29 W (pat) 534/15  - 29. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BUNDESPATENTGERICHT
L e i t sa tz
Aktenzeichen: 29 W (pat) 534/15
Entscheidungsdatum: 11. September 2017
Rechtsbeschwerde zugelassen: ja
Normen: §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG; § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
ILM Internationale Lederwarenmesse
Trotz in der Messebranche festzustellender Kennzeichnungsgewohnheiten, wonach
bestimmte Anbieter Veranstaltungsnamen mit einer Abkürzung und einer erläuternden rein
beschreibenden Wortfolge versehen, ist die vorangestellte Buchstabenfolge „ILM“ im
Verhältnis zur nachfolgenden Wortfolge „Internationale Lederwarenmesse“ akzessorisch. Das
Akronym nimmt daher einen beschreibenden Charakter an, was nach der Rechtsprechung zur
Schutzunfähigkeit des Gesamtzeichens führen muss.
BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT



29 W (pat) 534/15
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache












betreffend die Markenanmeldung 30 2014 046 262.1

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
11. September 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber so-
wie die Richterinnen Akintche und Seyfarth
- 2 -
beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.


G r ü n d e

I.

Die Wortfolge

ILM Internationale Lederwarenmesse

ist am 6. Mai 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und
Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistun-
gen angemeldet worden:

Klasse 09: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von
Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Schallplatten; CD-
ROMs; CD-Rs; CD-RWs; DVDs; Mini-Discs; BluRays und andere
digitale Aufzeichnungsträger; Hardware für die Datenverarbei-
tung; Computer; elektronisch herunterladbare Publikationen, Bü-
cher, Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren, Texte, Bilder, Pro-
gramme, Spiele, Musikstücke, Filme; Software;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher, Kataloge, Zeitungen,
Zeitschriften, Magazine, Karten, Broschüren; Kalender; Flyer; Ka-
taloge; Prospekte; Abreißkalender; Plakate; Fotografien; Ansichts-
karten für Kongress- und/oder Messezwecke oder zum Vertrieb auf
- 3 -
oder anlässlich von Kongressen und Messen; Schreibwaren; Lehr-
und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate];

Klasse 18: Leder;

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;

Klasse 28: Spiele; Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 ent-
halten;

Klasse 35: Werbung; Planung von Werbemaßnahmen; Veröffentlichung und
Herausgabe von Verlagsdruck- und Druckereierzeugnissen für
Werbezwecke in elektronischer Form, auch zum Abrufen mittels
Datenfernübertragung; Layoutgestaltung für Werbezwecke; Veröf-
fentlichung und Herausgabe von Verlagsdruck- und Druckereier-
zeugnissen für Entwicklung von Messekonzepten; Konzeptionie-
rung, Entwicklung und Durchführung von Werbekampagnen, ver-
kaufsfördernden Maßnahmen und Promotion-Events [Verkaufsför-
derung]; Präsentationen von Unternehmen und deren Produkten
und Dienstleistungen zu Werbezwecken sowie Verkaufsförderung
für Dritte und Vermittlung von Wirtschaftskontakten auch im Inter-
net; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Werbung für von
Dritten veranstaltete Kongresse und oder Messen und Kongress-
und Messeteilnehmer; Geschäftsführung, insbesondere im Hinblick
auf Organisation und Durchführung von Messen, Ausstellungen und
Präsentationen für gewerbliche oder wirtschaftliche oder werbliche
Zwecke; Unternehmensberatung, insbesondere Beratung bei der
Organisation und Durchführung derartiger Messen, Ausstellungen
und Veranstaltungen in organisatorischer und betriebswirtschaftli-
cher Hinsicht, soweit in Klasse 35 enthalten; Messemanagement,
nämlich Organisation von Messen für wirtschaftliche und Werbe-
zwecke, Sonderschauen und Verkaufsveranstaltungen für gewerb-
- 4 -
liche oder wirtschaftliche oder werbliche Zwecke für Dritte, soweit in
Klasse 35 enthalten; Organisation von Messeteilnahmen; Marktfor-
schung und Marktanalyse für Kongress- und Messeveranstalter und
-aussteller; Meinungsforschung auf bzw. anlässlich von Kongressen
und Messen oder für Kongress- und Messeveranstalter und -teil-
nehmer; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing [Ab-
satzforschung]; Werbung und Vermittlung von Verträgen für Dritte
über die Erbringung von Werbeleistungen, Anzeigenvermittlung;
Merchandising [Verkaufsförderung]; Vermittlung von Handels- und
Wirtschaftskontakten, auch im Internet; Zusammenstellung und
Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Verteilung von Wer-
bematerial [Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben];
Verteilung von Werbemitteln; Vermietung von Ausstellungs- und
Messeständen und Verkaufsständen; Vermietung von Werbeflä-
chen; Vermietung von Werbematerial;

Klasse 36: Vermietung von Nutzflächen in Hallen und im Freien für Kongress-
und Messeteilnehmer und an der Durchführung von Kongressen
oder Messen beteiligte Firmen; Vermittlung von Versicherungen an
Kongress- und Messeveranstalter sowie Kongress- und Messeteil-
nehmer;

Klasse 38: Telekommunikation; Telekommunikation mittels Plattformen im In-
ternet, insbesondere für die Durchführung von virtuellen Messen;
Bereitstellung des Zugriffs auf elektronische Kommunikationsnetze,
insbesondere auf das Internet und Intranets; Email-Dienste; elekt-
ronische Nachrichten- und Bildübermittlung; Bereitstellung des Zu-
griffs auf Datenbanken in Computernetzwerken, insbesondere in-
teraktive Datenbanken mit Informationen über Konsumgüter und
Industrieerzeugnisse; Vermieten von Zugriffszeit auf eine Website
zum Betrachten von Veranstaltungen [Telekommunikationsdienst-
leistung];
- 5 -
Klasse 39: Lagerung von für Kongress- und Messezwecke benötigten Waren,
Möbeln, Leergut; Vermietung von Garagen und Parkplätzen an
Kongress- und Messeteilnehmer und Kongress- und Messebesu-
cher;

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche Aktivitäten; kultu-
relle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Kongressen,
Konferenzen, Tagungen, Symposien, Podiumsdiskussionen, Vor-
tragsveranstaltungen, Lesungen, Seminaren, Kolloquien, Work-
shops [Ausbildung], Schulungen, Kursen und Versammlungen für
kulturelle und Unterrichtszwecke; Organisation von Kongressteil-
nahmen; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen und
Präsentationen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Organisation
und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, Empfängen und
Feiern (Unterhaltung); Dienstleistungen eines Kongress-, Kultur-
und Veranstaltungszentrums, Kongressbüros, Tagungsbüros und
einer Kongressagentur [soweit in Klasse 41 enthalten]; Kongress-
management, nämlich Organisation und Durchführung von Kon-
gressen; Entwicklung von Konzepten für Veranstaltungen, Konfe-
renzen, Kongresse, Symposien, Seminare, Kolloquien, Workshops,
Events (Unterhaltung) und Mitarbeiterschulungen; Herausgabe von
Verlagsdruck- und Druckereierzeugnissen [ausgenommen für Wer-
bezwecke] in elektronischer Form, auch zum Abrufen mittels Da-
tenfernübertragung; Dienstleistungen einer Redaktion; Herausgabe
von Zeitschriften und Publikationen im Zusammenhang mit der Or-
ganisation und Durchführung von Ausstellungen und Messen;

Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Software, gespeichert auf CD-Roms,
DVD-Roms, Blu-Ray-Roms, soweit in Klasse 42 enthalten; Erstel-
lung und Pflege von Internet-Webpages; Erstellung und Wartung
von Software für Datenbanken; Beratung bei der Organisation und
Durchführung von Messen, Ausstellungen, Veranstaltungen, Lehr-
- 6 -
schauen, Sonderveranstaltungen und Verkaufsveranstaltungen ge-
werblicher Art für Dritte in technischer Hinsicht;

Klasse 43: Verpflegung und Vermittlung der Beherbergung von Kongress- und
Messebesuchern und Kongress- und Messeteilnehmern; Zimmer-
reservierung für Kongress- und Messebesucher und –teilnehmer.

Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat die Anmeldung mit Beschluss vom
11. Mai 2015 wegen fehlender Unterscheidungskraft und des Bestehens eines
Freihaltebedürfnisses gemäß §§ 37 Abs. 1 und Abs. 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2
MarkenG größtenteils zurückgewiesen, nämlich für alle Waren und Dienstleistun-
gen mit Ausnahme der oben fett Gedruckten. Zur Begründung ist ausgeführt,
dass die Wortfolge im zurückgewiesenen Umfang einen so stark im Vordergrund
stehenden beschreibenden Sinngehalt aufweise, dass der Gedanke an einen be-
trieblichen Herkunftshinweis fern liege. „ILM Internationale Lederwarenmesse“
werde als Bezeichnung für eine weltweit agierende internationale Lederwaren-
messe verstanden; auch die vorangestellten Buchstaben „ILM“ könnten die
Schutzfähigkeit des Zeichens nicht begründen. Die Buchstabenfolge erkläre sich
durch die nachfolgenden Worte. Der angesprochene Verkehr werde das angemel-
dete Zeichen daher nur als inhalts- und themenbeschreibenden Sachhinweis da-
hingehend verstehen, dass diese Waren und Dienstleistungen im Rahmen bzw.
Zusammenhang mit einer internationalen Lederwarenmesse angeboten und er-
bracht würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamtes vom 11. Mai 2015 aufzuheben, soweit die
Anmeldung teilweise zurückgewiesen wurde.

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Sie ist der Auffassung, dass der Begriff „Messe“ nicht als bloße Bezeichnung für
eine Ausstellung – national oder international – von Warenmustern verstanden
werde, sondern immer auch auf den jeweiligen Veranstalter der Messe hinweise,
ohne dessen Existenz die Durchführung einer solchen nicht denkbar wäre; im all-
gemeinen Sprachgebrauch stehe „die“ Messe daher nicht nur für die Veranstal-
tung an sich, sondern werde auch mit der dahinterstehenden Organisation ge-
danklich verbunden. Dies werde vorliegend gerade dadurch deutlich gemacht, in-
dem nicht lediglich die Wortfolge „Internationale Lederwarenmesse“ zur Anmel-
dung gebracht worden sei, sondern diese ergänzt um die Abkürzung „ILM“. Aus
drei Buchstaben bestehende Abkürzungen - wie AEG, SAP, BMW, ARD, ZDF,
BBC, DFB u. a. - seien typischerweise Bezeichnungen für Unternehmen, Organi-
sationen und Verbände und besäßen damit in jedem Falle die Eignung zum Her-
kunftshinweis. Es möge sein, dass ILM auch als Abkürzung für die nachfolgende
Angabe herhalten könne, hierfür böten sich aber auch andere Buchstabenkombi-
nationen wie beispielsweise INL, ILW, INTLWM oder INTLM an. Damit sei der Ab-
kürzung ILM nicht lediglich die Bedeutung der nachgestellten Wortfolge mit dem
darin verkörperten beschreibenden Begriffsinhalt beizumessen. Die Sicht des
DPMA sei insofern zu eng und werde den vielfältig möglichen Bedeutungen dieses
Begriffs nicht gerecht. Der angesprochene Verkehr werde das Anmeldezeichen
nicht nur als beschreibenden Inhalts- und Themenhinweis verstehen, so dass ihm
weder die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne noch
ein Freihaltebedürfnis vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache kei-
nen Erfolg.

- 8 -
Der Eintragung der angemeldeten Buchstaben-/Wortfolge für die verfahrensge-
genständlichen Waren und Dienstleistungen steht das Schutzhindernis fehlender
Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die
Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1
und Abs. 5 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Mar-
ke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen
als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese
Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen un-
terscheidet (EuGH GRUR 2010, 228 Rn.  33 - Audi AG/ HABM [Vorsprung
durch Technik]; GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2016,
934 Rn. 9 - OUI; GRUR 2015, 173, 174 Rn. 15 - for you; GRUR 2013, 731
Rn. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1396 – Starsat). Denn die Hauptfunktion der
Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und
Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. - Audi AG/ HABM [Vorsprung
durch Technik]; BGH a. a. O. – OUI; a. a. O. – for you). Da allein das Fehlen
jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein
großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unter-
scheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. -
OUI; a. a. O. - for you). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als
Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandtei-
len so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Be-
trachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 - Henkel; BGH
a. a. O. Rn. 10 – OUI; a. a. O. Rn. 16 - for you). Maßgeblich für die Beurteilung
der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013,
1143, 1144, Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die bean-
spruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der
beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Han-
dels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und ver-
- 9 -
ständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistun-
gen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla;
GRUR 2004, 943 Rn. 24 - SAT 2; BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft,
wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund
stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674,
Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012,
270 Rn. 11 - Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder
Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache be-
stehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung
oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden werden (BGH GRUR 2014, 872 Rn. 21 - Gute Laune Drops; GRUR
2010, 1100 Rn. 20 - TOOOR!). Darüber hinaus besitzen keine Unterschei-
dungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen,
durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und
die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014,
1204 Rn. 16 – DüsseldorfCongress; a. a. O. Rn. 16 - Gute Laune Drops;
a. a. O. Rn. 23 - TOOOR!).

2. Zumindest unter dem letztgenannten Gesichtspunkt fehlt dem angemeldeten
Zeichen im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren und
Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft.

Das Anmeldezeichen setzt sich zusammen aus den drei ohne weiteres ver-
ständlichen und gebräuchlichen Begriffen der deutschen Sprache „Internatio-
nale“, „Lederwaren“ und „-messe“ sowie den Majuskeln „ILM“, die der Wortfolge
vorangestellt sind und die Anfangsbuchstaben der Wörter aufgreifen. Besteht
eine Marke - wie vorliegend - aus mehreren Wortelementen, ist bei der Beur-
teilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen
- 10 -
(vgl. BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 9 - DüsseldorfCongress); gleichwohl ist es bei
solchen aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken zulässig, zunächst
die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhin-
dernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Be-
standteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 Rn. 28 - SAT.2; GRUR 2006,
229 Rn. 11 - BioID).

a) Die Wortfolge „Internationale Lederwarenmesse“ gibt im verfahrensge-
genständlichen Umfang einen bloßen sachbezogenen Hinweis.

aa) Den Begriffsinhalt der einzelnen Wörter sowie der daraus gebildeten Wort-
kombination hat die Markenstelle zutreffend herausgearbeitet und darge-
stellt. „Messe“ bezeichnet eine „große [internationale] Ausstellung von Wa-
renmustern eines oder mehrerer Wirtschaftszweige“, der Begriff wird vorlie-
gend sachlich-thematisch konkretisiert durch die Angabe „Lederwaren“;
hierbei handelt es sich um „aus Leder gefertigte Erzeugnisse“. Das voran-
gestellte Adjektiv „international(e)“ bedeutet „zwischen mehreren Staaten
bestehend; zwischenstaatlich“ bzw. „über den Rahmen eines Staates hin-
ausgehend, nicht national begrenzt; mehrere Staaten betreffend; über-
staatlich, weltweit“, und macht deutlich, dass die Messe nicht nur regional
oder bundesweit ausgerichtet ist, sondern Aussteller, Fachkreise und auch
interessierte Messebesucher aus dem Ausland beteiligt bzw. angesprochen
sind (vgl. jeweils zu den Einzelbegriffen DUDEN Online, www.duden.de).

Die sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge „Internationale Lederwa-
renmesse“ ist für den hier teilweise angesprochenen Fachverkehr ebenso
wie für Endverbraucher ohne weiteres verständlich; sie bezeichnet (ir-
gend)eine international ausgerichtete Messe, auf der Lederprodukte ausge-
stellt werden bzw. auf der es im weitesten Sinne um diese Warenmuster
geht. Die Wortfolge wird und wurde zudem bereits vor dem hier maßgebli-
chen Anmeldezeitpunkt als Hinweis auf Messeveranstaltungen sachbe-
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schreibend verwendet; so wird die seit 1962 zweimal jährlich in Italien statt-
findende Messe MIPEL – THE BAGSHOW in Messedatenbanken und –ka-
lendern als Internationale Lederwarenmesse beschrieben (vgl. z. B. unter
www.expodatabase.de).

bb) In der zuvor dargelegten Bedeutung gibt die Wortfolge „Internationale Le-
derwarenmesse“ in schlagwortartiger Weise einen (unmittelbar) be-
schreibenden Hinweis auf Art und Ausrichtung der Dienstleistungen bzw.
darauf, in welchem Rahmen und auf welchem Themengebiet die hier rele-
vanten Waren und Dienstleistungen angeboten und/oder erbracht werden
sollen.

Auf Messeveranstaltungen präsentieren Aussteller in der Regel ihre Pro-
dukte bzw. Produktneuerungen, Dienstleistungen und Beratungsangebote
rund um ein bestimmtes Messethema, vorliegend konkret im Bereich der
Lederwaren. Vielfach runden verschiedene Präsentationen (hier z. B. zur
Lederproduktion und –bearbeitung) und Workshops im Showbereich das
Angebotsspektrum ab.

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der beschreibende Charakter eines
Veranstaltungsnamens nicht nur die Durchführung der Veranstaltung be-
trifft, sondern auch die hierfür eingesetzten Hilfsmittel und -leistungen um-
fasst. Auch wenn die Angabe die betroffenen Waren und Dienstleistungen
oder einen Teil davon selbst nicht unmittelbar beschreiben mag, so wird
durch sie doch ein „enger beschreibender Bezug“ zu den Wa-
ren/Dienstleistungen hergestellt (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG,
11. Aufl., § 8 Rn. 261 ff. m. w. N.).

Danach werden die hier angesprochenen Verkehrskreise die Wortfolge „In-
ternationale Lederwarenmesse“ im hier relevanten Umfang als bloßen
sachbezogenen Hinweis verstehen.
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Denn die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen betreffen zum einen
unmittelbar die Konzeptionierung, Organisation und Durchführung einer
solchen Messeveranstaltung, vgl. die Dienstleistungen der Klasse 35 „Ge-
schäftsführung, insbesondere im Hinblick auf Organisation und Durchfüh-
rung von Messen, Ausstellungen und Präsentationen für gewerbliche oder
wirtschaftliche oder werbliche Zwecke; Messemanagement, nämlich Orga-
nisation von Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke, Sonderschauen
und Verkaufsveranstaltungen für gewerbliche oder wirtschaftliche oder
werbliche Zwecke für Dritte, soweit in Klasse 35 enthalten; Organisation
von Messeteilnahmen“, der Klasse 38 „Telekommunikation mittels Plattfor-
men im Internet, insbesondere für die Durchführung von virtuellen Messen“
und der Klasse 41 „Organisation und Durchführung von Kongressen, Konfe-
renzen, Tagungen, Symposien, Podiumsdiskussionen, Vortragsveranstal-
tungen, Lesungen, Seminaren, Kolloquien, Workshops [Ausbildung], Schu-
lungen, Kursen und Versammlungen für kulturelle und Unterrichtszwecke;
Organisation von Kongressteilnahmen; Dienstleistungen eines Kongress-,
Kultur- und Veranstaltungszentrums, Kongressbüros, Tagungsbüros und
einer Kongressagentur [soweit in Klasse 41 enthalten]; Kongressmanage-
ment, nämlich Organisation und Durchführung von Kongressen; Entwick-
lung von Konzepten für Veranstaltungen, Konferenzen, Kongresse, Sympo-
sien, Seminare, Kolloquien, Workshops, Events (Unterhaltung) und Mitar-
beiterschulungen“). Insoweit beschreibt die Wortfolge die Art und den the-
matischen Gegenstand der Messe, deren Ausrichtung angeboten werden
soll.

Zum anderen handelt es sich um typische Dienstleistungen für eine Messe
bzw. im Zusammenhang mit einer Messe oder um entsprechende Hilfs-
dienstleistungen. So stehen in unmittelbarem funktionellen Zusammenhang
mit der Veranstaltung einer Messe die Dienstleistungen der Klasse 36
„Vermietung von Nutzflächen in Hallen und im Freien für Kongress- und
Messeteilnehmer und an der Durchführung von Kongressen oder Messen
- 13 -
beteiligte Firmen“, welche regelmäßig Haupteinnahmequelle von Messege-
sellschaften sind (vgl. BPatG, Beschluss vom 11. September 2013,
29 W 544/12 - WoMenPower); Entsprechendes gilt für die Dienstleistungen
der Klasse 39 „Lagerung von für Kongress- und Messezwecke benötigten
Waren, Möbeln, Leergut; Vermietung von Garagen und Parkplätzen an
Kongress- und Messeteilnehmer und Kongress- und Messebesucher“, weil
auch diese branchenüblicherweise ein wesentlicher Teil des Service-Ange-
bots für Aussteller und Besucher sind. Wegen des vielseitigen und umfang-
reichen Event- und Informationsprogramms auf Messen besteht ferner ein
direkter Bezug zu den Dienstleistungen der Klasse 41 „Ausbildung; Unter-
haltung; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten; Organisation und Ver-
anstaltung von Ausstellungen und Präsentationen für kulturelle oder Unter-
richtszwecke; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltun-
gen, Empfängen und Feiern (Unterhaltung)“. Verbunden mit der Teilnahme
an einer Messe sind zudem üblicherweise an den betreffenden Veranstal-
tungsorten auch Verpflegungs- und Beherbergungsdienstleistungen, wie
sich insoweit bereits aus der konkreten Formulierung des Verzeichnisses in
Klasse 43 ergibt (vgl. Verpflegung und Vermittlung der Beherbergung von
Kongress- und Messebesuchern und Kongress- und Messeteilnehmern;
Zimmerreservierung für Kongress- und Messebesucher und –teilnehmer).
Dies gilt gleichermaßen für die Dienstleistungen der Klasse 36 „Vermittlung
von Versicherungen an Kongress- und Messeteilnehmer“.

Ein enger funktioneller Zusammenhang besteht auch zu den übrigen
Dienstleistungen aus der Klasse 41 „Herausgabe von Verlagsdruck- und
Druckereierzeugnissen [ausgenommen für Werbezwecke] in elektronischer
Form, auch zum Abrufen mittels Datenfernübertragung; Dienstleistungen
einer Redaktion; Herausgabe von Zeitschriften und Publikationen im Zu-
sammenhang mit der Organisation und Durchführung von Ausstellungen
und Messen“ sowie den damit zusammenhängenden Waren der Klasse 9
„Magnetaufzeichnungsträger; Schallplatten; CD-ROMs; CD-Rs; CD-RWs;
- 14 -
DVDs; Mini-Discs; BluRays und andere digitale Aufzeichnungsträger“ und
den Waren der Klasse 16 „Druckereierzeugnisse, insbesondere…“. Denn
es gibt sowohl Verlage wie auch Messeredaktionen, die sich auf die Zu-
sammenstellung von Informationen und die Herausgabe von Drucksachen
anlässlich solcher Veranstaltungen spezialisiert haben, wie z. B. Messeka-
taloge oder Messezeitschriften sowohl in Druckform wie auch in elektroni-
scher Form (z. B. über eine Messe-App oder noch mittels digitalen Auf-
zeichnungsträgern); darin wird über Themen, Schwerpunkte, anstehende
Vorführungen und Events sowie tagesaktuelle Messenachrichten informiert.

In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klas-
se 38 „Telekommunikation; Bereitstellung des Zugriffs auf elektronische
Kommunikationsnetze, insbesondere auf das Internet und Intranets; Email-
Dienste; elektronische Nachrichten- und Bildübermittlung; Bereitstellung
des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken, insbesondere inter-
aktive Datenbanken mit Informationen über Konsumgüter und Industrieer-
zeugnisse; Vermieten von Zugriffszeit auf eine Website zum Betrachten von
Veranstaltungen [Telekommunikationsdienstleistung]“ gibt „Internationale
Lederwarenmesse“ die sachbezogene Information, dass im Rahmen einer
solchen Messeveranstaltung beispielsweise leistungsstarke Technologien
mit hohen Datenraten angeboten werden (z. B. auch ohne Roamingkosten
für internationale Besucher), mit denen eine Vernetzung mit und der Zugriff
auf Datenbanken bzw. die Nutzung von interaktiven Messeplanern zur In-
formation und Navigation für Besucher und Aussteller ermöglicht wird; so
können Messeteilnehmer z. B. über ihr Smartphone auf alle Informationen
betreffend die Aussteller und deren Messestände sowie Produktneuheiten
zugreifen oder es können von den Ausstellern Produktbilder, PDF-Dateien,
Animationen und (Musik)Videos problemlos zum Download angebo-
ten werden; verbunden sind damit häufig auch noch die Waren der Klasse 9
„elektronisch herunterladbare Publikationen, Bücher, Zeitschriften, Zeitun-
gen, Broschüren, Texte, Bilder, Programme, Spiele, Musikstücke, Filme;
- 15 -
Software“ sowie die jeweils darauf bezogenen Dienstleistungen der Klas-
se 42 „Entwurf und Entwicklung von Software, gespeichert auf CD-Roms,
DVD-Roms, Blu-Ray-Roms, soweit in Klasse 42 enthalten; Erstellung und
Pflege von Internet-Webpages; Erstellung und Wartung von Software für
Datenbanken; Beratung bei der Organisation und Durchführung von Mes-
sen, Ausstellungen, Veranstaltungen, Lehrschauen, Sonderveranstaltungen
und Verkaufsveranstaltungen gewerblicher Art für Dritte in technischer Hin-
sicht“.

Auch in Bezug zu den übrigen verfahrensgegenständlichen Waren und
Dienstleistungen bleibt die Angabe „Internationale Lederwarenmesse“ stets
nur ein Hinweis auf die Art und das Thema der Veranstaltung als solche,
nicht aber auf den Anbieter einer so gekennzeichneten Ware oder Dienst-
leistung. Die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen des Marketings
bzw. der Werbe- und darauf bezogenen Verteilungs- und Vermietungs-
dienstleistungen der Klasse 35, der übrigen Beratungs-, Verwaltungs-,
Vermittlungs- und Informationsdienstleistungen spielen im Bereich der
Messedienstleistungen eine nicht unmaßgebliche Rolle oder beschäftigen
sich im weitesten Sinne damit, auch insoweit, als sie notwendiger Be-
standteil der Vorbereitung solcher Messen sind und spezifisch für solche
Messen erbracht werden, was sich zum Teil wiederum ausdrücklich aus der
konkreten Verzeichnisformulierung ergibt (vgl. „Werbung für von Dritten
veranstaltete Kongresse und Messen und Kongress- und Messeteilneh-
mer“, „Unternehmensberatung, insbesondere Beratung bei der Organisation
und Durchführung derartiger Messen…“, „Meinungsforschung auf bzw. an-
lässlich von Kongressen und Messen…“ jeweils der Klasse 35; „Vermittlung
von Versicherungen an Kongress- und Messeveranstalter“ der Klasse 36).

Bei den Waren der Klasse 18 „Leder“, der Klasse 25 „Bekleidungsstücke;
Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ und der Klasse 28 „Spiele; Spielzeug;
Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten“ handelt es sich aus-
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drücklich um Lederprodukte oder kann es sich um solche handeln (z. B.
Lederjacke, Lederschuhe, Lederkappe, Leder-Würfelbecher, Spielzeug-
Pferdegeschirr aus Leder, Boxhandschuhe, Boxsäcke aus Leder, Sportbälle
aus Leder etc.). Sind solche Produkte mit dem Zeichenbestandteil „Interna-
tionale Lederwarenmesse“ gekennzeichnet, wird der Verkehr diesen nicht
als Hinweis auf den Hersteller auffassen, sondern darin nur den Sachhin-
weis sehen, dass diese auf einer solchen Messe als Produktneuerung prä-
sentiert wurden.

Ebenfalls nicht als Hinweis auf den Hersteller der so beschrifteten Waren
wird der Verkehr das Anmeldezeichen auch dann auffassen, wenn der Be-
griff zur Kennzeichnung der übrigen Waren der Klasse 16 (z. B. „Schreib-
waren“, „Fotografien“, „ Ansichtskarten für Kongress- und/oder Messezwe-
cke oder zum Vertrieb auf oder anlässlich von Kongressen und Messen“)
verwendet wird. Merchandisingartikel werden regelmäßig als Begleit- oder
Zusatzprodukte zu anderen Waren und Dienstleistungen vertrieben und
kommen vielfach als Werbemittel mit dem Ziel der Erregung von Aufmerk-
samkeit in der Öffentlichkeit für eine Veranstaltung zum Einsatz. Tragen sie
den Schriftzug „Internationale Lederwarenmesse“ werden regelmäßig we-
der der Fachverkehr, noch der allgemeine durchschnittlich aufmerksame
Endverbraucher dieser Waren annehmen, es handele sich um einen be-
trieblichen Herkunftshinweis.

Der Zeichenbestandteil „Internationale Lederwarenmesse“ stellt nach alledem
eine Sachaussage für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleis-
tungen dar und ist somit nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu
dienen.

b) Zutreffend hat das DPMA darauf hingewiesen, dass nach der Rechtspre-
chung des EuGH auch die der Wortfolge „Internationale Lederwarenmesse“ vo-
- 17 -
rangestellte Buchstabenfolge „ILM“ die Schutzfähigkeit des Zeichens nicht be-
gründen kann.

aa) Das Wort „ILM“ bzw. „Ilm“ ist der Name verschiedener Fließgewässer; so
bezeichnet es einen linken Nebenfluss der Saale in Thüringen, einen linken
Zufluss der Abens in Bayern sowie einen Nebenfluss der Lahn und der
Sormitz (vgl. DUDEN Online und „de.wiktionary.org“); als geografische Her-
kunftsangabe für die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen
kommt ILM insoweit aber nicht ernsthaft in Betracht.

Ferner ist die Buchstabenfolge ILM für verschiedenste Begriffe bzw. Be-
griffskombinationen als Abkürzung nachweisbar, wie z. B. für „Impulsmo-
dulation“, „Internationale Liga für Menschenrechte“, „Information Lifecycle
Management“, „Information and Library Management“ u. v. m. (vgl. unter
storitback.de, bedeutung-von-woertern.com, woxikon.de, motor-talk.de).
Buchstabenfolgen sind dann nicht schutzfähig, wenn sie gebräuchliche oder
aus sich heraus für die angesprochenen Verbraucher verständliche Abkür-
zungen beschreibender Angaben sind, was unter Berücksichtigung der je-
weils beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Einzelfall zu prüfen
und zu beurteilen ist (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 203
ff.). Eine schwerpunktmäßige oder einheitliche Verwendung der – für sich
betrachteten - Abkürzung „ILM“ für eine bestimmte (Sach-)Aussage ist vor-
liegend nicht feststellbar. So ist ILM insbesondere auch keine Abkürzung,
die ohne Erläuterung für „Internationale Lederwarenmesse“ steht.

Bei der maßgeblichen Betrachtung des Anmeldezeichens „ILM Internatio-
nale Lederwarenmesse“ insgesamt liegt es hier allerdings aufgrund der
nachgestellten Wortfolge auf der Hand, ohne jede analysierende Betrach-
tung den Zeichenbestandteil ILM als Abkürzung bzw. Akronym der ausge-
schriebenen Worte (wieder-)zuerkennen, so dass jedenfalls andere mögli-
che Bedeutungen zurückgedrängt werden.
- 18 -

bb) Selbst wenn der Buchstabenbestandteil des angemeldeten Zeichens „ILM“
für sich genommen nicht beschreibend vom Verkehr aufgefasst werden
sollte, führt die Hinzufügung der Sachangabe in vollständiger Form – wie
die Markenstelle zu Recht ausgeführt hat – zur Schutzunfähigkeit des an-
gemeldeten Zeichens.

Denn besteht ein Zeichen aus einer nicht beschreibenden Buchstabenfolge,
deren Bedeutung durch die nachfolgende Wortfolge explizit erläutert und
vom Verkehr als Abkürzung der Wortkombination wahrgenommen
wird - was von Fall zu Fall festzustellen ist - fehlt dem Gesamtzeichen nach
der Rechtsprechung des EuGH die erforderliche Unterscheidungskraft
(EuGH GRUR 2016, 80 Rn. 33 – BGW Beratungs-Gesellschaft Wirtschaft
mbH/Scholz; GRUR 2012, 616 Rn. 32 ff. - Alfred Strigl/DPMA u. Secur-
vita/Öko-Invest [MMF Multi Market Funds und NAI – Der Natur-Aktien-In-
dex], auf entsprechende Vorlagefragen des BPatG).

Waren vor dieser Entscheidung des EuGH noch unterschiedliche Ansätze
bei der Beurteilung von Anmeldungen zusammengesetzt aus Akronym und
erläuternder Wortfolge festzustellen (vgl. BPatG, Beschluss vom
10.01.2012, 27 W (pat) 114/11 – ZVS - Zertifizierter Vorsorge-Spezialist;
Beschluss vom 31. März 2010, 26 W (pat) 76/09 - Verteilnetzbetreiber
(VNB) Rhein-Main-Neckar; Beschluss vom 5. Mai 2009, 24 W (pat) 51/08 –
CLIMA Climate Life Investment Management Advisor; Beschluss vom
16. Mai 2007, 33 W (pat) 3/05 - TRM Tenant Relocation Management; Be-
schluss vom 22. Januar 1997, 32 W (pat) 33/96 – VISUAL KNITTING
SYSTEM VKS; Beschluss des 29. Senats in GRUR 1989, 513 - IBA Inter-
nationales Biographisches Archiv), so wurden in Anwendung dieser Recht-
sprechung vom Bundespatentgericht in der Folge so gebildete Zeichen re-
gelmäßig als nicht schutzfähig erachtet (vgl. BPatG, Beschluss vom
27. März 2017, 25 W (pat) 11/15 – EBD Evangelische Bank Deutschlands;
- 19 -
Beschluss vom 27. März 2017, 25 W (pat) 10/15 – EB Evangelische Bank;
Beschluss vom 9. Dezember 2015, 29 W (pat) 526/13 – GRM Gastro Rela-
tionship Management; Beschluss vom 3. Dezember 2015,
30 W (pat) 521/14 – OE OrganicEnergy). Eines der wenigen Zeichen, das
mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung ausnahmsweise zur Eintragung ge-
langte, ist die Wortmarke „ume unique media entertainment“ (Beschluss
vom 15. Oktober 2014, 27 W (pat) 539/14); der 27. Senat hatte diese als
schutzfähig erachtet, weil das vorangestellte „ume“ zwar das Akronym für
die (Dienstleistungs-)beschreibende Wortfolge „unique media entertain-
ment“ sei, aber nicht als Abkürzung eines Sachbegriffs wirke, sondern viel-
mehr als Marke, die zu Werbezwecken mit einem auf die Einzelbuchstaben
Bezug nehmenden Text im Sinne eines anpreisenden Slogans (wie auch
bei „AEG – aus Erfahrung gut“) angereichert sei.

Auch der Bundesgerichtshof hatte im Rahmen eines Kollisionsverfahrens in
der IDW-Entscheidung (Mitt. 2008, 417 Rn. 37 - idw Informationsdienst
Wissenschaft; nachfolgend BPatG GRUR 2010, 437 - IDW) eine Beziehung
von Wortzusammenstellungen und Akronymen anerkannt (zuletzt ebenfalls
für das Widerspruchsverfahren BGH GRUR 2016, 283 – DSA/BSA).

Unter Anwendung der o. g. EuGH-Rechtsprechung ist damit jeweils für den
konkreten Einzelfall festzustellen, ob der Verkehr die in Rede stehende
Buchstabenfolge für die weiter genannte nicht schutzfähige Wortfolge tat-
sächlich als Abkürzung versteht. Die Wahrnehmung einer Buchstabenfolge
als bloße Verkürzung einer beschreibenden Wortkombination setzt voraus,
dass die Buchstabenfolge im Vergleich zur beschreibenden Wortkombina-
tion nur eine akzessorische Stellung einnimmt. Für ein solches Verständnis
spricht beispielsweise, dass die Abkürzung aus den Anfangsbuchstaben
der Wortkombination besteht und kein zusätzliches Element vorhanden ist,
das die Annahme erlaubt, die Zusammenfügung sei ungewöhnlich oder ha-
be eine eigene Bedeutung.
- 20 -
Im vorliegenden Fall steht die Buchstabenfolge nicht derart stark im Vor-
dergrund, dass sie in erster Linie unabhängig und isoliert von der beschrei-
benden Wortfolge wahrgenommen wird. Auch wirkt die Wortfolge „Internati-
onale Lederwarenmesse“ nicht nur als anpreisender Slogan, deren Abkür-
zung mit den Anfangsbuchstaben ungewöhnlich erschiene (anders als bei
„ume unique media entertainment“ oder beispielweise bei „DJK – Der Jeans
König“). Der Buchstabenbestandteil „ILM“ ist den Wörtern „Internationale
Lederwarenmesse“ direkt vorangestellt und stimmt mit deren Anfangsbuch-
staben überein, so dass der Verkehr diesen unwillkürlich als gleichbedeu-
tende Verkürzung der dahinter stehenden Wortfolge und/oder letztere wie-
derum als Erläuterung der Buchstabenfolge auffassen wird. Die Vorausset-
zungen einer so genannten „akzessorischen Stellung“ der Buchstabenfolge
im Verhältnis zu der Wortkombination liegen daher vor. Nach der Recht-
sprechung des EuGH nimmt die Abkürzung somit einen beschreibenden
Charakter an und das Anmeldezeichen ist in seiner Gesamtheit beschrei-
bend und deshalb nicht schutzfähig.

cc) Der Senat hat allerdings bei seinen Recherchen feststellen können, dass es
in der Messebranche üblich ist, konkrete Messeveranstaltungen bestimmter
Anbieter regelmäßig mit einer beschreibenden Wortfolge und einem (vo-
rangestellten) Akronym zu bezeichnen; dies zeigen beispielweise die Mes-
sebezeichnungen „AREB Amateurfunk-, Rundfunk- und Elektronikbörse
Dresden“, „IFA Internationale Funkausstellung“, „ITB Internationale Touris-
tikbörse“, „IAA Internationale Automobilausstellung“, „IHM – Internationale
Handwerksmesse“, „IBEM Internationale Berliner Erfindermesse“, „IAW
INTERNATIONALE AKTIONSWARENMESSE“, „IPM Essen Internationale
Pflanzenmesse“, „id infotage dental“, „CCE International Corrugated & Car-
ton Exhibition“, „MMC Berlin Mega Manga Convention“, „BMT Berliner Mo-
torrad Tage“, „IHIF International Hotel Investment Forum“, „LWH Land-
wirtschaftliches Hauptfest“.

- 21 -
Hat sich aber in einer Branche die Kennzeichnungsgewohnheit herausge-
bildet, die Veranstaltung eines bestimmten Anbieters mit einem Akronym
und einer - diese Veranstaltung beschreibenden – erläuternden Wortfolge
zu bezeichnen, könnte dies aus Sicht des Senats dazu führen, dass der
Verkehr derartige Bezeichnungen auch als individualisierenden betriebli-
chen Herkunftshinweis auffasst (vgl. hierzu auch BGH GRUR GRUR 2014,
1204 Rn. 19 – DüsseldorfCongress). Es stellt sich mithin die Frage, ob nicht
bei der Schutzfähigkeitsprüfung in vorliegenden Fallgestaltungen auch eine
branchenbezogene Betrachtung derart möglich und erforderlich ist, dass al-
lein branchenbezogene Umstände und Kennzeichnungsgepflogenheiten zur
Verneinung bzw. gegebenenfalls zur Aufhebung der akzessorischen Stel-
lung des Akronyms führen können, also ohne dass die Buchstabenfolge
(grafisch) besonders hervorgehoben ist oder es sich sonst um eine unge-
wöhnliche Zusammenfügung handelt.

Der Senat sieht sich aber (derzeit) an der Bejahung der Schutzfähigkeit ge-
hindert, weil das angemeldete Wortzeichen in seiner Gesamtheit eine Kom-
bination aus einer rein beschreibenden Angabe „Internationale Lederwa-
renmesse“ mit ihrem Kürzel ILM darstellt, wobei ihre Einzelbestandteile
gleichsam wie eine gegenseitige Erläuterung aufeinander bezogen sind und
damit die Voraussetzungen einer akzessorischen Stellung des Akronyms
nach der Rechtsprechung des EuGH vorliegen.

Dem Anmeldezeichen „ILM Internationale Lederwarenmesse“ ist damit im Er-
gebnis im verfahrensgegenständlichen Umfang die erforderliche Unterschei-
dungskraft abzusprechen.

3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann
dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbe-
dürftig ist.
- 22 -
4. Die Beschwerdeführerin beruft sich schließlich ohne Erfolg auf die nationalen
Markeneintragungen „T-Messe“ (Nr. 398 38 666), „Messe 21“ (Nr. 398 65 120),
„MMM - Die Messe der Meister von morgen“ (Nr. 301 67 513), „PRINT MEDIA
MESSE“ (Nr. 303 33 465), „lpf – Messe“ (Nr. 307 52 156) und „GDG - Die Mes-
se-Weltmeister“ (Nr. 30 2008 005 792), die ohnehin teilweise schon nicht mit
der verfahrensgegenständlichen Bezeichnung vergleichbar sind.

Denn aus der bisherigen Eintragungs- und Entscheidungspraxis im Zusammen-
hang mit Marken, die den Wortbestandteil „Messe“ aufweisen, ergibt sich keine
Bindungs- oder Indizwirkung für die im vorliegenden Verfahren vorzunehmende
Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft (vgl.
EuGH GRUR 2009, 667 Rn. 18 - Bild-digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart;
BGH, a. a. O., Rn. 45 - Gute Laune Drops; GRUR 2014, 376, Rn. 19 - grill
meister; WRP 2011, 349 Rn. 12 - FREIZEIT Rätsel Woche; GRUR 2011, 230
Rn. 12 - SUPERgirl). Zum einen können aus ggf. zu Unrecht vorgenommenen
Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick
auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden und zum an-
deren darf auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von
einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen wer-
den (BGH GRUR 2014, 376 Rn. 19 - grill meister).

Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.

5. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG wegen
grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Ist in
einer Branche die Kennzeichnungsgewohnheit festzustellen, wonach ein be-
stimmter Anbieter mit einem Akronym und erläuternder rein beschreibender
Wortfolge bezeichnet wird, stellt sich die - bisher höchstrichterlich noch nicht
entschiedene - Frage, ob allein diese branchenbedingten Kennzeichnungsge-
pflogenheiten den akzessorischen Charakter der grafisch nicht besonders her-
ausgestellten Buchstabenfolge aufzuheben vermögen, selbst wenn der ange-
- 23 -
sprochene Verkehr ohne weiteres erkennt, dass die vorangestellte Buchsta-
benfolge die Anfangsbuchstaben der folgenden beschreibenden Wortfolge auf-
greift.


R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim
Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder durch einen beim Bundesge-
richtshof zugelassenen Rechtsanwalt schriftlich einzulegen.


Dr. Mittenberger-Huber Akintche Seyfarth

prö


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