2 Ni 27/16  - 2. Senat (Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:141217U2Ni27.16.0


BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES

2 Ni 27/16
(Aktenzeichen)

URTEIL



In der Patentnichtigkeitssache


Verkündet am
14. Dezember 2017




- 2 -
betreffend das deutsche Patent 10 2004 026 183

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der
mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2017 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Guth sowie der Richter Heimen, Dipl.-Ing. Baumgardt,
Dipl.-Phys. Dr. Forkel und der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung

für Recht erkannt:

I. Das Patent 10 2004 026 183 wird für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des am 28. Mai 2004 an-
gemeldeten und am 26. Oktober 2006 veröffentlichten Patents
DE 10 2004 026 183 (im Folgenden: Streitpatent) der Beklagten mit der Bezeich-
nung „VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR VERWALTUNG UND
PRÄSENTATION VON INFORMATION“, welches 16 Patentansprüche umfasst,
von denen die Patentansprüche 1 und 9 nebengeordnet und die Unteransprüche 2
bis 8 auf den Patentanspruch 1 und die Patentansprüche 10 bis 16 auf den Pa-
tentanspruch 9 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen sind.

Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, hier mit einer denkbaren Gliederung ver-
sehen, besitzt folgenden Wortlaut:

(M1.1) Verfahren zur Verwaltung und Präsentation von Information,

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(M1.2) bei welchem unter Rückgriff auf eine übergeordnete
Informationsquelle (8) in einem Zentralserver (2) ein Infor-
mationspool (6) angelegt wird,

(M1.3) und bei welchem durch ein Benutzerterminal (4) zur Erlan-
gung von Information aus dem Informationspool (6) auf den
Zentralserver (2) zugegriffen wird,

dadurch gekennzeichnet,

(M1.3.1) dass durch das Benutzerterminal (4) selbsttätig in regelmäßi-
gen Zeitabständen eine anhand eines benutzerspezifisch
einstellbaren, mindestens ein Suchschema umfassenden
Suchprofils (P) spezifizierte Suchanfrage (A) an einen Zent-
ralserver (2) gestellt wird,

(M1.3.2) dass durch den Zentralserver (2) aus dem Informations-
pool (6) in Antwort auf die Suchanfrage (A) eine dieser ent-
sprechende Informationsauswahl (I) ermittelt und an das Be-
nutzerterminal (4) übermittelt wird,

(M1.3.3) dass durch das Benutzerterminal (4) das Suchprofil (P)
und/oder die lokal hinterlegte Informationsauswahl (I) mit lo-
kal hinterlegten benutzerindividuellen Daten verknüpft wird
und

(M1.3.4) dass die Informationsauswahl (I) in dem Benutzerterminal (2)
lokal hinterlegt sowie auf Anfrage eines Benutzers dargestellt
wird.

Der auf eine Vorrichtung gerichtete Patentanspruch 9 gemäß Hauptantrag lautet
(gegliedert):

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(M9.1) Vorrichtung (1) zur Verwaltung und Präsentation von
Information, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens
nach einem der Ansprüche 1 bis 8,

(M9.2) mit einem Zentralserver (2) und mit mindestens einem mit
diesem zum bidirektionalen Datenaustausch verbundenen
Benutzerterminal (4),

(M9.3) wobei in dem Zentralserver (2) ein unter Rückgriff auf eine
übergeordnete Informationsquelle (8) angelegter Informati-
onspool (6) vorgesehen ist,

(M9.4) und wobei das oder jedes Benutzerterminal dazu ausgebildet
ist, zur Erlangung von Information aus dem Informations-
pool (6) auf den Zentralserver (2) zuzugreifen,

dadurch gekennzeichnet,

(M9.4.1) dass in dem Benutzerterminal (4) ein benutzerspezifisch ein-
stellbares, mindestens ein Suchschema umfassendes Such-
profil (P) hinterlegt ist,

(M9.4.2) dass das Benutzerterminal (4) dazu ausgebildet ist,
selbststätig in regelmäßigen Zeitabständen eine anhand des
Suchprofils (P) spezifizierte Suchanfrage (A) an den Zentral-
server (2) zu stellen,

(M9.4.3) dass der Zentralserver (2) dazu ausgebildet ist, aus dem
Informationspool (6) eine der Suchanfrage (A) entspre-
chende Informationsauswahl (I) zu erstellen und dem Benut-
zerterminal (4) zu übermitteln,
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(M9.4.4) dass das Benutzerterminal (4) das Suchprofil (P) und/oder
die lokal hinterlegte Informationsauswahl (I) mit lokal hinter-
legten benutzerindividuellen Daten verknüpft und

(M9.4.5) dass das Benutzerterminal (4) dazu ausgebildet ist, die Infor-
mationsauswahl (I) lokal zu speichern und einem Benutzer
auf Anfrage darzustellen.

Die Klägerin macht die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und der
fehlenden Patentfähigkeit geltend, §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, 4 PatG.

Zur Stützung ihres Vorbringens nennt sie folgende Druckschriften:

D1: US 2002/0068585 A1; (deutsche Übersetzung als D1a);

D2: US 2003/0028889 A1; (deutsche Übersetzung als D2a);

D3: WO 97/10558 A1; (deutsche Übersetzung als D3a);

D4: US 6 405 034 B1; (deutsche Übersetzung als D4a);

D5: WO 01/48632 A2;

D6: US 2002/0160766 A1;

D7: WO 2004/001556 A2;

D8: US 2003/0191780 A1.

Sie ist der Ansicht, die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 9
seien unzulässig erweitert, weil im erteilten Patentanspruch 1 u. a. das Merkmal
M1.2 und entsprechend im erteilten Patentanspruch 9 des Merkmal M9.3 hinzuge-
kommen sei, wonach unter Rückgriff auf eine übergeordnete Informationsquelle in
- 6 -
einem Zentralserver ein Informationspool angelegt wird, welches nach ihrer An-
sicht nicht ursprungsoffenbart sei.

Das Streitpatent sei zudem nicht patentfähig, weil die Druckschriften D1, D2 und
D3 sämtliche Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 neuheitsschädlich vor-
wegnähmen. Jedenfalls lege die Druckschrift D4 in Kombination mit dem allge-
meinen Fachwissen bzw. der Druckschrift D5 den Gegenstand des Patentan-
spruchs 1 nahe. Dies gelte entsprechend für den Vorrichtungsanspruch 9. Sämtli-
che Unteransprüche seien vom Stand der Technik vorweggenommen oder durch
ihn nahegelegt bzw. es handele sich um eine beliebige Auswahl aus verschiede-
nen Möglichkeiten oder Merkmalsaggregationen ohne erfinderischen Gehalt.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das deutsche Patent 10 2004 026 183 in vollem Umfang für nichtig
zu erklären.

Die Beklagte stellt sinngemäß den Antrag,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise unter Klageabweisung im Übrigen das Patent
10 2004 026 183 dadurch teilweise für nichtig zu erklären, dass in
Patentanspruch 1 die Wörter
„unter Rückgriff auf eine übergeordnete Informations-
quelle (8)“
durch die Wörter
„unter Rückgriff auf das Internet.“
ersetzt werden,
weiter hilfsweise, jeweils die Formulierungen gemäß Schriftsatz
vom 6. Dezember 2017 Seite 2 in der dort angegebenen Reihen-
folge als Hilfsanträge 2 bis 4.

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Die Beklagte erklärt, sie verstehe die Ansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag je-
weils als geschlossene Anspruchssätze, die jeweils in ihrer Gesamtheit bean-
sprucht werden.

Aus der Formulierung des Antrages der Beklagten ergeben sich insgesamt vier
Hilfsanträge, wobei in Patentanspruch 1 des Hilfsantrages 1 „eine übergeordnete
Informationsquelle“ durch „das Internet“ ersetzt ist.

Der jeweilige Patentanspruch 1 der Hilfsanträge 2, 3 und 4 enthält jeweils eine der
drei Alternativen des Merkmals M1.3.3, d. i.

(M1.3.3 A1) „dass durch das Benutzerterminal (4) das Suchprofil (P) mit
lokal hinterlegten benutzerindividuellen Daten verknüpft wird
und“.

(M1.3.3 A2) „dass durch das Benutzerterminal (4) die lokal hinterlegte In-
formationsauswahl (I) mit lokal hinterlegten benutzerindividu-
ellen Daten verknüpft wird und“.

und

(M1.3.3 A3) „dass durch das Benutzerterminal (4) das Suchprofil (P) und
die lokal hinterlegte Informationsauswahl (I) mit lokal hinter-
legten benutzerindividuellen Daten verknüpft wird und“.

Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin in vollem Umfang entgegen.

Sie ist der Auffassung, das Merkmal M1.2 ergebe sich aus den ursprünglichen
Unterlagen, jedenfalls sei das Patent in der Fassung der hilfsweisen Formulierung
des Merkmals „..,bei welchem unter Rückgriff auf das Internet in einem Zentralser-
ver (2) ein Informationspool (6) angelegt wird,..“ zulässig.

- 8 -
Sie meint ferner, die Druckschrift D1 betreffe einen technisch völlig anderen Ge-
genstand als das Streitpatent.

Insbesondere fehle es an einem selbständigen Zugriff des Zentralservers auf eine
übergeordnete Datenquelle, einem Suchschema, und das Benutzerterminal ver-
knüpfe nicht die Informationen von Server und Position. In Druckschrift D2 werde
ein Content Server beschrieben, und es handele sich bei den genannten Informa-
tionen nicht um menschenlesbare Informationen im Sinne des Streitpatents.

Gemäß Druckschrift D3 werde, so die Beklagte, weder eine Informationsauswahl
an das Benutzerterminal übermittelt noch eine Verknüpfung mit benutzerindividu-
ellen Daten lokal herbeigeführt.

Der Gegenstand des Streitpatents sei schließlich auch nicht ausgehend von
Druckschrift D4 nahegelegt, denn diese Schrift offenbare keinen Server, der selb-
ständig einen Informationspool aus einer übergeordneten Informationsquelle an-
lege, sondern ermögliche nur den Zugriff auf verschiedene Datenbanken.

Zu den nachrangigen Hilfsanträgen trägt die Beklagte vor, dass die drei Varianten
des Merkmals M1.3.3, einzeln betrachtet, vom Stand der Technik weder vorweg-
genommen noch nahegelegt seien.

Die Beklagte rügt die Eingabe der Klägerin vom 30. November 2017 als verspätet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


Entscheidungsgründe

I.

Die Klage, mit der u. a. der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit nach
§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG geltend gemacht wird, ist zulässig.
- 9 -
Sie ist auch begründet. Denn das Streitpatent hat weder in der erteilten Fassung
noch in der Fassung einer der Hilfsanträge Bestand, da ihm der vorgenannte
Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit entgegensteht; denn die darin be-
anspruchte Lehre ist für den Fachmann durch den Stand der Technik zumindest
nahegelegt.

Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob dem Streitpatent in der erteilten Fassung
und in den nach den Hilfsanträgen verteidigten Fassungen auch der weiterhin
geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (§§ 22 Abs. 1,
21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) entgegensteht.

Die im Schriftsatz vom 30. November 2017 von der Klägerin vorgetragenen Ein-
wände waren trotz der Rüge der Beklagten nicht als verspätet zurückzuweisen.
Die durch das 2009 in Kraft getretene Patentrechtsmodernisierungsgesetz
(PatRModG) erfolgte Neufassung des § 83 PatG und die damit in das Nichtig-
keitsverfahren eingeführten Präklusionsregeln sehen zwar grundsätzlich die Mög-
lichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Hierfür ist es aber stets er-
forderlich, dass dieser Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen
lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem
Aufwand zu klären sind (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Ver-
einfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 315). Kann
das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne weiteres in die mündliche
Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung
kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4
PatG nicht vor. So liegt der Fall hier, denn der Beklagten stand genügend Zeit zur
Verfügung, sich vor der mündlichen Verhandlung mit dem Vorbringen auseinan-
derzusetzen.

1. Das Streitpatent bezieht sich auf das Gebiet der Informationsbeschaffung.
Es betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verwaltung und Präsentation
von Information, wobei durch ein Benutzerterminal zur Erlangung von Information
auf einen Zentralserver mit einem Informationspool zugegriffen wird (Streitpatent-
schrift, Absätze [0001], [0010] u. a.).
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Gemäß dem Streitpatent stelle das Internet ein modernes Wissensvermittlungs-
system dar, das aufgrund seiner unerschöpflichen Informationsfülle für die
menschliche Informationsgewinnung an Bedeutung stetig zunehme. Das Internet
sei dem Grunde nach unidirektional strukturiert, stelle Wissen also lediglich passiv
zur Verfügung. Eine gewisse interaktive Unterstützung werde dem Informations-
suchenden hierbei durch Suchmaschinen gewährt, die auf eine gezielte Suchan-
frage eines Benutzers hin eine Auswahl potentiell relevanter Dokumente innerhalb
des Internets ermittelten und dem Benutzer die Adressen dieser Dokumente
rückmeldeten (Streitpatentschrift, Absatz [0003]).

Das Streitpatent beschreibt es als nachteilig, dass die Informationsgewinnung un-
ter Verwendung des Internets noch immer vergleichsweise aufwändig sei und
ohne ein gewisses Mindestmaß an Kenntnissen, insbesondere im Umgang mit
Computern, kaum zu bewerkstelligen sei. Ein Problem der internet-gestützten In-
formationsgewinnung bestehe insbesondere darin, dass herkömmliche Suchma-
schinen auch auf eine vergleichsweise alltägliche Suchanfrage hin zumeist eine
unüberschaubare Vielzahl von Adressen potenziell relevanter Dokumente zurück-
lieferten, von denen sich die meisten bei näherer Betrachtung als irrelevant oder
veraltet herausstellten. Selbst für den geübten Benutzer sei aus diesem Grund die
Gewinnung der gewünschten Information regelmäßig mit erheblichem Zeitaufwand
verbunden (Streitpatentschrift, Absatz [0004]). Die Informationsgewinnung aus
dem Internet sei auch dann vergleichsweise zeitaufwändig, wenn der Benutzer die
gleiche Information, z. B. die örtliche Wetterprognose, regelmäßig einhole und da-
her an sich genau wisse, auf welchem Wege er zu dieser Information kommen
könne. Der Zeitverlust sei hierbei v. a. auf die Ladezeit für den Aufbau eines Do-
kuments, das Starten der benötigten Software und gegebenenfalls das Hochfah-
ren des Computers zurückzuführen (Streitpatentschrift, Absatz [0005]).

2. Ausgehend vom bekannten Stand der Technik adressiert das Streitpatent
das Problem, ein Verfahren zur automatischen Verwaltung und Präsentation von
Information anzugeben, das eine besonders effektive, einfach zu bedienende und
intuitive Informationsgewinnung zulässt. Weiterhin soll eine zur Durchführung des
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Verfahrens besonders geeignete Vorrichtung angegeben werden (Streitpatent-
schrift, Absatz [0008]).

Als weiteren, zur Lösung dieses Problems nicht hinreichend geeigneten Stand der
Technik nennt das Streitpatent die Druckschrift D8, die ein Verfahren und eine
Vorrichtung offenbart, bei denen in regelmäßigen Zeitabständen aus externen
Datenquellen gemäß einem Standardprofil Information für eine interne Datenbank
eines Zentralservers extrahiert wird. In der Datenbank kann von einem Benutzer-
terminal aus mittels einer individuellen Suchanfrage recherchiert werden. Weiter-
hin nennt das Streitpatent die Druckschrift D5, die ein Verfahren zur Suche von
Information in einem eine Vielzahl von Rechnern und Datenübertragungsleitungen
umfassenden Informationsnetzwerk lehrt. In dem dort offenbarten Verfahren ist
vorgesehen, anhand eines für jeden Anwender erstellten spezifischen Suchprofils
in vorbestimmbaren Zeitabständen im Informationsnetzwerk eine Suche durchzu-
führen.

3. Die oben genannte Aufgabe soll durch ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung
nach dem erteilten Patentanspruch 1 bzw. 9 gelöst werden.

4. Dem erteilten Patentanspruch 1 bzw. 9 lässt sich entsprechend der
Beschreibung und den Figuren 1 und 2 des Streitpatents die folgende Lehre ent-
nehmen:

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 dient der Verwaltung und Präsentation
von Information (Merkmal M1.1). Das ihm zugrundeliegende Konzept ist in den
Absätzen [0010] bis [0013] des Streitpatents zusammengefasst und wird in den
Absätzen [0023] bis [0038] anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert.

Gemäß Merkmal M1.2 wird in einem Zentralserver ein Informationspool angelegt,
wobei auf eine übergeordnete Informationsquelle zurückgegriffen wird. Laut Ab-
satz [0029] des Streitpatents beinhaltet der Informationspool ein umfassendes An-
gebot verschiedenartiger Information zu verschiedensten Sachgebieten, aktuellen
Ereignissen oder Kaufangeboten. Um die im Informationspool hinterlegte Informa-
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tion erweitern und aktualisieren zu können, ist der Zentralserver laut Beschreibung
über einen Internetanschluss mit dem Internet als übergeordneter Informations-
quelle verbunden (Streitpatentschrift, Absätze [0011], [0029], Fig. 1).

Merkmal M1.3 besagt, dass durch ein Benutzerterminal auf den Zentralserver zu-
gegriffen wird, um Information aus dem Informationspool zu erlangen. Merkmal
M1.3.1 sieht vor, dass das Benutzerterminal in regelmäßigen Zeitabständen au-
tomatisch eine einem Suchprofil entsprechende Suchanfrage an den Zentralserver
richtet. Das Suchprofil ist benutzerspezifisch einstellbar und umfasst mindestens
ein Suchschema. Laut Beschreibung umfasst jedes Suchschema wiederum ein
Suchwort oder eine Kombination aus Suchwörtern sowie gegebenenfalls weitere
präzisierende Angaben, z. B. eine Einschränkung auf eine bestimmte Sprache
(Streitpatentschrift, Absatz [0010]). Das Suchprofil legt die Art von Informationen
fest, die der Benutzer, dem das Suchprofil zugeordnet ist, regelmäßig abfragt,
z. B. eine örtliche Wetterprognose (Streitpatentschrift, Absatz [0032]).

Gemäß Merkmal M1.3.2 wählt der Zentralserver in Antwort auf die Suchanfrage
die zur Suchanfrage passende Information aus dem Informationspool aus und
übermittelt diese an das Benutzerterminal (Streitpatentschrift, Absatz [0033]). Dort
wird die übertragene Informationsauswahl lokal hinterlegt und auf Anfrage eines
Benutzers dargestellt (Merkmal M1.3.4).

Patentanspruch 1 sieht in Merkmal M1.3.3 außer der Verknüpfung des Suchprofils
mit lokal hinterlegten benutzerindividuellen Daten durch das Benutzerterminal
(Merkmal M1.3.3 A1) noch weitere Möglichkeiten vor und vereinigt damit neben-
geordnete technische Lösungen in einem einzigen Patentanspruch.

So soll alternativ die lokal hinterlegte Informationsauswahl mit lokal hinterlegten
benutzerindividuellen Daten verknüpft werden (Merkmal M1.3.3 A2). Gemäß einer
dritten Variante sollen sowohl das Suchprofil als auch die lokal hinterlegte Infor-
mationsauswahl mit lokal hinterlegten benutzerindividuellen Daten verknüpft wer-
den (Merkmal M1.3.3 A3). In Absatz [0033] der Streitpatentschrift wird hierzu er-
läutert, dass das Benutzerterminal z. B. in einem Suchprofil für die Wetterprog-
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nose das Suchwort „Heute“ durch das aktuelle Datum und durch Rückgriff auf die
in seinem Datenspeicher hinterlegten benutzerspezifischen Daten das Suchwort
„Örtlich“ durch den Wohnort des Benutzers ersetzt.

Gemäß Merkmal M9.1 ist der nebengeordnete Patentanspruch 9 gerichtet auf eine
„Vorrichtung zur Verwaltung und Präsentation von Information, insbesondere zur
Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8“. Die bean-
spruchte Vorrichtung umfasst einen Zentralserver und mindestens ein Benutzer-
terminal, die für einen bidirektionalen Datenaustausch miteinander verbunden sein
sollen (Merkmal M9.2). Die beiden Merkmale M9.4.1 und M9.4.2 zusammenge-
nommen unterscheiden sich von Merkmal M1.3.1 lediglich darin, dass das bean-
spruchte mindestens ein Suchschema umfassendes Suchprofil in dem Benutzer-
terminal der beanspruchten Vorrichtung hinterlegt sein soll. Die Merkmale M9.3
und M9.4 entsprechen den Merkmalen M1.2 und M1.3, die Merkmale M9.4.3 bis
M9.4.5 entsprechen den Merkmalen M1.3.2 bis M1.3.4.

5. Einige Begriffe bedürfen der Erläuterung.

Die Beklagte will unter dem Begriff Information jede beliebige Information verstan-
den wissen, die insbesondere für einen Menschen sowie die zwischenmenschli-
che Kommunikation relevant sei. So rede das Patent von „menschlicher Informati-
onsgewinnung“, „Informationssuchenden“, „Wissensvermittlungssystemen“, „In-
formationspool“ und „Informationsauswahl“. Es handle sich also nicht um Compu-
terdaten im informationstechnischen Sinne.

Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich die beiden Begriffe Informa-
tion und Daten inhaltlich voneinander unterscheiden. Allerdings versteht der Senat
unter dem Begriff der Information im Sinne des Streitpatents nicht jede beliebige
Information. Er geht vielmehr davon aus, dass entsprechend dem allgemeinen
Begriffsverständnis in der Informationstechnik Informationen sich von Daten
dadurch unterscheiden, dass sie zuzüglich zu Daten noch einen Kontext enthal-
ten.

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Laut Merkmal M1.2 bzw. M9.3 soll auf eine übergeordnete Informationsquelle zu-
gegriffen werden. Gemäß der Beschreibung (Streitpatentschrift, Absatz [0011]
u. a.) kann es sich bei dieser z. B. um das Internet handeln, also einem Verbund
von Rechnernetzwerken. Demnach wird der Fachmann in einer solchen überge-
ordneten Informationsquelle einen Fundort von Information erkennen, der in seiner
Bedeutung und Funktion wichtiger und umfassender als andere Bezugsquellen ist,
wie z. B. ein auf ein zentrales Netzwerk beschränktes Informationsangebot.

Bei dem anspruchsgemäß in einem Zentralserver hinterlegten Informationspool
handelt es sich nach fachmännischem Verständnis um eine Informationssamm-
lung im Sinne einer Wissensbasis, über die Dienste für einen Anwender erbracht
werden können. Der Zentralserver stellt in diesem Zusammenhang einen Netz-
knoten in Gestalt eines Rechners dar, der Dienstleistungen in einem Netzwerk für
andere Computer zur Verfügung stellt und Ressourcen freigibt. Der streitpatent-
gemäße Zentralserver soll laut Beschreibung derart ausgelegt sein, dass die in
seinem Informationspool bereitgestellte Information ständig erweitert oder modifi-
ziert wird (Streitpatentschrift, Absätze [0019], [0037]).

6. Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, ein Verfahren zur Verwal-
tung und Präsentation von Information zu verbessern, ist ein Ingenieur auf dem
Gebiet der Informationstechnik mit Hochschulabschluss in Informatik anzusehen,
der über eine mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der Gestaltung von Client-
Server-Systemen, insbesondere der damit einhergehenden Informationsverteilung
innerhalb eines Netzwerks verfügt.

7. Zum Hauptantrag

Das Streitpatent kann in der erteilten Fassung keinen Bestand haben, weil der
Gegenstand des Patentanspruchs 1 je nach der betrachteten Alternative des
Merkmals M1.3.3 nicht neu ist oder zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit
beruht.

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7.1 Zur Beurteilung der beanspruchten Lehre ist die Druckschrift D1 von
besonderer Bedeutung. Mit Rücksicht auf den daraus bekannten Stand der Tech-
nik fehlt es dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gemäß der ersten
Variante M1.3.3 A1 von Merkmal M1.3.3 an der für die Patentfähigkeit erforderli-
chen Neuheit.

Die Druckschrift D1 beschreibt ein Informationssystem, das für den Benutzer eines
mobilen Endgeräts nach lokalen Informationen, d. h. nach Informationen aus des-
sen geografischer Umgebung sucht (Absätze [0001] bis [0005]). Das bekannte
Informationssystem ermöglicht die Erstellung eines Benutzerprofils, das u. a. die
geografische Position des Benutzers berücksichtigt (Absätze [0001], [0002]). Zur
Informationsgewinnung greift der Benutzer mittels seines Endgeräts, z. B. eines
Mobilfunkgeräts, eines PDAs oder eines Computers über ein Kommunikations-
netzwerk auf einen Server zu.

Damit führt die Druckschrift D1, die als nächstliegender Stand der Technik anzu-
sehen ist, den Fachmann zu einem Verfahren, das der Verwaltung und Präsenta-
tion von Information dient (Merkmal M1.1).

So gestattet das bekannte Verfahren dem Benutzer eines mobilen Endgeräts, ge-
zielt nach Informationen aus der Umgebung seines geografischen Standorts zu
suchen und sich diese an seinem Endgerät wiedergeben bzw. präsentieren zu
lassen (Absätze [0026], [0027], [0126]).
Bei den Informationen handelt es sich um Werbung, Informationen zu Handelswa-
ren, Veranstaltungshinweise, personenbezogene Informationen oder aber Infor-
mationen aus dem Finanzsektor (Absätze [0042] bis [0062]).

Diese werden von einem Dienstleister an einen Server geliefert, wo sie in einer
Datenbank geordnet abgelegt und verwaltet werden (Absätze [0028], [0033],
[0041]). Der Fachmann wird in dem Server der Druckschrift D1 einen Zentralser-
ver i. S. d. Streitpatents erkennen, dessen Datenbank eine Informationssammlung
und damit einen Informationspool repräsentiert. Die Informationssammlung wird
von einem Informationsdienstleister mit Informationen zu den o. g. Themen ver-
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sorgt, der gegenüber der lokalen Datenbank als umfassendere bzw. übergeord-
nete Informationsquelle auftritt oder der auf eine solche zumindest zugreift, um
Informationen an die lokale Datenbank weiterzugeben (Absätze [0028], [0033/34],
[0041], [0100], [0102], [0108], [0136/37], Fig. 1 – Merkmal M1.2).

Der Benutzer eines Endgeräts bzw. Terminals (z. B. eines Mobilfunkgeräts, PDAs
oder Computers) greift auf den Server des in der Druckschrift D1 offenbarten In-
formationssystems zu, um Informationen abzurufen (Absätze [0027], [0028],
[0134]). Merkmal M1.3 geht aus der Druckschrift D1 hervor.

Die Druckschrift D1 lehrt außerdem, dass Suchanfragen vom Benutzerendgerät
an den Server automatisch abgesetzt und die dort ermittelten Suchergebnisse an
den Benutzer zurückgegeben werden (Absätze [0077] bis [0082]). Die an den Ser-
ver gestellten Suchanfragen beruhen dabei auf Suchprofilen, die aus einer Profil-
datenbank („user profile database“, Absatz [0076]), Suchkriterien („search criteria“,
Absätze [0071] bis [0074]) und Regeln („search rules“, Absätze [0064] bis [0067])
generiert werden. Die Suchprofile können benutzerspezifisch eingestellt werden.
So können z. B. über die Regeln die Häufigkeit des Informationsabrufs, die Art der
vom Benutzer gewünschten Information sowie ein geografischer Suchradius fest-
gelegt werden (Absätze [0064] bis [0067]). Außerdem beinhalten die Suchkriterien
und folglich auch die damit erstellten Suchprofile neben Orts- und Zeitangaben
noch besondere Suchschemata („searching information criteria patterns“, Ab-
sätze [0071] bis [0074]). Aus den Absätzen [0084] bis [0086] der Druckschrift D1
geht hervor, dass ein Benutzerterminal (z. B. ein PDA) in regelmäßigen Zeitab-
ständen bestimmte Informationen, z. B. lokale Wetterinformationen auf Grundlage
eines solchen Suchprofils abruft. Damit ist auch Merkmal M1.3.1 offenbart.

In Antwort auf eine Suchanfrage durchsucht der Server des aus der Druckschrift
D1 bekannten Informationssystems seine Datenbank bzw. Informationssammlung
und übermittelt die gefundenen Suchergebnisse als Informationsauswahl an das
Benutzerendgerät (Absätze [0034], [0082] – Merkmal M1.3.2).

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Das Verfahren der Druckschrift D1 sieht vor, benutzerindividuelle Daten über Re-
geln („rules“) mit einem Suchprofil zu verknüpfen (Absätze [0064] bis [0067]). Ins-
besondere werden aber geografische Angaben, wie z. B. der momentane Aufent-
haltsort des Benutzers in Suchkriterien verwendet (Absätze [0071], [0073], [0085]),
um sie mit Suchanfragen, z. B. nach den lokalen Wetteraussichten zu verbinden
(Merkmal M1.3.3 A1).

Die Suchergebnisse werden an das Benutzerendgerät übermittelt. Sie können im
Internet gespeichert, von dort aus auf das Endgerät heruntergeladen und in einem
Informationsfenster angezeigt werden. Daneben besteht die Möglichkeit, sie als
Email-Nachricht, Sprachmitteilung oder in einem Telefonanruf an den Benutzer
weiterzuleiten (Absatz [0126]). Der Fachmann entnimmt Absatz [0117], dass die
jeweiligen Emails inklusive Suchergebnisse auf dem Kommunikationsgerät zumin-
dest zwischengespeichert werden können, um sie sich dann auf eine Benutzer-
anforderung hin darstellen bzw. wiedergeben zu lassen (Merkmal M1.3.4).

Damit gehen sämtliche Merkmale des Gegenstandes nach dem Patentanspruch 1
entsprechend der ersten Alternative M1.3.3 A1 aus der Druckschrift D1 hervor.

7.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß den weiteren Alternativen
von Merkmal M1.3.3 kann nicht mehr ohne weiteres als durch die Lehre der
Druckschrift D1 neuheitsschädlich vorweggenommen bezeichnet werden. Den-
noch hat auch der Patentanspruch 1 entsprechend den Alternativen M1.3.3 A2
und M1.3.3 A3 keinen Bestand, weil sein Gegenstand mit Rücksicht auf den den
Druckschriften D1 und D4 entnehmbaren Stand der Technik nahegelegt ist.

7.2.1 Aus Druckschrift D4 ist insbesondere Folgendes entnehmbar:

Gemäß Druckschrift D4 wird ein anpassungsfähiges Informationssystem bzw. ein
darauf basierendes Verfahren bereitgestellt, das die Suche nach personalisierter
Information in effizienter Weise unterstützt (Abstract; Spalte 1, Zeilen 5-8;
Spalte 1, Zeilen 58-60). Auf dem bekannten System werden Informationen nicht
nur wiedergegeben (Fig. 1, siehe „graphical user interface“, Spalte 6, Zeilen 56
- 18 -
bis 65) sondern dort auch in einem Datenspeicher 70 verwaltet (Spalte 3, Zei-
len 30 bis 34; Spalte 6, Zeile 66 bis Spalte 7, Zeile 3 – Merkmal M1.1). Weiterhin
wird in der Druckschrift D4 ein Informationspool in Gestalt einer oder mehrerer
Datenbanken 20 angelegt, die auf dem Server 10 und/oder auf entfernten Servern
laufen. Laut Spalte 5, Zeilen 44 bis 50 können externe Datenbanken beliebig in
den Informationspool eingebunden werden, so dass ein Rückgriff auf eine überge-
ordnete bzw. umfassendere Informationsquelle gegeben ist. Merkmal M1.2 ist
damit im Verfahren der Druckschrift D4 verwirklicht. Weiterhin greift ein Kommuni-
kationsgerät 40 bzw. Benutzerterminal auf den Server 10 zu (Fig. 1), um Informa-
tionen aus dem Informationspool bzw. den Datenbanken 20 zu gewinnen
(Spalte 2, Zeilen 61 bis 67 – Merkmal M1.3).

Auf dem Kommunikationsgerät 40 sind Präferenz-Informationen („preference
data“) hinterlegt, die eine personalisierte Datenabfrage ermöglichen sollen
(Spalte 3, Zeilen 30-34) und die sich aus persönlichen Vorlieben des Benutzers
sowie Informationen aus der Umgebung zusammensetzen (Spalte 4, Zei-
len 10-41). Eine vom Benutzer getroffene Auswahl an Diensten („communication
services“), die vom Server 10 angeboten werden, wird um diese Präferenz-Infor-
mationen des Benutzers erweitert und an den Server übertragen, damit dort eine
personalisierte Informationssuche in den Datenbanken 20 stattfinden kann
(Spalte 3, Zeilen 30-54). Der Fachmann wird in den erweiterten Daten
(„augmented data“) ein benutzerspezifisch einstellbares Suchprofil erkennen (teil-
weise Merkmal M1.3.1). Selbsttätig, in regelmäßigen Zeitabständen an den Ser-
ver 10 gestellte Suchanfragen gehen aus der Druckschrift D4 allerdings nicht her-
vor (restlicher Teil von Merkmal M1.3.1 fehlt).

Die Suchergebnisse werden gemäß der Lehre der D4 über das Kommunikations-
netzwerk an das Kommunikationsgerät 40 zurückgegeben, angezeigt und dort
zumindest temporär gespeichert (Spalte 5, Zeilen 21-42; Spalte 6, Zeilen 63 bis 65
– Merkmal M1.3.2). Die im Kommunikationsgerät 40 gespeicherten Präferenz-In-
formationen können anhand der Suchergebnisse, die u. a. auf Suchhistorien beru-
hen, ständig verfeinert bzw. weiterentwickelt werden (Spalte 6, Zeile 66 – Spalte 7,
Zeile 1). Eine Verknüpfung von auf dem Kommunikationsgerät 40 lokal hinterleg-
- 19 -
ten benutzerindividuellen Daten („preference data“) mit einer lokal hinterlegten In-
formationsauswahl („retrieved data“) ist damit gegeben (Merkmal M1.3.3 A2). Der
Benutzer kann auf die lokal gespeicherten Suchergebnisse zugreifen, um sie sich
darstellen zu lassen (Spalte 6, Zeilen 63 bis 65 – Merkmal M1.3.4).

7.2.2 Das Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 1 entsprechend den Al-
ternativen M1.3.3 A2 und M1.3.3 A3 von Merkmal M1.3.3 beruht nicht auf erfinde-
rischer Tätigkeit (§ 4 Satz 1 PatG).

Denn zu den routinemäßigen Aufgaben, die sich dem Fachmann stellen, der sich
insbesondere mit Problemen beim Informationsretrieval befasst, gehört es, die
Qualität der Informationssuche ständig zu verbessern. Daher lag es für den
Fachmann nahe, sich überall dort nach Anregungen umzusehen, wo effektive und
vielseitige Informationssysteme zum Einsatz kommen.

Hierzu konnte er der Druckschrift D4 ein anpassungsfähiges Informationssystem
entnehmen, mit dem individuell angepasste Informationen verschickt und empfan-
gen werden können, wobei das bekannte System die Eigenschaft besitzt, sein
Wissen zu erweitern. Für den Fachmann bot es sich daher an, das aus der Druck-
schrift D1 bekannte Verfahren um die Funktionalität einer individuell angepassten
Informationssuche nach dem Vorbild der Druckschrift D4 zu ergänzen, um die Su-
che nach auf den Benutzer zugeschnittenen Informationen durch erlernte Such-
muster und historische Daten zu unterstützen (vgl. D4 Abstract; Spalte 1, Zei-
len 58 bis 60; Spalte 2, Zeilen 39 bis 42). Entsprechend einer solchen kombinier-
ten Lehre wird nicht nur das Suchprofil sondern zugleich die lokal hinterlegte In-
formationsauswahl mit benutzerindividuellen Daten verknüpft, welche ebenso auf
dem Benutzerterminal gespeichert sind (Merkmal M1.3.3 A3).

Unter Berücksichtigung obiger Ausführungen unter Abschnitt 7.1 kann durch die
Merkmalsalternativen M1.3.3 A2 und M1.3.3 A3 das Vorliegen einer erfinderi-
schen Tätigkeit nicht begründet werden.

- 20 -
7.3 Die Beklagte argumentiert, in der Druckschrift D1 würden ausschließlich
und eingeschränkt Navigations- und Transaktions-Suchanfragen behandelt. Mit
dem dort beschriebenen Verfahren sei die Behandlung von Informations-Suchan-
fragen wie im Streitpatent nicht möglich.

Die Argumentation der Beklagten geht bereits deswegen fehl, weil der Patentan-
spruch 1 in der erteilten Formulierung keine Unterscheidung bezüglich der Art der
zu suchenden Informationen trifft.

7.4 Weiterhin macht die Beklagte geltend, dass Merkmal M1.2 in der Druck-
schrift D1 nicht offenbart sei. Bei dem in der Druckschrift D1 beschriebenen Sys-
tem handle es sich um ein reines Push-System, d. h. Informationen würden vom
Informationsdienstleister nur zum Server gesendet; eine Suche des Servers in der
übergeordneten Informationsquelle (z. B. Internet) finde nicht statt.

Demgegenüber besage das Merkmal M1.2 explizit, dass durch „Rückgriff“ auf eine
übergeordnete Informationsquelle gearbeitet werde, also eine „fallweise intelli-
gente Informationssuche“ initiiert werde. Die Patentschrift verstehe unter dem Be-
griff „Rückgriff auf eine übergeordnete Informationsquelle“ eine aktive Suche im
Internet und sogar mehr noch eine zusätzliche Prüfung auf Aktualität, Richtigkeit
und Seriosität. Die Patentinhaberin beruft sich dabei auf Absatz [0037] der Patent-
schrift. Nach ihrer Auffassung frage das System der Druckschrift D1 nicht bei einer
übergeordneten Informationsquelle nach.

Der Argumentation kann nicht gefolgt werden. Das im erteilten Patentanspruch 1
gegenüber dem ursprünglichen Patentanspruch 1 neu hinzugekommene Merkmal
M1.2, wonach unter Rückgriff auf eine übergeordnete Informationsquelle in einem
Zentralserver ein Informationspool angelegt wird, lässt völlig offen, von woher der
Zugriff auf die übergeordnete Informationsquelle erfolgt. So kann der Informati-
onspool mittels eines Zugriffs des Zentralservers auf die übergeordnete Informati-
onsquelle angelegt bzw. neu aufgesetzt werden. Er kann aber auch dadurch auf-
gebaut werden, dass ein beliebiger Host bzw. ein beliebiger Dienstleister auf die
übergeordnete Informationsquelle zugreift und die dort gefundene Information an
- 21 -
den Informationspool des Zentralservers weiterreicht (z. B. nach Art einer Push-
Technologie). Gemäß der Druckschrift D1 wird der Informationspool von einem
Informationsdienstleister versorgt (Absatz [0028]), der entweder selbst als überge-
ordnete Informationsquelle auftritt oder auf eine solche zumindest zugreift, um sich
seine Informationen von irgendwoher zu beschaffen. Eine „fallweise intelligente
Informationssuche“ entsprechend dem in Absatz [0037] des Streitpatents geschil-
derten Ausführungsbeispiel wird in Merkmal M1.2 ersichtlich nicht beansprucht. In
diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass ein Ausführungsbeispiel regelmäßig
keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden
Patentanspruchs erlaubt (vgl. BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinze-
lungseinrichtung). Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts eines Patentanspruchs
ist generell nicht zulässig; dies gilt insbesondere, wenn (wie im Fall des Streitpa-
tents) der Beschreibung eine Schutzbegrenzung auf bestimmte Ausführungsfor-
men nicht zu entnehmen ist (vgl. BGH GRUR2007, 309 – Schussfädentransport).

7.5 Ferner wendet die Beklagte ein, dass Merkmal M1.3.3 in der Druckschrift
D1 nicht offenbart sei, da im bekannten Verfahren keine Verknüpfung mit einem
Suchprofil vorliege. Auch die „rules“ der Druckschrift D1 würden nicht vom Benut-
zerterminal angewendet sondern allein vom Server. Dass das Benutzerterminal
auf Grund von lokaler Intelligenz aus den Informationen vom Server irgendeine
Verknüpfung erzeugt, sei nicht offenbart. Außerdem sei schon eine lokale Spei-
cherung von Daten im Benutzerterminal der Druckschrift D1 nicht vorgesehen.
Vielmehr diene das Benutzerterminal nur der Anzeige der gesuchten Information.

Dem Einwand kann nur teilweise zugestimmt werden. Die Druckschrift D1 offen-
bart, benutzerindividuelle Daten aus einer Profildatenbank („user profile data-
base“) mit einem Suchprofil, bestehend aus Regeln („rules“) und Suchkriterien
(„search criteria“) zu verknüpfen (Absätze [0064] bis [0067]; [0076]). Insbesondere
werden aber geografische Angaben, wie z. B. der momentane Aufenthaltsort des
Benutzers in Suchkriterien verwendet (Absätze [0071], [0073], [0085]), um sie mit
Suchanfragen, z. B. nach den lokalen Wetteraussichten zu verbinden. Dass die
„rules“ der Druckschrift D1 möglicherweise nur vom Server angewendet werden,
steht der anspruchsgemäßen Verknüpfung von benutzerindividuellen Daten mit
- 22 -
einem Suchprofil nicht entgegen. Dass in der Druckschrift D1 eine Speicherung
von Daten im Benutzerterminal vorgesehen ist, ergibt sich aus mehreren Text-
stellen (vgl. Absätze [0117] und [0126]). Somit ist die erste Variante von Merkmal
M1.3.3 im Verfahren der Druckschrift D1 verwirklicht. Allerdings ist der Beklagten
darin zuzustimmen, dass Druckschrift D1 nicht offenbart, vom Server empfangene
Informationen im Benutzerterminal mit lokal gespeicherten Informationen zu ver-
binden. Dass das Benutzerterminal, etwa auf Grund von lokaler Intelligenz, aus
den Informationen vom Server irgendeine Verknüpfung erzeugt, wird aber zumin-
dest in dieser ersten Merkmalsalternative M1.3.3 A1 nicht verlangt.

7.6 Die Beklagte macht geltend, dass auch Merkmal M1.3.4 in Druckschrift D1
nicht offenbart sei.

Bei Merkmal M1.3.4 handle es sich gerade um die Möglichkeit, Informationen
auch lokal im Benutzerterminal vorzuhalten, auf die der Benutzer auf Anfrage
(ohne den Zentralserver abzufragen) zugreifen kann. Demgegenüber sehe die
Druckschrift D1 nur eine Weiterleitung an den Benutzer über verschiedene Kom-
munikationswege vor. Eine lokale Abfrage des Benutzers sei gerade nicht vorge-
sehen.
Auch dieser Einwand greift nicht durch. So geht aus den o. g. Absätzen [0117] und
[0126] hervor, dass der Benutzer am Benutzerterminal (z. B. in Microsoft Outlook)
in lokal gespeicherten Suchergebnissen nachschlagen kann.

7.7 Mit dem Patentanspruch 1 fällt der gesamte Hauptantrag.

Verteidigt der Patentinhaber, das Patent in beschränktem Umfang mit einem be-
stimmten Anspruchssatz oder bestimmten Anspruchssätzen, rechtfertigt es grund-
sätzlich die Ablehnung des gesamten Antrages, wenn sich auch nur der Gegen-
stand eines Patentanspruchs aus dem vom Patentinhaber verteidigten An-
spruchssatz als nicht patentfähig erweist (BGH, GRUR 2007, 862 – Informations-
übermittlungsverfahren II).

- 23 -
Allerdings ist das Gericht gehalten, aufzuklären, in welchem Verhältnis die Hilfs-
anträge zu einem nicht ausdrücklich formulierten Petitum stehen sollen, einem
formal vorrangigen Antrag nur teilweise zu entsprechen (BGH GRUR 2017,
57 - Datengenerator). Das betrifft auch den Nebenanspruch des Hauptantrags. Im
vorliegenden Fall hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung aus-
drücklich erklärt, sie verstehe die Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen
jeweils als geschlossene Anspruchssätze, die sie jeweils in ihrer Gesamtheit be-
anspruche. Das schließt eine separate Betrachtung einzelner Nebenansprüche
aus.

8. Zu Hilfsantrag 1

Hilfsantrag 1 bleibt ohne Erfolg, weil sein Patentanspruch 1 nichts Zusätzliches
enthält, was eine Patentfähigkeit tragen könnte.

8.1 Der Hilfsantrag 1 kann nicht günstiger als der Hauptantrag beurteilt wer-
den, weil das zum Patentanspruch 1 neu hinzugekommene Merkmal sowohl aus
Druckschrift D1 als auch D4 bekannt ist.

Gemäß Hilfsantrag 1 wird der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch
Merkmal M1.2´ weiter eingeschränkt, das Merkmal M1.2 ersetzen soll:

(M1.2´) „bei welchem unter Rückgriff auf das Internet in einem
Zentralserver (2) ein Informationspool (6) angelegt wird,“

Demnach wird in Merkmal M1.2´ präzisiert, dass es sich bei der „übergeordneten
Informationsquelle“ um das Internet handeln soll.

Diese Maßnahme kann jedoch die Patentfähigkeit der beanspruchten Lehre nicht
begründen.

So wird bereits in der Druckschrift D1 an mehreren Stellen auf die enorme Be-
deutung des Internets im Informationswesen und im Handel hingewiesen (Ab-
- 24 -
sätze [0009], [0011]). In Absatz [0009] wird z. B. ausgeführt, dass sich das Internet
zur besten Informationsquelle für mobile Informationssysteme entwickelt habe.
Laut Absatz [0026] soll das offenbarte Informationssystem dem Benutzer ermögli-
chen, Informationen aus dem Internet zu beziehen, die mit dessen geografischem
Ort verknüpft sind. Vor diesem Hintergrund las der Fachmann in Absatz [0028] in
Verbindung mit Figur 2 (siehe „Internet 27“) mit, dass der Informationsdienstleister
(„information provider“) der Druckschrift D1 den zentralen Server in erster Linie mit
Informationen aus dem Internet versorgt, die dann in der verknüpften Datenbank
(Absatz [0033]) hinterlegt werden, so dass ein Informationspool geschaffen wird
(Merkmal M1.2´).

Weiterhin wird in der Druckschrift D4 ausgeführt, dass im dort offenbarten Infor-
mationssystem das Kommunikationsgerät 40 über das Internet auf den Server 10
und die angeschlossenen Datenbanken 20 zugreift (Spalte 3, Zeilen 8 bis 19;
Spalte 5, Zeilen 44 bis 50; Fig. 1). Dabei geht aus der Druckschrift D4 klar hervor,
dass durch die Auswahl und Einbeziehung von Datenbanken entfernter Server im
Internet ein Informationspool erzeugt werden kann (Spalte 5, Zeilen 44 bis 50,
siehe „… selection and incorporation of such databases…“). Damit ist auch aus
der Druckschrift D4 ein Rückgriff auf das Internet mit dem Ziel, einen Informati-
onspool anzulegen, unmittelbar zu entnehmen (Merkmal M1.2´).

8. 2. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zum Hauptantrag hat somit auch
der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 keinen Bestand, weil der Gegenstand
seines Patentanspruchs 1 zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Mit
dem Patentanspruch 1 fällt der gesamte Antrag.

9. Zu den Hilfsanträgen 2, 3 und 4

Die Hilfsanträge 2, 3 und 4 bleiben ebenfalls ohne Erfolg, weil der Gegenstand
ihres jeweiligen Patentanspruchs 1 zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit
beruht.

- 25 -
9.1 Die Hilfsanträge 2, 3 und 4 können nicht günstiger als der Hauptantrag und
der Hilfsantrag 1 bewertet werden, weil die drei Varianten des Merkmals M1.3.3
aus den Druckschriften D1 und D4 zumindest nahegelegt sind.

Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 wird gegenüber Hilfsantrag 1 das
Merkmal M1.3.3 durch Merkmal M1.3.3 A1 ersetzt:

(M1.3.3 A1) „dass durch das Benutzerterminal (4) das Suchprofil (P) mit
lokal hinterlegten benutzerindividuellen Daten verknüpft wird
und“.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Hilfsantrag 1
durch das Merkmal M1.3.3 A2, das an die Stelle von Merkmal M1.3.3 treten soll:

(M1.3.3 A2) „dass durch das Benutzerterminal (4) die lokal hinterlegte In-
formationsauswahl (I) mit lokal hinterlegten benutzerindividu-
ellen Daten verknüpft wird und“.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 enthält gegenüber Hilfsantrag 1 das
Merkmal M1.3.3 A3, das Merkmal M1.3.3 ersetzt und die Merkmale M1.3.3 A1
und M1.3.3 A2 miteinander verbindet:

(M1.3.3 A3) „dass durch das Benutzerterminal (4) das Suchprofil (P) und
die lokal hinterlegte Informationsauswahl (I) mit lokal hinter-
legten benutzerindividuellen Daten verknüpft wird und“.

Die jeweiligen Maßnahmen der drei Varianten des Merkmals M1.3.3 können die
Patentfähigkeit der jeweils beanspruchten Lehren nicht begründen. Zur Vermei-
dung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen zu Hauptantrag und Hilfsan-
trag 1 verwiesen.

- 26 -
9.2 Damit ist auch der Patentanspruch 1 in der jeweiligen Fassung der Hilfsan-
träge 2, 3 und 4 nicht patentfähig. Mit dem Patentanspruch 1 fällt jeweils der ge-
samte Hilfsantrag.


II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 ZPO. Die Ent-
scheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m.
§ 709 Satz 1 und 2 ZPO.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG
statthaft.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form
abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung -
durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder
Patentanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe, einzulegen.

Die Berufungsschrift muss

- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie
- die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,

- 27 -
enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte
Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


Guth Baumgardt Dr. Thum-Rung Dr. Forkel RiBPatG Heimen
ist an das BMJV
abgeordnet und
kann nicht
unterschreiben

Guth

Pr


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