29 W (pat) 24/15  - 29. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



29 W (pat) 24/15
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
1. Februar 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Markenanmeldung 30 2013 062 465.3

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden
Richterin Dr. Mittenberger-Huber und der Richterinnen Akintche und Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e

I.

Die Bezeichnung

Nikolausdorf

ist am 9. Dezember 2013 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent-
und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen an-
gemeldet worden:

Klasse 35: Dienstleistungen des Groß- und Einzelhandels in den Bereichen
Kosmetika, Mittel zur Körper und Schönheitspflege, ätherische
Öle, Räuchermittel, Duftstoffe, Kerzen für Beleuchtungszwecke,
Bild- und/oder Tonträger, insbesondere CDs und DVDs, Beleuch-
tungs- und Kochgeräte, Lampen, Edelmetalle und deren Legie-
rungen sowie daraus hergestellte und damit plattierte Waren, Ju-
welierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine, Uhren und Zeitmessin-
strumente, Musikinstrumente, Papier, Pappe und Waren aus die-
sen Materialien, Druckereierzeugnisse, Fotografien, Schreibwa-
ren, Papeteriewaren, Büroartikel, Künstlerbedarfsartikel, Verpa-
ckungsmaterial, Kunstgegenstände, kunstgewerbliche Artikel,
Gemälde, Kunstdrucke, Waren aus Holz, Kork, Rohr, Binsen,
Weide, Horn und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen, Le-
der und Lederimitationen sowie daraus hergestellte Waren, Ta-
schen und Koffer, Schirme, Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen
und Schuhwaren, Möbel, Spiegel, Bilderrahmen, Geräte und Be-
hälter für Haushalt und Küche, Käme und Schwämme, Bürsten-
machermaterial, Putzzeug, Waren aus Glas, Keramik, Porzellan
und Steingut, Garne und Fäden für textile Zwecke, Webstoffe und
Textilwaren, Kurzwaren, Bodenbeläge, Spiele, Spielzeug, Sportar-
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tikel, Weihnachtsdekorationen, Christbaumschmuck, Weihnachts-
bäume, Pflanzen, Trockenpflanzen, künstliche Blumen, Lebens-
mittel, Backwaren und Getränke, Raucherartikel; Dienstleistungen
einer Werbeagentur; Organisation und Veranstaltung von Märkten;
Vermietung von Verkaufsständen; Vermietung von Verkaufsflä-
chen; Vermietung von Werbeflächen; Waren- und Dienstleis-
tungspräsentationen;

Klasse 41: Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienste von Un-
terhaltungskünstlern; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestal-
tung; Organisation und Durchführung von kulturellen und sportli-
che Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Kon-
zerten und Musikdarbietungen; Veranstaltung von Wettbewerben
(Erziehung, Unterhaltung); Organisation und Veranstaltung von
Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Organisation
und Veranstaltung von Volksfesten (Unterhaltung); Betrieb von
Fahrgeschäften; Organisation und Durchführung von Unterhal-
tungsveranstaltungen; Veranstaltung und Durchführung von Se-
minaren und Workshops; Veranstaltung von sportlichen Wettbe-
werben; Theateraufführungen; Zirkusdarbietungen; Durchführung
von Live-Veranstaltungen (Unterhaltung);

Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen.

Mit Beschluss vom 26. März 2015 hat die Markenstelle für die Klasse 35 die An-
meldung teilweise, nämlich mit Ausnahme der oben kursiv gedruckten Dienstleis-
tungen zurückgewiesen. Den Begriff „Nikolausdorf“ werde der Verkehr dahinge-
hend verstehen, dass es sich bei den zurückgewiesenen Dienstleistungen um sol-
che handele, die einen Bezug zu dem Ortsteil Nikolausdorf der Gemeinde Garrel
im Landkreis Cloppenburg in Niedersachsen hätten, dort angeboten oder erbracht
oder etwa für Veranstaltungen dort benötigt würden. Das Wort sei eine geografi-
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sche Angabe, dem auch ein Hinweis auf eine besondere Bedeutung im Zusam-
menhang mit dem Nikolaus und der Weihnachtszeit zu entnehmen sei. Dass der
Verkehr den Ort Nikolausdorf nicht genau kenne bzw. geografisch einordnen
könne oder der Ort für bestimmte Waren und Dienstleistungen renommiert sei, sei
nicht erforderlich. Der Umstand, dass es sich bei „Nikolausdorf“ auch um einen
beliebigen Ort handeln könne, der sich mit dem Thema Nikolaus befasse, von
dem aus z. B. Briefe von Kindern an den Nikolaus beantwortet würden oder der
einen Nikolausmarkt veranstalte, führe nicht zu einer schutzbegründenden Mehr-
deutigkeit, weil auch insoweit jeweils nur ein beschreibender Hinweis vorliege. Ob
darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Mar-
kenG bestehe, wofür einiges spreche, könne aufgrund der fehlenden Unterschei-
dungskraft dahingestellt bleiben. Hinsichtlich der übrigen Dienstleistungen, näm-
lich „Dienstleistungen einer Werbeagentur; Vermietung von Verkaufsständen;
Vermietung von Verkaufsflächen; Vermietung von Werbeflächen; Waren- und
Dienstleistungspräsentationen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren
und Workshops; Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben“ könnten Schutz-
hindernisse dagegen nicht festgestellt werden, da sie in der Regel nicht unmittel-
bar mit einem Nikolausdorf zu tun hätten, dafür bestimmt seien oder danach be-
nannt würden.

Gegen diesen Teilzurückweisungsbeschluss richtet sich die Beschwerde des An-
melders.

Er macht geltend, dass der Ortsteil „Nikolausdorf“ den beteiligten inländischen
Verkehrskreisen gänzlich unbekannt sei. Selbst die Gemeinde Garrel und auch
der Landkreis Cloppenburg würden von den angesprochenen Verkehrskreisen in
der Bundesrepublik Deutschland entweder überhaupt nicht gekannt oder könnten
zumindest von weiten Verkehrskreisen nicht einwandfrei geografisch zugeordnet
werden. Der Ortsteil „Nikolausdorf“ habe lediglich ca. 1000 Einwohner und ange-
sichts der geringen Ortsgröße keine relevante wirtschaftliche Bedeutung. Gegen
die Eignung des Namens eines Herstellungsortes als geografische Angabe spre-
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che vor allem der Umstand, dass sich der fragliche Ort weder gegenwärtig als Sitz
entsprechender Herstellungsunternehmen anbiete noch mit relevanten Anknüp-
fungspunkten in Zukunft zu rechnen sei, weil eine dahingehende Entwicklung we-
gen der geografischen Eigenschaften des Ortes auch aus Sicht der beteiligten
Verkehrskreise unwahrscheinlich sei. Zudem sei bei standortunabhängigen
Dienstleistungen ein Hinweis auf deren geografische Herkunft weit weniger nahe-
liegend und daher von geringer Bedeutung. Es seien keine Anhaltspunkte dafür
ersichtlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise die beanspruchten Dienst-
leistungen gegenwärtig oder zukünftig mit diesem Ortsteil in Verbindung bringen
könnten. Im Ortsteil „Nikolausdorf“ hätten weder historisch, politisch, kulturell,
sportlich oder sonstige aufmerksamkeitserregende Ereignisse stattgefunden noch
würden dort Produkte oder Dienstleistungen mit einem überregionalen Ruf herge-
stellt, erbracht oder angeboten. Auch in Zukunft sei dies vernünftigerweise nicht zu
erwarten. Die Gemeinde G… liege in einer Region, die landwirtschaftlich ge-
prägt sei und zu den strukturschwächsten Gebieten in der Bundesrepublik
Deutschland gehöre. Der Landkreis C… habe lediglich eine Einwohner-
dichte von 124 Einwohnern/km². Der Landkreis, die Gemeinde und auch der
Ortsteil seien für den Tourismus nicht von Bedeutung. Ferner hätten die ange-
sprochenen Verkehrskreise ohne Voranstellung des Adjektivs „heiliger“ keinerlei
Veranlassung, dem Zeichenbestandteil „Nikolaus“ einen Bezug zum 6. Dezember
bzw. der Weihnachtszeit zu entnehmen, zumal der Zeichenbestandteil „Dorf“ ei-
nen geografischen Hinweis gebe und der „Heilige Nikolaus“ sicherlich nie in
Deutschland gewesen sei. Auch die beanspruchten Dienstleistungen wiesen
– vorbehaltlich der Dienstleistungen des „Groß- und Einzelhandels in den Berei-
chen Weihnachtsdekoration, Christbaumschmuck und Weihnachtsbäume“ – kei-
nen Bezug zur Weihnachtszeit auf und würden auch nicht speziell in kleinen
Gruppensiedlungen, die das Wort „Dorf“ bezeichne, erbracht. Die angemeldete
Bezeichnung erscheine daher für die angesprochenen Verkehrskreise als eine
imaginäre Phantasiebezeichnung, ein Eigenname oder eine nicht bekannte oder
lokalisierbare Ortsangabe. Derartige Zeichen seien regelmäßig eintragungsfähig,
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wie die Eintragungspraxis des DPMA bezüglich der Marken B…, R…
und N… belege.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA vom
26. März 2015 aufzuheben.

Hilfsweise regt er die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Der Senat hat dem Beschwerdeführer mit der Terminsladung Rechercheergeb-
nisse übersandt. Zur mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2017, welche auf
den entsprechenden Hilfsantrag anberaumt worden ist, sind der am
30. Dezember 2016 ordnungsgemäß geladene Anmelder und sein Verfahrensbe-
vollmächtigter - wie vorab angekündigt - nicht erschienen.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die gemäß § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die angemeldete Bezeichnung „Nikolausdorf“ stellt im verfahrensgegenständli-
chen Umfang eine geografische Angabe dar, die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
freihaltebedürftig ist. Zudem fehlt dem Anmeldezeichen die erforderliche Unter-
scheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Bei der Prüfung der vorgenannten Schutzhindernisse ist maßgeblich auf den Zeit-
punkt der Anmeldung und auf das zu diesem Zeitpunkt bestehende Verkehrsver-
ständnis abzustellen, wobei es auf die Wahrnehmung des Handels und/oder eines
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normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnitts-
verbrauchers der angesprochenen Verkehrskreise ankommt (EuGH GRUR 2004,
943 Rn. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla;
BGH WRP 2014, 449 Rn. 11 - grill meister). Danach ist der Bezeichnung „Niko-
lausdorf“ die Schutzfähigkeit für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen
abzusprechen.

1. Als geographische Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist
„Nikolausdorf“ freihaltebedürftig.

a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dürfen Zeichen nicht eingetragen werden,
welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Be-
zeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder sonsti-
ger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können.
Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel ver-
folgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren
oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet wer-
den können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen
vorbehalten werden (EuGH GRUR 2004, 680 Rn. 35, 36 Campina Mel-
kunie/HABM [BIOMILD]; GRUR 2004, 674, Rn. 54 u. 95 - Postkantoor; GRUR
2004, 146, Rn. 31 - Wrigley/HABM [DOUBLEMINT]). Entscheidendes Kriterium
für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur
beschreibenden Verwendung. Ist die Eignung für die Beschreibung von Merk-
malen der beanspruchten Produkte festgestellt, setzt das Eintragungsverbot
des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keinen weiteren Nachweis voraus, dass und in
welchem Umfang sie als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist
oder verwendet wird (EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 30 - Chiemsee; GRUR
a. a. O. Rn. 32 - DOUBLEMINT). Entgegen der Auffassung des Anmelders
kommt es aus diesem Grund für die Bejahung eines entsprechenden Schutz-
hindernisses nicht darauf an, ob der Verkehr die Bezeichnung „Nikolausdorf“
derzeit als Ortsnamen kennt und ob er diesen Ort mit den beanspruchten
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Dienstleistungen in Verbindung bringt. Es kommt insofern lediglich auf die ob-
jektive Eignung der Bezeichnung an, als geografische Herkunftsangabe dienen
zu können. Dabei ist im Rahmen einer realitätsbezogenen Prognose unter Be-
rücksichtigung zukünftiger wirtschaftlicher Entwicklungen zu untersuchen, ob
eine beschreibende Verwendung vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten
ist oder auch bei realitätsbezogener Betrachtungsweise nur ernsthaft in Be-
tracht kommt (EuGH, a. a. O. Rn. 31-34 - Chiemsee; BGH GRUR 2003, 882 -
Lichtenstein; BPatG GRUR 2009, 491, 494 f. - Vierlinden; BPatG, Beschluss
vom 07.12.2010, 33 W (pat) 47/09 - STUBENGASSE MÜNSTER). Für die Eig-
nung einer Ortsangabe zur Beschreibung der geographischen Herkunft von
Waren und Dienstleistungen sprechen vor allem tatsächliche Anhaltspunkte wie
der Umstand, dass in dem fraglichen Ort bereits einschlägige Herstellungs-
oder Leistungsunternehmen existieren. Das Vorhandensein entsprechender
Gewerbebetriebe in dem fraglichen Ort stellt aber keine notwendige Vorausset-
zung für die Annahme des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
dar (EuGH a. a. O. - Chiemsee; BGH a. a. O. - Lichtenstein). Gegen die Eig-
nung eines Ortsnamens als beschreibende geographische Herkunftsangabe
kann vor allem der Umstand sprechen, dass sich der fragliche Ort weder ge-
genwärtig als Sitz entsprechender Herstellungs-, Vertriebs- oder Leistungsun-
ternehmen anbietet, noch mit anderen relevanten Anknüpfungspunkten in Zu-
kunft ernsthaft zu rechnen ist, weil eine dahingehende wirtschaftliche Entwick-
lung wegen der geographischen Eigenschaften des Ortes auch aus Sicht der
beteiligten Verkehrskreise völlig unwahrscheinlich ist (EuGH a. a. O. - Chiem-
see; EuG PAVIS PROMA T-226/09, Entscheidung vom 08.07.2009 - Alaska;
BPatG, Beschluss vom 11.11.2009, 29 W (pat) 68/07 - Carcavelos).

b) Besondere Gründe, aus denen die Erbringung der verfahrensgegenständli-
chen Dienstleistungen in oder von Nikolausdorf aus fernliegen würde, sind hier
nicht erkennbar.

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Bei dem Anmeldezeichen „Nikolausdorf“ handelt es sich um den Namen eines
Ortsteils der Gemeinde G… im Landkreis C… im Land N…-
…, das ca. 1.000 Einwohner hat. Dieser ist schon nicht unbekannt, weil in
dessen Postamt jährlich tausende Briefe an den Weihnachtsmann beantwortet
werden (vgl. Bl. 59-63 d. A.); so ist auf der Homepage des Ortes „Garrel“ in der
Rubrik Tourismus und Freizeit über „Nikolausdorf“ folgendes zu lesen: „Wenn in
diesen Tagen irgendwo in Deutschland ein Kind einen Brief an den Nikolaus
schreibt, dann landet die Post wahrscheinlich im Nikolausdorf. Hier im Ort gibt
es seit nunmehr über 30 Jahren die Nikolausaktion, die weit über die Grenzen
Deutschlands bekannt ist…. Seit 1997 ist der Nikolaus aus dem Nikolausdorf
auch im Internet. Unter www.nikolausdorf.de gibt es Jahr für Jahr mehr und
mehr rund um den Nikolaus zu entdecken. Insbesondere der Grußkartenservice
lockt viele Tausend Besucher von jung bis alt jährlich an…Viele Kinder besu-
chen jedes Jahr den Nikolaus in seinem Heimatort Nikolausdorf. Am Nikolaus-
tag, dem 6. Dezember, kommt der Nikolaus alljährlich mit der Kutsche vorge-
fahren und beschenkt die kleinen Kinder mit großen Tüten.“.

Dass die Bezeichnung „Nikolausdorf“ als geografische Angabe bereits be-
schreibende Verwendung u. a. im Zusammenhang mit einem Teil der hier ver-
fahrensgegenständlichen Dienstleistungen aus Klasse 41 und 43 findet, wird im
Übrigen durch die vorgenannten Ausführungen sowie durch die vorab übermit-
telten Recherche-Ergebnisse des Senats (Bl. 64-69 d. A.) belegt; neben der
genannten Nikolausveranstaltung gibt es ein Gasthaus mit Partyservice und
Saalbetrieb, Musik- und andere Unterhaltungsveranstaltungen wie Oldtimer-
treffen, gemeinnützige Basare u. v. m. Auch hinsichtlich der beanspruchten
Handelsdienstleistungen der Klasse 35 ist vernünftigerweise davon auszuge-
hen, dass sich zu den bestehenden, insbesondere aus Kleingewerbe beste-
henden, Unternehmen in Nikolausdorf auch solche des Einzelhandels hinzuge-
sellen können. Dafür spricht u. a. das Aufkommen sogenannter „Dorfläden“ als
Einrichtungen der ländlichen Nahversorgung als Konsumgenossenschaften,
von Einzelhändlern, Nachbarschaftsläden oder Hofläden. Die Gründung eines
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Dorfladens in Nikolausdorf ist damit im Bereich des Möglichen (vgl. zu entspre-
chenden Planungen auch Bl. 69 d. A.). Gerade bei weniger bekannten Orten,
zumeist also kleineren, ländlichen oder sonst abgelegenen Ortschaften ist es
aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers, der lange Anfahrtswege vermei-
den will, von besonderer Wichtigkeit, ob und dass sich dort überhaupt Einzel-
handelsgeschäfte niederlassen und damit durch ihre vor Ort erbrachten Han-
delsdienstleistungen die Versorgung mit Waren des täglichen Konsums über-
nehmen. Dementsprechend muss es umgekehrt ein gewichtiges Werbeargu-
ment für einen Einzelhändler sein, wenn er darauf hinweisen kann, dass er in
oder an einem solchen Ort tätig ist bzw. dorthin liefert (vgl. BPatG GRUR 2009,
491 - Vierlinden). Ob diese Erwägungen auch für die beanspruchten Großhan-
delsdienstleistungen greifen, muss hier nicht abschließend beurteilt werden.
Denn aus nachfolgend darzustellenden Gründen fehlt der Bezeichnung bezo-
gen auf alle verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen ohnehin die erforder-
liche Unterscheidungskraft.

2. Die Bezeichnung „Nikolausdorf“ enthält einen im Vordergrund stehenden be-
schreibenden Begriffsinhalt bzw. stellt einen engen beschreibenden Bezug zu
den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen her, so dass sie nach § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterschei-
dungskraft verfügt.

a) Unterscheidungskraft in diesem Sinne die einer Marke innewohnende (kon-
krete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden,
das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem be-
stimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder
Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet
(EuGH GRUR 2010, 228 Rn.  33 - Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik];
GRUR 2008, 608 Rn. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 9 - OUI;
GRUR 2015, 173, 174 Rn. 15 - for you; GRUR 2013, 731 Rn. 11 - Kaleido).
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Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der ge-
kennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH a. a. O. -
Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. - OUI; a. a. O. - for
you). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshin-
dernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch
noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu
überwinden (BGH a. a. O. - OUI; a. a. O. - for you). Ebenso ist zu berücksichti-
gen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit
mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es
einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004,
428 Rn. 53 - Henkel; BGH a. a. O. Rn. 10 - OUI; a. a. O. Rn. 16 - for you; BGH
GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE
CORPORATION).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft,
wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund
stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674,
Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 9 - Starsat; GRUR 2012, 270
Rn. 11 - Link economy). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft
vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch
die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die
sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014,
1204 Rn. 16 - DüsseldorfCongress; a. a. O. Rn. 16 - Gute Laune Drops; a. a. O.
Rn. 23 - TOOOR!).

b) Danach werden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise - die sich
vorliegend aus den Endverbrauchern sowie dem Fachverkehr zusammenset-
zen - die Angabe im vorliegenden Dienstleistungszusammenhang nur als
Sachhinweis, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen.
Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Wörtern „Nikolaus“ und „Dorf“
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zusammen. Der Begriff „Dorf“ bedeutet „ländliche Ortschaft, kleinere Siedlung
mit oft bäuerlichem Charakter“ (www.duden.de). „Nikolaus“ ist ein männlicher
Vorname und ein Familienname, der seit Jahrhunderten gebräuchlich ist und
den viele berühmte Persönlichkeiten trugen. Der mit Abstand bekannteste Na-
mensträger ist der Heilige Nikolaus von Myra, auf den der moderne Weih-
nachtsmann .zurückgeht, .der. - in .manchen .Regionen .auch .als .Nikolaus.be-
nannt - Kindern am 6. Dezember oder Weihnachten Geschenke bringt
(www.duden.de).

Zur (Vor-)Weihnachtszeit werden, wie die dem Beschwerdeführer übersandten
Rechercheergebnisse belegen, an sehr vielen Orten Märkte veranstaltet, für die
vielfältige Bezeichnungen wie „Nikolausmarkt“, „Nikolausbasar“, „Weihnachts-
markt“, „Weihnachtsdorf“, „Christbaumdorf“ und „Winterdorf“ existieren (vgl. Bl.
70-90 d. A.). Damit ist die Verwendung des Begriffs „Dorf“ für die Bezeichnung
von Verkaufsstätten zur Weihnachtszeit und darauf bezogener Produkte nach-
gewiesen. Das Anmeldezeichen „Nikolausdorf“ fügt sich ohne weiteres in die
Reihe der Bezeichnungen für weihnachtliche Märkte ein; nicht zuletzt wurde vor
dem Anmeldezeitpunkt die Bezeichnung „Nikolausdorf“ bereits zur Beschrei-
bung solcher Veranstaltungsorte verwendet (Bl. 72/73 d. A.). Die Bezeichnun-
gen „Nikolausmarkt, Nikolausbasar, Nikolausdorf“ belegen im Übrigen, dass
auch ohne Voranstellung des Adjektivs „heiliger“ - anders als der Beschwerde-
führer meint - ohne weiteres ein Bezug zum 6. Dezember bzw. der Weihnachts-
zeit hergestellt wird bzw. werden kann.

Das Anmeldezeichen gibt daher lediglich einen Sachhinweis auf die hier rele-
vanten Dienstleistungen, die sämtlich typischerweise im Zusammenhang mit
der Durchführung eines Weihnachtsmarktes angeboten werden oder hierzu je-
denfalls in engem Bezug stehen, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen
(ergänzend wird Bezug genommen auf die Ausführungen in dem Beschluss des
30. Senats vom 19.01.2017 zu der Parallelanmeldung „Dorf vom Santa Claus“ -
30 W (pat) 505/16 sowie auf BPatG, Beschluss vom 11.06.2008,
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32 W (pat) 156/07 - christmarkt und BPatG, Beschluss vom 05.07.2006,
26 W (pat) 77/04 - Christkindlesmarkt):

Die beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35 werden alle
üblicherweise auf einem Markt zur Weihnachtszeit erbracht oder können dort
erbracht werden. Dabei beschränkt sich das Angebot nicht nur auf Waren, die
in Zusammenhang mit weihnachtlichen Bräuchen stehen, sondern es umfasst
inzwischen auch alle möglichen anderen Waren. So präsentieren auf Weih-
nachtsmärkten vielfach neben Künstlern und Kunsthandwerkern auch ortsan-
sässige Händler ihre verschiedensten Produktsortimente. Das Anmeldezeichen
gibt somit nur den Erbringungsort der Dienstleistungen bzw. das Ambiente, in
dem diese erbracht werden, an. Bezüglich der Großhandelsdienstleistungen der
Klasse 35 enthält das Zeichen ebenfalls einen im Vordergrund stehenden be-
schreibenden Begriffsinhalt, da spezielle Verkaufsveranstaltungen für Wieder-
verkäufer wie Messen existieren, auf denen Waren speziell für Weihnachts-
märkte angeboten werden.

Zu den „Dienstleistungen des Groß- und Einzelhandels“ in den Bereichen
„Bürstenmachermaterial“ und „Bodenbeläge“ besteht zumindest ein enger be-
schreibender Bezug. Da „Bürsten“ zum gängigen Angebot auf Weihnachts-
märkten zählen, kann es sich bei „Bürstenmachermaterial“ um Ersatzteile für
entsprechende Verkaufsstände wie auch für den Endverbraucher handeln. Die
Handelsdienstleistungen „in den Bereichen Bodenbeläge“ können etwa das An-
gebot von „Bodenbelägen“ mit weihnachtlichem Bezug (wie z. B. Teppi-
chen/Fußabstreifern mit Weihnachts- bzw. Nikolausmotiven) betreffen; ferner
sind vom Einzelhandel betriebene und vom Großhandel belieferte Verkaufs-
stände auf Weihnachtsmärkten denkbar, an denen sich Verbraucher über Bo-
denbeläge informieren und diese anhand von Mustern auswählen und erwerben
können.

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Auch die Dienstleistungen „Organisation und Veranstaltung von Märkten“ ste-
hen mindestens in einem engen beschreibenden Bezug zu Weihnachts- und
Nikolausmärkten, da sie zur Vorbereitung und Durchführung solcher Märkte
erforderlich sind.

Zudem fehlt es der angemeldeten Bezeichnung für sämtliche verfahrensgegen-
ständliche Dienstleistungen der Klasse 41 an der erforderlichen Unterschei-
dungskraft. Ein Weihnachtsmarkt dient nicht nur dem Verkauf von Waren, son-
dern es werden dort regelmäßig auch Unterhaltungsdienstleistungen und kultu-
relle Aktivitäten beispielsweise in Form von musikalischen oder kulturellen Dar-
bietungen (Bläserkonzerte, Singen von Weihnachtsliedern), Theateraufführun-
gen (wie Krippenspiele), Ausstellungen (z. B. verschiedene Weihnachtskrippen)
oder Fahrgeschäften (Kinderkarussell) angeboten. Auch die Dienstleistungen
„sportliche Aktivitäten, Organisation und Durchführung von sportlichen Veran-
staltungen“ (z. B. Schlittschuhlaufen, Eisstockschießen) sind im Zusammen-
hang mit Weihnachtsmärkten belegbar (vgl. auch BPatG a. a. O. - christmarkt).

Entsprechendes gilt für die in Klasse 43 beanspruchten „Dienstleistungen zur
Verpflegung von Gästen“, weil auf allen Weihnachtsmärkten ein großes Ange-
bot an Speisen und Getränken zum sofortigen Verzehr besteht. Im Hinblick da-
rauf, dass für den Besuch von Weihnachtsmärkten gerade in touristisch belieb-
ten Orten häufig Gesamtpakete angeboten werden, die neben dem Besuch des
Marktes die Anreise und die Unterbringung beinhalten, liegt auch hinsichtlich
der Dienstleistung „Beherbergung von Gästen“ die Annahme fern, dass der
Verkehr in der Bezeichnung „Nikolausdorf“ über deren sachbeschreibende Be-
deutung hinaus einen individuellen betrieblichen Herkunftshinweis erkennt (vgl.
BPatG a. a. O. - christmarkt).

Dass die Markenstelle für die übrigen - hier nicht beschwerdegegenständli-
chen - Dienstleistungen, nämlich „Dienstleistungen einer Werbeagentur; Ver-
mietung von Verkaufsständen; Vermietung von Verkaufsflächen; Vermietung
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von Werbeflächen; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Veranstaltung
und Durchführung von Seminaren und Workshops; Veranstaltung von sport-
lichen Wettbewerben“ weder das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG noch das nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hat bejahen können, führt
vorliegend nicht zu einer für den Anmelder günstigeren Beurteilung. Im Gegen-
teil ist die vorgenommene Abgrenzung der Markenstelle kaum nachvollziehbar
und nicht zuletzt im Hinblick auf die Ausführungen in der Entscheidung
30 W (pat) 505/16 auch nicht überzeugend.

3. Der Beschwerdeführer beruft sich schließlich ohne Erfolg auf verschiedene
Eintragungen von - vermeintlich vergleichbaren - Marken beim DPMA. Zum ei-
nen können aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weiter-
gehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmel-
dung entnommen werden. Zum anderen sind Voreintragungen ohnehin nicht
bindend. Denn auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz darf
nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abge-
sehen werden (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Rn. 18 - Bild-digital und ZVS Zei-
tungsvertrieb Stuttgart; BGH GRUR 2014, 569 Rn. 30 - HOT). Diese nach den
rechtlichen Vorgaben vorgenommene Prüfung hat im vorliegenden Fall erge-
ben, dass das Zeichen im verfahrensgegenständlichen Umfang nicht schutzfä-
hig ist.

Demnach war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht geboten. Weder war über eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG) noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des
Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich zu
erachten (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

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Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statt-
haft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abge-
lehnt war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschrif-
ten über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bun-
desgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof zugelas-
sene Rechtsanwältin oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt
schriftlich einzulegen.


Dr. Mittenberger-Huber Akintche Seyfarth

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