28 W (pat) 9/16  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 9/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache



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betreffend die Marke 30 2014 045 178
(hier: Löschungsverfahren S 114/15 Lösch)

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
9. Juni 2017 unter der Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein,
des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird
zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Inhaberin der angegriffenen Marke auf Wie-
dereinsetzung in die Widerspruchsfrist gemäß § 54 Abs. 2
Satz 2 MarkenG wird zurückgewiesen.


G r ü n d e :

I.

Die Wortmarke 30 2014 045 178

pIOM

ist am 1. Juli 2014 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Re-
gister für nachfolgende Waren und Dienstleistungen eingetragen worden:

Klasse 9: Druckmessgeräte; Manometer; Kontrollapparate; Computerpro-
gramme;

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Klasse 10: Diagnosegeräte für medizinische Zwecke; chirurgische Appa-
rate und Instrumente; urologische Instrumente und Apparate,
insbesondere Katheter oder sonstige Geräte zum Spülen von
Körperhöhlen; Sonden, Elektroden und Nadeln für medizinische
Zwecke; Spritzen für medizinische Zwecke; Steuerungen und
Monitore (Computerhardware) als Teile von medizinischen Ge-
räten;

Klasse 37: Instandhaltungsdienste, insbesondere für medizinische Geräte;
Reparaturdienste, nämlich für medizinische Geräte;

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; Dienst-
leistungen von Ingenieuren; medizinische und pharmazeutische
Forschungsdienstleistungen; naturwissenschaftliche Dienstleis-
tungen; medizinische Forschung; klinische Studien; Kalibrie-
rungsdienstleistungen bezüglich medizinischer Geräte; natur-
wissenschaftliche Dienstleistungen;

Klasse 44: Gesundheitspflege für den Menschen; medizinische Dienstleis-
tungen; ambulante medizinische Betreuung; ärztliche Dienste;
ärztliche Versorgung; Beratungen in Bezug auf die Chirurgie;
chirurgische Behandlungsdienstleistungen; chirurgische Dia-
gnosedienstleistungen; chirurgische Dienstleistungen; Dienst-
leistungen eines Arztes; Dienstleistungen einer Privatklinik;
Dienstleistungen eines Krankenhauses; Dienstleistungen von
Kliniken [Ambulanzen]; medizinische Auskünfte; medizinische
Behandlungen; medizinische Beratung.

Gegen diese Eintragung, die am 1. August 2014 veröffentlich wurde, hat die Lö-
schungsantragstellerin am 17. Oktober 2014 Widerspruch aus ihrer Unionsmarke
127 72 687 eingelegt. Darüber hinaus hat sie am 21. Mai 2015 einen Antrag auf
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vollständige Löschung der Eintragung der Marke 30 2014 045 178 wegen absolu-
ter Schutzhindernisse gestellt.

Der Löschungsantrag ist der Inhaberin der angegriffenen Marke am 16. Juni 2015
unter Hinweis auf die 2-Monats-Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zugestellt
worden. Mit Schreiben vom 14. August 2015, beim Deutschen Patent- und Mar-
kenamt am selben Tag eingegangen, hat der Verfahrensbevollmächtigte der Inha-
berin der angegriffenen Marke um eine Fristverlängerung von 2 Wochen gebeten.
In der Begründung des Fristverlängerungsgesuchs ist wörtlich ausgeführt worden:
„Es sind noch Rückfragen bei der Mandantin erforderlich, die innerhalb der laufen-
den Frist aufgrund von urlaubsbedingter Abwesenheit der Entscheidungsträger
nicht geklärt werden können. Ohne umgehende gegenteilige Nachricht wird gerne
angenommen, dass diesem Fristgesuch stattgegeben wird.“

Auf eine telefonische Mitteilung seitens des Deutschen Patent- und Markenamtes
vom 18. August 2015, deren Inhalt mangels eines Aktenvermerks nicht bekannt
ist, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke in ihrem Schriftsatz vom selben
Tag, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt ebenfalls an diesem
Tag, u. a. ausgeführt: „Die Verlängerung der Frist sollte ausschließlich auf die Be-
gründung gegen den Löschungsantrag verstanden werden, nicht aber dahinge-
hend, dass die Markeninhaberin sich nicht gegen den Löschungsantrag verteidi-
gen will.“ Zudem hat sie ausdrücklich der Löschung der Eintragung ihrer Marke
widersprochen.

Vorsorglich hat die Inhaberin der angegriffenen Marke zugleich beantragt, ihr Wie-
dereinsetzung in den vorigen Stand zur Einlegung eines Widerspruchs gegen die
Löschung zu gewähren. Hierzu hat sie ausgeführt, der für die Notierung von Fris-
ten zuständige, regelmäßig zuverlässig arbeitende Mitarbeiter ihres Verfahrensbe-
vollmächtigten, Herr V…, habe die in Rede stehende Frist versehentlich als
verlängerbare Frist notiert und nicht als nicht-verlängerbare Notfrist. Zudem habe
dieser nur eine Frist zur Begründung des Widerspruchs gegen die Löschung ver-
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merkt, nicht aber die Frist zur Einlegung des Widerspruchs selbst, wie es tatsäch-
lich Vorgabe der Kanzlei sei. Aufgrund dieser fehlerhaften Fristennotierung habe
es der Mitarbeiter versäumt, den zuständigen Rechtsanwalt vor Ablauf der Frist
am 17. August 2015, deren Ende intern vorsorglich auf den 14. August 2015
gelegt worden sei, darauf hinzuweisen, dass neben der Frist zur Begründung des
Widerspruchs auch noch die Frist zur Erklärung des Widerspruchs selbst offen
gewesen sei. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat ergänzend eine eides-
stattliche Versicherung des für die Fristenkontrolle zuständigen Mitarbeiters
V… ihres Verfahrensbevollmächtigten nebst der Kopie einer Fristenliste
vorgelegt, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird.

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenabteilung 3.4, hat mit Beschluss
vom 15. Januar 2016 die Eintragung der angegriffenen Marke 30 2014 045 178
gelöscht und den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen.

Zur Begründung der Löschungsanordnung hat es ausgeführt, der zulässige Lö-
schungsantrag sei allein schon deshalb begründet, da die Inhaberin der angegrif-
fenen Marke diesem nicht binnen der 2-Monats-Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2
MarkenG widersprochen habe. Erst mit Schreiben vom 18. August 2015 sei der
Widerspruch gegen die Löschung ausdrücklich erklärt worden, zu einem Zeit-
punkt, zu dem die am 17. August 2015 endende Widerspruchsfrist bereits abge-
laufen gewesen sei. Das innerhalb der Frist eingegangene Schreiben vom 14. Au-
gust 2015 mit der Bitte um Fristverlängerung habe keine ausdrückliche Erklärung
des Widerspruchs gegen die Löschung enthalten und könne auch nicht in diesem
Sinne ausgelegt werden. Der Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke, die
Beantragung einer Fristverlängerung zwecks Rücksprache mit der Mandantin
mache nur dann Sinn, wenn es dabei um eine inhaltliche Begründung des Wider-
spruchs gehe, was konkludent auch die Erklärung eines Widerspruch beinhalte,
überzeuge nicht. Auch die Frage, ob der beantragten Löschung überhaupt
widersprochen werden solle, etwa aus Kosten- oder aus Markenstrategiegründen,
könne nämlich Gegenstand der Rücksprache mit der Mandantin sein. In dem
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Schreiben vom 14. August 2015 habe die Inhaberin der angegriffenen Marke
zudem lediglich pauschal um eine Fristverlängerung nachgesucht, ohne die Hand-
lung, hinsichtlich derer um eine Fristverlängerung nachgesucht wurde, näher zu
bezeichnen.

Der Wiedereinsetzungsantrag sei zwar zulässig, jedoch ebenfalls unbegründet.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke müsse sich das Verschulden ihres Verfah-
rensbevollmächtigten zurechnen lassen. Zwar habe letzterer die Fristenkontrolle
auf entsprechend qualifizierte Mitarbeiter übertragen dürfen – jedoch liege unter
zwei verschiedenen Gesichtspunkten ein Organisationsverschulden vor. Aus der
eidesstattlichen Versicherung des Büromitarbeiters des Verfahrensbevollmächtig-
ten der Inhaberin der angegriffenen Marke sei zwar nicht zu entnehmen, ob im
Rahmen der Vorlage am 14. August 2015 auch die Handakten vorgelegt worden
seien. Nachfolgend habe die Inhaberin der angegriffenen Marke jedoch mitgeteilt,
dies sei „büromäßig“ nicht der Fall gewesen. Falls es den üblichen Gepflogenhei-
ten der Kanzlei entspreche, dass Fristen ohne die dazugehörigen Akten oder
zumindest ohne die Schreiben, auf welche die Frist bezogen sei, vorgelegt wür-
den, stelle dies ein Organisationsverschulden dar. Eine angemessene Bearbei-
tung des Mandats könne in diesem Fall regelmäßig nicht erfolgen. Nur wenn
zusätzlich die Handakte oder die maßgeblichen Schreiben mit vorgelegt würden,
könne sich der bearbeitende Anwalt einen Eindruck von deren Inhalt verschaffen,
die Sache bearbeiten und unter Umständen im Einzelfall entscheiden, ob aufgrund
besonderer Umstände eine Fristverlängerung erforderlich oder sogar ausge-
schlossen sei.

Darüber hinaus ergebe sich aus der vorgelegten Fristenliste, dass unter demsel-
ben Bearbeitungszeichen mindestens zwei Verfahren, nämlich das Widerspruchs-
und das Löschungsverfahren, geführt worden seien. Weitere, insbesondere opti-
sche, Unterscheidungen gebe es nicht. Das gemeinsame Führen mehrerer Ver-
fahren in einer Fristenliste ohne sofort erfassbare Unterscheidungsmöglichkeiten
stelle jedoch ein Fehlerrisiko dar, das sich vorliegend realisiert habe. Auf Grund
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der Bedeutung des Löschungsverfahrens, welches die Nichtigkeit einer eingetra-
genen Marke zur Folge haben könne, seien angemessene organisatorische Maß-
nahmen zu treffen. Diesen Anforderungen sei die Büroorganisation des Verfah-
rensbevollmächtigten der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht gerecht gewor-
den. Im Ergebnis sei diese daher nicht ohne Verschulden verhindert gewesen, die
Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG einzuhalten, so dass eine Wiedereinsetzung
nicht in Betracht komme.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Sie
trägt vor, entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes sei
das Schreiben vom 14. August 2015 als Widerspruch auszulegen. Eine Verlänge-
rung der Frist zur Begründung eines Widerspruchs setze zwingend voraus, dass
dem Grunde nach der beantragten Löschung widersprochen werde. Selbst wenn
man sich vorstehend Gesagtem nicht anschließen wolle, sei die Erklärung vom
14. August 2015 in eine Widerspruchserklärung umzudeuten. Auch im Verfahrens-
recht gelte in entsprechender Anwendung des § 140 BGB der Grundsatz, dass
eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige und wirksame Prozesserklärung
umzudeuten sei, wenn deren Voraussetzungen eingehalten seien, die Umdeutung
dem mutmaßlichen Parteiwillen entspreche und keine schutzwürdigen Interessen
der anderen Seite entgegenstünden. Alle vorgenannten Voraussetzungen seien
gegeben.

Die Vorgehensweise zur Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens sei dabei
anders als diejenige zur Auslegung einer Prozesserklärung. Während im Rahmen
der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB danach zu fragen sei, wie der Erklärungs-
empfänger das Erklärte verstehen werde, sei im Rahmen des § 140 BGB nach
dem mutmaßlichen Willen des Erklärenden zu fragen. Zur Ermittlung des hypothe-
tischen Parteiwillens seien alle Begleitumstände zu berücksichtigen, auch solche,
welche zeitlich erst nach der Erklärung lägen, soweit die späteren Handlungen
Rückschlüsse auf den Willen zum Zeitpunkt der Erklärung zuließen. Hätte der Er-
klärende (mithin ihr Verfahrensbevollmächtigter) vorliegend die Fehlerhaftigkeit
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seiner Prozesshandlung erkannt, hätte er nicht die Verlängerung der unverlänger-
baren Frist beantragt, sondern Widerspruch eingelegt. Anders als das Deutsche
Patent- und Markenamt ausgeführt habe, hätten in vorliegendem Fall auch keine
anderen Handlungsalternativen bestanden. Soweit auf ein mögliches Kosteninte-
resse verwiesen worden sei, habe das Deutsche Patent- und Markenamt dabei
nicht bedacht, dass mit der bloßen Einlegung eines Widerspruchs keine (höheren)
Kosten verbunden seien als mit einem Gesuch um Fristverlängerung. Durch den
Hinweis, dass noch Rückfragen bei der Mandantin erforderlich seien, sei weiter
zum Ausdruck gebracht worden, dass auch eine Entscheidung über die Marken-
strategie noch nicht getroffen worden sei. Entscheidende Bedeutung komme vor-
liegend auch dem Nachverhalten zu. Sie, die Inhaberin der angegriffenen Marke,
habe nämlich unmittelbar nach Kenntniserlangung von einer möglichen Verfristung
am 18. August 2015 explizit Widerspruch eingelegt. Der so erklärte Wille lasse auf
den mutmaßlich bereits am 14. August 2015 vorhandenen Willen schließen, Wi-
derspruch einzulegen. Der Umdeutung stünden auch keine schutzwürdigen Inte-
ressen der Löschungsantragstellerin entgegen. Wer nämlich einen Antrag auf Lö-
schung der Eintragung einer Marke stelle, müsse damit rechnen, dass über den
Antrag auch in der Sache entschieden werde und dass dem Antrag nicht bloß aus
rein formalen Gründen stattgegeben werde.

Jedenfalls, so die Inhaberin der angegriffenen Marke weiter, sei jedoch die bean-
tragte Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist zu gewähren. Vorliegend sei
dem zuständigen Anwalt die Akte bzw. Frist zur Widerspruchsbegründung vorge-
legt worden, welche zeitlich nach der Frist zur Einlegung des Widerspruchs liege.
Den zuständigen Anwalt habe daher nicht die Pflicht getroffen, die zeitlich vor der
Begründungsfrist liegende Widerspruchseinlegungsfrist zu kontrollieren. Die Füh-
rung von Widerspruchs- und Löschungsverfahren in einer Fristenliste sei keines-
wegs pflichtwidrig. Das Deutsche Patent- und Markenamt habe nicht bedacht,
dass die Fristenliste eine Farbcodierung aufweise, nach der unverlängerbare Fris-
ten rot markiert seien. Derartige unverlängerbare Fristen seien in der Zahl äußerst
begrenzt und sprängen daher dem die Fristen verwaltenden Mitarbeiter unmittel-
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bar ins Auge. Ein Organisationsverschulden sei aufgrund der Farbcodierung daher
ausgeschlossen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
15. Januar 2016 aufzuheben, den Löschungsantrag zurückzuwei-
sen und hilfsweise, ihr die Wiedereinsetzung in die Widerspruchs-
frist gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zu gewähren.

Die Löschungsantragstellerin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde und den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzu-
weisen.

Sie führt aus, die Inhaberin der angegriffenen Marke habe mit Schreiben vom
14. August 2015 nicht fristgerecht Widerspruch gegen die Löschung erhoben, da
es nicht gemäß §§ 133, 157 BGB als Widerspruch ausgelegt werden könne. Zwar
müsse nicht das Wort „Widerspruch“ verwendet werden, jedoch müsse aus der
Erklärung klar der Wille hervorgehen, sich dem Löschungsantrag in einem förmli-
chen Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zu widersetzen. Aus
der Bitte um eine Fristverlängerung, verbunden mit der Mitteilung, es sei noch
Rücksprache mit der Markeninhaberin erforderlich, gehe dieser eindeutige Wille
gerade nicht hervor. Vielmehr beschränke sich der Inhalt dieser Erklärung auf die
Aussage, dass die Markeninhaberin sich noch nicht zu dem Vorgehen in der Sa-
che geäußert und ihren Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren instruiert
habe.

Ebenso wenig könne die Erklärung vom 14. August 2015 in einen Widerspruch
gemäß § 140 BGB umgedeutet werden. Es sei bereits fraglich, ob eine unwirk-
same Prozesshandlung vorliege, die in eine wirksame umgedeutet werden könne.
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Denn Voraussetzung des § 140 BGB sei, dass das ursprünglich beabsichtigte
Rechtsgeschäft nichtig sei. Hier sei ein Fristverlängerungsantrag gewollt gewesen.
Ein solcher sei vorliegend jedoch nicht unwirksam, sondern lediglich unstatthaft,
da es sich bei der in § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG bestimmten Frist um eine Not-
frist handele. Da der Fristverlängerungsantrag als Prozesshandlung wirksam
gestellt worden sei, komme eine Umdeutung nicht in Betracht. Zudem dürfe das
„Ersatzgeschäft“ – vorliegend der Widerspruch – auch nicht über das nichtige Ge-
schäft hinausgehen. Die Einlegung eines Widerspruchs sei jedoch in seinen recht-
lichen Wirkungen ein „Mehr“ im Verhältnis zu einem Antrag auf Fristverlängerung,
was einer Umdeutung ebenfalls entgegenstehe.

Auch lägen die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
nicht vor. Den Verfahrensbevollmächtigten der Inhaberin der angegriffenen Marke
treffe ein Verschulden an der Versäumung der Widerspruchseinlegungsfrist.
Werde einem Rechtsanwalt eine Sache als nicht fristgebunden vorgelegt, müsse
er sich in angemessener Zeit durch einen Blick in die Akten davon überzeugen,
was zu tun sei, wie lange er sich mit der Bearbeitung Zeit lassen könne und dass
es sich nicht etwa doch um eine – aufgrund eines Büroversehens nicht als solche
notierte – Fristsache handele. Dem zuständigen Anwalt sei die Akte nach eigenem
Vortrag am 14. August 2015 vorgelegt worden. Er habe somit die Akte vor sich
und ausreichend Gelegenheit gehabt, die korrekte Eintragung und Berechnung
der anfallenden Fristen zu überprüfen. Dabei hätte ihm insbesondere auffallen
müssen, dass es sich bei der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG um eine Not-
frist gehandelt habe, auch wenn diese vom Büropersonal fälschlicherweise als
verlängerbare Frist notiert worden sei. Das Unterlassen dieser Überprüfung sei
schuldhaft erfolgt, was der beantragten Wiedereinsetzung entgegenstehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug
genommen.

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II.

Die Beschwerde ist unbegründet, da das Deutsche Patent- und Markenamt in sei-
nem Beschluss vom 15. Januar 2016 mit rechtlich zutreffender Begründung die
Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2
MarkenG angeordnet hat. Der hilfsweise gestellte Antrag gemäß § 91 Abs. 1
MarkenG auf Wiedereinsetzung in die Löschungswiderspruchsfrist ist ebenfalls
unbegründet, da die insoweit erforderlichen Voraussetzungen seitens der Inhabe-
rin der angegriffenen Marke nicht hinreichend glaubhaft worden sind.


1. Der Löschungsantrag ist zulässig, insbesondere ist er innerhalb der Frist des
§ 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt worden. Er ist auch begründet, da die Inhabe-
rin der angegriffenen Marke dem Löschungsantrag nicht binnen der 2-Monats-Frist
des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen hat.

Der Löschungsantrag ist der Inhaberin der angegriffenen Marke am 16. Juni 2015
zugestellt worden. Die 2-Monats-Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG lief mithin
am 17. August 2015 ab (§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 222 Abs. 1 und 2
ZPO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Inhaberin
der angegriffenen Marke dem Löschungsantrag nicht wirksam widersprochen. Ein
Widerspruch erfolgte hingegen erst mit Schreiben vom 18. August 2015, einge-
gangen am gleichen Tag, mithin nach Fristablauf.


a) Entgegen dem Vorbringen der Inhaberin der angegriffenen Marke stellt das
Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 14. August 2015 keinen wirksa-
men Widerspruch dar. Darin bittet dieser lediglich um eine Fristverlängerung von
2 Monaten. Zur Begründung ist ausgeführt worden, es seien noch Rückfragen bei
der Mandantin erforderlich, die innerhalb der laufenden Frist aufgrund von urlaubs-
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bedingter Abwesenheit der Entscheidungsträger nicht hätten geklärt werden kön-
nen.

Eine ausdrückliche Erklärung, dass der Löschung widersprochen werde, enthält
das Schreiben vom 14. August 2015 hingegen nicht. Es kann auch nicht als Wi-
derspruch im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG ausgelegt werden.

Prozesshandlungen sind der Auslegung nach den Grundsätzen der §§ 133, 157
BGB fähig. Die Vorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen finden
entsprechende Anwendung. Im Hinblick auf die Rechtssicherheit im Prozessrecht
ist auf den objektiven Erklärungswert aus Sicht des Empfängers abzustellen. Pro-
zesshandlungen einer anwaltlich vertretenen Partei, die sich ausdrücklich auf ein
nicht verwechselbares Prozessinstitut beziehen, sind daher regelmäßig nicht
abweichend auslegungsfähig (MüKo/Rauscher, ZPO, 5. Auflage, 2016, Einfüh-
rung, Rdnr. 431).

Eine ausdrückliche Bitte um Fristverlängerung kann demzufolge nicht als Wider-
spruch im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG ausgelegt werden. Die in
diesem Zusammenhang erfolgte Erklärung des Verfahrensbevollmächtigten der
Inhaberin der angegriffenen Marke, es seien noch Rückfragen bei der Mandantin
erforderlich, bezieht sich ausweislich des in Bezug genommenen Schreibens des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. Juni 2015, mit dem der Löschungs-
antrag übersandt und die Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG in Gang gesetzt
wurde, zwar eindeutig auf das Löschungsverfahren. Der Inhalt des Schreibens
vom 14. August 2015 lässt aber einen Willen der Inhaberin der angegriffenen
Marke, sich dem Löschungsantrag in einem förmlichen Verfahren vor dem Deut-
schen Patent- und Markenamt zu widersetzen, nicht hinreichend erkennen. Wird
neben einem bloßen Antrag auf Fristverlängerung nur darauf verwiesen, dass
noch Rückfragen bei der Mandantin erforderlich seien, wird damit vom objektiven
Erklärungsinhalt her nichts anderes gesagt, als dass sich die Inhaberin der ange-
griffenen Marke zu dem Löschungsantrag noch nicht abschließend geäußert hat.
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Sie hatte folglich bei Abfassung des Schreibens vom 14. August 2015 eine Ent-
scheidung, ob sie sich dem Löschungsantrag widersetzt, nicht getroffen und
konnte dementsprechend ihren Bevollmächtigten nicht entsprechend instruiert
haben. Lässt der Inhalt einer Erklärung nicht den Schluss zu, dass eine Entschei-
dung über einen Widerspruch bereits getroffen wurde, so kann daraus gerade
nicht auf den Willen der Markeninhaberin geschlossen werden, dem Löschungs-
antrag – auch nur vorsorglich – zu widersprechen (vgl. hierzu BPatG GRUR 2011,
854 – Wiener Griessler).
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat vielmehr erst mit Schriftsatz vom
18. August 2015 eindeutig erkennen lassen, dass sie der Löschung widerspricht.
Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG allerdings
schon abgelaufen.

Auch das Vorbringen der Inhaberin der angegriffenen Marke, die Verlängerung
einer Frist zur Begründung eines Widerspruchs setze zwingend voraus, dass dem
Grunde nach widersprochen werde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es sind
nämlich durchaus Gesichtspunkte vorstellbar, die den Inhaber einer angegriffenen
Marke dazu veranlassen können, einer Löschung – nach einer gewissen Bedenk-
zeit – nicht zu widersprechen. Hierbei können beispielsweise Kostengesichts-
punkte eine Rolle spielen. Speziell wenn eine Marke in der Markenstrategie eines
Unternehmens lediglich eine untergeordnete Rolle spielt, kann der Verzicht auf die
Einlegung eines Widerspruchs zur Vermeidung von ggf. nicht unerheblichen
Rechtsanwaltskosten, welche im Rahmen eines Löschungsverfahrens entstehen
können, aus unternehmerischer Sicht geboten sein. Es sind aber auch Fälle denk-
bar, in denen eine Marke für ein Unternehmen – etwa ob einer zwischenzeitlich
veränderten geschäftlichen Ausrichtung – überhaupt keine Rolle mehr spielt. Auch
in solchen Fällen erscheint der Verzicht auf die Einlegung eines Widerspruchs
gegen die Löschung aus unternehmerischer Sicht naheliegend. Insofern ist mit
dem bloßen Antrag auf Fristverlängerung keine Aussage über den Willen der Inha-
berin der angegriffenen Marke, sich gegen die Löschung zur Wehr zu setzen, ver-
bunden.
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b) Die mit Schreiben vom 14. August 2015 beantragte Fristverlängerung kann
auch nicht im Sinne des § 140 BGB in einen Widerspruch gegen die Löschung
umgedeutet werden.

Eine fehlerhafte Prozesshandlung kann entsprechend § 140 BGB umgedeutet
werden, allerdings nur dann, wenn diese wegen ihrer Eindeutigkeit und Klarheit
einer berichtigenden Auslegung nicht zugänglich ist, den Voraussetzungen einer
anderen – prozessual zulässigen – Prozesshandlung entspricht, die den gleichen
Zwecken dient, ein entsprechender Parteiwille erkennbar ist und schutzwürdige
Interessen des Gegners nicht entgegenstehen. Die umzudeutende Prozesshand-
lung muss ihrem gesamten Umfang nach nichtig sein. Gültige, insbesondere nur
anfechtbare, aber noch nicht wirksam angefochtene, nur schwebend unwirksame
und grundsätzlich auch (noch) heilbare Prozesshandlungen sind der Umdeutung
bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift („nichtiges Rechtsgeschäft“) nicht
zugänglich. Die Ersatzhandlung kann in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Wir-
kungen hinter denjenigen der umzudeutenden Handlung zurückbleiben oder ihnen
annähernd genau entsprechen, darf über sie aber nicht hinausgehen (vgl. zu
Rechtsgeschäften Bamberger/Roth/Wendtland, BeckOK BGB, 42. Edition, Stand
1. Februar 2017, § 140, Rdnr. 5 ff.).

Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze scheidet eine Umdeutung des
Fristverlängerungsgesuchs in einen Widerspruch gegen die Löschung aus.

Zunächst fehlt es bereits an einer nichtigen Prozesshandlung. Die mit Schriftsatz
vom 14. August 2015 beantragte Fristverlängerung war nicht nichtig, sie war viel-
mehr lediglich unstatthaft, da die Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG eine
gesetzliche Ausschlussfrist ist, die nicht verlängert werden kann (Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 11. Auflage, 2015, § 54, Rdnr. 15). Darüber hinaus dient die tat-
sächlich beantragte Fristverlängerung nicht dem gleichen Zweck wie ein Wider-
spruch gegen eine Löschung. Mit einem Fristverlängerungsgesuch bittet der jewei-
lige Antragsteller lediglich um die Einräumung eines weiteren Zeitraums, um sich
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gegenüber einer Behörde, einem Gericht oder gegenüber Verfahrensbeteiligten zu
äußern. Mit einem Widerspruch gegen eine Löschung bringt der jeweilige Erklä-
rende hingegen zum Ausdruck, dass er die Löschung seiner Marke nicht hinneh-
men möchte und eröffnet hierdurch die Möglichkeit einer Prüfung des Antrags (zu-
nächst) durch das Deutsche Patent- und Markenamt. Die beiden Erklärungen
unterscheiden sich mithin in ihrer jeweiligen Zielrichtung deutlich voneinander, was
der Annahme eines gleichgelagerten Zwecks entgegensteht. Schließlich ginge im
Fall der Bejahung einer Umdeutung das „Ersatzgeschäft“ – mithin der Wider-
spruch gegen die Löschung – in seiner rechtlichen Wirkung über die fehlerhafte
Prozesshandlung – mithin das Gesuch um Fristverlängerung – hinaus. Ein Frist-
verlängerungsantrag kann lediglich zur Folge haben, dass die beantragte Frist
gewährt wird. Über die Einräumung weiterer Zeit zur Abgabe einer Stellungnahme
oder Erklärung hinaus hat sie keine rechtlichen Folgen. Die Einlegung eines Wi-
derspruchs gegen eine Löschung hat hingegen zur Folge, dass das Löschungs-
verfahren in Gang gesetzt wird (§ 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG). Damit beinhaltet
das Fristverlängerungsgesuch nicht den Widerspruch gegen die Löschung. Ob der
Inkongruenz der beiden Prozesshandlungen scheidet auch hierauf basierend eine
Umdeutung im Sinne von § 140 BGB aus.


2. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einle-
gung eines Widerspruchs gegen die Löschung der Eintragung der angegriffenen
Marke ist ebenfalls unbegründet, da die Beschwerdeführerin die insoweit erforder-
lichen Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht hat

Bei der Widerspruchsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG handelt es sich zwar
um eine Frist gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Die Inhaberin der angegriffe-
nen Marke hat binnen der 2-Monats-Frist des § 91 Abs. 2 MarkenG die Wiederein-
setzung beantragt und die versäumte Handlung – ihren Widerspruch gegen die
Löschung – auch nachgeholt (§ 91 Abs. 4 MarkenG). Gleichwohl scheidet eine
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Wiedereinsetzung aus, da die Frist nicht unverschuldet gemäß § 91 Abs. 1
MarkenG versäumt wurde.

An die gemäß § 85 Abs. 2 ZPO maßgebliche Sorgfalt eines Anwalts werden von
der Rechtsprechung regelmäßig strenge Maßstäbe angelegt (Ströbele/Hacker,
a. a. O., § 91, Rdnr. 13). Ein Rechtsanwalt darf Tätigkeiten zum Zweck der Frist-
wahrung jedoch delegieren, wenn das beauftragte Personal die dazu erforderli-
chen, besonderen Qualifikationen besitzt. Dazu gehören Tätigkeiten der Fristnotie-
rung, Fristberechnung und des Streichens erledigter Fristen (Musielak/Voit, ZPO,
14. Auflage, 2017, § 233, Rdnr. 15).

Vorliegend hat nach dem Vorbringen der Inhaberin der angegriffenen Marke ein
Büromitarbeiter ihres Verfahrensbevollmächtigten die in Rede stehende Wider-
spruchsfrist versehentlich nicht als nicht-verlängerbare Notfrist, sondern lediglich
als verlängerbare Frist notiert. Zudem hat er auch nur eine Frist, nämlich die Frist
zur Begründung, nicht aber die Frist zur Einlegung des Widerspruchs notiert.

Zu Gunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke kann unterstellt werden, dass
der Büromitarbeiter ihres Verfahrensbevollmächtigten hinreichend qualifiziert ge-
wesen ist und im Regelfall sämtliche Fristangelegenheiten ordnungsgemäß bear-
beitet hat, zumal die verfahrensgegenständliche Fristversäumnis nicht allein auf
seiner fehlerhaften Fristenbearbeitung beruht hat. Den Verfahrensbevollmächtig-
ten der Inhaberin der angegriffenen Marke trifft vorliegend vielmehr ein eigenes
Verschulden, welches sie sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

Ein Rechtsanwalt, dem aufgrund eines Büroversehens eine Fristsache als nicht
fristgebunden vorgelegt worden ist, muss sich in angemessener Zeit durch einen
Blick in die Akten davon überzeugen, was zu tun ist und wie lange er sich mit der
Bearbeitung Zeit lassen kann (vgl. BGH NJW 2011, 1600 – Fristsache; Thomas/
Putzo, ZPO, 37. Auflage, 2016, § 233, Rdnr. 47). Vorliegend ist die gegenständli-
che Akte dem Verfahrensbevollmächtigten der Inhaberin der angegriffenen Marke
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(spätestens) am 14. August 2015 zur Bearbeitung vorgelegt worden, datiert doch
der Fristverlängerungsantrag von diesem Tag. Zwar war nach dem Vorbringen der
Inhaberin der angegriffenen Marke die am 17. August 2015 ablaufende Frist zur
Einlegung eines Widerspruchs gegen die Löschung in der Akte nicht notiert.
Gleichwohl hätte der Verfahrensbevollmächtigte der Inhaberin der angegriffenen
Marke dieses Versäumnis seines Büroangestellten unschwer erkennen können.
Das Fristverlängerungsgesuch hat auf die Mitteilung des Deutschen Patent- und
Markenamtes vom 9. Juni 2015 Bezug genommen, in der die 2-Monats-Frist zur
Einlegung eines Widerspruchs gegen die Löschung ausdrücklich erwähnt worden
ist. Hätte der Verfahrensbevollmächtigte der Inhaberin der angegriffenen Marke
das in seinem Fristverlängerungsgesuch angesprochene Schreiben des Deut-
schen Patent- und Markenamtes vom 9. Juni 2015 genau gelesen, hätte er ohne
Weiteres erkennen können, dass die (nicht-verlängerbare) Frist zur Einlegung
eines Widerspruchs gegen die Löschung seitens seines Büromitarbeiters nicht
notiert worden war. Das Schreiben des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
9. Juni 2015 ist sehr bedeutsam, zumal es deutlich auf die Folge der Löschung der
Eintragung der angegriffenen Marke im Falle einer Fristversäumung hinweist.
Demzufolge hätte es eingehend studiert werden müssen.

Darüber hinaus hätte der Verfahrensbevollmächtigte der Inhaberin der angegriffe-
nen Marke bei Abfassung seines Schreibens vom 14. August 2015 unschwer
erkennen (respektive errechnen) können, dass der Ablauf der Frist zur Einlegung
eines Widerspruchs unmittelbar bevorstand. So enthält sein Fristverlängerungsge-
such vom 14. August 2015 neben dem Datum des in Bezug genommenen Schrei-
bens des Deutschen Patent- und Markenamtes (9. Juni 2015) auch das Datum
dessen Eingangs in seiner Kanzlei (16. Juni 2015).

Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 13. Okto-
ber 2015 vorgetragen hat, „die Verlängerung der Frist in Bezug auf die Begrün-
dung des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag“ sei ihrem Verfahrensbevoll-
mächtigten „büromäßig ohne die Akte“ vorgelegt worden, vermag auch dies ein
- 18 -
anderweitiges Ergebnis nicht zu rechtfertigen. In diesem Fall wäre dem Verfah-
rensbevollmächtigten der Inhaberin der angegriffenen Marke das Schreiben des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. Juni 2015 anlässlich der Abfassung
des Fristverlängerungsgesuches zwar nicht unmittelbar zur Kenntnis gelangt. Eine
solche kanzleiinterne Vorgehensweise als zutreffend unterstellt, begründet jedoch
die Annahme eines Organisationsverschuldens. Ein Rechtsanwalt ist in Angele-
genheiten, in denen Fristen zu beachten sind, dazu angehalten, sich zumindest
das amtliche oder gerichtliche Schreiben, auf welches er antwortet und ausdrück-
lich Bezug nimmt, ebenfalls vorlegen zu lassen. Nur durch eine solche Vorgehens-
weise kann sich der Verfahrensbevollmächtigte nämlich einen Überblick über den
aktuellen Sachstand des Verfahrens verschaffen und im Einzelfall erkennen, ob
die Akte durch das Kanzleipersonal ordnungsgemäß bearbeitet worden ist, um
ggf. weitere Maßnahmen zu veranlassen. Unterlässt er dies, so liegt allein hierin
ein Organisationsverschulden, welches der beantragten Wiedereinsetzung entge-
gensteht.


3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der
gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für
die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersicht-
lich sind.


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,

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3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einge-
reicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristab-
lauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.



Dr. Kortbein Schmid Dr. Söchtig


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