessen Lage
vorteilhafterweise automatisch mittels eines Computerprogramms bestimmt wird,
wobei die zeitliche Abhängigkeit der jeweiligen Ionenpeaks von der Eluatzeit stan-
dardmäßig als Chromatogramm dargestellt wird. Um nun die einzelnen Ionen-
peaks als Stamm- oder Tochterionenpeak identifizieren zu können, muss der
Fachmann natürlich die Eluatzeiten berücksichtigen, da Tochterionen nur zu dem
Eluatzeitpunkt vorhanden sein können, wenn eine Fragmentierung stattgefunden
hat, also eine Kollisionsenergie größer 0 eV vorgelegen hat. Auch mit dem Merk-
mal (g) lässt sich daher keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Daher ergeben sich die Massenspektrometrieverfahren der Ansprüche 1 nach den
Hilfsanträgen 6 bis 10 für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druck-
schrift HLNK16 in Verbindung mit der HLNK6 und seinem Fachwissen.


III.

Mit den jeweiligen selbständigen Ansprüchen fallen auch die übrigen Ansprüche
der Anträge. Indem die Beklagten erklärt haben, dass sie die Ansprüche in dem
Hauptantrag und in den Hilfsanträgen als abgeschlossene Anspruchssätze be-
trachten und keine weiteren, auf bestimmte Unteransprüche oder Alternativ-Vari-
anten des jeweiligen selbständigen Anspruchs gerichteten Hilfsanträge eingereicht
haben, haben sie abschließend zum Ausdruck gebracht, dass sie das angegrif-
fene Streitpatent nur in dieser Form insgesamt aufrechterhalten möchten. Weil
keinem der gestellten Anträge entsprochen werden konnte, war das Patent voll-
umfänglich für nichtig zu erklären. Davon abgesehen weisen diese Unteransprü-
che auch keinen selbständig patentfähigen Gehalt auf.
- 47 -
IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1
Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.


V.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG statt-
haft.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form
abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung -
durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder
Patentanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe, einzulegen.

Die Berufungsschrift muss

- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie
- die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,

enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Ab-
schrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der
Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und
- 48 -
Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) auf elektronischem Weg beim Bundes-
gerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (www. bundesgerichtshof.de/erv.html).


Guth Hartlieb Brandt Dr. Friedrich Dr. Zebisch

prö


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