28 W (pat) 538/16  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 538/16
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache










betreffend die Markenanmeldung 30 2015 050 846.2


hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
13. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein,
des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig

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beschlossen:

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
15. März 2016 wird aufgehoben.


G r ü n d e :

I.

Das Wort-/Bildzeichen



ist am 25. August 2015 zur Eintragung als Wort-/Bildmarke in das beim Deutschen
Patent- und Markenamt geführte Register für nachfolgende Waren angemeldet
worden:

„Klasse 09: Optische Geräte, insbes. Feldstecher, Ferngläser, Fernrohre, Ziel-
fernrohre, Zielgeräte für Waffen, Teleskope, Schutzhelme, Metall-
detektoren für gewerbliche oder militärische Zwecke

Klasse 13: Schusswaffen (Feuerwaffen), insbesondere sog. Freie Waffen mit
einer Bewegungsenergie bis 7,5 Joule z. B. Luftgewehre u. –pistolen.
Schreckschuss bzw. Signalwaffen, Munition und Geschosse, Soft-
airwaffen, Paintballwaffen, Gewehrfutterale, Patronentaschen,
Selbstverteidigungssprays,

Klasse 28: Spielwaren, Spielzeug, Spielzeugwaffen, Pistolen (Spielwaren), Mu-
nition für Farbkugelpistolen, Modellbausätze (Spielwaren), Zwillen,
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Steinschleudern (Sportartikel), Schießscheiben, Schießscheibenkäs-
ten“.

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 13, hat die
Anmeldung, nach vorangegangener Beanstandung vom 23. September 2015, mit
Beschluss vom 15. März 2016 zurückgewiesen, da es dem Anmeldezeichen in
Bezug auf die beanspruchten Waren an der für eine Eintragung erforderlichen
Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Begriff „MAXTACTICAL“ erschöpfe sich für
den angesprochenen Verkehr in einer rein sachbezogenen Angabe ohne erkenn-
baren herkunftshinweisenden Gehalt. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen
handele es sich insbesondere um den durchschnittlich informierten, aufmerk-
samen und verständigen Durchschnittsverbraucher. Dieser verstehe den Begriff
„MAXTACTICAL“ angesichts der bei ihm vorhandenen Grundkenntnisse der
englischen Sprache als maximal („MAX“) taktisch („TACTICAL“), wobei er „MAX“
als Abkürzung des englischen Wortes „maximal“ auffasse. Daher begreife der
Verkehr den Begriff „MAXTACTICAL“ in seiner Gesamtheit lediglich als einen
Hinweis auf die Verwendung oder den Einsatz der solchermaßen gekenn-
zeichneten Waren im Sinne einer maximalen (optimalen) taktischen Verwendung
derselben oder der Erfüllung maximaler taktischer Erfordernisse mit diesen. Dabei
könnten die angesprochenen Verkehrskreise einen solchen Bezug zu den
entsprechend gekennzeichneten Waren sofort und ohne weiteres Nachdenken
herstellen.

Auch der Einwand des Anmelders, der angesprochene Verkehr werde den
Zeichenbestandteil „TACTICAL“ in Bezug auf Waffen lediglich mit nuklearen
Waffen in Verbindung bringen, sei nicht geeignet, ein anderweitiges Ergebnis zu
rechtfertigen. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher werde das Zeichen
„MAXTACTICAL“ in Verbindung mit den damit gekennzeichneten Waren nämlich
nicht lexikalisch im Sinne von taktische Waffen, sondern vielmehr im Sinne von
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taktischer Verwendung und damit als Aussage über den Verwendungszweck der
solchermaßen gekennzeichneten Waren verstehen.

Insbesondere aufgrund der Kombination des Begriffs „MAX“ mit dem nach-
folgenden englischen Adjektiv „TACTICAL“ werde er ferner den ersten
Zeichenbestandteil lediglich als englischsprachige Abkürzung von „maximal“ und
nicht etwa als den Vornamen „MAX“ auffassen. Auch die konkrete Wiedergabe
des Zeichenelements „MAX“ in Positiv-/Negativdruck und des Anmeldezeichens in
Großbuchstaben sei nicht geeignet, diesem hinreichende Unterscheidungskraft zu
verleihen, da es sich um werbeübliche Gestaltungsformen handele, die keine
außergewöhnlichen Merkmale besitzen würden. Ob einer Eintragung des
Anmeldezeichens darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entgegenstehe, könne daher im Ergebnis dahinstehen.

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde vom 22. März 2016,
mit der er sinngemäß beantragt,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
15. März 2016 aufzuheben.

Entgegen seiner anders lautenden Ankündigung im Schriftsatz vom 22. März 2016
hat der Anmelder nachfolgend keine Begründung seiner Beschwerde zu den
Akten gereicht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

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II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Deutsche
Patent- und Markenamt mit seinem Beschluss vom 15. März 2016 die Anmeldung
zurückgewiesen. Der Eintragung des Anmeldezeichens steht weder das Schutz-
hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
entgegen, noch besteht an diesem ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Anmelder
keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat (§ 69
Nr. 1 MarkenG) und eine solche auch nicht aus Sachdienlichkeit geboten war
(§ 69 Nr. 3 MarkenG). Ebenso musste die Beschwerdebegründung nicht ange-
mahnt werden, da sie bereits am 22. März 2016 angekündigt wurde und damit
zwischenzeitlich eine angemessene Frist verstrichen ist (vgl. Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 11. Auflage, § 66, Rdnr. 42).


1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen
innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und
Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kenn-
zeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl.
EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; GRUR 2008, 608,
Rdnr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 - HOT; GRUR 2013,
731, Rdnr. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044,
Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-
Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850,
Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht
darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen
zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 - Standbeutel;
GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 - EUROHYPO;
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BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 - My
World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungs-
hindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein
großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unter-
scheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH
GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neu-
schwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der
beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels
und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen
ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla;
GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision;
GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850,
Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).

Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens
(vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen
im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH
GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 - Link
economy; GRUR 2009, 952, Rdnr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850,
Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 - BerlinCard; GRUR 2001,
1151 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus
gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer
geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden
Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht
als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850,
Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001,
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1143 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unter-
scheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die
beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen,
durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl.
BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850,
Rdnr. 28 - FUSSBALL WM 2006).

Hiervon ausgehend kann dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erfor-
derliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.


a) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den nebeneinander angeordneten
Zeichenbestandteilen „MAX“ und „TACTICAL“ zusammen. Der erste Bestandteil
„MAX“ wird sowohl im Deutschen als auch im Englischen als übliche Abkürzung
für das jeweilige Adjektiv „maximal“ verwendet (vgl. unter www.dict.cc - „max“
sowie „maximal“). Dabei hat das deutsche Wort „maximal“ in Verbindung mit
einem nachfolgenden Begriff u. a. die Bedeutung von „größt…“ oder „höchst…“
(vgl. unter www.duden.de - „maximal“). Der Begriff „MAX“ kann zwar für sich
betrachtet auch die Abkürzung des männlichen Vornamens „Maximilian“ sein,
jedoch ist insbesondere in Kombination mit dem nachfolgenden englischen
Adjektiv „TACTICAL“ ein solches Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise
fernliegend. Es gehört zum englischen Grundwortschatz und hat die Bedeutung
„taktisch“ (vgl. unter www.dict.cc - „tactical“), die dem angesprochenen Verkehr
weitgehend bekannt ist. Er umfasst die allgemeinen (waffenaffinen) Durch-
schnittsverbraucher als auch die Fachkreise, welche das Anmeldezeichen
„MAXTACTICAL“ in seiner Gesamtheit unschwer als „maximal taktisch“ oder
„höchst taktisch“ verstehen werden.


b) Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes in
seinem angegriffenen Beschluss beschreibt das Anmeldezeichen die bean-
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spruchten Waren nicht unmittelbar. Die optischen Geräte, Schutzhelme,
Metalldetektoren, Waffen samt Zubehör, Spielwaren und Sportartikel können nicht
„maximal taktisch“ oder „höchst taktisch“ sein. „Taktik“ stellt ein „aufgrund von
Überlegungen im Hinblick auf Zweckmäßigkeit und Erfolg festgelegtes Vorgehen“
dar (vgl. unter www.duden.de - „Taktik“). Voraussetzung ist somit eine dem
„taktischen“ Vorgehen vorgeschaltete menschliche Entscheidung, welche reinen
Sachen per se fremd ist.


c) Die Wortkombination „MAXTACTICAL“ weist darüber hinaus keinen engen
beschreibenden Bezug zu den angemeldeten Waren auf, der die Annahme
rechtfertigen könnte, der Verkehr werde den beschreibenden Inhalt als solchen
ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfassen (vgl. hierzu Kur/Eichelberger,
Markenrecht, 1. Auflage, 2017, § 8, Rdnr. 163). Sie vermittelt allenfalls beschrei-
bende Anklänge. Allein dies steht der Eintragung jedoch nicht entgegen, denn der
Verkehr nimmt ein Zeichen in der Regel so wahr, wie es ihm entgegentritt und
unterwirft es keiner analysierenden, möglichen beschreibenden Begriffsinhalten
nachgehenden Betrachtung (vgl. Kur/Eichelberger, a. a. O., § 8, Rdnr. 165).

Mit Hilfe der gegenständlichen Waren können zwar (menschliche) taktische
Vorgaben umgesetzt werden. Um zu einem solchen Begriffsverständnis zu
gelangen, bedarf es hingegen mehrerer Gedankenschritte. Zunächst muss der
angesprochene Verkehr von dem Bedeutungsinhalt des Anmeldezeichens „höchst
taktisch“ in Bezug auf die beanspruchten Waren den Schluss ziehen, dass diese
selbst nicht taktisch sein können. Sodann ist ein weiterer Gedankenschritt
dergestalt erforderlich, dass ein taktisches Vorgehen (im Sinne einer Planung)
nachfolgend der konkreten tatsächlichen Umsetzung bedarf. Schließlich muss der
Verkehrsteilnehmer in einem weiteren Gedankenschritt darauf schließen, dass
zumindest ein Großteil der vom Anmeldezeichen beanspruchten Waren im
Rahmen dieser zuvor erdachten taktischen Vorgabe und dieser entsprechend
eingesetzt werden kann. Hieraus folgt jedoch, dass der angesprochene Verkehr
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nicht sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug
zwischen dem Anmeldezeichen und den beanspruchten Waren herstellen kann,
es vielmehr mehrerer Überlegungen bedarf, was der fehlenden Unterschei-
dungskraft des Anmeldezeichens entgegensteht (vgl. hierzu EuGH GRUR 2010,
534 - PRANAHAUS).

Zusammenfassend reichen die beschreibenden Anklänge folglich nicht aus, um
dem in Rede stehenden Zeichen die notwendige Unterscheidungskraft abspre-
chen zu können (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 165).


2. Aus vorstehend Gesagtem folgt im Ergebnis weiter, dass der Eintragung des
Anmeldezeichens auch nicht das Schutzhindernis des Bestehens eines Frei-
haltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.

Der Beschwerde war daher stattzugeben.


Prof. Dr. Kortbein Schmid Dr. Söchtig



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