29 W (pat) 19/17  - 29. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:270318B29Wpat19.17.0


BUNDESPATENTGERICHT


29 W (pat) 19/17
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(Aktenzeichen)


B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache
















betreffend die Marke 30 2009 008 634
(hier: Rückzahlung der Beschwerdegebühr - SB 22/16 Lösch)

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hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
27. März 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-
Huber sowie der Richterinnen Akintche und Seyfarth

beschlossen:

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.


G r ü n d e

I.

Die hiesige Beschwerde hat sich wegen Löschung der streitgegenständlichen
Marke in der Hauptsache erledigt. Sie richtete sich gegen die Mitteilung der Vor-
sitzenden der Markenabteilung 3.4 vom 27. Juli 2016, in der diese den Lö-
schungsantragsteller gemäß § 53 Abs. 4 MarkenG auf den Klageweg vor den or-
dentlichen Gerichten nach § 55 MarkenG verwiesen hatte. Gegenstand der Be-
schwerde war die Frage, ob der Widerspruch gegen die beantragte Verfallslö-
schung durch die im Verfahren aufgetretene Bevollmächtigte der Inhaberin der
angegriffenen Marke wirksam erklärt wurde oder nicht, § 53 Abs. 3 und Abs. 4
MarkenG.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer hat mit am 14. Januar 2016 beim Deut-
schen Patent- und Markenamt (DPMA) eingegangenem Antrag die Löschung der
am 13. Februar 2009 angemeldeten und am 11. Dezember 2009 für Waren der
Klassen 9, 25 und 28 eingetragenen Wortmarke 30 2009 008 634

PHENOM

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wegen Verfalls nach § 49 Abs. 1 MarkenG beantragt. Als Löschungsgrund wurde
angegeben, dass die Marke nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden sei.

In DPMAregister ist als Inhaberin der angegriffenen Marke die S… Ltd. in B…
aufgeführt; als Zustellanschrift ist die Angabe „S… Limited, Zweig-
niederlassung Deutschland, z. Hd. D…, …hof in H…“
erfasst. Die S… Ltd. ist eine mittlerweile aus dem britischen Handels-
register gelöschte („dissolved“) Gesellschaft in der Rechtsform einer „private com-
pany limited by shares“ nach englischem Recht mit dem Unternehmensgegen-
stand „Handel mit und Verwaltung von gewerblichen Schutzrechten; Handel und
Entwicklung von Sportartikeln und Bekleidung, Handel mit Waren und Fahrzeu-
gen, Factoring, Consulting und das Betreiben von Internet-shops“. Geschäftsfüh-
rende Direktoren („directors“) waren zunächst D1… und D…;
laut englischem Register war D… seit 2. September 2013 nicht mehr
geschäftsführender Direktor („resigned“). Die englische Limited ist am 10. Februar
2015 gelöscht worden. Daraufhin ist von Amts wegen gem. § 395 FamFG wegen
der Löschung der Hauptniederlassung am 27. August 2015 auch die Zweigstelle
aus dem deutschen Handelsregister ausgetragen worden.

Nach Eingang des Löschungsantrags hat das DPMA mit Schreiben vom 15. Feb-
ruar 2016 beim Einwohnermeldeamt der Gemeinde H… die aktuelle Ad-
resse des D… erfragt. Dieses hat mitgeteilt, dass die Abmeldung des
Herrn D… am 31. Oktober 2013 von Amts wegen erfolgt sei, als Hauptwohnung
zu diesem Zeitpunkt N…, … Str. gemeldet war und als Ne-
benwohnung …hof in H… Der Löschungsantrag wurde am 29.
Februar 2016 mit der Aufforderung, binnen zwei Monaten mitzuteilen, ob dem An-
trag widersprochen werde, vom DPMA daraufhin an die S… Ltd., z. Hd.
Herrn D… an die Adresse in N… (… Str.) mit Einschrei-
ben durch Übergabe abgesandt. Das Schreiben kam als nicht abverlangt zurück.
Daraufhin hat das DPMA mit Auskunftsersuchen vom 16. März 2016 an das Ein-
wohnermeldeamt N… die aktuelle Meldeadresse des D… erfragt.
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Dieses hat die Adresse … Str. in N… mitgeteilt. Der Lö-
schungsantrag wurde mit Amtsschreiben vom 27. April 2016 mit der Aufforderung,
binnen zwei Monaten mitzuteilen, ob dem Antrag widersprochen werde, vom
DPMA an Herrn D… an dessen ermittelte Adresse (… Str.) mittels
Übergabe-Einschreiben übersandt. Das Schreiben kam wiederum als nicht abver-
langt zurück. Ein erneuter Zustellungsversuch an die gleiche Adresse wurde nun-
mehr mittels Zustellungsurkunde am 23. Mai 2016 vorgenommen. Laut Zustel-
lungsurkunde wurde das Amtsschreiben am 25. Mai 2016 durch Einlegung in den
zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2016 hat der Löschungsantragsteller dem Amt mitge-
teilt, dass die Zweigniederlassung, welche als Zustellanschrift im Register erfasst
ist, zwischenzeitlich aus dem deutschen Handelsregister gelöscht worden sei.
Ferner hat er um Zustellung mittels Aufgabe zur Post nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 Mar-
kenG gebeten. Dem Schreiben war ein Auszug des Handelsregister- und Wirt-
schaftsinformationsdienstes „moneyhouse“ beigefügt, aus dem hervorgeht, dass
bereits am 2. September 2013 die Niederlegung bzw. der Rücktritt des Herrn
D… in seiner Funktion als geschäftsführender Direktor erfasst und zu-
dem am 27. August 2015 wegen Löschung der Hauptniederlassung auch die
Zweigniederlassung (Amtsgericht Passau HRB 7898) gelöscht worden war.

Mit Schriftsatz vom 25. Juli 2016 hat Rechtsanwältin B1… in B2…, die Vertre-
tung der S… Limited sowie der H1… Limited, beide geschäftsan-
sässig in B…, angezeigt und dem Löschungsantrag widersprochen.

Die Vorsitzende der Markenabteilung 3.4 des DPMA hat den Antragsteller darauf-
hin mit Schreiben vom 27. Juli 2016 über den Widerspruch der Markeninhaberin
unterrichtet und ihn auf den Klageweg vor den ordentlichen Gerichten verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2016 hat der Antragsteller Zweifel am Vorliegen
eines wirksamen Widerspruchs vorgebracht. Da die Markeninhaberin bereits seit
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10. Februar 2015 aufgelöst sei, sei es undenkbar, dass der eingelegte Wider-
spruch in wirksamer Vertretung der gar nicht mehr existenten Markeninhaberin
erfolgt sein solle. Ferner hat er angeregt, der Markeninhaberin aufzugeben, eine
ordnungsgemäße Vollmacht im Original vorzulegen.

Mit Amtsschreiben vom 20. Oktober 2016 hat die Vorsitzende der Markenabtei-
lung 3.4 dem Antragsteller mitgeteilt, dass das Löschungsverfahren mit der amtli-
chen Benachrichtigung über die Mitteilung des Widerspruchs vom 27. Juli 2016
beendet sei, sie das Schreiben des Antragstellers als Beschwerde werte und die-
ses dem Bundespatentgericht vorlege.

Am 27. Juni 2017 hat der Antragsteller die Beschwerdegebühr in Höhe von 500
Euro entrichtet.

Der Beschwerdeführer hat beantragt,

1. die Verfügung der Vorsitzenden der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom
27. Juli 2016 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der Marke 30
2009 008 634 anzuordnen;
2. die Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen zurückzuzahlen.

Die Beschwerdegegnerin hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.


Aufgrund eines bestandskräftigen Beschlusses der Markenabteilung 3.4 des
DPMA vom 18. Januar 2018, der in einem weiteren Verfallslö-
schungs(vor)verfahren ergangen war, ist die verfahrensgegenständliche Marke 30
2009 008 634 am 7. März 2018 mit Wirkungsdatum 27. Februar 2018 unter Anga-
be des Löschungsgrundes des Verfalls gemäß § 49 MarkenG aus dem Register
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gelöscht worden. Die Löschungsanordnung erfolgte mangels wirksamen Wider-
spruchs gemäß § 53 Abs. 3 MarkenG, weil die Bevollmächtigung der - auch im
hiesigen Verfahren benannten - Rechtsanwältin, die den Widerspruch gegen die
beantragte Verfallslöschung erklärt hatte, nicht ordnungsgemäß nachgewiesen
worden war.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.



II.


Die nach § 66 MarkenG zulässige, insbesondere statthafte sowie form- und frist-
gerecht eingelegte Beschwerde hat sich durch die Löschung der streitgegenständ-
lichen Marke aus dem Register in der Hauptsache erledigt.

Die Statthaftigkeit der Beschwerde ergibt sich daraus, dass die angefochtene Mit-
teilung der Markenabteilung 3.4 vom 27. Juli 2016 eine abschließende Entschei-
dung über den Eintritt einer bestimmten Rechtsfolge – nämlich die Ablehnung der
beantragten Löschung im patentamtlichen Verfahren – beinhaltet und damit einen
mit der Beschwerde anfechtbaren Beschluss im Sinne des § 66 Abs. 1 MarkenG
darstellt, auch wenn sie nicht ausdrücklich als „Beschluss“ bezeichnet wurde (vgl.
BPatG, Beschluss vom 14. Januar 2013, 25 W (pat) 90/11 – Zamek
SACHSENGOLD). Da die Entscheidung zudem gemäß § 61 Abs. 2 Satz 2 Mar-
kenG nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, ist die einmonatige Be-
schwerdefrist des § 66 Abs. 2 MarkenG nicht in Lauf gesetzt worden; daher konn-
te nach § 61 Abs. 2 Satz 3 MarkenG innerhalb eines Jahres die Beschwerde ein-
gelegt und die Gebühr bezahlt werden, was vorliegend auch erfolgt ist.

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Mit Einlegung der rechtswirksamen Beschwerde ist die gezahlte Beschwerdege-
bühr verfallen, so dass eine Rückzahlung wegen fehlenden Rechtsgrunds aus-
scheidet (Knoll in Ströbele/Hacker/Thiering, 12. Aufl., § 71 Rn. 48, 49).

Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt mithin nur nach § 71 Abs. 3
MarkenG aus Billigkeitsgründen in Betracht; eine solche ist vorliegend auch ange-
zeigt. Denn die konkrete Sachbehandlung der Markenabteilung lässt es unbillig
erscheinen, die Beschwerdegebühr einzubehalten.

Die Zustellung des Löschungsantrags ist, wie in § 28 Abs. 3 Satz 1 MarkenG vor-
geschrieben, an die im Register eingetragene Markeninhaberin bzw. an den von
ihr genannten Zustellungsbevollmächtigten vorzunehmen. Grundsätzlich gilt nach
der Vermutungsregelung des § 28 Abs. 1 MarkenG wegen ihrer Eintragung im
Register die S… Ltd. als materiell berechtigte Inhaberin der streitgegen-
ständlichen Marke, weshalb zum einen gemäß § 28 Abs. 3 MarkenG die Mitteilung
über den Löschungsantrag an sie zuzustellen war und zum anderen sie auch be-
rechtigt war, den Widerspruch gegen den Löschungsantrag zu erklären. Das
DPMA ist, ohne dass ihm gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen, nicht verpflichtet,
von Amts wegen der Frage nachzugehen, ob abweichend von der Registerlage
das Markenrecht auf einen Dritten übergangen ist oder die als Markeninhaberin
eingetragene Limited noch existiert.

Allerdings lagen im vorliegenden Fall viele konkrete Anhaltspunkte vor, die das
DPMA zu entsprechenden Ermittlungen hätten veranlassen müssen.

Schon der erste Zustellversuch des Löschungsantrags nach § 53 Abs. 2 MarkenG
des DPMA erfolgte - ohne dass in den Amtsakten ein entsprechender Grund do-
kumentiert ist - nicht an die im Register angegebene Zustelladresse, die gleichzei-
tig auch als die Zweigstellenadresse benannt war. Vielmehr wurde nach entspre-
chendem Auskunftsersuchen der erste Zustellversuch an die erste N…
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Adresse des Herrn D… vorgenommen, der aber scheiterte. Auch der
zweite Zustellversuch an die neue N… Adresse scheiterte. Das DPMA hät-
te - nachdem es offensichtlich sogar von vornherein an einer wirksamen Zustel-
lung an die Zweigstellenadresse gezweifelt hatte - zu diesem Zeitpunkt schon von
Amts wegen Ermittlungen bezüglich der Markeninhaberin, deren Existenz bzw. der
der Zweigstelle wegen der Frage des Erfordernisses eines Inlandsvertreters nach
§ 96 MarkenG aufnehmen müssen.

Dem Schreiben der Rechtsanwältin vom 25. Juli 2016 war keine Vollmacht beige-
fügt. Zwar hat das DPMA nach § 15 Abs. 4 DPMAV von Amts wegen (also ohne
Rüge eines Beteiligten) das Fehlen oder einen Mangel der Vollmacht nicht zu prü-
fen, wenn - wie hier - ein Rechtsanwalt auftritt; bei ernsthaften Zweifeln kann eine
Amtsprüfung aber veranlasst sein. Bereits das Schreiben der Anwältin selbst hat
entsprechende Fragen aufgeworfen, weil sie für zwei verschiedene englische Fir-
men die Vertretung angezeigt hat. Jedenfalls aber spätestens am 30. Mai 2016 -
also noch vor dem Widerspruchs-Schreiben der Anwältin und deutlich vor der ab-
schließenden Mitteilung nach § 53 Abs. 3 MarkenG - hat das DPMA durch die
Übermittlung des „moneyhouse“-Auszugs davon Kenntnis erlangt, dass die Mar-
keninhaberin sowie deren Zweigniederlassung gelöscht worden war und
D…, an den die Zustellung erfolgte, bereits seit September 2013 nicht mehr die
Funktion des „director“ bekleidete.

Das DPMA hätte daher zweifellos Anlass sehen müssen wegen der ordnungsge-
mäßen Bevollmächtigung der Rechtsanwältin nachzufragen.

Dies ist unterblieben, was einen Verfahrensfehler darstellt und die Rückzahlung
der Beschwerdegebühr nahelegt.


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Für die Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2
MarkenG besteht kein Anlass.




Dr. Mittenberger-Huber Akintche Seyfarth
Richterin Seyfarth ist
wegen Urlaubs an der
Unterschrift verhindert


Dr. Mittenberger-Huber





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