28 W (pat) 516/17  - 28. Senat (Marken)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:141217B28Wpat516.17.0


BUNDESPATENTGERICHT




28 W (pat) 516/17
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache









betreffend die Markenanmeldung 30 2015 000 591.6


hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
14. Dezember 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig

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beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss des
Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für
Klasse 37, vom 7. Dezember 2015 aufgehoben.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.


G r ü n d e

I.

Der Anmelder hat am 27. Januar 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt
beantragt, die Bezeichnung

EINSTEIN’S GARAGE

für die nachgenannten Dienstleistungen als Wortmarke in das Markenregister ein-
zutragen:

Klasse 35:
Einzel- und Großhandelsdienstleistungen auch über das Internet be-
treffend Fahrzeuge, Fahrzeugersatzteile, Fahrzeugaccessoires, Tu-
ning-Zubehör, Farben, Lacke, Bekleidung, Schuhe; Werbung; Mar-
keting; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations-
und Verkaufszwecken; Präsentation von Waren in Kommunikations-
Medien, für den Einzelhandel; Vermittlung von Verträgen für Dritte,
über den An- und Verkauf von Waren; Vermittlung von Handels- und
Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Vermittlung von Han-
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delsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-commerce; Online-
Werbung in einem Computernetzwerk;

Klasse 37:
Fahrzeugservice, -reparatur, -wartung und -betankung; Tuning von
Motoren; Tuning von Fahrzeugen; Mobile Tuningdienstleistungen für
Fahrzeuge; Lackierungen;

Klasse 40:
Kundenspezifische Fabrikations- und Anfertigungsdienstleistungen
bezüglich Fahrzeuge.

Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA), Markenstelle für Klasse 37, hat
die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom
7. Dezember 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das
Anmeldezeichen der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG entbehre. Es sei eine sprachüblich gebildete Wortkombination mit der
Bedeutung „Autoreparaturwerkstätte oder Garage eines überragenden Forschers
oder Genies“ und erschöpfe sich damit in einem Hinweis auf den Ort der Erbrin-
gung der beanspruchten Dienstleistungen. Garagen seien Räume, die sich typi-
scherweise zur Reparatur von Autos eigneten. Der Wortbestandteil „GARAGE“
benenne zudem die Art der Lokalität, von der aus die angemeldeten betriebswirt-
schaftlichen Dienstleistungen (Klasse 35) regelmäßig erbracht würden. Insbeson-
dere bei einschlägigen Start-Up-Unternehmen sei das Publikum hieran gewöhnt.
Das Zeichenelement „EINSTEIN´S“ werde vorliegend metaphorisch als Umschrei-
bung eines Genies verstanden. Ein derartiger Sprachgebrauch sei weit verbreitet.
Das DPMA bezieht sich hierbei auf verschiedene, erstmals im angegriffenen Be-
schluss erwähnte Zitate (z. B. „Ein echter Einstein unter den Papageien?“ unter
„www.amazon.de“ - Kundenbewertung eines Buches). Die Markenstelle für
Klasse 37 hat offen gelassen, ob das Anmeldezeichen auch als eine nach § 8
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Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltebedürftige Angabe von der Eintragung ausge-
schlossen ist.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 8. Januar 2016. Er
beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
7. Dezember 2015 aufzuheben.

Der Anmelder hat seine Beschwerde nicht begründet. Im Amtsverfahren führte er
aus, dass das Anmeldezeichen keinen ohne Weiteres erkennbaren inhaltlichen
Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen aufweise. Der Wortbestandteil
„EINSTEIN´S“, der nicht zwingend Albert Einstein benenne, stehe in keinem
Sachzusammenhang mit den gegenständlichen Tätigkeiten. Eine Assoziation mit
der Intelligenz und dem Erfindungsreichtum von Albert Einstein liege nicht auf der
Hand.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Eintragung des angemel-
deten Zeichens stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entge-
gen. Der Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 37, vom
7. Dezember 2015 war daher aufzuheben.

1. Der Senat sieht davon ab, die Sache wegen eines wesentlichen
Verfahrensmangels an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs. 3
Nr. 2 MarkenG zurückzuverweisen. Gemäß § 59 Abs. 2 MarkenG hätte dem Be-
schwerdeführer vor der Zurückweisung seiner Anmeldung Gelegenheit zur Stel-
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lungnahme zu den im Beschluss vom 7. Dezember 2015 erstmals genannten Be-
legen zur Verwendung des Namens „EINSTEIN“ als Synonym für „Genie“ gege-
ben werden müssen. Diese Verletzung des rechtlichen Gehörs stellt einen we-
sentlichen Verfahrensmangel dar. Aus Gründen der Verfahrensökonomie ent-
scheidet der Senat jedoch in der Sache selbst.

2. Dem angemeldeten Zeichen fehlt nicht jegliche Unterscheidungskraft ge-
mäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung,
vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der
Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Un-
ternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Un-
ternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; BGH
GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 - HOT). Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann
keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im
Zeitpunkt ihrer Anmeldung lediglich einen im Vordergrund stehenden beschrei-
benden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder
Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache beste-
hen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in
den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden
werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2014, 1204, Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR
2013, 731, Rdnr. 22 - Kaleido; GRUR 2016, 934, Rdnr. 12, 23 - OUI; GRUR 2013,
1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten). Darüber hinaus besitzen keine Unter-
scheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die
beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen,
durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl.
BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 -
FUSSBALL WM 2006).

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Die angemeldete Wortkombination „EINSTEIN´S GARAGE“ stellt entgegen der
Auffassung des DPMA insbesondere keine Angabe dar, mit der die Stätte, an der
die beanspruchten Tätigkeiten üblicherweise erbracht werden, gattungsmäßig be-
zeichnet wird (vgl. zu nicht schutzfähigen Etablissementbezeichnungen
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 8, Rdnr. 86).

Das in Rede stehende Zeichen besteht erkennbar aus dem geläufigen Ausdruck
„GARAGE“ (vgl. Duden Online: 1. Raum zum Einstellen von Kraftfahrzeugen, 2.
Autowerkstatt), dem das Wort „EINSTEIN´S“ in Form eines besitzanzeigenden
Genitivs vorausgestellt ist. Zwar mag der Name „Albert Einstein“ bzw. der Nach-
name „Einstein“ als solcher im Einzelfall als Synonym für „Genie“ verwendet wer-
den. Bei der Wortfolge „EINSTEIN´S GARAGE“ kommt ein derartiges Verständnis
jedoch nicht in Betracht, so dass dahingestellt bleiben kann, ob ihr in diesem Fall
jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen wäre. Der Name einer historischen
Persönlichkeit steht dann für eine besondere Begabung oder Eigenschaft, wenn
dies in geeigneter Weise – etwa durch die Verwendung eines Artikels oder eines
Pronomens (z. B. „ein/der/unser Mozart der Zahlen“) - kenntlich gemacht wird.
Auch kann sich in anderer Weise aus dem Gesamtzusammenhang ergeben, dass
der Personenname ein bestimmtes Merkmal zum Ausdruck bringen soll (z. B. Be-
schreibung der Persönlichkeit, etwa in Form von „echter/junger Einstein“). Hierfür
sind vorliegend jedoch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Insbesondere hat das
DPMA nicht konkret ausgeführt, worauf es ein derartiges Verkehrsverständnis
stützt. Die Verwendungsbeispiele, die das Amt ohne nähere Einordnung im ange-
griffenen Beschluss zitiert, enthalten Formulierungen, von denen sich die Begriffs-
kombination „EINSTEIN´S GARAGE“ deutlich abhebt (vgl. Seite 10: „Ein echter
Einstein unter den Papageien?“, „Mensch Peter, Du bist ein echter Einstein“;
Seite 11: „Wer ist unser Einstein?“, „Du hast den Finger genau an der richtigen
Stelle - mein junger Einstein“; Seite 12: „Du brauchst zwar kein junger Einstein
sein“, „man muss kein junger Einstein sein“).

- 7 -
Sollte das Publikum die Wortfolge „EINSTEIN´S GARAGE“ als Hinweis auf eine
Garage, die Albert Einstein gehört hat, verstehen, kann ihr ebenfalls nicht jede
Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Einem Zeichen, das den Namen ei-
ner berühmten Persönlichkeit aufnimmt, fehlt nur dann die erforderliche Unter-
scheidungskraft, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in dem Namen ledig-
lich eine sachbezogene oder werbewirksame Aussage sehen (vgl. BPatG GRUR
2008, 518, 521 - Karl May; GRUR 2014, 79, 80 ff. - Mark Twain; Beschluss vom
1. Juni 2017, 25 W (pat) 4/17 - einstein concept/Einstein). Eine solche vermittelt
jedoch das Anmeldezeichen nicht. Insbesondere weisen die beanspruchten
Dienstleistungen keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der Forschungstätigkeit
Albert Einsteins im Bereich der theoretischen Physik auf, so dass das Anmelde-
zeichen sich von vornherein nicht als Hinweis auf die Art oder den Inhalt der ge-
genständlichen Tätigkeiten eignet.

Die in Rede stehende Wortfolge „EINSTEIN´S GARAGE“ kommt auch nicht als
Ortsangabe im weiteren Sinn in Betracht (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG,
11. Auflage, § 8, Rdnr. 441). Selbst wenn einzelne Verkehrsteilnehmer sie nicht
als fiktiven Ausdruck ansehen sollten, so können sie ihr doch keine verständliche
Sachinformation entnehmen. Sie benennt nämlich kein bekanntes Gebäude und
damit keinen eindeutig identifizierbaren Ort, an dem die in Rede stehenden
Dienstleistungen erbracht werden.

3. Da das Anmeldezeichen nach den vorstehenden Ausführungen nicht aus-
schließlich aus Angaben besteht, die im Verkehr bedeutsame Merkmale der bean-
spruchten Dienstleistungen beschreiben können, steht seiner Eintragung auch
nicht das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

4. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr beruht auf § 71
Abs. 3 MarkenG. Dies entspricht der Billigkeit, weil nicht ausgeschlossen werden
kann, dass die Beschwerde nicht eingelegt worden wäre, wenn das DPMA dem
Anmelder gemäß § 59 Abs. 2 MarkenG Gelegenheit gegeben hätte, sich vor der
- 8 -
Beschlussfassung zu den in der angegriffenen Entscheidung herangezogenen
Unterlagen zur Verwendung des Namens „Einstein“ als Synonym für ein „Genie“
zu äußern. Hätte das Amt der Vorgabe des § 59 Abs. 2 MarkenG entsprochen,
hätte der Beschwerdeführer geltend machen können, dass sich die ermittelten
Belege auf Formulierungen beziehen, die mit dem Anmeldezeichen nicht ver-
gleichbar sind.


Prof. Dr. Kortbein Dr. Söchtig Schmid

prö


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