29 W (pat) 8/16  - 29. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



29 W (pat) 8/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
24. Mai 2017



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Markenanmeldung 30 2014 065 103.3

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2017 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Mittenberger-Huber sowie die Richterinnen Akintche und Seyfarth

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beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I.

Das Wort-/Bildzeichen



ist am 22. Oktober 2014 unter der Nummer 30 2014 065 103.3 zur Eintragung als
Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register
für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 35: Werbung, nämlich Analyse der öffentlichen Wahrnehmung von
Werbung, Dienstleistungen zur Ermittlung des über die Werbung er-
reichten Publikums, Auskünfte in Bezug auf Werbung, Beratung in
Bezug auf Werbung für Franchise-Unternehmen, Beratungs- und
Assistenzdienste im Bereich Werbung, Erstellen von Werbeanaly-
sen, Erstellen von Werbematerial, Erstellen von Werbetexten, Er-
teilen von Auskünften in Werbeangelegenheiten, Herausgabe und
Aktualisierung von Werbetexten, Online-Werbung für Computer-
netze und Websites, Online-Werbung für Dienstleistungen und Wa-
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ren auf Websites, Online-Werbung für Dritte über elektronische
Kommunikationsnetze, Online-Werbung in computergestützten
Kommunikationsnetzen, Organisation, Durchführung und Überwa-
chung von Kundentreueprogrammen [Werbung], Organisation,
Durchführung und Überwachung von Prämienprogrammen [Wer-
bung], Verbreitung von Werbung für Dritte, Verbreitung von Wer-
bung für Dritte über das Internet, Verbreitung von Werbung für Dritte
über ein Online-Kommunikationsnetz im Internet, Vermietung von
Werbeausrüstung, Vermietung von Werbeflächen auf Druckschrif-
ten, Vermietung von Werbeflächen in elektronischen Medien und in
weltweiten Informationsnetzen, Vermietung von Werbeflächen in
Zeitschriften, Zeitungen und Magazinen, Vermietung von Werbeta-
feln, Vermietung von Werbeträgern, Vermietung von Werbezeit in
Kommunikations-Medien, Vermittlung und Vermietung von Werbe-
flächen im Internet, Vermittlung von Werbeflächen in Zeitungen,
Werbung durch Werbeschriften, Werbung für Datenbanken, Wer-
bung für Dienstleistungen, Werbung für Unternehmen, Werbung für
Waren und Dienstleistungen auf Websites [online], Werbung in Zeit-
schriften, Broschüren und Zeitungen, Werbung mittels Datenban-
ken, Werbung mittels Direktmarketing, Werbung mittels elektroni-
scher Anzeigetafeln, Werbung und Reklame per Fernsehen, Rund-
funk, Post, Werbung und Verkaufsförderung in Bezug auf Waren
und Dienstleistungen, die mittels Telekommunikation oder auf elekt-
ronischem Wege angeboten und bestellt werden können, Werbung
über ein Mobiltelefonnetz, Werbung, einschließlich Verkaufsförde-
rung für Waren und Dienstleistungen Dritter durch Sponsoren- und
Lizenzvereinbarungen in Bezug auf internationale Sportveranstal-
tungen, Zusammenstellung von Werbung zur Verwendung auf Web-
seiten; Marketing, nämlich Analyse von Marktforschungsdaten und -
statistiken, Analysen in Bezug auf Marketing, Auskünfte in Bezug
auf Geschäftsangelegenheiten, Auskünfte in Bezug auf Marketing,
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Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten mittels Computerterminals,
Auskünfte über Marktforschung, Beratung im Bereich Geschäftsfüh-
rung und Marketing, Beratung, Erteilung von Auskünften oder Infor-
mation in Geschäftsangelegenheiten, Beratungs- und Assistenz-
dienste im Bereich Marketing, Dienstleistungen einer Marketinga-
gentur, Dienstleistungen zur Förderung der Kundenbindung [Ent-
wicklung von Bonusprogrammen für Marketingzwecke], Durchfüh-
rung von Marketingkampagnen, Produkteinführungsdienste [Marke-
ting], Erstellen auditiver und visueller Warenpräsentationen für Un-
ternehmen [Marketing], Erstellen von Gutachten über Marktanaly-
sen, Erstellen von Marktprognosen, Erstellung von Marketingbe-
richten, Markenpositionierung [Marketing], Sammeln von Marktfor-
schungsdaten, statistische Auswertung von Marketingdaten Unter-
suchungen zu Marketingstrategien; Verkaufsförderung, nämlich
Entwicklung von Marken [Werbung und Verkaufsförderung], Markt-
forschung für Werbezwecke, Marktforschung in Bezug auf neue
Dienstleistungen, Verkaufsförderung für Dienstleistungen [für Dritte]
durch Vermittlung von Werbung, Verteilung von Werbe-, Marketing-
und verkaufsfördernden Materialien.
Mit Beschluss vom 4. September 2015 hat die Markenstelle für Klasse 35 des
DPMA die Anmeldung gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG wegen
fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt, das angemeldete Zeichen sei sprachüblich aus
der inzwischen in die deutsche Werbesprache eingegangenen Abkürzung „POS“
für „Point of Sale“, dem mathematischen Pluszeichen (+) sowie der Wortfolge der
deutschen Alltagssprache „Mehr als Service“ zusammengesetzt. Diese Zusam-
mensetzung werde von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen dahinge-
hend verstanden, dass es sich bei den angebotenen Dienstleistungen um solche
handele, die mit einem Verkaufsort, auch virtuell, zu tun hätten, der einen über das
normale Maß hinausgehenden Service biete. Was ein Point of Sale, der einen
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herausragenden Service biete, alles leiste, müsse nicht genau definiert werden, da
dies naturgemäß sehr weit gefächert sein könne. Eine gewisse Unschärfe des an-
gemeldeten Markenbegriffs führe noch nicht zu seiner Schutzfähigkeit. Eine Mehr-
deutigkeit sei ebenfalls nicht ersichtlich, da fern liegende Bedeutungen außer Be-
tracht bleiben könnten und es ausreiche, wenn eine der denkbaren Wortbedeu-
tungen beschreibend sei. Der Gesamtbegriff ergebe keinen über die Bedeutung
der Einzelbestandteile hinausgehenden schutzfähigen Aussagegehalt. Auch die
graphische Gestaltung, nämlich die Verwendung einer üblichen Schriftart in Fett-
druck und eine Art Schreibschrift, eine Untereinanderschreibung sowie ein +-Zei-
chen in einem blauen Kreis könne der hier zu beurteilenden Marke keine Schutz-
fähigkeit verleihen. Der Verkehr sehe das Zeichen in seiner Gesamtheit lediglich
als beschreibenden Hinweis, nicht aber als Hinweis auf ein bestimmtes Unter-
nehmen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß be-
antragt,

1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA
vom 4. September 2015 aufzuheben.
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, das angemeldete Zeichen habe in
seiner Gesamtheit keine beschreibende Bedeutung, sondern sei ungewöhnlich,
neuartig und verfüge über eine gewisse Originalität, so dass es als betrieblicher
Herkunftshinweis geeignet sei. Das angemeldete Zeichen bestehe erkennbar aus
drei Markenbestandteilen, nämlich den bildlich erhaben geschriebenen (3-dimen-
sionalen) schwarzen Großbuchstaben POS, einem Bildelement mit erhabener
blauer Bildfläche (3-dimensional) und weißem Kreuz (3-dimensional) und unter
dieser dreidimensionalen Kombination angeordnet, in schwarzer Schreibschrift die
Wortfolge „Mehr als Service!“ mit Ausrufezeichen. Das Akronym „POS“ habe 102
unterschiedliche Bedeutungen. Die englische Abkürzung der Bezeichnung „Point-
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of-Sale/Point-of-Service“, unterstellt, die deutschen Verkehrskreise würden diese
Bezeichnung erkennen, sei mit einer deutschen Wortfolge kombiniert worden. Das
Wort „Service“, ebenfalls aus Einzelbuchstaben gebildet, erschließe sich dem Be-
trachter nicht. Der Teil in der Wortmitte sei derart verfremdet, dass er, wenn er
überhaupt als Buchstabe gelesen werden soll, eher an „w“ oder „n“ erinnere, an
dem sich bei analysierender Betrachtungsweise ein i und die Buchstaben „c“ und
„e“ anschließen würden. Demzufolge könnte das Wort auch als „sewice“ oder „se-
nice“ gelesen werden. Das Bildelement bestehe aus stilisierten grafischen Ele-
menten und sei in einer solchen Weise verfremdet worden, dass es schon nicht
ohne weiteres als Pluszeichen erkannt werden könne. Selbst wenn man es als
solches erkenne, ergebe sich eine Vielzahl von Bedeutungs- und Kombinations-
möglichkeiten, nämlich „Mehr POS Mehr als „sewiche“ (oder … „senice“) oder
„POS Mehr als „sewice“ (oder … „senice“) „mehr“ (bei einer Zuordnung des
Bildelements zum Gesamtzeichen) und daraus folge unmittelbar, dass der ange-
gebene Bedeutungsgehalt vom Verkehr nicht sofort und ohne weiteres Nachden-
ken zweifelsfrei erfasst werden könne. Schließlich sei das Pluszeichen ein spre-
chendes Symbol für den Pluspol einer Batterie, so dass „POS+“ die Bedeutung
„POS Pluspol“ habe, was in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen eine
Phantasiebezeichnung sei. In der Summe und der konkreten Zusammenfügung
seiner Elemente könne dem angemeldeten Zeichen daher ein Minimum an Unter-
scheidungskraft nicht abgesprochen werden. In der Gesamtbetrachtung weise die
Bezeichnung eine ungewöhnliche Struktur, Bildelemente und weitere Besonder-
heiten syntaktischer und semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen
Aussagegehalt wegführten. Zur Frage der Schutzfähigkeit komplexer Kennzeichen
regt die Beschwerdeführerin die Zulassung der Rechtsbeschwerde an, da über
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sei.
Zu dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr trägt die Beschwerdefüh-
rerin vor, die Markenstelle für Klasse 35 habe die Ergebnisse ihrer Internetrecher-
che erst mit dem Zurückweisungsbeschluss zugestellt, so dass die Anmelderin
weder schriftlich noch im Rahmen einer Anhörung habe Stellung nehmen können.
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Dieser Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs sei für die Entscheidung
ursächlich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Eintragung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens als Marke gemäß
§§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienst-
leistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ge-
mäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten
Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt.
a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer
Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens
gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (EuGH
GRUR 2015, 1198 Rn. 59 f. - Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2016, 934
Rn. 9 - OUI; GRUR 2015, 173 Rn. 15 - for you; GRUR 2014, 565 Rn. 12 - smart-
book; GRUR 2013, 731 Rn. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 - Starsat; BGH
GRUR 2012, 270 Rn. 11 - Link economy). Denn die Hauptfunktion der Marke be-
steht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleis-
tungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi AG/ HABM [Vor-
sprung durch Technik]; BGH GRUR 2015, 173 Rn. 15 - for you; BGH,
GRUR 2009, 949 Rn. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterschei-
dungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch
so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden
(BGH a. a. O. - OUI; a. a. O. - for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der
Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen
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Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden
Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 - Henkel
KGaG/ DPMA [Henkel]; BGH a. a. O. - for you; a. a. O. Rn. 12 - Link economy).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmel-
dezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) sind ei-
nerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die
Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrneh-
mung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienst-
leistungen abzustellen ist (EuGH, GRUR 2008, 608 Rn. 67 - Eurohypo/ HABM
[EUROHYPO]; GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/ HABM [Matratzen
Concord/Hukla]; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 - grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehen-
den beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH, GRUR 2004, 674 Rn. 86 -
Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 - Starsat; a. a. O. Rn. 11 - Link eco-
nomy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deut-
schen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen
einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur
als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH
GRUR 2014, 872 Rn. 21 - Gute Laune Drops; GRUR 2010, 1100
Rn. 20 - TOOOR!; GRUR 2010, 640 Rn. 13 - hey!).
Besteht eine Marke - wie im vorliegenden Fall - aus mehreren Elementen, ist bei
der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszu-
gehen (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 9 - DüsseldorfCongress). Auch ein zusam-
mengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vor-
gaben für sich genommen schutzunfähig sind, bleibt im allgemeinen selbst be-
schreibend, sofern kein merklicher Unterschied zwischen der Kombination in ihrer
Gesamtheit und der bloßen Summe der Bestandteile besteht (EuGH GRUR 2004,
674 Rn. 98 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rn. 38 - BIOMILD).
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An die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen und Slogans sind
keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen (EuGH
GRUR Int. 2012, 914 Rn. 25 - Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE
EINFACH]; a. a. O. Rdnr. 36 - Audi/HABM [Vorsprung durch Technik];
GRUR 2004, 1027, Rn. 33 und 34 - Erpo Möbelwerk [Das Prinzip der Bequemlich-
keit]; BGH a. a. O. Rn. 17 - for you). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist
deshalb bei einer kürzeren Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder
Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen (BGH a. a. O.
Rn. 14 - Gute Laune Drops). Der anpreisende Sinn einer angemeldeten Wortfolge
schließt allerdings deren Eignung als Herkunftshinweis nur dann aus, wenn der
Verkehr sie ausschließlich als werbliche Anpreisung versteht (BGH a. a. O. Rn. 23
- OUI).
b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das angemel-
dete Zeichen auch in seiner Gesamtheit nicht.
aa) Die hier angesprochenen Verkehrskreise - sowohl Unternehmensinhaber
bzw. Angehörige der unternehmerischen Führungsebene als auch der Endver-
braucher werden im Anmeldezeichen wegen der darin enthaltenen Sachaussage
keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen erkennen.
bb) Das angemeldete Zeichen besteht aus den in schwarzer Fett-
schrift gestalteten Buchstaben , dem Zeichen , welches
neben dem Wortbestandteil „POS“ am oberen Ende des Buchstabens „S“ steht,
und dem weiteren Wortbestandteil , der als Schriftzug
unterhalb des Wortbestandteils „POS“ angeordnet ist.
„POS“ ist die Abkürzung für den englischen Ausdruck „Point of Sale“, der im Deut-
schen „Verkaufsort“ bedeutet (PONS Großwörterbuch Englisch, 1. Auflage 2008,
S. 727). Wie sich den der Beschwerdeführerin übermittelten Rechercheunterlagen
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entnehmen lässt (vgl. Anlagenkonvolut 2 zum Ladungszusatz vom 2. Mai 2017,
Bl. 28 - 47 d. A.) wird der Begriff von den inländischen Fachverkehrskreisen häufig
verwendet, so dass von einem entsprechenden Verkehrsverständnis auszugehen
ist.
Der Zeichenbestandteil „ “ ist in einer an die Schriftart „Tempus
Sans ITC“ angelehnten Schriftart verfasst und bedeutet, dass mit den bean-
spruchten Dienstleistungen mehr als (nur) Service angeboten wird bzw. dass der
angebotene Service über das übliche Maß hinaus geht. Dabei sind die einzelnen
Wörter ohne weiteres so gut lesbar, dass ihr Sinngehalt auf den ersten Blick er-
fasst werden kann. Dies gilt auch für das Wort „Service“. Es gibt keinerlei Anhalts-
punkte dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise dieses Wort als „Sewice“
oder „Senice“ lesen oder verstehen werden.
Das den Verkehrskreisen bekannte mathematische Pluszeichen + bedeutet „zu-
züglich, und, Mehrbetrag, Überschuss, Vorteil, Vorzug, Positivum“ (DUDEN –
Deutsches Universalwörterbuch 8. Auflage 2015, S. 1360). Es zählt als gängige
Anpreisung und Qualitätsberühmung in den unterschiedlichsten Waren- und
Dienstleistungsbereichen zum elementaren Grundwortschatz der Werbesprache
im Sinne eines irgendwie gearteten positiven Überschusses oder zusätzlichen
Vorteils im Vergleich zum üblichen Standard (BPatG, Beschluss vom 08.05.2013,
29 W (pat) 510/13 - weißes Kreuz auf blauem Grund im abgerundeten Rechteck
(Bildmarke); Beschluss vom 12.05.2010, 28 W (pat) 503/10 - Premium Plus+; Be-
schluss vom 29.03.2012, 30 W (pat) 70/10 – be Well energy+). Durch die Verbin-
dung mit dem Slogan „mehr als Service“ wird diese Bedeutung sogar noch unter-
strichen. Angesichts dessen rückt ein Verständnis des + -Zeichens im Sinne des
Plus-Pols einer Batterie in Bezug auf die vorliegend beanspruchten Dienstleistun-
gen nicht nur in den Hintergrund, sondern ist völlig unwahrscheinlich.
In seiner Gesamtheit bezeichnet daher (irgend-)einen Verkaufsort, an
dem ein besonderer den üblichen Standard übersteigender Service angeboten
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wird. Wie die bereits übersandten Rechercheergebnisse zeigen (vgl. Anlagenkon-
volute 1 und 2 zum Ladungszusatz vom 2. Mai 2017, Bl. 20 - 47 d. A.), nimmt der
sogenannte Point of Sale als Schnittstelle zwischen dem Unternehmen und dem
Kunden eine wichtige Position innerhalb der Werbung bzw. des Marketings ein.
Dort werden Werbemaßnahmen gezielt für bestimmte Zielgruppen eingesetzt, um
eine Markenbindung sowohl zur Verkaufsstätte als auch zum Produkt aufzubauen.
cc) In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35, die alle in
Zusammenhang mit Werbung und Marketing stehen, handelt es sich somit um ei-
nen sachbezogenen Hinweis darauf, dass diese dafür geeignet oder bestimmt
sind, dem Verkehr an einem Verkaufsort ein mehr an Service bzw. einen ganz be-
sonderen Service anzubieten, um somit den Kunden in seiner Kaufentscheidung
positiv zu beeinflussen:
 www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/point-of-sale-pos (Bl. 20
d. A.): „Der Begriff Point of Sale wird abgekürzt mit POS und bedeutet auf
Deutsch so viel wie Verkaufs- oder auch Einkaufsstelle - je nachdem, aus
welcher Perspektive man die Szene betrachtet. Als Point of Sale kann das
Kleidungsgeschäft um die Ecke, die Kasse bei Aldi, aber auch eine E-
Commerce-Seite wie Ebay dienen….“

 www.fieldmarketing.de/point-of-sale-marketing (Bl. 25 d. A.): „Point of
Sale (POS) Marketing – strategische Werbung am Verkaufsort”

 Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (Bl. 28ff.
d. A.): „Ladengestaltung und Warenpräsentation im Lebensmitteleinzelhan-
del: Psychologische Beeinflussung am Point of Sale (POS)“

 www.europages.de (Bl. 31 d. A.): „Ihre Suche:#Einrichtung von POS
Werbung am Verkaufsort“

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 www.store2b.com/de/pages/pos-marketing (Bl. 36 d. A.):
„POSMarketing (Point of Sale Marketing) - Werbung am Verkaufsort”

 www.asem-klworkshop.eu/pos-marketing.html (Bl. 39 d. A.): „Die Ab-
kürzung POS Marketing bezeichnet das Marketing am Point of Sale, am
Verkaufsort. Im POS Marketing werden Methoden und Maßnahmen einge-
setzt, welche den Verkauf von Produkten, die Stärkung der Markenbindung
und die Treue an die Einkaufsstätte fördern sollen. Wie diese Maßnahmen
im Einzelnen aussehen, hängt vom jeweiligen Produkt und der Verkaufs-
stätte ab.“

Die vorgenannten Rechercheergebnisse belegen damit, dass mit dem Anmelde-
zeichen vergleichbare Aussagen zur aktuellen Werbesprache - auch und gerade
in der hier relevanten Branche - gehören; mit ihnen wird auf die besondere Be-
deutung des Dienstleistungsangebots in Bezug auf die Ausgestaltung des Ver-
kaufsorts hingewiesen.

Der Umstand, dass „POS“ noch andere Bedeutungen haben kann, führt nicht von
dem beschreibenden Charakter dieser Abkürzung und somit von dem beschrei-
benden Charakter des Gesamtzeichens weg (EuGH GRUR 2004, 146 - Rn. 32 -
DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674 Rn. 97 - Postkantoor). Denn die Bedeutung der
Bestandteile ist nicht abstrakt-lexikalisch zu beurteilen, sondern stets im Zusam-
menhang mit den jeweils beanspruchten Dienstleistungen und unter Berücksichti-
gung der konkreten Zusammensetzung zu sehen. Wegen der Üblichkeit der Ver-
wendung von „POS“ im Zusammenhang mit Werbung und Marketing liegen an-
dere Bedeutungen aus Sicht des Senats fern. Hinzu kommt, dass die Unterschei-
dungskraft bereits dann fehlt, wenn ein Zeichen jedenfalls mit einer Bedeutung die
beanspruchten Waren beschreibt, unabhängig davon, ob es noch andere Bedeu-
tungen haben kann (BGH GRUR 2014, 569 Rn. 20-24 - HOT; GRUR 2009, 952
Rn. 15 - Deutschlandcard).
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dd) Eine Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens lässt sich auch nicht aus
seiner grafischen Ausgestaltung herleiten. Angesichts des glatt beschreibenden
Inhalts der Wortbestandteile müsste sich diese deutlich von den üblichen Gestal-
tungsmitteln absetzen (BGH GRUR 2014, 483 Rn. 19 - test; GRUR 2010, 640
Rn. 17 - hey!; GRUR 2001, 1153 - antiKALK). Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da
sich die Grafik darauf beschränkt, die Wörter in unterschiedlichen Schriftarten und
–größen darzustellen sowie das + -Zeichen mit einem blauen ellipsenförmigen
Hintergrund zu versehen. Es handelt sich dabei um werbeübliche Gestaltungs-
elemente, die auch durch die Anordnung der einzelnen Bestandteile nicht zu einer
kennzeichnungskräftigen Verfremdung des Gesamteindrucks führen.
Nach alledem ist das angemeldete Zeichen nicht geeignet, als betrieblicher Her-
kunftshinweis zu dienen.

2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt,
kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
auch freihaltungsbedürftig ist.

3. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen gemäß
§ 71 Abs. 3 MarkenG war nicht veranlasst. Bei dieser Regelung handelt es sich
um einen Ausnahmetatbestand, der nur bei Vorliegen besonderer Umstände und
auch nicht schon bei jeder fehlerhaften Rechtsanwendung erfüllt ist (vgl. Knoll in
Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage 2015, § 71 Rn. 43, 44). Unabhängig von
der Frage, ob ein Fehlverhalten der Markenstelle vorliegt, ist eine Gebührenrück-
zahlung aus Billigkeitsgründen nur veranlasst, wenn zwischen dem Fehlverhalten
der Markenstelle und der Beschwerdeeinlegung ein kausaler Zusammenhang der
Art besteht, dass ohne den Verfahrensfehler die Einlegung der Beschwerde unnö-
tig gewesen wäre. Soweit jedoch auch bei richtiger Verfahrensführung inhaltlich
dieselbe Entscheidung der Markenstelle ergangen wäre und deshalb Beschwerde
hätte eingelegt werden müssen, besteht kein Grund für eine Gebührenerstattung
(Knoll in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 47). Dass die Markenabteilung rechtli-
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che Fragen wie z. B. die Frage der Sachdienlichkeit einer Anhörung anders als der
Antragsteller beurteilt hat, stellt - wie auch das übrige Vorbringen des Beschwer-
deführers - keinen Grund dar, der die Einbehaltung der Beschwerdegebühr unbillig
erscheinen ließe.

4. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht geboten, da weder über
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zu
entscheiden war noch die Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Siche-
rung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 Mar-
kenG). Der Senat hat bei der Prüfung der Schutzfähigkeit komplexer Kennzeichen
die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien angewendet. Es ist nicht er-
sichtlich, dass er bei der Beurteilung dieser Rechtsfrage von anderen Senaten
abweichen würde.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur
statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg
abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe durch eine beim Bundesgerichtshof
zugelassene Rechtsanwältin oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt schriftlich einzulegen.


Dr. Mittenberger-Huber Akintche Seyfarth

Pr


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