29 W (pat) 567/17  - 29. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




29 W (pat) 567/17
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Markenanmeldung 30 2015 109 186.7

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
13. September 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-
Huber sowie der Richterinnen Akintche und Seyfarth

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beschlossen:

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 6. Februar 2017 wird aufgeho-
ben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Deut-
sche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.


G r ü n d e

I.

Das Wortzeichen

lichtraeume

ist am 18. Dezember 2015 unter der Nummer 30 2015 109 186.7 zur Eintragung
als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Re-
gister für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 11: Beleuchtungsgeräte, –anlagen und –apparate; Lampen;
Leuchten; Laternen; Lichtverteiler; Deckenlampen; Schreib-
tischlampen; Stehlampen

Klasse 20: Möbel; Spiegel; Bilderrahmen; Büromöbel; Paravents; Raum-
teiler; Regale; Schränke; Schreibtische; Schubladen; Stühle;
Tischplatten; Vitrinen; Möbel, Spiegel und Bilderrahmen mit
integrierter Beleuchtung

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Klasse 42: Architekturberatung; Beratung auf dem Gebiet der
Energieeinsparung; Dienstleistungen eines Industriedesig-
ners; Dienstleistungen eines Architekten; Dienstleistungen
eines Ingenieurs; Design von Möbeln; Design von Innenein-
richtungen; Konstruktionsplanung; Styling [industrielles De-
sign]; technische Beratung.

Mit Beschluss vom 6. Februar 2017 hat die Markenstelle für Klasse 11 die Anmel-
dung gemäß § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen fehlender
Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewie-
sen. Zur Begründung führt die Markenstelle u. a. Folgendes aus:

„Das angemeldete Zeichen setzt sich aus dem vorangestellten
Buchstabenbestandteil „LED“ und der nachgestellten Wortfolge
„LICHTRAUM“ zusammen. Jedenfalls bei Betrachtung der Ge-
samtmarke sind beide Bestandteile wegen ihres jeweils im Vor-
dergrund stehenden beschreibenden Gehalts nicht unterschei-
dungskräftig, was insgesamt auch für die Gesamtmarke gilt“.

In der weiteren Begründung erläutert die Markenstelle die Bedeutung von „LED“
und legt dar, inwiefern der Begriff „LED-LICHTRAUM“ ein unmittelbar beschrei-
bender Hinweis auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
sinngemäß beantragt,

1. den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 vom
6. Februar 2017 aufzuheben,
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

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Zur Begründung führt sie an, der Senat habe zutreffend in seinem Hinweis vom
12. Juni 2017 darauf hingewiesen, dass über eine andere als die angemeldete
Marke entschieden worden sei, was nicht nur zur Aufhebung und Zurückverwei-
sung führen müsse, sondern auch die Rückzahlung der Beschwerdegebühr be-
gründe.
In der Sache ist sie der Auffassung, selbst wenn man unter dem Begriff
„lichtraeume“ lichtdurchflutete Räume verstehen könne, gehe mit dem möglicher-
weise erfassbaren Sinngehalt nicht automatisch einher, dass die Unterschei-
dungseignung ausgeschlossen sei. Der Durchschnittsverbraucher fasse den Be-
griff „lichtraeume“ in Bezug auf Leuchten, Möbel oder Designerdienstleistungen
nicht als unmittelbar beschreibenden Sachhinweis auf. Die vom Senat mit seinem
Hinweis ebenfalls übersandten Recherchebelege seien nicht geeignet, die feh-
lende Unterscheidungskraft zu belegen. Zum einen sei in diesen nur von „licht-
räume“ und nicht von „lichtraeume“ die Rede, zum anderen zeigten sie keine be-
schreibende Verwendung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Auf die zulässige Beschwerde der Anmelderin war der angegriffene Beschluss
der Markenstelle für Klasse 11 ohne Entscheidung in der Sache aufzuheben,
weil das Eintragungsverfahren an einem wesentlichen Mangel leidet, § 70
Abs. 3 Nr. 2 MarkenG. Das Verfahren ist deshalb zur erneuten Entscheidung
an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Nach § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG kann das Beschwerdegericht die angefoch-
tene Entscheidung aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
das Verfahren vor dem Patent- und Markenamt an einem wesentlichen Man-
gel leidet. Von einem wesentlichen Mangel des Verfahrens im Sinne des § 70
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Abs. 3 Nr. 2 MarkenG ist auszugehen, wenn es nicht mehr als ordnungsge-
mäße Grundlage für die darauf beruhende Entscheidung des DPMA anzuse-
hen ist. Das gilt insbesondere für völlig ungenügende oder widersprüchliche
Begründungen (BPatGE 7, 26, 31 ff.; 21, 75) oder für die Zugrundelegung ei-
nes falschen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses (BPatG, Beschluss
vom 29.04.2015, 29 W (pat) 512/15 – VOLUTION SPORTS/VOLUTION, Be-
schluss vom 18.12.2013, 29 W (pat) 101/12 – balanceplanner; Beschluss vom
18.04.2012, 29 W (pat) 121/10 – BIO DEUTSCHLAND; Beschluss vom
16.03.2005, 26 W (pat) 8/02 – reisebuchung 24; Beschluss vom 15.12.2004,
28 W (pat) 174/04 – EUROBAG/ EUROBAGS).
Die Prüfung einer anderen als der angemeldeten Marke kann danach eben-
falls nicht als ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung des DPMA
angesehen werden.

Wie sich aus den Gründen des angegriffenen Beschlusses eindeutig ergibt,
hat die Markenstelle die Schutzfähigkeit des Zeichens „LED LICHTRAUM“ ge-
prüft. Angemeldet und somit verfahrensgegenständlich ist jedoch das Zeichen
„lichtraeume“. Die Anmeldung der Marke „LED LICHTRAUM“ wurde bereits
mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 vom 15. April 2014 zurückge-
wiesen (AZ: 30 2013 006 764.9). Die Begründung dieses Beschlusses ist ab
Seite 5, Zeile 4 bis Seite 5 am Ende wortgleich in den angegriffenen Be-
schluss ab Seite 3, 3. Absatz eingefügt worden. Diesem ist somit ersichtlich
die falsche Marke zugrunde gelegt worden, so dass es für die Zurückweisung
der vorliegend angemeldeten Marke „lichtraeume“ an einer Begründung man-
gelt. Dies stellt einen wesentlichen Mangel i. S. d. § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG
dar. Der Senat hält die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ohne
Sachentscheidung für zweckmäßig, um einen Instanzverlust zu Lasten der
Anmelderin zu vermeiden.

2. Der Senat weist ferner darauf hin, dass das angemeldete Zeichen
„lichtraeume“ nach den bisherigen vorläufigen Recherchen jedenfalls für die in
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Klasse 11 beanspruchten Waren und die in Klasse 42 beanspruchten Dienst-
leistungen nicht unterscheidungskräftig sein dürfte.

Die Markenstelle wird daher erneut in die Prüfung einzutreten haben, ob und
gegebenenfalls für welche konkreten Waren und Dienstleistungen ein Frei-
haltebedürfnis bzw. eine fehlende Unterscheidungskraft des angemeldeten
Zeichens festzustellen ist.

3. Der Verfahrensfehler der Markenstelle rechtfertigt aus Billigkeitsgründen die
Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3
MarkenG.


Dr. Mittenberger-Huber Akintche Seyfarth

Pr


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