28 W (pat) 532/17  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 532/17
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache





betreffend die Markenanmeldung 30 3016 205 715.0

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
23. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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G r ü n d e

I.

Der Anmelder hat am 22. Februar 2016 beim Deutschen Patent- und Markenamt
beantragt, das Zeichen

Schmucke Sache

als Wortmarke für „Schmuckstücke; Schmuckstücke aus Glas; Schmuckwaren“
(Klasse 14) in das Markenregister einzutragen.

Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt
mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, hat die Anmeldung nach vorangegan-
gener Beanstandung mit Beschluss vom 10. November 2016 zurückgewiesen. Zur
Begründung hat sie ausgeführt, dass das Anmeldezeichen der erforderlichen Un-
terscheidungskraft entbehre. Das Anmeldezeichen „Schmucke Sache“ sei eine
sprachüblich gebildete Wortkombination, die sinngemäß „hübsche Sache“ be-
deute. Das angesprochene Publikum verstehe das Zeichen im Kontext der bean-
spruchten Schmuckwaren ausschließlich als werblich gefassten Sachhinweis auf
eine ansprechende Aufmachung. Deswegen eigne sich das Anmeldezeichen nicht
als betrieblicher Herkunftshinweis.

Hiergegen richtet sich der als „Widerspruch oder Beschwerde/Erinnerung“ be-
zeichnete Rechtsbehelf des Anmelders vom 7. Dezember 2016. Er beantragt
sinngemäß, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
10. November 2016 aufzuheben. Zur Begründung trägt er vor, die Wendung
„Schmucke Sache“ sei nicht nur wörtlich zu verstehen, sondern verfüge in Bezug
auf Schmuckwaren über mehrere Bedeutungen. Das Anmeldezeichen werde als
Wortspiel verstanden. Es verfüge damit über einen Wiedererkennungswert und
eigne sich deswegen als Marke.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Der mit Schreiben des Anmelders vom 7. Dezember 2016 erhobene
Rechtsbehelf ist als Beschwerde nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1
Satz 1 MarkenG auszulegen. Der Anmelder bringt darin eindeutig zum Ausdruck,
dass er die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses begehrt. Zwar lässt der
Anmelder nach dem Wortlaut seiner Erklärung - trotz einer zutreffenden Rechts-
mittelbelehrung - bewusst offen, ob er gerade Beschwerde erheben will („… lege
ich hiermit … Widerspruch oder Beschwerde/Erinnerung (worin liegt der Unter-
schied?) gegen Ihren Entscheid ein.“). Aus dem Zusammenhang der Erklärung
ergibt sich aber ein ausreichender objektiver Anhalt dafür, dass er sein Ziel vor-
rangig mit Hilfe der Beschwerde verfolgen will (vgl. zur Auslegung von Prozesser-
klärungen BGH, Beschluss vom 19. September 2017, X ZB 1/17 – Mehr-
schichtlager). In der dem Schreiben vom 7. Dezember 2016 beigefügten Kopie der
„Quittung Ihrer Überweisung“, in der die Entgegennahme einer Überweisung über
200,- EUR bestätigt wird, ist nämlich als Verwendungszweck „WORTMARKE,
BESCHWERDE 302016205715.0/14“ angegeben. Hierdurch räumt der Anmelder
der Beschwerde den Vorrang unter den in seinem Schreiben vom
7. Dezember 2016 genannten Rechtsbehelfen, von denen ohnehin nur die
Erinnerung und die Beschwerde statthaft sind, ein. Eine Verwerfung des Rechts-
behelfs wegen Unbestimmtheit würde nicht dem klaren Willen des Anmelders
Rechnung tragen, in irgendeiner Weise, bevorzugt in Form der Beschwerde,
Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Dafür spricht auch, dass der Anmelder die-
ser Auslegung seines Schreibens vom 7. Dezember 2016 nicht entgegengetreten
ist.

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2. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht in Bezug auf die bean-
spruchten Waren jedenfalls das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft
nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Das Deutsche Patent- und Markenamt
hat die Anmeldung daher zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen.

a) Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen
innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufge-
fasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistun-
gen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese
somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH
GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 - HOT).
Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der ge-
kennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH
GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 -
VISAGE).

Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungs-
kraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung
des Zeichens lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffs-
inhalt zuordnen oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen
der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien
stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden. Dar-
über hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine
Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die bean-
spruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die
aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH
GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19, 28 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2014, 1204,
Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden
Fakten).

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Werbeslogans oder andere Angaben mit Werbefunktion sind bei der Beurteilung
der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen
keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zu-
sätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage,
§ 8, Rdnr. 221 m. w. N.). Indizien für die Eignung, die Waren und Dienstleistungen
eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können eine
gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit
und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine
hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Allerdings sieht das Publikum in sol-
chen Bezeichnungen oder Wortfolgen regelmäßig dann keinen betrieblichen Her-
kunftshinweis, wenn sie eine bloße Werbefunktion ausüben (vgl. EuGH Mar-
kenR 2012, 304, Rdnr. 34, 35 - SMART TECHNOLOGIES; BGH GRUR 2016,
934, Rdnr. 23 - OUI; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 222).

b) Nach diesen Grundsätzen kommt dem angemeldeten Wortzeichen „Schmucke
Sache“ aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers von Schmuckwaren die erfor-
derliche Unterscheidungskraft nicht zu. Es erschöpft sich im Zusammenhang mit
den beanspruchten Waren in einem werblichen Hinweis auf deren Art und Be-
schaffenheit.

Dem Adjektiv „schmuck“ kommt die Bedeutung „in der Aufmachung, der äußeren
Erscheinung sehr ansprechend; von angenehmem, nettem Aussehen; hübsch“ zu
(vgl. Duden Universalwörterbuch, 2. Auflage, Seite 1338; Duden Online: „ein
schmuckes Paar“ und „schmuck aussehen“). Es ist ersichtlich sprachüblich mit
dem Substantiv „Sache“ im Sinn von „Gegenstand, Ding“ verbunden, so dass die
angemeldete Wortkombination insgesamt das Verständnis „hübscher Gegen-
stand“ vermittelt. Damit bezeichnet sie lediglich die wesentliche Verschönerungs-
oder Zierfunktion der beanspruchten Schmuckstücke und -waren (vgl. auch Du-
den, Universalwörterbuch, a. a. O.).

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Der Anmelder merkt zu Recht an, dass das Anmeldezeichen zudem als Wortspiel
verstanden wird. Denn das Zeichenelement „Schmucke“ benennt auch die in Rede
stehenden Waren, da es sich bei ihnen um „Schmuckstücke; Schmuckstücke aus
Glas; Schmuckwaren“ handelt. Der gegenständlichen Wortfolge mag angesichts
dieses Doppelsinns zwar eine sprachliche Eigentümlichkeit nicht abzusprechen
sein. Sie reicht allerdings nicht aus, damit das Anmeldezeichen die Funktion eines
betrieblichen Herkunftshinweises ausüben kann. Vielmehr stellt es lediglich eine
werblich gefasste Sachaussage dar. Eine solche enthält typischerweise ein
sprachliches Überraschungsmoment oder ein anderes stilistisch auffälliges Merk-
mal (vgl. Wörterbuch der Werbesprache, Rothfuss Verlag, Seite 8), um die Auf-
merksamkeit des Publikums zu wecken und zu binden. Ihr kommt dadurch jedoch
noch keine Kennzeichnungskraft zu, zumal - wie vorliegend - die Doppelfunktion
des Wortes „Schmucke“ auf der Hand liegt und mit ihm eine Eigenschaft der ge-
genständlichen Waren ausdrücklich benannt wird. Demzufolge bietet sich hier die
Begriffskombination „Schmucke Sache“ als Sachangabe in besonderer Weise an,
was auch daran deutlich wird, dass sie ausweislich der Anlagen zum gerichtlichen
Hinweis vom 28. August 2017 umfangreich von Dritten zur Anpreisung von
Schmuckwaren eingesetzt wird (vgl. u. a. Augsburger Allgemeine vom
16. November 2016: „Eine schmucke Sache - Künstler zeigen ihre Arbeiten im
Miele-Museum“).

Die Beschwerde des Anmelders war daher zurückzuweisen.

3. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Anmelder
eine mündliche Verhandlung nicht beantragt hat (§ 69 Nr. 1 MarkenG) und eine
solche auch nicht aus Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 Nr. 3 MarkenG). Der
Einlassung des Anmelders im Schreiben vom 21. April 2017, „das Patentgerichts-
verfahren zeitnah aufzurufen“, ist lediglich die Anregung zu entnehmen, die Be-
schwerdesache zügig zu bearbeiten. Der Anmelder ist dieser Auslegung, die ihm
der Senat mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 mitgeteilt hat, nicht entgegenge-
treten.
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Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht dem am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

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Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe, eingereicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die
Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann
nicht verlängert werden.


Prof. Dr. Kortbein Dr. Söchtig Schmid

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