28 W (pat) 518/17  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 518/17
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache











betreffend die Markenanmeldung 30 2014 074 251.9

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundepatentgerichts am
4. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des
Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig

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beschlossen:


Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. April
2016, berichtigt durch Beschluss vom 26. Oktober 2016, wird insoweit
aufgehoben, als die Anmeldung der Marke 30 2014 074 251.9 für die
Dienstleistungen der

Klasse 35: Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Markt-
forschung; Beratung bei der Organisation und Führung von
Unternehmen; Personalmanagementberatung;

Klasse 41: Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstal-
tungen

zurückgewiesen worden ist.



G r ü n d e :

I.

Die Wortfolge

Meine Mitte. Mein Zuhause.

ist am 15. Dezember 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen
Patent- und Markenamt geführte Register für die nachfolgenden Dienstleistungen
angemeldet worden:

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„Klasse 35: Werbung, insbesondere Organisation und Durchführung von Veran-
staltungen zu Werbezwecken, im Bereich Immobilienwirtschaft,
Wohnen, Bauen, Städtebau; betriebswirtschaftliche Beratung und
organisatorische Projektentwicklung und -planung im Bereich Immo-
bilienwirtschaft, Wohnen, Bauen, Städtebau; Organisationsberatung
in Geschäftsangelegenheiten; Marktforschung; Beratung bei der
Organisation und Führung von Unternehmen; Personalmanage-
mentberatung; wirtschaftliche Planung von Bauvorhaben

Klasse 36: Immobilienwesen, insbesondere Vermietung, Verwaltung von
Gewerbebauten, Wohngebäuden, Gemeinschaftsanlagenimmobilien
wie sozialen Zentren (Immobilien), Geschäftszentrenimmobilien,
Immobilien im Zusammenhang mit kulturellen Einrichtungen sowie
Altenheimimmobilien; Entwicklung von Nutzungskonzepten für
Immobilien; Vermittlung und Organisation von Investmentgeschäften;
finanzielle Beratung über Grundstücksverkauf und -ankauf sowie
Dienstleistungen eines Immobilienmaklers
Klasse 37: Bauwesen, insbesondere Projektentwicklung und Erstellung (soweit
in Klasse 37 enthalten) von Gewerbebauten, Wohngebäuden,
Gemeinschaftsanlagen im Rahmen von baulichen Anlagen wie
sozialen Zentren, Geschäftszentren, kulturellen Einrichtungen sowie
Altenheimen

Klasse 41: Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen;
Veranstaltung von Städtebauwettbewerben und Architekturwettbe-
werben, soweit in Klasse 41 enthalten; Veranstaltung von Kon-
ferenzen, Organisation von Workshops (Ausbildung) für Erforschung,
Planung und Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen, zur
Entwicklung, Erstellung und Organisation von baulichen Anlagen
einzeln und im Verbund wie Gewerbebauten, Wohngebäuden,
Gemeinschaftsanlagen im Rahmen von baulichen Anlagen wie
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sozialen Zentren, Geschäftszentren, kulturellen Einrichtungen sowie
Altenheimen

Klasse 42: technische Beratung, technische Planung von Bauvorhaben;
Bauberatung (Architekturberatung) und Bauplanung sowie techni-
sche Projektplanung in den Bereichen Städtebau, Bauen und
Wohnen; Stadtplanung, insbesondere zur Stadtentwicklung; Durch-
führung von Forschungsprojekten in den Bereichen Bauen,
Stadtentwicklung, Wohnen und soziales Wohnen, Umweltschutz-
beratung beim Umgang mit Altlasten- und Gebäudeschadstoffen;
Vermessung von Bauten; Landvermessung; technische Projekt-
entwicklung und -planung für Gewerbebauten, Wohngebäuden,
Gemeinschaftsanlagen im Rahmen von baulichen Anlagen wie
sozialen Zentren, Geschäftszentren, kulturellen Einrichtungen sowie
Altenheimen sowie damit verbundener Infrastrukturmaßnahmen“.

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 37, hat - nach
vorangegangener Beanstandung vom 12. Februar 2015 - die Anmeldung mit
Beschluss vom 18. April 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft und
Bestehens eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2
MarkenG vollumfänglich zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Deutsche Patent- und Markenamt ausgeführt, der Slogan
„Meine Mitte. Mein Zuhause.“ bestehe aus allgemein geläufigen Wörtern der
deutschen Sprache und sei eine sprachregelgerecht gebildete Wortfolge, die dem
Verkehr immer wieder in verschiedenen Bereichen entgegentrete, z.B. dann, wenn
der Mensch sich frage „Wo stehe ich, wo ist meine Mitte, wo bin ich zuhause“.
Durch das Possessivpronomen „mein“ werde in der Werbesprache vielfach ein
besonderer Bezug zwischen dem Anbieter eines Produktes oder einer Leistung
und dem Abnehmer hergestellt, der verdeutlichen solle, dass das Produkt bzw. die
Leistung in besonderer Weise auf die Bedürfnisse des Abnehmers zugeschnitten
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sei. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen stelle die angemeldete
Wortfolge einen rein anpreisenden Werbespruch dar, welcher die Bedeutung einer
Qualitätsbezeichnung habe. Der Slogan werde von den angesprochenen Ver-
kehrskreisen in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen ohne
weitergehendere Überlegungen als bloßes Werbemittel verstanden, nämlich dass
durch die angebotenen Dienstleistungen der Mensch zu seiner Mitte und zu
seinem Zuhause im Sinne von innerer Ruhe, Geborgenheit und Sicherheit finde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 19. Mai 2016, mit der
sie zunächst sinngemäß beantragt hat,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Marken-
stelle für Klasse 37, vom 18. April 2016 aufzuheben.


Zur Begründung führt sie aus, das Anmeldezeichen verfüge ohne Weiteres über
die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG. Auch bestehe an diesem kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG.

Das Deutsche Patent- und Markenamt habe in seinem angegriffenen Beschluss
die zwingend erforderliche Prüfung der einzelnen jeweils beanspruchten Dienst-
leistungen außer Acht gelassen. Auch stelle die angemeldete Wortfolge „Meine
Mitte. Mein Zuhause.“ aus Sicht eines Durchschnittverbrauchers weder eine
geläufige Wortfolge noch eine übliche Werbeaussage und schließlich auch keine
Inhaltsangabe für die beanspruchten Dienstleistungen dar. Darüber hinaus ver-
fügten die Bestandteile „Mitte“ und „Zuhause“ für sich und in Kombination mit dem
weiteren Zeichenbestandteil „Mein“ über eine gewisse Interpretationsbedürftigkeit.
Schließlich weise die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit auch eine
gewisse Originalität und Prägnanz auf, was ihre Unterscheidungskraft begründe.

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Der Beschluss vom 18. April 2016 ist durch Berichtigungsbeschluss der Marken-
stelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Ok-
tober 2016 um den Namen der Anmelderin ergänzt worden. Im Beschluss vom
18. April 2016 war im Rubrum anstelle des Anmeldernamens vermerkt:

„Anmelderangaben noch nicht klar, x, ZZ:“.

Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 hat die Anmelderin nach Hinweis des Senats
vom 29. Mai 2017 ihre Beschwerde teilweise zurückgenommen. Ihre Beschwerde
richtet sich nunmehr lediglich noch gegen die Zurückweisung der Anmeldung der
Marke für die im Tenor genannten Dienstleistungen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt
verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde, die sich ausschließlich gegen den Beschluss vom
18. Oktober 2016 richtet, ist - soweit über sie noch zu entscheiden
war - begründet. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da
die Anmelderin ihren hierauf gerichteten Antrag mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017
zurückgenommen hat und eine mündliche Verhandlung auch nicht für sachdienlich
erachtet wurde (§ 69 Nr. 3 MarkenG).

1. Hinsichtlich der tenorierten Dienstleistungen weist das Anmeldezeichen die für
eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG auf.

Unterscheidungskraft ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom
Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der
Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten
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Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer
Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet;
GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569,
Rdnr. 10 - HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143,
Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2010,
825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision;
GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer
Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und
Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 - Stand-
beutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 - EURO-
HYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949,
Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein
Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundes-
gerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so
geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl.
BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neu-
schwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die bean-
spruchten Waren bzw. Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der
beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels
und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen
ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla;
GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision;
GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850,
Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).

Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn
ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt ihrer Anmeldung (vgl. BGH
GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im
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Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH
GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 - Link
economy; GRUR 2009, 952, Rdnr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Rdnr.
19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 - BerlinCard; GRUR 2001,
1151 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus
gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer
geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden
Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht
als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850,
Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001,
1143 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine
Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen,
welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar
betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt
wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850,
Rdnr. 28 - FUSSBALL WM 2006).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kommt dem Anmeldezeichen für die
noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen die für eine Eintragung
erforderliche Unterscheidungskraft zu. Bei ihnen handelt es sich im Wesentlichen
um Beratungsdienstleistungen, um Marktforschung sowie um die Organisation und
Durchführung von kulturellen Veranstaltungen. Die angesprochenen Verkehrs-
kreise bestehen vornehmlich aus leitenden Mitarbeitern (größerer) Unternehmen
sowie aus Kulturschaffenden.

Das Anmeldezeichen ist werbesloganartig gebildet und setzt sich aus den beiden
Zeichenbestandteilen „Meine Mitte“ sowie „Mein Zuhause“ zusammen, lediglich
getrennt durch einen Punkt. Die erste Wortfolge „Meine Mitte“ ist zwar im
Immobilienbereich geläufig, was Recherchen des Senats ergeben haben (vgl.
Anlagen 1 bis 3 zum gerichtlichen Hinweis vom 29. Mai 2017). In Bezug auf die
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vorstehend nunmehr allein noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen
kommt der Wortfolge hingegen kein beschreibender Charakter zu.

Bei den Dienstleistungen „Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten;
Marktforschung; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen;
Personalmanagementberatung“ handelt es sich regelmäßig nicht um solche, die
einen unmittelbaren persönlichen Bezug zu dem jeweiligen Abnehmer aufweisen.
Sie zeichnen sich regelmäßig dadurch aus, dass sie perspektivisch auf größere
Geschäftseinheiten ausgerichtet sind, was dem Individualbezug der Wortfolge
„Meine Mitte. Mein Zuhause“ (Hervorhebung durch den Senat) gerade
entgegensteht. Insoweit vermittelt deshalb die vom Deutschen Patent- und
Markenamt angenommene Bedeutung des Anmeldezeichens, „dass … der
Mensch zu seiner Mitte und seinem Zuhause findet“, keine nachvollziehbare Sach-
oder Werbeaussage.

Entsprechend verhält es sich hinsichtlich der weiter beschwerdegegenständlichen
Dienstleistungen „Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltun-
gen“. Diese richten sich regelmäßig an einen größeren Personenkreis und
betreffen nicht persönliche Lebensumstände der Adressaten, so dass der durch
die beiden Zeichenbestandteile „Mein“ hervorgerufene individuelle Bezug zu den
Empfängern ebenfalls nicht gegeben ist.

Mangels eines verständlichen beschreibenden oder werbenden Inhalts werden die
angesprochenen Verkehrskreise in der angemeldeten Wortfolge „Meine Mitte.
Mein Zuhause.“ weder einen Hinweis auf die Art oder Qualität der in Rede
stehenden Dienstleistungen noch eine diese anpreisende Angabe erblicken, was
insoweit die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft begründet.

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2. Aus vorstehend Gesagtem folgt im Ergebnis weiter, dass der Eintragung des
Anmeldezeichens für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen auch
kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.

3. Weitere Eintragungshindernisse sind nicht ersichtlich und von der Markenstelle
für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts auch nicht geltend gemacht
worden.

Der Beschwerde war daher stattzugeben.


Prof. Dr. Kortbein Schmid Richter Dr. Söchtig ist
wegen Urlaubs an der
Unterschrift verhindert.

Prof. Dr. Kortbein






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