28 W (pat) 529/16  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT



28 W (pat) 529/16
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Markenanmeldung 30 2015 054 400.0


hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
22. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des
Richters Dr. Söchtig und des Richters Dr. Meiser

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beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und
Markenamtes vom 8. Februar 2016 aufgehoben.


G r ü n d e :

I.

Das Wortzeichen

fitjewels

ist am 29. September 2015 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen
Patent- und Markenamt geführte Register für nachfolgende Waren angemeldet
worden:

Klasse 14: Schmuck für Fitness-Tracker.

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 14, hat die
Anmeldung, nach vorangegangener Beanstandung vom 7. Dezember 2015, mit
Beschluss vom 8. Februar 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, das Anmeldezeichen bestehe aus der
Zusammensetzung der englischen Begriffe „fit“ (= fit, gesund, in guter körperlicher
Verfassung bzw. passend, geeignet) und „jewels“ (= Schmuck). Die ange-
sprochenen Verkehrskreise würden es lediglich als Sachhinweis dergestalt auf-
fassen, dass der angemeldete Schmuck für Fitness-Tracker zum fit oder gesund
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bleiben bzw. für Fitness oder Training bestimmt oder geeignet sei. Dies wäre
beispielsweise der Fall, wenn der Schmuck bestimmte Eigenschaften wie
Robustheit, Wasserdichte etc. aufweise, so dass er auch beim Training getragen
werden könne. Auch könnten darin Messgeräte zum Tracken oder Überwachen
von Körperfunktionen integriert sein. Unter Verweis auf eine von ihm durch-
geführte Internetrecherche hat das Deutsche Patent- und Markenamt weiter
ausgeführt, dass die Verwendung von Schmuck und modischen Accessoires mit
der Eignung für Sport und Fitness oder mit Funktionen zum Tracking von
Körperfunktionen beim Fitnesstraining üblich sei. Alternativ könnten die Ver-
kehrskreise „fitjewels“ auch als eine den englischen Grammatikregeln ent-
sprechende, lediglich das Leerzeichen weglassende Wortzusammensetzung aus
Adjektiv und Substantiv (fit jewels = passende Schmuckstücke) und demzufolge
als Sachhinweis auffassen, dass passender oder geeigneter Schmuck angeboten
werde. Selbst wenn auf Grund der vorstehend geschilderten Varianten eine
Doppeldeutigkeit der Begriffskombination vorliege, führe dies nicht zur Schutz-
fähigkeit des Anmeldezeichens. Dies, da bereits ein möglicher beschreibender
Sinngehalt das Vorliegen des Schutzhindernisses begründe. Zudem seien
vorliegend auch beide Deutungsmöglichkeiten ausschließlich sachbezogen und
mithin zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet. Soweit die Anmelderin auf
eine Voreintragung der Bezeichnung „fitjewels“ in den Vereinigten Staaten von
Amerika verwiesen habe, entfalte diese für vorliegendes Verfahren keine Bin-
dungswirkung.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 10. März 2016, mit der
sie sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 8. Februar 2016 aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, das Deutsche Patent- und Markenamt habe in
unzulässiger Weise die einzelnen englischen Wortbestandteile des Anmelde-
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zeichens übersetzt und den Schluss gezogen, jeder für sich hätte eine
beschreibende Bedeutung. Dabei sei jedoch verkannt worden, dass die beiden
Wortelemente gerade in ihrer Kombination einen sich aufdrängenden
Bedeutungsgehalt hätten, der über die Summe der Einzelbestandteile hinausgehe,
was vom Verkehr auch entsprechend wahrgenommen werde. Durch die
Verbindung der Begriffe „fit“ und „jewels“ zu einem Wort werde deutlich, dass es
sich um Schmuck für einen Tracker handele. Schließlich verweist die Anmelderin
auch noch darauf, dass das von ihr beanspruchte Zeichen zwischenzeitlich als IR-
Marke registriert und auch als Unionsmarke eingetragen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die Beschwerde ist begründet, da der Eintragung des Anmeldezeichens kein
Schutzhindernis entgegensteht.

1. Bei der Wortfolge „fitjewels“ handelt es sich nicht um eine unmittelbar be-
schreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.


a) Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen,
die nur aus Angaben oder Zeichen bestehen, die im Verkehr u. a. zur Be-
zeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder
Dienstleistungen dienen können. Die Monopolisierung solcher Angaben oder Zei-
chen zugunsten eines Wettbewerbers widerspräche nämlich einem berechtigten
Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit. Entschei-
dendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer
Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung, ohne dass es darauf ankommt, ob
das Zeichen bereits tatsächlich als Sachangabe verwendet wird (vgl. EuGH,
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GRUR 1999, 723, Rdnr. 25, 30, 32 - Chiemsee; GRUR 2004, 146,
Rdnr. 31 f. - DOUBLEMINT; BGH, GRUR 2012, 272, Rdnr. 9, 17 - Rheinpark-
Center Neuss). Auch Wortneubildungen kann das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn ihr beschreibender Aussagegehalt so
deutlich und unmissverständlich hervortritt, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe
ohne Weiteres erfüllen können. Insbesondere hat ein Zeichen, das sich aus einem
Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der
beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die
genannten Merkmale beschreibenden Charakter gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und
der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht (vgl. EuGH, GRUR Int. 2004, 410,
413, Rdnr. 41 - BIOMILD; EuGH, GRUR Int. 2004, 500, 507,
Rdnr. 100 - Postkantoor). Ein sachbezogenes Verständnis der am Handel
beteiligten Fachkreise kann für sich gesehen die Eignung als beschreibende
Angabe begründen (vgl. Ströbele, MarkenR 2006, 433, 435). Bei fremdsprachigen
Angaben - wie vorliegend - ist es erforderlich, dass die beteiligten Verkehrskreise
sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug
zwischen dem angemeldeten Zeichen und den beanspruchten Waren bzw.
Dienstleistungen derzeit oder vernünftigerweise in Zukunft herstellen können (vgl.
EuGH, GRUR 2010, 534, Rdnr. 29 - PRANAHAUS; GRUR 1999, 723,
Rdnr. 31 - Chiemsee; GRUR 2004, 674, Rdnr. 56 - Postkantoor).


b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden englischen Wörtern „fit“ und
„jewels“ zusammen. Das erste wird auf Grund seiner Voranstellung als Adjektiv
aufgefasst und kann demzufolge vorliegend mit „fit“ oder „geeignet“ bzw.
„passend“ übersetzt werden (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch - Deutsch,
1. Auflage, 2002, Seite 324). Dem zweiten kommen im Deutschen die Be-
deutungen „Juwelen“ oder „Schmuck“ zu (vgl. Pons Großwörterbuch Eng-
lisch - Deutsch, a. a. O., Seite 475; Anlagen zum Beanstandungsbescheid vom
7. Dezember 2015).
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c) Um zu dem vom Deutschen Patent- und Markenamt angenommenen
Begriffsverständnis des Anmeldezeichens zu gelangen, der Schmuck für Fitness-
Tracker sei zum fit oder gesund bleiben bzw. für Fitness oder Training bestimmt
bzw. geeignet, bedarf es mehrerer Gedankenschritte. Zuerst muss der ange-
sprochene Verbraucher erkennen, dass das Adjektiv „fit“ (im Sinne von trainiert)
nicht das nachfolgende Substantiv „jewels“ inhaltlich näher beschreibt, da
Schmuckgegenstände nicht über eine gute (körperliche) Verfassung verfügen
können. Als nächstes muss er den Schluss ziehen, dass das Adjektiv „fit“
substantivisch zu verstehen ist und einen Hinweis auf Fitness, also auf den
Fitnessbereich respektive das Fitnesstraining beinhaltet. Sodann muss er in einem
weiteren Gedankenschritt erkennen, dass es sich bei den gekennzeichneten
Schmuckwaren um solche handelt, die besonders geeignet sind, sogenannte
Fitness-Tracker, also Armbänder zur Messung von Körperfunktionen aufzuneh-
men oder zu verzieren. Schließlich hat er, um eine sinnvolle Sachaussage zu
erhalten, seine Aufmerksamkeit auf die Fitness-Tracker lenken, da in erster Linie
diese und nicht Schmuck der Erhaltung der Fitness und der Gesundheit dienen
bzw. bei Fitness und Training eingesetzt werden. Das obige von der Markenstelle
für 14 zugrunde gelegte Verständnis erfordert folglich eine weitreichende Inter-
pretation der einander nur bedingt ergänzenden Begriffe „fit“ und „jewels“.


d) Das Deutsche Patent- und Markenamt hat in seinem Beschluss vom
8. Februar 2016 dem Anmeldezeichen des Weiteren die Bedeutung „passende
Schmuckstücke“ beigemessen und es demzufolge als Sachhinweis auf die
Eignung des beanspruchten Schmucks für Fitness-Tracker angesehen. Allerdings
ist auch diese Bedeutung für die beteiligten Verkehrskreise nicht sofort und ohne
weiteres Nachdenken erkennbar.

Zum einen ist die Wortfolge „fitjewels“ im Englischen unüblich. Für die deutschen
Adjektive „passend“ oder „geeignet“ sind in der englischen Sprache die Worte
„suitable“, „matching“ oder „fitting“ gebräuchlich. Demzufolge werden beispiels-
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weise die deutschen Ausdrücke „passende Schmuckstücke“ bzw. „passender
Schmuck“, „geeigneter Schmuck“, „passende Juwelen“ oder „geeignete Juwelen“
im Englischen mit „matching jewelry“, „suitable jewelry“, „matching jewels“ oder
„suitable jewels“ übersetzt (vgl. https://de.langenscheidt.com; https://trans-
late.google.de; http://de.pons.com; http://www.babelfish.de). Angesichts der
weiten Verbreitung der englischen Sprache auch und gerade im täglichen Leben
(vgl. hierzu Kur/Eichelberger, Markenrecht, 1. Auflage, 2017, § 8, Rdnr. 273;
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 8, Rdnr. 168) liegt es nahe, dass
die angesprochenen Verkehrskreise um die eben genannten korrekten englischen
Bezeichnungen wissen.

Zum anderen ist davon auszugehen, dass im Zusammenhang mit Schmuck für
Fitness-Tracker der Großteil der angesprochenen sportlich und modisch
interessierten inländischen Durchschnittsverbraucher die gegenständliche Wort-
folge „fitjewels“ zunächst mit Fitness in Verbindung bringen, sie demzufolge
vornehmlich mit „fitter Schmuck“ übersetzen und danach individuell interpretieren
wird. Hierbei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass der Zeichenbestandteil „fit“
mit dem deutschen Adjektiv „fit“ vollständig übereinstimmt und der Zeichen-
bestandteil „jewels“ deutlich erkennbare Gemeinsamkeiten mit dem deutschen
Substantiv „Juwelen“ aufweist.


e) Schließlich liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der inländische Verkehr
das gegenständliche Zeichen „fitjewelry“ als beschreibende Angabe gegenwärtig
oder in Zukunft benötigt. Die Recherchen des Senats haben ergeben, dass es im
Internet ausschließlich von der Anmelderin verwendet wird (vgl.
https//www.google.de - „fitjewels“). Es konnten zwar Wortfolgen wie „Get Fit
Jewels Tank“ oder „Nike Get Fit Jewels Tanktop Damen pink/schwarz“ ermittelt
werden (vgl. http://www.intersport.de; https://www.joergs-sportladen.de). In ihnen
sind die Zeichenbestandteile „fit“ und „jewels“ jedoch nicht aufeinander bezogen.
Vielmehr benennt letztgenannter das Muster eines Kleidungsstücks.
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Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass das angemeldete Zeichen vom
inländischen Verkehr überwiegend nicht ohne Weiteres als beschreibende Angabe
aufgefasst wird und damit nicht geeignet ist, von den Mitbewerbern der
Anmelderin als warenbezogene Angabe eingesetzt zu werden (vgl. auch BPatG,
GRUR 1996, 408 – COSA NOSTRA). Demzufolge ist ein Freihaltebedürfnis
vorliegend zu verneinen.


2. Dem gegenständlichen Zeichen fehlt aus oben genannten Gründen auch nicht
die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis
begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger
Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft
genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143,
Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2012,
270, Rdnr. 8 - Link economy). Dieses Mindestmaß an Unterscheidungskraft weist
die Wortkombination „fitjewels“ auf, da ihr ein beschreibender Hinweis zur
Verwendung des angemeldeten Schmucks für Fitness-Tracker direkt nicht zu
entnehmen ist. Folglich ist nicht auszuschließen, dass sie hinreichend eigen-
ständig wirkt und die erforderliche Hinweisfunktion aufweist (vgl. BGH, GRUR
1989, 666, Rdnr. 9 - Sleepover). Zudem sind die Anforderungen an die
Unterscheidungskraft bei Fehlen eines Freihaltebedürfnisses nicht zu hoch
anzusetzen (vgl. BPatG, GRUR 1998, 399, Rdnr. 16 - Rack-Wall). Insgesamt lässt
sich dem angemeldeten Zeichen damit eine gewisse Eigenart und folglich die
Eignung als Marke nicht absprechen.

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3. Weitere Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich, so dass der Beschwerde
stattzugeben war.


Dr. Kortbein Dr. Söchtig Dr. Meiser



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