29 W (pat) 539/15  - 29. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




29 W (pat) 539/15
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend die Marke 30 2014 016 980

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
18. August 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-
Huber sowie der Richterinnen Akintche und Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zu-
rückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Das in blau ausgestaltete Wort-/Bildzeichen



ist am 13. März 2014 angemeldet und am 10. Juni 2014 unter der Nummer
30 2014 016 980 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt
(DPMA) geführte Register eingetragen worden für die Dienstleistungen der

Klasse 35: Beratung bei Unternehmensfusionen, nämlich Hilfe bei der
Geschäftsführung, Unternehmensberatung sowie Öffent-
lichkeitsarbeit im Bereich der Unternehmensfusionen;
Dienstleistungen auf dem Gebiet von Unternehmenszu-
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sammenschlüssen [Unternehmensberatung]; Dienstleistun-
gen in Bezug auf die Etablierung von Unternehmen [Unter-
nehmensberatung]; Entwickeln von Unternehmensstrate-
gien [Unternehmensberatung]; Geschäftsfeldentwicklung
[Unternehmensberatung]; Geschäftsfeldentwicklungs-
dienste [Unternehmensberatung]; Geschäftsführung, Unter-
nehmensberatung; Geschäftsplanungs- und Geschäfts-
strategiedienste [Unternehmensberatung]; Geschäftsstrate-
gie- und Geschäftsplanungsdienste [Unternehmensbera-
tung]; Planung der Geschäftsnachfolge im Rahmen der
Unternehmensberatung; Professionelle Betriebsberatungs-
dienste [Unternehmensberatung]; Unternehmensberatung;
Unternehmensberatung für Einzelpersonen; Unterneh-
mensberatung für Firmen; Unternehmensberatung in Bezug
auf Akquisitionen; Unternehmensberatung in Bezug auf
Buchführung; Unternehmensberatung in Bezug auf die
Festlegung von Lohn-, Gehalts- und Einstufungsstrukturen;
Unternehmensberatung in Bezug auf die Leistungsfähigkeit
eines Unternehmens; Unternehmensberatung in Bezug auf
die Reorganisation der Finanzen; Unternehmensberatung in
Bezug auf Firmenzusammenschlüsse; Unternehmensbe-
ratung in Bezug auf strategisches Marketing; Unterneh-
mensberatung in Bezug auf Unternehmensliquidationen;
Unternehmensberatung in Bezug auf Veräußerungen; Un-
ternehmensberatungsdienste.

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 11. Juli 2014 veröffentlicht wurde, hat
die Beschwerdegegnerin aus ihrer am 29. April 2011 angemeldeten und am
18. Februar 2012 eingetragenen Unionswortmarke UM 009 930 751

Audi
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Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke ist für eine Vielzahl von Waren und
Dienstleistungen aus den Klassen 1-35 und 37-45, nämlich unter anderem für fol-
gende Waren und Dienstleistungen geschützt:

Klasse 12: Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in
der Luft oder auf dem Wasser;

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Bü-
roarbeiten.

Mit Beschluss vom 1. Juli 2015 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA auf
den Widerspruch aus der Marke UM 009 930 751 die Löschung der angegriffenen
Marke wegen Verwechslungsgefahr angeordnet.

Zur Begründung hat sie angeführt, dass ausgehend von der Registerlage zwi-
schen den Vergleichsdienstleistungen Identität vorliege. Denn die für die Wider-
spruchsmarke registrierten Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unternehmens-
verwaltung; Büroarbeiten“ schlössen die für die jüngere Marke eingetragen
Dienstleistungen, welche sich im Bereich der Hilfe bei der Geschäftsführung und
der Unternehmensberatung bewegten, mit ein. Der Widerspruchsmarke komme
für die hier relevanten Dienstleistungen eine durchschnittliche Kennzeichnungs-
kraft zu; ob sie wegen ihrer Bekanntheit über einen erweiterten Schutzumfang
verfüge, könne dahingestellt bleiben. Denn auch bei einem zu Gunsten der Inha-
berin der angegriffenen Marke angenommenen normalen Schutzumfang bestehe
die Gefahr, dass die Verbraucher in der jüngeren Marke ein Angebot der Wider-
sprechenden erblickten, so dass jedenfalls eine Verwechslungsgefahr im Sinne
von § 9 Abs. 1 Nr. 2 HS. 2 MarkenG zu bejahen sei. Aufgrund der besonderen
Großschreibung der Anfangsbuchstaben „A“ und „T“ innerhalb der jüngeren Marke
sei das Markenwort „AUDITAX“ als Kombination der Elemente „AUDI“ und „TAX“
erkennbar; dadurch verfüge „Audi“ über die erforderliche Selbständigkeit als Mar-
kenbestandteil, welche auch nicht durch den weiteren Bestandteil „Tax“ verloren
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ginge, weil „AudiTax“ keinen Gesamtbegriff darstelle. „Audi“ behalte daher inner-
halb der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung, sodass inso-
fern zumindest assoziative Verwechslungen nicht auszuschließen seien.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke.

Sie ist der Auffassung, dass die angegriffene Marke eine gesamtbegriffliche Aus-
sage vermittle; diese folge aus den zusammengeführten Begriffen „audit“ und
„tax“, welche damit den Schwerpunkt der Dienstleistungen der Beschwerdeführe-
rin im Bereich der Sanierungsberatung unter Zusammenarbeit von Wirtschafts-
prüfern und Steuerberatern widerspiegle. Eine Verwechslungsgefahr auch im
weiteren Sinne dürfte daher nicht anzunehmen sein. Es sei nicht bekannt und
auch nicht vorgetragen, dass die Beschwerdegegnerin Dienstleistungen dieser Art
anbiete. Im Amtsverfahren hat die Inhaberin der jüngeren Marke zudem eine er-
höhte Bekanntheit der Widerspruchsmarke bestritten; eine solche möge zwar für
die Waren „Automobile“, nicht aber für andere Waren oder Dienstleistungen vor-
liegen.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA vom
1. Juli 2015 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin und Widersprechende beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Widerspruchsverfahren vor dem DPMA hat die Widersprechende geltend ge-
macht, dass die Widerspruchsmarke über eine erhöhte Kennzeichnungskraft ver-
füge. Dies folge aus dem vorgelegten Gutachten zur Verkehrsgeltung der Marke
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„Audi“. Die jüngere Marke sei aufgrund identischer Übernahme der Wider-
spruchsmarke zu löschen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG zulässige Beschwerde der Inhaberin der an-
gegriffenen Marke hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den Vergleichsmar-
ken besteht eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nach §§ 42 Abs. 2 Nr. 1,
9 Abs. 1 Nr. 2 HS. 2, 125b Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle zu Recht die
Löschung der angegriffenen Marke angeordnet hat.

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist
nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller
Umstände zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselbeziehung zwischen den in
Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit
der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Wa-
ren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren
Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistun-
gen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine er-
höhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und um-
gekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/ HABM;
GRUR 2010, 933 Rn. 32 – Barbara Becker; GRUR 2006, 237 Rn. 18 – PICARO/
PICASSO; BGH, Beschluss vom 02.03.2017, I ZR 30/16 – Medicon-Apotheke/
Medico Apotheke; GRUR 2016, 1301 Rn. 44 – Kinderstube; GRUR 2016, 382
Rn. 19 – BioGourmet/Biogourmet; GRUR 2015, 1004 Rn. 18 – IPS/ISP). Darüber
hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren
relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware oder Dienstleistung, die im Einzelfall
angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende
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Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser
Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

1. Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen aus der Klasse 35 sind teil-
weise identisch und – anders als die Markenstelle ausführt – teilweise (nur)
ähnlich.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, es sei weder bekannt noch vorge-
tragen, dass die Beschwerdegegnerin „Dienstleistungen dieser Art“ anbiete
– womit sie offensichtlich diejenigen im Bereich der Klasse 35 meint –, können
nicht als Erhebung der Nichtbenutzungseinrede im Sinne von § 43 Abs. 1 Mar-
kenG gewertet werden. Die Widersprechende ist grundsätzlich nicht verpflichtet
vorzutragen, dass und in welchem Umfang sie ihre Widerspruchsmarke für die
im Register eingetragenen Waren und Dienstleistungen benutzt; die Benutzung
der Widerspruchsmarke muss auch nicht bekannt sein. Eine Obliegenheit der
Widersprechenden zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung
entsteht vielmehr erst dann, wenn die Inhaberin der angegriffenen Marke in zu-
lässiger Weise die Einrede bzw. die Einreden mangelnder Benutzung nach § 43
Abs. 1 Satz 1 und/oder Satz 2 MarkenG erhebt. Der Wille, die Benutzung der
Widerspruchsmarke im Rahmen des Benutzungszwangs bestreiten zu wollen,
kommt in den Ausführungen der Beschwerdeführerin hingegen nicht ausrei-
chend eindeutig zum Ausdruck, was aber notwendig wäre (vgl. Ströbele in
Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 43 Rn. 31). Maßgeblich ist daher allein
die Registerlage.

Zwischen den Vergleichsdienstleistungen ist im Übrigen nicht schon deshalb
insgesamt eine Identität anzunehmen, weil die ältere Unionsmarke für alle in
der Klassenüberschrift der Klasse 35 der Nizzaer Klassifikation enthaltenen
Oberbegriffe „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroar-
beiten“ angemeldet und eingetragen wurde. Die vom EUIPO früher vertretene
Praxis, wonach die Benennung der Klassenüberschriften automatisch sämtliche
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der jeweiligen Klasse der Nizzaer Klassifikation zugeordnete Waren oder
Dienstleistungen umfasste, ist mittlerweile aufgegeben worden; vgl. nunmehr
Art. 28 Abs. 5 UMV, wonach allgemeine Waren- und Dienstleistungsbegriffe, so
auch die Oberbegriffe der Klassenüberschriften der Nizza-Klassifikation, nur
solche Waren oder Dienstleistungen einschließen, die eindeutig von der wörtli-
chen Bedeutung des Begriffs erfasst sind. Im Hinblick auf diese Änderung
wurde den Inhabern der vor dem 22. Juni 2012 angemeldeten Marken gemäß
§ 28 Abs. 8 UMV die Möglichkeit eröffnet, bis zum 24. September 2016 zu er-
klären, dass es am Anmeldetag ihre Absicht war, Schutz in Bezug auf Waren
oder Dienstleistungen zu beantragen, die über diejenigen hinausgehen, die von
der wörtlichen Bedeutung der Überschrift der betreffenden Klasse erfasst sind,
sofern die so bezeichneten Waren oder Dienstleistungen im alphabetischen
Verzeichnis für diese Klasse in der zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden
Fassung der Nizza-Klassifikation aufgeführt sind; bejahendenfalls konnte das
Verzeichnis auf diese Begriffe ausgedehnt werden. Hiervon hat die Widerspre-
chende offensichtlich bezüglich ihrer Unionsmarke keinen Gebrauch gemacht,
so dass die Klassenüberschriften der Klasse 35 vorliegend nur solche Dienst-
leistungen einschließen, die eindeutig von der wörtlichen Bedeutung der Be-
griffe umfasst sind (vgl. Art. 28 Abs. 8 letzter Satz UMV).

Die für die jüngere Marke registrierte Dienstleistung „Geschäftsführung“ ist
wortgleich im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten, so dass Identität
vorliegt.

Im Übrigen ist jedoch nur eine Ähnlichkeit gegeben. Eine Ähnlichkeit von bei-
derseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen,
wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis
zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßi-
gen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart,
ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung,
ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Pro-
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dukte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr
wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten
Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder
ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922
– Canon; BGH GRUR 2014, 488 Rn. 14 – DESPERADOS/DESPERADO;
GRUR 2012, 1145 Rn. 34 – Pelikan). Angesichts der fehlenden Körperlichkeit
von Dienstleistungen ist für die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit in erster Linie Art
und Zweck, also der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen sowie die
Vorstellung des Verkehrs maßgeblich, dass die Dienstleistungen unter der
gleichen Verantwortlichkeit erbracht werden (BGH, a. a. O. Rn. 21 – Bio-
Gourmet/Biogourmet).

Die speziell aufgeführten Dienstleistungen der angegriffenen Marke aus dem
Bereich der Unternehmensberatung „Beratung bei Unternehmensfusionen,
nämlich Hilfe bei der Geschäftsführung, Unternehmensberatung sowie Öffent-
lichkeitsarbeit im Bereich der Unternehmensfusionen; Dienstleistungen auf dem
Gebiet von Unternehmenszusammenschlüssen [Unternehmensberatung];
Dienstleistungen in Bezug auf die Etablierung von Unternehmen [Unterneh-
mensberatung]; Entwickeln von Unternehmensstrategien [Unternehmensbera-
tung]; Geschäftsfeldentwicklung [Unternehmensberatung]; Geschäftsfeldent-
wicklungsdienste [Unternehmensberatung]; Unternehmensberatung; Ge-
schäftsplanungs- und Geschäftsstrategiedienste [Unternehmensberatung]; Ge-
schäftsstrategie- und Geschäftsplanungsdienste [Unternehmensberatung]; Pla-
nung der Geschäftsnachfolge im Rahmen der Unternehmensberatung; Profes-
sionelle Betriebsberatungsdienste [Unternehmensberatung]; Unternehmensbe-
ratung; Unternehmensberatung für Einzelpersonen; Unternehmensberatung für
Firmen; Unternehmensberatung in Bezug auf Akquisitionen; Unternehmensbe-
ratung in Bezug auf Buchführung; Unternehmensberatung in Bezug auf die
Festlegung von Lohn-, Gehalts- und Einstufungsstrukturen; Unternehmensbe-
ratung in Bezug auf die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens; Unterneh-
mensberatung in Bezug auf die Reorganisation der Finanzen; Unternehmens-
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beratung in Bezug auf Firmenzusammenschlüsse; Unternehmensberatung in
Bezug auf strategisches Marketing; Unternehmensberatung in Bezug auf Un-
ternehmensliquidationen; Unternehmensberatung in Bezug auf Veräußerungen;
Unternehmensberatungsdienste“ liegen im höheren bzw. teilweise jedenfalls im
durchschnittlichen Ähnlichkeitsbereich zu den Widerspruchsdienstleistungen
„Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung“, weil es sich jeweils um unter-
nehmensbezogene Dienste handelt (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von
Waren und Dienstleistungen, 17. Auflage, S. 372 re. Sp., Stichwort „Unterneh-
mensberatung“). Die vorgenannten Dienstleistungen entsprechen sich sowohl
bei der Qualifikation der Erbringer (kaufmännisch und betriebswirtschaftlich,
teilweise auch EDV-technisch vorgebildete bzw. erfahrene Dienstleister) als
auch vom Verwendungszweck (Erhaltung, Wiederherstellung bzw. Steigerung
der Unternehmenseffizienz und des Unternehmenserfolgs). Demgemäß über-
schneiden sich die zu erbringenden Tätigkeiten weitgehend, soweit dies die
Erfassung der Unternehmenssituation und -probleme sowie die Erarbeitung von
unternehmerischen Lösungsmöglichkeiten betrifft; zum Leistungsspektrum von
Unternehmensberatungsdiensten zählen dem entsprechend häufig auch Ange-
bote aus dem Bereich der Unternehmensverwaltung. Unterschiede bestehen
letztlich vor allem in der Art der Ausführung der Dienstleistungen, die bei Unter-
nehmensberatung nur in beratender Form erfolgt (vgl. schon BPatG, Beschluss
vom 27.03.2007, 33 W (pat) 250/04).

2. Die Widerspruchsmarke verfügt für die Dienstleistungen der Klasse 35 von
Haus aus über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.

Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens ist stets produkt- bzw. dienstleis-
tungsbezogen festzustellen, da sie je nach Ware oder Dienstleistung für die das
Zeichen eingetragen ist, unterschiedlich sein kann (BGH GRUR 2004, 779, 781
– Zwilling/Zweibrüder). Es ist zwar gerichtsbekannt, dass die Widerspruchs-
marke „Audi“ im Automobilbereich einen äußerst hohen Bekanntheitsgrad auf-
weist. Anhaltspunkte für eine erhöhte Verkehrsgeltung in Bezug auf die Dienst-
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leistungen „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“, die
hier die Ähnlichkeit bzw. Identität zu den angegriffenen Dienstleistungen be-
gründen, liegen jedoch nicht vor und vermag auch das vorgelegte Gutachten
von Infratest Burke vom September 1997 zur Bekanntheit, Verkehrsgeltung und
Qualitätsvorstellungen von „Audi“ nicht zu liefern. Das Gutachten belegt ledig-
lich die hohe Verkehrsbekanntheit des Zeichens „Audi“ als solches sowie als
Herkunftszeichen im Automobilbereich, nicht aber als Marke für die hier rele-
vanten Dienstleistungen aus der Klasse 35. Auch eine Ausstrahlungswirkung
der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für Waren der
Klasse 12 „Fahrzeuge“ auf die Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unterneh-
mensverwaltung; Büroarbeiten“ kann nicht angenommen werden, weil es sich
dabei nicht um eng verwandte Waren und Dienstleistungen handelt (vgl. Hacker
in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 171).

Auszugehen ist daher von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und damit
von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke.

3. Die hier relevanten Vergleichsdienstleistungen richten sich an das
unternehmerische Fachpublikum; es ist daher eine etwas erhöhte Aufmerksam-
keit der angesprochenen Verkehrskreise zugrunde zu legen.

4. Bei der festgestellten Ausgangslage sind an den zur Vermeidung einer Ver-
wechslungsgefahr erforderlichen Markenabstand strenge Anforderungen zu
stellen; im Bereich der ähnlichen Dienstleistungen sind die Anforderungen et-
was geringer. Diesen jeweiligen Anforderungen wird die angegriffene Marke
aber nicht gerecht. Denn im Hinblick auf die selbständig kennzeichnende Stel-
lung des Bestandteils „Audi“ in der jüngeren Marke kann eine Verwechslungs-
gefahr im weiteren Sinne gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 HS 2 MarkenG nicht ausge-
schlossen werden.

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Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck
der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und
dominierenden Elemente (BGH GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culi-
naria; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2008, 909 Rn. 13 – Panto-
gast; GRUR 2008, 905 Rn. 12 – Pantohexal). Abzustellen ist dabei auf die
Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine
Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen
Einzelheiten achtet (vgl. EuGH GRUR Int. 2014, 459 Rn. 42 – CLORALEX;
GRUR Int. 2012, 754 Rn. 63 – XXXLutz Marken GmbH/HABM [Linea Natura
Natur hat immer Stil]; GRUR Int. 2010, 129., Rn. 60 – [Carbonell/La Espaňola];
BGH GRUR 2004, 779, 781 – Zwilling/ Zweibrüder). Das schließt nicht aus,
dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke
für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise
hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005,
1042 Rn. 28 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 14 – Maalox/Melox-
GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in
den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen.
Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist im Klang, im
(Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme
einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende
Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGH GRUR 2009, 1055 Rn. 26 – airdsl;
BGHZ 139, 340, 347 – Lions; BGH MarkenR 2008, 393 Rn. 21 – HEITEC).

a) Zwar ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den
Vergleichsmarken

und
Audi

nicht zu besorgen.
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Die Marken in ihrer Gesamtheit unterscheiden sich klanglich, schriftbildlich
und begrifflich deutlich durch die in der jüngeren Marke zusätzlich enthalte-
nen Wortbestandteile „Tax“ und „Management Beratung GmbH“ sowie durch
deren grafische Gestaltung.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr kommt daher nur in Betracht, wenn
das in der angegriffenen Marke enthaltene Wort „Audi“ eine kollisionsbe-
gründende Stellung einnimmt, indem es eine die Gesamtmarke prägende
Funktion aufweist, und demzufolge die übrigen Markenteile für die angespro-
chenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Ge-
samteindruck vernachlässigt werden können. Hiervon ist jedoch nicht auszu-
gehen.

Bei der jüngeren Marke handelt es sich um eine Wort-/Bildmarke mit den fett
gedruckten und zusammengeschriebenen Wortbestandteilen „AudiTax“, wo-
bei die Anfangsbuchstaben der Wörter “Audi“ und „Tax“ jeweils in Großbuch-
staben gehalten sind und die übrigen Buchstaben sog. Kapitälchen – nämlich
Großbuchstaben in der Größe von Kleinbuchstaben - darstellen. Über diesen
befindet sich jeweils ein auf der Höhe der Buchstaben A und T angeordneter
dünner Balken. Durch dieses Schriftbild entsteht eine Klammerwirkung, die
einer schriftbildlichen Prägung der angegriffenen Marke nur durch „Audi“ ent-
gegenwirkt.

Auch klanglich wird die jüngere Marke nicht allein durch das Wort „Audi“ ge-
prägt. Für den phonetischen Zeichenvergleich ist maßgeblich, wie die Mar-
ken von den angesprochenen Verkehrskreisen mündlich wiedergegeben
werden, wenn sie die Marke in ihrer registrierten Form vor sich haben. Die
klangliche Wiedergabe kann dabei auch durch die grafische Gestaltung der
Marke beeinflusst werden (Hacker in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 280).
Die unter der Wortkombination „AudiTax“ deutlich kleiner und ohne Fettdruck
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angeordnete Wortfolge „Management Beratung GmbH“ stellt für die hier ge-
schützten Beratungsdienstleistungen eine glatt beschreibende Angabe dar;
dieser schutzunfähige Wortbestandteil wird für den Gesamteindruck der
Marke vom Verkehr vernachlässigt werden. Bei dem Wort „Tax“ (= englischer
Begriff für „Steuer, Abgabe“) handelt es sich – worauf die Beschwerdeführe-
rin im Übrigen selbst hinweist – ebenfalls um eine beschreibende Angabe.
Gleichwohl liegt eine Benennung nur durch den kennzeichnungskräftigen
Bestandteil „Audi“ nicht nahe. Denn auch kennzeichnungsschwache oder
schutzunfähige Bestandteile können zum Gesamteindruck beitragen, was
hier durch die konkrete Gesamtgestaltung, insbesondere die Verbindung des
Wortes „Audi“ mit dem Wort „Tax“ nahe gelegt wird. Es handelt sich bei der
jüngeren Marke um ein Zeichen, bei dem der Verkehr wegen der grafischen
Ausgestaltung keine Veranlassung hat, das Wort „Tax“ bei der Benennung
wegzulassen.

Stehen sich daher „AudiTax“ und „Audi“ gegenüber, wird der angesprochene
Verkehr diese weder klanglich noch begrifflich füreinander halten, so dass
eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen ist.

b) Obwohl die beteiligten Verkehrskreise die Unterschiede zwischen den Ver-
gleichsmarken erkennen, ist vorliegend aber die Gefahr zu bejahen, dass die
sich gegenüberstehenden Marken gedanklich miteinander in Verbindung ge-
bracht werden, § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 MarkenG.

Diese Art der Verwechslungsgefahr liegt nur dann vor, wenn ein mit der älte-
ren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine
komplexe Marke aufgenommen wird, in der er eine selbstständig kennzeich-
nende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Be-
standteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen
der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleis-
tungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen
- 15 -
stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH
GRUR 2010, 646 Rn. 15 – OFFROAD; GRUR 2008, 258 Rn. 33 – INTER-
CONNECT/T-InterConnect; Büscher, in: Büscher/Dittmer/Schiwy, a. a. O.,
§ 14 MarkenG Rn. 488). Allein der Umstand, dass die beiden Bestandteile
der zusammengesetzten jüngeren Marke „AudiTax“ den Gesamteindruck der
Marke gleichermaßen bestimmen, weil keiner dieser Bestandteile das
Erscheinungsbild der Marke prägt, führt aber noch nicht zur Bejahung einer
selbständig kennzeichnenden Stellung (vgl. Büscher in Büscher/ Dittmer/
Schiwy a. a. O. § 14 MarkenG Rn. 420); es reicht auch nicht aus, dass ein
Zeichen geeignet ist, bloße Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen
hervorzurufen (BGH GRUR 2010, 729 Rn. 43 – MIXI). Es müssen vielmehr
besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, in einem zusammenge-
setzten Zeichen einzelne oder mehrere Bestandteile als selbständig
kennzeichnend anzusehen (vgl. BGH GRUR 2013, 833 Rn. 50 – Culinaria/
Villa Culinaria). Solche Umstände sind im Streitfall erkennbar.

Die Widerspruchsmarke „Audi“ ist in die jüngere Marke vollständig über-
nommen worden; entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird der
Buchstabe „T“ in der Wortkombination „AudiTax“ nicht doppelt im Sinne von
„Audit“ und „Tax“ gelesen. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Be-
schwerdeführerin das Zeichen als Hinweis auf ihren Tätigkeitsschwerpunkt
im Bereich der Sanierungsberatung unter Zusammenarbeit mit Wirtschafts-
prüfern und Steuerberatern verstanden wissen will. Maßgeblich ist vielmehr
die Sicht der angesprochenen Verkehrskreise; jedenfalls relevante Teile
hiervon haben aber wegen der konkreten Binnengroßschreibung und der ei-
genständigen Bedeutung von „Audi“ bzw. des ihm bekannten Unterneh-
menskennzeichens keine Veranlassung von der von der Inhaberin der ange-
griffenen Marke bevorzugten Lesart auszugehen.

Ferner spricht für eine selbständig kennzeichnende Stellung des mit dem
Widerspruchskennzeichen übereinstimmenden Bestandteils in dem mehr-
- 16 -
gliedrigen angegriffenen Zeichen der Umstand, dass es sich bei der über-
nommenen älteren Marke um das äußerst bekannte Firmenschlagwort der
Widersprechenden AUDI AG handelt (vgl. BGH GRUR 2009, 484 Nr. 80
– METROBUS).

Die beiden im angegriffenen Zeichen in Binnengroßschreibung miteinander
kombinierten Wortbestandteile „Audi“ und „Tax“ sind schließlich auch nicht in
einer der selbständig kennzeichnenden Stellung des Bestandteils „Audi“ ent-
gegenwirkenden Art und Weise miteinander zu einer gesamtbegrifflichen
Aussage verbunden.

Durch die Übernahme des bekannten Unternehmensschlagworts in die jün-
gere Marke der Beschwerdeführerin in selbstständig kennzeichnender Stel-
lung wird der Anschein von Unternehmenszusammenhängen geweckt, der
Verkehr wird mithin von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindun-
gen zum Audi-Konzern ausgehen. Es liegt daher eine Verwechslungsgefahr
im weiteren Sinne vor.

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke konnte nach alledem kei-
nen Erfolg haben und war daher zurückzuweisen.

Zur Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1
MarkenG bestand kein Anlass.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statt-
haft, wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abge-
lehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschrif-
ten über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof
zugelassene Rechtsanwältin oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt schriftlich einzulegen.


Dr. Mittenberger-Huber Akintche Seyfarth

Pr


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