29 W (pat) 9/16  - 29. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:200318B29Wpat9.16.0


BUNDESPATENTGERICHT


29 W (pat) 9/16
_______________________
(Aktenzeichen)


B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2014 048 035.2

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
20. März 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-
Huber sowie der Richterinnen Akintche und Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

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G r ü n d e

I.

Die Bezeichnung

Kampfmaschine

ist am 23. Mai 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und
Markenamt (DPMA) geführte Register für die Waren der

Klasse 16: Papier; Pappe [Karton];

Klasse 25: Bekleidung; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;

Klasse 28: Spiele; Spielzeug;

angemeldet worden.

Mit Beschluss vom 17. August 2015 hat die Markenstelle für Klasse 25 des DPMA
die Anmeldung wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß §§ 37
Abs. 1 und Abs. 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise, nämlich in oben fett ge-
drucktem Umfang zurückgewiesen. Die sprachübliche Kombination der beiden
Begriffe des deutschen Grundwortschatzes „Kampf“ und „Maschine“ erschließe
sich ohne weiteres in ihrem sachlichen Gehalt. Je nach Kontext und konkretem
Warenbezug werde das Anmeldezeichen in seinem unmittelbaren lexikalischen
gegenständlichen Sinne als Kampfgerät verstanden. Im übertragenen Sinne wer-
de es zur Bezeichnung von Wesen verwendet, die sehr sportlich und kraftvoll er-
schienen. Der hier von den Waren der Klassen 25 und 28 angesprochene all-
gemeine Verkehr werde die Wortkombination dahingehend verstehen, dass es
sich um Bekleidung, Schuhe bzw. Kopfbedeckungen handele, die sich speziell für
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Menschen mit hohem sportlichen Anspruch und/oder Potenzial eigneten. Insoweit
könne man primär an Bekleidung und Schuhe für Kraftsportler, Bodybuilder und
sonstige Extremsportler denken. Zudem könne es betreffend Bekleidung auch be-
schreibend dahin verstanden werden, dass es sich um Bekleidung im Stile von
Kampfmaschinen aus dem Science-Fiction- bzw. Star-Wars-Bereich handele, in-
dem die Bekleidung z. B. entsprechende Aufdrucke aufweise und Schuhe und
Kopfbedeckungen besonders kämpferisch anmuteten. Bei den in Klasse 28 bean-
spruchten Spielwaren könne es sich gegenständlich um „Kampfmaschinen“ han-
deln. Der angesprochene Verkehr werde der angemeldeten Bezeichnung daher
einen im Vordergrund stehenden Sachhinweis betreffend die Art und die Zweck-
bestimmung der Waren beimessen, sie aber nicht als herkunftsindividualisieren-
den Hinweis auf einen bestimmten Anbieter auffassen.
Dieser Beschluss der Markenstelle ist den anwaltlichen Vertretern der Anmelderin
am 27. November 2015 zugestellt worden.

Bereits am 21. Oktober 2015 hat das DPMA versehentlich die Bestandskraft des
Teilzurückweisungsbeschlusses festgestellt, die Klasse 16 als neue Leitklasse der
Anmeldung bestimmt und am 22. Oktober 2015 das Zeichen für die nicht von der
Zurückweisung erfassten Waren der Klasse 16 „Papier; Pappe [Karton]“ in das
Register eingetragen.

Gegen den Teilzurückweisungsbeschluss richtet sich die am 16. Dezember 2015
beim DPMA eingelegte und am 4. März 2016 dem BPatG zugeleitete Beschwerde
der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des DPMA vom
17. August 2015 aufzuheben.

Die Anmelderin hat ihre Beschwerde nicht begründet und auch zu einem Verfah-
renshinweis des Senats vom 14. Februar 2018 keine Stellung genommen. Im
Amtsverfahren hat sie die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem Anmelde-
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zeichen nicht um einen lexikalisch erfassten Begriff handle, auch wenn die einzel-
nen Bestandteile für sich genommen jeweils eine Bedeutung in sich trügen. Im
Sprachgebrauch sei die Bezeichnung nicht geläufig und besitze keinen unmittelbar
zugänglichen sachlichen Bedeutungsgehalt, der die beanspruchten Waren zu be-
schreiben geeignet sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundespatentgerichts für das Ge-
schäftsjahr 2016 ist für die Frage der Zuständigkeit der Senate in markenrecht-
lichen Beschwerdeverfahren die Angabe der Leitklasse maßgeblich, wie sie bei
Eingang des Rechtsmittels bei Gericht in der Amtsakte des DPMA vermerkt ist.
Dies ist im vorliegenden Fall die Leitklasse 16 mit der Folge, dass die Be-
schwerde dem erkennenden 29. Senat zugewiesen ist (Geschäftsvertei-
lung 2016, Seite 48, 29. Senat Ziffer a).

2. Der Eintragung der Bezeichnung „Kampfmaschine“ als Marke steht in Bezug
auf die verfahrensgegenständlichen Waren das absolute Schutzhindernis der
fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer
Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-
mittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und
Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kenn-
zeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer
Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi AG/ HABM
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[Vorsprung durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH
GRUR 2016, 934 Rn. 9 - OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 - for you; GRUR 2013,
731 Rn. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 - Starsat). Denn die
Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeich-
neten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. - Audi AG/
HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. - OUI; a. a. O. - for you). Da
allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis
begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so
geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden
(BGH a. a. O. - OUI; a. a. O. - for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der
Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen
seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer
analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428
Rn. 53 - Henkel; BGH a. a. O. Rn. 10 - OUI; a. a. O. Rn. 16 - for you; BGH
GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE
CORPORATION).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten An-
meldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten)
sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und anderer-
seits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die
Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Wa-
ren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411
Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943 Rn. 24 - SAT 2; BGH
WRP 2014, 449 Rn. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft,
wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund
stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674,
Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 - Starsat; GRUR 2012, 270
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Rn. 11 - Link economy) oder die Zeichen sich auf Umstände beziehen, welche
die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betref-
fen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird
und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH
GRUR 2014, 1204 Rn. 16 - DüsseldorfCongress; a. a. O. Rn. 16 - Gute Laune
Drops; a. a. O. Rn. 23 - TOOOR!).

Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen ist dem Zeichen „Kampfma-
schine“ im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren der
Klassen 25 und 28 die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG abzusprechen. Denn die hier angesprochenen breiten Verkehrskreise
werden das Anmeldezeichen im konkreten Warenzusammenhang nur als
Sachhinweis auffassen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft aus einem be-
stimmten Unternehmen.

Das Anmeldezeichen weist einen ohne weiteres verständlichen Begriffsinhalt
auf. Anders als die Anmelderin meint, ist das Wort „Kampfmaschine“ lexikalisch
erfasst und war es bereits vor dem Anmeldezeitpunkt; es bezeichnet eine Ma-
schine, einen Roboter oder Ähnliches für Kampfeinsätze bzw. ein Kampfflug-
zeug (vgl. DUDEN Online unter www.duden.de; Duden Deutsches Univer-
salwörterbuch, 8. Auflage 2015). In der deutschen Umgangssprache wird
„Kampfmaschine“ schon seit langem auch als Bezeichnung für einen Men-
schen, der martialisch aussieht, kämpferisch anmutet oder Kampfsportarten be-
treibt, verwendet. Dies zeigen - ergänzend zu den bereits im angegriffenen Be-
schluss aufgeführten Verwendungsbeispielen - die der Beschwerdeführerin
vorab übermittelten Rechercheergebnisse des Senats (Bl. 15 - 18 d. A.). So fin-
den sich dort Ausführungen wie „MMA-FIGHTER…: DIE NACKTE
KAMPFMASCHINE…In...(seinem)...Fall trügt der optische Eindruck nicht. Eine
Kampfmaschine von innen wie außen.“; ein Fußballspieler wird wie folgt vorge-
stellt: „Unsere Kampfmaschine, auf die man sich immer verlassen kann.“; ein
Karate- und Kickboxtrainer wird wie folgt beschrieben: „M….ist unsere Kampf-
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maschine.“; ein Text im Rahmen einer Presse- und Fernsehanalyse trägt den
Titel: „Von Kampfmaschinen und Ballkünstlern“.

Der Senat teilt daher die Auffassung der Markenstelle, dass die hier angespro-
chenen allgemeinen Verbraucher das Anmeldezeichen als Hinweis auf die Ziel-
gruppe erachten, mithin darauf, dass die Waren der Klasse 25 „Bekleidung;
Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ - die im Übrigen auch Sportbekleidung umfas-
sen - für derartige menschliche „Kampfmaschinen“ bestimmt und geeignet sind,
weil sie beispielsweise sehr strapazierfähig sind (vgl. auch EuG, Entscheidung
vom 11.05.2017 - T 372/16 - Männerspielplatz).

Betreffend die in Klasse 28 beanspruchten „Spielwaren“ wird der angespro-
chene Verkehr der angemeldeten Bezeichnung den gegenständlichen Gehalt
entnehmen, dass es sich dabei z. B. um Kampfflugzeug-Modelle handelt. Die
weiteren Waren der Klasse 28 „Spiele“ umfassen beispielsweise auch Quartett-
Spielkarten. Neben Autoquartetts erfreuen sich Karten mit Fahrzeugen aller Art
oder sonstigen technischen Motiven großer Beliebtheit; dem entsprechend kann
mit „Kampfmaschine“ ein Hinweis auf das Kartenmotiv gegeben werden.

Schließlich hat bereits die Markenstelle zutreffend darauf hingewiesen, dass es
sich bei „Kampfmaschine“ auch um eine gängige Begrifflichkeit zur Umschrei-
bung von Spielzeugfiguren mit kämpferischem Charakter handelt. Die der Be-
schwerdeführerin vorab übermittelten Verwendungsbeispiele (Bl. 19 - 38 d. A.)
belegen eindrucksvoll, dass diese Figuren auch mehr als treffend mit „Kampf-
maschine“ beschrieben werden.

Der angesprochene Verkehr wird dem Anmeldezeichen „Kampfmaschine“ nach
alledem einen im Vordergrund stehenden sachlichen Gehalt betreffend Art und
Zweckbestimmung der verfahrensgegenständlichen Waren beimessen, es aber
nicht als herkunftsindividualisierenden Hinweis auf einen bestimmten Anbieter
auffassen.
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3. Da schon das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann da-
hinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG für die beschwerdegegenständlichen Waren freihaltungsbedürftig ist.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statt-
haft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abge-
lehnt war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschrif-
ten über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bun-
desgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof zugelas-
sene Rechtsanwältin oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt
schriftlich einzulegen.


Dr. Mittenberger-Huber Akintche Seyfarth

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